Bouldern hat Potenzial - Eine Standortbestimmung für Kinder und Jugendliche nach der Corona-Pandemie

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Bouldern hat Potenzial - Eine Standortbestimmung für Kinder und Jugendliche nach der Corona-Pandemie
Fachbeitrag

Forum Kind Jugend Sport                      Juliane Lanz
https://doi.org/10.1007/s43594-021-00049-2   Institut für Sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation, Arbeitsstelle Pädagogische
Angenommen: 8. Oktober 2021                  Lesungen, Universität Rostock, Rostock, Deutschland

© Der/die Autor(en) 2021

                                             Bouldern hat Potenzial
                                             Eine Standortbestimmung für Kinder und
                                             Jugendliche nach der Corona-Pandemie

Kinder und Jugendliche zählen, genau            Herausforderungen, aber auch Mög-                betrieben. Viele Kletterhallen, die nicht
wie der Sport, sowohl bei den kommer-           lichkeiten.                                      zum DAV gehören, sind im Branchenver-
ziellen Anbietern als auch in den Ver-                                                           band Kletterhallenverband (KLEVER)
einen, zu den Verlierern der Corona-         Es ist Ziel der vorliegenden Darstellung,           e. V. organisiert, die meisten Boulder-
Pandemie (Walper et al. 2021; DOSB           den Bouldersport vorzustellen und in der            hallen jedoch nicht. Der Verband weist
2020). An der Schnittstelle, dem Kin-        Sportlandschaft zu verorten, um die da-             53 Mitglieder aus, 13 davon sind rei-
der- und Jugendsport, gilt es, Struktu-      mit verbundenen Möglichkeiten für Kin-              ne Boulderhallen (Kletterhallenverband
ren zu (re-)etablieren, um diese Lücke       der und vor allem Jugendliche aufzuzei-             (KLEVER) e. V. 2021).
etwas zu schließen. Ansprechende An-         gen. Daraus ergeben sich in der Folge An-               Die Mehrheit der Hallen wurde in
gebote könnten sich beispielsweise aus       regungenfürEntscheidungsträger*innen                den vergangenen fünf bis zehn Jahren
den neuen olympischen Sportarten er-         im Sport, attraktive und inkludierende              gegründet.1 Die Anzahl der Mitglieder in
geben, die in Tokio 2021 Premiere hat-       Angebote zu schaffen.                                den einzelnen Sportstätten ist sehr un-
ten. Neben Baseball, Skateboarding, Ka-                                                          terschiedlich, da diese auf verschiedene
rate und Surfen war erstmals auch das        Bouldern in Deutschland                             Weise gezählt werden. In einigen Fäl-
Sportklettern bei Olympischen Spielen                                                            len werden alle Personen eingerechnet,
vertreten. Ineinem Dreikampfaus Speed-       Beim Bouldern klettert man an senkrech-             die jemals in der entsprechenden Halle
klettern (Schnellklettern auf einer welt-    ten und geneigten Felswänden. In Hal-               bouldern waren. Andere Einrichtungen
weit einheitlichen Route), Leadklettern      len geschieht dies an Kunststoffgriffen               erfassen Personen erst bei mehrfachen
(am Seil an stets neuen Routen) und          (. Abb. 1). Im Unterschied zum Sport-               Besuchen, wieder andere Boulderhallen
Bouldern wurden die weltbesten Ath-          klettern sind die Wände mit maximal vier            dokumentieren nur Sportler*innen, die
let*innen des Klettersports gekürt. Boul-    bis fünf Metern deutlich weniger hoch,              regelmäßig vor Ort sind. Zur Orientie-
dern ist im Kontext der Gewinnung neuer      weswegen auf eine Seilsicherung verzich-            rung sei angegeben, dass die Mehrzahl
Sportler*innen von besonderem Interes-       tet wird. Zur Verletzungsprävention ist             derHallenzwischen7000 und 50.000 Per-
se, wenn auch nicht ohne Schwierigkei-       der Boden mit dicken Matten ausgelegt.              sonen angibt, wobei die Anzahl der Mit-
ten:                                         Farbig markierte Routen zeigen unter-               glieder und das Bestehen der Halle nur
4 Durch die häufige Bindung des Sports        schiedliche Schwierigkeitsgrade.                    bedingt im Verhältnis stehen. Vielmehr
    an kommerzielle Sportanbieter,              Da Bouldern als Sport in Deutsch-                steht die Mitgliederzahl in Abhängigkeit
    seltener jedoch an den Vereinssport,     land recht neu und teilweise noch nicht             des Ortes, an dem sich die Boulderhalle
    steht Bouldern bisher nicht vielen       etabliert ist, fehlen an vielen Standorten          befindet. In Ballungsräumen und Uni-
    Kindern und Jugendlichen offen.           die Strukturen, die man von anderen                 versitätsstädten scheint der Zulauf ver-
4 Durch die ihm innewohnenden                Sportarten kennt. Unter den knapp                   hältnismäßig höher.
    Potenziale bietet Bouldern vor allem     10.000 kommerziellen Sportanbietern                     Ähnlich der Betätigung in einem
    Jugendlichen breite Möglichkeiten        in Deutschland befinden sich knapp                   Fitnessstudio beschäftigen sich Sport-
    und Entwicklungsperspektiven.            500 Kletterhallen, davon ein Drittel zum            ler*innen in Boulderhallen selbstständig,
4 Für eine noch „junge“ Sportart             Bouldern ausgelegt, von denen 200, dann             setzen sich Trainingsziele und verfolgen
    (die sich erst in den vergangenen        nicht-kommerziell, vom deutschen Al-                diese. Da die körperliche Anstrengung
    zehn Jahren etabliert hat) mit we-       penverein betrieben werden (DAV 2018).              enorm ist, bleibt ein großer Teil der
    nig Bindung und Verankerung im           In einigen Fällen ist Bouldern ein Ange-            Aufenthaltszeit in einer Boulderhalle
    gemeinnützigen, organisierten Ju-        bot einer Kletterhalle, die zusätzlich ein
    gendsport ergeben sich besondere         Boulderareal anbietet. Letztere werden              1
                                                                                                   Die Verfasserin sprach mit 16 Betreiber*innen
                                             in Deutschland teilweise in Kooperation             von Boulderhallen und erhielt von ihnen
                                             mit dem Deutschen Alpenverein (DAV)                 konkrete Daten zu ihrem Betrieb.

                                                                                                               Forum Kinder- und Jugendsport
Bouldern hat Potenzial - Eine Standortbestimmung für Kinder und Jugendliche nach der Corona-Pandemie
Fachbeitrag

                                                                                                       Die Finanzierungsmodelle sind in
                                                                                                   allen Hallen sehr ähnlich. Neben Mo-
                                                                                                   nats- oder Jahreskarten werden den
                                                                                                   Kund*innen oft Tagestickets, sogenann-
                                                                                                   te Elferkarten (elfmal bouldern, zehnmal
                                                                                                   bezahlen) oder Familienkarten angebo-
                                                                                                   ten. An vielen Standorten haben auch
                                                                                                   Kinder und Jugendliche, außer vielleicht
                                                                                                   einer Ermäßigung, keine anderen Op-
                                                                                                   tionen als die genannten. Damit kann
                                                                                                   ein Besuch einer Boulderhalle rasch
                                                                                                   kostspielig werden und übersteigt mit
                                                                                                   einem durchschnittlichen Eintritt von
                                                                                                   fünf bis acht Euro die frei verfügbaren
                                                                                                   finanziellen Spielräume vieler Jugendli-
                                                                                                   cher (Langmeyer und Winklhofer 2014).
                                                                                                   Deswegen spielen meist Eltern oder
                                                                                                   andere nahestehende Erwachsene eine
                                                                                                   große Rolle für den Zugang zu diesem
                                                                                                   Sport. Aufgrund der fehlenden Vereinss-
                                                                                                   trukturen und dem geringen Organisa-
                                                                                                   tionsgrad in Branchenverbänden ist die
                                                                                                   Zahl der aktiven Bouldersportler*innen
                                                                                                   weder für den Bereich der Kinder und
                                                                                                   Jugendlichen noch der Erwachsenen in
                                                                                                   Deutschland zu ermitteln.
                                                                                                       Wettkampfsportlich findet eine Reihe
                                                                                                   freier und regionaler Veranstaltungen
                                                                                                   statt. Auf leistungssportlichem Niveau
                                                                                                   sind Bouldern und Klettern eng ver-
                                                                                                   knüpft. Als sportlicher Dachverband
                                                                                                   agiert der DAV. Dessen Organisation
                                                                                                   über die regionalen Sektionen ist sehr
                                                                                                   heterogen und wirkt nur punktuell auf
                                                                                                   den Bouldersport. Mit der Zulassung zu
                                                                                                   den Olympischen Spielen wird der Leis-
                                                                                                   tungssport durch den DAV und das dort
Abb. 1 8 Beim Bouldern klettert man an senkrechten und geneigten Felswänden. In Hallen geschieht   angebundene Trainer*innenteam koor-
dies an Kunststoffgriffen. (Foto: Juliane Lanz)
                                                                                                   diniert. Als Weltsportverband fungiert
                                                                                                   die International Federation of Sports
den Pausen vorbehalten. Diese die-                von Boulderhallen angegeben, dass etwa           Climbing (IFSC).
nen der kurzfristigen Regeneration, der           10 bis 30 % der Nutzer*innen Kinder und
Diskussion von Aufstiegsstrategien mit            Jugendliche seien. Hauptsächlich kom-            Die Eignung für junge Menschen
anderen Bouldernden und der psychi-               men diese über Schnupperkurse, Schul-
schen Vorbereitung auf die Bewältigung            ausflüge oder individuelle Besuche mit            Ausgehend von der Annahme, dass
der nächsten Route. Diese sehr indivi-            Aufsichtspersonen in die Hallen. Wenige          viele junge Menschen ab dem Tee-
duelle Beschäftigung ist im Kinder- und           nehmen an längerfristigen strukturier-           nager*innen-Alter ihren angestammten
Jugendbereich wenig ausgeprägt. Nur               ten Angeboten wie Trainingsgruppen,              (Vereins-)Sport verlassen und sich ande-
ältere Jugendliche (oftmals ab 14 oder            Schulsportkooperationen oder Kinder-             ren Formen der körperlichen Betätigung
16 Jahren) dürfen ohne Aufsichtsperson            kursen teil. In einigen Fällen kooperieren       zu- oder auch vom Sport abwenden
eine Boulderhalle besuchen, es sei denn,          die Boulderhallen mit den Sektionen des          (Burrmann und Mutz 2017, S. 392),
sie nehmen an einem organisierten                 Deutschen Alpenvereins oder anderen              könnte diese Lücke durch neue Angebo-
Kurs teil. Viele Minderjährige kom-               Sportvereinen, die dann eigene Kinder-           te im sportlichen Lebenslauf geschlossen
men ausschließlich mit ihren ebenfalls            und Jugendgruppen unterhalten und die            oder verkleinert werden. Die Entwick-
bouldernden Eltern in die Hallen. Insge-          Hallen über Mietverträge mitnutzen.              lungsmöglichkeiten, aber auch die in
samt haben die meisten Betreiber*innen                                                             dieser Lebensphase wahrgenommenen

 Forum Kinder- und Jugendsport
Bouldern hat Potenzial - Eine Standortbestimmung für Kinder und Jugendliche nach der Corona-Pandemie
Abb. 2 8 Der Einstieg ist auf jedem Niveau möglich. (Foto: Juliane Lanz)

Einschränkungen wirken lange nach                    fehlen – allein die materielle Situation     Koordination in Kombination mit Ge-
und beeinflussen die Ressourcen für die               Zugang ermöglicht.                           duld und Konzentration gefragt. Dazu
weitere Lebensführung, Bildung und                      Der Gestaltung ihrer Freizeit messen      kommt, dass ein Einstieg und Erfolgser-
sozialen Chancen (Eikenbusch 2019,                   Jugendliche eine hohe Bedeutung bei.         lebnisse auf jedem Niveau möglich sind
S. 17). Die Ausgangssituation ist hete-              Die Möglichkeiten werden dabei immer         (. Abb. 2).
rogen: Geschlecht, ethnische Herkunft                vielfältiger. Die Hälfte aller Jugendli-        Aktivitäten von Jugendlichen zeich-
und Angebote in der Umgebung beein-                  chen verfügt über mehr als vier Stunden      nen sich oft durch die Suche nach Auf-
flussen auch die körperliche Aktivität                Freizeit pro Tag und nutzt diese gerne hy-   merksamkeit und Anerkennung und das
und die Einstellungen zum Sport (Burr-               brid, indem sie verschiedene Aktivitäten     Austesten körperlicher und psychischer
mann und Mutz 2017, S. 397). Zwanzig                 kombiniert (Eikenbusch 2019, S. 108).        Grenzen aus (Eikenbusch 2019, S. 110).
Prozent der Kinder in Deutschland                    Beim Bouldern kommt das Zusammen-            Nicht nur das Testen der Grenzen, son-
machen konkrete Armutserfahrungen,                   sein mit Mitgliedern der Peergroup zum       dern auch deren Verschiebung lässt sich
wobei die Aussicht auf soziale Mobilität             eigentlichen Sporttreiben hinzu. Heraus-     beim Bouldersport gut nachvollziehbar
sehr gering ist (Eikenbusch 2019, S. 41).            fordernd in der Jugendphase ist unter        wahrnehmen. Kommt man in der einen
Diese Ausgangssituation verschlechtert               anderem die Notwendigkeit eines neuen        Woche noch nicht an den Top-Griff (Ziel)
den Zugang zu Freizeitmöglichkeiten                  Selbst- und Körperkonzepts, das zur          einer bestimmten Route, ist dies beim
und Sport und bleibt bei den weite-                  Identitätsbildung beiträgt (Konowalczyk      nächsten oder übernächsten Mal mög-
ren Überlegungen vor allem deswegen                  2016, S. 39). Mit Veränderung der Pro-       lich. Es gilt unter anderem Höhenangst zu
im Blick, da sich Bouldern aktuell als               portionen sind neue Körpererfahrungen        überwinden und das Vertrauen in eigene
eher exklusive Sportart darstellt, bei der           wichtig, wobei die Leistung nicht im-        Fähigkeiten aufzubauen. Rückmeldun-
– vor allem an den Standorten, an denen              mer im Vordergrund stehen muss. Beim         gen bei falscher Einschätzung der eigenen
Schul- und/oder Vereinskooperationen                 Bouldern sind Körperspannung und             Fähigkeiten folgen unmittelbar (zum Bei-

                                                                                                             Forum Kinder- und Jugendsport
Fachbeitrag

                                                                                                anderen, sondern die eigene Entwick-
                                                                                                lung und Verbesserung stehen im Vor-
                                                                                                dergrund.
                                                                                                    Nicht zuletzt ermöglicht der Boul-
                                                                                                dersport eine Reihe informeller Lern-
                                                                                                settings, die nicht intendiert sind und
                                                                                                den Jugendlichen viel Entwicklungspo-
                                                                                                tenzial bieten (Neuber 2011, S. 155). Was
                                                                                                für den Einzelnen dabei herauskommt,
                                                                                                ist unterschiedlich und kann beim Boul-
                                                                                                dern vom Überwinden von Angst über
                                                                                                ein besseres Verständnis physikalischer
                                                                                                Gesetzmäßigkeiten bis hin zu besserer
                                                                                                sozialer Integration reichen (. Abb. 3).
                                                                                                    Einer breiteren Partizipation junger
                                                                                                Menschen stehen die aktuellen Struk-
                                                                                                turen beim Bouldern entgegen. Sport
                                                                                                als zivilgesellschaftlicher Akteur lässt
                                                                                                sich, wenn überhaupt, im verband- und
                                                                                                vereinsgesteuerten Sport identifizieren
                                                                                                (Braun 2011, S. 117). Hier besteht,
                                                                                                gesamtgesellschaftlich und über das
                                                                                                Bouldern hinaus, Nachholbedarf. Ei-
                                                                                                ne Teilhabe für mehr Jugendliche ist
                                                                                                also erst dann realistisch, wenn sich
                                                                                                die Strukturen diesbezüglich geändert
                                                                                                beziehungsweise geöffnet haben.
                                                                                                    Sowohl der Gewinn als auch die Hür-
                                                                                                den für den Bouldersport als Angebot für
                                                                                                Jugendliche lassen sich kurz zusammen-
                                                                                                fassen (. Tab. 1). Hierbei zeigt sich, dass
                                                                                                die Vorteile im Bouldern selbst liegen,
                                                                                                die Hürden im organisatorisch-struktu-
                                                                                                rellen Bereich.
                                                                                                    Die Boulderhallen blieben im langen
Abb. 3 8 Der Wechsel zwischen Beobachtungsposition und aktiver Rolle bietet Phasen der Kommu-   Lockdown im Winter 2020/21, der Hoch-
nikation und der physischen Aktivität. (Foto: Juliane Lanz)                                     saison des Indoor-Sports fast ein halbes
                                                                                                Jahr geschlossen. Vielen Betreiber*innen
spiel durch das Abfallen von der Wand            Beim Bouldern ist es möglich, eigene           sicherten die staatlichen Hilfen das Über-
oder das Nicht-Erreichen des Ziels) –            Schwerpunkte zu setzen und eigene              leben, doch der ohnehin lose Kontakt zu
aber mit überschaubaren Konsequenzen             Projekte zu verfolgen.                         den Kindern und Jugendlichen riss leider
und in der Regel großer Motivation für               Wichtig ist, über die gesamte Kind-        oftmals ab.
einen nächsten Versuch. Inwiefern Auf-           heits- und Jugendphase hinweg Kom-                 Viele Betreiber*innen gaben an, dass
merksamkeit und Anerkennung wahrge-              petenzerleben möglich zu machen (Ko-           sie die Kindergruppen oftmals frühzeiti-
nommen werden können, liegt zum ei-              hake und Richartz 2020, S. 119). Dies          ger schließen mussten als das freie Boul-
nem am Wohlwollen der Peergroup, aber            ist beim Bouldern in der Regel gege-           dern. Die Anzahl der Personen, die pro
auch am Geschick der Anleitenden.                ben. Die verschiedenen Routen bieten           Flächeneinheit noch zugelassen waren,
   Dem Konzept der Selbstentfaltung              unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, in       machte dies notwendig. Die oftmals neu-
kommt eine hohe Bedeutung zu. Es                 denen man sich weiterentwickeln kann.          en Kinder- und Jugendgruppen hätten
lässt sich im selbstorganisierten Sport          Dabei gibt es immer wieder Herausfor-          sich noch nicht so fest etabliert, dass sie
am ehesten verfolgen (Neuber 2007).              derungen, die sehr unterschiedlichen Ei-       nach den Schließungen wieder mit einem
Ein gutes Angebot für Jugendliche im             genschaften entgegenkommen – so ist            Großteil der Mitglieder starten konnten.
Bouldersport wäre demnach durch einen            nicht immer die stärkste Person im Vor-        Die vielerorts auf die Wiederöffnungen
hohen Grad an Freiheit und Selbststän-           teil, sondernmal eine kleinere, eine länge-    folgenden Sommerferien und die gerin-
digkeit gekennzeichnet (wie es auch im           re oder eine Person mit besserem Gleich-       gere Attraktivität von Indoor-Sport im
Erwachsenenbereich der Normalfall ist).          gewichtsgefühl. Nicht der Vergleich mit        Sommer kamen erschwerend hinzu.

 Forum Kinder- und Jugendsport
dungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das be-
Tab. 1 Eignung und Hindernisse des Bouldersports als Angebot für Jugendliche
                                                                                                        treffende Material nicht unter der genannten Creative
Besondere Eignung ergibt sich aus . . .                    Derzeit bestehende Hindernisse,              Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung
                                                           die abgebaut werden müssten:                 nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für
Möglichkeit der hybriden Freizeitgestaltung, die durch die Materielle Hürden                            die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Ma-
hohe Pausenanzahl begünstigt wird (Sport, Freund*innen                                                  terials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers
treffen, abhängen)                                                                                       einzuholen.

Kompetenzerleben                                           Wenig strukturierte Angebote                 Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der
Neue Körpererfahrungen                                    Selten Bindung an den Vereinssport            Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/
                                                                                                        licenses/by/4.0/deed.de.
Identitätsbildung                                         Zugang ohne „Szenekontakt“ er-
Austesten psychischer und physischer Grenzen              schwert
Selbstentfaltung im wenig regulierten Raum                                                              Literatur
Informelle Lernsettings
                                                                                                        Braun, S. (2011). Bildungspotenziale der Zivilgesell-
                                                                                                              schaft – gesellschaftspolitische Perspektiven
                                                                                                              einer bildungsbezogenen Engagementpolitik
Fazit                                          se in Mehrspartenvereinen, kommuna-                            von Sportverbänden und -vereinen. In M. Krüger
                                               len Sportämtern oder den Sektionen des                         & N. Neuber (Hrsg.), Bildung im Sport. Beiträge
                                                                                                              zu einer zeitgemäßen Bildungsdebatte 1. Aufl. Bil-
Für den Kinder- und Jugendsport scheint        Alpenvereins. Die bestehenden Boulder-                         dung und Sport, (Bd. 1, S. 105–120). Wiesbaden:
Bouldern über viel Potenzial zu verfügen.      hallen müssen in so einem Prozess ihre                         VS. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94026-
Es wäre hilfreich, stünde dieser Sport ei-     wirtschaftlichen Interessen gewahrt se-                        7.
                                                                                                        Burrmann, U., & Mutz, M. (2017). Sport- und Bewe-
ner größeren Gruppe von jungen Men-            hen und würden diesen dann produktiv                           gungsaktivitäten von Jugendlichen in Deutsch-
schen offen. Insofern ist jede gesellschaft-    begleiten können. Viele Betreiber*innen                        land: ein aktueller Überblick im Spannungsfeld
liche Anstrengung mit dieser Intention         von Boulderhallen haben angegeben, ihr                         von „Versportung“ und „Bewegungsmangel“.
                                                                                                              Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Dis-
zu begrüßen. Der Sport selbst bietet in        Geschäft „nicht um reich zu werden“ zu                         course. Journal of Childhood and Adolescence
seinem Aufbau und seiner Struktur vor          betreiben, sondern um sportliche Wer-                          Research, 12(4), 385–401. https://doi.org/10.
allem für Jugendliche attraktive Anreize –     te zu vermitteln. Eine gewisse Offenheit                        3224/diskurs.v12i4.01.
                                                                                                        DAV (2018). Klettern in Deutschland - Zahlen, Daten &
es muss jedoch daran gearbeitet werden,        gegenüber Pilotprojekten wäre also zu er-                      Fakten. München. https://www.alpenverein.de/
mehr offene und finanzunabhängige An-            warten. Die durch die Olympischen Spie-                        der-dav/presse/hintergrund-info/klettern-in-
gebote zu etablieren. Dort, wo bereits         le erzeugte Aufmerksamkeit ließe sich                          deutschland-zahlen-daten-fakten_aid_31813.
                                                                                                              html. Zugegriffen: 27. Mai 2021.
Kooperationen mit Sportvereinen beste-         sicherlich nutzen.                                       DOSB (2020). Corona-Schäden für Sportdeutschland 2:
hen, scheint dies besser zu funktionie-                                                                       Deloitte-Erhebung der finanziellen Implikationen
ren. Daneben gilt es generell, die Frage                                                                      der COVID-19-Pandemie für DOSB-Mitglieds-
                                               Korrespondenzadresse                                           organisationen und DOSB-nahe Institutionen,
des Zugangs zu klären, denn, ohne „An-                                                                        Deutscher Olympischer Sportbund. https://cdn.
                                               Dr. Juliane Lanz
lass“ werden die wenigsten Jugendlichen                                                                       dosb.de/user_upload/www.dosb.de/Corona/
                                               Institut für Sonderpädagogische Entwicklungs-                  Coronabedingter-Schaden_Zweite_Deloitte-
eigenständig eine Boulderhalle ansteu-         förderung und Rehabilitation, Arbeitsstelle                    Befragung.pdf. Zugegriffen: 25. Apr. 2021.
ern. Internationale Vorbildwirkung für         Pädagogische Lesungen, Universität Rostock               Eikenbusch, G. (2019). Jugendliche in den Sekun-
die Integration aller Interessierter in den    Rostock, Deutschland                                           darstufen. Entwicklungsprozesse, Lebenslagen,
Klettersport hat die Boulder- und Klet-        juliane.lanz@uni-rostock.de                                    pädagogische Perspektiven (Pädagogik). Wein-
                                                                                                              heim, Basel, München: Beltz. https://content-
terhalle Memphis Rox in den USA. Getra-                                                                       select.com/de/portal/media/view/5c84e9c9-
gen durch die Non-Profit-Organisation           Danksagung. Teile der Recherche und der Gesprä-                9ad8-46bf-80fc-646eb0dd2d03?forceauth=1.
                                               che lagen in den Händen der studentischen Hilfskraft           Zugegriffen: 26. Mai 2021.
One Family Memphis lautet das Mot-             Kristine Stöcker. Für diese umsichtige Unterstützung     Kletterhallenverband (KLEVER) e. V. (2021). Mitglieder.
to der 2018 eröffneten modernen Boul-           möchte ich mich herzlich bedanken und darauf ver-              https://dkhv.de/mitglieder. Zugegriffen: 25. Apr.
der- und Kletterhalle: „We exclude no          weisen, dass ich Inhalt und Schlussfolgerungen allein          2021.
                                               verantworte.                                             Kohake, K., & Richartz, A. (2020). „Am meisten macht
one – regardless of ability to pay“ (Mem-
                                                                                                              es immer Spaß, wenn man was Neues schafft“
phis Rox 2021). Damit steht der Kletter-       Funding. Open Access funding enabled and organi-               – Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben im
und Bouldersport Kindern und Jugendli-         zed by Projekt DEAL.                                           Kindersport. Forum Kinder- und Jugendsport,
chen aus allen gesellschaftlichen Schich-                                                                     1(2), 110–121. https://doi.org/10.1007/s43594-
                                               Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative            020-00015-4.
ten offen und wird finanziell vor allem          Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz           Konowalczyk, S. (2016). Zeitperspektiven von Jugend-
durch Spenden und die Mitgliedsbeiträ-         veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung,           lichen. Bildung und Sport, Bd. 11. Wiesbaden:
                                               Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jegli-              Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-
ge der zahlungskräftigeren Klientel ge-        chem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die             16929-9.
tragen. Das Beispiel zeigt, dass es wich-      ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsge-      Langmeyer, A., & Winklhofer, U. (2014). Taschengeld
tig wäre, Bouldern nicht nur als „Pro-         mäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz             und Gelderziehung. Eine Expertise zum Thema
                                               beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenom-                  Kinder und ihr Umgang mit Geld mit aktuali-
dukt“ zu bewerben, sondern offene und           men wurden.                                                    sierten Empfehlungen zum Taschengeld. Mün-
inkludierende Angebote zu unterbreiten.                                                                       chen. https://www.dji.de/veroeffentlichungen/
Diese Änderung geschieht jedoch nicht          Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges         literatursuche/detailansicht/literatur/20604-
                                               Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten              taschengeld-und-gelderziehung.html. Zuge-
von selbst, sondern benötigt interessierte     Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbil-            griffen: 7. Juni 2021.
und engagierte Personen – beispielswei-

                                                                                                                        Forum Kinder- und Jugendsport
Fachbeitrag

Memphis Rox (2021). https://www.memphisrox.org/.
     Zugegriffen: 27. Mai 2021.
Neuber, N. (2007). Entwicklungsförderung im Jugendal-
     ter. Schorndorf: Hofmann.
Neuber, N. (2011). Bildungspotentiale im Kinder-
     und Jugendsport – Perspektiven für einen
     zeitgemäßen Bildungsbegriff. In M. Krüger &
     N. Neuber (Hrsg.), Bildung im Sport. Beiträge
     zu einer zeitgemäßen Bildungsdebatte 1. Aufl.
     Bildung und Sport, (Bd. 1, S. 143). Wiesbaden: VS.
     https://doi.org/10.1007/978-3-531-94026-7.
Walper, S., Reim, J., Schunke, A., Berngruber, A.
     & Alt, P. (2021). Die Situation Jugend-
     licher in der Corona-Krise. Halle. https://
     www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2021/
     2021-05-21_Walper%20et%20al_2021_Die
     %20Situation%20Jugendlicher%20in%20der
     %20Coronakrise_1205%20%28003%29.pdf.
     Zugegriffen: 25. April 2021.

  Forum Kinder- und Jugendsport
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