Bulletin Unfälle und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge Dezember 2020 - BFU
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Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Bulletin Unfälle und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge Dezember 2020 Bundesstelle für box@bfu-web.de Flugunfalluntersuchung www.bfu-web.de Hermann-Blenk-Str. 16 Telefon 0 531 35 48-0 38108 Braunschweig Telefax 0 531 35 48-246
Bulletin Inhaltsverzeichnis Seite Allgemeine Hinweise................................................................................................... 3 Aufbau des Dokumentes............................................................................................. 4 Begriffsbestimmungen ................................................................................................ 5 Unfall ....................................................................................................................... 5 Schwere Störung ..................................................................................................... 6 Tödliche Verletzung................................................................................................. 6 Schwere Verletzung ................................................................................................ 6 Teil 1 : Übersicht der Ereignisse im Dezember 2020 .................................................. 7 Teil 2 : Zwischenberichte .......................................................................................... 11 Teil 3 : Neu veröffentlichte Untersuchungsberichte .................................................. 42 -2-
Bulletin Allgemeine Hinweise Das Bulletin der Flugunfälle und Störungen hat zum Ziel, den interessierten Perso- nenkreis über Ereignisse zu informieren, die der Bundesstelle für Flugunfalluntersu- chung (BFU) gemäß § 7 LuftVO im Berichtszeitraum gemeldet worden sind. Es han- delt sich um Ereignisse mit in Deutschland zugelassenen Luftfahrzeugen im In- und Ausland sowie um Ereignisse ausländischer Luftfahrzeuge in Deutschland. Sie ba- sieren auf Angaben, die der BFU im Rahmen der ersten Meldung übermittelt wurden. Darüber hinaus werden Ereignisse dargestellt, bei denen die BFU aufgrund der Ver- pflichtung nach ICAO Annex 13 tätig werden musste. Darin enthaltene Angaben können unvollständig und/oder fehlerhaft sein. Ergänzungen und Änderungen sind im Rahmen dieser Information nicht vorgesehen. Analysen und Ursachen der Unfälle werden im Untersuchungsbericht nach Ab- schluss der Untersuchung veröffentlicht. Untersuchungen werden in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluft- fahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Be- trieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. Au- gust 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Fest- stellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Untersuchungsberichte im Internet: http://www.bfu-web.de/Berichte -3-
Bulletin Aufbau des Dokumentes Das Bulletin ist in drei Abschnitte unterteilt. Teil 1 enthält die Übersicht aller der BFU im Berichtszeitraum angezeigten Unfälle und Schweren Störungen. Angaben können unvollständig und/oder fehlerhaft sein. Teil 2 beinhaltet Zwischenberichte von Ereignissen, bei denen eine Untersuchung vor Ort eingeleitet wurde. Im Teil 3 sind die neuesten veröffentlichten Untersuchungsberichte aufgelistet. Diese sind über die BFU erhältlich oder können im Internet unter www.bfu-web.de/Berichte abgerufen werden. -4-
Bulletin Begriffsbestimmungen Unfall Ein Ereignis beim Betrieb eines Luftfahrzeugs vom Beginn des Anbordgehens von Personen mit Flugabsicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Personen das Luft- fahrzeug wieder verlassen haben, wenn hierbei: 1. eine Person tödlich oder schwer verletzt worden ist - an Bord eines Luftfahrzeugs oder - durch unmittelbare Berührung mit dem Luftfahrzeug oder einem seiner Tei- le, auch wenn sich dieser Teil vom Luftfahrzeug gelöst hat, oder - durch unmittelbare Einwirkung des Turbinen- oder Propellerstrahls eines Luftfahrzeugs, es sei denn, dass der Geschädigte sich diese Verletzungen selbst zugefügt hat oder diese ihm von einer anderen Person zugefügt worden sind oder eine andere von dem Unfall unabhängige Ursache haben, oder dass es sich um Verletzungen von unbefugt mitfliegenden Personen handelt, die sich außerhalb der den Fluggästen und Besatzungsmitgliedern normalerweise zugänglichen Räume verborgen hatten, oder 2. das Luftfahrzeug oder die Luftfahrzeugzelle einen Schaden erlitten hat und - dadurch der Festigkeitsverband der Luftfahrzeugzelle, die Flugleistungen oder die Flugeigenschaften beeinträchtigt sind und - die Behebung dieses Schadens in aller Regel eine große Reparatur oder einen Austausch des beschädigten Luftfahrzeugbauteils erfordern würde; es sei denn, dass nach einem Triebwerkschaden oder Triebwerkausfall die Beschä- digung des Luftfahrzeugs begrenzt ist auf das betroffene Triebwerk, seine Verklei- dung oder sein Zubehör, oder dass der Schaden an einem Luftfahrzeug begrenzt ist auf Schäden an Propellern, Flügelspitzen, Funkantennen, Bereifung, Bremsen, Be- plankung oder auf kleinere Einbeulungen oder Löcher in der Außenhaut, oder 3. das Luftfahrzeug vermisst wird oder nicht zugänglich ist. -5-
Bulletin Schwere Störung Ein Ereignis beim Betrieb eines Luftfahrzeugs, dessen Umstände darauf hindeuten, dass sich beinahe ein Unfall ereignet hätte. Tödliche Verletzung Eine Verletzung, die eine Person bei einem Unfall erlitten hat und die unmittelbar bei dem Unfall oder innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall ihren Tod zur Folge hat. Schwere Verletzung Eine Verletzung, die eine Person bei einem Unfall erlitten hat und die 1. einen Krankenhausaufenthalt von mehr als 48 Stunden innerhalb von 7 Tagen nach der Verletzung erfordert oder 2. Knochenbrüche zur Folge hat (mit Ausnahme einfacher Brüche von Fingern, Zehen oder der Nase) oder 3. Risswunden mit schweren Blutungen oder Verletzungen von Nerven, Mus- keln- oder Sehnensträngen zur Folge hat oder 4. Schäden an inneren Organen verursacht hat oder 5. Verbrennungen zweiten oder dritten Grades oder von mehr als fünf Prozent der Körperoberfläche zur Folge hat oder 6. Folge einer nachgewiesenen Aussetzung gegenüber infektiösen Stoffen oder schädlicher Strahlung ist. -6-
Bulletin Teil 1 : Übersicht der Ereignisse im Dezember 2020 Flugzeuge MTOM über 5,7 t Flugzeuge MTOM zwischen 2,0 und 5,7 t Flugzeuge MTOM unter 2,0 t 07.12.2020 : Unfall ohne Verletzte mit GROB - G-115 in Nottingham, United Kingdom AZ: BFU20-1025-DX 08.12.2020 : Unfall mit tödlich Verletzten mit CESSNA - 172 (T-41) in Flammersfeld AZ: BFU20-1020-3X 23.12.2020 : Unfall mit tödlich Verletzten mit CESSNA - 172 RG in Büchenbach / Pegnitz AZ: BFU20-1056-3X Ultraleichtflugzeuge und Tragschrauber 17.12.2020 : Unfall mit tödlich Verletzten mit Auto-Gyro Germany - Calidus in Windhoek, Namibia AZ: BFU20-1046-DX Hubschrauber 07.12.2020 : Schwere Störung mit schwer Verletzten mit Airbus - MBB-BK117 D-2 in Madrid, Spain AZ: BFU20-1052-HX 08.12.2020 : Unfall mit leicht Verletzten mit Guimbal - Cabri G2 in Speyer AZ: BFU20-1021-3X 08.12.2020 : Unfall mit tödlich Verletzten mit EUROCOPTER GERMANY - EC 135 in Bonvillard, France AZ: BFU20-1024-DX 30.12.2020 : Unfall mit leicht Verletzten mit EUROCOPTER FRANCE - AS 350 B3 in Reinswald, Italy AZ: BFU20-1071-DX Segelflugzeuge und Motorsegler 27.12.2020 : Unfall ohne Verletzte mit SCHLEICHER ASH-25M in Bathurst Aerodrom, Australia AZ: BFU20-1062-DX Freiballone -7-
Bulletin Ereignisse chronologisch Ereignis: Schwere Störung mit schwer Verletzten Datum, Uhrzeit: 07.12.2020, 12:12 Uhr (lokal) Ort, Staat: Madrid, Spain Schaden am LFZ: Unbekannt Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1052-HX Aufgrund plötzlicher medizinischer Gründe brach der Pilot des Rettungshubschraubers den Flug ab und führte eine sofortige Notlandung durch. Für den Design- und Herstellerstaat des Hubschraubers unterstütz die BFU die national untersuchende Behörde gemäß ICAO Anhang 13. Luftfahrzeug: Hubschrauber 2.251 bis 5.700 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: Airbus - MBB-BK117 D-2 Besatzung 0 1 0 Kommerzielle Luftfahrt - Sonstiger Flug - Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Rettungsflug Andere - - - Ereignis: Unfall ohne Verletzte Datum, Uhrzeit: 07.12.2020, 14:30 Uhr (lokal) Ort, Staat: Nottingham, United Kingdom Schaden am LFZ: Schwer beschädigt Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1025-DX Bei der Landung kollabierte das Bugfahrwerk. Es kam zu Schäden an Rumpf und Propeller Die BFU unterstützt die Untersuchung, da das Luftfahrzeug in Deutschland entworfen/hergestellt wurde. Luftfahrzeug: Flugzeug 0 bis 2.250 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: GROB FLUGZEUGBAU - G-115 Besatzung 0 0 0 Allgemeine Luftfahrt - Privater Rundflug - Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Lokaler Rundflug Andere - - - Ereignis: Unfall mit tödlich Verletzten Datum, Uhrzeit: 08.12.2020, 12:00 Uhr (lokal) Ort, Staat: Flammersfeld Schaden am LFZ: Zerstört Quelle: Untersuchung durch die BFU Aktenzeichen: BFU20-1020-3X Aus dem Reiseflug ging das Flugzeug in einen kontinuierlichen Sinkflug über und kollidierte mit dem Erdboden. Luftfahrzeug: Flugzeug 0 bis 2.250 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: CESSNA - 172 (T-41) Besatzung 1 0 0 Allgemeine Luftfahrt - Privater Rundflug - Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Lokaler Rundflug Andere - - - Ereignis: Unfall mit leicht Verletzten Datum, Uhrzeit: 08.12.2020, 14:08 Uhr (lokal) Ort, Staat: Speyer Schaden am LFZ: Schwer beschädigt Quelle: Untersuchung durch die BFU Aktenzeichen: BFU20-1021-3X Während eines Solo-Navigationsfluges im Rahmen der Ausbildung kam es im Anfangssteigflug zu einem Gieren um die Hochachse und Kontrollverlust über den Hubschrauber. Luftfahrzeug: Hubschrauber 0 bis 2.250 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: Guimbal - Cabri G2 Besatzung 0 0 1 Allgemeine Luftfahrt - Privater Rundflug - Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Überlandflug Andere - - - -8-
Bulletin Ereignis: Unfall mit tödlich Verletzten Datum, Uhrzeit: 08.12.2020, 18:30 Uhr (lokal) Ort, Staat: Bonvillard, France Schaden am LFZ: Zerstört Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1024-DX Aufgrund Wetterverschlechterung wurde ein Nacht-Windenflugtraining im Gebirge abgebrochen. Beim Rückflug kolli- dierte der Hubschrauber mit Bäumen. Der Hubschrauber wurde zerstört und fünf der sechs Insassen tödlich verletzt. Die BFU unterstützt die Untersuchung, da das Luftfahrzeug in Deutschland entworfen/hergestellt wurde. Luftfahrzeug: Hubschrauber 2.251 bis 5.700 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: EUROCOPTER GERMANY - EC 135 Besatzung 5 1 0 Luftarbeit - Luftarbeit Gewerblich - Such- und Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Rettungsflug Andere - - - Ereignis: Unfall mit tödlich Verletzten Datum, Uhrzeit: 17.12.2020, 13:12 Uhr (lokal) Ort, Staat: Windhoek, Namibia Schaden am LFZ: Zerstört Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1046-DX Bei einem Rundflug kollidierte der Tragschrauber mit einer Stromleitung, prallte auf den Boden und geriet in Brand. Die BFU unterstützt die Untersuchung, da das Luftfahrzeug in Deutschland entworfen/hergestellt wurde. Luftfahrzeug: Tragschrauber Verletzte tödlich schwer leicht Muster: Auto-Gyro Germany - Calidus Besatzung 0 0 0 Allgemeine Luftfahrt - Privater Rundflug - Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Lokaler Rundflug Andere - - - Ereignis: Unfall mit tödlich Verletzten Datum, Uhrzeit: 23.12.2020, 17:00 Uhr (lokal) Ort, Staat: Büchenbach / Pegnitz Schaden am LFZ: Schwer beschädigt Quelle: Untersuchung durch die BFU Aktenzeichen: BFU20-1056-3X Der Privatpilot war mit einer einmotorigen Maschine um kurz nach 16 Uhr am Flugplatz in Landshut in Richtung Nor- den gestartet. Gegen 17:00 Uhr wurde das ELT-Notsignal (Emergency Locator Transmitter) des LFZ in der Nähe von Pegnitz von der SAR Leitstelle empfangen. Das LFZ wurde später im Bereich der gesendeten Position zerstört aufge- funden. Luftfahrzeug: Flugzeug 0 bis 2.250 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: CESSNA - 172 RG Besatzung 1 0 0 Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Allgemeine Luftfahrt Andere - - - Ereignis: Unfall ohne Verletzte Datum, Uhrzeit: 27.12.2020, 11:00 Uhr (lokal) Ort, Staat: Bathurst Aerodrom, Australia Schaden am LFZ: Schwer beschädigt Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1062-DX Im Anfangssteigflug kam es zu einer Triebwerksstörung. Das Segelflugzeug verlor an Höhe und kollidierte mit dem Gelände. Die BFU unterstützt die Untersuchung, da das Luftfahrzeug in Deutschland entworfen/hergestellt wurde. Luftfahrzeug: Segelflugzeug mit Hilfsantrieb Verletzte tödlich schwer leicht Muster: SCHLEICHER ASH-25M Besatzung 0 0 0 Passagiere 0 0 0 Betriebsart: Allgemeine Luftfahrt - Unbekannt Andere - - - -9-
Bulletin Ereignis: Unfall mit leicht Verletzten Datum, Uhrzeit: 30.12.2020, 16:25 Uhr (lokal) Ort, Staat: Reinswald, Italy Schaden am LFZ: Zerstört Quelle: Untersuchung durch ausländische Behörde Aktenzeichen: BFU20-1071-DX Nach einem Rundflug kam es beim Landeanflug zum White Out. Der Helikopter prallte auf den Boden und der Haupt- rotor bekam Bodenberührung. Ca. 20 Minuten nach diesem Vorfall geriet der Hubschrauber in Brand. Die BFU unter- stützt die Untersuchung, da das Luftfahrzeug in Deutschland entworfen/hergestellt wurde. Luftfahrzeug: Hubschrauber 0 bis 2.250 kg Verletzte tödlich schwer leicht Muster: EUROCOPTER FRANCE - AS 350 B3 Besatzung 0 0 0 Allgemeine Luftfahrt - Privater Rundflug - Passagiere 0 0 2 Betriebsart: Überlandflug Andere - - - - 10 -
Bulletin Teil 2 : Zwischenberichte Zwischenbericht Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 08.12.2020 Ort: Seelbach/Flammersfeld Luftfahrzeug: Flugzeug Hersteller: Cessna Aircraft Company Inc. Muster: C 172N Personenschaden: Pilot tödlich verletzt Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört Drittschaden: Flurschaden Aktenzeichen: BFU20-1020-3X Kurzdarstellung Aus dem Reiseflug ging das Flugzeug in einen kontinuierlichen Sinkflug über und kollidierte mit dem Erdboden. - 11 -
Bulletin Sachverhalt Ereignisse und Flugverlauf Das Flugzeug mit einem Piloten an Bord startete um ca. 10:54 Uhr1 auf dem Ver- kehrslandeplatz Bonn-Hangelar. Der Pilot hatte das Flugzeug kurzfristig für einen 3 Stunden dauernden Rundflug bei einem Charterunternehmen gebucht. Die Flugwegrekonstruktion anhand von Radardaten zeigt nach Radarerfassung um 10:55:00 Uhr den Steigflug auf eine Höhe von ca. 2 500 ft AMSL und einen Flugver- lauf zunächst in südliche Richtung entlang der in Richtung Frankfurt/Main führenden Autobahn A3. Der Flug führte dann in einer Linkskurve nördlich am Segelfluggelände Eudenbach vorbei. Das Flugzeug flog weiter östlich in Richtung Altenkirchen, stieg dabei kontinuierlich und erreichte eine maximale Höhe von ca. 3 500 ft AMSL. In ei- ner langgezogenen Rechtskurve ca. 5 km querab von Altenkirchen ging das Flug- zeug um 11:06:28 Uhr in einen kontinuierlichen Sinkflug über. Es erreichte hierbei eine Sinkrate von ca. 3 000 ft/min bei einer maximalen Geschwindigkeit von ca. 158 kt über Grund. Die Radaraufzeichnung endete um 11:07:13 Uhr in einer Höhe von ca. 1 900 ft AMSL (ca. 1 200 ft AGL = 365 m AGL) nördlich der Unfallstelle (sie- he Abbildung 1). Abb. 1: Flugwegrekonstruktion anhand von Radardatenaufzeichnungen der Bundeswehr Quelle: Bundeswehr TRACER/Karte OpenStreetMap/Bearbeitung BFU 1 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit - 12 -
Bulletin Bei der Polizeidienststelle in Altenkirchen meldeten sich gegen 11:08 Uhr mehrere Zeugen. Die Unfallstelle wurde auf einem freien Feld zwischen den beiden Ortschaf- ten Flammersfeld und Seelbach (Westerwald) nördlich der Kreisstraße K9 (Bahnhof- straße) angegeben. Zwei Zeugen gaben an, durch lautes Motorgeräusch auf das sehr tieffliegende Flug- zeug aufmerksam geworden zu sein. Das Flugzeug sei wenig später auf dem Feld aufgeschlagen. Der Pilot wurde bei dem Unfall tödlich verletzt und das Luftfahrzeug zerstört. Angaben zu Personen Der 55-jährige verantwortliche Luftfahrzeugführer besaß eine Lizenz für Privatpiloten (PPL(A)) ausgestellt durch die Bezirksregierung Düsseldorf am 28.01.2015. Die Li- zenz beinhaltete die Berechtigung SEP (land) PIC gültig bis zum 28.02.2021 sowie die unbefristete Ausübung des Sprechfunks in deutscher Sprache. Der Pilot verfügte über ein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis der Klasse 2 mit der Auflage VML2, gültig bis zum 12.11.2022. Laut einer Selbstauskunft des Piloten an den Eigentümer (Charterunternehmer) des verunfallten Flugzeuges hatte er bis Mai 2019 insgesamt ca. 340 Flugstunden ange- sammelt. Der Eigentümer vermietete an den verunfallten Piloten im Zeitraum Mai 2019 bis zum Unfalltag fünf verschiedene Flugzeuge des Musters Cessna 172. Laut Flugbuch des Charterunternehmers wurden dabei mit den Flugzeugen insgesamt 14 Rundflüge (mit unterschiedlicher Dauer von ca. 30 Minuten bis ca. 90 Minuten) und der Unfallflug durchgeführt. Das verunfallte Flugzeug flog der Pilot beim Char- terunternehmer insgesamt sechsmal. Zusammen mit den geflogenen Flugstunden beim Charterunternehmer ergab sich eine Gesamtflugerfahrung des Piloten von ca. 354 Stunden bis zum Unfalltag. Angaben zum Luftfahrzeug Die Cessna C 172 N ist ein abgestrebter Hochdecker in Ganzmetallbauweise mit vier Sitzplätzen und nichteinziehbarem Fahrwerk in Bugradanordnung. Das Flugzeug des US-amerikanischen Herstellers Cessna Aircraft Company Inc. mit der Werknum- mer 172-72487 wurde 1979 in Wichita (Kansas) gebaut. Es verfügte über einen Ly- 2 Korrektur für eingeschränkte Sehschärfe in der Ferne, der Zwischendistanz und der Nähe - 13 -
Bulletin coming-4-Zylinder-Boxermotor (O-320-H2AD) mit starrem McCauley- Zweiblattpropeller (1C160/DTM7557). Das Flugzeug war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und wurde von einem gewerblichen Halter (Charterunternehmer) betrieben. Die Gesamtbetriebszeit des Flugzeuges betrug bis zum Ereignistag 4 984 Stunden bei 10 481 Landungen. Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit wurde am 10.11.2020 ins Bordbuch eingetragen. Danach wurde das Flugzeug ca. 13 Stunden geflogen. Am Ereignistag wurde das Flugzeug am Verkehrslandeplatz Bonn-Hangelar um 10:42 Uhr mit 44,55 Litern AvGas 100 LL betankt. Nach dem Wägebericht vom 19.11.2018 hatte das Flugzeug eine Leermasse von 688,92 kg. Meteorologische Informationen Der ca. 39 km nordöstlich von der Unfallstelle gelegene Verkehrsflughafen Köln Bonn meldete im METAR von 11:20 Uhr einen Wind mit 5 kt aus 120° bei einer Bodensicht von mehr als 10 km. Es herrschte leichte Bewölkung mit einer Unter- grenze von 1 600 ft AGL und einer weiteren aufgelockerten Wolkenschicht in 3 300 ft AGL. Die Temperatur lag bei 4 °C, der Taupunkt bei 1 °C. Der Luftdruck (QNH) wur- de mit 1 003 hPa angegeben. Es wurden keine signifikanten Wettererscheinungen benannt. Funkverkehr Es bestand während des Startvorgangs des Flugzeuges am Verkehrslandeplatz Bonn-Hangelar eine Funkverbindung zur Flugleitung (Anmeldung und Abmeldung). Der Funkverkehr wurde nicht aufgezeichnet. Flugdatenaufzeichnung Das Luftfahrzeug war weder mit einem Flugdatenschreiber (FDR) noch mit einem Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgestattet. Beide Aufzeichnungsgeräte waren nach den gültigen luftrechtlichen Regelungen nicht gefordert. Der BFU lagen die von der Bundeswehr aufgezeichneten Radardaten des Flugwe- ges zur Auswertung vor. Die Aufzeichnung startete östlich vom Verkehrslandeplatz - 14 -
Bulletin Bonn-Hangelar um 10:54:56 Uhr und endete um 11:07:13 Uhr in der Nähe der Un- fallstelle (siehe Abbildung 1). Der an Bord installierte Transponder Typ GTX 345 GPS der Firma Garmin sendete über ADS-B3 in regelmäßigen Abständen GPS-Positions- und - Höheninformationsdaten. Informationsdienste wie Flightradar24 speichern diese ADS-B-Daten und stellen Informationen zum Flugverlauf auf ihrer Website zur Verfü- gung. Die dort verfügbaren Daten wurden von der BFU analysiert, sie starteten mit Einschalten des Transponders um 10:54:04 Uhr auf dem Verkehrslandeplatz Bonn- Hangelar und endeten um 11:07:03 Uhr nördlich der Unfallstelle. Eine Analyse der Radardaten und der ADS-B-Daten des Flugzeuges zeigten den in Abbildung 2 näherungsweise dargestellten Verlauf von Höhe (rot) und errechneter Geschwindigkeit über Grund (blau) für den Zeitraum 11:05:13 Uhr bis 11:07:13 Uhr. Abb. 2: Verlauf von Höhe und Geschwindigkeit anhand von Radar- und ADS-B-Daten Quelle: Bundeswehr/Flightradar24/Bearbeitung: BFU Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Die Unfallstelle befand sich ca. 8 km südwestlich von Altenkirchen in einer Höhe von ca. 328 m AMSL auf einem leicht geneigten Acker mit anschließender Wiese in süd- westlicher Ausrichtung vor einer Waldkante (siehe Abbildung 1 und Abbildung 3). Die erste Bodenberührung war mit dem Bugfahrwerk erfolgt. Das abgebrochene Bugrad steckte im Erdreich. Einen Meter entfernt befanden sich links und rechts da- von die Aufschlagspuren des Hauptfahrwerks. Ungefähr 8 m weiter befand sich der 3 Automatic Dependent Surveillance - Broadcast - 15 -
Bulletin Abdruck der rechten Tragfläche und zwei weitere Meter weiter der Abdruck der lin- ken Tragfläche (siehe die beiden gelben Linien in Abbildung 3 links). Abb. 3: Unfallstelle aus der Vogelperspektive (oben) in Aufschlagrichtung (links) und Hauptwrack (rechts) Quelle: Drohnenaufnahmen von BFU und Feuerwehr/Bearbeitung: BFU Das Hauptwrack befand sich ca. 160 m von der Aufschlagstelle entfernt in Ausrich- tung 225° auf einer Wiese (siehe Abbildung 3 oben). Eine Rutschstrecke führte hangabwärts zum Hauptwrack (siehe Abbildung 3 links unten). Teile der Flugzeugkabine, Hauptfahrwerke, Propeller, Sitze und Dämmmaterial wur- den links und rechts entlang der Rutschstrecke gefunden. Die Tragflächentanks wur- den zerstört und Kraftstoff war ausgelaufen. Der Pilot wurde neben dem Hauptwrack liegend aufgefunden. Das Hauptwrack (siehe Abbildung 3 unten rechts) bestand aus den beiden gestauch- ten Tragflächen, die mit dem eingedrückten Cockpit auf dem Motor lagen. Das abge- brochene Heck war über die Steuerseile mit dem Cockpit verbunden. Verbindungen zwischen den Steuerorganen und den Steuerflächen waren vorhanden. - 16 -
Bulletin Der Notfunksender (ELT4) war ausgelöst und wurde von den Einsatzkräften vor Ort deaktiviert. Bei der Überprüfung des Motors wies der Zustand der Zündkerzen auf ein sauberes Verbrennungsbild hin. Medizinische und pathologische Angaben Beim Aufprall des Flugzeuges erlitt der Pilot tödliche Verletzungen. Eine Obduktion oder toxikologische Analyse wurde nicht durchgeführt. An der Unfallstelle wurden ein am Unfalltag auf den Piloten ausgestellter Medikati- onsplan sowie ein zugehöriges Rezept aufgefunden. Die Einnahme der im Medikati- onsplan aufgeführten Medikamente disqualifiziert gemäß geltender Rechtslage zu- mindest zeitweise zum Führen eines Luftfahrzeuges. Die rezeptierende Ärztin verweigerte auf Rückfrage der BFU unter Berufung auf ihre ärztliche Schweigepflicht jegliche Auskunft. Im Rahmen der letzten flugmedizinischen Begutachtung drei Mo- nate vor dem Ereignis gab der Pilot gegenüber dem flugmedizinischen Sachverstän- digen an, unter einem Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule gelitten zu haben, aktu- ell sei er jedoch beschwerdefrei. Eine Medikamenteneinnahme wurde verneint. Brand Es entstand kein Brand. 4 Emergency Locator Transmitter - 17 -
Bulletin Untersuchungsführer: Dietmar Nehmsch Mitwirkung: Ekkehart Schubert, Dr. Thomas Harendza Untersuchung vor Ort: Roger Knoll, Ekkehart Schubert, Arnold Grubek Die Untersuchung wird in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Okto- ber 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störun- gen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfäl- len und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Unter- suchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str. 16 38108 Braunschweig Telefon 0 531 35 48 - 0 Telefax 0 531 35 48 - 246 Mail box@bfu-web.de Internet www.bfu-web.de - 18 -
Bulletin Zwischenbericht Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 08.12.2020 Ort: Verkehrslandeplatz Speyer Luftfahrzeug: Hubschrauber Hersteller: Hélicoptères Guimbal Muster: Cabri G2 Personenschaden: Pilot leicht verletzt Sachschaden: Luftfahrzeug schwer beschädigt Drittschaden: Flurschaden Aktenzeichen: BFU20-1021-3X Kurzdarstellung Während eines Solo-Navigationsfluges im Rahmen der Ausbildung kam es im An- fangssteigflug zu einem Gieren um die Hochachse und Kontrollverlust über den Hub- schrauber. - 19 -
Bulletin Sachverhalt Ereignisse und Flugverlauf Am Unfalltag plante der Pilot einen Solo-Navigations-Überlandflug im Rahmen der Ausbildung zum Erwerb der Hubschrauberpilotenlizenz. Der Flug sollte von Egels- bach aus über verschiedene Navigationspunkte, mit Landungen in Aschaffenburg und Speyer, zurück nach Egelsbach führen. Vor dem Alleinflug wurde mit einem Fluglehrer des Halters die Flugvorbereitung durchgesprochen, ein Flugauftrag erstellt und nochmals gemeinsam eine Platzrunde in Egelsbach geflogen. Im Anschluss flog der Pilot direkt in Richtung Aschaffenburg ab. In Aschaffenburg wurde das Triebwerk mit einer Blockzeit von 44 Minuten abgestellt. Laut handschriftlichem Eintrag des Piloten auf dem Flugdurchführungsplan erfolgte die Landung um 12:22 Uhr. Im Anschluss flog er in Richtung Speyer und stellte dort das Triebwerk mit einer Blockzeit von 46 Minuten ab. Nachdem er sich die Landung auf dem Flugauftrag hatte bestätigen lassen, plante er, zurück nach Egelsbach zu fliegen. Nach Angaben des Piloten gab es keine Auffälligkeiten beim Anlassen des Trieb- werks, bei den Kontrollen vor dem Start oder beim Schwebeflug bis hin zum An- fangssteigflug. Im Steigflug sei es dann zu einer blinkenden Hauptrotor- Unterdrehzahl-Warnung gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Hubschrau- ber noch über dem Flugplatz befunden. Da aber voraus kein ausreichendes Lande- feld mehr vorhanden war, habe der Pilot eine Linkskurve geflogen, eine Autorotation eingeleitet und die Rückkehr über Funk gemeldet. Er habe den Hubschrauber abge- fangen und in einer leichten Nose-up-Fluglage aufgesetzt. Dabei sei die rechte Kufe in den Untergrund eingeschnitten und der Hubschrauber auf die Seite gerollt. Der Start entlang der Piste 16 sowie der Flugverlauf bis kurz vor dem Aufprall wur- den von einer Kamera des Verkehrslandeplatzes aufgezeichnet. Auf der Aufnahme ist zu sehen, dass der Hubschrauber zuerst mit gleichbleibender Höhe und hoher Geschwindigkeit die Piste 16 entlangflog. Zum Pistenende hin ging der Hubschrau- ber in einen leichten Steigflug über. Circa über dem Ende der Piste flog der Hub- schrauber dann eine Linkskurve. Nach ca. 90° wurde diese ausgeleitet und der Hub- schrauber stieg weiter, gleichzeitig erhöhte sich die Nose-down-Fluglage. Dann fing der Hubschrauber an, stark nach links um die Hochachse zu gieren. Ab diesem Mo- ment befand sich der Hubschrauber außerhalb des Blickwinkels der Kamera. Als der - 20 -
Bulletin Hubschrauber 4 Sekunden später wieder ins Bild kam, drehte er sich in großer Schräglage innerhalb von 4 Sekunden zweimal vollständig um die Hochachse, bevor der Hubschrauber hinter einer Halle aus dem Blickwinkel verschwand und aufschlug. Ab dem Funkspruch des Piloten: „[…] ich hab Probleme mit dem Rotor“ hatte der Flugleiter den Flugverlauf beobachtet. Den Aufprall auf den Boden konnte er auf- grund der Hallen nicht sehen. Nach seinen Angaben löste er um 14:02 Uhr5 unmittel- bar nach dem Unfall die Rettungskette aus. Abb. 1: Darstellung des Abfluges mit Zeitstrahl Quelle: Video Flugplatz Abb. 2: Schneller Flug entlang der Piste Quelle: Video Flugplatz 5 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit - 21 -
Bulletin Abb. 3: Abflug mit Höhengewinn und Beginn des Gierens Quelle: Video Flugplatz Abb. 4: Darstellung des Flugverlaufs bis Unfall Quelle: Video Flugplatz - 22 -
Bulletin Der Hubschrauber setzte im südöstlichen Bereich des Flugplatzes im Gras auf und kam auf der rechten Rumpfseite zum Liegen. Der Hubschrauber wurde schwer be- schädigt. Der Pilot konnte leicht verletzt selbstständig den Hubschrauber verlassen. Angaben zu Personen Der 63-jährige Pilot war im Besitz einer Verkehrspilotenlizenz für Flugzeuge (ATPL(A)), erteilt gemäß Teil-FCL. Nach seinen Angaben hatte er auf Flugzeugen eine Gesamtflugerfahrung von ca. 23 400 Stunden. Seit dem 07.02.2020 befand er sich in der Ausbildung zum Erlangen einer Privatpilo- tenlizenz für Hubschrauber (PPL(H)). Auf Hubschraubern und dem betroffenen Mus- ter hatte er bisher eine Flugzeit von ca. 46 Stunden mit 145 Landungen in der Aus- bildung absolviert. Die theoretische Ausbildung hatte er am 30.06.2020 abgeschlossen und die Theorieprüfung am 30.09.2020 bestanden. Er verfügte über ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 1 gemäß Teil-MED mit Auflagen (VNL6, RXO7), gültig für sonstigen gewerbsmäßigen Betrieb bis 09.06.2021, sowie Klasse 2, gültig bis 09.12.2021. Angaben zum Luftfahrzeug Das Muster Cabri G2 ist ein zweisitziger Hubschrauber des Herstellers Hélicoptères Guimbal. Er verfügt über ein Kufenlandegestell, einen Dreiblatt-Hauptrotor und einen siebenblättrigen Fenestron zum Drehmomentausgleich um die Hochachse. Die hohe Wirksamkeit des Fenestrons, über die Anforderung der Bauvorschrift hinaus, wurde im Rahmen der Erprobung des Musters nachgewiesen. Der Hauptrotor wird im Uhr- zeigersinn, d. h. nach rechts, angetrieben und das Gegendrehmoment bewirkt eine Drehung der Rumpfzelle nach links. Im Vorwärtsflug unterstützen die vertikalen Fin- nen ober- und unterhalb des Fenestron die Richtungsstabilität. Die Finnen ermögli- chen einen kontrollierten Flug auch im Falle eines Antriebsverlustes oder einer Stö- rung am Fenestron. 6 Korrektur für eine eingeschränkte Sehschärfe in der Nähe 7 Spezielle augenärztliche Untersuchungen erforderlich - 23 -
Bulletin Abb. 5: Seitenansicht Cabri G2 Quelle: Hélicoptères Guimbal Die maximal zulässige Abflugmasse beträgt 700 kg. Der Hubschrauber ist mit einem Kolbentriebwerk Lycoming O-360-J2A ausgerüstet. Das Muster wurde im Jahr 2007 durch die EASA nach der Bauvorschrift CS-27 zugelassen. Der Rotordurchmesser beträgt 7,20 m. Abb. 6 Drehzahlanzeige und Hauptrotordrehzahlwarnung (BARC) Quelle: Hélicoptères Guimbal Der zulässige Hauptrotordrehzahlbereich im Flug unterscheidet sich je nachdem, ob der Rotor vom Triebwerk angetrieben wird oder ob der Hubschrauber sich in einer Autorotation befindet. Angetrieben (Power On) soll die Hauptrotordrehzahl im grünen Bereich (515 bis 540 RPM) liegen. Sollte die Drehzahl außerhalb dieses Bereichs sein, wird der digitale Zahlenwert farblich gelb oder rot hervorgehoben. Zusätzlich verfügt der Hubschrauber über eine Hauptrotordrehzahlwarneinrichtung, die optisch und akustisch bei Unter- oder Überdrehzahl den Piloten warnen soll. Der Hub- schrauber verfügt über einen elektronischen Triebwerkdrehzahlregler (Governor), der über einen Stellmotor den Vergaser des Triebwerks ansteuert und mit Leistungsän- derungen die Hauptrotordrehzahl im grünen Bereich hält. Der Governor kann manu- - 24 -
Bulletin ell mit dem Drehgas am kollektiven Verstellhebel durch den Piloten übersteuert wer- den. Der betroffene Hubschrauber Cabri G2, Baujahr 2013, hatte die Seriennummer 1048. Das Betriebsleergewicht betrug laut Wägebericht ca. 433 kg. Zum Unfallzeitpunkt be- trug die Flugmasse ca. 592 kg. Der Schwerpunkt lag im zulässigen Bereich. Die Ge- samtbetriebszeit des Hubschraubers betrug laut Betriebsstundenzähler 3 047,2 Stunden mit 6 935 Landungen. Die letztmalige Bescheinigung über die Prü- fung der Lufttüchtigkeit (ARC) erfolgte am 07.05.2020. Das letztmalige Release to Service, nach einer 50-Stunden-Instandhaltungskontrolle, erfolgte am 19.11.2020. Der Hubschrauber war in Deutschland zum Verkehr zugelassen. Meteorologische Informationen Entsprechend der Routinewettermeldung (METAR) um 13:50 Uhr des ca. 11 nauti- sche Meilen (NM) entfernten Verkehrslandeplatz Mannheim (EDFM) wurden dort fol- gende Flugwetterbedingungen beobachtet: Der Wind kam aus 050° mit 4 kt, variabel zwischen 020° und 090°. Die Sicht in Bo- dennähe betrug mehr als 10 km. Es gab keine signifikante Bewölkung unterhalb von 5 000 ft (CAVOK). Die Temperatur wurde mit 6 °C und der Taupunkt mit 0 °C ange- geben. Der Luftdruck (QNH) betrug 1 002 hPa. Nach Angaben des Flugleiters herrschte in Speyer ein Wind aus ca. 140° mit 5 bis 6 kt. Funkverkehr Der Funkverkehr zwischen dem Piloten des Hubschraubers und dem Flugleiter am Verkehrslandeplatz Speyer wurde aufgezeichnet. Die Aufzeichnung stand der BFU zur Auswertung zur Verfügung. Angaben zum Flugplatz Der Verkehrslandeplatz Speyer (EDRY) liegt ca. 0,5 NM südöstlich des Stadtgebiets von Speyer in einer Höhe von 312 ft AMSL. Er verfügt über eine asphaltierte Piste mit einer Länge von 1 677 m in einer Ausrichtung von 160°/340° als Hauptlandebahn sowie eine 480 m lange parallele Graspiste. - 25 -
Bulletin Flugdatenaufzeichnung Der Hubschrauber war nicht mit einem Flight Data Recorder (FDR) oder Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgerüstet. Diese Aufzeichnungsgeräte waren entsprechend den gültigen Luftfahrtvorschriften nicht gefordert. Der Hubschrauber verfügte über ein digitales Display, einen sogenannten Electronic Pilot Monitor (EPM). Das EPM zeigt dem Piloten alle Triebwerks-, Drehzahl- sowie Leistungsparameter an. Das EPM verfügt über eine Flight-log-Funktion, welche die Betriebs- und Flugzeiten sowie den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch speichert. Ebenso verfügt es über eine Sensor-/Alarm-Status Funktion, die mögliche Fehlfunk- tionen von Sensoren anzeigt und gespeichert werden. Sowohl die Flight-log-Page als auch die Sensor-/Alarm-Page konnten von der BFU aufgerufen werden. Es waren keine Fehlfunktionen gespeichert. Der Flug wurde von einer Kamera am Flugplatz Speyer aufgezeichnet. Die Aufzeich- nung lag der BFU zur Auswertung vor. Aufgrund des Blickwinkels ist nicht zu erken- nen, wann der Hubschrauber von der Piste wegkurvt. Es ergibt sich je Kurvenan- nahme eine andere Gesamtflugstrecke und damit einhergehende veränderte Durchschnittsgeschwindigkeit des Hubschraubers, bevor er den Blickbereich der Kamera verlässt. Abb. 7: Bestimmung Flugstrecke und Geschwindigkeit anhand der Filmaufzeichnung TM Quelle: Google Earth , Bearbeitung BFU Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Die Unfallstelle befand sich auf der südöstlichen Ecke des Verkehrslandeplatzgelän- des, ca. 40 m südöstlich der Abbiegung des Rollwegs H zum Rollweg S und - 26 -
Bulletin ca. 100 m östlich des Beginns der Piste 34 im Grasbereich. Der Hubschrauber lag in Richtung Nord auf seiner rechten Rumpfseite. Direkt neben der rechten Kufe war in Kufenlänge die Grasnarbe aufgerissen. Das Kufenlandegestell als Ganzes war, bis auf einen Beschlag, vom Hubschrauber losge- rissen. Der Hecksporn war zur Seite nach links weggebogen. Die Finne unterhalb des Fenestrons war eingerissen. Das rechte Höhenleitwerk war nach unten abge- knickt, es lag der Heckausleger darauf. Die Fenestronummantelung wies teilweise Kratzspuren der Fenestronblätter auf. Die sieben Fenestronblätter waren unbeschä- digt. Die geöffnete rechte Kabinentür lag zerstört unter dem Hubschrauber. Abb. 8: Übersicht der Unfallstelle und Beschädigungen am Hubschrauber Quelle: BFU Die drei Hauptrotorblätter waren beschädigt. Sie waren weiterhin mit dem Rotorkopf verbunden. Der Antriebsstrang zwischen Triebwerk, Antriebsriemen, Hauptgetriebe, Heckrotorwelle und Fenestrongetriebe war durchgehend verbunden und konnte von Hand vor Ort gedreht werden. Der Freilauf öffnete und griff unauffällig. Die Steuer- eingaben am Steuerknüppel, am kollektiven Verstellhebel, am Drehgas und an den - 27 -
Bulletin Pedalen wurden jeweils bis zum Rotorkopf, Vergaser und Fenestron übertragen. Der Governor-Switch befand sich bei Inaugenscheinnahme der BFU an der Unfallstelle in der OFF-Position. Der Tank war intakt. Vor Ort wurde der Kraftstoff von der Feuer- wehr abgepumpt. Der Notfunksender (ELT Kannad 406 AF-Compact) hatte laut Angaben des Fluglei- ters ausgelöst. Der Hubschrauber wurde geborgen und für eine weitergehende tech- nische Untersuchung sichergestellt. Am 10. und 12.12.2020 wurde der Hubschrauber im Beisein des Halters technisch untersucht. Weder am Triebwerk, am Antriebsriemen, an der Spannvorrichtung, an den Luft-, Kraftstoff- und Ölfiltern, an den Getrieben, an den Spänewarnanzeigen, am Fenestron und an der Steuerung noch am Rotorkopf ergaben sich Hinweise auf eine Fehlfunktion oder technische Beeinträchtigung. Die Pilotensitzschale war unbeschädigt, jedoch war der Shock-Absorber des Sitzes vollständig eingefahren. Der Governor-Stellmotor für die automatische Leistungsregelung des Triebwerks wurde von 0 % bis 100 % gemäß Maintenance Manual ohne Auffälligkeiten über- prüft. Der Stellmotor konnte über den gesamten Regelbereich manuell mit dem Drehgas übersteuert werden. Die elektronischen Steuereinheiten des Governor sowie der Hauptrotordrehzahlwar- nung wurden ausgebaut und zur Prüfung unter Aufsicht der französischen Sicher- heitsuntersuchungsbehörde (BEA) an den Hersteller des Hubschraubers versandt. Bei der Funktionsüberprüfung ergaben sich keine Hinweise auf eine Fehlfunktion. Brand Hinweise auf ein Feuer im Flug oder durch den Unfall ergaben sich nicht. Organisationen und deren Verfahren Halter des Hubschraubers war ein durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) genehmig- tes Luftfahrtunternehmen und genehmigter Ausbildungsbetrieb (ATO) mit eigenem Wartungsbetrieb nach EASA Part-145. Neben dem betroffenen Hubschrauber und anderen Mustern wurden weitere Hubschrauber des Typs Cabri G2 betrieben. Der Halter stellte der BFU die gesamte Schülerakte sowie die technischen Unterla- gen des Hubschraubers zur Verfügung. - 28 -
Bulletin Zusätzliche Informationen Aufgrund von Unfällen im Zusammenhang mit unkontrolliertem Drehen um die Hoch- achse hat der Hubschrauberhersteller mehrere Service Letter zur Information und Systembeschreibung erstellt, z. B.: Service Letter 12-001 A “Yaw control in ap- proach” und Service Letter 19-002 A “Controllability in yaw at low rotor speed” Der Hersteller empfiehlt grundsätzlich: […] Advice 1: Never wait to correct a sideslip Advice 2: Never hesitate to apply full right pedal Advice 3: When practicing spot-turns at low height above the ground, always do it “on the power pedal” […] Low rotor speed situations can always be avoided by taking adequate precautionary measures. Nonetheless, in case of a low rotor speed, if full right pedal is applied, or is close to being applied, the following recommendations must be used: Do not raise the collective, it would aggravate the situation Lower the collective as much as possible: - If height is sufficient, increase airspeed using forward cyclic input - If height is low, manage the contact with the ground Do not try to increase the rotor speed by turning the twist grip, it can only aggravate the situation Im Flughandbuch des Hubschraubers hat der Hersteller Normal- und Notverfahren beschrieben. Laut Flughandbuch soll ein Standard-Start und -Abflug nach folgendem Profil erfolgen: - 29 -
Bulletin Im Falle von Störungen der Steuerung um die Hochachse oder Antriebsverlust des Fenestrons sieht das Flughandbuch vor: - 30 -
Bulletin Untersuchungsführer: Axel Rokohl Untersuchung vor Ort: Uwe Reibel - 31 -
Bulletin Die Untersuchung wird in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Okto- ber 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störun- gen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfäl- len und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Unter- suchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str. 16 38108 Braunschweig Telefon 0 531 35 48 - 0 Telefax 0 531 35 48 - 246 Mail box@bfu-web.de Internet www.bfu-web.de - 32 -
Bulletin Zwischenbericht Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 23.12.2020 Ort: nahe Pegnitz Luftfahrzeug: Flugzeug Hersteller: Reims Aviation Muster: Cessna F 172 M Personenschaden: Pilot tödlich verletzt Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört Drittschaden: Flurschaden Aktenzeichen: BFU20-1056-3X Kurzdarstellung Der Privatpilot war mit dem Flugzeug um kurz nach 16 Uhr am Flugplatz in Landshut gestartet. Etwa 50 Minuten nach dem Start prallte das Luftfahrzeug ca. 120 km nörd- lich des Startflugplatzes nahe der Stadt Pegnitz auf den Boden. - 33 -
Bulletin Sachverhalt Ereignisse und Flugverlauf Nach Zeugenangaben hatte der Pilot die Cessna F 172 M über das elektronische Buchungstool eines Luftsportvereins ab dem 22.12.2020 für 10 Tage gechartert. Ge- plant war zunächst ein Flug nach Kulmbach. Von dort aus sollten zwischen den Weihnachtsfeiertagen weitere Flüge durchgeführt werden. Der Pilot rief gegen 15 Uhr am Zielflugplatz Kulmbach an, um sich nach dem dienst- habenden Flugleiter und den Wetterbedingungen für den geplanten Flug zu erkundi- gen. Am Telefon wurde ein Mitarbeiter einer ansässigen Firma erreicht. Ihm wurde mitgeteilt, dass kein Flugleiter am Flugplatz wäre und der Firmenmitarbeiter kein Flu- gleiter sei und dass er kein Pilot sei. Er habe dem Piloten mitgeteilt, dass aufgrund der aufliegenden Wolken er sich nicht vorstellen könne, dass man an diesem Nach- mittag Kulmbach anfliegen könne. Er gab dem Piloten die Kontaktdaten des Flug- platzbetreibers, um dort einen Flugleiter für den geplanten Flug anzufragen. Nach Angaben des Flugplatzbetreibers gingen auf den veröffentlichten Telefonnummern für eine PPR-Erlaubnis (Prior Permission Required) keine diesbezüglichen Anrufe ein. Der Flugleiter am Startflugplatz Landshut gab an, dass der Pilot zum ersten Mal in Landshut am Flugplatz gewesen sei und sich nach dem Hangarstandort der Cessna erkundigt habe. Der Pilot habe einen hastigen Eindruck auf ihn gemacht. Der Pilot gab als Flugziel Kulmbach an. Anstelle zur durch den Flugleiter genannten Piste 25 rollte der Pilot das Flugzeug zur Piste 07. Der Abflug auf der Piste 07 in Landshut er- folgte um 16:04 Uhr1 . Die von dem Flugsicherungsunternehmen aufgezeichneten Radardaten und die Flugwegdaten des im Flugzeug eingebauten FLARM-Gerätes TRX-2000 zeigten ei- nen Flugverlauf von Landshut in nordnordwestlicher Richtung. Ein Zeuge gab an, das tieffliegende Flugzeug im Bereich von Pegnitz gesehen zu haben. Die Wolkenuntergrenze dort schätzte er auf 600 bis 800 ft über Grund. Aus den Aufzeichnungen des FLARM-Gerätes ging hervor, dass das Flugzeug in der Nähe des Ortes Ohrenbach gegen 16:50 Uhr eine Richtungsänderung nach links zum südwestlich gelegenen Ort Michelfeld vollführte. Dort kurvte das Flugzeug dann 1 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit - 34 -
Bulletin in nordwestliche Richtung nach Pegnitz. Am südlichen Rand der Stadt Pegnitz erfolg- te ein Kurswechsel nach Nordosten in Richtung des Flugplatzes Pegnitz-Zipser Berg. Um 16:53 Uhr, etwa 500 m südwestlich des Flugplatzes, ging das Luftfahrzeug in ei- ne Linkskurve. Nachdem es um etwa 270° gekurvt war, begann das Flugzeug nach rechts in südwestliche Richtung zu kurven und flog weiter zum Waldgebiet Velden- steiner Forst. Über dem Waldgebiet drehte das Flugzeug in nördliche Richtung und folgte der Autobahn A9. Im Bereich der Ortschaft Neudorf erfolgte um 16:57 Uhr ein Sinkflug entlang der Autobahn. Im Bereich des Berges Kleiner Kulm erfolgte eine Richtungsänderung nach Westen und das Flugzeug prallte auf den Boden. Die Auf- zeichnungen des FLARM-Gerätes enden um 16:59 Uhr im Bereich der Unfallstelle. Abb1: Flugverlauf mit Daten aus dem TRX-2000 FLARM Grafik: BFU, Open Street Maps Gegen 17:00 Uhr empfing die SAR-Leitstelle das ELT-Notsignal (Emergency Locator Transmitter) des Flugzeuges. Um 21:55 Uhr fanden Suchkräfte das Flugzeugwrack in unwegsamem Gelände un- weit der Autobahn A9. Angaben zu Personen Der 28-jährige verantwortliche Luftfahrzeugführer war seit 17.06.2020 Inhaber einer Pilotenlizenz, erteilt gemäß Part-FCL, ausgestellt durch die österreichische Luftfahrt- behörde Austro Control. Die Lizenz beinhaltete die Klassenberechtigung Single En- gine Piston (SEP (land)) und war gültig bis 31.03.2022. Das medizinische Tauglich- - 35 -
Bulletin keitszeugnis des Piloten Klasse 2/LAPL war gültig bis 02.05.2024 und mit der Aufla- ge VCL, valid by day only ausgestellt. Die Gesamtflugerfahrung des Piloten betrug inklusive der Ausbildungsflugzeiten ca. 68 Stunden. Seine Flugerfahrung als verantwortlicher Flugzeugführer betrug 31:19 Stunden. Auf dem Unfallmuster hatte er eine Erfahrung von 16 Stunden. Aus den Eintragungen im persönlichen Flugbuch geht hervor, dass er auf verschiedenen Flugzeugen des Musters Cessna 172 geflogen hatte. In den letzten 90 Tagen hatte er 2:30 Stunden auf dem Muster geflogen. Angaben zum Luftfahrzeug Bei dem Flugzeug Cessna F 172 M handelte es sich um einen abgestrebten Schul- terdecker in Ganzmetallbauweise mit nichteinziehbarem Fahrwerk in Bugradanord- nung und einem Kolbentriebwerk mit Zweiblattpropeller. Das Luftfahrzeug war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und wurde von einem Luftsportverein betrieben. Hersteller: Reims Aviation Cessna (Frankreich) Muster: F 172 M Werknummer: 1360 Baujahr: 1975 Triebwerkstyp: Lycoming O-320-E2D Maximale Abflugmasse: 1 043 kg Leergewicht: 673 kg Gesamtflugzeit: 6 900 Stunden Laut den technischen Unterlagen des Flugzeuges wurde die Lufttüchtigkeitsüberprü- fung (ARC) zuletzt am 24.07.2020 bei einer Betriebszeit von 6 805 Stunden und 14 019 Landungen bescheinigt. Meteorologische Informationen Nach Angaben des Flugleiters am Flugplatz Landshut lag die Wolkenuntergrenze bei 5 000 ft über Grund und der Luftdruck (QNH) betrug 1 014 hPa. Ersthelfer berichteten von leichtem Regen an der Unfallstelle. Der Sonnenuntergang in Pegnitz war um 16:16 Uhr. - 36 -
Bulletin Laut der Routinewettermeldung (METAR) des 27 km östlich gelegenen Militärflug- platzes Grafenwöhr Army Air Field (ETIC), Ausgabezeit 16:56 Uhr, herrschten dort folgende Wetterbedingungen: Wind: 170° mit 6 kt Sicht: 10 km oder mehr Wetter: leichter Regen Wolken: 3/8 - 4/8 in 2000 ft über Flugplatzniveau 5/8 - 7/8 in 3700 ft über Flugplatzniveau bedeckt (8/8) in 5000 ft über Flugplatzniveau Um 17:07 Uhr wurde ein gesonderter Wetterbericht (SPECI) herausgeben. Darin wurden folgende Wetterinformationen berichtet: Wind: 170° mit 4 kt Sicht: 10 km oder mehr Wetter: leichter Regen Wolken: 1/8 - 2/8 in 800 ft über Flugplatzniveau 3/8 - 4/8 in 2000 ft über Flugplatzniveau 5/8 - 7/8 in 2600 ft über Flugplatzniveau bedeckt (8/8) in 3800 ft über Flugplatzniveau Wind schwankt zwischen 021° und 037° Die BFU hat beim Deutschen Wetterdienst ein Wettergutachten in Auftrag gegeben. Funkverkehr Der Sprechfunkverkehr zwischen dem Pilotenund dem Flugleiter am Startflugplatz wurde aufgezeichnet und lag der BFU vor. Angaben zum Startflugplatz Der Verkehrslandeplatz Landshut (EDML) verfügt über eine 900 x 23 m lange befes- tigte und 900 x 30 m unbefestigte Graspiste. Öffnungszeiten in der Winterzeit sind beschränkt auf: „09:00Z til SS SS til SS+30 PPR“ Am 24.12.2020 war der Verkehrslandeplatz ganztags geschlossen und kein PPR möglich. - 37 -
Bulletin Angaben zum Zielflugplatz Der Verkehrslandeplatz Kulmbach (EDQK) verfügt über eine 719 x 30 m lange As- phaltpiste und eine 750 x 50 m lange Graspiste. Der Verkehrslandeplatz hat keine Zulassung für Nachtflüge nach Sichtflugbedingungen (NVFR). Zur Winterzeit sind die Betriebszeiten des Verkehrslandeplatzes Kulmbach einge- schränkt und unterliegen der PPR-Regelung: "Winter 1 NOV - 31 MAR O/R 0730-SS UTC (6 HR vorher/earlier, O/T PPR)" Flugdatenaufzeichnung Das Flugzeug war mit Nexus Moving map Tablet-Computern ausgestattet. Die Gerä- te lagen der BFU zur Auswertung vor. Zusätzlich waren zwei Garmin COM/NAV- Geräte und ein TRX-2000 FLARM im Luftfahrzeug verbaut. Aus dem TRX-2000 konnten die Daten ausgelesen werden. Abb. 2: Ausstattung der verunfallten Cessna Quelle: Halter Die BFU hatte Radardaten vom zuständigen Flugsicherungsunternehmen erhalten. Es lagen nur Primärradardaten vor. - 38 -
Bulletin Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Die Unfallstelle befand sich im Bereich des Kleinen Kulm ca. 1 km östlich der Ort- schaft Kosbrunn und ca. 200 m östlich der Bundesautobahn A9 auf einem Feld. Die Unfallstelle befand sich in einer Höhe von 1 870 ft AMSL. Abb. 3: Bereich der Unfallstelle mit Trümmerfeld Quelle: BFU - 39 -
Bulletin Die ersten Spuren einer Hindernisberührung des Fahrwerks mit 80 cm hohem Be- wuchs befanden sich ca. 40 m westlich vor der Endlage des Wracks an einer Wald- kante. Etwa 10 m nach der ersten Hindernisberührung befanden sich Aufschlagspu- ren des Bugrades und der linken Tragfläche. Das Wrack kam in Rückenlage zum Liegen. Das linke Hauptfahrwerk war abgedreht, ebenso der vordere Teil des Rump- fes. Die Landeklappen waren eingefahren. Der Gemischregler befand sich in Stellung „voll reich“, die Leistungseinstellung befand sich in Stellung „Vollgas“. Der Drehzahl- messer zeigte 2 400 min-1. Der Höhenmesser zeigte 1 500 ft (Nebenskala QNH 1 015) an. Der Tankwahlschalter wurde in Stellung „both“ vorgefunden. Es wurden ca. 20 Liter Kraftstoff aus dem rechten Tank abgepumpt. Eine unbekannte Menge Restkraftstoff war ausgelaufen. Es konnten aus dem stark beschädigten Motor drei Zündkerzen begutachtet werden. Die drei Zündkerzen zeigten ein unauffälliges Verbrennungsbild. Abb. 4: Zündkerze aus der Triebwerksuntersuchung vor Ort Quelle: BFU Medizinische und pathologische Angaben Die Leiche des Piloten wurde obduziert. Als Todesursache wurde ein Polytrauma festgestellt. Es wurden keine Spuren gefunden, die auf einen angelegten Sichergurt hinweisen. - 40 -
Bulletin Brand Es entstand kein Brand. Untersuchungsführer: Knoll Untersuchung vor Ort: Drescher Mäußl Die Untersuchung wird in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Okto- ber 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störun- gen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfäl- len und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Unter- suchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str. 16 38108 Braunschweig Telefon 0 531 35 48 - 0 Telefax 0 531 35 48 - 246 Mail box@bfu-web.de Internet www.bfu-web.de - 41 -
Bulletin Teil 3 : Neu veröffentlichte Untersuchungsberichte www.bfu-web.de/Berichte Pos. Datum Ort Luftfahrzeug(e) Aktenzeichen Berichtsmonat 1 16.09.2017 Heppenheim Rolladen Schneider / LS 7-WL BFU17-1271-3X Februar 2021 2 08.12.2015 Augsburg Cessna Aircraft / Cessna 340A BFU15-1675-3X Februar 2021 3 08.10.2019 Münster-Osnabrück BAe Systems / Jetstream 3200 BFU19-1422-EX Februar 2021 4 22.08.2019 Bogenhorn Reims Aviation / FR 172 H BFU19-1150-3X Februar 2021 5 27.04.2020 Köln-Bonn Avions de Transport Régional / ATR72-212 BFU20-0251-EX Januar 2021 6 14.05.2019 Birrfeld / Schweiz Amateurbau / Alfa HB 207 RG BFU19-0580-DX Januar 2021 7 17.11.2018 Hildesheim Stemme / S 10-V BFU18-1659-3X Januar 2021 8 01.06.2018 Bad Neuenahr-Ahrweiler Murphy Aircraft / Renegade 472 912 ULS BFU18-0686-3X Januar 2021 9 27.05.2018 Nürtingen Aerospool / Dynamic WT9 BFU18-0629-3X Januar 2021 10 22.04.2010 Lenningen Schempp-Hirth / Nimbus 4M 3X038-10 Januar 2021 - 42 -
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