Deutschlands Zukunft mit Jugendsozialarbeit gestalten - Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD in der 18 ...
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Deutschlands Zukunft mit Jugendsozialarbeit gestalten Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD in der 18. Legislaturperiode
BAG ÖRT Die Bundesarbeitsgemeinschaft örtlich regionaler Träger der Jugendsozialarbeit e.V. (BAG ÖRT) ist ein bundesweiter Zusammenschluss freier und weltanschaulich unab- hängiger Träger der Jugendsozialarbeit. Dem satzungsmäßigen Zweck des Vereins folgend nehmen wir Stellung zum Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode und be- werten wichtige politische Vorhaben aus der Sicht der Jugendsozialarbeit. Die BAG ÖRT ist ursprünglich aus der Trägergruppe der kommunal-staatlichen Einrich- tungen der Jugendsozialarbeit, die 1949 gegründet wurde, entstanden. Unserer histori- schen Entwicklung entsprechend betrachten wir die Vorhaben der Bundesregierung insbesondere unter dem Aspekt einer starken Jugendsozialarbeit in starken Kommu- nen. Deutschlands Zukunft mit Jugendsozialarbeit gestalten Jugendsozialarbeit ist Teil der Jugendhilfe mentation führen wir folglich aus Adressa- und im SGB VIII verankert. § 1 Abs.1 SGB tensicht und fordern die Bundesregierung VIII postuliert: auf, die Zielgruppe nach § 13 SGB VIII als wichtigen Teil ihrer Anstrengungen zur „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Gestaltung Deutschlands Zukunft zu be- Förderung seiner Entwicklung und auf trachten. Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlich- keit.“ „Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Würde Jugendhilfe ausreichend präventiv Überwindung individueller Beeinträchti- arbeiten, müssten wir über viele Dinge gungen in erhöhtem Maße auf Unterstüt- nicht sprechen, bräuchten sehr viel Geld zung angewiesen sind, sollen im Rahmen nicht ausgeben und müssten weniger der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen Papier beschreiben. Zum Beispiel: Inklu- angeboten werden, die ihre schulische sion ist notwendig, weil Gesellschaft und und berufliche Ausbildung, Eingliederung Politik Exklusion zulassen. Junge Men- in die Arbeitswelt und ihre soziale Integra- schen können nicht selbst entscheiden, tion fördern.“ (§ 13 Abs. 1 SGB VIII) wo ihre Wiege steht, mit welchen indivi- duellen Dispositionen sie geboren wer- den, in welchem Umfeld bzw. in welcher Inklusion sollte im Koalitionsvertrag be- Region sie aufwachsen dürfen und wel- ginnen. Wir vermissen deutliche Positio- che Kommunal-, Landes- oder Bundespo- nierungen und Lösungsansätze für die litik über ihr Wohl und Wehe entscheidet. Zielgruppe nach § 13 SGB VIII. Wir for- Exklusion ist ein hausgemachtes Gesell- dern die Bundesregierung auf, vor allem schaftsphänomen. Um das zu ändern sind für die jungen Menschen, die die Gesell- alle gefragt: Eltern, Schule, Wirtschaft und schaft exkludiert hat, umgehende und Politik. erfolgversprechende Maßnahmen zu ei- ner ehrlichen Inklusion zu ergreifen und Das Grundverständnis unserer Arbeit und dafür zu sorgen, dass Exklusion präventiv Bewertung des Koalitionsvertrages be- verhindert wird. gründet sich im SGB VIII und hier insbe- sondere im § 13 SGB VIII. Unsere Argu- 2 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18. Legislaturperiode
BAG ÖRT Starke Jugendsozialarbeit in starken Kommunen ne, aber auch auf Landes- und Bundes- Jugendsozialarbeit in ebene voranzutreiben.1 kommunaler Verantwor- Die BAG ÖRT unterstützt den Dialog zur besseren Nutzung der vorhandenen In- tung strumente auf bundesweiter und kommu- Die Bundesregierung sieht eine wichtige naler Ebene und steht mit ihrer Fachex- Aufgabe in der Weiterentwicklung der pertise zur Verfügung. Kinder- und Jugendhilfe (4.1 Kinder- und Jugendhilfe). Wir fordern die flächendeckende und um- fassende Nutzung der vorhandenen Wir stimmen dem Koalitionsvertrag zu, Steuerungsinstrumente der Jugendhilfe dass starke Jugendämter und verlässliche für die Jugendsozialarbeit. Partnerschaften der Jugendhilfe gebraucht werden. Wir befürworten die Stärkung der Rechte der jungen Menschen und Familien in der Dies ist aus unserer Sicht eine wichtige Jugendhilfe und begrüßen, dass durch Voraussetzung für eine starke Jugendso- Jugendhilfestrukturen wie zum Beispiel zialarbeit. Bund, Länder und Kommunen die Jugendhilfeausschüsse und die Ju- verantworten dabei gemeinsam die Ju- gendhilfeplanung die Partizipation junger gendsozialarbeit vor Ort. Der kommuna- Menschen erhöht werden soll. Die Be- len Ebene kommt in Hinblick auf die Pla- dürfnisse der Zielgruppe nach § 13 SGB nung, Steuerung und Umsetzung von VIII müssen besonders beachtet werden, Jugendsozialarbeit eine besonders wich- denn sie benötigen besondere Partizipa- tige Rolle zu. tionsformen (5.2 Bürgerrechte). Dem Koalitionsvertrag folgend sollen die Nach dem Koalitionsvertrag soll die Kin- Steuerungsinstrumente der Jugendämter der- und Jugendhilfe in einem strukturier- verbessert und die Rechte von Kindern ten Prozess zu einem „inklusiven, effizien- und Familien gestärkt werden (4.1 Kinder- ten und dauerhaft tragfähigen und und Jugendhilfe). belastbaren Hilfesystem“ ausgebaut wer- Es stehen bereits gute Steuerungsinstru- den und ein Qualitätsdialog dazu mit Län- mente wie zum Beispiel Jugendhilfepla- dern, Kommunen und Verbänden geführt nung, Jugendhilfeausschüsse und Ar- werden (4.1. Kinder- und Jugendhilfe). Ein beitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII stärkerer Dialog zwischen kommunaler in den Kommunen und auf Landesebene Ebene, Landes- und Bundesebene zur zur Verfügung. Entscheidend ist die flä- Kinder- und Jugendhilfe ist aus unserer chendeckende und umfassende Nutzung Sicht wichtig. Wir vertreten die Zielgruppe vorhandener Steuerungsinstrumentarien der Jugendhilfe für die Jugendsozialar- beit, insbesondere auf kommunaler Ebe- 1 Vgl. BAG ÖRT (Hrsg.) (2013): „Starke Jugendso- zialarbeit in kommunaler Verantwortung – Eine Handreichung für die Praxis“: http://www.bag- oert.de/webfm_send/656 3 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CDU und SPD in der 18. Legislaturperiode
BAG ÖRT des § 13 SGB VIII anwaltschaftlich und mögliche Schaffung einer übergeordneten beteiligen uns an diesem Dialog. Systematisierung und mehr Transparenz.2 Doch nur eine Vielfalt von Angeboten und Effizienz unterstützen wir im Sinne des eine Binnendifferenzierung von Angebots- Ausspruchs „Die richtigen Dinge tun!“ – elementen ermöglichen einen erfolgrei- also bedarfsgerechte, individuelle Ange- chen Übergang von der Schule in den bote in kommunaler Verantwortung zu Beruf für alle jungen Menschen. garantieren und nicht im Sinne einer Ein- sparung der Mittel zu Lasten junger Men- Wir stimmen der Forderung nach mehr schen (4.1 Kinder- und Jugendhilfe). Systematisierung und Transparenz zu, Wir begrüßen einen Qualitätsdialog zur fordern aber die Beibehaltung von Vielfalt Jugendhilfe mit Ländern, Kommunen und und Binnendifferenzierung der Angebote. Verbänden mit dem Ziel bedarfsgerechte, individuelle Angebote in kommunaler Ver- Die vollqualifizierende Berufsausbildung antwortung bereitzustellen. kann dabei ein wichtiges Ziel sein. Ange- bote, die jungen Menschen den Berufs- einstieg auch niedrigschwelliger ermögli- Übergangssystem(e) chen oder auf eine Berufsausbildung vorbereiten, sind aus unserer Sicht zwin- Schule–Beruf gend zu erhalten. Im Koalitionsvertrag Die Bundesregierung möchte die Maß- wird vereinbart, dass die Angebote der nahmen des Übergangssystems und zur „Bildungsketten“ und der „Berufsein- Förderung beruflicher Ausbildung ge- stiegsbegleitung“ ausgebaut werden sol- meinsam mit den Ländern überprüfen und len (1.2 Chance Beruf). Diese Programme auf eine vollqualifizierende betriebliche setzen an der bedeutenden Schnittstelle Berufsausbildung ausrichten (1.2 Allianz Schule an und sind wichtige Programme für Aus- und Weiterbildung). Die Über- der Berufsorientierung und des Über- gänge von der Schule in den Beruf wer- gangs. Die Träger der Jugendsozialarbeit den vor Ort gestaltet. Nicht nur der Bund sind bei der Umsetzung dieser Angebote und die Länder sollten aus diesem Grund Partner in der engen Zusammenarbeit mit an einer Überprüfung des Übergangssys- Schulen. Ebenso ist es wichtig, dass die tems beteiligt sein, sondern die Kommu- Zusammenarbeit der Jugendsozialarbeit nen müssen in diese Prozesse miteinbe- mit Wirtschaft und Betrieben gestärkt wird zogen werden. und hier gute Kooperationen entstehen. Wir fordern die Kommunen in die Über- Wir begrüßen den Ausbau von Berufsori- prüfung der Maßnahmen des Übergangs- entierung und Berufseinstiegsbegleitung systems einzubeziehen und kritisieren die und die enge Zusammenarbeit mit Schule Planung, dies nur im Dialog zwischen und befürworten eine engere Zusammen- Bund und Ländern durchzuführen. arbeit mit der Wirtschaft. Der regionale Bedarf an Angeboten und Der Koalitionsvertrag legt fest, dass wei- die individuellen Ausgangssituationen der terhin Länder und Kommunen durch die jungen Menschen sind höchst unter- modellhafte Erprobung am Übergang schiedlich. Regionale Vielfalt, die Beach- Schule Beruf unterstützt werden sollen, tung lokaler Strukturen und der Bedürfnis- um sozialpädagogische Einzelberatung se insbesondere sozial benachteiligter und Einzelbegleitung am Übergang Schu- und individuell beeinträchtigter junger le-Beruf zu erhalten (4.1 Jugendsozialar- Menschen ist aus unserer Sicht notwen- dig. Wir befürworten eine Überprüfung 2 des Übergangssystems in Hinblick auf die Vgl. BAG ÖRT (Hrsg.) (2012): „Übergänge in kommunaler Verantwortung – bedarfsgerecht, anschlussorientiert, individuell und partizipativ!“: http://www.bag-oert.de/webfm_send/638 4 Empfehlungen der BAG ÖRT – zur Reform des Übergangs Schule – Beruf
BAG ÖRT beit, Ausbildung, Chancengleichheit för- hen und eine übergeordnete Koordinie- dern). rung der Leistungen durch die Kommune erfolgt. Wir fordern die verbindliche, langfristige und bundesweite Verankerung der Indivi- duellen Begleitung in die Hilfesystematik unter Beteiligung des Bundes. Europäische und interna- tionale Jugendsozialar- Die Individuelle Begleitung ist ein beson- ders wichtiges Angebot im Übergangssys- beit tem für die Zielgruppe nach § 13 SGB VIII, denn die Übergangsbegleiter/innen Junge benachteiligte Menschen haben sind wichtige „Mittler“ zwischen dem jun- noch zu wenige Chancen, positive Erfah- gen Menschen und dem Hilfesystem. Die rungen durch einen Auslandsaufenthalt zu Bedeutung und Wirksamkeit wurden be- sammeln und sich hierdurch zu entwi- reits durch vielfältige modellhafte Erpro- ckeln und zu lernen. Aus diesem Grund bungen wie zum Beispiel im Programm begrüßen wir die Absicht der Regierung, „Kompetenzagenturen“ und „Schulverwei- dass bisher unterrepräsentierte Gruppen gerung – Die 2.Chance“ bestätigt.3 Die insbesondere im internationalen Aus- individuelle Begleitung am Übergang tausch gefördert werden sollen. Die Ziel- muss unter Beteiligung des Bundes ver- gruppe nach § 13 SGB VIII gehört aus bindlich, langfristig und bundesweit in die unserer Sicht zu diesen jungen Menschen Hilfesystematik integriert werden. Die und benötigt besondere Rahmenbedin- Kommunen sind bei der Verstetigung der gungen und Unterstützung, um in Zukunft Modellstandorte zu unterstützen. Darüber stärker von internationaler Lernmobilität hinaus befürworten wir weitere modellhaf- zu profitieren. te Erprobungen im Bereich der Jugendso- zialarbeit und ihre Initiierungsfunktion Wir fordern besondere Rahmenbedingun- durch den Bund. gen und Unterstützung zur Förderung internationaler Lernmobilität für die Ziel- Nach dem Koalitionsvertrag sollen „Ju- gruppe nach § 13 SGB VIII. gendberufsagenturen“ flächendeckend eingeführt werden, und so die Leistungen Wir möchten diesen Prozess unterstützen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und und unsere Erfahrungen und Erkenntnis- VIII für unter 25-Jährige gebündelt werden se einbringen. Wir vertreten bei der Aus- (2.1 Übergang Schule–Ausbildung– gestaltung des Jugendkapitels des EU- Beruf). Gemeinsame Anlaufstellen, die die Programms „Erasmus+“ die Belange un- Leistungen dieser Gesetzbücher bündeln, serer Zielgruppe und begrüßen daher die sind aus unserer Sicht gute Modelle, um Absicht der Bundesregierung, hier außer- die Abstimmung vor Ort zu optimieren und schulische Akteure miteinzubeziehen (4.1 jungen Menschen schnelle, bedarfsge- Europäische und internationale Jugend- rechte Hilfe anzubieten. Es ist allerdings arbeit). wichtig, dass die Ziele der Jugendhilfe, insbesondere die soziale und berufliche Die Bundesregierung plant insgesamt, Integration, im Fokus der Angebote ste- den Anteil der Jugendlichen zu verdop- peln, die während ihrer Ausbildung einen Auslandsaufenthalt absolvieren. Außer- 3 dem möchte sie die Entwicklung interkul- Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, tureller Kompetenzen erhöhen und Ver- Frauen und Jugend (2013): Abschlussbericht der Evaluation des ESF-Programms „Kompetenzagen- fahren entwickeln, informell erworbene turen“ http://www.jugend- Kompetenzen zu entwickeln und zu er- staer- proben, die zu Transparenz und Anerken- ken.de/fileadmin/inhalt_dokumente/Abschlussberic nung führen (1.2 Kompetenzen anerken- ht-Kompetenzagenturen.pdf 5 Empfehlungen der BAG ÖRT – zur Reform des Übergangs Schule – Beruf
BAG ÖRT nen und Internationale Bildungskooperati- ge für das Gelingen der Berufseinstiegs- on). begleitung (BerEb) dar. Maßnahmen zur BerEb werden jedoch über Ausschreibun- Wir fordern, Auslandsaufenthalte mit dem gen der Agentur für Arbeit vergeben. In- Ziel Arbeitserfahrungen zu sammeln, für folge dessen kommt es häufig zu Wech- alle jungen Menschen am Übergang seln der durchführenden Träger und damit Schule Beruf zu ermöglichen und dort zu diskontinuierlichen Kontakten für die erworbene Kompetenzen anzuerkennen. jungen Menschen. Die Zielgruppe nach § 13 SGB VIII braucht aber eine intensive Die Möglichkeit, Lern- und Arbeitserfah- und individuelle Betreuung, die dauerhaft rung im Ausland zu sammeln, darf nicht und kontinuierlich durchgeführt wird. nur für die jungen Menschen bereitgestellt Durch eine stringente Begleitung müssen werden, die sich bereits in einer Ausbil- wichtige Informationen zudem nicht dop- dung befinden, sondern insgesamt für alle pelt erhoben werden bzw. können nicht jungen Menschen am Übergang von der verloren gehen. Die Betreuung der Ju- Schule in den Beruf, insbesondere für die gendlichen erweist sich zusätzlich als Zielgruppe nach § 13 SGB VIII. Die so positiv, wenn die Fachkräfte in bestehen- erworbenen Kompetenzen müssen im de lokale Netzwerke integriert sind. Eine weiteren Bildungsverlauf anerkannt wer- große Bedeutung haben verlässliche den. Partner bei der Integration dieser leis- Die Bundesregierung beabsichtigt, die tungsschwächeren Jugendlichen ins Be- Jugendpolitik auch in der europäischen rufsleben für zukünftige Ausbildungsbe- Dimension durch Europaschulen, eine triebe. erhöhte Jugendmobilität und Jugendwer- ke zu stärken mit dem Ziel, eine lebendige Wir begrüßen jede Aktivität, die auch den europäische Demokratie zu schaffen (6., jungen Menschen eine 2. Chance auf Demokratisches Europa). Berufsausbildung gibt, die eine erste Chance entweder nie hatten oder noch Bei der Umsetzung dieses wichtigen Vor- nicht erfolgreich nutzen konnten. habens fordern wir die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Zielgrup- Für einen Erfolg dieser Förderung spielt pe nach § 13 SGB VIII ein. eine Verbesserung der finanziellen Rah- menbedingungen eine große Rolle. Da die Zielgruppe in der Altersstruktur sowie in Bezug auf die Lebenssituation in ho- Chance Beruf hem Maße heterogen ist, von sozial be- Leistungsschwächere Jugendliche sollen nachteiligten jungen Menschen bis zu über die Berufseinstiegsbegleitung Unter- StudienabbrecherInnen reicht, müssen stützung beim erreichen ihres Schulab- die Angebote auf die jeweilige Zielgruppe schlusses und bessere Chancen beim ausgerichtet sein (2.1 Beschäftigungs- Übergang von der Schule in den Beruf chancen verbessern/Übergang Schule– erhalten (1.2 In Deutschlands Zukunft Ausbildung–Beruf). investieren / Chance Beruf). Wir empfehlen, die Suche nach den Spät- Wir betrachten die Berufseinstiegsbeglei- startern auf die jeweilige Zielgruppe aus- tung als ein sinnvolles Instrumentarium für zurichten. diese Zielgruppe und begrüßen die Ab- sicht der Bundesregierung, diese flächen- Damit die Integration in den Arbeitsmarkt deckend auszubauen. gelingt, sollten auch potenzielle Arbeitge- berInnen für die Unterschiedlichkeiten Bindung und Beziehung zwischen den sensibilisiert werden und Ihnen Unterstüt- durchführenden Fachkräften und den Ju- zungsangebote zur Integration dieses gendlichen stellen eine wichtige Grundla- Klientel aufgezeigt werden. In Bezug auf 6 Empfehlungen der BAG ÖRT – zur Reform des Übergangs Schule – Beruf
BAG ÖRT das Durchhaltevermögen können Träger und Ressourcen und dem sozialpädago- der Jugendberufshilfe mit ihren langjähri- gischen Hilfebedarf, zusätzlich Hilfen zur gen Erfahrungen in der Arbeit mit benach- sozialen Integration anzubieten und die teiligten und individuell beeinträchtigten Jugendlichen in ihren bestehenden Fä- Jugendlichen und jungen Erwachsenen higkeiten zu stärken. Dies kann zur Ver- eine wichtige Rolle spielen. besserung der Ausbildungsqualität und zur Vermeidung von Ausbildungsabbrü- chen bei dieser sehr heterogenen Ziel- gruppe beitragen (1.2 In Deutschlands Aus- und Weiterbildung Zukunft investieren/Allianz für Aus- und Der wachsende Bedarf an Fachkräften Weiterbildung). kann eine Chance für Jugendliche sein, Nicht alle jungen Menschen sind in eine die einen besonderen Unterstützungsbe- voll qualifizierende betriebliche Berufs- darf mitbringen. Bei der Umsetzung einer ausbildung integrierbar. Ein gut funktionie- Ausbildungsplatzgarantie darf es nicht rendes Übergangssystem ist deshalb für darum gehen, die fehlende Ausbildungs- die Zielgruppe nach § 13 SGB VIII weiter- bereitschaft von Betrieben mit Plätzen an hin wichtig. Dabei kann auf die pädagogi- Berufsschulen zu kompensieren, damit sche Kompetenz und Erfahrung der Trä- jedem Ausbildungsplatz suchenden Ju- ger in der Ausbildung dieser jungen gendlichen ein Angebot gemacht werden Menschen zurückgegriffen werden. kann (1.2 In Deutschlands Zukunft inves- tieren/Allianz für Aus- und Weiterbildung). Eine gesetzlich verankerte Ausbildungs- Jugendliche mit Förderbedarf müssen so garantie muss auch die lokalen Akteure betriebsnah wie möglich ausgebildet bzw. mitnehmen (1.2. In Deutschlands Zukunft auf einen Ausbildungsplatz vorbereitet investieren/Allianz für Aus- und Weiterbil- werden. dung). Aufbauend auf bestehenden Netz- werken gilt es, ein breites Bündnis lokaler Schulische Maßnahmen im VerantwortungsträgerInnen und Fachver- Übergangsbereich sind für diese treterInnen aus Wirtschaft, Bildung und Zielgruppe (teilweise schulmüde bzw. von Jugendhilfeträgern aufzustellen, das schulabsente junge Menschen) nicht die Ausbildungsgarantie im Sinne der Ju- geeignet. Stattdessen sollten die gendlichen umsetzt. Die Steuerung der betriebsnahe bzw. duale Ausbildung mit lokalen und regionalen Prozesse sollte Formen der assistierten Ausbildung durch die Kommunen umgesetzt werden. gestärkt werden (1.2 In Deutschlands Hierzu muss die kommunale Verantwor- Zukunft investieren/Chance Beruf). Klein- tung gestärkt und die Kommunen mit ent- und Kleinstbetriebe sind für Formen der sprechenden Ressourcen ausgestattet Assistierten Ausbildung offen, wenn lang- werden. fristige "Kümmerer" vorhanden sind, die sich aus lokalen Netzwerken speisen. KMU müssen sich verlassen können. Das Ziel der Bundesregierung, junge Menschen mit Behinderungen in eine Be- Wir fordern, die fehlende Ausbildungsbe- rufsausbildung einzugliedern, bewerten reitschaft von Betrieben nicht mit Ausbil- wir als positiv (1.2 In Deutschlands Zu- dungsplätzen an Berufsschulen zu kom- kunft investieren/Allianz für Aus- und Wei- pensieren und empfehlen die Stärkung terbildung). Im Vordergrund muss der der betriebsnahen bzw. dualen Ausbil- einzelne Mensch mit seinen Wünschen dung durch Formen der Assistierten Aus- und Möglichkeiten stehen und nicht seine bildung. wirtschaftliche Verwertbarkeit in Zeiten von Fachkräftemangel. Entsprechend § 13 (1) SGB VIII gilt es dabei, diesen Jugendlichen, ausgehend Die Bundesregierung stuft die Jugendar- von den jeweiligen Bedarfen, Interessen beitslosigkeit in Europa als zu hoch ein 7 Empfehlungen der BAG ÖRT – zur Reform des Übergangs Schule – Beruf
BAG ÖRT und möchte deshalb die Europäische Ju- Anforderungen, die oftmals noch nicht gendgarantie umsetzen und dadurch jun- ausreichend bedacht sind. ge Menschen unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten nach Abschluss ihrer Wir fordern, bei der Umsetzung des Ziels Ausbildung oder nachdem sie arbeitslos „Ausbildung für alle!“ auf die hohen Mobili- geworden sind, in Beschäftigung, Bildung tätserfordernisse von Jugendlichen in oder Ausbildung bringen (6. Starkes Eu- ländlichen Räumen zu achten. ropa/Soziale Dimension stärken, Be- schäftigung schaffen, Jugendarbeitslo- Denn wenn junge Menschen im Sozial- sigkeit bekämpfen). raum zunehmend weniger vertreten und auch sichtbar sind, hat dies zahlreiche Wir befürworten die geplante Gemein- Auswirkungen auf die Infrastruktur. Im schaftsaktion von Unternehmen, Gewerk- ländlichen Raum stellt der Schülerverkehr schaften und den Mitgliedstaaten der EU. den größten Anteil bei der Nutzung des ÖPNV. Wenn die SchülerInnenzahlen Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosig- sinken, wird sich die Nachfrage nach dem keit in Europa ist ein dringendes Problem, ÖPNV ebenfalls reduzieren. ist aber allein mit Mitteln der Arbeits- Schon jetzt sind im ländlichen Raum Aus- marktpolitik nicht zu lösen. Deshalb be- bildungsstandorte oft nur unter großen fürworten wir die geplante Gemein- Schwierigkeiten zu erreichen, da der öf- schaftsaktion von Unternehmen, fentliche Nahverkehr große Angebotslü- Gewerkschaften und den Mitgliedstaaten cken aufweist. Auch Angebote von Ju- der Europäischen Union. Auch Program- gendhilfe, Arbeitsagentur, Beratung zu me für Existenzgründer sind bei der unterschiedlichsten Problemlagen sind in Schaffung von Ausbildungsplätzen und der Regel nicht direkt vor Ort verfügbar. Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugend- Für deren Erreichbarkeit sind ebenfalls liche und junge Erwachsene eine hilfrei- gute Mobilitätsangebote von großer Be- che Möglichkeit. deutung. Bei der Schaffung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur muss deshalb auf die besondere Situation in den ländlichen Infrastruktur–Verkehr Räumen geachtet werden (1.3 In Deutschlands Zukunft investieren: Infra- Eine kohärente Förderung mit dem Ziel struktur/ Verkehr). Konzeptionen von Mo- der „Ausbildung für alle!“ steht angesichts bilitätsangeboten müssen unter Berück- des wirtschaftsräumlichen und demogra- sichtigung der spezifischen Bedingungen phischen Strukturwandels insbesondere vor Ort entwickelt und mit entsprechenden in ländlichen Regionen vor besonderen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden. 8 Empfehlungen der BAG ÖRT – zur Reform des Übergangs Schule – Beruf
BAG ÖRT Deutschlands Zukunft mit Jugendsozialarbeit gestalten - keine Vision, sondern Auftrag D ie BAG ÖRT begrüßt die konkre- Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe ten Vorhaben der Bundesregie- (B) kann deshalb nicht weiter von den rung, die Kinder- und Jugendhilfe Kommunen und Ländern im Rahmen der zu stärken. Für Lebenslagen und Lebens- bestehenden Verteilung der zur Verfügung situationen junger Menschen tragen Poli- stehenden staatlichen Mittel auf Bund, tik und Gesellschaft Verantwortung. Länder und Kommunen getragen wer- Verantwortungsvolle Kinder- und Jugend- den.“4 politik garantiert für alle jungen Menschen gleiche soziale, kulturelle, ökonomische Die BAG ÖRT erwartet von der Bundes- und ethische Lebens- und Entwicklungs- regierung, dass sie die Empfehlungen und bedingen und berücksichtigt ihre Bedürf- Forderungen des Bundesrates umsetzt nisse und Interessen. und bei der Umsetzung des Koalitionsver- trages dahingehend Vorsorge für die Kin- Bereits am 03.05.2013 stellt der- und Jugendhilfe trifft, der Bundesrat in seinem Be- dass kein junger Mensch schluss zum 14. Kinder- und Starke Jugend- in seiner Entwicklung be- Jugendbericht4 fest, dass den sozialarbeit in einträchtigt oder von Bil- Jugendämtern eine zentrale starken Kommu- dung, Teilhabe und Partizi- Rolle für Fragen des Auf- wachsens beizumessen ist nen – Jugendso- pation kann. exkludiert werden und sie zu lokalen strategi- zialarbeit nach schen Zentren für Fragen des §13 SGB VIII ist Die BAG ÖRT fordert Aufwachsens weiterzuentwi- ckeln sind. Der Bundesrat ein wichtiger Be- Bund, Länder und Kom- munen auf, in der laufen- resümiert, dass es auch um standteil zur Ge- den Legislaturperiode bes- die (Wieder-)Herstellung der staltung Deutsch- sere Rahmenbedingungen strategischen, planerischen für die Erfüllung des § 13 und organisatorischen Kom- lands Zukunft. SGB VIII zu schaffen. Ju- petenzen und Kapazitäten der gendsozialarbeit und Ju- Jugendämter geht. Wohlgemerkt: bereits gendberufshilfe sind originäre Aufgaben im Mai 2013 fordert der Bundesrat die der Jugendhilfe. Dazu gehört auch, dass Bundesregierung auf, „mit den Ländern in die Kommunen die Verantwortung der Verhandlung über eine den Lasten ange- kommunalen Steuerung übernehmen messene Verteilung der Ressourcen ein- (können) und die Erfüllung des Subsidiari- zutreten.“4 Damit reagiert der Bundesrat tätsgebotes gewährleisten. auf den zu erwartenden Aufgabenzu- wachs, der mit deutlich mehr Ausgaben für die Kommunen verbunden ist. „Die Dr. Frank Elster 4 Beschluss 03.05.2013 Beschluss des Bundesra- Vorstandsvorsitzender BAG ÖRT e.V. tes zum Bericht 14. Kinder- und Jugendbericht 9 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18.Legislaturperiode
BAG ÖRT Die Bundesarbeitsgemeinschaft örtlich regionaler Träger der Jugendsozialarbeit (BAG ÖRT) ist ein institutioneller Zusammenschluss von zurzeit etwa 80 Einrichtungen der Jugendsozialarbeit. Sie versteht sich als Plattform für die fachliche und politische Meinungsbildung bzw. Meinungsäußerung der ihr angeschlossenen Träger und unter- stützt ihre Mitglieder bei der Verwirklichung ihrer Aufgabe der sozialen und beruflichen Integration sozial benachteiligter und individuell beeinträchtigter junger Menschen. www.bag-oert.de 10 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18.Legislaturperiode
Impressum Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft örtlich regionaler Träger der Jugendsozialarbeit e. V. (BAG ÖRT) Marienburger Straße 1 D · 10405 Berlin Tel.: 030 40 50 57 69 -0 Fax: 030 40 50 57 69 -19 E-Mail: info@bag-oert.de Internet: www.bag-oert.de Vorsitzender: Dr. Frank Elster Geschäftsführerin: Angela Werner Gefördert aus Mitteln des Berlin, 31. März 2014 11 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18.Legislaturperiode
Notizen 12 Stellungnahme der BAG ÖRT zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18.Legislaturperiode
Bundesarbeitsgemeinschaft örtlich regionaler Träger der Jugendsozialarbeit e. V. (BAG ÖRT) Marienburger Straße 1 D 10405 Berlin www.bag-oert.de
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