Straßenbenennungen: ein Spiegel lokaler Gendersensibilität
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Straßenbenennungen: ein Spiegel lokaler Gendersensibilität Eine Arbeit im Zuge der Lehrveranstaltung „Seminar zur Fachdidaktik: Die Straße - der Straßenname“ der Universität Klagenfurt LV-LeiterInnen: Prof. Mag. Dr. Friedrich Palencsar Patricia Katharina Schober AutorInnen: Julia Klocker - jklocker@edu.aau.at Katharina Eder - keder@edu.aau.at Katarina Nussbaumer - kanussba@edu.aau.at Alexander Sonnleitner- asonnlei@edu.aau.at
"Straßennamen sind unbestritten gewachsenes Kulturgut und spie- geln allgemeine Zeitströmungen, aber auch Besonderheiten der loka- len Ortsgeschichte wider." 1 1 DEUER, WILHELM: Die "Fachkommission für die Klagenfurter Straßen- und Plätzenamen". Erfahrungen eines Mitglieds mit Politik und Presse. In: FELSNER, BARBARA(Hrsg.) Archivwissen schafft Geschichte. Festschrift für Wilhelm Wald zum 60. Geburtstag. Klagenfurt, 2014. S. 801. 2
Diese Arbeit, mit dem Namen „Straßenbenennungen: ein Spiegel lokaler Gender- sensibilität“, wurde im Rahmen der Lehrveranstaltung "Seminar zur Fachdidaktik: Die Straße - Der Straßennamen" erarbeitet, welche von Herrn Mag. Dr. Friedrich Palenc- sar und Frau Patricia Katharina Schober am Institut für Geographie und Regionalfor- schung der Alpen-Adria Universität Klagenfurt am Wörthersee geleitet wurde. Ziel der StudentInnen war es, einen graphischen sowie interpretatorischen Überblick der Verkehrswegbezeichnungen, der einzelnen Bezirkshauptstädte im Bundesland Kärn- ten zu liefern, auf die Ungleichheit aufmerksam zu machen und auch Vorschläge für nach Frauen benannte Verkehrswege zu machen. Die Landeshauptstadt Kärntens stellt mit ihrer Fülle an Verkehrswegen ein breites Spektrum an Untersuchungsgrund- lagen dar. Ein Drittel der gesamten Verkehrswege in Klagenfurt am Wörthersee sind nach Personen benannt worden. Dabei dominieren die nach Männern benannten Verkehrswege. Die nachstehende Tabelle soll den jeweiligen prozentualen Anteil der nach männlichen und weiblichen Personen benannten Verkehrswege verdeutlichen. Verkehrswege in Klagenfurt am Wörthersee Gesamt 1421 100% Personennamen 494 34,76% Männlich 461 32,44% Weiblich 33 2,32% Tabelle 1: Anzahl der Verkehrswege Graphik 1: Prozentualer Anteil Auffallend ist, dass die meisten nach Frauen benannten Verkehrswege in den äuße- ren Randbezirken Klagenfurts liegen. In St. Martin befinden sich acht nach Frauen benannte Verkehrswege, kurz gefolgt von Annabichl, Viktring und St. Peter. Sehr auffallend ist, dass im Stadtkern (innerhalb des Ringes), nur eine Straße und ein Platz jeweils nach einer Frau benannt wurden. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass am 1. Januar 1973 die Bildung der Großgemeinde Klagenfurt von statten ging. Ehe- 3
mals selbstständige Gemeinden wie Hörtendorf, St. Jakob an der Straße, Viktring, Wölfnitz und weitere 51 Ortschaften wurden in Klagenfurt eingemeindet. Daher wur- den sehr viele Verkehrswege zu dieser Zeit benannt beziehungsweise umbenannt, wobei sich die Gelegenheit ergeben hätte, Verkehrswege nach Frauen zu benennen. Die nachstehende Karte soll die Verteilung beziehungsweise die Lage der nach männlichen und weiblichen Personen benannten Verkehrswege verdeutlichen. Auf- fallend ist, dass auch bei jüngeren Benennungen (ab dem Jahr 2000 und später) männliche Persönlichkeiten bevorzugt wurden, obwohl man meinen könnte, dass inzwischen mehr Gendersensibilität herrscht. Abbildung 1: Nach Personen benannte Verkehrswege in Klagenfurt a. W. (Geschlecht) Innerhalb eines Semesters haben wir uns mit der Verteilung, der Art, der Benen- nungsgrundlage, den Zeitraum der Benennung aller nach Personen benannten Ver- kehrswege in Klagenfurt am Wörthersee beschäftigt und dabei Defizite aber auch Zusammenhänge erforscht. Es ist sofort ersichtlich, dass die nach Männern benannten Verkehrswege dominie- ren. Bei den wenigen nach Frauen benannten Verkehrswegen überwiegen Vorna- men bzw. fiktive Vornamen. Dabei zwingt sich die Frage auf, wo die großen Töchter unserer Heimat sind. Für uns stellte sich heraus, dass diese größtenteils nur auf dem Papier existieren und viele schon in Vergessenheit geraten sind. Doch um sie auch ehrenhaft hervorzuheben, benötigen wir eine Erinnerungskultur, die uns diese wun- derbaren Frauen auch in unserem Alltag nicht vergessen lassen. Dabei kamen wir zu der Entscheidung, dass es für die Stadt Klagenfurt eine wichtige Aufgabe wäre, Frauen mit einem Bezug zu dem Land oder sogar zu der Stadt zu ehren und ihnen eine Benennung eines Verkehrsweges zukommen zu lassen, damit ihr Name und 4
ihre Taten bei zukünftigen Generationen nicht in Vergessenheit geraten. Die vorge- schlagenen Beispiele von verdienstvollen Frauen bieten dabei einen guten Ansatz um sich darüber Gedanken zu machen und wir hoffen, mit unserer Arbeit einen klei- nen Denkanstoß zu geben um den Verdienst von Klagenfurterinnen in das Stadtbild würdevoll einfließen zu lassen. Vorschläge für nach Frauen benannte Verkehrswege: LORE KUTSCHERA (1917-2008): Eigentlicher Name: Eleonore Kutschera-Mitter. International anerkannte Wurzelforscherin und Auto- rin der bekannten Wurzelatlas-Bände. Gründerin des pflanzensoziologischen Instituts in Klagenfurt 1953. Auswahl von Auszeichnungen: 2 - 1962: Theodor-Körner-Preis Abbildung 2: L. Kutschera - 1991: Ehrenurkunde der Landeshauptstadt Klagenfurt - 1997: Goldene Medaille vom Stadtsenat - 2003: Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins für Kärnten - 2007: Ehrenzeichen des Landes Kärnten3 MARIA TUSCH (1868-1939): Sie arbeitete bereits als zwölf-Jährige in der Tabakfab- rik in Klagenfurt. Sie engagierte sich in der Gewerkschaft, war Politikerin und Funktionärin der Sozialdemokratischen Arbeiter- partei Österreich. Im Jahr 1919 wurde sie als erste Nationalratsabgeord- 4 nete angelobt und war bis zum Verbot der Partei 1934 Abbildung 3: M. Tusch durchgehend im NR vertreten. 2 Abbildung 2: Online im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Lore_Kutschera. (Zugriff: 08.06.2015). 3 SOBOTNIK MONIKA und ROLAND K.: Univ.-Prof. DI Dr. Lore Kutschera. In: Naturwissenschaftlicher Verein für Kärn- ten (Hg.), Carinthia II. Klagenfurt, 2009. S. 267-271. 4 Abbildung 3: Online im Internet: http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01444/index.shtml. (Zugriff: 08.06.2015). 5
Sie setzte sich für die soziale Absicherung von Frauen und Müttern ein, sowie für die Straffreiheit im Falle einer Abtreibung. "Frauen, Ihr müßt selbstbewußt werden!" Dies waren meist die Worte, mit de- nen sie ihre Reden beendete. Die Gemeinde Wien hat bereits eine Straße nach Maria Tusch benannt5. MARIA STROMBERGER (1898-1957): Die gebürtige Kärntnerin wurde als „Engel von Auschwitz“ bekannt. Sie arbeitete ab 1. Oktober 1942 als Kranken- schwester im SS-Revier in Auschwitz. Sie half den Gefangenen dabei, Lebensmittel und Medikamente in das Lager zu schmuggeln. Obwohl sie sich selbst größter Gefahr aussetzte, schmuggelte sie ab 1944 für die Widerstandsbewe- gung immer wieder Pläne und Dokumente über das Lager nach draußen, um die Bevölkerung zu infor- mieren. Abbildung 4: M. 6 Stromberger Mit manchen Häftlingen aus Auschwitz hatte sie bis zu ihrem Tode Kontakt. In Bregenz wurde bereits eine Straße nach ihr benannt7. Mit dieser Arbeit wollen wir keine Diskussion über Genderproblematik oder histori- sche Relevanz von Persönlichkeiten auffächern. Stattdessen möchten wir ehrenhaf- ten und verdienstvollen Bürgerinnen ein Denkmal setzen, um ihre Selbstlosigkeit und ihren Mut für das Wohl ihrer Mitmenschen, als Inspiration an bestehenden und zu- künftigen Generationen weiterzugeben. 5 Österreichische Nationalbibliothek. Frauen in Bewegung 1848-1938. Online im Internet: http://www.fraueninbewegung.onb.ac.at/Pages/PersonDetail.aspx?p_iPersonenID=8675478. (Zugriff: 07.05.2015). 6 Abbildung 4: Online im Internet: http://www.gerechte-der- pflege.net/wiki/index.php/Bild:Mariastromberger.jpg. (Zugriff: 08.06.2015). 7 LAUTERER KASSIAN: Maria Stromberger. Zum Gedenken an den „Engel von Auschwitz". Bregenz, 2007. S. 8ff. 6
Sie können auch lesen