Binnenwanderung in Deutschland seit 1991 - Aktuelle Analysen und Befunde - Bundesinstitut ...

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Binnenwanderung in Deutschland seit 1991 - Aktuelle Analysen und Befunde - Bundesinstitut ...
ANALYSEN

                                      Binnenwanderung in Deutschland seit
                                      1991
                                      Aktuelle Analysen und Befunde
                                      NICO STAWARZ (BiB)
                                      MATTHIAS ROSENBAUM-FELDBRÜGGE (BiB)

Die Bevölkerungsentwicklung eines Landes oder einer Region wird durch die Geburten, Ster-
befälle und Wanderungsbewegungen bestimmt. Hoch entwickelte Länder wie Deutschland
zeichnen sich durch relativ niedrige Geburten- und Sterblichkeitsraten aus, die sich zwischen
den einzelnen Regionen des Landes nur in geringem Maße unterscheiden. Wenn sich regionale
Bevölkerungen eines Landes unterschiedlich entwickeln, hängt dies daher oft überwiegend mit
der Binnenwanderung und internationalen Wanderungsbewegungen zusammen. Diese können
beispielsweise das Arbeitskräftepotential oder die Altersstruktur einzelner Regionen systema-
tisch verändern.

    Dieser Beitrag informiert über die allgemei-     auf die Wanderung deutscher Staatsbürger, da
nen Entwicklungen der Binnenwanderung in             die hohe internationale Migration in den Jahren
Deutschland seit den 1990er Jahren. Im Rah-          2014 bis 2016 zu einer Verzerrung der Binnen-
men der derzeitigen Diskussionen um stetig stei-     wanderungsstatistik für ausländische Staatsbür-
gende Mietpreise und Wohnraumknappheit in            ger geführt hat.
den Städten befassen wir uns dabei mit Wan-
derungsbewegungen zwischen städtischen und           Binnenwanderung in Deutschland
ländlichen Regionen. Zudem wird anlässlich              Der jährlich über Kreisgrenzen hinweg wan-
des 30-jährigen Jubiläums der deutschen Wie-         dernde Bevölkerungsanteil in Deutschland ist
dervereinigung ein Überblick über die Wande-         mit etwa 3 % pro Jahr seit 1991 weitestgehend
rungsströme zwischen den westdeutschen und           konstant geblieben. Damit ist Deutschland im
ostdeutschen Bundesländern gegeben. Für die          Vergleich zu den mobileren nordeuropäischen
Analysen verwenden wir die Wanderungsstatisti-       Ländern wie Finnland oder Dänemark und den
ken des Statistischen Bundesamtes und der Sta-       weniger mobilen südeuropäischen Ländern wie
tistischen Ämter der Länder, die auf den offiziell   Spanien oder Italien ein moderat mobiles Land.
registrierten Wanderungszahlen basieren. Diese       Basierend auf den Entfernungen zwischen Kreis-
wurden vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und       mittelpunkten legten über Kreisgrenzen hin-
Raumforschung (BBSR) aufbereitet und an Kreis-       weg wandernde Personen im Jahr 2017 durch-
gebietsreformen angepasst, sodass Kreisgren-         schnittlich eine Distanz von rund 119 km zurück.
zen über den untersuchten Zeitraum als stabil        Werden anhand von Schätzungen zusätzlich die
angenommen werden können (BBSR 2010). Auf            Wanderungen innerhalb von Kreisen berücksich-
Grundlage dieser Datenbasis ist es möglich, die      tigt, reduziert sich die gewanderte Distanz auf
Anzahl der Umzüge über Kreisgrenzen hinweg           durchschnittlich 65 km. Zu Beginn der 1990er
für den Zeitraum 1991 bis 2017 auszuwerten. In       Jahre und um die Jahrtausendwende lag dieser
diesem Beitrag beziehen wir uns ausschließlich       Wert mit mehr als 72 km noch höher, was un-

                                                                                                           3
                                                                      BEVÖLKERUNGSFORSCHUNG AKTUELL 2|  2020
Binnenwanderung in Deutschland seit 1991 - Aktuelle Analysen und Befunde - Bundesinstitut ...
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        ABB. 1: Nettobinnenwanderungsraten auf Kreisebene,                   deutet in diesem Fall, dass die Bevölkerung in
                2017 (Deutsche)                                              der Region einen Wanderungsgewinn von einer
                                                                             Person pro 100 Einwohner verzeichnete. Abbil-
                                                                             dung 1 verdeutlicht, dass im Jahr 2017 vor allem
                                                                             größere Städte Bevölkerungsverluste hinnehmen
                                                                             mussten, während ländlich geprägte Regionen
                                                                             gerade in Bayern und im Norden Deutschlands
                                                                             Wanderungsgewinne verzeichneten. Die größ-
                                                                             ten prozentualen Zugewinne wiesen dabei die an
                                                                             Berlin angrenzenden brandenburgischen Krei-
                                                                             se Potsdam, Barnim und Teltow-Fläming sowie
                                                                             die Großstadt Leipzig auf. Die stärksten wande-
                                                                             rungsbedingten Bevölkerungsverluste verzeich-
                                                                             neten im Jahr 2017 dagegen die Kreise Gelsen-
                                                                             kirchen und Hagen.

                                                                             Stadt-Land-Wanderung
                                                                                Aus Abbildung 1 geht hervor, dass Kreise in
                                                                             unterschiedlicher Weise durch Binnenwande-
                                                                             rung betroffen sind. Von zentralem Interesse ist
                                                                             hierbei z. B., ob Umzüge von ländlichen in städ-
                                                                             tische Kreise oder umgekehrt erfolgen, weshalb
                                                                             wir uns diesem Thema eingehender widmen. Zur
                                                                             notwendigen Abgrenzung verschiedener Raum-
                                                                             typen verwenden wir die Klassifikation des Bun-
        Quelle: Statistisches Bundesamt und Statistische Ämter der Länder,   desinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
        Raumbeobachtung des BBSR
                                                                             (BBSR), die jedem der 401 deutschen Kreise eine
                                                                             von vier Kategorien zuordnet: kreisfreie Groß-
                                                                             stadt, städtischer Kreis, ländlicher Kreis sowie
                   ter anderem mit dem hohen Wanderungsvolu-                 dünn besiedelter ländlicher Kreis (Milbert 2015).
                   men zwischen Ost- und Westdeutschland in Ver-             Um die Entwicklungen der Stadt-Land-Wande-
                   bindung steht. Seit der Jahrtausendwende ist die          rung im Zeitverlauf nachvollziehen zu können,
                   Ost-West-Wanderung und damit auch die ge-                 verwenden wir die bereits beschriebenen Netto-
                   wanderte Distanz kontinuierlich auf den derzeit           binnenwanderungsraten.
                   niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung zu-              In Abbildung 2 werden die Nettobinnenwan-
                   rückgegangen.                                             derungsraten der vier definierten Raumtypen
                      Für einen ersten Überblick zum derzeitigen             über den Zeitraum 1991-2017 dargestellt. Be-
                   Stand der Binnenwanderung in Deutschland ver-             reits auf den ersten Blick fällt auf, dass sich die
                   anschaulichen wir die Nettobinnenwanderungs-              Wanderungsmuster in den letzten drei Jahrzehn-
                   raten deutscher Staatsbürger im Jahr 2017 auf             ten mehrfach verändert haben. Direkt nach der
                   Kreisebene (vgl. Abbildung 1). Die Nettobinnen-           Wiedervereinigung setzte in Deutschland zu-
                   wanderungsrate gibt den Prozentwert von Be-               nächst eine Phase der Suburbanisierung ein, in
                   völkerungsgewinnen oder -verlusten im Verhält-            der vorwiegend ländliche Kreise Bevölkerungs-
                   nis zur Einwohnerzahl des jeweiligen Kreises an.          gewinne durch Binnenwanderung verzeichnen
                   Eine Nettobinnenwanderungsrate von 1 % be-                konnten. Die kreisfreien Großstädte hingegen

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BEVÖLKERUNGSFORSCHUNG AKTUELL 2|  2020
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wiesen in diesem Zeitraum durch Abwande-             liche Gebiete, weshalb die kreisfreien Großstädte
rung bedingte Bevölkerungsverluste auf. Ende         Wanderungsverluste in dieser Altersgruppe ver-
der 1990er Jahre war dieser Trend rückläufig,        zeichnen. Dies gilt ebenso für die Wanderungen
was dazu führte, dass zu Beginn der 2000er Jah-      der 50- bis 64-Jährigen und der über 64-Jährigen.
re weder städtische noch ländliche Räume deut-
liche Verluste oder Gewinne verzeichneten. Seit      Wanderung zwischen West- und Ostdeutschland
Mitte der 2000er sind dagegen steigende Wan-            Neben den Stadt-Land-Wanderungen wird
derungsgewinne in den Großstädten zu beob-           die Binnenwanderung in Deutschland seit der
achten. Diese erneute Phase der Urbanisierung        Wiedervereinigung durch Wanderungen zwi-
(Verstädterung), die mit Wanderungsverlusten         schen Ost- und Westdeutschland geprägt. Wird
in den ländlichen Kreisen einhergeht, dauerte        Berlin aufgrund seiner besonderen Stellung als
bis etwa 2012 an. Auf dem Höhepunkt der Ur-          ehemals geteilte Stadt nicht berücksichtigt, zo-
banisierung lag die Nettozuwachsrate der Groß-       gen von 1991 bis 2017 circa 3,7 Millionen deut-
städte bei durchschnittlich 0,4 Personen pro 100     sche Staatsangehörige aus den ostdeutschen
Einwohner. Für eine Großstadt mit 500.000 Ein-       Bundesländern in die westdeutschen Bundeslän-
wohnern würde dies einen durch Binnenwande-          der. Im gleichen Zeitraum verlagerten jedoch le-
rung bedingten durchschnittlichen Zuwachs von        diglich 2,5 Millionen deutsche Staatsangehörige
2.000 Einwohnern pro Jahr bedeuten. Seit 2012        ihren Wohnsitz von West- nach Ostdeutschland.
verringern sich die positiven Nettobinnenwande-      Die Diskrepanz zwischen den beiden Wande-
rungsraten für die kreisfreien Großstädte jedoch     rungsströmen führte dementsprechend zu ei-
kontinuierlich, und seit dem Jahr 2014 verzeich-     nem Wanderungsverlust von etwa 1,2 Millionen
nen die Großstädte wieder Wanderungsverlus-          Menschen für die ostdeutschen Bundesländer im
te. Im Gegensatz dazu gewinnen die ländlichen
Kreise seit 2014 wieder an Bevölkerung, was auf
eine erneute Suburbanisierungsphase hindeutet.
                                                     ABB. 2: Nettobinnenwanderungsraten deutscher Staats-
    Die Bereitschaft zu räumlicher Mobilität va-
                                                             bürger für verschiedene Raumtypen
riiert mit dem Lebensalter. So neigen beson-
ders junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29         Nettowanderungsrate (%)
Jahren aufgrund einer hohen Dichte von wichti-       0,6
gen Übergängen im Lebenslauf (z. B. Beginn der
Ausbildung oder eines Studiums, Arbeitsmarkt-        0,4

einstieg) am häufigsten zu Ortswechseln. Mit
                                                     0,2
zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Wan-
derungen dann ab. Da sich diese altersspezifi-       0,0
schen Wanderungsmuster auf die Altersstruk-
turen in städtischen und ländlichen Gebieten         -0,2

auswirken können, lohnt sich ein gesonderter
                                                     -0,4
Blick auf die Wanderungsbewegungen einzelner
Altersgruppen. Unsere Auswertungen zeigen,           -0,6
dass gerade junge Erwachsene im Alter von 18             1991
                                                        1991         1996
                                                                    1996         2001
                                                                                2001       2006
                                                                                          2006          2011
                                                                                                       2011           2016
                                                                                                                     2016
                                                                                        Jahre
bis 29 Jahren etwa für eine Ausbildung, ein Studi-
um oder den Berufseinstieg häufig in städtische                 Kreisfreie Großstädte             Ländliche Kreise
Regionen ziehen. Familien (Personen unter 18                    Städtische Kreise                 Dünn besiedelte ländliche Kreise

Jahren und 30- bis 49-Jährige) wandern hinge-        Quelle: Statistisches Bundesamt und Statistische Ämter der Länder,
gen eher in kleinere städtische Kreise oder länd-    Raumbeobachtung des BBSR, eigene Berechnungen

                                                                                                                                     5
                                                                            BEVÖLKERUNGSFORSCHUNG AKTUELL 2|  2020
ANALYSEN

     ABB. 3: Umzüge zwischen West- und Ostdeutschland                       die neuen Bundesländer sogar leicht positiv bei
             (Deutsche, ohne Berlin)                                        durchschnittlich 5.000 Personen pro Jahr. Auf-
     Zahl der Umzüge (in 1.000)
                                                                            grund der sehr geringen absoluten Unterschiede
                                                                            sollte jedoch von einem ausgeglichenen Wande-
     240
                                                                            rungssaldo zwischen Ost- und Westdeutschland
     200                                                                    gesprochen werden. Auf Bundeslandsebene pro-
                                                                            fitieren von dieser aktuellen Entwicklung die ost-
     160                                                                    deutschen Bundesländer Brandenburg, Sachsen
                                                  Ost > West                und Mecklenburg-Vorpommern, während Sach-
     120                                                                    sen-Anhalt und Thüringen weiterhin einen leicht
                                                                            negativen Wanderungssaldo aufweisen.
      80                                                                        Verzeichneten die neuen Bundesländer seit
                                                  West > Ost
                                                                            1991 vor allem Verluste junger Menschen, so hat
      40
                                                                            sich dieser Trend gegenwärtig deutlich reduziert.
                                                                            Zwar finden sich immer noch Wanderungsver-
       0
        1991
       1991          1996
                    1996           2001
                                  2001        2006
                                             2006           2011
                                                           2011      2016
                                                                    2016    luste in der Gruppe der 25- bis 29-Jährigen (Ar-
                                          Jahre                             beitsmarkteinsteiger) – in der Gruppe der 18- bis
                                                                            24-Jährigen (Bildungswanderer) deuten die Zah-
     Quelle: Statistisches Bundesamt und Statistische Ämter der Länder,
                                                                            len seit 2012/2013 jedoch auf einen ausgegli-
     Raumbeobachtung des BBSR, eigene Berechnungen
                                                                            chenen Saldo hin. Für die Familienwanderer (un-
                                                                            ter 18 Jahren und 30- bis 49-Jährige) ergibt sich
                                                                            zudem seit 2014 ein positiver Wanderungssaldo
                    Zeitraum 1991 bis 2017. Wie in Abbildung 3 zu           für die neuen Bundesländer. Das Wanderungs-
                    sehen ist, erreichte die Abwanderung aus dem            verhalten der 50- bis 64-Jährigen sowie der über
                    Osten in den Jahren 1991 und 1992 sowie um die          64-Jährigen ist zwischen Ost- und Westdeutsch-
                    Jahrtausendwende ihren Höhepunkt. Nach dem              land ausgeglichen, mit einer Tendenz zu leich-
                    zwischenzeitlichen Höchstwert im Jahr 2001 mit          ten Wanderungsgewinnen für die ostdeutschen
                    einem Wanderungsverlust von beinahe 100.000             Bundesländer in der Gruppe der 50- bis 64-Jäh-
                    Personen binnen eines Jahres ist die Abwande-           rigen.
                    rung aus den ostdeutschen in die westdeutschen
                    Bundesländer jedoch kontinuierlich zurückge-            Fazit
                    gangen. Die Wanderungen in die entgegenge-                 Angesichts der relativ geringen regionalen
                    setzte Richtung (von West nach Ost) verharrten          Unterschiede bei den Geburtenraten und der
                    dagegen über den gesamten Zeitraum sehr sta-            Lebenserwartung in Deutschland sind Wande-
                    bil bei etwa 80.000 bis 90.000 Personen pro Jahr.       rungsbewegungen von hoher Bedeutung für die
                    Durch den Rückgang der Abwanderung von Ost              Bevölkerungsentwicklung sowie die Altersstruk-
                    nach West reduzierten sich allmählich auch die          tur auf regionaler Ebene. Gerade Wanderungen
                    Wanderungsverluste für die ostdeutschen Bun-            zwischen ländlichen und städtischen Kreisen
                    desländer. Lagen die Bevölkerungsverluste im            spielen bei diesen Entwicklungen eine bedeu-
                    Zeitraum 1991 bis 2008 noch zwischen 21.800             tende Rolle. Unsere Analysen zeigen, dass ge-
                    und 153.900 Personen pro Jahr (Durchschnitt             genwärtig nicht Städte, sondern vor allem de-
                    57.000), haben sich diese im Zeitraum 2009 bis          ren Umlandsregionen durch Binnenwanderung
                    2013 deutlich auf durchschnittlich 15.000 Perso-        bedingte Wanderungsgewinne erzielen. Hierbei
                    nen pro Jahr verringert. Seit 2014 liegt der Wan-       handelt es sich um eine relativ neue Entwicklung,
                    derungssaldo deutscher Staatsangehöriger für            die nach einer gut zehnjährigen Phase der ver-

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BEVÖLKERUNGSFORSCHUNG AKTUELL 2|  2020
ANALYSEN

stärkten Wanderungen in die Städte (Urbanisie-      Stadt-Land-Wanderung hin. Bezüglich dieser
rung) seit ca. 2014 zu beobachten ist. Mögliche     Zahlen muss aber darauf hingewiesen werden,
Ursachen für die Stadt-Umland-Wanderungen           dass der derzeitig ausgeglichene Binnenwan-
sind die durch zu geringe Bautätigkeit entstan-     derungssaldo zwischen Ost-und Westdeutsch-
dene Wohnungsknappheit in den größeren deut-        land die ostdeutschen Wanderungsverluste der
schen Städten sowie die damit im Zusammen-          letzten Jahrzehnte keineswegs auszugleichen
hang stehenden gestiegenen Mietpreise (BBSR         vermag. Zudem gilt es zu beachten, dass die an
2016).                                              Berlin angrenzenden Kreise Brandenburgs am
    Die Ost-West-Wanderung hat sich bedingt         meisten von der derzeitigen Entwicklung pro-
durch den kontinuierlichen Rückgang der Ab-         fitieren, während viele ländliche Kreise z. B. in
wanderung aus den ostdeutschen Bundes-              Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wei-
ländern seit der Jahrtausendwende deutlich          terhin mit leichten Bevölkerungsverlusten zu
gewandelt. Nach teils erheblichen Abwande-          kämpfen haben. Ein Ende der Abwanderung aus
rungsverlusten für Ostdeutschland seit der Wie-     strukturschwachen ländlichen Regionen Ost-
dervereinigung kann seit 2014 von einem ausge-      deutschlands ist auch zum gegenwärtigen Zeit-
glichenen Binnenwanderungssaldo mit leichten        punkt nicht abzusehen. Ähnliches gilt für struk-
Wanderungsgewinnen für die ostdeutschen             turschwache Regionen in Westdeutschland.
Bundesländer gesprochen werden. Eine zentra-
le Ursache für diese Veränderungen ist sicherlich
die verbesserte Arbeitsmarktlage (z. B. Rückgang
der Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum) im               LITERATUR
Osten. Dennoch bleibt zu betonen, dass die ost-
deutschen Bundesländer immer noch Wande-
rungsverluste jüngerer Menschen in der Alters-
gruppe der 25- bis 29-Jährigen verzeichnen, die     BBSR (2016): Aktuelle Trends der Wohnungs-
auf einen weiterhin attraktiveren Arbeitsmarkt in       bautätigkeit in Deutschland – Wer baut wo
Westdeutschland hindeuten.                              welche Wohnungen? Bonn.
   Zusammenfassend zeigen die Auswertun-            BBSR (2010): Gebietsreformen – politische Ent-
gen, dass sich zwei dominante Binnenwande-              scheidungen und Folgen für die Statistik.
rungsmuster der letzten Jahrzehnte deutlich             6/2010. BBSR-Berichte KOMPAKT. Bonn.
gewandelt haben. Die Binnenwanderung zwi-           Milbert, Antonia (2015): Raumabgrenzungen –
schen Ost-und Westdeutschland kann, be-                 Methodik und Entwicklung der BBSR-Typen.
dingt durch den Rückgang der Abwanderung                In: Meinel, Gotthard et al. (Hrsg.): Flächen-
aus den ostdeutschen Bundesländern, als aus-            nutzungsmonitoring VII. Boden – Flächen-
geglichen bezeichnet werden. Zudem deuten die           management – Analysen und Szenarien, IÖR
Analysen auf den Beginn einer neuen Phase der           Schriften 67. Berlin: RHOMBOS: 173–179.

                                                                                                           7
                                                                      BEVÖLKERUNGSFORSCHUNG AKTUELL 2|  2020
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