Boulevard-Magazine im Fokus - Der etwas andere Blick auf die Zielgruppe von André Petras und Nicole Klövekorn
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Boulevard-Magazine im Fokus Der etwas andere Blick auf die Zielgruppe von André Petras und Nicole Klövekorn Die Klärung dieser Frage ist von zentraler Be- deutung, nicht nur für die Programmgestalter, sondern insbesondere auch für die Mediaplaner - denn Werbetreibende möchten ihre Spots in ei- nem Umfeld präsentieren, das zu ihren Marken und Werbeaussagen passt. Im Rahmen der folgenden Analyse wird gezeigt, dass sich die Zuschauer verschiedener Boule- André Petras Nicole Klövekorn ist seit 1995 nach seinem Studium ist seit 2001 nach ihrem Studium der vard-Magazine in ihrer verhaltensrelevanten der Betriebswirtschaftslehre bei TNS EMNID, Bielefeld. Er startete im Be- Kommunikationswissenschaft (ZW) bei SeveOne Media, München. Sie ist dort Wertecharakteristik durchaus deutlich unterschei- reich elektronische Medienforschung, als Projektleiterin im Bereich Advertising den. Des Weiteren wird gezeigt, dass diese Un- wo er inzwischen als Senior Rese- Research tätig. Neben der Semiometrie arch Consultant tätig ist. Seit 1998 ist betreut sie Studien zur allgemeinen terschiede auf der klassischen, oftmals rein so- er zudem Product Manager für Se- Werbewirkung, zu Sonderwerbeformen, miometrie. Sponsoring und Kundenzufriedenheit. ziodemografischen Beschreibungsebene nicht Andre.petras@emnid.tnsofres.com Nicole.kloevekorn@sevenonemedia.de hinreichend deutlich werden. Ein allein auf dieser Basis erstellter Mediaplan kann daher leicht zu Die neueste Ex von Boris Becker, Schönheitsope- kurz greifen. Mit Hilfe des semiometrischen Mo- rationen am Ballaton, die wilden Schaumparties dells können dagegen tiefergehende Erkenntnisse deutscher Touristen auf Ibiza - was haben all die- über die psychografische Wertestruktur von Ziel- se Themen gemeinsam? Sie müssten uns nicht gruppen gewonnen werden. Auf dieser Basis las- wirklich interessieren, tun es aber oftmals trotz- sen sich dann oftmals auch wertvolle Hinweise für dem. Und woher beziehen wir unsere Informatio- eine optimierte Mediaplanung ableiten. nen? Entweder aus dem Gespräch am Mit- tagstisch oder mit der Nachbarin oder aber direkt Semiometrische Wertemessung aus den Primärquellen, der Boulevardpresse und im Zeitalter der elektronischen Medien insbeson- Das semiometrische Modell basiert auf dem An- dere aus den Boulevard-Magazinen im Fernse- satz, Wörter als Indikatoren zur Messung grundle- hen. Der Informationsbedarf scheint groß zu sein. gender Wertehaltungen zu verwenden. Konkret Zur besten Vorabend-Sendezeit bietet inzwischen kommen 210 Begriffe zum Einsatz, die im Rah- fast jeder der großen Sender ein derartiges Ma- men umfangreicher Vorstudien bezüglich ihrer gazin. Ob Explosiv (RTL) oder Brisant (ARD), Blitz Eignung zur Wertemessung validiert wurden. Eine (Sat.1), taff. (ProSieben) oder Leute heute (ZDF) - Faktorenanalyse der Begriffsbewertungen auf Ba- Konzept und Themen sind weitgehend aus- sis der 4.300 Fälle des bevölkerungsrepräsentati- tauschbar. Aber wie ist das mit der Zielgruppe? ven Semiometrie-Panels verdichtet die Einzelbe- Wer schaut sich die Magazine eigentlich regel- wertungen zu den beiden zentralen Werte- mäßig an? Und sind die regelmäßigen Seher der Dimensionen Sozialität – Individualität und Pflicht Formate ähnlich austauschbar wie ihre Inhalte? – Lebensfreude. Anhand dieser Achsen wird das Abdruck mit Genehmigung des Deutschen Fachverlages, planung & analyse, Mainzer Landstrasse 251, 60326 Frankfurt am Main, Telefon 069-7595-2019, Fax 069-7595-2017, redaktion@planung-analyse.de, www.planung–analyse.de
familiär Überbewertete Wörter Unterbewertete Wörter traditionell sozial materiell kritisch kämpferisch erlebnisorientiert Abbildung 1: Wertorientierung regelmäßiger Seher von Boulevard-Magazinen semiometrische Basismapping mit den 210 Be- Blitz (Sat.1), taff. (ProSieben) oder Leute heute griffen aufgespannt. Mit einer weiteren Faktorena- (ZDF) regelmäßig (also mindestens jede zweite nalyse werden darüber hinaus 13 Wertefelder er- Sendung) sehen. mittelt, die sowohl eine sinnvolle Informationsver- Knapp ein Drittel der Bevölkerung sind dieser dichtung als auch eine nützliche Interpretations- Zielgruppe zuzurechnen, deren Mitglieder im Ver- hilfe bieten. gleich zur Gesamtbevölkerung tendenziell eher Die relative Über- oder Unterbewertung der Be- weiblich, etwas älter und unterdurchschnittlich ge- griffe durch die Personen innerhalb einer Ziel- bildet sind. gruppe (zum Beispiel regelmäßige Seher der Dem semiometrischen Mapping ist zu entnehmen, Sendung Explosiv) ergibt das spezifische Werte- dass Begriffe aus den Wertefeldern sozial (z.B. profil der Zielgruppe im Vergleich zu einer festge- Treue, ehrlich, Zuneigung), traditionell (Vaterland, legten Referenzgruppe (in der Regel die Restbe- Disziplin, Ehre), materiell (Geld, Schmuckstück) völkerung). Man ermittelt also, was die Mitglieder und familiär (Heirat, mütterlich) signifikant über- einer Zielgruppe außer ihrer Gruppenzugehörig- bewertet werden. Eher unterbewertet werden da- keit noch miteinander verbindet – und wie sich gegen die Wertedimensionen erlebnisorientiert, diese Gruppe von anderen Populationen unter- kämpferisch und kritisch. Ohne an dieser Stelle scheidet. Idealerweise soll eine Zielgruppe in sich bereits zu tief in die psychografische Interpretation homogen sein und sich klar von ihrer Gegengrup- einzusteigen, wird doch deutlich, dass es offen- pe (Nicht-Zielgruppe beziehungsweise Restbevöl- sichtlich deutliche Unterschiede zwischen regel- kerung) abgrenzen lassen. mäßigen Sehern und Nicht-Sehern von Boule- Abbildung 1 zeigt das semiometrische Mapping vard-Magazinen gibt. Für die abgebildete Ziel- der regelmäßigen Seher von Boulevard- gruppen-Kumulation stellt sich nun natürlich die Magazinen, also von Personen, die mindestens Frage, inwieweit die zusammengefassten Einzel- eines der Formate Explosiv (RTL), Brisant (ARD),
M erkmal Bevölkerung E xplosiv Blitz Brisant Leute heute taff 14 + männlich 48 40 39 42 41 34 Geschlecht weiblich 52 61 61 58 59 66 14-29 19 17 17 6 5 33 Alter 30-49 37 36 35 21 15 42 50+ 45 48 48 73 80 25 V olks-/Hauptschule 53 64 67 61 59 61 Bildung mittlere Bildung 25 21 19 25 25 25 Abitur/Uni 20 13 12 13 14 11 = Auffälligkeiten in der soziodemografischen Charakteristik Abbildung 2: Soziodemographie regelmäßiger Seher einzelner Boulevard-Magazine formate eine eher ähnliche oder aber eine relativ Schließlich ist die Ursache für spezifische Hand- unterschiedliche Positionierung aufweisen. lungsweisen nicht darin zu sehen, dass eine Per- son zum Beispiel 35 Jahre alt und männlich ist. Soziodemografische Zielgruppenanalyse Das (Kauf-/Medien-)Verhalten wird eher durch grundlegende individuelle Wertehaltungen, wie Im ersten Schritt sollen die fünf Boulevard- zum Beispiel eine familiär-soziale oder eine lust- Magazine daher im Rahmen einer klassischen, und erlebnisorientierte Grundhaltung determiniert. soziodemografischen Zielgruppenanalyse be- Junge Zielgruppen sind nicht zwangsläufig dyna- trachtet werden (siehe Abbildung 2). Der Ver- misch, modern, aufgeschlossen, konsum- und in- gleich der einzelnen Zuschauergruppen mit der novationsfreudig oder was immer man ihnen Gesamtbevölkerung verdeutlicht, dass der Anteil sonst noch zuschreiben möchte. Selbiges gilt für von Frauen bei allen Magazinen erhöht ist. Insge- entsprechende Assoziationsmuster, die man samt scheint es sich dabei aber eher um einen leichthin eher älteren Zielgruppen zuschreibt. In Genre-Effekt zu handeln, der kaum Rückschlüsse einem früheren Artikel konnte mit Hilfe der Se- auf die spezifische Positionierung der Einzelfor- miometrie zum Beispiel für die Bekleidungsmarke mate zulässt. Selbiges gilt für die insgesamt nied- Boss gezeigt werden, dass gerade die jüngeren rigere Schulbildung, die ebenfalls für alle fünf Zu- (bis unter 40-jährigen) Boss-Verwender überra- schauergruppen charakterisierend ist. Einzig das schender Weise nicht besonders lustorientiert sind Merkmal Alter scheint zwischen den fünf Forma- sondern eher materiell-traditionelle Werte reprä- ten zu diskriminieren. Die Seher der Sendung taff. sentieren. Dagegen zeigen die älteren Boss- (ProSieben) erweisen sich als besonders jung. 75 Verwender (40+ Jahre) eine deutlich lustorien- Prozent der regelmäßigen Seher sind unter fünf- tierte Grundhaltung. zig Jahren, ein Drittel sogar jünger als dreißig. Ei- Eine Interpretation für diese zunächst irritierende ne umgekehrte Verteilung ergibt sich für die re- Werteverteilung: Die jüngeren Boss-Verwender, gelmäßigen Seher der öffentlich-rechtlichen Ma- für die Begriffe wie Geld, Gold und Eigentum stark gazine. Bei Brisant (ARD) sind Prozent der regel- positiv besetzt sind, sehen in der Marke Boss eine mäßigen Seher über fünfzig, bei Leute heute Möglichkeit, zumindest symbolisch an der Welt (ARD) liegt dieser Anteil sogar bei 80 Prozent. von Besitz und Reichtum teilzunehmen. Den älte- ren Boss-Verwendern, die im Gegensatz zum Aber was sagen diese Erkenntnisse schon über Großteil ihrer Altersgruppe nicht zu Pflicht-Werten grundlegende Motivationsstrukturen und verhal- neigen, sondern typisch junge Begriffe wie das tensdeterminierende Wertecharakteristika der Sexuelle, lustvoll und dynamisch überbewerten, Zielgruppen aus? Erst einmal relativ wenig! bietet die Marke Boss eine Möglichkeit, sich mit
Sex-Appeal auszustatten und eine ju- Kurzfassung gendliche Aura zu bewahren. Die Tatsache, dass verschiedene TV-Formate eines ge- meinsamen Genres bezüglich ihrer inhaltlichen Konzeption Semiometrische nahezu austauschbar sind, sagt noch lange nichts über die Ähnlichkeit ihrer jeweiligen Publikumsstrukturen aus. Viel- Positionierungsanalyse mehr zeigt die Analyse, dass sich die Seherschaften ver- schiedener Boulevard-Magazine deutlicher stärker unter- Aber zurück zu den hier untersuchten fünf scheiden als ihre Inhalte. Die Unterschiede werden bereits auf der klassischen, soziodemografischen Ebene erkenn- Boulevard-Magazinen. In Abbildung 3 sind bar, wesentlich tiefergehende Erkenntnisse erlaubt aller- die semiometrischen Wertesteckbriefe für dings eine semiometrische Analyse der psychografischen die regelmäßigen Seher der einzelnen Zuschauerstrukturen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für die Programmplanung interessant, son- Formate zusammengestellt. Die Ergebnis- dern insbesondere im Rahmen der Mediaplanung von gro- se zeigen, dass es auch auf der Wertee- ßer Bedeutung. bene Genre-Effekte gibt. Die Wertedimen- sionen materiell und sozial sind für alle fünf Zuschauergruppen in mehr oder we- tung, die Suche nach einem positiven Gegenstück niger ausgeprägter Form überbewertet. Die Wer- zur Realität. tedimension materiell repräsentiert die Orientie- Die Zuschauer von taff. (ProSieben) haben damit rung an Besitz, Eigentum, Prestige und Status. eine sehr eigenständige Positionierung, die sich Das Wertefeld sozial steht für das Streben nach von den Werteprofilen der anderen Magazine einem harmonischen Miteinander sowie die Ori- deutlich unterscheidet. entierung an menschlichen Beziehungen und Bin- Als relativ ähnlich erweisen sich die Positionierun- dungen. gen von Blitz (Sat.1) und Explosiv (RTL). Die Se- Neben diesen, eher das Genre charakterisieren- herschaften beider Formate sind dadurch cha- den Wertedimensionen, lassen sich aber auch rakterisiert, dass neben der für alle Magazine cha- sehr spezifische Charakteristika in den Profilen rakterisierenden sozial-materiellen Grundhaltung der einzelnen Sendungen erkennen. Die regel- zusätzlich die Wertedimension familiär überbe- mäßigen Seher von taff. (ProSieben) erweisen wertet wird. Diese Wertedimension steht für die sich z.B. als sehr lustorientiert und verträumt. Lu- Orientierung an der Familie als Basis des storientierung steht für Hedonismus und Leiden- menschlichen Zusammenlebens sowie das Stre- schaft sowie ein intensives Verhältnis zu Körper- ben nach Geborgenheit, Frieden und Stabilität. lichkeit und Sexualität. Das Wertefeld "verträumt" Eine ganz andere Charakteristik weisen dagegen charakterisiert eine eher idealistische Grundhal- die Zuschauer der öffentlich-rechtlichen Formate auf. Die Seher von Abbildung 3: Wertesteckbriefe regelmäßiger Seher einzelner Boulevard-Magazine Brisant (ARD) und Wertefeld Explosiv Blitz Brisant Leute heute taff Leute heute (ZDF) stehen für eher tra- familiär ++ + ditionelle Werte, das sozial ++ ++ ++ + + Publikum von Leute religiös ++ heute bewertete materiell +++ +++ + +++ +++ darüber hinaus auch verträumt + die Wertefelder reli- lustorientiert +++ giös und kulturell si- erlebnisorientiert --- -- --- --- gnifikant über. kulturell ++ - Das Wertefeld tradi- rational tionell charakterisiert kritisch -- - --- die Orientierung am dominant Bewährten sowie ei- kämpferisch -- --- --- ne grundsätzliche traditionell +++ +++ Zurückhaltung ge-
genüber Veränderungen. Religiös steht für eine gruppen passen aufgrund ihrer Werthaltungen christliche Grundhaltung. Kulturell charakterisiert besonders gut zu den Sehern des Magazins? Die intellektuelle Werte, die ihren Ausdruck unter an- Analyse beschränkt sich hierbei auf den Produkt- derem im Interesse an Literatur, Theater, Kunst bereich Eiscreme. Dieser Produktbereich wurde und Musik findet. gewählt, da aus einer Voranalyse hervorging, Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Zielgruppen dass Eiscreme-Marken semiometrisch gut in das im allgemeinen und in diesem Falle die Seher- Umfeld von Boulevardmagazinen passen. Daher schaften von Boulevard-Magazinen im speziellen kann schon im Vorfeld von einer gewissen Pas- auf der psychografischen Messebene wesentlich sung dieses Produktbereichs in das Mediaumfeld differenzierter und verhaltensnäher charakterisiert von taff. ausgegangen werden. Aber welche Eis- werden können, als das mit rein soziodemografi- cremesorte ist am besten in diesem Werbeumfeld schen Betrachtungen möglich ist. Die rein so- aufgehoben? Wie können die Verwender dieser ziodemografischen Charakterisierungen bergen bezüglich ihrer subjektiv wahrnehmbaren Pro- zudem die Gefahr von Fehleinschätzungen in dukteigenschaften oftmals austauschbaren Pro- sich, wie zum Beispiel das angesprochene Boss- dukte differenziert werden? Gerade im Bereich Beispiel anschaulich verdeutlicht. der Fast Moving Consumer Goods (FMCGs) sind Mit Hilfe der Semiometrie ist es aber nicht nur die Produkte für den Konsumenten häufig sehr möglich, die Nutzer bestimmter Medien psycho- ähnlich und zum Teil austauschbar. Die Unter- grafisch auszuleuchten. Das gleiche Prozedere ist scheidung der Verwender einzelner Marken eines selbstverständlich auch für die Verwender von Produktbereichs ist daher häufig schwierig. Produkten und Marken möglich. Auf diese Weise Im ersten Schritt wird nachfolgend eine soziode- können Kongruenzen zwischen Marken- und Me- mografische Charakterisierung der Hauptverwen- dienzielgruppen identifiziert und im Rahmen der der verschiedener Eiscreme-Marken vorgenom- Mediaplanung berücksichtigt werden. Es liegt auf men, die im zweiten Schritt mit einer semiometri- der Hand, dass zum Beispiel TV-Formate insbe- schen Positionierungsanalyse ergänzt wird. Der sondere für solche Marken ein ideales Wer- Vergleich mit den Sehern von taff. zeigt, dass trotz beumfeld bieten, deren Zielgruppen eine mög- einer soziodemografischen Ähnlichkeit der Ziel- lichst ähnliche Wertecharakteristik aufweisen wie gruppen, die Übereinstimmungen der Wertorien- die Zuschauer des TV-Formates. tierungen bei den einzelnen Marken sehr unter- schiedlich sind. Marken- und Medienzielgruppen im semiome- trischen Vergleich Soziodemografische Betrachtung der Marken- verwender Mit dem Mediaplanungsprogramm von Semiome- trie können die Wertepositionierungen von Mar- In Semiometrie wird die Markenverwendung der kenverwendern mit denen der regelmäßigen Se- vier Eiscreme-Marken Landliebe, Langnese, her ausgewählter TV-Formate verglichen werden. Manhattan und Mövenpick abgefragt. In Abbil- So werden im Rahmen einer semiometrischen dung 4 ist die soziodemografische Zusammenset- Mediaplanung für eine bestimmte Marke die TV- zung der Hauptverwender (Personen, die in die- Formate identifiziert, die aufgrund der Wer- sem Produktbereich die jeweilige Marke haupt- testruktur ihrer Seher ideal zum Wertesystem der sächlich verwenden) dargestellt. Markenverwender passen. Die Hauptverwender aller Marken sind – wie auch Entsprechend können natürlich auch umgekehrt die regelmäßigen Seher von taff. – im Vergleich zu einem ausgewählten Format aufgrund ihrer zur Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich häu- Wertestruktur passende Marken ermittelt werden. fig weiblich. Zwischen 53 und 60 Prozent sind Im Folgenden wird von den fünf bisher betrachte- Frauen. Bei der Altersstruktur der Eiskäufer liegt ten Boulevardmagazinen das ProSieben-Magazin der Schwerpunkt bei den über 30jährigen. Die taff. eingehender betrachtet. Welche Marken pas- Hauptverwender von Mövenpick sind hierbei im sen in dieses Werbeumfeld? Welche Verwender- Vergleich etwas älter als die Verwender der ande-
M erkmal Bevölk erung taff. Landliebe Langnese M anhattan M övenpick 14 + männlich 48 34 40 45 47 46 Geschlecht w eiblich 52 66 60 55 53 54 14-29 19 33 18 23 25 13 Alter 30-49 37 42 39 37 44 34 50+ 45 25 43 40 31 53 Volks-/Hauptschule 53 61 55 57 57 50 Bildung mittlere Bildung 25 25 28 24 24 28 Abitur/Uni 20 11 15 17 16 21 = Auffälligkeiten in der soziodemografischen Charakteristik Abbildung 4: Soziodemographie regelmäßiger Seher taff. und Hauptverwender der vier Eiscrememarken ren Marken. Bei der Gegenüberstellung mit der Semiometrische Befragung der Markenver- Soziodemografie der regelmäßigen taff.-Seher wender fällt auf, dass der durchschnittliche Eiscremekon- sument ein höheres Alter als der typische taff.- In Abbildung 5 sind die semiometrischen Werte- Zuschauer aufweist. Das Bildungsniveau der steckbriefe der taff.-Seher und der Hauptverwen- Hauptverwender der vier Eismarken stimmt hin- der von Landliebe, Langnese, Mövenpick und gegen wieder in etwa mit dem der taff.-Seher Manhattan zu sehen. Bei einem Vergleich der überein: Über die Hälfte und somit der Großteil je- über- und unterbewerteten Wertefelder wird schon der Zielgruppe verfügt über einen Volks- oder auf den ersten Blick deutlich, dass die in der So- Hauptschulabschluss. An zweiter Stelle steht ein ziodemografie gefundene Ähnlichkeit der Marken- mittlerer Bildungsgrad. verwender von Landliebe, Langnese und Man- Alles in allem ist die soziodemografische Zusam- hattan in Semiometrie nicht wiederzufinden ist. mensetzung der drei Marken Landliebe, Langnese Aber zunächst noch einmal kurz zu den Verwen- und Manhattan ziemlich ähnlich und abgesehen dern von Mövenpick-Eis: Die etwas älteren und von einem Alterseffekt bei den Marken Manhattan tendenziell höher gebildeten Verwender von Mö- (eher jünger) und Mövenpick (eher älter) sowie ei- venpick setzen sich auch in der Semiometrie nem überdurchschnittlichen Frauenanteil bei den deutlich von den anderen Marken ab: Ihre starke Verwendern von Landliebe nur wenig zur Diffe- religiöse und kulturelle Wertorientierung lässt sich renzierung zwischen den einzelnen Marken ge- bei keiner der anderen Eismarken in dieser Form eignet. Die taff.-Seher sind im Vergleich deutlich wiederfinden. Lustorientierte und kritische Werte jünger als die Eiscreme-Zielgruppen, stimmen lehnen sie ab. Dieses Werteprofil harmonisiert mit aber in Geschlecht und Bildung vor allem mit den der Soziodemografie der Zielgruppe, die sich ab- Hauptverwendern der drei Marken Landliebe, schließend wie folgt zusammenfassen lässt: Mö- Langnese und Manhattan grob überein. Da keines venpick-Eis wird von älteren, tendenziell höher der soziodemografischen Profile der Hauptver- gebildeten, religiös und kulturell orientierten Per- wender dieser drei Marken deutlich besser mit sonen bevorzugt. dem der taff.-Seher übereinstimmt, fällt es auf rein Nun zu den drei soziodemografisch ähnlichen soziodemografischer Basis schwer, zu entschei- Verwendergruppen von Landliebe, Manhattan und den, welche dieser drei Marken nun am besten zu Langnese. Die Landliebe-Kosumenten sind sehr dem Boulevardmagazin taff. passt. stark familiär und sozial orientiert. Sie scheinen über einen ausgeprägten Familiensinn zu verfü-
gen. Kritische Werte werden leicht abgelehnt. worten: Langnese ist die Marke, deren Hauptber- Auch die Hauptverwender von Manhattan bewer- wendern den taff.-Sehern am ähnlichsten sind. ten die beiden Wertefelder familiär und sozial Trotz der ähnlichen soziodemografischen Zu- über. Zudem verfügen sie aber auch noch über sammensetzung der Käufer von Langnese, Land- eine dominante, religiöse und materielle Wertori- liebe und Manhattan zeigt die semiometrische entierung. Positionierung auf der verhaltensdeterminieren- Die hauptsächlichen Verwender von Langnese- den psychografischen Werteebene deutliche Un- Eis sind stark materiell und lustorientiert. Auch ei- terschiede zwischen den Zielgruppen. Während ne leichte familiäre, verträumte und dominante Landliebe- und Manhattan-Verwender sich mehr Werthaltung ist für sie bezeichnend. Rationale durch ihre familiäre und soziale Orientierung aus- Werte lehnen sie stark, kulturelle, traditionelle und zeichnen, ist nur bei Langnese-Verwendern eine kämpferische Werte leicht ab. Dieser Wertesteck- ebenso starke materielle, lustorientierte und ver- brief stimmt in großen Teilen mit dem der regel- träumte Wertorientierung wie bei den taff.-Sehern mäßigen taff.-Seher überein. Beide Zielgruppen zu finden. Somit stellt taff. für Langnese ein opti- sind materiell, verträumt und lustorientiert und males Werbeumfeld dar. Da die Zuschauer ähnli- lehnen kulturelle Werte ab. Eine Kombinationspo- che Wertvorstellungen vertreten, sollten sie be- sitionierung der regelmäßigen Seher von taff. und sonders offen für Werbung dieser Marke sein. der Hauptverwender von Langnese (Abbildung 6) Aufgrund dieser optimalen Passung könnte bei- zeigt, dass die überbewerteten Begriffe der beiden spielsweise auch ein Sponsoring eine geeignete Zielgruppen sich an annähernd denselben Stellen Kommunikationsform sein. im semantischen Raum befinden. Auch werden eine Mehrzahl von Begriffen wie zum Beispiel Qualitative Mediaplanung materielle Begriffe wie Schmuckstück, Gold und Ruhm oder lustorientierte Begriffe wie Zärtlichkeit In der Praxis wird die Semiometrie im Rahmen und verführen von beiden Personenkreisen glei- der Mediaplanung insbesondere eingesetzt, um chermaßen signifikant überbewertet. für eine ausgewählte Marke qualitativ geeignete Somit lässt sich die Frage, welche Marke am be- Formate für eine Werbeplatzierung zu identifizie- sten in das Umfeld von taff. passt, leicht beant- ren. Ziel jedes Mediaplans ist es, bei gegebenen Budget eine maxi- Abbildung 5: Wertesteckbriefe regelmäßiger Seher taff. und Hauptverwender der vier male Wirkung zu er- Eiscrememarken zielen. Bei der klas- Wertefelder taff. Landliebe Langnese Mövenpick Manhattan sischen Mediapla- nung, die vor allem familiär +++ + ++ mit Kennzahlen wie sozial + +++ ++ TKP, GRP, Net- religiös +++ + toreichweite und materiell +++ +++ + Durchschnittskon- verträumt + + takten arbeitet, kön- lustorientiert +++ ++ -- nen Umfelder über- erlebnisorientiert sehen werden, die kulturell - - +++ aufgrund anderer rational --- Faktoren wie den kritisch - - psychografischen dominant + ++ Merkmalen der Se- kämpferisch - herschaften eben- traditionell - falls eine hohe Affi- = Übereinstimmung mit taff. nität mit den Mar- kenverwendern auf- = Tendenzielle Übereinstimmung mit taff. weisen. Um dies zu
Abbildung 6: Kombinationspositionierung taff. (regelm. Seher) und Langnese (Hauptmarke) vermeiden, kann als Ergänzung zur klassischen den. Ein Abgleich des klassischen Mediaplans mit Planung auf qualitative Methoden der Zielgrup- den qualitativen Empfehlungen aus Semiometrie penanalyse wie die Semiometrie oder auch die kann die endgültige Sendungsauswahl für den Sinus-Milieus zurückgegriffen werden. Mit Se- Mediaplan erleichtern. Neben der Identifikation miometrie kann geprüft werden, ob die durch die weiterer geeigneter Formate, die ebenfalls für eine klassische Mediaplanung identifizierten Umfelder Belegung in Erwägung gezogen werden können, tatsächlich die gewünschte Zielgruppe anspre- wird der klassische Mediaplan nochmals qualitativ chen und ob es vielleicht weitere Umfelder gibt, beurteilt. So können die potenziellen Zielgruppen die bisher nicht berücksichtigt wurden. des jeweiligen Produktes gezielter angesprochen Bei der qualitativen Planung mit Semiometrie und somit die Effektivität der Kampagne gesteigert muss allerdings beachtet werden, dass sie immer werden.Differenziertere Zielgruppenansprache nur als Ergänzung und nicht als Ersatz der klassi- schen Planung dienen kann. Auch muss bei einer Wie an dieser Betrachtung der Zuschauer von Integration weiterer semiometrisch ermittelter Boulevardmagazinen zu sehen ist, kann eine psy- Umfelder immer in einem zweiten Schritt geprüft chografische Charakterisierung von Zielgruppen werden, ob sie den Auswahlkriterien der klassi- wichtige, über die Soziodemografie hinaus ge- schen Planung, wie zum Beispiel der Wirtschaft- hende Einblicke ermöglichen. Zwar ist die klassi- lichkeit, gerecht werden. sche, soziodemografische Analyse in der Regel Mit Hilfe der Semiometrie kann der Mediaplaner die Grundlage einer Zielgruppenbeschreibung, neue, über die Soziodemografie hinausgehende aber allein verwendet birgt sie die Gefahr, wichti- Einblicke in die Zielgruppe seines Produktes ge- ge Unterschiede zu übersehen. So können nur winnen. Wie am Beispiel der Eiscreme-Marken zu auf Basis von Faktoren wie Alter, Geschlecht und sehen war, können sich soziodemografisch ähnli- Bildung schwer Aussagen über die Marken- oder che Zielgruppen semiometrisch stark unterschei-
auch Sendungspräferenzen einer Person getrof- Literatur fen werden. Deutsch, E.: Sémiomètrie: une nouvelle aproche Ein Grund für die immer stärkere Nutzung qualita- de positionnement et de segmentation. In: Revue tiver Methoden zur Zielgruppenbeschreibung ist Française du Marketing, Vol. 5/1989, S. 5-16. die andauernde Fragmentierung der Märkte. Mit immer mehr Produkten und Angeboten, die mit Holbrook, M. B.: Consumer Value. A Framework stets neuen USPs immer differenziertere Ziel- for Analysis and Research. London/New York 1999. gruppen ansprechen wollen, werden die Konsu- menten täglich konfrontiert. Damit ein Produkt Kahle, L.R./Kennedy, P.: Using the List of Values Erfolg haben kann, ist eine ausdifferenzierte, ge- (LOV) to Understand Consumers. In: Journal of nau auf die Zielgruppe abgestimmte Ansprache Services Marketing, 4/1988, S. 49-56. eine entscheidende Voraussetzung. Diese ist mit einer rein soziodemografischen Beschreibung Kahle, L.R.: Social Values and Consumer Behav- ior: Research from the List of Values. In: Selig- schwierig zu bewerkstelligen. Nicht zuletzt auf- man, C./Olson, J./Zanna, M.P.: The Psychology of grund der zu beobachtenden Verschiebung der Values: The Ontario Symposium, Vol. 8, Mahwah Werte und Normen in der Bevölkerung, ist von ei- 1996, S.135-151. nem solchen Vorgehen abzuraten. Zielgruppen wie die „jungen Alten“ sind in aller Munde. Wie Petras, A./Griese, U.: Markenführung mit dem semiometrischen Ansatz. In: planung & analyse auch an der Analyse der Boss-Verwender zu se- 4/1999. hen war, vertreten ältere Zielgruppen keineswegs unbedingt konservativere, traditionellere Werte Petras, A./Samland, W.: Soziodemographie und und auch jüngere Zielgruppen sind nicht unbe- Psychographie - Der ganzheitliche Blick auf die dingt immer dynamisch und trendbewusst. Auch Zielgruppe. In: planung & analyse 4/2001. S. 22- an den Zuschauergruppen der Boulevardmagazi- 27 ne und an den Verwendern der verschiedenen Rokeach, M.: The Nature of Human Values. New Eiscreme-Marken ist zu sehen, dass soziodemo- York 1973. grafisch ähnliche Zielgruppen sich in ihren Wer- testrukturen deutlich unterscheiden können. Um Schwartz, S.H.; Bilsky, W.: Toward a Universal eine optimale Markenführung zu gewährleisten, Psychological Structure of Human Values, In: Journal of Personality and Social Psychology, Vol. sollte daher neben der klassischen, soziodemo- 3/1987, S. 550-562. grafischen Zielgruppenanalyse nicht auf eine zu- sätzliche psychografische Beschreibung verzichtet Schwartz, S.H.: Value Priorities and Behaviour: werden. Applying a Theory of Integrated Value Systems, In: Seligman,C.; Olson, J.; Zanna, M.P.: The Psy- chology of Values: The Ontario Symposium, Vol. 8, Mahwah 1996, S.1-24. SevenOne Media: Semiometrie. Der Zielgruppe auf der Spur. München 2001. SevenOne Media: Die Sinus-Milieus 2001. Das neue gesamtdeutsche Modell. München 2002. Steiner, J.F. ;Auliard, O.: La Sémiomètrie: un outil de validation des responses, Paris 1992.
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