Bibi und Tina - Die ungarischen Reiter - Vincent Andreas
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Unverkäufliche Leseprobe
Vincent Andreas
Bibi und Tina - Die ungarischen Reiter
188 Seiten
ISBN: 978-3-505-12749-6
Mehr Informationen zu diesem Titel:
www.schneiderbuch.de
© 2010 Schneiderbuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.Vincent Andreas BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 5 14.07.2010 14:31:30 Uhr
© 2010 KIDDINX Studios GmbH, Berlin
Redaktion: Jutta Dahn
Lizenz durch KIDDINX Merchandising GmbH
Winterhuder Weg 29, 22085 Hamburg
www.bibiundtina.de
© 2010 für die Buchausgabe bei SchneiderBuch
verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH,
Gertrudenstraße 30–36, 50667 Köln
Alle Rechte vorbehalten
Titelbild: Christian Puille, Hamburg
Titelgestaltung und Innenlayout: musterfrauen, Berlin
Illustrationen: Linda Kohlbaum/ KIDDINX Studios GmbH, Berlin
Satz: Angela May, Mettmann
Druck und Bindung: Bercker Graphischer Betrieb, Kevelaer
ISBN 978-3-505-12749-6
BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 6 14.07.2010 14:31:30 UhrInhalt
Abendrot 11
Große Enttäuschung 23
Ein böses Zeichen 34
Rätsel um Mikosch 49
Die ungarischen Reiter 60
Ein gutes Zeichen 72
Eine gute und eine schlechte Nachricht 85
Im Osten der wilden Puszta 98
Der Sturm 111
Hilfe für die Csikós 123
Den Wilderern auf der Spur 136
Entwischt 147
Das Versteck der Wilderer 160
Mikoschs Entscheidung 171
BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 7 14.07.2010 14:31:30 UhrAbendrot
Gedämpftes Rattern erfüllte das Zugabteil. Drau-
ßen vor dem Fenster flog die Landschaft vorüber:
sanfte Hügel, Getreidefelder, Flüsse, Seen und
Wälder, und über allem schien an einem wolken
losen Himmel eine goldene Sommersonne.
Bibi Blocksberg, die kleine Hexe aus Neustadt,
sah dösend hinaus. In der Ferne tauchten die ers-
ten Ausläufer eines Gebirges auf.
„Irgendwo weit, weit dahinter“, dachte sie, „da
liegt Ungarn.“
Vom Hinausschauen wurde sie schläfrig. Die
Augen fielen ihr zu.
Plötzlich fühlte sie, wie jemand sie
rüttelte.
„He, Bibi! Nicht schlafen!“
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 11 14.07.2010 14:31:31 UhrBibi rieb sich die Augen. Vor ihr stand ihre Freun-
din Tina und erinnerte sie daran, dass sie in den
Speisewagen gehen wollten.
Speisewagen? Ach ja, das Abendessen! Jetzt erst
fiel Bibi auf, was für einen Hunger sie hatte!
„Ich bin schon unterwegs!“, rief sie, sprang auf
und angelte den Rucksack mit ihrem Portemonnaie
aus der Gepäckablage. Tina öffnete die Abteil-
tür, und Bibi folgte ihrer Freundin hinaus auf den
Gang.
Bibi war in Hochstimmung. Ferien in Ungarn
waren einfach das Größte! Begeistert hatten sie
und Tina deshalb auch eine Einladung des Gra-
fen Falko von Falkenstein angenommen. Sie sollten
das Wildpferd Ákos zum Gestüt Szendrö begleiten.
Der Hengst gehörte einem Freund des Grafen und
wurde auf dem Gestüt für die Zucht gebraucht.
So lang die Reise nach Ungarn auch war, sie ge-
hörte für Bibi einfach zu den Ferien dazu. Vor-
freude war schließlich die schönste Freude, und wie
immer genoss sie jede Minute der Bahnfahrt.
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 12 14.07.2010 14:31:31 UhrTina war dieses Mal allerdings sehr bedrückt. Ihre
Reise hatte nämlich einen Schönheitsfehler: Tinas
Freund Alexander von Falkenstein durfte nicht mit
dabei sein. Wegen seiner schlechten Schulnoten
hatte sein Vater darauf bestanden, dass er in den
Ferien mit einem Privatlehrer büffelte. Erst hatte
Alex heftig protestiert, doch der Graf war unerbitt-
lich geblieben und hatte am Ende sogar damit ge-
droht, seinen Sohn auf ein Internat zu schicken.
So fuhren die beiden Freundinnen nun ohne
Alex nach Ungarn, ein Umstand, der Tina die ganze
Ferienstimmung zu trüben schien. Bibi hatte sich
fest vorgenommen, ihre Freundin aufzumuntern.
Sicherlich vermisste Tina ihren Freund, aber auf
dem Gestüt Szendrö gab es genug, was sie ablen-
ken würde – nicht zuletzt das Wildpferd Mascha,
das Tina von ihrem letzten Aufenthalt in Szendrö
bereits kannte.
„Komm, Tina“, sagte Bibi und hakte sich bei ihrer
Freundin unter, „gleich gibt es unser ungarisches
Lieblingsgericht!“
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 13 14.07.2010 14:31:31 Uhr„Mmmh, ja, jetzt ein schönes scharfes Gulasch!“,
schwärmte Tina.
Bibi grinste. Endlich war es ihr geglückt: Seit
ihrer Abfahrt aus Falkenstein hatte Tina zum ersten
Mal gelächelt!
Im Speisewagen war noch ein Zweiertisch am Ende
des Abteils frei.
„Jó estét kivánok!“, begrüßte sie ein freundlicher
Kellner. „Ich wünsche einen guten Abend, die Da-
men. Darf ich Sie zu Ihrem Platz geleiten?“
Bibi und Tina schmunzelten über die förmliche
Anrede und genossen es, zu den freien Plätzen
geführt zu werden. Der Kellner rückte ihnen sogar
die Stühle zurecht. Die Freundinnen setzten sich,
und da sie bereits wussten, was sie essen wollten,
gaben sie gleich ihre Bestellung auf.
Durch das Fenster sah Bibi, dass sie schon mit-
ten in den Bergen waren, die eben noch in weiter
Ferne gelegen hatten. Gerade in diesem Moment
wand sich der Zug leicht schlingernd in einem
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 14 14.07.2010 14:31:31 Uhrsteilen Bogen eine Steigung hinauf. Kurz darauf
servierte ihnen der Kellner zwei Teller mit damp-
fendem Gulasch. Mit einem „Jó étvágyat“ wünschte
er ihnen einen guten Appetit, verbeugte sich und
ging dann zu vier Gästen am Nachbartisch, die be-
zahlen wollten.
Plötzlich wurde das leise Stimmengemurmel von
einem lauten Ruf übertönt.
„Mann, Steve, was is ’n das? Hier ist ja alles voll!“
Bibi drehte sich um. Drei Männer hatten den
Speisewagen betreten.
„Mach dir mal nicht ins Hemd, Kalle“, sagte der
eine von ihnen, der mit „Steve“ angesprochen wor-
den war. „Ich regel das schon.“
Er war ein breitschultriger Kerl mit Stiernacken
und wie die beiden anderen etwa Mitte zwanzig.
An seinem feisten Hals blinkte eine Goldkette. Die
dünnen blonden Haare auf seinem runden Kopf be-
gannen sich bereits zu lichten.
Seine beiden Kumpane wirkten neben ihm eher
schmächtig. Der eine, den Steve mit Kalle angeredet
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 15 14.07.2010 14:31:31 Uhrhatte, war lang und dünn. Sein grell gemustertes
Hemd hatte er weit aufgeknöpft. Der andere, ein
kleiner drahtiger Kerl mit eng stehenden, stechenden
Augen, trug einen ausgebeulten Jogginganzug.
„Du weißt doch“, raunte der dritte Kalle lachend
zu, „Steve regelt immer alles.“
„Hast recht, Johnny“, rief Kalle, und die drei
gingen zum Nachbartisch von Bibi und Tina.
Dort hatten die vier Gäste gerade bezahlt, was
Steve gesehen hatte.
„Nu machen Sie mal ’n bisschen schneller“,
schnauzte er sie an. „Quatschen können Sie auch
woanders.“
Tina verdrehte die Augen. „Das sind ja drei ganz
sympathische Typen“, flüsterte sie Bibi zu.
Die vier Gäste waren bereits aufgestanden. Sie
warfen Steve, Kalle und Johnny empörte Blicke zu,
sagten aber nichts weiter und verließen den Speise-
wagen. Die drei Männer fläzten sich auf die freien
Stühle, und Steve schnipste ungeduldig nach dem
Kellner.
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 16 14.07.2010 14:31:31 Uhr„Am besten beachten wir sie gar nicht“, meinte
Bibi.
Doch das war gar nicht so leicht. Nach-
dem der Kellner mit sichtlich pikierter
Miene die Bestellung aufgenommen
hatte, unterhielten sich die drei Män-
ner weiter in einer solchen Lautstärke,
dass Bibi und Tina sie nicht überhören
konnten. Sie sprachen über ihre letzte Reise
nach Kanada.
„Den Braunbären haben wir’s ordentlich gegeben,
was?“, lachte Kalle.
„Klar, Mann, erinnert ihr euch noch an den klei-
nen Grizzly, wie dumm der aus der Wäsche geguckt
hat, als er in der Falle saß?“, tönte Johnny.
Bibi blieb ihr letzter Bissen im Hals stecken. Die
drei hatten wild lebende Bären gejagt! Und be-
zeichneten dies als „Abenteuerreise“! Wenn Bibi
das richtig verstanden hatte, heizten sie dabei in
einem Jeep durch die Gegend, stellten Fallen auf
und jagten unschuldige Tiere!
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 17 14.07.2010 14:31:31 Uhr„Aber die Wildpferde sind ein anderes Kaliber“,
mahnte Steve. „Die sollen verdammt schnell sein!
Da musst du sehen, wie du hinterherkommst.“
„Pah!“, schnaubte Johnny. „Ich kann’s kaum er-
warten, dass mir einer von den Gäulen vors Lasso
kommt!“
Bibi konnte kaum fassen, was sie da eben gehört
hatte. Der Appetit war ihr gründlich vergangen. Im
Augenwinkel sah sie, dass es Tina genauso ging.
Wütend starrte Bibis Freundin zum Nachbartisch
hinüber – und das hatte nun auch Steve bemerkt.
„Gibt’s ’n Problem, Rotschöpfchen?“, fuhr er Tina
an.
„Allerdings!“, konterte Tina. Bibi konnte ihr an-
hören, wie wütend sie war. „Jagd auf Wildpferde
machen – das ist ja wohl das Allerletzte!“
Die drei Männer lachten nur höhnisch.
Bibi spürte, wie in ihr die Wut aufstieg. Am liebs-
ten würde sie die drei Männer in dicke, fette Kröten
verwandeln. Leider hatte sie Graf Falko von Falken
stein ihr großes Ehrenwort geben müssen, auf der
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 18 14.07.2010 14:31:32 UhrFahrt nicht zu hexen. Doch je mehr die drei am
Nebentisch lachten, umso schwerer konnte sie sich
beherrschen.
„He, Blondi!“, rief Steve jetzt auch noch herüber.
„Was guckst ’n du so blöd?“
Heimlich streckte Bibi ihre Finger unter der
Tischplatte aus. Dann flüsterte sie: „Eene
meene Tier in Nöten, die drei
Männer sind jetzt ...“
Tina unterbrach sie hastig: „Bibi! Nicht! Denk da-
ran, was du versprochen hast.“
Gerade noch rechtzeitig brach Bibi die Hexerei ab,
und Tina winkte schnell den Kellner heran. Die bei-
den Freundinnen bezahlten. Als sie den Speisewagen
verließen, konnte Bibi es nicht lassen und drehte
sich noch einmal mit finsterer Miene zu den drei
Männern um.
„Schönen Abend noch, Blondi!“, rief Steve ihr mit
feistem Grinsen hinterher.
Mit einem lauten Rums schob Bibi die Abteiltür
hinter sich zu.
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 19 14.07.2010 14:31:32 UhrDie beiden Freundinnen hatten sich noch im-
mer nicht beruhigt, als der Zug eine halbe Stunde
später einen längeren Zwischenhalt in einem Berg-
dorf einlegte, um die Lok auszuwechseln. Bibi und
Tina hatten vor ihrer Abfahrt mit dem Zugbegleiter
vereinbart, dass sie während des Aufenthalts nach
dem Wildpferd sehen wollten. Tina steckte ein paar
Leckerlis ein und ging mit Bibi hinaus auf den Bahn-
steig. Der Zugbegleiter wartete schon auf sie. Er
führte sie zum Transportwaggon am Ende des Zuges
und öffnete den Mädchen die Tür. „Bitte sehr, die
Damen“, sagte er. Wie der Kellner im Speisewagen
machte auch er eine kleine höfliche Verbeugung.
„Köszönöm“, antwortete Bibi, die sich an das
ungar ische Wort für „danke“ erinnerte.
Als sie mit Tina in den Waggon kletterte,
wurden die beiden von einem freudigen
Wiehern begrüßt. Ákos prustete und schnaubte.
Bibi tätschelte dem Hengst den Hals, und Tina gab
ihm die Leckerlis.
„Ja, mein tapferer Ákos!“, raunte Bibi ihm zu.
20
BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 20 14.07.2010 14:31:32 UhrMit dem Pferd war alles in Ordnung. Ákos schien
kein bisschen nervös zu sein. Bibi und Tina wuss-
ten, dass er schon öfter mit dem Zug transportiert
worden war. Eine solche Fahrt machte ihm offen-
bar nicht das Geringste aus.
Dass hingegen mit Bibi und Tina nicht alles in
Ordnung war, schien er zu spüren. Nachdem er die
Leckerlis verputzt hatte, stupste er Bibi und Tina
mit seiner feuchten Schnauze aufmunternd an.
„He, nicht schubsen!“, protestierte Bibi lachend.
Tina sah Ákos tief in die dunkelbraunen Augen.
„Dass jemand Jagd auf so ein liebes Tier machen
kann“, murmelte sie.
Bibi hatte das Gleiche gedacht. Die Freundinnen
wurden von dem Zugbegleiter darauf aufmerksam
gemacht, dass die Reise gleich weitergehen würde. Sie
mussten wieder in ihren Waggon zurück. Bibi und Tina
drückten und herzten Ákos zum Abschied und
wünschten ihm eine gute Nacht.
Tina atmete die klare frische Bergluft ein, als sie
mit Bibi am Zug entlang zurücklief.
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 21 14.07.2010 14:31:32 Uhr„Irgendwie geht in diesen Ferien alles schief“,
seufzte sie. „Erst darf Alex nicht mit, und dann tref-
fen wir diese drei schrecklichen Typen im Speise
wagen!“
Die Glocke eines Kirchturms schlug neun Uhr.
Ihr Klang hallte von den Bergen wider. Bibis Blick
schweifte über die Abhänge. Die Sonne stand tief
und tauchte die Gipfel in ein leuchtendes Rot. Es
sah aus, als würden sie glühen.
„Guck doch mal, wie schön das aussieht!“, ver-
suchte Bibi ihre Freundin aufzumuntern. Ihr fiel ein
Sprichwort ein, und sofort wurde ihr wieder leich-
ter ums Herz. „Weißt du nicht, was das rote Glühen
bedeutet? ‚Abendrot – Schönwetterbot’! Das ist be-
stimmt ein gutes Zeichen!“
Damit gelang es Bibi heute zum zweiten Mal,
Tina zum Lächeln zu bringen.
„Du wirst sehen“, meinte Bibi zuversichtlich,
„auch ohne Alex werden das ganz tolle Ferien auf
dem Gestüt Szendrö!“
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BT_SB02_Ung Reiter_CS3_AK5.indd 22 14.07.2010 14:31:32 UhrSie können auch lesen