Bush hetzt seine Hunde auf Clarke

 
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Bush hetzt seine Hunde auf Clarke
Fast 500.000 verkaufte Exemplare in drei Tagen - die
Enthüllung von Bushs ehemaligem Terrorberater Richard
Clarke schlägt alle Rekorde. Clarkes brisanter Vorwurf:
Der US-Präsident habe Bin Laden ignoriert, weil er auf
einen Umsturz im Irak versessen war. Das Weiße Haus
schlägt mit einer einmaligen Propagandaoffensive
zurück.

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Washington - Beim Online-Buchhändler
Amazon steht "Against All Enemies" auf
Platz eins, nur drei Tage nach
Verkaufsbeginn ließ der Verlag Simon &
Schuster schon die fünfte Auflage
produzieren, womit die Zahl der
gedruckten Bücher bei 500.000 liegt. Der
Bestseller von Richard Clarke ist das
Gesprächsthema Nummer eins in der US-
Hauptstadt. Andere Verleger sind
neidisch: "Ich wünschte, es wäre
meines", gab Peter Osnos von "Public                      AFP
Affairs" zu. "Against All Enemies" sei     Clarke: "Das sind
zurzeit "das" Buch.                        armselige Leute"

Bei einer Umfrage gaben 42 Prozent der Erwachsenen an, sie
hätten schon "viel" gehört von Clarkes Vorwürfen, berichtet
die "Washington Post". 47 Prozent gaben immerhin an, "ein
wenig" davon zu wissen, und nur zehn Prozent gaben sich
ahnungslos. Clarke wirft der Regierung von Bush vor, nicht
genug getan zu haben, um das Land vor dem 11. September
2001 Terroranschlägen zu schützen. Clarke war
Antiterrorberater der letzten drei US-Präsidenten.

So locker wie Richard Armitage geht sonst niemand aus dem
Lager von Bush mit dem Werk Clarkes um. "Sie haben in den
Index des Buches gesehen, um zu überprüfen, ob ihr Name
drin steht", sagte James Thompson, der von den
Republikanern in die Untersuchungskommission berufen
wurde, die die Anschläge untersucht, zum stellvertretenden
Außenminister. "Und dann habe ich nachgesehen, was über
mich gesagt wird", teilte Armitage dem Gremium mit, das
daraufhin in Gelächter ausbrach.

                             Die US-Regierung will den Vorwurf
                             nicht auf sich sitzen lassen, die
                             Terrorgefahr vor dem 11. September
                             2001 unterschätzt zu haben.
                             Deswegen soll Rice ein zweites Mal
                             vor der unabhängigen Kommission
                             aussagen, die die Hintergründe der
                             Terroranschläge untersucht. Ihre
                             Aussagen sollen aber nicht öffentlich
                             sein, wie von Mitgliedern der
                             Kommission und Hinterbliebenen der
                        AP   Terroranschläge gefordert wird.
Georg W. Bush:
"Falsche Erklärungen"   Die schweren Vorwürfe von Bushs
                        früherem Terrorabwehr-Berater sind
für Bush und sein Wahlkampfteam explosiv. Denn sie stellen
das Image des Präsidenten als verlässlichen Kämpfer gegen
den Terrorismus in Frage. Angesichts des ohnehin schon
starken Gegenwindes durch den demokratischen
Herausforderer John Kerry wird man im Weißen Haus nervös.
Mit massiven Attacken versucht die US-Regierung ihren
ehemaligen Berater Clarke zu diskreditieren.

Rice: "Verleumderische Vorwürfe"

Besonders Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice ging den
früheren Bush-Vertrauten persönlich an. Clarkes Vorwürfe
seien "verleumderisch", teilte sie in unzähligen TV-Sendungen
mit. Sie warf Clarke vor, aus kommerziellem Interesse falsche
Angaben zu machen: "Er muss seine Geschichte passend
bekommen."

Das Bush-Team versucht, Clarke
als unglaubwürdig darzustellen.
Der 53-Jährige sei ein frustrierter
Beamter, der sich mit seinem
Buch räche, weil er bei einer
Beförderung übergangen worden
sei. Clarke hatte sich angeblich
vergebens um den Posten des
stellvertretenden Direktors der                                AP
Heimatschutzbehörde beworben.          Rice: Rüge per E-Mail
Die Regierung veröffentlichte außerdem erstmals E-Mails von
Clarke und dessen Rücktrittsschreiben vom März vergangenen
Jahres, in dem er Bushs Führungsstärke lobte. In einer E-Mail
von Rice rügt sie Clarke, weil dieser wiederholt bei ihren
morgendlichen Briefings geschwänzt habe. Clarke habe ein
immer größer werdendes Glaubwürdigkeitsproblem, sagte
Bush-Sprecher Scott McClellan: "Er gibt Erklärungen ab, die
völlig falsch sind."

Sehr untyisch für das Weiße            IN S PIE GE L O NL INE
Haus werden Journalisten fast       Bushs zweifelhafter Humor:
rund um die Uhr zu Interviews       Chemiebomben unter dem
und Pressekonferenzen               Sofa? (26.03.2004)
geladen. "Für jedes Interview,
das er gibt, werden wir ihm
drei auf den Hals hetzen",
drohte McClellan.

"Sie sind verletzbar, deshalb greifen sie so hart an", wertet
James A. Thurber, Leiter des Zentrums für Kongress- und
Präsidentenstudien an der American University in Washington,
die Attacken aus dem Weißen Haus. "Man muss schon bis
nach Vietnam und Watergate zurückgehen, um ähnlich
aggressive Statements aus dem Weißen Haus zu bekommen",
sagte er in der "Washington Post".

Clarke selbst beschwerte sich über das Vorgehen des Bush-
Lagers. "Das sind armselige und gemeine Leute", sagte er in
der Sendung "Nightline" von ABC. Rückendeckung bekam er
vom demokratischen Senator Thomas Daschle. Bush habe im
Jahre 2000 nach dem Wahlkampf versprochen, dass sich der
Umgang miteinander in Washington bessern werde. "Aber nun
tun die Leute um ihn herum Dinge, die nicht getan werden
sollten und die vorher niemals getan wurden."

Alwin Schröder

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                        26. März 2004

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