Bitcoin: "Wir lassen unsere Kunden nicht alleine" - profil.bayern

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PRAXIS

Bitcoin: „Wir lassen unsere Kunden nicht alleine“
Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte unterstützt ihre Mitglieder und Kunden
bei der Verwahrung von Bitcoin mit Know-how. Wie das funktioniert und warum sich
die Bank überhaupt dem Thema Bitcoin widmet, erklärt Vorstandsmitglied Andreas
Streb.

Interview: Florian Christner, Redaktion „Profil“
Foto: IMAGO/Xinhua

Herr Streb, Sie beschäftigen sich in der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte seit
geraumer Zeit intensiv mit dem Kryptowert Bitcoin und der Blockchain-Technologie,
die dahinter steckt. Warum?

Profil – Das bayerische Genossenschaftsblatt – Ausgabe 12 2021
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Andreas Streb ist Vorstand der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte. Foto: VR-Bank

Andreas Streb: Bitcoin und andere Blockchain-Anwendungen werden inzwischen von
großen Teilen der Bevölkerung wahrgenommen und diskutiert. Die
Kursentwicklungen in den vergangenen Jahren haben die Wahrnehmung nochmal
deutlich verstärkt. Viele Medien berichten teils sehr kontrovers über Kryptowerte
und die Blockchain-Technologie. Auch unsere Kundinnen und Kunden kommen
natürlich über viele Kanäle mit diesem Thema in Berührung und sprechen auch
unsere Beraterinnen und Berater darauf an. Als regionale Bank wollen wir für
unsere Kunden in allen Finanzangelegenheiten erster Ansprechpartner sein. Deshalb
war unser Ziel, Know-how aufzubauen und unseren Kunden eine Lösung bieten.

Wie sind Sie vorgegangen?

Streb: Erst einmal ging es darum, ganz grundlegende Fragen zu klären: Wie
funktionieren Bitcoin und die dahinterstehende Blockchain-Technologie? Wofür

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lassen sich Blockchains noch verwenden? Welche regulatorischen Vorgaben sind zu
beachten? Wie unterscheiden sich die verschiedenen Blockchain-Technologien? Dazu
haben wir uns Unterstützung durch die Firma Die SW-Factory aus Wolnzach geholt
und erst das Führungspersonal und dann alle 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in 25 Workshops zu je 30 Personen geschult. Wichtig war uns hier, bei allen
Mitarbeitern ein breites Verständnis für das Thema zu schaffen.

Abseits der Kryptoverwahrung hat sich die Blockchain-Technologie bisher nicht
wirklich durchgesetzt…

Streb: Ich glaube, viele verkennen das Potenzial dieser Technologie. Das Internet hat
auch einige Jahre gebraucht, bis es seine Innovationskraft mit voller Wucht entfaltet
hat. Es kommen immer mehr Blockchain-Anwendungen auf den Markt, parallel dazu
steigen die regulatorischen Anforderungen. Deutschland hat zum 1. Januar 2020 das
Kryptoverwahrgeschäft als neue Finanzdienstleistung in das Kreditwesengesetz
aufgenommen, § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG. Banken, die Kryptoverwahrgeschäft betreiben
wollen, brauchen dafür eine Genehmigung der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Dazu noch ein Beispiel für eine Blockchain-
Anwendung aus Bayern: Die IHK für München und Oberbayern gibt seit September
2020 digital überprüfbare Abschlusszeugnisse auf Basis der Blockchain-Technologie
aus. Früher oder später wird jede Bank und jedes Unternehmen mit solchen
Anwendungen in Berührung kommen. Für uns ist das auch ein strategisches Thema,
wir wollen auf keinen Fall den Anschluss verpassen.

 „Wir wollen unsere Kunden nicht dem Risiko aussetzen, an
unseriöse Anbieter zu geraten. Stattdessen wollen wir ihnen
   mit eigenen Dienstleistungen einen Mehrwert bieten.“

Zu welcher Erkenntnis sind Sie durch die Schulungen gekommen?

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Streb: Wir wollen unsere Kunden bei Anlagen in Kryptowerte nicht alleine lassen –
auch, um sie auf diesem Feld nicht zu verlieren. Weltweit werden immer neue
Unternehmen gegründet, die Finanzdienstleistungen und andere Services rund um
Kryptowerte anbieten und sich auch in Deutschland ausbreiten. Wir sehen die
Gefahr, dass uns andere Anbieter den Rang ablaufen, wenn wir jetzt nicht reagieren.
Wir wollen unsere Kunden auch nicht dem Risiko aussetzen, an unseriöse Anbieter
zu geraten. Stattdessen wollen wir ihnen mit eigenen Dienstleistungen einen
Mehrwert bieten.

  Schadet Bitcoin dem Klima?

  Bitcoin und Blockchain sind nicht nur digitale Wertspeicher, sondern auch
  Gesprächsthema: Um sie ranken sich viele Mythen, zum Beispiel gilt Bitcoin als
  Energiefresser und Zahlungsmittel von Kriminellen. Was ist da dran? Bitcoin-Experte
  Joe Martin ist der Sache in dieser Ausgabe auf den Grund gegangen. Lesen Sie hier
  seinen Beitrag in dieser Ausgabe.

Welche Dienstleistungen rund um Bitcoin & Co. werden Sie Ihren Kundinnen und
Kunden anbieten?

Streb: Eins vorweg: Wir beschäftigen uns ausschließlich mit Bitcoin, nicht mit
anderen Kryptowerten. Ganz einfach aus dem Grund, dass Bitcoin die einzige
wirkliche dezentrale Blockchain-Anwendung ist und aus unserer Sicht nur sie
ausreichend Sicherheit vor Manipulation bietet. Alle anderen Kryptowerte sind mit
Bitcoin nicht vergleichbar. Vor allem sind sie nicht dezentral aufgebaut, sondern es
stehen Unternehmen beziehungsweise Geschäftsmodelle dahinter, die theoretisch
oder auch ganz praktisch Einfluss auf den jeweiligen Kryptowert nehmen können.
Wichtigstes Thema beim Handel beziehungsweise bei der Aufbewahrung von Bitcoin

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ist die sichere Verwahrung des sogenannten Private Keys, also des geheimen
Schlüssels, der Zugriff auf die Bitcoin erlaubt. Hier haben unsere ersten
Überlegungen angesetzt. Welche vertrauenswürdigen Lösungen können wir unseren
Kunden anbieten? Bei vielen Krypto-Plattformen hat der Kunde nur bedingt oder gar
keinen Zugriff auf den Private Key, weil die Bitcoin im Auftrag des Kunden zentral
verwahrt werden. In solchen Fällen wird von Kryptoverwahrung gesprochen, wie sie
auch im Kreditwesengesetz genannt wird. Zentral von Plattformen verwahrte Bitcoin
sind natürlich ein interessantes Ziel für Hacker. Das konterkariert zudem die
dezentrale Speicherung in der Bitcoin-Blockchain. Deshalb haben wir nach Lösungen
gesucht, bei denen der Kunde seinen Private Key selbst verwahrt und damit
ausschließlich selbst über seine Bitcoin verfügen kann.

Wie schaut Ihre Lösung konkret aus?

Streb: Wir haben uns für ein dreistufiges Angebot entschieden. Zuerst wollen wir
unsere Kunden ganz klassisch aufklären und über die Grundlagen von Bitcoin und
Blockchain informieren und wie man Bitcoin handeln und verwahren kann. Dazu
bilden wir ausgewählte Beraterinnen und Berater zu Bitcoin-Experten weiter, die mit
unseren Kundinnen und Kunden dieses Bitcoin-Informationsgespräch führen können.
Das Angebot machen wir allen Kunden, die sich mit dem Thema Bitcoin näher
beschäftigen wollen. Das Gespräch werden wir auch gesondert berechnen.

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Mit dem Bitcoin-Informationsgespräch will die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte interessierte
Kunden über die grundsätzliche Funktionsweise von Bitcoin und die notwendigen Sicherungs- und
Aufbewahrungsmöglichkeiten aufklären. Grafik: Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte

Welche Dienstleistungen werden Sie über das Bitcoin-Informationsgespräch hinaus
anbieten?

Streb: Wer sich dafür entscheidet, in Bitcoin zu investieren, dem helfen wir bei der
Anschaffung der dafür notwendigen digitalen Geldbörse, der sogenannten Wallet.
Wir wollen den Kunden dabei unterstützen, dass er seine Bitcoins selber verwahren
kann. Dazu bieten wir den Kunden eine sogenannte „Cold Wallet“ an. Entsprechende
Produkte werden gerade in unserem Projekt erarbeitet. Des Weiteren arbeiten wir
auch an einer Möglichkeit, dass der Kunde über uns Bitcoins erwerben kann. Hier
müssen wir noch diverse regulatorische und technische Fragen klären. Insgesamt
sind wir aber auf einem sehr guten Weg und zuversichtlich, im Jahr 2022 ein
entsprechendes Angebot machen zu können.

Sie haben die strengen regulatorischen Vorschriften schon angesprochen. Fällt Ihr
Angebot unter das Kryptoverwahrgeschäft und damit unter die Erlaubnispflicht der

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BaFin?

Streb: Nein. Genau das ist der springende Punkt. Weil der Kunde seinen privaten
Schlüssel selbst verwaltet, haben wir keinerlei Zugriffsmöglichkeit auf seine Bitcoin,
und damit verwahren wir sie auch nicht. Also fallen wir auch nicht unter das
Kryptoverwahrgeschäft. Wir konzentrieren uns mit unserem Angebot darauf, unsere
Kundinnen und Kunden über die Bitcoin aufzuklären und sie bei der Auswahl und
Einrichtung ihrer Bitcoin-Wallet zu unterstützen. Dass wir keine BaFin-Lizenz
benötigen, macht vieles einfacher. Kompliziert ist die Einführung eines solchen
Angebots trotzdem, allein schon wegen der Geldwäschevorschriften. Vom
Genossenschaftsverband Bayern haben wir uns rechtlich und fachlich beraten
lassen. Uns war es wichtig, den GVB mit einzubeziehen, weil wir mit unserem
Service doch auch Neuland betreten.

„Bitcoin ist in allen Altersklassen ein Thema, und wir wollen
 für unsere Kunden weiterhin ein attraktiver und moderner
    Partner in allen Fragen des Vermögensaufbaus sein.“

Wie bewerten Sie die Chancen und Risiken Ihres Angebots?

Streb: Zu den Chancen gehört sicher, dass wir uns über das Bitcoin-Angebot
Marktanteile in der Region sichern und auch weiter ausbauen wollen. Ziel ist es,
unsere Kunden ganzheitlich zu beraten und nicht zu anderen Anbietern zu schicken.
Sie sollen uns nach wie vor als kompetenten Partner auch bei diesem Thema
einschätzen. Zudem hoffen wir, den einen oder anderen Neukunden zu gewinnen.
Bitcoin ist in allen Altersklassen ein Thema, und wir wollen für unsere Kunden
weiterhin ein attraktiver und moderner Partner in allen Fragen des
Vermögensaufbaus sein. Zu den Risiken zählen sicherlich Reputationsschäden. Ein
weiteres Risiko sind die regulatorischen Anforderungen und die Dynamik der
Regulatorik. Gegebenenfalls müssen wir unsere Dienstleistung neu justieren, wenn

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der Gesetzgeber neue Regeln beschließt.

Der Bitcoin ist eine volatile Anlage. Alleine in den letzten zwölf Monaten schwankte
der Wert zwischen 15.000 und fast 60.000 Euro pro Bitcoin. Wie gehen Sie im
Kundengespräch damit um?

Streb: Das stimmt, die Volatilität von Bitcoin ist hoch. Deshalb muss natürlich jeder
Kunde im Rahmen seiner persönlichen Risikobereitschaft und im Rahmen seiner
Möglichkeiten handeln. Aber um das hier noch einmal klarzustellen: Wir beraten den
Kunden nicht in Bitcoin-Anlagen. Diese Entscheidung muss er selbst treffen. Wir
bieten ihm unser Bitcoin-Informationsgespräch an und unterstützen ihn bei der Wahl
seiner Wallet. Aber natürlich ist es nicht sinnvoll, wesentliche Anteile eines
Vermögens in diese sehr volatile Wertanlage zu investieren. Im Rückblick auf die
vergangenen zehn Jahre war allerdings zu beobachten, dass der Bitcoin-Kurs nach
oben geht. Deshalb kann es für langfristige Sparer interessant sein, einen kleinen
Teil des Vermögens in Bitcoin zu investieren. Zielführend ist es auch, diesen Anteil
über regelmäßige Anlagebeträge aufzubauen. Die Strategie ist vergleichbar mit
einer Investition zum Beispiel in Fondssparpläne. Mit einem langfristigen
Investitionshorizont und als kleine Vermögensbeimischung kann Bitcoin bei
entsprechender Risikoneigung ein interessantes Investment sein. Unsere Kundinnen
und Kunden fragen das bereits nach.

Herr Streb, herzlichen Dank für das Interview!

WEITERFÜHRENDE LINKS

         Die Webseite der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte

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