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Ursula Pachl zur Beeinträchtigung eines fairen Wettbewerbes und damit zu weniger Innova- tion und einer beschränkten Auswahl von Dienstleistungen und Produkten für Verbraucher20. Es geht aber nicht nur um Schäden für Verbraucher, sondern auch um eine Gefahr für die Demokratie. C. Last not least: Der manipulierte Verbraucher wird zum vulnerablen Bürger Mit dem Europäische Aktionsplan für Demokratie21 soll sichergestellt werden, Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr dass die demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger auf fundierter Willensbildung beruht und nicht durch rechtswidrige Einflussnahme und Ma- nipulation beeinträchtigt wird. Der Aktionsplan zielt unter anderem darauf ab, Bürgerinnen und Bürger sowie die Zivilgesellschaft in die Lage zu versetzen, sich den Bedrohungen entgegenzustellen22. Dies soll unter anderem durch ge- steigerte Transparenz, wie zum Beispiel Kenntlichmachung von gesponserten digitalen Inhalten, weiters durch die Förderung der Erziehung zu aktiven und bewussten Bürgern und durch mehr Medienkompetenz erreicht werden. Bedauerlicherweise wird in diesem Aktionsplan nicht berücksichtigt, dass sich Bürger, wenn sie digitale Inhalte von Internet-Plattformen und anderen Medien beziehen, genau wie Verbraucher, kaum allein schützen können: Algo- rithmen sind so programmiert, dass eine Maximierung der Klickraten erreicht wird. Die Art und Weise, wie Inhalte von Algorithmen ausgewählt und emp- fohlen werden, zum Beispiel durch das Modell des „click baiting“, führt dazu, dass zum Beispiel Nutzer, die laut ihres Profils an Verschwörungstheorien inte- ressiert sind, immer mehr davon sehen werden23. Weiters wird nicht beachtet, dass politisch motivierte Verhaltensmanipula- tion von Bürgern oft auf die Daten zurück geht, die Verbraucher produzieren, wenn sie Suchmaschinen benutzen, einkaufen oder über sozialen Medien kom- munizieren. Der Schutz der Demokratie muss daher auch den Schutz der Verbraucher vor Datenextraktion beinhalten, denn kommerzielle Tätigkeiten, die auf der 20 Competition and Markets Authority, Online platforms (2020) 179. 21 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und den Ausschuss der Regionen, Europäischer Aktionsplan für Demokratie, COM/2020/790 final; abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/? uri=COM%3A2020%3A790%3AFIN&qid=1607079662423 (10.1.2021). 22 Mitteilung der Kommission, Aktionsplan für Demokratie, 4. 23 Mit weiterführender Literatur siehe BEUC, The manipulated consumer, the vulnerable citizen – Response to European Democracy Action Plan (2020); abrufbar unter: https:// www.beuc.eu/publications/manipulated-consumer-vulnerable-citizen/html (10.1.2021). 202 Verlag Österreich
Der „gläserne” User Ausbeutung, Beeinflussung und Monetarisierung des Verhaltens und der Ent- scheidungen von Verbrauchern aufgebaut sind, liefern auch die Grundlage für politische Einflussnahme, wie der Fall „Cambridge Analytica“ gezeigt hat. Al- lein durch mehr Bildung und Information für Bürger und/oder freiwilligen Verhaltensregeln für Unternehmen wird dieser gefährlichen Entwicklung nicht beizukommen sein. Eine effizientere Durchsetzung der DSGVO sowie die seit langem durch die Mitgliedsstaaten verschleppte Verabschiedung des Vorschlages zur Revision der e-privacy Richtlinie24 würden konkret dazu beitragen, einen besseren Schutz der Verbraucher vor missbräuchlicher Nutzung von Daten und damit Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr aber auch einen besseren Schutz der Bürger vor Manipulation zu bewirken. Weiters wäre eine breit angelegte wettbewerbsrechtliche Untersuchung des di- gitalen „ad tech“ Ökosystems, wie dies von der britischen Wettbewerbsbehör- de nun durchgeführt wird25 auch für die EU dringend notwendig. Solche Maß- nahmen sollten (auch) als essentiell für den Schutz der Demokratie erkannt und dementsprechend prioritär in die Wege geleitet werden. IV. Case Studies: Rechtsdurchsetzung durch Verbraucher- schutzorganisationen – kann sich der „gläserne“ User wehren? Erfahrungen von Verbraucherorganisationen mit der praktischen Anwendung von Verbraucher-, Datenschutz- und Wettbewerbsrecht zur Verhinderung von kommerziellen Überwachungspraktiken zeigen, dass die Bewältigung dieser Aufgabe noch viele Bemühungen erfordern wird. A. Rechtsdurchsetzung DSGVO (Google – Standortdaten) Im November 2018 reichten Verbraucherschutzorganisationen aus sieben Län- dern26, koordiniert von BEUC, dem Europäischen Verbraucherschutzverband, Beschwerden gegen Google wegen Verstößen gegen die DSGVO ein. Gegen- stand der inhaltsgleichen sieben Beschwerden ist die Verwendung der persön- 24 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ach- tung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/58/EG (Verordnung über Privat- sphäre und elektronische Kommunikation), COM/2017/010 final. 25 Competition and Markets Authority, Online platforms (2020). 26 Forbrukerrådet (Norwegen), Consumentenbond (Niederlande), Ekpizo (Griechenland), dTest (Tschechische Republik), Zveza Potrošnikov Slovenije (Slovenien), Sveriges Konsu- menter (Schweden) und Forbrugerrådet Tænk (Dänemark). 203 Verlag Österreich
Ursula Pachl lichen Daten durch Google im Zusammenhang mit der Standortbestimmung von Android-Telefonnutzern. Google sammelt die Standortdaten der Verbraucher für verschiedene Zwe- cke und bei Nutzung verschiedener Dienste des Unternehmens. Dies geschieht unter anderem durch das Tracking von Smartphones. Geolokalisierungsdaten sind Teil eines Gesamtbildes und können mit anderen Daten kombiniert wer- den, wie zB dem Browserverlauf, Suchprofil, Social-Media-Aktivitäten, On- line-Shopping-Verlauf usw. Mit anderen Worten: Google kann durch seine ver- schiedenen Dienste ein sehr umfassendes Bild seiner Nutzer erstellen. Die Beschwerden der Verbraucherorganisationen richteten sich gegen den Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr Umstand, dass Google keine ausreichende Rechtgrundlage für das Sammeln und die Nutzung dieser Standortdaten hat27. Dem behördlichen Zusammenar- beitsverfahren bei grenzüberschreitenden Beschwerden der DGSVO entspre- chend, wurden die Beschwerden im Juli 2019 von der irischen Datenschutz- kommission (Data Protection Commission, DPC) übernommen, die im Febru- ar 2020 schließlich die Eröffnung einer Untersuchung von Amts wegen („own volition inquiry“) zu den in den Beschwerden aufgeworfenen Fragen ankün- digte. Die DPC eröffnete damit ein zusätzliches Verfahren, parallel zu den an- hängigen Beschwerden. Die Eröffnung eines neuen, nur auf nationalem irischen Datenschutzrecht (nicht auf der DSGVO) beruhenden Verfahren kommt einer Aufschiebung der Beschwerdebehandlung und Verschiebung der Zielsetzung der Beschwerden gleich: Die Praktiken von Google werden laut DPC nun erst ab dem Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung, also ab Februar 2020 und nicht ab dem Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerden, als ab November 2018 untersucht werden. Weiters gibt es in diesem Verfahren kein Recht auf Anhörung der Verbraucherorganisationen, da sie im Verfahren nicht Partei sind und gegen die zukünftige Entscheidung könnten sie kein Rechtsmittel eingele- gen. Für die Verbraucherorganisationen war ein gerichtliches Vorgehen gegen die DPC wegen der Eröffnung dieses „own volition“ Verfahrens nach irischem Recht vor allem aufgrund des – wegen enormer Kosten im Falle einer negativen Entscheidung – sehr hohem Prozessrisikos nicht möglich. Als ein generelles und signifikantes Hindernis bei der Rechtsdurchsetzung der DSGVO erweist sich daher auch, dass die Behandlung von Beschwerden im Rahmen des „One- Stop-Shop-Mechanismus“ grundsätzlich dem Verfahrensrecht des Landes des Unternehmens unterliegt. Der hohe Aufwand und die Kosten, die im Zusam- menhang mit dem Bedarf an diesbezüglicher Rechtsexpertise, -vertretung und 27 Zur technischen und rechtlichen Analyse siehe die Studie von Forbrukerrådet: Every step you take – How deceptive design lets Google track users 24/7, 27.11.2018; abrufbar unter: https://fil.forbrukerradet.no/wp-content/uploads/2018/11/27-11-18-every-step-you-ta ke.pdf (10.12.2020). 204 Verlag Österreich
Der „gläserne” User eventueller Gerichtsverfahren entstehen, sind für eine Verbraucherorganisation kaum zu bewältigen28. Mehr als 2 Jahre nach Einreichung der Beschwerden ist eine Entscheidung und damit die erhoffte Feststellung der Rechtswidrigkeit und somit Beendi- gung dieser Surveillance-Geschäftspraktiken, die viele Millionen von Verbrau- chern in der EU betrifft, in weite Ferne gerückt. Erfahrungsgemäß muss mit einer weiteren jahrelangen Wartezeit gerechnet werden. In der Zwischenzeit muss man davon ausgehen, dass Google weiter dabei ist, Standortdaten mit zwar immer ausgefeilteren Methoden, wohl aber immer noch ohne ausreichen- de Nutzerzustimmung oder einer anderen nach der DSGVO zulässigen Rechts- Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr grundlage zu sammeln und zu verwerten. Die DSGVO wäre ein wesentlicher Bestandteil des regulatorischen „Rezep- tes“ für eine digitale Transition, die nicht zum Ausverkauf der Privatsphäre und dem Verlust der Selbstbestimmung der Verbraucher führt. Derzeit bleibt ihre Anwendung jedoch weit hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück29. B. Rechtsdurchsetzung Verbraucherrecht (Facebook und Twitter – unfaire Geschäftsbedingungen) Welche Rolle spielt das Verbraucherrecht und die nationale Zivilgerichtsbarkeit dabei, Verbrauchinteressen in der Datenwirtschaft zu wahren, sodass Verbrau- cher nicht ohne ihre Einwilligung und Wissen um deren Verwendung, ihre per- sönlichen Daten den Unternehmen zur Verfügung stellen müssen? Exempla- risch seien hier zunächst zwei Beispiele aus Frankreich genannt, wo Verbrau- cherorganisationen wiederholt gegen die großen digitalen Plattformen vor Zi- vilgerichte gezogen sind, um unfaire Vertragsbedingungen und Geschäftsprak- tiken, sowie nicht gesetzeskonforme Datenschutzerklärungen, die dem Ge- schäftsmodell der Datenextraktion dienen, als unlauter und missbräuchlich er- klären zu lassen. Im März 2014 verklagte die französische Verbraucherorganisation UFC- Que Choisir mehrere große on-line Plattformen, unter anderem auch Face- 28 Für eine detailliere Darstellung der Beschwerden und des bisherigen Verfahrenshergangs siehe: BEUC, The long and winding Road - Two years of the GDPR: A cross-border data protection enforcement case from a consumer perspective, BEUC-X-2020-074-05/08/2020; abrufbar unter: https://www.beuc.eu/publications/beuc-x-2020-074_two_years_of_the_ gdpr_a_cross-border_data_protection_enforcement_case_from_a_consumer_perspective. pdf (10.12.2020). 29 Siehe BEUC’s Brief an EU-Kommissar Reynders mit Vorschlägen für die notwendigen Verbesserungen bei der Durchsetzung der Rechte der Datensubjekte der DSGVO, 25.5.2020; abrufbar unter: https://www.beuc.eu/publications/beuc-x-2020-040_gdpr_se cond_anniversary_-_recommendations_for_efficient_enforcement_letter.pdf (10.12.2020). 205 Verlag Österreich
Ursula Pachl book und Twitter vor dem „Tribunal de grande instance de Paris“. Gefordert wurde die Löschung von jeweils hunderten von den missbräuchlichen und rechtswidrigen Vertragsklauseln und Bedingungen, ua auf der Grundlage der EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln (Richtlinie 93/13/EG) und des französischen „Code de la Consommation“, des französischen Datenschutz- gesetzes (1978) und des französischen Gesetzes über geistiges Eigentum30. Die gerichtliche Entscheidung in der Klage gegen Facebook erging im April 2019, erst 5 Jahre später. Die Langwierigkeit des Verfahrens ergab sich unter anderem dadurch, dass Facebook wiederholt die Vertragsbedingungen und Datenschutzerklärung änderte und somit UFC-Que Choisir zwang, diese ge- Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr änderten Vertragsklauseln ständig erneut zu überprüfen und die Klageschrift fortlaufend zu aktualisieren. Das Verfahren bedeutete daher einen enormen Aufwand für die Verbraucherorganisation und auch für das Gericht. Dieses stellte nach 5 Jahren schließlich fest, dass fast alle der 430 inkriminierten Ver- tragsbedingungen missbräuchlich oder rechtswidrig und daher ungültig seien31. Facebook wurde allerdings nur dazu verurteilt, die Verbraucher über das Urteil zu informieren und die lächerliche anmutende Summe von 30.000,– € als Ersatz für den immateriellen Schaden des Kollektivinteresses der Verbraucher an UFC Que Choisir zu bezahlen. Das Gericht stellte auch fest, dass die meisten der vom Gericht als ungültig erklärten Vertragsklauseln zum Zeitpunkt des Urteils nicht mehr in Verwendung waren. Die konkreten positiven Auswirkungen des Verfahrens auf Verbraucher waren daher beschränkt. Das im Jahr 2014 eröffnet Verfahren gegen Twitter wegen 265 unlauteren und missbräuchlichen Vertragsklauseln, wurde 2018 ebenfalls fast zur Gänze im Sinne von UFC Que Choisir entschieden, ist aber wegen Berufung durch Twitter noch immer nicht abgeschlossen32. Das Gericht in erster Instanz stellte insbesondere fest, dass Verbraucher, bevor sie etwas unterschreiben, wissen müssen, worauf sie sich einlassen. Das Gericht erklärte, dass das Ankreuzen eines kleinen Kästchens zur Annahme der Nutzungsbedingungen, womit der Verbraucher der Verwendung seiner Daten zustimmen soll, einer ausdrückli- chen Zustimmung nicht entspricht. Im Vergleich dazu ein Blick nach Deutschland, wo der vzbv (Verbraucher- zentrale Bundesverband), schon einige Unterlassungsklagen gegen große digi- 30 BEUC, Consumer Justice and enforcement forum II, 2016, 24, abrufbar unter: https:// www.beuc.eu/publications/beuc-x-2016-051_cojef_ii-enforcement_of_consumer_rights. pdf (15.12.2020). 31 UFC Que Choisir, Pressemitteilung, 10.4.2019 abrufbar unter https://www.quechoisir. org/action-ufc-que-choisir-donnees-personnelles-l-ufc-que-choisir-obtient-la-condamna tion-de-facebook-n65523/ (15.12.2020). 32 UFC Que Choisir, Pressemitteilung, 8.8.2018, https://www.quechoisir.org/actualite-clau ses-abusives-twitter-condamne-n57633/ (12.12.2020). 206 Verlag Österreich
Der „gläserne” User tal Unternehmen und auch vor allem gegen Facebook wegen gesetzeswidriger Datenextraktionspraktiken angestrengt hat. Die Verfahren müssen jedoch teil- weise bis zum Bundesgerichthof und dem Gerichtshof der Europäischen Uni- on geführt werden33 und daher vergeht auch hier sehr viel Zeit, bis Unterneh- men ihre Praktiken ändern müss(t)en. Ganz allgemein lässt sich daraus schließen, dass die Anfechtung von unfai- ren Vertragsklauseln durch nationale Verbraucherverbände vor nationalen Zi- vilgerichten im Kampf gegen die gesetzeswidrige Datenextraktion durch die großen, EU-weit agierenden digitalen Unternehmen zwar Erfolge zeitigt, aber langsam und äußerst aufwendig ist. Durch die häufigen Änderungen der Ge- Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr schäftsbedingungen und Datenschutzerklärungen und die lange Dauer bis zur Erwirkung einer durchsetzbaren Gerichtsentscheidung, werden diese Unter- nehmen zu „moving targets“, denen mit diesen traditionellen Mitteln schwer beizukommen ist. Ein weiteres Problem aus europäischer Sicht besteht darin, dass ein für Verbraucher positives Urteil eines nationalen Gerichtes nur den Verbrauchern dieses einen Landes zugutekommt, und somit keine Änderung der EU-weit verwendeten Geschäftspraktiken mit sich bringt. C. Rechtsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht (Google-Fitbit Fusion) Sind die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen der EU ausreichend um den großen Herausforderungen durch die Technologieriesen, besonders im Be- zug auf ihre Fähigkeit, ihre „Surveillance Ökosysteme“ auszudehnen, gerecht zu werden? Ein wichtiges Fallbeispiel dazu ist die von Google kürzlich durch die Euro- päische Kommission genehmigte Übernahme34 von „Fitbit“. Fitbit ist ein US- amerikanisches Unternehmen, das in der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Wearables (vor allem Smartwatches und Fitnesstracker) so- wie der dazugehörigen Software und Apps im Gesundheits- und Wellnessbe- reich tätig ist. Mit Hilfe der Fitbit-Geräte, durch die die Überwachung ver- 33 Zum Beispiel BGH Ref. I ZR 186/17 zur Zulässigkeit der Datenübermittlung von Face- book an Betreiber kostenloser Computerspiele, derzeit anhängig als Vorabentscheidungs- ersuchen beim EuGH, Rs C-319/20 Facebook Ireland Limited gegen Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., eingebracht 15.7.2020 zur wichtigen Frage der Zulässigkeit von Verbandsklagen we- gen unlauterer Geschäftspraktiken basierend auf Verstößen gegen Datenschutzrecht; meh- rere Unterlassungsklagen des vzbv gegen Facebook sind derzeit aufgrund diese Vorlage- verfahrens ausgesetzt. 34 Europäische Kommission, Pressemitteilung, Fusionskontrolle: Kommission leitet einge- hende Untersuchung der geplanten Übernahme von Fitbit durch Google 4.8.2020, abruf- bar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_1446 (4.12.2020). 207 Verlag Österreich
Ursula Pachl schiedener Körperfunktionen des Verbrauchers (Herzschlag, Menstruations- zyklus), der Aktivitäten (getätigte Schritte, erstiegene Stockwerke, Schrittwei- te), des Trainings (Dauer, zurückgelegte Distanz), der Ernährung (Kalorienauf- nahme) und des Schlafs (Schlafverhalten) durch Verbraucher selbst und durch Fitbit durchgeführt wird, sollen beim Erreichen eines gesünderen Lebensstil helfen35. Fitbit sammelt also sehr sensible Informationen von seinen Nutzern, die detaillierte Erkenntnisse über Gewohnheiten und Gesundheitszustand der Verbraucher liefern. Mit der Übernahme von Fitbit und seinen Smartwatch-Funktionalitäten, Apps, und diesen äußerst wertvollen Gesundheits- und ebenfalls erfassten Stand- Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 25.06.2022 um 09:39 Uhr ortdaten der Verbraucher, könnte Google daher nicht nur seine bereits dominie- rende Stellung auf digitalen Märkten weiter ausbauen, sondern eine ähnlich mächtige Stellung auch im Bereich der Gesundheit- und Fitnessmärkte erreichen. Derzeit hat Google keinen Zugriff auf Gesundheitsdaten aus erster Hand. Daher werden durch diese Fusion essenzielle neue Elemente zu Google’s Wissensimpe- rium hinzukommen. Aber Auswirkungen sind nicht nur auf die digitalen Ge- sundheitsmärkte, sondern wohl in jedem anderen Bereich, in dem „prädiktive Produkte“ über die Gesundheit einer individuellen Person oder einer Gruppe von Menschen relevant sein können, zu erwarten: Man denke nicht nur an Versi- cherungen, ein Markt indem Google schon seit einiger Zeit Ambitionen zeigt36, sondern auch an Arbeits-, Kredit-, oder sogar den Wohnungsmarkt etc. Vor diesem Hintergrund beteiligte sich BEUC als interessierte Partei37 am Fusionsverfahren und forderte die Europäische Kommission auf38, die Fusion sehr streng zu prüfen, um die zu erwartenden negativen Auswirkungen auf Verbraucher zu verhindern. Außerdem wandten sich zahlreiche andere Ver- braucher- und Zivilgesellschaftsorganisationen aus der EU und den USA in ei- nem gemeinsamen Brief39 sowie namhafte Experten40 wegen großer Bedenken 35 www.fitbit.com (10.12.2020). 36 Jay Peters, Verily, Google’s health-focused sister company, is getting into insurance abruf- bar unter: https://www.theverge.com/2020/8/25/21401124/alphabet-verily-insurance-co efficient-stop-loss (12.1.2021) 37 BEUC wurde im Verfahren als „Dritter“ gemäß Artikel 18 Absatz 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmens- zusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) ABl L 24, 29.1.2004, zugelassen. 38 BEUC, Google-Fitbit Merger - Competition concerns and harms to consumers (2020); abrufbar unter: https://www.beuc.eu/publications/beuc-x-2020-035_google-fitbit_mer ger_competition_concerns_and_harms_to_consumers.pdf (10.12.2020). 39 Joint statement – Consumer and Citizens Groups have serious concerns about Google Fitbit takeover (2020); abrufbar unter https://www.beuc.eu/publications/beuc-x-2020- 060_joint_ngo_statement_on_google_fitbit_merger.pdf (10.1.2021). 40 Siehe den Beitrag von Francesca Bria, Cristina Caffarra, Gregory Crawford, Wolfie Christl, Tomaso Duso, Johnny Ryan and Tommaso Valletti “Europe must not rush Google-Fitbit 208 Verlag Österreich
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