Betriebsprüfungsrisiko Kassenführung Kassensysteme 2020 - Dipl. Betriebswirt (FH) Steuerberater Uwe Rolef Dirk Strunk, Leiter EDV VRT Linzbach ...
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Betriebsprüfungsrisiko Kassenführung Kassensysteme 2020 Dipl. Betriebswirt (FH) Steuerberater Uwe Rolef Dirk Strunk, Leiter EDV VRT Linzbach, Löcherbach und Partner mbB, Bonn
2 Erhöhte Anforderungen an die Kassenführung I Unabhängig vom eingesetzten Kassensystem gilt: 1. Kassensturzfähigkeit Kassensturzfähigkeit muss ständig gegeben sein. Das bedeutet, dass der tatsächlich vorhandene gesamte Bargeldbestand (unabhängig vom Aufbewahrungsort z. B. incl. Tresorgeld) mit dem Sollbestand laut Kasse übereinstimmen muss. Diese Übereinstimmung muss täglich durch Aus- zählung des Bargeldbestandes überprüft werden. 2. Zählprotokoll Das Ergebnis der Auszählung sollte unbedingt in einem Zählprotokoll festgehalten werden. ( Gem. BFH-Beschluss v. 16.12.2016 zwar nicht zwingend erforderlich, dient aber lt. OFD Karlsruhe als zusätzlicher Nachweis der vollständigen Ermittlung der Einnahmen). © VRT 2018
3 Erhöhte Anforderungen an die Kassenführung II 3. Tägliche Kassenführung Die Kasse muss zwingend täglich geführt werden, dass heißt • bei PC- und Registrierkassen tägliche Erzeugung der Endsummenbons • bei offener Ladenkasse tägliche Ermittlung der Tageseinnahme (d.h. täglicher Kassenbericht). Die Zusammenfassung mehrerer Tage ist unbedingt zu vermeiden. 4. Vollständigkeit der Einnahmen und Ausgaben Alle Vorgänge müssen vollständig und chronologisch erfasst werden. Zu jeder Buchung muss ein Beleg vorhanden sein. Für Privateinlagen und Entnahmen müssen Eigenbelege erstellt werden. © VRT 2018
4 Erhöhte Anforderungen an die Kassenführung III 5. Vermeidung von „negativen“ Kassenbeständen Die Barkasse kann keinen negativen Bestand haben: Es gibt kein negatives Bargeld! 6. Belegsicherung Sichern Sie die Lesbarkeit von Belegen, insb. Barquittungen! 7. Offene Ladenkasse • nur noch für Branchen mit „Warenverkauf“ (Händler, Gastronomie) zulässig • für Dienstleister Pflicht zur elektronischen Kasse bzw. Einzelaufzeichnung © VRT 2018
5 Kassenführung Welches Kassensystem wird eingesetzt? Registrierkasse PC Kasse Offene Ladenkasse (mit / ohne Einzelaufzeichnung) © VRT 2018
6 PC Kassen / Registrierkassen I Seit 01.01.2017 gelten neue, stark verschärfte Regelungen für die Kassenführung* es müssen sämtliche steuerlich relevante Daten der Kassensysteme unverdichtet gespeichert werden (also Speicherung aller Einzelumsätze, Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungen) eine Löschung/ Verdichtung der Einzelumsätze zu Tagesendsummenbons ist nicht mehr zulässig jederzeitige Auslesbarkeit aller Daten in durch die Finanzverwaltung auswertbarem Format Aufbewahrung der Bedienungs- und Programmieranleitungen bei der Kasse alle Änderungen der Programmierung (auch Preisänderungen, Einrichtung von Verkäufer- oder Trainingsspeichern) müssen protokolliert werden. *(Kassenerlass vom 26.10.2010 mit Übergangsregelung zum 31.12.2016) © VRT 2018
7 PC Kassen / Registrierkassen II Es müssen alle Einzeldaten, die durch die Nutzung der Kasse entstehen, während der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren • jederzeit verfügbar, • unverzüglich lesbar und • maschinell auswertbar aufbewahrt werden Bei Umstellung auf ein neues Kassensystem unbedingt die „Alt-Kasse“ (insbesondere die Daten / Protokolle / Dokumentationen) weiterhin während der Aufbewahrungsfrist aufbewahren © VRT 2018
8 PC Kassen / Registrierkassen III Fehlen Programmierunterlagen bzw. Protokolle nachträglicher Programmänderungen, stellt dies einen schweren formellen Mangel der Buchführung dar ( BFH Urteil v. 25.03.2015 ). Zitat aus o.g. Urteil: Bei einem programmierbaren Kassensystem stellt das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel dar, dessen Bedeutung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse gleichsteht und der daher grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Die Verfahrensdokumentation zu den eingesetzten Aufzeichnungssystemen sowie Betriebsabläufen ist vorzuhalten. (Grundsatz der Nachprüfbarkeit) © VRT 2018
9 PC Kassen / Registrierkassen IV Erfahrungen aus der technischen Überprüfung von Kassensystemen im Rahmen der Erstellung der Verfahrensdokumentation zeigen, dass selbst namhafte Kassenhersteller Defizite bei der Einhaltung der technischen Vorgaben haben: • in einem Fall war z.B. bei der Ersteinrichtung der Kasse die Grundeinstellung zur Veränderbarkeit der Journale möglich • in einem anderen Fall waren die Änderungen der Programmierung nach der Ersteinrichtung nicht dokumentiert Oftmals sind diese Mängel dem Anwender des Kassensystems gar nicht bewusst. Daher: Bei bestehenden Zweifeln bzgl. der Einhaltung der technischen Voraussetzungen der Kassensysteme unbedingt Kontakt zum Kassenhersteller aufnehmen und die (schriftliche) Bestätigung der Einhaltung einfordern. © VRT 2018
10 Muster: Kassenbuch © VRT 2018
11 Muster Zählprotokoll Excel-Vorlage eines Zählprotokolls. Der unterschriebene Ausdruck des Protokolls ist zusammen mit dem Kassenbuch aufzubewahren © VRT 2018
12 Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen I Ab 01.01.2020 gilt: Elektronische Kassensysteme müssen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert sein. Sie müssen über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung verfügen, die folgende Bestandteile hat: • Ein Sicherheitsmodul soll Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungs- vorgangs so protokollieren, dass diese später nicht mehr unerkannt verändert werden können, • Auf dem Speichermedium werden Einzelaufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist unveränderbar gespeichert, • Die einheitliche digitale Schnittstelle gewährleistet die Datenübertragung für Prüfungszwecke © VRT 2018
13 Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen II Für Kassensysteme die vor dem 01.01.2020 angeschafft werden und die Voraus- setzungen der Kassenrichtlinie 2010 erfüllen, gilt eine Übergangsregelung bis 01.01.2023 elektronische Kassensysteme müssen bei der Finanzverwaltung angemeldet werden. Das gilt auch für vorhandene „Altsysteme“ es gilt Belegausgabepflicht. Der Unternehmer hat einen Beleg über den Geschäftsvorfall zu erstellen und diesen dem Kunden zur Verfügung zu stellen © VRT 2018
14 Offene Ladenkasse es ist keine PC–Kasse oder Registrierkasse vorhanden, die Einnahmen werden z. B. in einer Kassenschublade gesammelt die Tageseinnahmen (= Tageslosung) werden anhand des Kassen- berichtes retrograd ermittelt (=täglicher Kassenbericht) von dem ausgezählten Kassenbestand (laut Zählprotokoll) werden zur Ermittlung der Tageseinnahmen der Kassenanfangsbestand und Bareinlagen abgezogen und im Laufe des Tages getätigte Barausgaben und Bareinlagen hinzugerechnet nur bei solchen Unternehmern zulässig, die Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung verkaufen, d.h. bei reiner Erbringung von Dienstleistungen nicht mehr zulässig Aber Vorsicht: Die Finanzverwaltung sieht offene Ladenkassen wegen deren Manipulier- barkeit äußerst kritisch / Angriffspunkt bei Betriebsprüfungen © VRT 2018
15 Muster Kassenbericht Für offene Ladenkasse © VRT 2018
16 Problem: Nicht ordnungsmäßige offene Ladenkasse Urteil des FG Berlin Brandenburg vom 13.02.2017 Nicht ordnungsmäßige Kassenaufzeichnungen bei einem bargeldintensiven Betrieb (im Urteilsfall ein Friseur) liegen vor, wenn Einnahmeuraufzeichnungen fehlen und tägliche Kassenberichte zwar geführt, die jedoch nicht auf täglichen Auszählungen, sondern auf Weiterberechnungen der vom Vortag übernommenen Kassenbestände beruhen. Das Finanzgericht hielt in diesem Falle eine Hinzuschätzung von 10% der erklärten Umsätze für angemessen: 2011 2012 2013 Umsatz bisher 303.423 € 276.546 € 266.631 € Hinzuschätzung 30.342 € 27.654 € 26.663 € © VRT 2018
17 Offene Ladenkasse mit Einzelaufzeichnung Einzelaufzeichnung aller Betriebseinahmen - Pflicht bei Dienstleistungsbranchen ohne PC-Kasse / Registrierkasse - Wenn bei einer offenen Ladenkasse kein täglicher Kassenbericht geführt wird (unabhängig davon muss ein tägliches Zählprotoll erstellt werden) Was ist einzeln aufzuzeichnen? - Betrag der Bareinnahme (nach UStG: Preis und Umsatzsteuer) - Inhalt des Geschäfts ( nach UStG: Art und Menge der verkauften Ware/ Leistung) - Name des Vertragspartners (nach UStG: Name und Anschrift des Leistungsempf.) © VRT 2018
18 Seit 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau I Die Finanzverwaltung kann ohne vorherige Ankündigung die Geschäftsräume betreten, um zu prüfen: 1) Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben 2) Ordnungsmäßigkeit des Kassensystems Welche Systeme unterliegen der Kassennachschau? Registrierkassen, PC-Kassen und offene Ladenkassen Waagen mit Registrierkassenfunktion Taxameter, Wegstreckenzähler Geldspielgeräte © VRT 2018
19 Seit 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau II Was wird geprüft? Kassenbuch Organisationsunterlagen der Kasse (Einrichtungs- und Änderungsprotokolle, Bedienungshandbücher) „Sofortige“ Verfügbarmachung der Daten bei elektronischen Kassen – diese müssen maschinell auswertbar sein (also keine PDF) Vor Ort-Prüfung der Kassensturzfähigkeit („Vorzählen des Kassenbestands“) Wann darf geprüft werden? In der Regel während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten aber im Ausnahmefall auch außerhalb dieser Zeiten, wenn im Unternehmen noch oder schon gearbeitet wird. © VRT 2018
20 Ab 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau III Was darf der Prüfer: Betreten der Geschäftsräume zur Durchführung der Prüfung (Ausweispflicht!) Durchführung der Prüfung auch bei Nichtanwesenheit des Unternehmers möglich, wenn Personal anwesend ist, welches über Zugriffs- und Benutzungsrechte des Kassensystems verfügt. Anonyme Beobachtung der Kassenhandhabung / Testkäufe (keine Ausweispflicht!) Was darf der Prüfer nicht: Keine allgemeine Durchsuchung der Geschäftsräume / Privaträume © VRT 2018
21 Ab 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau IV Muss eine Kassennachschau angekündigt werden? Die Kassennachschau ist nach der Definition der Finanzverwaltung keine Außenprüfung und erfolgt daher unangekündigt. Sofern sich aus der Kassennachschau Beanstandungen ergeben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden. © VRT 2018
22 Ab 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau V Wie soll ich mich bei einer Kassennachschau verhalten? Lassen Sie sich den Dienstausweis sowie die schriftliche Anweisung zur Kassennachschau von den Beamten zeigen Höflichkeit und Kooperationsbereitschaft zeigen Verbieten Sie das Herumstöbern des Beamten in Schränken/ Schubladen Außer einem etwaigen für die Kassenführung verantwortlichen Mitarbeiter und Ihnen führen keine weiteren Angestellten Gespräche mit dem Prüfer. Anruf beim Steuerberater © VRT 2018
23 Ab 01.01.2018: § 146 b AO – Kassennachschau VI Bedeutung der Kassennachschau in der Praxis? Die Finanzverwaltung hat durch die Kassennachschau nunmehr die Möglichkeit ohne vorherige Ankündigung eine Betriebsprüfung durchzuführen. Damit hat die Finanzver- waltung das Überraschungsmoment auf Ihrer Seite. Nach Veröffentlichung des Erlasses zur Kassennachschau am 29.05.2018 ist mit einer hohen Anzahl von Nachschauen zu rechnen. Das Finanzministerium Niedersachsen strebt eine Quote von 40% aller Betriebsprüfungen an, die mit der Kassennachschau eröffnet werden. Nach vorliegenden Informationen hat es im Amtsbezirk eines Niedersächsischen Finanzamtes in 2018 bislang 150 Kassennachschauen gegeben, wobei in 90% dieser Fälle aufgrund von Beanstandungen zur Außenprüfung übergegangen wurde. © VRT 2018
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.vrt.de Bonn Köln Hennef Rheinbach Meckenheim Euskirchen Neunkirchen Schönau
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