Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020 - Entwicklung der Repräsentation von Frauen zwischen 2010 und 2020 - Wien, 2021

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Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020 - Entwicklung der Repräsentation von Frauen zwischen 2010 und 2020 - Wien, 2021
Frauen in politischen
Entscheidungspositionen in
Österreich 2020
Entwicklung der Repräsentation von Frauen zwischen 2010 und 2020

Wien, 2021
Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020 - Entwicklung der Repräsentation von Frauen zwischen 2010 und 2020 - Wien, 2021
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Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:
Bundeskanzleramt, Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration
Sektion III – Frauenangelegenheiten und Gleichstellung, Minoritenplatz 3, 1010 Wien

Redaktion, Gesamtumsetzung und Layout: Abt. III/6 – Sozio-ökonomische Gleichstellung,
internationale und EU-Angelegenheiten

Wien, Februar 2021.

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Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020 - Entwicklung der Repräsentation von Frauen zwischen 2010 und 2020 - Wien, 2021
Inhalt

1 Einleitung ................................................................................................................... 5

2 Förderung der politischen Partizipation von Frauen .................................................... 7
Regierungsprogramm 2008 (SPÖ-ÖVP) .................................................................................. 7
Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013 (SPÖ-ÖVP) ......................... 8
Arbeitsprogramm der Bundesregierung für 2017/2018 (SPÖ-ÖVP) ...................................... 8
Regierungsprogramm 2017–2022 (ÖVP-FPÖ)........................................................................ 8
Regierungsprogramm 2020–2024 (ÖVP-Grüne) .................................................................... 9

3 Entwicklung der Frauenanteile: Bund, Länder und Gemeinden 2010-2020 ................. 10
Repräsentation auf Bundesebene ........................................................................................ 10
    Bundesregierung ............................................................................................................. 10
    Nationalrat und Bundesrat.............................................................................................. 13
Repräsentation auf Landesebene ........................................................................................ 14
    Landesregierungen .......................................................................................................... 14
    Landtage .......................................................................................................................... 15
Repräsentation auf Gemeindeebene ................................................................................... 17
    Bürgermeisterinnen, Vizebürgermeisterinnen und Gemeinderätinnen ........................ 17

4 Quotenregelungen in den politischen Parteien ......................................................... 20
ÖVP (Österreichische Volkspartei) ....................................................................................... 20
SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) ..................................................................... 20
FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) .................................................................................. 21
Die Grünen............................................................................................................................ 21
NEOS ..................................................................................................................................... 21
JETZT – Liste Pilz ................................................................................................................... 21
Frauenanteile der Fraktionen im Nationalrat ...................................................................... 22
Klubförderung....................................................................................................................... 23

5 Repräsentation von Frauen in Sozialpartnerorganisationen und
Interessensvertretungen .............................................................................................. 24
Arbeiterkammer Österreich ................................................................................................. 24
Wirtschaftskammer Österreich ............................................................................................ 25
Landwirtschaftskammer Österreich ..................................................................................... 25
Österreichischer Gewerkschaftsbund .................................................................................. 25
Bundesjugendvertretung ..................................................................................................... 26
Seniorenrat ........................................................................................................................... 26
Industriellenvereinigung ...................................................................................................... 26

6 Politische Repräsentation von Frauen in der EU ........................................................ 28

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Die Regelungen im Detail ..................................................................................................... 30
    Belgien ............................................................................................................................. 30
    Frankreich........................................................................................................................ 30
    Griechenland ................................................................................................................... 31
    Irland ............................................................................................................................... 31
    Italien............................................................................................................................... 31
    Kroatien ........................................................................................................................... 31
    Luxemburg....................................................................................................................... 32
    Polen................................................................................................................................ 32
    Portugal ........................................................................................................................... 32
    Slowenien ........................................................................................................................ 33
    Spanien ............................................................................................................................ 33
Frauen in nationalen Parlamenten in der EU – 2010 und 2020 im Vergleich...................... 33
Frauen im Europäischen Parlament – 2010 und 2020 im Vergleich .................................... 35

Anhang: Hintergrundinformationen zu den Abbildungen .............................................. 36
Österreich – Bund, Länder, Gemeinden ............................................................................... 36
Sozialpartnerorganisationen und Interessensvertretungen ................................................ 42
Europäische Union ............................................................................................................... 47

Abbildungsverzeichnis.................................................................................................. 52

Tabellenverzeichnis...................................................................................................... 53

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1 Einleitung

Gleichberechtigung und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern sind ein
explizites Ziel der österreichischen Frauenpolitik, das sich auch in nationalen und
internationalen Dokumenten und Strategien wiederfindet. Eine wesentliche rechtliche
Grundlage für Gleichstellung in Österreich ist die Bundesverfassung, die u. a. in den
Artikeln 7 und 13 folgendes festhält:

     Artikel 7

     (1) Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des
     Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen.
     Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik
     (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von
     behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen
     Lebens zu gewährleisten.

     (2) Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung
     von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von
     Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender
     Ungleichheiten sind zulässig.

     Artikel 13

     (3) Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Haushaltsführung die tatsächliche
     Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben.

Auch die im Jahr 1982 von Österreich ratifizierte UN-Konvention zur Beseitigung jeder
Form von Diskriminierung der Frau („CEDAW-Konvention“) legt rechtliche Grundlagen für
die Gleichstellung von Frauen und Männern fest, insbesondere auch in der politischen
Vertretung wie etwa in Artikel 7 der Konvention:

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                        5 von 54
Artikel 7

     Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der
     Diskriminierung der Frau im politischen und öffentlichen Leben ihres Landes und
     gewährleisten allen Frauen insbesondere in gleicher Weise wie den Männern:

     a) das Recht auf Stimmabgabe bei allen Wahlen und Volksabstimmungen und auf
     Wählbarkeit in alle öffentlich gewählten Gremien;

     b) das Recht, an der Ausarbeitung und der Durchführung der Regierungspolitik
     mitzuwirken sowie das Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt und auf
     Bekleidung jeder öffentlichen Funktion auf allen Ebenen staatlicher Verwaltung;

     c) das Recht auf Mitarbeit in nichtstaatlichen Organisationen und Vereinigungen,
     die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben des Landes befassen.

Auf Basis dieser Verpflichtungen wird eine ausgewogene Repräsentation von Frauen und
Männern in Führungs- und Entscheidungspositionen in allen Gesellschaftsbereichen
angestrebt.

Die folgende Sammlung von Daten und Fakten bietet einen kompakten Überblick über die
Situation der politischen Vertretung von Frauen im Jahr 2020. Sie informiert zudem über
die Entwicklungen seit 2010. Die verwendeten Daten basieren auf den Angaben der
untersuchten Institutionen und sind öffentlich zugänglich; sie werden jedoch in diesem
Bericht gebündelt, um einen spezifischeren Überblick über die Repräsentation von Frauen
und Männern in politischen Funktionen in Österreich zu liefern. Die dargestellten Daten
sind dabei stichtagsbezogen, Wechsel in politischen Ämtern zwischen bzw. nach den
jeweiligen Stichtagen können daher nicht dargestellt werden.

Zunächst folgt jedoch ein kurzer Überblick über die Ziele zur politischen Teilhabe von
Frauen in den Regierungsprogrammen der Republik Österreichs aus diesem Zeitraum.

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2 Förderung der politischen
Partizipation von Frauen

Im Vergleich der Regierungsprogramme

Die Relevanz der Stärkung der politischen Teilhabe lässt sich u.a. aus den entsprechenden
Vorhaben ableiten, die im Regierungsprogramm festgelegt wurden. In den Arbeits-
programmen der letzten vier Regierungen sowie der aktuellen Bundesregierung finden
sich dazu folgende Bekenntnisse, Vorhaben und Ziele:

Regierungsprogramm 2008 (SPÖ-ÖVP)

     Land- und Forstwirtschaft, ländlicher Raum unter „Chancen für Frauen im
     ländlichen Raum“ (Seite 74)
     Die Einbindung von Frauen in politische, wirtschaftliche und soziale
     Entscheidungsprozesse ist zu fördern.

     Gesellschaft, Frauen, Familie und Chancenpolitik Einleitung sowie Maßnahmen
     unter „Förderung von Frauen in Spitzenpositionen“ (Seite 156 und160)
     Chancengleichheit, Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt, Einkommens-
     gerechtigkeit und Förderung von Frauen in Wissenschaft, Forschung sowie
     atypischen Berufen und in Spitzenpositionen sind und bleiben zentrale Anliegen.

     •     Weiterführung und Ausbau von Mentoring-Programmen

     •     Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Spitzenpositionen in
           Wissenschaft und Forschung, in der Verwaltung und in der Politik

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                    7 von 54
Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013 (SPÖ-
ÖVP)

     Kapitel 03: Bildung, Wissenschaft, Kunst und Kultur, Frauen unter „Frauen –
     Gleichstellung am Arbeitsmarkt“ (Seite 46)
     Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Spitzenpositionen in Politik,
     Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Verwaltung und Einrichtungen der
     Selbstverwaltung. Als Vorbild dafür soll die Regelung der Selbstverpflichtung der
     staatsnahen Unternehmen vom März 2011 dienen.

Arbeitsprogramm der Bundesregierung für 2017/2018 (SPÖ-ÖVP)

     Punkt 4.7. Verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten von Großunternehmen
     unter „Sicherheit und Integration“ (Seite 30)
     Nach Vorbild der deutschen Rechtslage wird ab 1.1.2018 in Aufsichtsräten von
     börsennotierten Unternehmen sowie von Unternehmen mit mehr als 1.000
     Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Frauenquote von 30 Prozent festgelegt,
     die bei Neubestellungen verpflichtend einzuhalten ist. Umsetzung: Ministerrat im
     Juni 2017

Regierungsprogramm 2017–2022 (ÖVP-FPÖ)

     Kapitel Ordnung und Sicherheit / Integration; Punkt Integration durch Leistung
     und gesellschaftliche Teilhabe (Seite 38f.)
     Die Partizipation von Frauen auf allen gesellschaftlichen Ebenen ist essentiell für
     die Integrationsarbeit (…).

     •     Stärkung der Partizipation von Müttern / Frauen (mit Migrationshintergrund)
           an der Gesellschaft sowie am Arbeitsmarkt.

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Kapitel Fairness und Gerechtigkeit / Frauen
     Frauen in Österreich übernehmen und tragen heute Verantwortung in allen
     gesellschaftlichen und lebensentscheidenden Bereichen wie beispielsweise in der
     Erziehung, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder in ehrenamtlichen
     Tätigkeiten. Die Erfüllung dieser Aufgaben und die Erbringung dieser Leistungen
     von Frauen sind entsprechend besser anzuerkennen und zu würdigen.

     Faire Partnerschaft ist Grundlage und Voraussetzung unseres gesellschaftlichen
     Systems. Denn nur ein gleichberechtigtes Miteinander von Frauen und Männern
     in Österreich sichert eine gedeihliche Zukunft. Dies bedeutet sowohl gleiche
     Rechte als auch gleiche Pflichten, vor allem aber Chancengleichheit. (…).

     Die Teilnahme und Teilhabe beider Geschlechter am gesellschaftlichen,
     wirtschaftlichen und politischen Leben ist dabei einmal mehr Grundsatz einer
     erfolgreichen Gemeinschaft.

Regierungsprogramm 2020–2024 (ÖVP-Grüne)

     Kapitel Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit & Armutsbekämpfung / Frauen
     (Seite 272f)
     Frauenpolitik ist Gleichstellungspolitik. Sie rückt die Chancengleichheit von Frauen
     jeden Alters auf allen Ebenen des gesellschaftlichen, beruflichen und familiären
     Lebens in den Fokus. Das Ziel ist es, dass Frauen selbstbestimmt, ökonomisch
     unabhängig und frei von Gewalt oder Angst vor Diskriminierung leben. (…)

     Rollenbilder müssen weiter aufgebrochen und der Frauenanteil in Führungs-
     positionen erhöht werden.

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                        9 von 54
3 Entwicklung der Frauenanteile:
Bund, Länder und Gemeinden 2010-
2020

Der Fokus der folgenden Kapitel liegt auf der Entwicklung der Frauenanteile in der
Bundesregierung und im Nationalrat sowie in den Landesregierungen und Landtagen von
2010 bis 2020. Die statistischen Auswertungen zeigen, dass trotz einiger Fortschritte die
Präsenz von Frauen und Männern auf politischer Ebene insgesamt noch nicht ausgewogen
ist.

Repräsentation auf Bundesebene

Bundesregierung
Im Jänner 2011 betrug die Zahl der Ministerinnen und Staatssekretärinnen 43 Prozent,
Ende 2013 sinkt sie auf 29 Prozent und steigt wieder mit der Bundesregierung Kurz im Jahr
2017 auf 37,5 Prozent – das sind neben zehn Männern sechs Frauen. Die Übergangs-
regierung Bierlein im Juni 2019 erreichte erstmals einen Frauenanteil von 50 Prozent, mit
sechs weiblichen und sechs männlichen Regierungsmitgliedern (Abbildungen 1 und 2). Mit
dieser Expertinnen- und Experten-Regierung bekam Österreich auch die erste weibliche
Bundeskanzlerin. Durch die Regierungsneubildung infolge der Wahlen im November 2019
wird der Frauenanteil in der Bundesregierung Kurz II mit 53 Prozent zum ersten Mal in der
Geschichte höher als der der Männer1.

1
    Mit der Regierungsumbildung sinkt der Frauenanteil in der Regierung im Jänner 2021 auf 47 Prozent.

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Abbildung 1: Entwicklung der Frauenanteile in der Bundesregierung (Ministerinnen /
Minister), in Prozent

Quelle: Webseite des Bundeskanzleramts; eigene Erhebung

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                11 von 54
Abbildung 2: Frauen in der Bundesregierung ab 2000 nach Parteizugehörigkeit

Quelle: Parlament Österreich; eigene Recherchen. Bundesministerinnen und Bundesminister sowie
Staatssekretärinnen und Staatssekretäre zu Regierungsantritt. Wechsel innerhalb der Regierungsperiode
sind nicht dargestellt. Parteilose Regierungsmitglieder wurden unter der Bezeichnung „Ohne“ dargestellt.

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Abbildung 3: Portfolios der Ministerinnen und Minister 2010, 2020 sowie Februar 2021

Quelle: Bundeskanzleramt

Nationalrat und Bundesrat
Auch im Nationalrat sind Frauen nach wie vor – gemessen an ihrem Anteil an der
gesamten Bevölkerung und den Wahlberechtigten – unterrepräsentiert. Hier liegt der
Frauenanteil im Jänner 2021 bei rund 40 Prozent und steigt damit seit zehn Jahren nur
leicht an. Die Zusammensetzung des Bundesrates wird durch die Landtage der
Bundesländer bestimmt. Der Frauenanteil in der zweiten Kammer liegt in den letzten
zwölf Jahren meist unter jenem des Nationalrates. Zu Beginn der XXVI. Legislaturperiode
im November 2017 war im Bundesrat erstmals ein höherer Frauenanteil mit 38 Prozent
unter den Abgeordneten als im Nationalrat zu verzeichnen, danach sank er wieder auf 33
Prozent. Aktuell (Jänner 2021) beträgt der Anteil an Frauen im Bundesrat 43 Prozent und
liegt somit erneut höher als der Frauenanteil des Nationalrates.

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                 13 von 54
Abbildung 4: Entwicklung der Frauenanteile im Nationalrat und Bundesrat 2008–2021, in
Prozent

Quelle: Website des Parlaments Österreich. Stichtag jeweils zu Beginn der Legislaturperiode.

Repräsentation auf Landesebene

Landesregierungen
Insgesamt gibt es in Österreich 73 Mitglieder in den Landesregierungen, davon 29 Frauen
(Erhebungsmonat: August 2020). Damit liegt der Frauenanteil im Durchschnitt aller
Landesregierungen bei 40 Prozent. Im Jahr 2010 waren von den damals 76 Mitglieder der
Landesregierungen 24 Frauen, was einem Frauenanteil von 32 Prozent entspricht.

Betrachtet man die Entwicklung der letzten zehn Jahre (2010–2020), so zeigt sich in
immerhin fünf Bundesländern ein Anstieg des Frauenanteils in den Landesregierungen.
Zuwächse in diesem Zeitraum gab es dabei in Kärnten (29 Prozentpunkte bzw. zwei
Frauen mehr), Tirol (25 Prozentpunkte bzw. zwei Frauen mehr), Vorarlberg (14 Prozent-
punkte bzw. eine Frau mehr), Steiermark (17 Prozentpunkte bzw. eine Frau mehr) und in
Oberösterreich (elf Prozentpunkte bzw. eine Frau mehr). Ein Rückgang zwischen 2010 und
2020 ist in Salzburg und in Niederösterreich zu verzeichnen.

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Den mit Abstand höchsten Frauenanteil erreichen Tirol und die Steiermark mit je 50
Prozent bzw. vier Frauen, gefolgt von Wien (46 Prozent bzw. sechs Frauen), Kärnten und
Vorarlberg (mit jeweils 43 Prozent bzw. drei Frauen) und Niederösterreich (33 Prozent
bzw. drei Frauen. Das Burgenland, Oberösterreich und Salzburg liegen unter dem
österreichischen Durchschnitt mit jeweils zwei weiblichen Mitgliedern in der
Landesregierung.

Abbildung 5: Frauen und Männer in den Landesregierungen 2010 und 2020 im Vergleich

                                                                                                       6
     Frauen 2010            Frauen 2020                                8                       5
                                                                                   7                           7       7
     Männer 2010            Männer 2020                                                    4
                                                                                                   3       6       6

             5                                                                 2
                      4                                            1
                                 6                           5
                  3                                  4                                         6
         2                                 4
                                      4                                                                        5
                                                 3                                                     4
                                                         2                                         4                    3
                             2
                                                                           6               3               2
                                                                                                                   2
                                                                                       4
                                                                                   3
                 Männer gesamt: 60% (44)                               1
 2020            Frauen gesamt: 40% (29)

                 Männer gesamt: 68% (52)
 2010            Frauen gesamt: 32% (24)

        0%            20%            40%       60%           80%

Quelle: Offizielle Webseiten der Länder

Landtage
Unter den Landtagsabgeordneten in den einzelnen Bundesländern ist der Frauenanteil im
Verlauf der letzten zehn Jahre nur leicht gestiegen. Im Jahr 2010 gab es in den Landtagen
133 Frauen unter den insgesamt 448 Mitgliedern, was einem Anteil von 30 Prozent
entspricht. Im Jahr 2020 sind es 155 weibliche Mitglieder bei insgesamt acht
Abgeordneten weniger (440). Dies entspricht einem Anteil von 35 Prozent.

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                                                       15 von 54
Im Detail betrachtet stiegen die Anteile in sechs Bundesländern: in Wien (acht Prozent-
punkte bzw. acht Frauen mehr), in Niederösterreich (neun Prozentpunkte bzw. fünf
Frauen mehr), in Burgenland (zwölf Prozentpunkte bzw. vier Frauen mehr), in Vorarlberg
(acht Prozentpunkte bzw. drei Frauen mehr), in der Steiermark (acht Prozentpunkte bzw.
zwei Frauen mehr) und in Tirol (sechs Prozentpunkte bzw. zwei Frauen mehr). Ein
Rückgang wurde in zwei Bundesländern verzeichnet: in Oberösterreich und Salzburg
(jeweils ein Prozentpunkt weniger). In Kärnten blieb der Frauenanteil im Landtag
unverändert.

Die Landtage im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich und Tirol liegen unter dem
österreichweiten Durchschnitt von 35 Prozent Frauenanteil.

Abbildung 6: Frauen und Männer in den Landtagen 2010 und 2020 im Vergleich

                                                                                               46        41
    Frauen 2010              Frauen 2020
                                                                       34       35
    Männer 2010              Männer 2020                                                                          66
                                                                                                                             58
                                                                  22        21
                                                                                           10       15
                                                                                                              34        42
            23
                      20
                 16               27     25
       13                                           22     23                                  40                  29
                                                                                                                             25
                                                14                                                   30
                                                         13
                              9        11
                                                                           28        28   16        18        7         11

            Männer gesamt: 65% (285)                                   8         8
2020        Frauen gesamt: 35% (155)

             Männer gesamt: 70% (315)
2010          Frauen gesamt: 30% (133)

       0%              20%             40%    60%          80%

Quelle: Offizielle Webseiten der Länder

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Repräsentation auf Gemeindeebene

Bürgermeisterinnen, Vizebürgermeisterinnen und Gemeinderätinnen
Zur Repräsentation von Frauen auf Gemeindeebene werden im Folgenden die Bürger-
meisterinnen und Bürgermeister im Vergleich der Jahre 2010 und 2020 (Stichtag
Dezember 2020) detailliert betrachtet. Zur Repräsentation von Frauen in den Gemeinde-
räten sind hingegen nur punktuell Statistiken verfügbar.

Im Jahr 2010 wurden 2.234 der insgesamt 2.354 Gemeinden Österreichs von einem Mann
geleitet, nur 120 Gemeinden hatten eine Bürgermeisterin (5,1 Prozent). Da zwischen 2010
und 2020 die Anzahl der Gemeinden auf 2.095 sank und die Anzahl der Bürger-
meisterinnen auf 191 stieg, lag der Frauenanteil im Dezember 2020 bei 9,1 Prozent.

Im Dezember 2020 gab es die meisten Bürgermeisterinnen in Niederösterreich (zwölf
Prozent), in Oberösterreich (zehn Prozent) und in der Steiermark (acht Prozent). Nur diese
drei Bundesländer erreichen damit den österreichweiten Durchschnitt. Nach Wien (bisher
noch keine Bürgermeisterin) hatten Vorarlberg und Tirol mit jeweils sechs Prozent die
wenigsten Bürgermeisterinnen. Trotz des leichten Anstieges ist die Repräsentation von
Frauen und Männern auf Gemeindebene noch weniger ausgewogen als auf der Ebene der
Landes- und Bundesregierungen. Die absoluten Zahlen der insgesamt 191 Bürger-
meisterinnen nach Bundesländern sind in der folgenden Übersicht dargestellt:

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                   17 von 54
Abbildung 7: Anzahl der Bürgermeisterinnen nach Bundesländern 2010 und 2020

     Frauen 2010            Frauen 2020                                                531    502
                                                                410
     Männer 2010            Männer 2020                                   392
                                                                                                        1           1

                                                                                      42     71
                                                                28     46
             94       90                                                                            0           0
                               271      262       115   111                                                 165         159
             2                                                                        260    265
                     6
                                                  4
                               8     17                 8
                                                                      129       123                         6           12
                                                                                      27     22

                 Männer gesamt: 1.905                                 3         9
  2020           Frauen gesamt: 191

                 Männer gesamt: 1.976
  2010            Frauen gesamt: 120

         0           500      1000        1500   2000    2500

Quelle: Gemeindebund

In den Gemeinderäten lag der Frauenanteil im Dezember 2020 österreichweit bei 25
Prozent (insgesamt 9.757 Mandatarinnen). Den höchsten Anteil an Frauen hat nach
Bundesländern betrachtet mit 31 Prozent Wien, gefolgt von Vorarlberg mit 27 Prozent,
Niederösterreich und Steiermark mit rund 26 Prozent. Die wenigsten Frauen sind in den
Gemeinderäten in Kärnten vertreten (18 Prozent Frauenanteil). Zur Repräsentation von
Frauen in den Gemeindevertretungen sind keine regelmäßig aktualisierten Statistiken
verfügbar, daher kann kein längerer Zeitverlauf dargestellt werden.

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Abbildung 8: Gemeinderätinnen nach Bundesländern 2019 und 2020, in Prozent

                                                                                76        7         76    76
      Frauen 2019              Frauen 2020                                                                      69         69
      Männer 2019              Männer 2020

                                                                           24                  24        26    31     31
            80                                                                       24
                  73

                                  79      79                 76      76
                                                                                                                     76
                 27                                                                             79                              76
        20                                                                                                5

                                21      21              24         24
                                                                                                                24
                                                                                82        82                              24
                                                                                               22        26

                        Männer gesamt: 29.983                              18        18
 2020
                        Frauen gesamt: 9.757

                        Männer gesamt: 30.569
 2019
                         Frauen gesamt: 9.180

        0             10.000         20.000    30.000             40.000

Quelle: Gemeindebund

Insgesamt betrachtet beträgt der Frauenanteil in der österreichischen Kommunalpolitik 24
Prozent, das sind neben 195 Bürgermeisterinnen, 453 Vizebürgermesiterinnen und 9.757
Gemeinderätinnen (aktualisierter Stand: Februar 2021).

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                                                           19 von 54
4 Quotenregelungen in den
politischen Parteien

Um die bestehende Unterrepräsentation von Frauen in den direkt gewählten Landtagen
und im Nationalrat zu erklären, gibt es einen wesentlichen Faktor: im Gegensatz zu
anderen Staaten (siehe nächstes Kapitel) gibt es in Österreich keine gesetzlich fest-
gelegten Mindestanteile oder Reihungsangaben für die Erstellung der Wahlvorschläge
(Listen). Daher liegt es bei den Parteien selbst entsprechende Regelungen vorzusehen. Die
Selbstverpflichtungen der in den letzten beiden Legislaturperioden im Nationalrat
vertretenen Parteien werden im Folgenden dargestellt.

ÖVP (Österreichische Volkspartei)

Die ÖVP sah in ihrem Grundsatzprogramm von 1995 die „Einführung einer Mindestquote
(für Frauen) von einem Drittel bei öffentlichen Mandaten“ vor. Im Organisationstatut aus
dem Jahr 2015 hieß es, dass Delegierte sowie Parteifunktionen zumindest mit 40 Prozent
Frauen zu besetzen sind. Für Kandidatenlisten bei Nationalratswahlen wurde ein Reiß-
verschlusssystem zur abwechselnden Platzierung von Frauen und Männern vorgesehen.
Aktuell sieht das neue Organisationsstatut von 2017 ein „möglichst ausgewogenes
Verhältnis“ zwischen Frauen und Männern in allen Gremien vor (bzw. 40%), wobei für die
Listenerstellung das Reißverschlusssystem zur Anwendung kommen soll.

SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs)

Die SPÖ hat 1985 als erste Partei auf Druck der sozialdemokratischen Frauenorganisation
eine Quotenregelung eingeführt: eine 25 Prozent-Quote wurde vom Parteitag als
freiwillige „Kann-Bestimmung“ beschlossen. Im Jahr 1993 wurde die Mindestquote auf
40 Prozent erhöht, diese sollte innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden
(Demokratiezentrum, 2015: Frauen in der Politik). Am Parteitag 1998 wurde das
Parteistatut dahingehend geändert, dass die Frauenquote von 40 Prozent bis zum Jahre
2003 auf allen Ebenen der Partei als auch in den gesetzgebenden Körperschaften zu
verwirklichen ist. Aktuell sieht das Statut jeweils mindestens 40 Prozent Männer und

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Frauen vor. Dort ist nunmehr auch vorgesehen, dass bei der Nachbesetzung von ausge-
schiedenen Mandatarinnen und Mandataren die Einhaltung bzw. Erreichung der Quote zu
berücksichtigen ist. Außerdem sind Vorgaben für die Erstellung von Wahllisten enthalten.
(SPÖ-Organisationsstatut 2014, beschlossen 1998)

FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)

In den Satzungen der FPÖ findet sich kein Verweis auf eine Quotenregelung oder einen
angestrebten Mindestanteil an Kandidatinnen und Kandidaten.

Die Grünen

Bereits in den ersten Parteistatuten 1987 wurde eine Parität von Frauen und Männern in
allen Parteigremien auf Bundesebene sowie für die Kandidatenlisten bei Nationalrats-
wahlen festgelegt. In allen gewählten Organen und Funktionen ist durch entsprechende
Regelungen (wie Wahl- bzw. Geschäftsordnungen) sicher zu stellen, dass zumindest 50
Prozent Frauen vertreten sind. Eine Frauenmehrheit ist durchaus zulässig und
willkommen. Seit 2008 lag der Anteil der Frauen an den Nationalratsabgeordneten der
Grünen durchgehend bei mindestens 50 Prozent. Zwischen November 2017 und
September 2019 waren die Grünen nicht im Nationalrat vertreten.

NEOS

In der Satzung der NEOS (beschlossen 2016) findet sich keine Bestimmung zur ausge-
wogenen Repräsentation von Frauen und Männern in den eigenen Gremien bzw. auf den
Wahllisten.

JETZT – Liste Pilz

JETZT – Liste Pilz sieht keine Frauenquote für die Erstellung der Wahlvorschläge vor. Seit
September 2019 ist die Partei nicht mehr im Parlament vertreten.

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                     21 von 54
Frauenanteile der Fraktionen im Nationalrat

Im Jänner 2021 waren von den 183 Abgeordneten des Nationalrats 73 Frauen, somit lag
der Frauenanteil bei 40 Prozent (s. dazu auch Kapitel 2). Betrachtet man die Frauenanteile
im Parlament nach Parteien, so zeigt sich folgendes Bild: Den höchsten Frauenanteil
weisen die Grünen mit 58 Prozent auf (15 von 26 Abgeordneten sind Frauen). Die SPÖ
liegt im Jänner 2021 bei einem Frauenanteil von 50 Prozent – d.h. 20 von 40 Abge-
ordneten sind derzeit weiblich. Die NEOS halten ihren Anteil weiblicher Abgeordneten bei
40 Prozent – derzeit sind sechs von 15 Abgeordneten Frauen. Die ÖVP kam im Jänner
2021 auf einen Frauenanteil von 37 Prozent, 26 der 71 ÖVP-Abgeordneten sind derzeit
Frauen. Den mit 17 Prozent geringsten Frauenanteil (fünf von 30 Abgeordneten) weist
nach wie vor die FPÖ auf. Eine weibliche Abgeordnete ist ohne Klubzugehörigkeit im
Nationalrat vertreten. Die Parteien BZÖ und Stronach haben sich im Verlauf der
Berichtsjahre aufgelöst. Die Liste Pilz ist seit September 2019 nicht mehr im Nationalrat
vertreten.

Abbildung 9: Entwicklung der Frauenanteile im Nationalrat nach Parteien, in Prozent,
2010–2020

70

60
                                                                                                                        Grüne: 58%

50                                                                                                                        SPÖ: 50%

40                                                                                                                          NEOS: 40%
                                                                                                                        ÖVP: 37%

30

20
                                                                                                                            FPÖ: 17%

10
                                                                                                                         Aktueller
                                                                                                                        Nationalrat
 0
      Jän.11    April 12     Dez 13         Sep 14   Nov 15         Sep 16       Nov 17    Okt.18    Nov.19      Jän.21

               SPÖ         ÖVP        FPÖ        Grüne        BZÖ            NEOS/LIF     Stronach     JETZT - Liste Pilz

Quelle: Österreichisches Parlament

22 von 54                                                     Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020
Klubförderung

Im Juli 2019 wurde im österreichischen Nationalrat eine Änderung der Klubförderung
beschlossen, die mit 1. November 2019 in Kraft trat. Das Bundesgesetz, mit dem die
Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat
erleichtert wird (Klubfinanzierungsgesetz 1985 – KlubFG) wurde um einen Bonus für einen
höheren Frauenanteil in den Klubs ergänzt. Sofern der Frauenanteil einer Partei im
Nationalrat bzw. im Bundesrat über 40 Prozent liegt, wird die Summe der Klubfördermittel
um drei Prozent erhöht. Der Frauenanteil in den Nationalrats-Klubs der Grünen, der SPÖ
und den NEOS lag im Jänner 2021 bei bzw. über 40 Prozent.

Im Rahmen einer Novelle des Landeswahlrechts im Jahr 2020 hat Oberösterreich als erstes
Bundesland ebenfalls einen entsprechenden Bonus eingeführt (Erhöhung der Klub-
förderung um drei Prozent bei einem Frauenanteil von mind. 40 Prozent). Diese Regelung
tritt mit der nächsten Legislaturperiode in Kraft (voraus. im September 2021).

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                     23 von 54
5 Repräsentation von Frauen in
Sozialpartnerorganisationen und
Interessensvertretungen

Österreich verfügt über eine ausgeprägte Sozialpartnerschaft, deren Organisationen auch
die Interessen von Industrie, Wirtschaft, Landwirtschaft, Arbeitgeberinnen und Arbeit-
gebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im politischen Prozess vertreten.
Wie in den politischen Bereichen, die in den vorherigen Kapiteln illustriert wurden, sind
Frauen auch in den Entscheidungsgremien der Sozialpartnerorganisationen und
(gesetzlichen) Interessensvertretungen noch weitgehend unterrepräsentiert. Im
Folgenden werden die Präsidien und Vorstände der Sozialpartnerorganisationen in
Österreich – Bundesarbeiterkammer, Landwirtschaftskammer, Österreichischer
Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer – sowie der gesetzlichen Interessens-
vertretungen – Bundesjugendvertretung und Seniorenrat – und der Industriellen-
vereinigung dargestellt.

Arbeiterkammer Österreich

An der Spitze der Bundesarbeiterkammer (AK) steht seit April 2018 erstmals eine Frau.
Unter den vier Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sind zwei Frau vertreten. Das
Führungsteam bzw. der Vorstand der Bundesarbeitskammer besteht aus acht Männern
und sechs Frauen (43 Prozent Frauenanteil).

Die höchsten Frauenanteile in den Präsidien der Arbeiterkammer nach Bundesländern
gibt es mit 60 Prozent in Wien, im Burgenland, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg sind
Frauen jeweils mit 25 Prozent vertreten. Den geringsten Frauenanteil haben
Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark mit je 20 Prozent.

Wien hat mit 42 Prozent auch den höchsten Frauenanteil an Kammerrätinnen und
Kammerräten der AK Vollversammlung, gefolgt vom Tirol und der Steiermark mit jeweils
34 Prozent, Burgenland mit 32 Prozent und Kärnten mit 30 Prozent. Alle übrigen
Bundesländer liegen darunter, jedoch nicht unter der 20-Prozent-Marke.

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Wirtschaftskammer Österreich

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) wird seit ihrem Bestehen durchgehend von
männlichen Präsidenten geführt. Das Präsidium besteht zusätzlich aus vier Vize-
präsidenten und drei Vizepräsidentinnen, das entspricht einem Frauenanteil von 37,5
Prozent. Unter den drei Generalsekretärinnen und Generalsekretären befindet sich eine
Frau (Frauenanteil 33 Prozent). Auf Ebene der sieben Spartenvertretungen in der Kammer
findet man 36 Frauen und 111 Männer, wobei der Anteil der Frauen in den einzelnen
Sparten sehr unterschiedlich ist: Die höchsten Frauenanteile weisen mit 36 Prozent die
Sparte „Transport und Verkehr“ sowie mit 35 Prozent „Handel“ auf, die niedrigsten die
Sparte „Industrie“ mit knapp sechs Prozent, gefolgt von „Bank und Versicherung“ mit
neun Prozent.

Landwirtschaftskammer Österreich

Die Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) wird von einem Präsidenten geleitet. Unter
den drei Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten ist eine Frau vertreten. Die LKÖ ist die
Dachorganisation der neun Landwirtschaftskammern der Bundesländer. Diese neun
Kammern werden von sieben Präsidenten und zwei Präsidentinnen (LK Oberösterreich
und LK Kärnten) geleitet, unter den 14 Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten finden
sich sechs Frauen. Das entspricht einem Frauenanteil von 43 Prozent und einem Rückgang
um vier Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. In den Ausschüssen der Landwirtschafts-
kammer sind drei Frauen und sieben Männer vertreten.

Österreichischer Gewerkschaftsbund

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat einen männlichen Präsidenten, unter
den zwei Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten ist eine Frau vertreten. Der Vorstand
setzt sich aus 13 Männern und elf Frauen zusammen, das entspricht einem Frauenanteil
von 46 Prozent. Auf Ebenen der Bundespräsidien in den Gewerkschaften findet sich der
höchste Anteil an Frauen in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus,
Papier (GPA) und in der younion_Die Daseinsgewerkschaft mit jeweils 43 Prozent. Die
Gewerkschaft Bau-Holz – GBH ist hingegen mit einer einzigen Frau vertreten (14 Prozent).

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                   25 von 54
Bundesjugendvertretung

In der Bundesjugendvertretung (BJV), der gesetzlichen Interessensvertretung aller Kinder
und Jugendlichen in Österreich, sind sowohl Vorsitzteam als auch Vorstand paritätisch
besetzt: zwei Frauen und zwei Männer bilden das Vorsitzteam, im Vorstand sind zusätzlich
jeweils vier weitere Frauen und Männer vertreten.

Seniorenrat

Die beiden Präsidentinnen und Präsidenten des Seniorenrats übernehmen jeweils
abwechselnd den Vorsitz für ein Jahr in der gesetzlichen Interessensvertretung der
Seniorinnen und Senioren. Im Jahr 2020 war eine Frau vorsitzführende Präsidentin, der
zweite Präsident ist männlich. Neben ihnen sind im Präsidium acht Vizepräsidenten Teil
des insgesamt zehnköpfigen Präsidiums, was einem Frauenanteil von lediglich zehn
Prozent entspricht. Im Vorstand sind zwei Frauen und zwölf Männer vertreten.

Industriellenvereinigung

Die Industriellenvereinigung (IV) ist die freiwillige Interessensvertretung der Industrie in
Österreich. Im Jahr 2019 waren alle Spitzenpositionen in der iV – Präsident, Vizepräsident
und Generalsekretäre – ausschließlich von Männern besetzt (insgesamt sechs Personen).
Im Jahr 2020 gibt es neben einem männlichen Präsidenten und zwei männlichen Vize-
präsidenten auch eine weibliche Vizepräsidentin. Auch im Generalsekretariat ist neben
zwei Männern auch eine Frau vertreten. Damit waren von sieben Spitzenpositionen in der
IV zwei mit Frauen besetzt.

In den Landesgruppen findet man unter den Präsidentinnen und Präsidenten keine Frau.
Unter den Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten liegt der Frauenanteil bei 30 Prozent.
Bei den Vorstandsmitgliedern, ausgenommen IV Kärnten und IV Oberösterreich, liegt der
Frauenanteil noch auf sehr niedrigem Niveau.

26 von 54                                  Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020
Abbildung 10: Frauenanteile in den Sozialpartnerorganisationen und Interessens-
vertretungen 2020

Quelle: Webseiten der AK, WKÖ, LKÖ, ÖGB, BJV und Seniorenrat und IV; eigene Darstellung.

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                           27 von 54
6 Politische Repräsentation von
Frauen in der EU

Gesetzliche Regelungen in EU-Staaten

In zehn Ländern der EU gibt es bereits gesetzliche Quoten für Parlamentswahlen
(Unterhaus im Zweikammersystem)2. Diese Regelungen geben Mindestwerte für die
Zusammensetzung der Wahllisten nach Geschlecht an und sind an unterschiedliche
Sanktionen bei Nichteinhaltung gekoppelt.

In Belgien, Spanien, Polen, Slowenien, Griechenland und Italien werden Wahllisten bei
Nichteinhaltung des Mindestanteils nicht zugelassen, in Irland, Frankreich, Portugal und
Kroatien werden bei Nichteinhaltung finanzielle Sanktionen (Kürzung der Parteien-
förderung) verhängt.

Zusätzlich zum vorgegebenen Frauenanteil auf der Wahlliste insgesamt sind Platzierungs-
vorgaben (etwa verpflichtendes Reißverschlusssystem, Erstplatzierte) entscheidend für die
tatsächliche Zusammensetzung der Parlamente.

Tabelle 1: Gesetzliche Quotenregelungen in nationalen Parlamente in der EU

                                                                                                Tatsächlicher
    Gesetzliche   Land
                                      Platzierung               Sanktion                        Frauenanteil3
    Quote         (Einführung)
                                                                                                  4. Q. 2020

    50 Prozent    Belgien (2002)      Reißverschluss erster     Wahlliste nicht zugelassen       42 Prozent
                                      u. zweiter Platz

    50 Prozent    Frankreich (2000)   –                         Finanzielle Strafe (Kürzung      41 Prozent
                                                                der Parteiförderung)

2
  Zusätzlich gibt es diverse Vorgaben auf Landes- bzw. Regionalebene in den verschiedenen EU-Mitglieds-
staaten, u. a. in Frankreich, Italien, Belgien, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien und Griechenland.
3
  Abgeordnete im Unterhaus bzw. Einkammersystem, EIGE, Gender Statistics Database, Abfrage Jänner 2021

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Tatsächlicher
 Gesetzliche     Land
                                         Platzierung               Sanktion                      Frauenanteil3
 Quote           (Einführung)
                                                                                                   4. Q. 2020

 40 Prozent      Spanien (2007)          40 Prozent sind in        Änderungsfrist, sonst          44 Prozent
                                         jeweils fünf              Wahlliste nicht zugelassen
                                         Listenplätzen
                                         einzuhalten

 40 Prozent      Kroatien (2008)         –                         Finanzielle Strafe (sowie      31 Prozent
                                                                   Bonus für Gewählte des
                                                                   unterrepräsentierten
                                                                   Geschlechts)

 40 Prozent      Griechenland            –                         Wahlliste nicht zugelassen     22 Prozent
 (bis 2019: 33   (2008)
 Prozent)

 40 Prozent      Italien (2017)          Reißverschluss für        –                              36 Prozent
                                         Wahlkreise, die mehr
                                         als ein Mandat
                                         entsenden; für
                                         Wahlkreise mit nur
                                         einem Mandat max.
                                         60% eines
                                         Geschlechts national
                                         sowie als
                                         Erstplatzierte
                                         insgesamt

 40 Prozent      Luxemburg (2016)        –                         Finanzielle Strafe (Kürzung    32 Prozent
 (ab 2023)                                                         d. Parteienförderung)

 35 Prozent      Polen (2011)            Mind. eine Kandidatin     Änderungsfrist drei Tage,      29 Prozent
                                         auf den ersten drei       sonst Wahlliste nicht
                                         Plätzen                   zugelassen

 35 Prozent      Slowenien (2006)        Reißverschluss            Wahlliste nicht zugelassen     27 Prozent
 (ab 2011; bis                           fürerste Listenhälfte
 2008: 25
 Prozent)

 33 Prozent      Portugal (2011)         Reißverschluss für        Finanzielle Strafe (Kürzung    40 Prozent
                                         Wahlkreise, die mehr      d. Parteienförderung)
                                         als ein Mandat            sowie öffentliche
                                         entsenden                 Bekanntmachung

 30 Prozent      Irland (2012)           –                         Finanzielle Strafe (Kürzung    23 Prozent
 (ab 2023: 40                                                      der staatlichen Förderung
 Prozent)                                                          um 50 Prozent)

Quelle: Gender Quotas Database sowie EIGE, Gender Statistics Database, Abfrage Jänner 2021

Der Vergleich zwischen gesetzlicher Vorgabe und tatsächlichem Frauenanteil in den
Parlamenten zeigt, dass derzeit nur Portugal und Spanien den jeweiligen Zielwert erfüllen

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                                       29 von 54
(33 bzw. 40 Prozent). Im EU-Vergleich zeigt sich jedoch deutlich, dass gesetzliche Quoten
eine raschere Erhöhung nach sich ziehen als freiwillige Regelungen auf Parteiebene. Laut
EIGE hat sich der Frauenanteil in jenen EU Mitgliedsstaaten, die eine gesetzliche Quoten-
regelung eingführt haben, seit 2004 fast verdoppelt, wohingegen Länder ohne eine
entsprechende Regelung deutlich geringere Fortschritte erzielten.

Die Regelungen im Detail

Belgien
Die erste gesetzliche Quote wurde in Belgien bereits 1994 (25 Prozent) für alle Wahlen
eingeführt; seit 2011 gilt die 50 Prozent-Regelung. Neben der 50 Prozent-Quote für Listen
besteht auch eine Pflicht, Kandidatinnen und Kandidaten im Reißverschlusssystem zu
platzieren: die beiden Listen-Erstplatzierten dürfen nicht demselben Geschlecht
angehören. Die Regelungen in Belgien sind im Wahlgesetz verankert und gelten für das
Abgeordnetenhaus und den Senat, sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Für
die drei Regionen wurden im Kommunalwahlgesetz gleiche Regelungen festgelegt. Bei
Nichteinhaltung wird die Wahlliste nicht zugelassen.

Frankreich
In Frankreich sind gleicher Zugang zu gewählten Mandaten und Ämtern für Frauen und
Männer sowie die Verantwortung der politischen Parteien zur Förderung dieses Prinzips
seit 1999 in der Verfassung verankert. Im Wahlgesetz ist seit 2000 festgelegt, dass die
Anteile von Frauen und Männern auf der Wahlliste einer Partei für die Nationalver-
sammlung nicht um mehr als zwei Prozentpunkte voneinander abweichen dürfen. Bei
Nichteinhaltung wird die öffentliche Förderung, die je nach erhaltenen Stimmen im ersten
Wahldurchgang zusteht, um einen Prozentsatz gekürzt, der 75 Prozent der tatsächlichen
Differenz zwischen Männern und Frauen ausmacht. (D.h. werden nur 40 Prozent Frauen
nominiert, beträgt die Differenz 20 Prozentpunkte und die Parteienförderung wird um 15
Prozent gekürzt.) Für die Regionalwahlen auf Departementebene besteht seit 2013 die
gesetzliche Vorgabe, dass nur ein Tandem („binôme“) aus einer Kandidatin und einem
Kandidaten gewählt werden kann. D.h. mit einer Stimme wird ein Team (eine Frau und ein
Mann) gewählt, was im Mehrheitswahlsystem die genaue Einhaltung des 50:50-
Verhältnisses garantiert. Auf Regionalebene besteht daher seit den Wahlen 2015

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Geschlechterausgewogenheit. Vor der Neuregelung waren 2011 nur 18 Prozent der
Gewählten Frauen.

Griechenland
Ein allgemeines Gleichstellungs- und Frauenfördergebot wurde 2008 in der Verfassung
verankert; seit 2012 sieht das Wahlrecht für das Parlament jeweils mindestens ein Drittel
der Listenplätze für beide Geschlechter vor. Erfüllt die Wahlliste diese Vorgabe nicht, wird
sie nicht zugelassen. Die gleiche Regelung gilt für Gemeinde- und Regionalwahlen. Im Jahr
2019 wurde die Geschlechterquote bei allen Wahlverfahren auf 40 Prozent angehoben.

Irland
Gemäß Wahlgesetz-Novelle 2012 wird die staatliche Parteienförderung um 50 Prozent
gekürzt, wenn nicht mindestens 30 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten der
jüngsten Parlamentswahlen Frauen bzw. Männer waren. Die erste Wahl unter dieser
Regelung fand 2016 statt, bis nach 2023 soll der Mindestanteil auf 40 Prozent Frauen bzw.
Männer steigen (7 Jahres-Frist). Für regionale und lokale Wahlen gibt es keine Vorgaben.

Italien
Das Wahlgesetz (165/2017, Artikel 3, 3.1) sieht vor, dass für die Kandidatinnen- und
Kandidatenlisten in Wahlkreisen, die mehr als ein Mandat entsenden das Reißverschluss-
prinzip anzuwenden ist. Für Wahlkreise mit nur einem Mandat dürfen pro Partei/Wahl-
koalition national insgesamt nicht mehr als 60 Prozent eines Geschlechts nominiert
werden. Auch unter den Listenersten für die Wahlkreise mit mehr als einem Mandat
dürfen pro Partei/Wahlkoalition national insgesamt max. 60 Prozent Kandidatinnen bzw.
Kandidaten eines Geschlechts aufgestellt werden. Sanktionen sind im Gesetz nicht
vorgesehen, die nationale Wahlkomission ist für die Einhaltung der Bestimmungen
zuständig.

Kroatien
Im Jahr 2008 trat das Gesetz zur Gleichstellung der Geschlechter in Kraft, das u. a. eine
ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern mit je mindestens 40 Prozent festlegt.
Dieser Wert gilt auch für Kandidatinnen- und Kandidatenlisten für die nationalen und
europäischen Parlamentswahlen, sowie für Gemeinde- und Regionalwahlen. Erfüllt eine

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                     31 von 54
Partei die 40 Prozent-Vorgabe nicht, wird eine Strafzahlung von 50.000 HRK (ca. 6.500
EUR) für EP- und Nationalwahlen fällig, für Regional- und Gemeindewahlen liegen die
Strafen bei 40.000 bzw. 20.000 HRK. Zudem legt das Gesetz fest, dass der tatsächliche
Anteil im Parlament spätestens nach drei regulären Wahlen bei 40 Prozent liegen muss.
Nach den Wahlen 2011 stieg der Anteil von 20 Prozent auf 24 Prozent, nach den letzten
Wahlen 2015 lag er auf 25 Prozent der Abgeordneten, obwohl 41 Prozent der Kandidat-
innen und Kandidaten Frauen waren. Über die Sanktionen hinaus gibt es einen finanziellen
Bonus für Parteien auf Regional- und Lokalebene: die pro gewähltem Mitglied (des
unterrepräsentierten Geschlechts) gebührende Parteienförderung wird um zehn Prozent
erhöht.

Luxemburg
Im Dezember 2016 wurde im Wahlgesetz eine ausgewogene Vertretung von Frauen und
Männern mit je mindestens 40 Prozent auf den Wahllisten der Parteien für nationale
Wahlen verankert. Erfüllt eine Partei diese Vorgabe nicht, wird die Parteienfinanzierung
schrittweise gekürzt. Hat eine Partei beispielsweise weniger als 30 Prozent Frauen oder
Männer auf ihrer Wahlliste, erhält diese Partei lediglich 25 Prozent ihrer staatlichen
Parteienfinanzierung. Die 40-Prozent Quote wird erstmals bei den Parlamentswahlen
2023 Anwendung finden. Bereits 2019 wurde die Quotenregelung für Wahlen zum
Europäischen Parlament angewandt – die Wahllisten der Parteien müssen für Europa-
wahlen eine 50-Prozent Quote erfüllen.

Polen
Eine Quote ist seit 2011 im Wahlgesetz für Wahlen zum nationalen und europäischen
Parlament und Gemeindewahlen geregelt. Mindestens je 35 Prozent Frauen und Männer
müssen auf der Wahlliste vertreten sein, eine abweichende Liste muss binnen drei Tagen
adaptiert werden, sonst wird sie nicht zugelassen. Eine ähnliche Regelung gilt für Regional-
wahlen, dabei ist hier zusätzlich festgelegt, dass bei Wahllisten mit drei Listenplätzen
mindestens eine Kandidatin bzw. ein Kandidat pro Geschlecht vertreten sein muss.

Portugal
Seit 2006 besteht lt. Parteiengesetz die Mindestvorgabe von 33 Prozent in Verbindung mit
einem Reißverschlusssystem für Wahlkreise, in denen mehr als eine Kandidatin bzw. ein
Kandidat gewählt wird. Bei Nichterfüllung des Mindestanteils wird dies publik gemacht

32 von 54                                  Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020
und die öffentliche Förderung der Wahlkampfgelder gemäß der Abweichung vom Zielwert
reduziert. Ausgenommen sind Wahllisten mit weniger als drei Listenplätzen bzw. auf
Regionalebene Gemeinden mit weniger als 7.500 Wahlberechtigten und Städte mit
weniger als 750 Wahlberechtigten.

Slowenien
In Slowenien beträgt der gesetzliche Mindestanteil von Frauen bzw. Männern auf den
Wahllisten 35 Prozent. Auf Wahllisten mit drei Listenplätzen muss mindestens eine
Kandidatin bzw. ein Kandidat des jeweils anderen Geschlechts platziert sein. Dies wurde
2006 im Gesetz zu Wahlen zur Nationalversammlung mit einem Übergangszielwert von
25 Prozent bis 2008 geregelt. Erfüllt eine Wahlliste diese Vorgaben nicht, wird sie von der
Wahlkommission abgelehnt. Für Lokalwahlen wurde 2005 eine gesetzliche Quote (im
Lokalwahl-Gesetz) von zunächst 20 Prozent (für die Wahlen 2006) festgelegt, die
schrittweise anstieg und seit 2014 bei 40 Prozent liegt. Zudem müssen seit den Wahlen
2014 auf der ersten Hälfte der Wahlliste Kandidatinnen und Kandidaten im Reißver-
schlusssystem platziert werden.

Spanien
Seit 2007 ist im Wahlgesetz eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern mit
je mindestens 40 Prozent auf den Wahllisten festgelegt. Diese 40:60-Rate ist für die
gesamte Liste sowie für jeweils fünf Listenplätzen einzuhalten. Wird eine diesen Vorgaben
nicht entsprechende Wahlliste nicht rasch adaptiert, wird sie nicht zur Wahl zugelassen.
Bei weniger als fünf Listenplätzen muss das Verhältnis so nah an der 40:60-Rate sein wie
möglich. Gleiche Regelungen gelten für Senats- und Gemeinderatswahlen; Ausnahmen
sind Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern (seit 2011, davor
Übergangsregelungen für Gemeinden bis 5.000 EW). Einige autonome Regionen haben
weiterführende Regelungen (50:50) erlassen.

Frauen in nationalen Parlamenten in der EU – 2010 und 2020 im
Vergleich

Zum internationalen Vergleich Österreichs mit anderen EU Mitgliedsstaaten werden im
Folgenden die Frauenanteile in den nationalen Parlamenten angeführt. Dabei werden –

Frauen in politischen Entscheidungspositionen in Österreich 2020                    33 von 54
für Zweikammersysteme, wie sie etwa in Österreich existieren – nur die Unterhäuser (für
Österreich der Nationalrat) verglichen.

Im 4. Quartal 2010 gab es sieben Parlamentspräsidentinnen in der EU: Belgien, Estland,
Litauen, Niederlande, Österreich, Rumänien und Tschechien hatten eine Präsidentin (EIGE
2020). In Summe aller EU Mitgliedsstaaten lag der Frauenanteil damit 2010 bei 25
Prozent. Im Jahr 2020 waren acht von 28 Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten
Frauen, was einem Frauenanteil von knapp 29 Prozent entspricht. Im vierten Quartal 2020
hatten Belgien, Bulgarien, Finnland, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen und Spanien
eine Parlamentspräsidentin.

In der folgenden Grafik zeigt sich außerdem, dass sowohl im europäischen Durchschnitt
als auch in den Ländern mit gesetzlichen Quotenregelungen der Anteil der Frauen unter
den Abgeordneten seit 2010 gestiegen ist, mit Ausnahme von Deutschland und den
Niederlanden. In diesen zwei EU Ländern ist der Frauenanteil im Vergleich zu 2010
gesunken.

Abbildung 11: EU-Vergleich – Frauenanteile in den nationalen Parlamenten sowie
gesetzliche Quotenregelungen, 2010 und 2020 in Prozent

Quelle: EIGE, Gender Statistics Database, eigene Darstellung

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