Business Decision Management und Business Process Management

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Business Decision Management und Business Process Management
Business Decision Management und
Business Process Management –
Eine Einführung für Einsteiger

WHITE PAPER-REIHE „BUSINESS DECISION MANAGEMENT“

BSC – Dr. Jürgen Pitschke
Autor: Dr. Jürgen Pitschke
www.enterprise-design.eu

Dieses Dokument enthält Beitrage von
Signavio GmbH
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Business Decision Management und Business Process Management
Inhaltsverzeichnis

1. Gutes Geschäftsprozessmanagement braucht „Business Process Management“ ........ 3

2. Was ist eine „Business Decision“?............................................................................................... 4

3. Wer entscheidet im Unternehmen?........................................................................................... 5

4. Operative Entscheidungen und Business Process Management ....................................... 7

5. Business Process Management und Business Decisions ..................................................... 9
      5.1.      Komplexität innerhalb eines Prozess-Modells ............................................................................................... 9

      5.2.      Komplexität in Prozessmodell-Gruppen ....................................................................................................... 10

7. Business Decisions Elicitation mit DMN ..................................................................................13
      7.1.      Entscheidungen identifizieren und abgrenzen ............................................................................................ 13

      7.2.      Decision Requirements beschreiben ............................................................................................................. 14

      7.3.      Entscheidungslogik beschreiben ..................................................................................................................... 16

      7.4.      Entscheidungskontext beschreiben – Compliance, Prozess, Ziele und mehr ...................................... 17

      7.5.      Decision Elicitation – Iterativ und Agil............................................................................................................. 19

8. Entscheidungsmanagement ......................................................................................................20

9. Entscheidungsmodellierung mit DMN in Signavio ...............................................................21
      9.1.      Grafische Modellierung von Entscheidungsstrukturen ............................................................................. 21

      9.2.      Entscheidungstabellen ...................................................................................................................................... 22

      9.3.      Entscheidungen und ihr Prozesskontext ...................................................................................................... 23

      9.4.      Kollaboration im Fokus ...................................................................................................................................... 23

      9.5.      Funktionsumfang: Aktueller Stand und Ausblick ......................................................................................... 23

Literatur ................................................................................................................................................. 24

Kontakt................................................................................................................................................... 25

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Business Decision Management und Business Process Management
1. Gutes Geschäftsprozessmanagement braucht „Business Process
   Management“

Geschäftsprozessmanagement ist seit mehreren Jahren eine etablierte Disziplin in vielen Unternehmen.

Die Abläufe von Geschäftsprozessen werden beschrieben, analysiert und optimiert. Die einzelnen Aktivitäten
werden detailliert spezifiziert, um sie zu implementieren oder Arbeitsanleitungen zu erstellen.

Damit Business Process Management erfolgreich ist, muss Erreichtes immer wieder in Frage gestellt werden.
Das gilt für die verbesserten Geschäftsprozesse genauso, wie für die eingesetzten Arbeitstechniken oder die
verwendeten Werkzeuge.

Eine Erkenntnis vieler Anwender ist die Tatsache, dass die ausschließliche Beschreibung von Abläufen nicht
ausreicht. Zusätzlich wachsen die Anforderungen hinsichtlich Compliance mit gesetzlichen Vorgaben oder
internen Richtlinien. Neben der Beschreibung flexibler Prozesse ist „Business Decision Management“ ein
Haupttrend.

Die Erkenntnis, dass Geschäftsprozesse und Geschäftsregeln zusammen gehören, ist nicht neu. In der Ver-
gangenheit wurden dabei häufig einzelne Geschäftsregeln betrachtet. Das verursacht eine hohe Komplexität,
da es schwierig ist, eine große Menge von Regeln auf Konsistenz und Korrektheit zu prüfen. Eine einzelne
Aktivität benötigt nicht nur eine Geschäftsregel, sondern im allgemeinen eine Vielzahl von Regeln. Dafür wird
ein Ordnungsmechanismus benötigt, der in klassischen Geschäftsregel-Ansätzen nicht vorhanden war. Ver-
schiedene Anwendungsfälle benötigen andere Darstellungsformen der Geschäftslogik. Business Decision
Management bietet einen Ansatz, der für viele solcher Anwendungsfälle hervorragend geeignet ist.

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Business Decision Management und Business Process Management
2. Was ist eine „Business Decision“?

Wir verwenden häufig Begriffe, ohne uns zu vergewissern, was unser Gegenüber darunter versteht.
Missverständnisse sind vorprogrammiert.

Wenn wir umgangssprachlich von einer Business Decision oder Entscheidung sprechen, meinen wir
einerseits eine Aktivität oder aber auch das Ergebnis dieser Aktivität. Für die weiteren Abschnitte
konzentrieren wir uns auf den ersten Aspekt: Eine Entscheidung ist eine Aktivität.

In der Literatur gibt es verschiedene Sichten und Definitionen für Business Decisions.

Betrachten wir Business Decisions aus der Geschäftsprozess-Sicht, so zeichnen sie sich durch folgende
Eigenschaften aus:

     Eine Entscheidung stellt eine Auswahl aus verschiedenen Optionen oder eine Berechnung mit verschiedenen
     Optionen dar. Diese Auswahl basiert auf Fakten. Die Entscheidung hat eine Aktion zur Folge.

Betrachten wir diese Arbeitsdefinition etwas näher:

Kennzeichnend für eine Entscheidung ist, dass wir eine Auswahlmöglichkeit haben. Das gilt auch, wenn nur
eine der Auswahlmöglichkeiten zum Beispiel durch ein Gesetz als richtig anerkannt wird. Dann ist es Aufgabe
des Entscheiders die „richtige“ (die vorgeschriebene) Antwort zu finden.

Diese Auswahl basiert auf Fakten. Oft wird der Begriff „Fakt“ missverstanden. Es geht hier nicht um einen
mathematisch-logischen Wahrheitswert oder ähnliches. Vielmehr stammt der Begriff „Fakt“ aus der
Geschäftsregel-Welt und bezeichnet hier eine uns bekannte Information über Geschäftsobjekte. Das kann
ein Datensatz in unseren IT-Systemen sein oder eine Information, die uns zum Zeitpunkt der Entscheidung
bekannt wird.

Wenn wir Entscheidungen aus Geschäftsprozess-Sicht betrachten, hat eine solche Entscheidung eine Aktion
zur Folge. Es mag Anwendungsfälle geben, in denen eine Entscheidung nicht direkt Aktion zur Folge hat. Das
wollen wir hier nicht vertiefen.

Betrachten wir Business Decisions aus der Geschäftsregelsicht, dann finden wir z.B. folgende Definition:

     Eine Entscheidung repräsentiert eine Gruppe von Geschäftsregeln, die zu einer Schlussfolgerung führen und
     die auf Fakten basieren.

Wir fassen Geschäftsregeln, die zu einer Aktivität gehören, zusammen. Über den Aktionsteil wird hier nicht
gesprochen, das ist Sache des Geschäftsprozesses. Für den Begriff „Fakt“ gilt das oben gesagte.

Die erste Definition stellt eine Top-Down-Sicht dar. Von den Aufgaben in einem Geschäftsprozess ausgehend
untersuchen wir die Entscheidungen. Die zweite Sicht ist eine Bottom-Up-Sicht und gibt uns die Details einer
Entscheidung. Aus methodischer Sicht ist ein Top-Down-Vorgehen zu bevorzugen. Benötigt werden beide
Sichten.

Wir stellen dem Wort Decision immer das Wort „Business“ voraus, um zu betonen, dass es hier um
Entscheidungen geht, die ein Unternehmen oder eine Organisation im Rahmen seiner geschäftlichen
Aktivitäten trifft.

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Business Decision Management und Business Process Management
3. Wer entscheidet im Unternehmen?

Ein allgemeines Missverständnis ist die Einstellung, dass nur Manager Entscheidungen treffen. Das ist nicht
richtig. Wir finden im Unternehmensalltag verschiedene Arten von Entscheidungen, die unterschiedliche
Auswirkungen und unterschiedlichen Wert für das Unternehmen haben.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über verschiedene Entscheidungsarten.

 Wer entscheidet?                Über was?                          Entscheidungsumfang

 Management                      Strategische Entscheidungen        Geringe Anzahl
                                                                    Sehr hoher Wert einer
                                                                    Einzelentscheidung
                                                                    Hoher Gesamtwert

 Mittleres Management            Taktische Entscheidungen
                                 Vorgaben für Operative
                                 Entscheidungen

 Bearbeiter                      Operative Entscheidungen           Sehr hohe Anzahl von Entscheidungen
                                                                    Niedriger Wert einer
                                                                    Einzelentscheidung
                                                                    Möglicherweise hoher Gesamtwert

Tabelle 1: Wer entscheidet über was?

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Beispiele für solche Entscheidungen sind in der nachfolgenden Tabelle enthalten.

 Entscheidungstyp                 Beispiel

 Strategische                     Sollten wir Firma ACME übernehmen?
 Entscheidungen                   Sollten wir das Geschäftsfeld ABC aufgeben?

 Taktische                        Sollten wir eine Niederlassung in X eröffnen?
 Entscheidungen                   Sollten wir den Prozess A reorganisieren?

 Vorgaben für Operative           Welche Rabatte werden gewährt?
 Entscheidungen                   Welche Kundensegmente wollen wir erreichen?

 Operative                        Welchen Preis für das Produkt X soll ich diesem Kunden offerieren?
 Entscheidungen                   Soll ich den Antrag für Unterstützung von diesem Studenten akzeptieren?

                                  Ist dieses Auto sicher?
                                  Wie hoch sind die Gebühren für diese Transaktion?

Tabelle 2: Darstellung von Entscheidungstypen

Die verschiedenen Arten von Entscheidungen erfordern verschiedene Arten der IT-Unterstützung. Geht es
bei strategischen Entlscheidungen um eine Entscheidungsunterstützung durch Bereitstellung der für die
Entscheidung wichtigen Informationen (Stichwort Business Intelligence), ist bei operativen Entscheidungen
oft die (Teil-)Automatisierung das Ziel.

Im Weiteren betrachten wir ausschließlich operative Entscheidungen.

Operative Entscheidungen werden täglich hundert- oder tausendfachgetroffen. Das sind Entscheidungen,
die viele verschiedene Mitarbeiter im Unternehmen treffen. Daher geht es nicht darum, wie der Manager
diese Entscheidungen treffen würde. Es geht nicht darum, wie der erfahrenste Mitarbeiter diese Entschei-
dung trifft. Es geht darum, wie das Unternehmen oder die Organisation diese Entscheidung trifft, um
konsistentes, rechts-konformes Verhalten zu erreichen.

Nicht immer ist eine (Teil-)Automatisierung operativer Entscheidungen möglich oder sinnvoll. Nicht immer
geht es um die Entscheidungen, die den höchsten ökonomischen Wert für das Unternehmen haben.
Manchmal geht es um eine einheitliche Kommunikation oder ein konformes Verhalten. Deshalb sind
Arbeitsanweisungen oder ähnliche Dokumente ebenfalls Ergebnis der Modellierung von Entscheidungen.

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4. Operative Entscheidungen und Business Process Management

Betrachten wir Aufgaben in einem Geschäftsprozess, dann stellen wir sehr schnell fest, dass sehr viele
Aufgaben Entscheidungen sind. Nicht alle diese Entscheidungen sind es wert, explizit modelliert, umgesetzt
und gemessen zu werden. Oft beginnen wir mit der Modellierung und Umsetzung einiger weniger Entschei-
dungen. Die nachfolgenden Grafiken stellen auf einer abstrakten Sicht dar, worüber wir in Geschäftspro-
zessen Entscheidungen treffen. Die Aufstellung ist nicht vollständig.

Abbildung 1: Anwendungsfälle für Entscheidungen

Typische Anwendungsfälle für Entscheidungen:

Berechtigungen:

Die Überprüfung, ob eine Person oder eine Organisation berechtigt ist, einen bestimmten Service oder ein
bestimmtes Produkt in Anspruch zu nehmen, ist ein sehr häufiges Beispiel für Business Decision
Management. Beispiele sind:

  Ist dieser Student berechtigt, finanzielle Hilfe zu beantragen? (Bereich Studenten-Unterstützung)

  Ist dieser Kunde berechtigt einen Kredit zu beantragen? (Finanzen)

  Ist der Kunde berechtigt diese Störungsmeldung zu übermitteln? (HelpDesk)

  Darf der Kunde diese Sendung importieren? (Logistik)

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Risiko:

Ist ein Kunde berechtigt, unsere Leistungen in Anspruch zu nehmen, wird insbesondere im Banken- und
Versicherungswesen häufig das Risiko beurteilt.

  Soll ich dem Kunden den Kredit gewähren?

  Welche Versicherungs-Police soll ich dem Kunden anbieten?

  Welche Versicherungs-Police darf ich dem Kunden nicht anbieten?

Prozess-Steuerung:

Prozesse besitzen alternative und optionale Szenarien. Zur Laufzeit muss entschieden werden, welches
Szenario ausgeführt wird. Das kann im Zusammenhang mit einem anderen Entscheidungstyp geschehen
(Welcher Ablauf ist für einen Kunden mit einem hohen Kreditrisiko auszuführen?), das kann eine eigene Ent-
scheidung sein. Insbesondere bei der Modellierung und Umsetzung von flexiblen Service-Prozessen sind
Entscheidungen über den konkreten Prozessablauf sehr wichtig.

Maximierung und Zielbestimmung:

Im Geschäftsleben existieren viele Entscheidungen über Angebote mit dem Ziel, den Umsatz und Gewinn zu
erhöhen oder Kunden nicht zu verlieren.

  Welchen Preis sollen wir für den Artikel verlangen?

  Welches Cross-Sales-Angebot soll ich dem Kunden unterbreiten?

  Wie lange soll das Sonderangebot gelten?

Im Unterschied zu den anderen bisherigen Beispielen, die analytischen Charakter haben, handelt es sich hier
um eine vorhersagende Entscheidung („predictive Decision“). Solche vorhersagenden Entscheidungen benö-
tigen ein neues Herangehen, sowohl was die Beschreibung, als auch was die Umsetzung und Bewertung der
Entscheidung angeht.

Daten-Qualität:

Sprechen wir über Business Decisions ist der Anwendungsfall Datenqualität möglicherweise überraschend.
Trotzdem ist es einer der häufigsten Anwendungsfälle für Business Decision Management und häufig eine
Vorstufe für andere Entscheidungen. Es geht dabei nicht um die Prüfung einzelner Daten. Das ist eher eine
Implementationsfrage. Es geht vordergründig darum, ob die vorliegenden Informationen aus Geschäftssicht
konsistent, vollständig und ausreichend sind, um andere Entscheidungen und Aktivitäten auszuführen.

  Ist der Antrag vollständig und konsistent?

  Sind die erhaltenen Informationen schlüssig?

  Kann mit den vorliegenden Informationen die Störungsmeldung bearbeitet werden?

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5. Business Process Management und Business Decisions

Entscheidungen und Geschäftsregeln werden bisher oft noch nicht explizit dargestellt. Sie sind in Programm-
code, Geschäftsprozessmodellen, Arbeitsanweisungen oder anderen Dokumenten implizit beschrieben oder
sind völlig undokumentiert.

Ich will hier nur zwei Beispiele zeigen, bei denen Prozesse Entscheidungen enthalten und dadurch
Komplexität entsteht.

5.1. Komplexität innerhalb eines Prozess-Modells
Abbildung 2 zeigt einen Modellausschnitt eines Helpdesk-Prozesses. Nachdem die Störungsmeldung auf-
gezeichnet und klassifiziert wurde, finden wir einen Prozessablauf, der auch visuell an einen Entscheidungs-
baum erinnert. In Abhängigkeit von der Kategorie der Störungsmeldung und weiterer Informationen wird die
Fälligkeit der Störungsmeldung bestimmt.

Abbildung 2: Modell-Komplexität in einem Prozessmodell

Ganz offensichtlich ist hier Entscheidungslogik im Prozessmodell eingebettet und mit BPMN-Elementen
beschrieben.
Ungeachtet der Tatsache, dass BPMN dafür nicht das geeignete Hilfsmittel ist, entsteht durch die Vermisch-
ung der Darstellung von Prozessablauf und Entscheidungslogik unnötige und schwer beherrschbare
Komplexität:

  Wird die Entscheidungslogik geändert, muss auch das Prozessmodell geändert werden, obwohl der Ab-
    lauf sich nicht geändert hat. Durch eine explizite und vom Ablauf getrennte Darstellung können beide
    Aspekte unabhängig voneinander angepasst werden.

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 Das Beispiel zeigt eine sehr einfache Logik. In der Realität sind Entscheidungen wesentlich komplexer.
    Ein Prozess enthält nicht nur eine Entscheidung. Entscheidungen sind miteinander verbunden und
    werden eventuell wieder verwendet. Das Prozessmodell wird stark aufgebläht. Sowohl Ablauf als auch
    Logik sind kaum noch zu erkennen. Das Modell ist nur begrenzt nutzbar.

  Diese Problematik wurde von vielen Anwendern erkannt. Daher finden wir solche Modelle inzwischen
    seltener in der Praxis

Eine bessere und einfache Darstellung des Prozesses zeigt das nachfolgende Modell.

Abbildung 3: Vereinfachtes Prozessmodell

Das lässt jedoch offen, wie und wo die Geschäftslogik dargestellt wird.

5.2. Komplexität in Prozessmodell-Gruppen
Um dem gerade gezeigten Problem zu entkommen, haben Anwender die Prozesslogik aufgeteilt. Der
einzelne Prozess wird dadurch überschaubar. Abbildung 4 zeigt ein solches Prozessmodell. Es handelt sich
dabei um einen Antragsprozess für finanzielle Hilfen für Studenten.

Abbildung 4: Eingebettete Entscheidungen in Gruppen von Prozessmodellen

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Obwohl das einzelne Prozessmodell überschaubar und verstehbar ist, entstehen hier Probleme:

  Die Organisation besitzt ca. 50 solcher Modelle, da es ca. 50 verschiedene Programme für Studenten
    gibt. Die Komplexität ist nicht im einzelnen Prozessmodell zu sehen. Sie entsteht in der Gruppe aller
    Prozesse für die Antragsbearbeitung.

  Der größte Teil des Prozessmodells stellt Geschäftslogik dar. Genauer gesagt den Teil der Geschäftslogik
    für das jeweilige Programm. Es entsteht Redundanz und möglicherweise Inkonsistenz.

  Die Geschäftslogik ist nirgendwo insgesamt dargestellt und kann daher nicht systematisch überprüft und
    angewendet werden.

  Betrachtet man das Modell genauer, sieht man auch Probleme in der Kommunikation zwischen Antrag-
    steller und Organisation.

Das Prozessmodell wurde wie folgt überarbeitet und ergänzt:

Abbildung 5: Verbessertes Prozessmodell

  Dieses Prozessmodell gilt für alle Programme der Organisation. Das Verhalten im Prozess ist für alle
    Programme konsistent und für den Antragsteller wiedererkennbar.

  Wird ein neues Programm aufgelegt, ist das Prozessmodell anwendbar. Es ist „lediglich“ die Entschei-
    dungslogik für das neue Programm zu beschreiben bzw. zu ergänzen.

  Der Prozess besitzt eine klare Struktur. Es wurde eine Wiedervorlage eingeführt und damit die Kommu-
    nikation zwischen Antragsteller und Organisation klar geregelt.

Auch hier bleibt die Frage, wie und wo die Geschäftslogik dargestellt wird.

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6. Business Decision Elicitation und DMN

Um Entscheidungen zu beschreiben folgen wir einem iterativen Ansatz, mit folgenden Schritten

  Business Decisions identifizieren und abgrenzen

  Decision Requirements beschreiben

  Entscheidungslogik spezifizieren

  Entscheidungskontext beschreiben

                                                     Entscheidung
                                                      abgrenzen

                                  Entscheidungs-                 Entscheidungs-
                                      kontext                    Anforderungen
                                   beschreiben                    beschreiben

                                                    Entscheidungs-
                                                   logik spezifizieren

Abbildung 6: Iterative Decision Elicitation

Zum Entscheidungskontext gehört auch der Geschäftsprozess, der die jeweilige Entscheidung beinhaltet. In
diesem White Paper starten wir mit dem Geschäftsprozess. Selbstverständlich können wir Entscheidungen
auch ohne vorhandenes Geschäftsprozessmodell identifizieren und beschreiben. Ohne Geschäftsprozess
oder einen Workflow bleibt der Kontext der Entscheidung unvollständig.

Zur Darstellung und Beschreibung der Entscheidungen nutzen wir den OMG-Standard „Decision Model and
Notation® (DMN®)“. Dieser wurde im Dezember 2014 vom Architecture Board der OMG® als Standard
angenommen.

Der Standard dient der Beschreibung von Entscheidungen, sowohl was die Entscheidungsanforderungen
angeht, als auch die Entscheidungslogik. Er ergänzt die Standards „Business Process Model and Notation
(BPMN)“ und „Case Management Model and Notation (CMMN)“. Gemeinsam bilden diese drei Standards die
BPM-Trilogie.

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7. Business Decisions Elicitation mit DMN

7.1. Entscheidungen identifizieren und abgrenzen
Im ersten Schritt identifizieren wir Entscheidungen und grenzen diese in ihrem Umfang ab.

Dazu können wir einmal das Geschäftsprozessmodell analysieren. Ein häufiges Missverständnis ist, dass
Gateways auf eine Entscheidung hinweisen. Ein Gateway selbst ist keine Entscheidung, es reflektiert
gegebenenfalls das Ergebnis einer Entscheidung. Nicht jede Entscheidung hat zwingend ein Gateway zur
Folge. Das trifft nur auf eine kleine Menge von Entscheidungen zu.

Vielmehr analysieren wir die Aufgaben in unserem Prozessmodell daraufhin, ob dort eine Entscheidung
getroffen wird. Im einfachsten Fall ist das eine textuelle Analyse. Verben wie „entscheiden“, „auswählen“,
„beurteilen“, „berechnen“, „bestimmen“, „optimieren“, „maximieren“, „zuordnen“, „prüfen“, „klassifizieren“,
„kategorisieren“ oder „schätzen“ deuten auf Entscheidungen hin.

Ein zusätzlicher Weg ist es, die Kommunikation im Prozess zu betrachten. Meist wird vor einer Kommu-
nikation eine Entscheidung getroffen (Was teile ich dem Prozess-Partner mit?).

Neben dem Prozessablauf können wir andere Quellen nutzen.

Haben wir den Prozess bereits umgesetzt, dann sind Prozess-Dashboards und KPIs eine gute Quelle, um
Entscheidungen zu identifizieren. Wenn unsere Prozessqualität nach bestimmten Kriterien beurteilt wird
dann sollten wir in der Lage sein, diese auch zu beeinflussen. Wir haben in Bezug auf diese Kriterien eine
Wahlmöglichkeit, wir treffen eine Entscheidung.

Es existieren weitere Möglichkeiten, Entscheidungen zu identifizieren.

Abbildung 7: Helpdesk-Prozess, Modellausschnitt

Haben wir eine Aufgabe als Entscheidungsaufgabe identifiziert, dann markieren wir diese im Geschäfts-
prozessmodell mit Hilfe des Attributes „Task Type“ als Business Rule Task. Die Aufgabe erhält in der linken
oberen Ecke ein zusätzliches Icon. Wir erkennen die Aufgabe auch visuell als Entscheidungsaufgabe. In
Abbildung 7 wurden die entsprechenden Aufgaben bereits entsprechend bearbeitet.

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Abbildung 8: Entscheidungsaufgabe

Zugleich ordnen wir dieser Aufgabe ein „Decision Requirements Diagramm (DRD)“ mit der Entscheidung
„Akzeptanz der Störungsmeldung“ entsprechend der DMN-Notation zu.

Abbildung 9: Entscheidung im Decision Requirement-Diagramm

Um die Entscheidung abzugrenzen, spezifizieren wir, welche Frage wir mit der Entscheidung beatworten
wollen und welche Antworten möglich sind.
In unserem Beispiel lautet die Frage „Akzeptieren wir diese Störungsmeldung vom Kunden X?“. Mögliche
Antworten sind „akzeptieren“ und „nicht akzeptieren“.
Natürlich ist das ein einfaches Beispiel um das Vorgehen zu erläutern. In der Praxis werden die Fragen und
möglichen Antworten schnell komplexer.

Hinterfragen Sie die Abgrenzung der Entscheidung, wenn Sie Fragen mit vielen „und“ oder „oder“ formu-
lieren. Hinterfragen Sie die Abgrenzung der Entscheidung, wenn Sie Antworten haben, die „und“ oder „oder“
enthalten. Das muss nicht falsch sein. Manchmal handelt es sich jedoch um zwei unabhängige Entscheidun-
gen, die dann besser getrennt beschrieben werden.

7.2. Decision Requirements beschreiben
Nachdem wir die Entscheidung abgegrenzt haben, versuchen wir die benötigten Informationen zu identifi-
zieren. Es sei erinnert, dass wir ein iteratives Vorgehen gewählt haben.

Für die Entscheidung „Akzeptanz der Störungsmeldung“ benötigen wir einerseits Informationen über den
bestehenden Wartungsvertrag des Kunden. Unabhängig vom Wartungsvertrag akzeptieren wir Anfragen von
wichtigen Kunden.

Schauen wir uns die benötigten Informationen genauer an, so finden wir heraus, dass die Informationen
über den Wartungsvertrag des Kunden vorliegende Informationen sind. Z.B. kommen diese Informationen
aus unserem CRM-System.

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Die benötigte Information, ob der anfragende Kunde ein „wichtiger“ Kunde ist, ist dagegen selbst eine
Entscheidung. Abhängig vom Umsatz klassifizieren wir Kunden in Platin-, Gold- und Standardkunden.

Im Ergebnis entsteht ein Baum, der einerseits eine Dekomposition der Entscheidung in Teilentscheidungen
und zugleich die jeweils benötigen Inputs zeigt.

Abbildung 10: Decision mit Input und Sub-Decision

Durch die Dekomposition in Teilentscheidungen reduzieren wir die Komplexität der Gesamtentscheidung.
Mit Hilfe von Werkzeugen und Arbeitstechniken können wir so die Korrektheit der Entscheidung besser
überprüfen.

Wir kennen nun auch die Inputs für die Entscheidungen und bestimmen, wo diese Inputs zur Laufzeit
herkommen. Das können Informationen aus unseren IT-Systemen sein oder Daten, die wir erst erfassen
müssen.

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7.3. Entscheidungslogik beschreiben
Nachdem die Struktur der Entscheidung beschrieben ist, wollen wir die Details der Entscheidungslogik
beschreiben. Wir wollen zeigen, wie die Entscheidung im Detail beschrieben wird.

Die DMN bietet dafür das Element „Business Knowledge Model“ an.

Abbildung 11: Decision mit Business Knowledge Model

Das „Business Knowledge Model“ ist ein Platzhalter für die konkrete Entscheidungslogik. DMN lässt aus-
drücklich jede geeignete Darstellungsform zu. Je nach Fragestellung der Entscheidung kann das eine Ent-
scheidungstabelle, ein Entscheidungsbaum, ein Algorithmus (z.B. bei Optimierungen) oder auch eine
Sammlung natürlich-sprachlicher Geschäftsregeln sein. DMN spezifiziert in der gegenwärtigen Version nur
Entscheidungstabellen formal. Weitere Formen z.B. Entscheidungsbäume, werden in späteren Versionen
folgen.

DMN bietet neben dem Business Knowledge Model eine vereinfachte Darstellungsform. Dabei werden die
Entscheidungstabellen direkt der Entscheidung zugeordnet. Die Grafik sieht dann wie in Abbildung 10 aus.
Welche Darstellungsform sie wählen, bleibt Ihnen überlassen.

Schauen wir uns Entscheidungstabellen an, dann scheinen diese uns sehr vertraut. Schauen wir nochmals,
dann sehen wir sehr schnell, dass auch eine Entscheidungstabelle schnell missverstanden werden kann:

  Wie viele Ergebnisse soll die Entscheidungstabelle liefern? Genau eines? Oder mehrere?

  Wenn es mehrere Ergebnisse geben kann, sollen diese alle geliefert werden? Wollen wir die Ergebnisse
    aggregieren, z.B. das Maximum der Werte erhalten?

  Enthält die Entscheidungstabelle alle möglichen Geschäftsregeln bzw. Wertekombinationen?

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Abbildung 12: Entscheidungstabelle

Ich möchte das Thema Analyse einer Entscheidungstabelle hier nicht vertiefen. Das ist Gegenstand weiterer
White Paper, genauso wie die Frage anderer Darstellungsformen von Geschäftslogik. Grundsätzlich beur-
teilen wir Entscheidungstabellen danach, ob sie korrekt, konsistent und vollständig sind. DMN bietet zur
Beschreibung entsprechende Attribute. Ein gutes Werkzeug sollte uns bei der Analyse der
Entscheidungstabelle unterstützen.

7.4. Entscheidungskontext beschreiben – Compliance, Prozess, Ziele und mehr
Wir haben nun sowohl die generelle Struktur der Entscheidung als auch die Details der Entscheidungslogik
beschrieben. Was bleibt? – Eine Vielzahl von Detailinformationen für verschiedene Zwecke.

DMN bietet ein weiteres Element - die Knowledge Source.

Abbildung 13: Decision Requirement Diagramm mit Knowledge Sources

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Eine Knowledge Source hilft uns zu beschreiben, warum wir die Entscheidungslogik in einer bestimmten Art
gewählt haben. In unserem Beispiel sind die Quellen unsere AGBS und der Standard-Wartungsvertrag.

Solche Wissensquellen können vielfältig sein. Wenn es um die Fragestellung „Compliance“ geht, sind Wis-
sensquellen häufig Gesetze und vergleichbare Vorgaben. Es kann sich dabei um interne Regelungen und
Vorschriften handeln. Es kann sich auch um informelles Wissen oder auch einen Experten handeln. In jedem
Fall dokumentieren wir, woher das Wissen für die Spezifikation der Entscheidungslogik stammt.

Zum Kontext einer Entscheidung gehören viele weitere Elemente:

  Der Geschäftsprozess: Wir sind vom Geschäftsprozess ausgegangen. Durch die Analyse unserer
    Entscheidungen gewinnen wir neue Erkenntnisse über unseren Prozess. Möglicherweise verändert das
    den Prozess. Wir wollen vielleicht Teilentscheidungen verlagern, um eine höhere Effizienz zu erreichen.
    Wir wollen möglicherweise Entscheidungen wiederverwenden. Business Process und Business Decisions
    bedingen einander.

  Die Motivation: Ich habe am Anfang betont, dass es beim Business Decision Management nicht um
    mathematische Logik und absolute Wahrheiten geht. Entscheidungen sind immer auch mit unseren
    Motivationselementen verbunden. Welche Vision hat die Organisation? Welche Ziele wollen wir
    erreichen? Wie wollen wir durch unseren Kunden wahrgenommen werden? Entscheidungen sind daher
    mit Elementen wie Zielen oder Vision verbunden.

  Verantwortlichkeiten: Bezüglich einer Entscheidung gibt es verschiedene Verantwortlichkeiten. Eine Rolle
    ist für die Vorgaben der Entscheidung zuständig – der Owner (ich stehe auf Kriegsfuß mit dem Begriff
    Owner, dazu ein anderes Mal mehr). Eine Rolle ist für die Ausführung der Entscheidung zuständig
    (Make). Andere Rollen werden über die Entscheidung informiert. Vergleichbar zum RACI-Konzept im
    Geschäftsprozessmanagement können wir hier eine OMI-Matrix erstellen.

  Andere Eigenschaften: Unsere Entscheidungsprojekte verfolgen unterschiedliche Ziele.
    Wir wollen Entscheidungen implementieren und umsetzen. Dafür brauchen wir weitere Informationen.
    Wir wollen Entscheidungen messen und beurteilen. Dafür benötigen wir wiederum Informationen. Wie
    oft wird die Entscheidung getroffen? Wie einfach ist es, die Qualität des Ergebnisses zu beurteilen? Wie
    schnell sind die Auswirkungen der Entscheidung zu sehen?

Je nach Zweck des Modells sind viele weitere Eigenschaften denkbar. Ein gutes Werkzeug sollte es uns ges-
tatten, alle diese Detailinformationen zu erfassen und gegebenenfalls eigene Eigenschaften zu definieren.

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7.5. Decision Elicitation – Iterativ und Agil
Zu Beginn haben wir auf Vorteile der expliziten Darstellung der Geschäftslogik hingewiesen. Freigabezyklen
zwischen Prozess und Entscheidungslogik werden entkoppelt. Entscheidungen können einfacher geändert
werden. Wir gewinnen Agilität, indem wir schnelle Änderungen ermöglichen und die Umsetzung
vereinfachen.

Nehmen wir an, wir wollen den Service für obiges Helpdesk-Beispiel erweitern. Neben jährlichen Wartungs-
verträgen wollen wir weitere Verträge anbieten. Ein Kunde kann zum Beispiel ein Zeitkontingent (z.B. Support
im Umfang von 100 Stunden) oder ein Volumenkontingent (z.B. 100 Anfragen) kaufen. Dann ist der Input
„Wartungsvertrag des Kunden“ im Entscheidungsmodell nicht mehr ausreichend. Wir müssen dagegen
prüfen, ob der Wartungsvertrag noch Kontingent enthält. Ist es ein periodischer Vertrag wie ein jährlicher
Wartungsvertrag, ist das der Fall, wenn er noch nicht abgelaufen ist. Im Falle eines Volumenvertrages muss
die Anzahl der bisherigen Anfragen kleiner sein als das vereinbarte Volumen. Aus dem Input wird eine Teil-
entscheidung, die neben dem Wartungsvertrag des Kunden weitere Informationen über die Historie des
Kunden benötigt.

Abbildung 14: Erweitertes DRD

Viele solche Erweiterungen auf unterschiedlichen Ebenen sind möglich. Stellen Sie sich vor, wir wollen eine
Karenzregelung einführen. Ein Wartungsvertrag wird auch dann als aktiv angesehen, wenn er weniger als 10
Arbeitstage abgelaufen ist.

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8. Entscheidungsmanagement

Das Beschreiben von Entscheidungen ist kein Selbstzweck. Wollen wir die Vorteile der expliziten Spezifikation
von Entscheidungen nutzen, ist ein umfassendes Business Decision Management notwendig.

Abbildung 15: Kernphasen des Business Decision Management

Business Decision Elicitation:
Wie dargestellt identifizieren wir Entscheidungen, grenzen diese ab, strukturieren sie und beschreiben die
Entscheidungslogik im Detail. Wir beschreiben, analysieren und verbessern den Vorgang der
Entscheidungsfindung.

Decision Implementation:
Die Entscheidungen werden umgesetzt. Das kann die Implementation in einem IT-System mit einer Rule
Engine sein. Das kann aber auch die Umsetzung in Form von Arbeitsanweisungen oder Checklisten sein.
Selten werden die Entscheidungen innerhalb eines Geschäftsprozesses zu 100% implementiert.

Decision Evaluation:
Wir bewerten das Ergebnis unserer Entscheidungen. Für diesen Zweck haben wir während der Erhebung der
Entscheidungen ebenfalls Informationen erfasst.

Die Beurteilung der Ergebnisse ist Input für einen neuen Zyklus des Entscheidungsmanagement.

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9. Entscheidungsmodellierung mit DMN in Signavio

Passende Softwarewerkzeuge sind für professionelles Business Decision Management unerlässlich. Tools
ermöglichen eine konsistente Abbildung von Entscheidungen im zugehörigen Prozesskontext, die Einhaltung
der DMN-Syntax, Logikprüfungen, die Erzeugung von ausführbarem Programmcode und nicht zuletzt die
Zusammenarbeit im Team. In diesem Kontext bietet Signavio eine vollständige Unterstützung für den DMN
1.0 Standard (Conformance Level 1).

9.1. Grafische Modellierung von Entscheidungsstrukturen
Ein besonders populärer Teil des DMN-Standards sind die grafischen Decision Requirements Diagrams.
Diese ermöglichen, Entscheidungen in Teilentscheidungen zu zerlegen, die Abhängigkeit von Input-
parametern abzubilden sowie die Verbindung zu externen oder internen Regularien und Policies
darzustellen.

Abbildung 16 DMN im Signavio Editor

Signavio bietet eine intuitive grafische Modellierungsoberfläche für DMN-Diagramme. Elemente können per
Drag&Drop verbunden werden. Abbildung 16 zeigt das Supportbeispiel im Signavio-Editor. Schon bei der
Modellierung wird zudem sichergestellt dass die Syntaxregeln der DMN eingehalten werden.

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9.2. Entscheidungstabellen
Um die Logik einer Entscheidung zu spezifizieren, stehen zwei Wege zur Verfügung. Entweder fügt man eine
einfache textuelle Beschreibung hinzu. Oder man definiert eine Entscheidungstabelle. Diese ermöglicht die
Spezifikation von Ergebniswerten für eine bestimmte Kombination von Inputwerten. Beide Möglichkeiten
erreicht man durch einen Klick auf das Icon einer DMN-Entscheidung.

Abbildung 17 zeigt den Editor für Entscheidungstabellen in Signavio. Hier können beliebig viele Input- und
Output-Spalten konfiguriert werden. Sobald der Wertebereich für eine Spalte definiert wurde, stehen die
zulässigen Werte und Operatoren in den Zellen der Tabelle zur Verfügung.

Um eine Wiederverwendung von Datentypen zu erreichen, kommt das Signavio-Glossar zum Einsatz: So
können die zulässigen Werte an zentraler Stelle definiert werden und entsprechend in verschiedenen
Entscheidungen verwendet werden.

Abbildung 17 Entscheidungstabelle im Signavio Editor

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9.3. Entscheidungen und ihr Prozesskontext
Die meisten Entscheidungen sind in einen Prozess eingebettet. Daher bietet es sich an, den umgebenden
Prozess auch als Modell darzustellen und die Verknüpfung zur Entscheidung an der entsprechenden Stelle
einzufügen. BPMN 2.0 ist dabei die Modellierungssprache der Wahl, denn hier werden explizit
Entscheidungsaufgaben (“Business Rule Tasks”) vorgesehen.

In der Signavio-Plattform sind BPMN und DMN sehr eng verzahnt. Beginnt man mit der Modellierung von
BPMN, so kann man Aufgaben per Klick auf das “Rule”-Icon eines Tasks verfeinern. Hierbei wird ein neues
DMN-Diagramm erzeugt, das bereits die Top-Level-Entscheidung enthält. Falls dem Rule Task in BPMN
bereits ein Verzweigungspunkt folgt, werden die Entscheidungsoptionen direkt in die Entscheidungstabelle
der DMN-Entscheidung übernommen.

9.4. Kollaboration im Fokus
Bereits für die Prozessmodellierung bietet Signavio zahlreiche Funktionen, die die Zusammenarbeit im Team
erleichtern. Diese Kollaboration ist für Entscheidungsstrukturen mindestens ebenso wichtig. Gerade dadurch
dass Entscheidungslogik vom fachlich orientierten Modellierungstool Signavio bis zur Ausführung in einer
Rule Engine mit wenigen Klicks gebracht werden kann, ist die Abstimmung im Team - aber auch eine
entsprechende Governance - von großer Bedeutung.

Funktionen wie der Versionsvergleich, die Kommentierungsfunktion aber auch die Veröffentlichung im Pro-
zessportal zielen allesamt darauf ab zu verstehen, wie sich Entscheidungen im Laufe der Zeit verändern und
sich möglichst effizient abzustimmen, wie Ist-Entscheidungen in Soll-Entscheidungen zu überführen sind.

Freigabe-Workflows ermöglichen darüber hinaus, genau zu kontrollieren, welche Schritte auf dem Weg von
der ersten Veränderungsidee bis zur Live-Setzung in den Systemen vorgenommen werden müssen.

9.5. Funktionsumfang: Aktueller Stand und Ausblick
Die grafische Modellierung von DMN, die Definition von Entscheidungstabellen sowie die Verbindung
zwischen DMN und BPMN ist ab sofort in den Signavio Produkteditionen Professional, Corporate und
Ultimate ohne Aufpreis verfügbar.

In den kommenden Monaten werden weitere Funktionen folgen, unter anderem die Verifikation von Ent-
scheidungslogik (d.h. die Prüfung auf Widersprüche und fehlende Regeln in Entscheidungstabellen). Darüber
hinaus wird es Funktionen für die Verknüpfung von Datenmodellen sowie die Validierung von Entschei-
dungsmodellen geben. Von vielen Anwendern lang ersehnt ist darüber hinaus die Generierung von aus-
führbaren Regeln, z.B. im Drools-Format. Diese weiter führenden Funktionen sind dann als Teil eines kosten-
pflichtigen Zusatzmoduls erhältlich.

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Literatur

James Taylor, Neil Raden, Smart (Enough) Systems, Pearson Education, 2007, ISBN: 0-13-234796-2

James Taylor, Decision Management Systems, Pearson Education, 2011, ISBN: 978-0-13-288438-9

Barbara von Halle, Larry Goldberg, The Decision Model: A Business Logic Framework Linking Business and
Technology, Auerbach Publishing, 2009, ISBN: 978-1420082814

Ronald G. Ross, Business Rule Concepts, Business Rules Solutions, LLC, 2005, ISBN: 094104906X

Ronald G. Ross, Gladys Lam, Building Business Solutions, 2011, Business Rules Solutions,
ISBN 978-0-941049-10-8

Jürgen Pitschke, Unternehmensmodellierung für die Praxis – Eine Einführung in die Darstellung von
Unternehmensmodellen, 2010, Books on Demand GmbH, ISBN 978-3-8423-2576-0

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                                          Telefon: +49 (0)351 – 309 351 93

                                          E-Mail: jpitschke@enterprise-design.eu

                                          Signavio GmbH

                                          Nürnberger Straße 8

                                          10787 Berlin

                                          Telefon: +49 30 856 21 54-0

                                          E-Mail: info@signavio.com

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