Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-schaftlichen Praxis - eine naturschutzfachliche Evaluation

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Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-schaftlichen Praxis - eine naturschutzfachliche Evaluation
Aufgeblüht!

                                                                                                             Abbildung 1
Simon Dietzel, Fabian Sauter, Michaela Moosner, Christina Fischer und Johannes Kollmann                      Ein Blühstreifen mit einge-
                                                                                                             säter KULAP-Mischung
Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-                                                                im bayerischen Tertiärhügel-
                                                                                                             land, Sommer 2018 (Foto:

schaftlichen Praxis – eine naturschutzfach-                                                                  Anja Grünwald).

liche Evaluation
  Die Intensivierung der Landwirtschaft hat zu starken Biodiversitätsverlusten geführt. Um dem entgegen-
  zuwirken, wurden Agrarumweltmaßnahmen (AUM) wie zum Beispiel Blühstreifen und Blühflächen von
  der EU eingeführt. Die vorliegende Literaturstudie fasst die faunistischen Effekte dieser AUM, basierend
  auf den wissenschaftlichen Publikationen der Jahre 2009–2018, zusammen. Zwei Drittel der 48 Veröffent-
  lichungen fanden positive Effekte von Blühflächen auf die Anzahl oder Häufigkeit von Tierarten, vor
  allem bei Käfern und Spinnen. Neben Vögeln und Kleinsäugern standen hauptsächlich Arthropoden im
  Fokus der Untersuchungen. Keine positiven Effekte traten bei seltenen Insektenarten auf. Günstige
  Effekte auf die Agrarlandschaft zeigten sich bei Arthropoden, Feldhasen und Fasanen in blühflächen-
  nahen Äckern. Insgesamt führen Blühflächen je nach Kontext und Zielsetzung zur Aufwertung von
  Landschaften. Zu wenige vergleichende Untersuchungen liegen bisher zu unterschiedlichen AUM
  sowie zu Auswirkungen bestimmter Saatgutmischungen vor. Zur Wirkungssteigerung könnten Blühflächen
  in Zukunft strategisch mit Gewässerrandschutz und Ackerwildkrautschutz kombiniert werden, wozu
  jedoch eine verbesserte Beratung der Landwirte nötig wäre.

1. Förderung der Biodiversität durch                    der Insekten. Neben den aktuell von Hallmann et
   Agrarumweltmaßnahmen                                 al. (2017) nachgewiesenen massiven Verlusten
Die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen           von Insekten in Naturschutzflächen, konnte dieser
Debatten des Naturschutzes fokussieren derzeit          Trend auch für Normallandschaften und auf
auf den Rückgang der Biodiversität, insbesondere        höheren trophischen Ebenen gezeigt werden

ANLIEGEN NATUR            41(1), 2019                                                                                                 73
Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-schaftlichen Praxis - eine naturschutzfachliche Evaluation
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
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                                                               2a                                                                              2b

                 Abbildung 2
                   Beispiele für   (Biesmeijer et al. 2006; Bowler et al. 2019; Sánchez-   tung von AUM überträgt (Pe‘er et al. 2014), kam es
              Blühflächen und      Bayo & Wyckhuys 2019). Insekten kommen in allen         auch zu Veränderungen der Blühflächenpro-
       Blühstreifen in Bayern      Lebensräumen vor und erfüllen eine Vielzahl an          gramme. So hat in Deutschland jedes Bundesland
        im Sommer 2018 mit         Funktionen. Sie bestäuben Pflanzen, breiten             eigene AUM-Programme (Kasten 1); europaweit
          (a) eingesäten Wild-
                                   Samen aus, bauen Biomasse ab und bilden die             gibt es für die meisten Länder und viele Regionen
         pflanzen bei Titting
      (Fränkische Alb) sowie       Nahrungsgrundlage vieler Amphibien, Reptilien,          Programme, die sich stark in Flächengröße,
                (b) einjährigen    Vögel und Kleinsäuger (Yang & Gratton 2014).            Management und Saatgutmischungen unter-
              Zierpflanzen bei     Da viele Insektenarten recht schnell auf Umwelt-        scheiden. In Bayern wurde im Rahmen des Kultur-
                  Langenbach       veränderungen reagieren, sind sie wichtige Indi-        landschaftsprogramms Teil A (KULAP-A) für die
            (Tertiärhügelland;
                                   katoren für den Zustand von Ökosystemen und             Förderperiode 2007–2013 (A36) das Anlegen von
              Fotos: Johannes
                     Kollmann).    Landschaften (McGeoch 1998; Kotze et al. 2011).         Blühflächen als Maßnahme zur Steigerung der
                                   Daher ist die Entwicklung von Maßnahmen für             Biodiversität eingeführt (Wagner et al. 2014). Die
                                   eine verbesserte Landnutzung zur Förderung der          Dauer der Förderung war 1–5 Jahre; zusätzlich
                                   Insekten eine aktuelle Herausforderung des              werden jährlich wechselnde Flächen mit spezi-
                                   Naturschutzes und der Renaturierung (Stadlmann          eller Saatmischung seit dem Jahr 2014 unterstützt.
                                   & Adelmann 2019).                                       Neben staatlich geförderten Maßnahmen wie
                                                                                           dem bayerischen KULAP, gibt es weitere regionale
                                   In vielen Agrarlandschaften hat die landwirtschaft-     Angebote durch Organisationen wie dem Baye-
                                   liche Intensivierung der letzten Jahrzehnte zu          rischen Bauernverband („Blühende Rahmen“ um
                                   erheblichen Verlusten der Biodiversität und der         Maisfelder) oder das „Netzwerk Blühende Land-
                                   daraus resultierenden Ökosystemleistungen               schaft“, die unterschiedliche Saatmischungen und
                                   geführt (Stoate et al. 2001). Davon besonders           -herkünfte vorsehen, die zum Teil aber auch
                                   betroffen sind Ackerwildpflanzen, welche über           Zierpflanzen beinhalten (Abbildung 2b).
                                   die Nahrungsnetze entscheidend zur biologischen
                                   Vielfalt beitragen (Storkey et al. 2012). Um diesen     Generell ist belegt, dass sich die Anlage von AUM,
                                   Biodiversitätsverlusten entgegenzuwirken,               unter anderem von Blühflächen, positiv auf die
                                   wurden Agrarumweltmaßnahmen (AUM) von der               Häufigkeit und Diversität von Insekten auswirkt
                                   Europäischen Union eingeführt. Dazu zählen              (Haaland et al. 2011) und auch Feldvögel und
                                   neben Programmen zum Boden-, Gewässer- und              Kleinsäuger profitieren von mehrjährigen Ansaaten
                                   Klimaschutz auch Maßnahmen zur Förderung der            (Arlettaz et al. 2010; Fischer & Wagner 2016;
                                   Artenvielfalt, wie die Anlage von Blühstreifen und      H omberger et al. 2017). Neben der Förderung
                                   -flächen (Abbildung 1). Diese AUM wurden zuletzt        bestimmter Tiergruppen können AUM auch zur
                                   von Haaland et al. (2011) evaluiert und werden im       Unterstützung ökologischer Funktionen beitragen,
                                   Folgenden „Blühflächen“ genannt. Dabei handelt          wie zum Beispiel der natürlichen Schädlings-
                                   es sich um landwirtschaftliche Flächen, auf denen       kontrolle durch Begünstigung von Nützlingen
                                   Saatgutmischungen aus ein- und mehrjährigen             (Balmer et al. 2013; Tschumi et al. 2016) oder der
                                   Wild- sowie Kulturpflanzen ausgebracht wurden           gesteigerten Bestäubungsleistung wildlebender
                                   (Abbildung 2a).                                         Insekten (Balzan et al. 2014; Blaauw & Isaacs 2014).

                                   Durch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik           Einige vergleichende Untersuchungen konnten
                                   für den Zeitraum 2014–2020, welche den                  allerdings nur moderate Effekte auf die faunistische
                                   Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität in der Gestal-       Biodiversität feststellen, und seltene und gefährdete

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Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-schaftlichen Praxis - eine naturschutzfachliche Evaluation
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
Blühstreifen und Blühflächen                                                                                         Aufgeblüht!

       Überblick über Randstreifenprogramme, welche im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) in Deutschland
       gefördert werden (2014–2020).

       Die folgenden Maßnahmentypen gibt es derzeit in den deutschen Bundesländern:
       • Ein- und mehrjährige Blühstreifen und -flächen (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-
          Vorpommern, Niedersachsen und Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
          Schleswig-Holstein, Thüringen)

       • Ackerrandstreifen (Hessen, Thüringen)

       • Schonstreifen mit Kulturpflanzen, unter anderem Getreide (außer Mais), Raps, Leguminosen, Ackerfutterpflanzen
          (Niedersachsen und Bremen, Sachsen)

       • Selbstbegrünte Schonstreifen (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen)

       • Gewässer- und Erosionsschutzstreifen mit grasbetonten Saatgutmischungen (Bayern, Hessen, Mecklenburg-
          Vorpommern, Niedersachsen und Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen)

       • Brachen (Sachsen, Schleswig-Holstein, Bayern)

       Verpflichtungszeitraum beträgt fünf Jahre; jährlicher Flächenwechsel ist zulässig bei 18 von 46 Maßnahmen

       Mindestgröße bei Streifen 5–36 m Breite, bei Flächen > 0,05 ha

       Pflege oder Bewirtschaftung
       • Ein- und mehrjährige Blühstreifen und -flächen: Einsaat von Blühmischungen;
          Nutzung des Aufwuchses in der Regel nicht zulässig

       • Ackerrandstreifen: keine Pflegemaßnahmen von Ansaat bis Ernte

       • Schonstreifen mit Kulturpflanzen: eingeschränkte Bewirtschaftung

       • Selbstbegrünte Schonstreifen: ohne Bewirtschaftung, eventuell Bodenbearbeitung oder Pflegeschnitt

       • Gewässer- und Erosionsschutzstreifen: Einsaat von grasbetonten Saatgutmischungen; Mahd oder Mulchen,
          Nutzung des Aufwuchses zulässig

       • Brachen: grundsätzlich keine Bewirtschaftung, eventuell gelegentlich Pflegeschnitt oder Bodenbearbeitung

       Düngung und Pestizide
       In der Regel Verbot stickstoffhaltigen Düngers und chemischer Pflanzenschutzmittel

       Höhe der Förderung
       • Ein- und mehrjährige Blühstreifen und -flächen: 490–1.200 Euro/ha-1

       • Ackerrandstreifen: 660–840 Euro/ha-1

       • Schonstreifen mit Kulturpflanzen: 313–1.150 Euro/ha-1

       • Selbstbegrünte Schonstreifen: 540–670 Euro/ha-1

       • Gewässer- und Erosionsschutzstreifen: 540–1.100 Euro/ha-1

       • Brachen: 450–880 Euro/ha-1

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                  Abbildung 3
    Englische und deutsche
                                           ISI Web of                                   Google
      Fachbegriffe zur ökolo-                                                                                                    Google
 gischen Wirkung von Blüh-                Knowledge                                     Scholar
   flächen in der Agrarland-
           schaft. Die Literatur-
     recherche wurde in drei
Datenbanken durchgeführt;
     die bereits in dem Über-
sichtsartikel von Haaland et              Wildflower strip        Wildflower resource                   Gesäte                         Gesäte
       al. (2011) verwendeten                                            patch                    Wildblumenstreifen                 Grasränder
 Begriffe sind kursiv gesetzt.           Wildflower area           Artificial flower-rich
                                                                          margin
                                                                                                    Wildblumen-                     Blühstreifen
                                        Wildflower mixture       Wildlife seed mixture-           Ressourcenflecken
                                                                         margin
                                        Wildflower margin            Wildflower field
                                                                                                      Angelegte                 Gesäte Grasstreifen
                                                                                                 blütenreiche Ränder
                                            Sown strip               Blooming field

                                           Sown margin               Blooming strip                  Aufgewertete                      Gesäte
                                                                                                      Feldränder                  Feldrandstreifen
                                       Sown grass margin             Blooming area
                                                                                                      Wildtier-
                                      Sown flower-rich field     Improved field margin          Saatmischungsränder                 Blühflächen

                                    Arten profitieren meist nicht von den bisher              1. Wie ist der naturschutzfachliche Ist-Zustand
                                    angewandten Maßnahmen (Kleijn & Sutherland                    der Blühflächen?
                                    2003; Kleijn et al. 2006). Daher wird eine differen-
                                    ziertere Formulierung der Ziele sowie deren Über-         2. Welchen Einfluss hat die umgebende
                                    prüfung insbesondere bei Blühflächen gefordert                Landschaft?
                                    (Kleijn et al. 2011; Scheper et al. 2013; Ekroos et al.
                                    2014). Nicht zuletzt wegen der veränderten                3. Welche Unterschiede treten bei verschiedenen
                                    Umweltbedingungen durch Klima- und Landnut-                   Saatgutmischungen auf?
                                    zungswandel müssen die Agrarumweltprogramme
                                    kritisch bewertet und gezielt angepasst werden.           4. Wie schneiden alternative AUM wie Ackerrand-
                                    Aufgrund der Heterogenität der Programme sind                 streifen im Vergleich zu Blühflächen ab?
                                    Vergleiche ihrer Wirksamkeit sowie eine Übertra-
                                    gung in eine verbesserte Praxis nötig, aber auch          Aus den Ergebnissen wird eine naturschutz-
                                    schwierig. Die Vielfalt von Blühflächentypen führt        fachliche Bewertung und Optimierung von
                                    zu einer gewissen Unübersichtlichkeit, unter              Blühflächen abgeleitet.
                                    anderem der biotischen Effekte. Der vorliegende
                                    Beitrag bietet einen aktuellen Überblick zu den           2. Aktuelle Literatur zu Blühflächen-Effekten
                                    faunistischen Effekten.                                   Um einen Überblick über die aktuelle Literatur zu
                                                                                              den naturschutzfachlichen Effekten von Blüh-
                                    Bereits O ppermann et al. (2013) forderten eine           flächen zu erhalten, wurden Abfragen mit
                                    evidenzbasierte Beratung der Landwirte zu Blüh-           verschiedenen Suchbegriffen in der Literatur-
                                    flächen hinsichtlich ökologischer Hintergründe,           datenbank „ISI Web of Science“, in der einschlä-
                                    räumlicher Lage und Standortansprüche, Auswahl            gigen Fachliteratur und in Praxishandbüchern mit
                                    des Saatgutes, Aussaat und Pflege sowie Einbin-           Google Scholar sowie mit der Google Freitext-
                                    dung in den betrieblichen Ablauf. Um Vorschläge           suche durchgeführt (Abbildung 3). Um eine
                                    für die zukünftige Praxis zu erarbeiten, werden           Vergleichbarkeit mit dem Übersichtsartikel von
                                    die bestehenden Blühflächen-Programme mit                 Haaland et al. (2011) zu gewährleisten, wurden
                                    anderen AUM, wie zum Beispiel Randstreifen                dieselben Suchbegriffe eingesetzt, etwas ergänzt
                                    ohne Ansaat, verglichen. Ziel der vorliegenden            und auf die vergangenen Dekade angewandt.
                                    Literaturstudie ist es, die folgenden Fragen
                                    bezüglich faunistischer Effekte zu beantworten:           Nach der Übertragung in eine bibliografische
                                                                                              Datenbank wurden die Publikationen mit Hilfe

76                                                                                                            ANLIEGEN NATUR                41(1), 2019
Blühstreifen und Blühflächen in der landwirt-schaftlichen Praxis - eine naturschutzfachliche Evaluation
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
Blühstreifen und Blühflächen                                                                                                 Aufgeblüht!

 Bereich                            Bewertungskriterien

 Publikation                        Autor, Erscheinungsjahr, Titel, Region, Zielsetzung der Blühfläche, Fragestellung der Untersuchung, Quelle

                                    Arten der Saatmischung, Samenherkunft, Aussaatdichte, Aussaatzeitpunkt, Verhältnis Wild- zu
 Saatgut                            Kulturformen, Abstimmung der Mischung auf die Standortverhältnisse (trocken-feucht, mager-fett),
                                    Einsatz seltener Pflanzenarten

                                    Alter der Blühfläche, Pflegeeingriffe, Bodenqualität, Größe und Form der Fläche, Art der Feldfrüchte,
 Standort
                                    Bewirtschaftung (ökologisch, integriert, konventionell), Landschaftsmatrix

                                    Untersuchte Taxa, untersuchte Größen (Artenzahlen, Häufigkeiten etc.), Ökosystemfunktion (Bestäubung,
                                    Antagonisten et cetera), Monitoring (Dauer, vorher/nachher, Kontrolle, Flächen ohne Blüten, Feldränder
 Faunistischer Effekt
                                    et cetera), Methoden (Farbschalen, Barber-Fallen, Nisthilfen, Keschern, Barcoding et cetera), Richtung des
                                    Effekts (positiv, negativ, neutral), Signifikanz

                                                                                                                       Tabelle 1
                                                                                                                       Kriterien der literaturbasier-
der in Tabelle 1 genannten Kriterien untersucht.               deutschsprachige Artikel in die Auswertung              ten naturschutzfachlichen
Neben Angaben zur Lage der Blühflächen wurden                  aufgenommen werden, die seit Haaland et al.             Bewertung von Blühflächen
Saatguteigenschaften, der Standort in der Agrar-               (2011) erschienen sind. Die meisten Untersu-            und anderer AUM.
landschaft sowie die faunistischen Effekte (positiv,           chungen (17) wurden in der Schweiz durchge-
negativ oder neutral) notiert. Zum Vergleich des               führt, gefolgt von Deutschland (14). Weitere
ökologischen Erfolges von Blühflächen mit dem                  Studien fanden in Großbritannien (5), Belgien
anderer AUM wurden diejenigen Publikationen                    und Finnland (je 3), Italien (2) sowie je eine in
herangezogen, die neben Blühflächen auch                       Irland, den Niederlanden, Österreich oder europa-
Flächentypen begutachten, die anderen AUM                      weit statt. Von diesen Studien zeigten sich bei 48
ähnlich sind (Kasten 1). Die spezifische Ausgestal-            Untersuchungen, die sich bezüglich Artenzahl
tung der AUM-Programme der Bundesländer                        (88 %) oder Häufigkeit (82 %) überwiegend mit
wurden bei den zuständigen Behörden nachge-                    Arthropoden beschäftigten, faunistische Effekte.
fragt. Allerdings werden einige Maßnahmen nach                 Als weitere Artengruppen wurden Vögel oder
der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht                  Säugetiere in jeweils weniger als 10 % der Studien
mehr oder nur zu einem geringen Anteil gefördert.              untersucht. Blühflächen wurden am häufigsten
                                                               mit Feldschlägen verglichen, gefolgt von Feldrän-
Um einen Überblick über Untersuchungen zum                     dern und Grünland. Eine knappe Mehrheit der
ökologischen Effekt von Blühflächen zu bekommen,               Studien zeigte einen positiven faunistischen
wurde die Häufigkeit der Zielartengruppen                      Effekt von Blühflächen auf die Artenzahl (60 %)
erfasst. Insbesondere die faunistischen Effekte                oder Häufigkeit (52 %). Allerdings wurden bei
von Blühflächen wurden quantitativ analysiert,                 einem Drittel der Studien keine Effekte auf die
um herauszufinden, ob die Mehrheit der Studien                 Artenzahl (37 %) oder Häufigkeit (39 %) gefunden,
einen positiven, neutralen oder negativen Effekt               ohne dass die methodischen, standörtlichen oder
zeigt. Dazu wurden die Auswirkungen auf die                    landschaftlichen Gründe dafür deutlich wurden.
Artenzahl und Häufigkeit der Arten erfasst.
Weiterhin wurde untersucht, wie häufig Blühflä-                Besonders oft wurden positive Effekte von Blüh-
chen im Vergleich zu anderen AUM einen Effekt                  flächen auf die Artenzahl von Käfern oder Spinnen-
auf die Zielarten zeigen.                                      tieren berichtet, weniger oft bei Schmetterlingen,
                                                               Hautflüglern, Zweiflüglern und Wanzen (Abbil-
3. Naturschutzfachlicher Zustand                               dung 4). Betrachtet man die Häufigkeit dieser
   der Blühflächen                                             Gruppen, so gibt es besonders oft positive Effekte
                                                               bei Hautflüglern und Käfern, etwas seltener bei
3.1 Allgemeine faunistische Effekte                            Zweiflüglern, Spinnentieren, Schmetterlingen und
Insgesamt konnten 38 englischsprachige empi-                   Netzflüglern, und selten bei Wanzen und anderen
rische Studien im Zeitraum 2009 –2018 sowie 19                 Schnabelkerfen. Keinerlei Effekte wurden für

ANLIEGEN NATUR                41(1), 2019                                                                                                         77
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
     Aufgeblüht!                                                                                                                        Blühstreifen und Blühflächen

                                                                                              Nützlinge: Artenzahlen

                                                 6
                                                                                                                                            Positiv   Neutral      Negativ

                                                 4

                                                 2
                        Anzahl Untersuchungen

                                                 0

                                                                                             Nützlinge: Häufigkeiten
                                                12

                                                10

                                                 8

                                                 6

                                                 4

                                                 2

                                                 0
                                                      Coleoptera   Arachnida   Lepidoptera Hymenoptera   Diptera   Heteroptera    Hemiptera    Neuroptera       Orthoptera
               Abbildung 4
Blühflächen-Effekte auf un-                                                                   Arthropoden-Gruppen
    terschiedliche Arthropo-
   denordnungen der Nütz-
 linge mit Untersuchungen
                                                     Heuschrecken berichtet. Bei vielen Gruppen               regulierung (Bötzl et al. 2019). So war die Häufigkeit
zu Artenzahlen und Häufig-
          keiten (2011–2018).                        wurden jedoch zum Teil nur neutrale Effekte              des Getreidehähnchens (Oulema spec.) in Winter-
                                                     der Blühstreifen gefunden.                               getreide mit angrenzenden Blühstreifen im
                                                                                                              Vergleich zu Feldern ohne Blühstreifen um 40 %
                                                     Da sich Spinnentiere und zum Teil auch Käfer             reduziert, was sich in einer Verminderung von
                                                     räuberisch ernähren, ist davon auszugehen, dass          Getreideschäden von 61 % niederschlug (Tschumi
                                                     die Effekte hier hauptsächlich indirekt durch die        et al. 2015). Verursacht wurde dieser Effekt durch
                                                     Blühstreifen als Habitatstruktur entstehen, während      erhöhte Häufigkeit von Nützlingen (Laufkäfer,
                                                     zum Beispiel bei Haut- und Zweiflüglern die direkte      Raubwanzen, Florfliegen, Marienkäfern) in den
                                                     Verbesserung des Nahrungsangebotes günstig               Blühstreifen und in ihrer direkten Umgebung.
                                                     wirkt. Als Grund für die Negativeffekte ist bei          Bei Marienkäferlarven kam es zu einer Verstärkung
                                                     Spezialisten die geringe Vegetationsdeckung zu           des Effekts der Blühstreifen in Landschaften mit
                                                     vermuten, die in älteren Blühflächen weniger             höherer Komplexität. Über unerwünscht begün-
                                                     wird, was die negativen Effekte bei Käfern               stigende Effekte wurde nur bei schädlichen
                                                     erklären könnte (Abbildung 4). Bei Schmetter-            Wanzen und Fransenflüglern berichtet.
                                                     lingen zeigten sich in einigen Studien keine
                                                     signifikanten Unterschiede in Artenzahl und              In den vergangenen zehn Jahren wurden nur in
                                                     Häufigkeit zwischen Blühstreifen und Grünland,           acht Studien negative faunistische Effekte von
                                                     die Zusammensetzung der Artengemeinschaft                Blühflächen berichtet. Elf Studien erfassten die
                                                     unterschied sich jedoch stark (zum Beispiel Blake        Effekte bei schädlichen Käfern, Wanzen, Faltern
                                                     et al. 2011; Haaland & Bersier 2011).                    und Fransenflüglern, bei denen jedoch nur in 50 %
                                                                                                              der Fälle ein Rückgang gefunden wurde. Außerdem
                                                     Insgesamt 44 % der Studien beschäftigten sich            berichteten Anjum-Zubair et al. (2015) von gerin-
                                                     mit dem Effekt von Blühflächen für die biologische       gerer Häufigkeit bei Laufkäfern, verursacht vermut-
                                                     Schädlingskontrolle. Eine Mehrheit berichtete von        lich durch höhere Deckung der Blühstreifen,
                                                     positiven Effekten der Blühflächen auf die Vielfalt      während die Artenzahlen dieser Gruppe höher
                                                     und Häufigkeit von Prädatoren, Bestäubern und            waren als im angrenzenden Feld. Balmer et al.
                                                     anderen nützlichen Insekten (Abbildung 5). Einige        (2013) machte ähnliche Beobachtungen bei Kurz-
                                                     Studien zeigten positive Effekte bei der Schädlings-     flügelkäfern. Negative Effekte, welche bei Zikaden

78                                                                                                                            ANLIEGEN NATUR                41(1), 2019
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
                             Blühstreifen und Blühflächen                                                                                                Aufgeblüht!

                                                               Funktionelle Gruppen: Häufigkeiten                                                   Abbildung 5
                                                                                                                                                    Häufigkeiten der in Abbil-
                                                                                                                                                    dung 4 genannten Arthro-
                        25                                                                                                                          podengruppen, gegliedert
                                                                                                                   Positiv   Neutral     Negativ    nach ihren funktionellen
Anzahl Untersuchungen

                                                                                                                                                    ökologischen Eigenschaften.
                        20

                        15

                        10

                         5

                         0
                                      Räuber                Bestäubung              Biodiversität          Schädlinge            Detritivorie

                                                                      Ökologische Funktionen

                             gefunden wurden, lassen sich durch ihre Ernäh-                  3.3 Steuerung der Blühflächeneffekte durch
                             rungsweise erklären, welche hauptsächlich an                        Ansaat, Flächengröße und Landschaft
                             Gräser gebunden ist; daher weisen Blühstreifen                  Welche Faktoren steuern nun die vielen positiven
                             im Vergleich zu Graskontrollflächen geringere                   Effekte von Blühflächen? – Eine exemplarische
                             Häufigkeiten auf (Huusela-Veistola et al. 2016).                Studie zu Effekten der Ansaat stammt von Pywell
                                                                                             et al. (2011), die in England über drei Jahre vier
                             3.2 Blühflächeneffekte in Bayern                                unterschiedliche AUM auf großen Flächen gleich-
                             Bayerische Blühflächen zeigen ebenfalls meist                   bleibender Größe untersucht haben. Dies waren
                             positive faunistische Effekte, die von Wagner et                Blühstreifen mit acht Gräsern und 17 Kräutern,
                             al. (2014) untersucht und zusammengefasst                       Gras/Blühstreifen, Mischung mit fünf Gräsern
                             wurden. Blühflächen erhöhen gegenüber Äckern                    sowie spontane Vegetationsentwicklung bei
                             den Artenreichtum und/oder die Häufigkeit aller                 Brachen, immer im Vergleich zu einer konventio-
                             untersuchten Tiergruppen der Agrarlandschaft                    nellen Fruchtfolge mit Winterweizen–Raps–
                             (Regenwürmer, Arthropoden, Vögel, Feldhamster,                  Winterweizen. In Blühstreifen und Gras/Blüh-
                             Feldhase und Rehwild; Abbildung 6). Außerdem                    Streifen konnten signifikant höhere Artenzahlen
                             können Blühflächen in die sie umgebende Land-                   und Häufigkeiten der Bestäuber verglichen mit
                             schaft hineinwirken, denn Artenreichtum und                     Grasstreifen und dem bewirtschafteten Acker
                             Häufigkeit von Arthropoden sind in blühflächen-                 gefunden werden, während Brachen nur mäßig
                             nahen gegenüber blühflächenfernen Äckern                        gut abschnitten. Die Häufigkeiten herbivorer oder
                             erhöht, Fasane und Feldhasen sind hier häufiger.                räuberischer Arthropoden war ebenfalls in Blüh-
                                                                                             streifen und Gras/Blühstreifen höher als in
                             Keine positiven Effekte wurden bisher in Bayern                 Grasstreifen und auf dem Acker, während gerin-
                             bei seltenen Insektenarten gefunden, die zum                    gere oder keine Unterschiede der Artenzahlen
                             Beispiel auf spezielle Ackerwildkrautarten ange-                auftraten. Bei detrivoren Arthropoden wurden
                             wiesen sind oder auf magerem Grünland                           keine Unterschiede der AUM festgestellt.
                             vorkommen (Wagner et al. 2014). Laufkäfer, als
                             typische Vertreter der bodennahen Arthropoden,                  Ein zweiter wichtiger Faktor ist die Flächengröße
                             sind auch in bayerischen Blühflächen weniger                    angesäter Blühflächen. Ein gutes Beispiel ist der
                             häufig, allerdings mit einem tendenziell höheren                Feldhamster, der mindestens 0,6 ha benötigt
                             Reichtum an Arten, verglichen zum Beispiel mit                  (Fischer & Wagner 2016). Burmeister & Wagner (2014)
                             Maisfeldern. Außerdem ist die hohe und dichte                   zeigten, dass die Größe der Flächen positiv mit
                             Vegetationsstruktur von Blühflächen zumindest                   der Artenzahl beziehungsweise Häufigkeit epigä-
                             im dritten Jahr für Vögel der offenen Feldflur wie              ischer Arthropoden, Vögeln und Niederwild
                             Feldlerchen und Wiesenschafstelzen weniger                      korreliert war. Meichtry-Stier et al. (2014, 2018)
                             attraktiv. Für diese Arten bieten sich eventuell                verglichen in der Schweiz Blühflächen mit
                             einjährige Selbstbegrünungen oder bestimmte                     spontaner Vegetationsentwicklung nach Brachle-
                             produktionsintegrierte Maßnahmen, wie Lerchen-                  gung. Dorngrasmücke, Goldammer, Neuntöter,
                             fenster oder doppelter Saatreihenabstand bei                    Orpheusspötter und Schwarzkehlchen zeigten in
                             Verzicht auf Herbizidbehandlung, an.                            dieser Studie eine positive Korrelation mit Brachen,

                             ANLIEGEN NATUR                41(1), 2019                                                                                                     79
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
 Aufgeblüht!                                                                                                         Blühstreifen und Blühflächen

                                                              6a                                                                               6b

                Abbildung 6
               Bestäuber und    wobei die Territoriendichte mit steigender                 blühende Pflanzen vorhanden waren. Solitäre
          Prädatoren waren      Flächengröße abnahm, aber mit zunehmender                  Wildbienen nahmen in den Blühstreifen mit
        in den letzten zehn     Entfernung zu Gehölzen zunahm.                             zunehmender Deckung spätblühender Arten in
         Jahren die am häu-                                                                der Landschaft ab (Scheper et al. 2015). Dieser auf
      figsten untersuchten
                                Damit werden bereits Effekte der umgebenden                den ersten Blick negative Effekt der natürlichen
     Arthropodengruppen
               in Blühflächen   Landschaft auf die Wirkung der AUM deutlich.               Vegetation in der umgebenden Landschaft wird
            (a) Schwebfliege    Insgesamt beinhalteten jedoch nur sieben Unter-            von den Autoren damit erklärt, dass Blühstreifen
          (b) Wespenspinne      suchungen zu Arthropoden eine quantitative                 in einer ressourcenreichen Landschaft an Attrakti-
             (Fotos: Michaela   Analyse des Landschaftskontextes. Carvell et al.           vität verlieren. Bei hohem Blühangebot auf Land-
                    Moosner).
                                (2015) untersuchten zum Beispiel die Wirkung von           schaftsebene sind Wildbienen gleichmäßiger
                                Blühflächen auf den Reproduktionserfolg von                über die Landschaft verteilt und die Häufigkeit in
                                Hummeln entlang eines landwirtschaftlichen                 den Blühstreifen nimmt daher ab; ähnliche
                                Nutzungsgradienten. Dabei stellten sie einen               Befunde machten Scheper & Kleijn (2011).
                                besonders positiven Effekt der Blühflächen inner-
                                halb intensiv genutzter Landschaften fest. Neben           3.4 Vergleich der Blühflächeneffekte mit
                                der Landschaft steuerte auch hier vor allem eine               anderen AUM
                                steigende Flächengröße den Reproduktionserfolg.            Fast alle in Kasten 1 aufgeführten AUM haben
                                Haaland & Bersier (2011) untersuchten hingegen             mehr positive als negative (oder neutrale) fauni-
                                die Effekte von Blühstreifen auf Tagfalter im              stische Effekte, ohne dass es bisher konkrete
                                Schweizer Mittelland in einer 600 ha großen                Vergleiche der verschiedenen Maßnahmen geben
                                Agrarlandschaft, die hauptsächlich von konventi-           würde (Kleijn & Baldí 2005). Auch im Rahmen der
                                onellem Ackerbau und einem kleineren Teil                  hier untersuchten 48 Studien ist ein solcher
                                intensiv genutztem Grünland geprägt war. Insge-            Vergleich nur grob quantitativ möglich (Tabelle 2).
                                samt konnte diese Studie nur einen leicht signifi-         In den meisten Fällen wurden faunistische Effekte
                                kanten Effekt der Ansaaten auf die Artenvielfalt           im Vergleich zu Ackerkulturen untersucht, mit
                                und Häufigkeit der Tagfalter feststellen. Einen            insgesamt mehr positiven als neutralen oder
                                positiven Effekt der Landschaftsebene auf die              negativen Effekten auf faunistische Artenzahlen
                                Artenvielfalt hatte hier jedoch vor allem die Nähe         oder Häufigkeiten. Weniger Studien liegen zu
                                zu Waldsäumen. Insgesamt reagieren größere                 Grasstreifen vor, wobei die Effekte hier ähnlich
                                und mobilere Organismen eher auf Landschafts-              sind. Zu Schwarzbrachen und Ackerrandstreifen
                                effekte, während kleine, weniger mobile Orga-              liefert unsere Literaturrecherche kaum Informati-
                                nismen auf die lokalen Gegebenheiten (Deckung,             onen, wobei aber H ochberg et al. (2008) zeigen
                                Blütendichte, Fraßpflanzen) angewiesen sind.               konnten, dass Ackerrandstreifen und Blühflächen
                                                                                           stärkere Biodiversitätseffekte zeigen als Brachen.
                                Durch eine Verbesserung des lokalen und des                Eine Ausnahme bildet die bereits erwähnte Studie
                                landschaftlichen Blütenangebots haben Blüh-                von Pywell et al. (2011).
                                streifen einen positiven Effekt auf die Häufigkeit
                                und Artenzahl von Hummeln und solitären Wild-              Bekannt sind allerdings die grundsätzlich positiven
                                bienen inklusive Rote-Liste-Arten (Scheper et al. 2015).   Auswirkungen von Ackerbrachen, wie Buskirk &
                                Im Vergleich zu gemulchten Grasstreifen war der            Willi (2004) für Artenzahlen und Populations-
                                Effekt der Blühstreifen bei Hummeln stärker,               dichten von Pflanzen, Spinnentieren, Insekten
                                wenn in der umgebenden Landschaft viele früh-              und Vögeln berichteten. Die positiven Effekte

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S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
Blühstreifen und Blühflächen                                                                                                        Aufgeblüht!

                   Art der Kontrollfläche

                   Kultur                      Grasstreifen                 Brache                   Feldrain (margin)           Andere

 Effekt auf:       Artenzahl     Häufigkeit    Artenzahl       Häufigkeit   Artenzahl   Häufigkeit   Artenzahl   Häufigkeit      Artenzahl      Häufigkeit

 Positiv              15            22             4              7            0           0            0           2                1              18

 Neutral              8             14             3              0            0           3            0           0                2              18

 Negativ              0              5             0              1            0           0            0           0                0              3

                                                                                                                              Tabelle 2
                                                                                                                              Vergleich der Anzahl von
steigen mit der Flächengröße und dem Alter der                   den botanischen und zoologischen Artenschutz                 Studien (2009–2018) zu
Brachen an, wie unter anderem Kovács-Hostyánszki                 auf Schwarzbrachen, während Blühmischungen                   Effekten von Blühflächen
                                                                                                                              hinsichtlich der als Kontrolle
et al. (2011) bei Vergleich von Bracheflächen mit                hier das Aufkommen seltener Ackerwildkräuter
                                                                                                                              verwendeten Flächen.
Getreide und Grünland in Ungarn zeigten.                         unterdrücken (Abbildung 2a). (ii) Blühflächen                Andere Kontrollen beinhal-
Tscharntke et al. (2011) untersuchten, wie Ansaat,               entlang von Gräben und Bächen könnten als                    ten unter anderem Studien,
Landschaft und Sukzession die Biodiversität auf                  Pufferstreifen von beispielsweise 10 m Breite zur            die auf Landschaftsebene
Brachen verändern. Morris et al. (2011) beschrieb                Reduktion von Nährstoffeinträgen in die Gewässer             durchgeführt wurden, das
                                                                                                                              heißt Landschaften mit und
die verpflichtende Stilllegung von 10 % der Land-                dienen; damit würden Insektenschutz und Nähr-
                                                                                                                              ohne Blühstreifen sowie
wirtschaftsfläche ab 1992 als Folge der GAP-                     stoffmanagement kombiniert. (iii) Ob Blühstreifen            Flächen ohne Vegetation.
Reform, durch die der Rückgang, zum Beispiel der                 oder Blühflächen vorteilhaftere Auswirkungen
Feldvögel, zunächst einmal verlangsamt worden                    haben, hängt von der Ausdehnung negativer
ist (Flade & Schwarz 2013). Ab 2008 gab es keine                 Randeffekte in die Fläche und von der positiven
verpflichtenden Stilllegungsflächen, mit negativen               Einwirkung auf die umgebenden Systeme ab. Im
Auswirkungen auf die Agrobiodiversität.                          extremsten Fall könnten solche AUM zum Beispiel
                                                                 aufgrund von Pestizideinträgen „ökologische
4. Naturschutzfachliche Optimierung                              Fallen“ darstellen, die bestimmte Arten anziehen,
   von Blühflächen                                               ohne eine ausreichende Reproduktion zu ermög-
Die aktuelle Literaturstudie bestätigt, dass AUM                 lichen (Ganser et al. 2019).
Artenzahlen und Häufigkeit von Arthropoden
erhöhen, während die Stärke des Effekts haupt-                   Da nur 21 der 48 Studien eine Artenliste der
sächlich von Landschaftskontext und dem ökolo-                   eingesetzten Blühmischung beinhalten, aus der
gischen Kontrast zwischen AUM und Landschaft                     man entnehmen könnte, ob und in welchem
bestimmt wird (Scheper et al. 2013). AUM sind am                 Umfang Wildpflanzen eingesät wurden, ist bisher
effektivsten in ausgeräumten, ressourcenarmen                    nur eine qualitative Bewertung der verwendeten
Landschaften mit hohem Ackeranteil (vergleiche                   Pflanzenarten möglich. Derzeit werden Blühmi-
Tscharntke et al. 2005); dort kommt es vor allem                 schungen mit Phacelia und Sonnenblume als
zur Förderung von ohnehin relativ häufigen                       konkurrenzkräftige Pflanzen ausgebracht, um
Generalisten mit hohem Ausbreitungsvermögen.                     durchsetzungsfähige Bestände zu erzeugen, die
Das Ziel der AUM ist hier ein Sicherstellen der                  den Boden schnell decken und einen reichhaltigen
Bestäubung, während die Bedeutung für die                        und langanhaltenden Blühaspekt garantieren
Erhaltung seltener Arten eher gering ist. In struk-              sollen. Grundsätzlich ist aus naturschutzfachlicher
turreichen Landschaften dagegen nutzen Insekten                  Sicht der Einsatz von einheimischen Wildpflanzen
vor allem Hecken, Säume und Magerrasen und                       empfehlenswert. Die Nutzung von autochtho-
profitieren weniger von den Blühflächen.                         nem Saatgut ist dabei vorzuziehen, um genoty-
                                                                 pische Anpassungen regional vorkommender
Für eine naturschutzfachliche Optimierung von                    Pflanzenpopulationen nicht zu beeinflussen
Blühflächen sind die folgenden Punkte zu                         (Kramer & Havens 2009; Durka et al. 2019). Zudem
bedenken: (i) Für den Erfolg der Blühflächen sind                könnten großflächig ausgesäte Nektarpflanzen
die Bodenfruchtbarkeit und die Samenbank der                     wie Phacelia am Rand von Naturschutzgebieten
Äcker entscheidend. Magere Böden wären gut für                   die Bestäubung einheimischer Wildpflanzen

ANLIEGEN NATUR                 41(1), 2019                                                                                                               81
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
     Aufgeblüht!                                                                                      Blühstreifen und Blühflächen

                   beeinträchtigen (Holzschuh et al. 2011; Stanley &        dieser Arten in intensiv genutzten Agrarland-
                   Stout 2014). Passende einheimische Arten als             schaften. Nichts desto trotz profitierten bei Weitem
                   Ersatz wären Daucus carota, Dipsacus fullonum,           nicht alle untersuchten Taxa, zum Beispiel wenn
                   Echium vulgare und Melilotus spp.; Disteln und           sie auf besondere Strukturen oder Ressourcen
                   Königskerzen sollten als potenzielle Problemarten        angewiesen sind. Eine effektive Anlage von Blüh-
                   nicht eingesetzt werden. Siehe dazu auch Empfeh-         flächen muss daher im Hinblick auf bestimmte
                   lungen zur verbesserten Anlage und Erstpflege            Zielsetzungen erfolgen und entsprechend evalu-
                   von Blühflächen mit autochthonem Saatgut                 iert werden. Dazu ist das Wissen über landschaft-
                   (Kirmer & Tischew 2014; Kiehl & Kirmer 2019).            liche Gegebenheiten ebenso wichtig wie Kennt-
                                                                            nisse über die Lebensweisen der Zielarten. Es
                   Entscheidend bei der naturschutzfachlichen               fehlen bisher vergleichende Studien zu den
                   Optimierung der Blühflächen ist eine verbesserte         Effekten verschiedener AUM, wobei die Untersu-
                   Beratung, wie sie bereits in der Schweiz praktiziert     chungen noch stärker praxisorientiert sein sollten.
                   wird (Birrer 2018). In Bayern gibt es die „Wildlebens-
                   raumberatung“, die aber mit einem Berater pro            Die Veränderung von Lebensräumen durch Land-
                   Regierungsbezirk unterbesetzt ist. Aus unver-            nutzungswandel, Flurbereinigung, die Intensität
                   ständlichen Gründen fokussiert diese Beratung            der Flächennutzung und der Einsatz von Pestiziden
                   auf KULAP und Greening-Maßnahmen, nicht aber             sind entscheidend beim derzeitigen Rückgang
                   auf VNP (www.lfl.bayern.de/iab/kulturland-               der Insekten (Sánchez-Bayo & W yckhuys 2019).
                   schaft/176814/index.php).                                Neben einer ausreichenden Verfügbarkeit von
                                                                            Nahrungsquellen in Form von Blühflächen
                   5. Synthese                                              müssen Reproduktions- und Überwinterungs-
                   Verglichen mit der Übersichtsarbeit von Haaland          habitate vorhanden sein, um Insekten in der
                   et al. (2011) konnte in unserer Studie eine größere      Agrarlandschaft zu erhalten. Dazu zählen Hecken
                   Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen aus           und Feldgehölze ebenso wie beispielsweise
                   einem ähnlichen Zeitraum herangezogen werden.            extensiv genutztes Grünland, Magerrasen,
                   Bei Haaland et al. (2011) lagen 38 Studien aus 13        Säume und Brachen (vergleiche Kollmann et al.
                   Jahren (1996–2008) und sechs Ländern vor (AUS,           2019). Ohne eine ökologische Aufwertung auf
                   CH, FIN, GER, SWE, UK), während diesem Artikel           Landschaftsebene wird sich der Prozess des
                   48 Studien aus neun Ländern (2009–2018)                  Artenrückganges, trotz der vielen positiven
                   zugrunde liegen. In unserer Übersicht wurden             Effekte von AUM wie Blühflächen, nicht
                   zusätzlich Spinnentiere aufgenommen, die die             aufhalten lassen. Momentan sehen die Planungen
                   vorangehende Untersuchung wegen der Fokus-               für den Zeitraum von 2021–2027 laut Europä-
                   sierung auf Insekten nicht abdeckt. Ein weiterer         ischem Parlament zudem eine Reduktion des
                   Unterschied ist der gewachsene Fokus auf biolo-          Fördervolumens für die Entwicklung des länd-
                   gischer Schädlingsbekämpfung. Rund die Hälfte            lichen Raums um 25–28 % vor. Realisiert werden
                   der in unserem Beitrag untersuchten Studien              könnte eine Verbesserung der Situation nur
                   basierten auf diesem funktionellen Ansatz.               durch eine Vielfalt an tatsächlich ökologisch
                   Haaland et al. (2011) vermerkten fehlendes Wissen        wirksamen Maßnahmen der regionalen, nationalen
                   über die Effekte von Blühstreifen auf Parasitoide,       und europäischen Agrarumweltprogramme.
                   über diese ist allerdings seitdem nur eine Publika-
                   tion erschienen. In den letzten zehn Jahren
                   konnte zwar gezeigt werden, dass Blühflächen
                   sehr attraktiv für räuberisch lebende Insekten
                   sowie Spinnentiere sind, es fehlen jedoch eindeu-
                   tige Erkenntnisse zu den Auswirkungen von
                   erhöhten Artenzahlen und Häufigkeiten der Nütz-
                   linge auf Schadorganismen in Agrarsystemen.

                   Der Schwund der Biomasse fliegender Insekten
                   (Hallmann et al. 2017; Sánchez-Bayo & Wyckhuys
                   2019) betrifft auch viele weitverbreitete Gruppen,
                   die auch als „Allerweltsarten“ bezeichnet werden
                   (Van Dyck et al. 2009; Haaland & Bersier 2011;
                   Stadlmann & Adelmann 2019). Wie die vorliegende
                   Bewertung aufzeigt, besitzen Blühflächen das
                   Potenzial zur Stabilisierung von Populationen

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S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
Blühstreifen und Blühflächen                                                                                                    Aufgeblüht!

Literatur                                                       Carvell, C., Bourke, A. F., Osborne, J. L. & Heard, M. S.
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                                                                  or single? Evaluating plants for pollinator-friendly
Arlettaz, R., Krähenbühl, M., Almasi, B., Roulin, A. &
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                                                                  regionale Anpassung und Interaktion mit Insekten.
Balmer, O., Pfiffner, L., Schied, J., Willareth, M., Leimgru-
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                                                                  logical Conservation 172: 65–71.
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ANLIEGEN NATUR                  41(1), 2019                                                                                                   83
S. Dietzel, F. Sauter, M. Moosner, C. Fischer & J. Kollmann:
 Aufgeblüht!                                                                                             Blühstreifen und Blühflächen

               Huusela-Veistola, E., Hyvonen, T., Norrdahl, K., Rinne, V.,     Morris, A. J., Hegarty, J., Báldi, A. & Robijns, T. (2011): Set-
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                  Renaturierungsökologie, Springer Spektrum, Berlin:             Honigbienen, Wildbienen und zur praktischen Um-
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                                                                                 Begleituntersuchungen im Rahmen des Projekts
               Kirmer, A. & Tischew, S. (2014): Etablierung von arten-
                                                                                 Syngenta Bienenweide: 191 S.; www.ifab-mann-
                  reichen Feldrainen und mehrjährigen Blühstreifen:
                                                                                 heim.de/.
                  ein Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität in pro-
                  duktiven Agrarlandschaften. – Tagungsband zum                Pe‘er, G., Dicks, L. V., Visconti, P., Arlettaz, R., Báldi, A.,
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                                                                                 sponses in plant and invertebrate communities. –
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                                                                                 pean countries. – Journal of Applied Ecology 52:
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                 bioindication, habitat assessment and conservati-
                                                                                 agri-environmental measures in mitigating polli-
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res_umwelt/AUKM_im_Rahmen_des_SEPL_2014-                       www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/F/
2020_Faltblatt.pdf (Zugriff am 04.04.2019).                    foerderprogramme/MELUR/LPLR/Downloads/
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EULLE 4. Version, Stand 2018): www.eler-eulle.rlp.             – Förderung von Naturschutzmaßnahmen:
de/Internet/global/themen.nsf/b81d6f06b181d7e-                 https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/
7c1256e920051ac19/376be80483aeebbf-                            redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/2_
c1257e82004bf927?OpenDocument (Zugriff am                      Presse_und_Service/Publikationen/Umwelt/
04.04.2019).                                                   Naturschutz/Landschaftspflegerichtlinie_BW.pdf
                                                               (Zugriff am 04.04.2019).

ANLIEGEN NATUR                 41(1), 2019                                                                                      85
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