Breaking Bad - das Böse stirbt!?

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Breaking Bad - das Böse stirbt!?
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Werner C. Barg

Breaking Bad –
das Böse stirbt!?

     In der Mitte der fünften und damit finalen Staffel der US-   gung mehr erkennen. Und doch gelingt es den Machern der
     Serie Breaking Bad ist die Verabredung mit dem Zuschauer,    Serie, das moralische „Ansehen“ ihres Antihelden bis zum
     eine Hauptfigur wenn schon nicht identifikatorisch so doch   Ende der Serie zu erretten und sogar ein Finale zu schaffen,
     wenigstens mit Empathie begleiten zu dürfen, vollständig     dessen Akzeptanz beim Publikum im US-Fernsehen sensatio-
     durchbrochen. Der Zuschauer kann für die Gewalttaten des     nell war. Mit welchen Erzählstrategien und Moraltransfers
     Walter White alias Drogenboss „Heisenberg“ zu diesem         gelingt dies? Dieser Frage geht der zweite Beitrag unserer
     Zeitpunkt der Serienerzählung keine moralische Rechtferti-   Artikelreihe zu Gewalt und Moral in TV-Serien nach.

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Vom Durchschnittsbürger zum Massenmörder                      genialer Chemiker ist, der fast reines Methamphetamin                    Anmerkungen:

                                                              herzustellen versteht, auf das nun alle Drogenkartelle                   1
Am Beginn im unteren Bereich der Quotenskala des US-          scharf sind.                                                             US-Ouoten: Mehr als
                                                                                                                                       10 Mio. für Breaking Bad.
Fernsehens mit 1 bis 2,2 Mio. Zuschauern angesiedelt,             Im Verlauf der Handlung kommt heraus, dass Walter                    Abrufbar unter:
entwickelte sich die Serie Breaking Bad bis hin zu ihrer      einst mit seiner damaligen Freundin Gretchen eine Reihe                  http://www.serienjunkies.
                                                                                                                                       de/news/quoten-millionen-
Finalfolge zum Quotenrenner und schaffte mit über             lukrativer chemischer Patente entwickelt hatte. Nach                     breaking-bad-53717.html
10 Mio. Zuschauern sogar einen Überraschungserfolg1,          dem Bruch der Beziehung mit Walter heiratete Gretchen
der im US-Fernsehen einmalig ist. Mittlerweile ist Brea-      Elliott Schwartz. Gemeinsam booteten sie Walter aus und
king Bad zur Kultserie avanciert, gehört weltweit zu den      beuteten dessen Patente mit hohen finanziellen Gewin-
Hits im DVD-Verkauf und -Verleih sowie im Video-on-           nen aus. Walter verabschiedete sich daraufhin aus der
Demand-Segment, in den USA besonders über Netflix.            „freien Wirtschaft“ und wurde Lehrer.
    Bezogen auf die Erzählinhalte dürfte ein Faktor für           Bis hierhin bietet die Figur des Walter White einem
den Erfolg der Serie eine besonders große Rolle gespielt      Massenpublikum eine Reihe von Identifikationsangebo-
haben: die fiktionale Wunscherfüllung. Das heißt: Eine        ten: Er steht als moralisch integre Figur dar, als ein Mann,
Figur, mit der sich viele Zuschauer identifizieren können,    der trotz seines Talents und seiner herausragenden Fä-
durchlebt, was sich viele vielleicht auch einmal für ihr      higkeiten aufgrund einer bösen Intrige um Erfolg und
Leben wünschen, in Wirklichkeit aber niemals realisieren      Reichtum gebracht wurde, ein genialer Chemiker, der ein
würden. Walter White (Bryan Cranston), die Hauptfigur         frustrierendes Leben als Chemielehrer fristen muss und
der TV-Serie Breaking Bad, ist eine solche Persönlichkeit.    der nun auch noch mit einer lebensbedrohlichen Krebs-
    Zu Beginn der Serie wird Walter White als liebevoller     diagnose zu kämpfen hat.
Familienvater eingeführt, der sich zusammen mit seiner            Besonders die Krebserkrankung ist für die Charak-
Frau Skyler (Anna Gunn) rührend um den behinderten            terzeichnung der White-Figur der entscheidende drama-
jugendlichen Sohn kümmert. Walter jr. (RJ Mitte) liebt        turgische „Kniff“, um dem Zuschauer auch für Whites
besonders seinen Vater abgöttisch. Skyler erwartet ein        Verbindung mit der Unterwelt des Drogenhandels zu-
zweites Kind. Auch dadurch wächst der ohnehin hohe            nächst eine psychologisch wie moralisch glaubhafte Le-
finanzielle Druck, der auf der Familie lastet, noch weiter.   gitimierung geben zu können: Aufgrund der fehlenden
White verdient als Lehrer so mittelmäßig, dass er noch        sozialen Absicherung kann sich auch die White-Familie
zusätzlich einen Job als Autowäscher in einer Waschstra-      wie viele US-Mittelschichtsfamilien, denen die Deklas-
ße machen muss. Nicht selten wird er von einigen seiner       sierung droht, die teure Antikrebsbehandlung kaum
Schüler, die aus reichem Hause kommen und ihre Protz-         leisten. So verfällt Walt der Idee, seine chemischen Kennt-
schlitten in der Waschstraße waschen lassen, verächtlich      nisse den Drogenbossen zur Verfügung zu stellen und
gemacht und verspottet. Auch Walters Ehe- und Sexleben        unter dem Tarnnamen „Heisenberg“ zusammen mit Jesse
ist mehr als routiniert und verstärkt sein von Frustration    Pinkman hochwertiges Crystal Meth herzustellen. Dabei
und Deklassierung geprägtes Lebensgefühl.                     verstrickt er sich aber sehr schnell zusammen mit Pink-
    Die Familie lebt in der Wüstenstadt Albuquerque in        man immer tiefer in kriminelle Machenschaften, die auch
New Mexico. Die Grenze ist nicht weit und das gesamte         Totschlag und Mord einschließen.
Gebiet ist ein reger Umschlagplatz für Drogen, die von
amerikanisch-mexikanischen Banden über das Grenzge-           Die Doppelmoral des Walter White
biet eingeschmuggelt werden. Die Designerdroge Crystal
Meth ist besonders beliebt. Sie wird u. a. von Jesse Pink-    Walt gerät hierdurch in starken Konflikt mit seinem bis-
man (Aaron Paul) verdealt. Der Kleindealer Pinkman ist        herigen Leben. Er muss seine Handlungen als Drogen-
ein ehemaliger Schüler von Walter White. Zufällig be-         dealer „Heisenberg“ vor seiner Familie, vor Skyler und
gegnen sich die beiden wieder, als Hank Schrader (Dean        Walter jr., aber auch vor seinem Schwager Hank geheim
Norris), ein Drogenpolizist, der mit Skylers Schwester        halten, der als Drogenpolizist langsam beginnt, „Heisen-
Marie (Betsy Brandt) verheiratet ist, seinen Schwager         berg“ und dessen Machenschaften auf die Spur zu kom-
Walter White mit auf eine Patrouillenfahrt nimmt. Wäh-        men.
rend der Razzia von Hank und seinen Leuten kann Pink-             In der Moral des Walter White war die Herstellung
man entkommen. Hierbei wird er von Walter beobachtet,         eines „anständigen Lebens“ aber nur durch seinen Gang
aber nicht verraten.                                          in die Unterwelt möglich geworden. Damit hat sich die
    Walter, der erfahren hat, dass er unheilbar an Lungen-    zunächst sehr realistisch gezeichnete Figur des frustrier-
krebs erkrankt ist, fasst den Plan, mithilfe von Pinkman,     ten Durchschnittsamerikaners im Verlauf der Serien-
den er erpresst, ins Drogengeschäft einzusteigen. Gemein-     handlung zu einer Genrefigur gewandelt: Während die
sam mit Pinkman beginnt er irgendwo in der Wüste in           schillernden Figuren des US-Gangsterfilms wie Edward
einem Campingbus, die rein chemische Droge Crystal            G. Robinsons „Little Caesar“ oder Paul Munis „Scarface“
Meth zu kochen. Dabei stellt sich heraus, dass Walter ein     glaubten, nur als Gangster „ein Stück vom Kuchen“ in

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der Gesellschaft abbekommen zu können (vgl. Seeßlen             Kritik am Bürgertum                                                    2
                                                                                                                                       In diesem Zusammenhang
1977), sieht auch Walter White in einer kriminellen Kar-                                                                               sei am Rande erwähnt, dass
riere die Chance, seine und die gesellschaftliche Position      Doch durch die Doppelbödigkeit der Moral ihrer Haupt-                  in Breaking Bad auch auf
                                                                                                                                       der visuellen Ebene sehr
seiner Familie halten zu können.                                figur formulieren der Produzent, Autor und Regisseur                   stark mit surrealistischen
     Die mit dieser genrespezifischen Botschaft verbun-         der Serie, Vince Gilligan, und sein Breaking Bad-Team                  Elementen gespielt wird.
                                                                                                                                       Die Serie ist ein Fundus an
dene Kritik am Zustand der US-Gesellschaft, die ihren           exemplarisch auch eine sehr fundamentale Kritik am                     Bildexperimenten, die die
Mittelstand vor Deklassierung nicht schützt, wird da-           Bürgertum. Sie führen an der Walter-White-Figur das                    Grenzen und Möglichkeiten
                                                                                                                                       moderner Digitaltechniken
durch verstärkt, dass Skyler, als sie von Walts „Doppel-        Aggressionspotenzial und die Gewaltbereitschaft vor, die               mit ihren neuen, oft kleinen
existenz“ erfährt, nach einigem Zögern und mit großen           in frustrierten Mittelschichtsbürgern schlummern und                   Kameras ausprobieren.

Skrupeln und starkem Schuldgefühl dennoch zu ihm hält           zum Ausbruch kommen kann, wenn sie sozial deklassiert
und sich von ihm sogar in seine kriminellen Aktionen            und gesellschaftlich an den Rand gedrängt werden.
verstricken lässt: Durch den Ankauf der Waschstraße, in             Dieses Unbehagen in die potenzielle Brutalität von
der Walt früher gearbeitet hatte, wäscht sie einen Teil         Teilen des Bürgertums wird aber nicht sauertöpfisch,
von Walts Drogengeld (vgl. Episode 11, Staffel 3).              sondern mit viel schwarzem Humor und großer Span-
     Zuvor hatte Walt gegenüber Skyler seine Handlungen         nung erzählt. Dies ist nicht nur den hervorragenden
in der Unterwelt, deren enorme Gewalttätigkeit und Bru-         Drehbüchern mit ihren doppelsinnigen Dialogen und den
talität er ihr gegenüber stets nur andeutet, damit gerecht-     raffinierten Plotstrukturen zu verdanken, in denen die
fertigt, dass er dies alles nur für seine Familie getan habe,   Autoren klassische Muster des Western, des Gangster-
damit sie nach seinem nahenden Krebstod finanziell              films und des Film Noir modernisieren, sondern in erster
abgesichert sei. Immerhin hat er als Drogenboss „Heisen-        Linie auch Ergebnis des äußerst präzisen und differen-
berg“ 80 Mio. Dollar angehäuft, die er seiner Familie           zierten Schauspiels von Bryan Cranston, der zuvor auch
hinterlassen möchte.                                            schon in komischen Rollen Furore machte, aber auch von
     Walter White präsentiert sich somit über weite Stre-       Aaron Paul, Anna Gunn und Dean Norris.
cken der Serienerzählung in seinem Selbstbild als typi-             Im Aufdecken der bürgerlichen Doppelmoral wie in
scher American Hero, der seine Taten moralisch damit            der fundamentalen Kritik am Gewaltpotenzial bürgerli-
rechtfertigt, dass er dies alles nur für den Schutz und das     cher Kreise steht Breaking Bad in der Tradition etwa jener
Wohlbefinden seiner Familie getan habe. Dabei spaltet er        sarkastischen Schelte am Bürgertum, die der spanische
sein Dasein und Handeln als krimineller Gewalttäter von         Regisseur Luis Buñuel, einer der Hauptvertreter des sur-
der ursprünglichen bürgerlichen Existenz deutlich ab.           realistischen Kinos, in seinen Filmen wie Das goldene
     Die Serienmacher belassen es nicht dabei, Walt in          Zeitalter (1930), Der diskrete Charme der Bourgeoisie
seinem Selbstbild als „Held“ mit US-amerikanischen Fa-          (1972) oder Das Gespenst der Freiheit (1974) bis in die
milienidealen vorzuführen. Vielmehr zeigen sie mit nicht        frühen 1970er-Jahre formuliert hatte.2
selten absurdem und schwarzem Humor, wie bigott und
doppelmoralisch ihre Hauptfigur agiert. Der Biedermann          Walter White – die ironische Errettung des
White hat durchaus Spaß daran, sich perfide Pläne aus-          „amerikanischen Helden“
zudenken, um mit diabolischer Lust alle Gegner aus dem
Weg zu räumen, die ihm gefährlich werden könnten. Im            Aufgrund der zuvor analysierten Charakterführung der
Gespräch mit Walt bringt Jesse in der Folge Blutgeld (vgl.      Hauptfigur und der damit verbundenen Moraltransfers
Episode 9, Staffel 5) das Motiv von „Heisenbergs“ Han-          an das Publikum ist der moralische Kredit, den die Haupt-
deln auf den Punkt: „Du müsstest Dich sehr in Acht neh-         figur Walter White am Beginn der Serie beim Zuschauer
men. Das ist nicht Deine Art, dies so zu regeln.“               hatte, in der Mitte der fünften und damit finalen Staffel
     Zum Handwerkszeug eines Lehrers gehört es, durch           der Serie Breaking Bad vollständig aufgebraucht.
argumentative Überzeugungsarbeit seine Schüler zu be-               Als Drogenboss unter dem Tarnnamen „Heisenberg“
stimmten Lernzielen zu führen. Walter White als „Hei-           hat er schreckliche Verbrechen begangen und schließlich
senberg“ ist die böse Variante eines Lehrers, der seine         eine ganze Mordserie an möglichen Kronzeugen in Auf-
didaktischen Fähigkeiten dazu nutzt, alle Menschen in           trag gegeben, damit die Drogenpolizei nicht auf seine
seiner Umgebung im Sinne seiner verbrecherischen Zwe-           Spur kommt.
cke zu manipulieren.                                                Jetzt muss Walter White im Schlussteil der Serie fest-
     Einerseits durchaus immer wieder von Gewissensbis-         stellen, dass sein Versuch, nach allem unbeschadet ins
sen gequält, genießt Walter White aber andererseits sei-        bürgerliche Leben zurückkehren zu können, nicht mehr
ne Rolle als „Heisenberg“; ja, die böse Seite in sich als       funktionieren wird.
Drogendealer auszuleben, schafft für ihn möglicherwei-              Drogenpolizist Hank kommt Walters Doppelexistenz
se sogar therapeutischen Erfolg. Zwischenzeitlich ver-          auf die Schliche. White stellt Hank daraufhin in dessen
schwindet Walters Krebs, kann er die Krankheit, die ihn         Garage zur Rede (vgl. Episode 9, Staffel 5). Hank kon-
zum Gang in die Unterwelt veranlasste, besiegen.                frontiert ihn mit seinen Vermutungen, die er aber (noch)

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nicht beweisen kann, und rät Walter, zu dem zu stehen,         Fazit                                                                  Literatur:

was er als „Heisenberg“ getan hat. Doch Walter gibt sei-                                                                              Seeßlen, G.:
ne Tarnung nicht auf. Im Gegenteil – als soziopathischer       So wie die Breaking Bad-Macher über weite Strecken                     Der Gangsterfilm.
                                                                                                                                      München 1977
Gewalttäter (vgl. Barg 2014), der er ohne Zweifel ist –        ihrer Serienerzählung das moralische Selbstbild ihres
verwandelt er sein Nichteingeständnis sogleich in eine         Antihelden Walter White sarkastisch dekonstruieren, so                 Barg, W.:
                                                                                                                                      The Sopranos – Schuld
Drohung an Hank.                                               präsentieren sie in der Schlussphase eine geradezu ins                 ohne Sühne? In: tv diskurs,
     Doch Hank, ein Vollblutpolizist, der während seiner       Groteske übersteigerte Karikatur eines American Hero,                  Ausgabe 67, 1/2014, S. 90 ff.

Jagd auf die Drogenkartelle in New Mexico fast schon           der sogar gegen den Willen der eigenen Familie an seinen
zum Krüppel geschossen wurde, schlägt Walts Drohung            Familienwerten festhält, die er doch zuvor durch sein
in den Wind. Er ist bemüht, seinen Schwager zu überfüh-        brutales Handeln als Drogendealer gänzlich selbst ent-
ren, selbst dann noch, als dieser mithilfe einer Videoauf-     wertet hatte.
zeichnung voller Lügen alle Schuld auf Hank selbst als             Die Ironie der Geschichte von Breaking Bad ist aber
„Boss der Bosse“ und vermeintlich korrupten DEA-Beam-          auch, dass gerade diese Präsentation des Antihelden als
ten abzuwälzen versucht.                                       Figur, die gegen alle Widerstände (sogar aus der eigenen
     Als dann Hanks Versuch auch noch schiefgeht, Walter       Familie) ihre Familienmoral über alles, sogar über das
White als „Heisenberg“ zu enttarnen, und es durch eine         eigene Leben stellt, maßgeblich zur sensationellen Zu-
neuerliche „Heisenberg“-Aktion im Kampf mit einer riva-        schauerakzeptanz im US-Fernsehen beigetragen haben
lisierenden Drogenbande einen Mord im engsten Famili-          dürfte.
enkreis gibt, fliegt Walts Tarnung auf und die Familie,
neben Skyler besonders der von Walt sehr geliebte Walter
jr., wendet sich von ihm endgültig ab.
     Damit ist auch Walters moralisches Selbstbild als „Fa-
milienheld“ zerstört. Dennoch hält er wie besessen an
dem einstürzenden Moralgebäude fest, schließlich hatte
er doch gegenüber sich selbst wie gegenüber anderen
seine Taten stets mit seiner Familienmoral legitimiert.
     Obwohl weder Skyler noch Walter jr. nun mit Walters
Drogengeld noch irgendetwas zu tun haben wollen, hält
Walter White an seinem Plan fest, als „Beschützer seiner
Familie“ diese mit seinem Blutgeld finanziell absichern
zu wollen. Auf raffinierte und verbrecherische Weise
schafft er es, das Geld so „anzulegen“, dass es Walter jr.
ab seinem 18. Lebensjahr zugutekommen wird, ohne dass
dieser je von der Herkunft des Geldes erfahren dürfte.
     Schließlich, auch dies gehört zum „Schutzplan“ für
seine Familie, behauptet der American Hero in einem
Telefonat gegenüber Skyler sogar, dass er alle verbreche-
rischen Aktionen als „Heisenberg“ nur aus egoistischen
Gründen gemacht habe: „Ich fühlte mich lebendig“, sagt
                                                                                                                                       Dr. Werner C. Barg ist Autor,
er im Abschiedsgespräch zu seiner Frau am Telefon (vgl.                                                                                   Produzent und Dramaturg
Episode 16, Staffel 5). Er weiß: Die Polizei ist bei Skyler,                                                                                für Kino und Fernsehen.
                                                                                                                                     Außerdem ist er Regisseur von
ihr Telefon wird abgehört. Ob Walter hier zu einer gewis-                                                                              Kurz- und Dokumentarfilmen
sen Selbsterkenntnis gefunden hat, bleibt offen. Aus                                                                                 sowie Filmjournalist. Seit 2011
                                                                                                                                    betreibt er als Produzent neben
seiner Sicht ist es wohl eher eine neue letzte Manipula-                                                                             seiner Vulkan-Film die herzfeld
tion: Der Todgeweihte nimmt hier ganz bewusst alle                                                                                       productions im Geschäfts-
                                                                                                                                         bereich der Berliner OPAL
Schuld auf sich, um dadurch seine Frau, die gleichfalls in                                                                                   Filmproduktion GmbH.
„Heisenbergs“ Taten verstrickt ist, vor weiterer Verfolgung
zu bewahren.
     Der Krebs ist mittlerweile bei Walter White erneut
ausgebrochen. Doch er wird nicht daran sterben, sondern
durch eine letzte „Heisenberg“-Aktion. Durch sie will er
das Böse, das er entfesselt hat, tatsächlich brechen und zu
guter Letzt als ein Antiheld in die Seriengeschichte einge-
hen, dem die Zuschauer wieder zumindest ein wenig Em-
pathie entgegenbringen können: „Remember my name.“

2 | 2014 | 18. Jg.                                                                                                                                              85
Breaking Bad - das Böse stirbt!? Breaking Bad - das Böse stirbt!? Breaking Bad - das Böse stirbt!?
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