Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu er- warten? - Predictive Default Study

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Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu er- warten? - Predictive Default Study
Corona-Pleitewelle:
Wie viele Ausfälle
sind tatsächlich zu er-
warten?

Predictive Default Study
Marktanalyse | April 2021
Univ.-Prof. Dr. Walter S.A. Schwaiger, MBA

                  In Kooperation mit
Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu er- warten? - Predictive Default Study
Inhalt
Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten? ............................................................. 1
   Management Summary ..................................................................................................................................... 3
   Corona-Pleitewelle: Eine vorausschauende Ausfallstudie (Predictive Default Study) .............................. 6
      1.      Definitionen und Datenbasis ................................................................................................................ 6
      2.      Österreichische Unternehmen: Entwicklung der Ausfallraten über die Jahre ............................... 7
      3.      Corona-Blase: Sichtbarmachung des Unsichtbaren .......................................................................... 8
      4.      Unterschiedliche Corona-Betroffenheit: Lockdown-basierte (LD) Klassifizierung ...................... 10
      5.      Corona-Pleitewelle: Effekte nach LD-Segmenten............................................................................. 11
      6.      Entstehung der Corona-Blase ............................................................................................................. 13
      7.      Analyse aller Unternehmen ................................................................................................................ 14
      8.      Konklusion und Ausblick ..................................................................................................................... 15
   Anhang ............................................................................................................................................................... 17
Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu er- warten? - Predictive Default Study
Corona-Pleitewelle:
     Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

                                       Management Summary

                                       1. Problemstellung
Autor:                                 Im Wirtschaftskrisenjahr 2009 ist die Konjunktur um -3,78 % eingebrochen und
                                       die Ausfallrate ist gegenüber 2008 um +0,20 % gestiegen. Im Corona-Krisenjahr
Univ.-Prof. Mag. Dr.                   2020 ist die Konjunktur um -6,6 % eingebrochen und die Ausfallrate ist gegen-
Walter S.A. Schwaiger, MBA             über 2019 um -0,39% zurückgegangen. Der große Unterschied zwischen bei-
Projects & Publications                den Krisen liegt in den außerordentlichen Fördermaßnahmen von öffentlicher
                                       Seite, welche im Corona-Krisenjahr zur Stützung der Wirtschaft ergriffen wur-
TU Wien – Institut für Management-     den. Sie haben die Ausfallrate reduziert. Doch ist diese Reduktion realistisch?
wissenschaften, Finanzwirtschaft und   Wohl kaum! Die Wirtschaft wurde am Leben erhalten, doch die Wirtschaftslage
Controlling (IMW)                      hat sich nicht verbessert, um die gesunkene Ausfallrate auf eine rationale Er-
                                       klärungsbasis stellen zu können.

Ansprechpartner:                       Im Gegenteil, die Wirtschaftslage hat sich durch den Konjunktureinbruch dras-
                                       tisch verschlechtert, sodass aus rationaler Sicht die aktuell niedrige Ausfallrate
Mag. Gerhard M. Weinhofer              als verzerrt gegenüber den ökonomischen Gegebenheiten einzustufen ist. Das
Mitglied der Geschäftsleitung          Vorhandensein einer Verzerrung wird nicht bezweifelt. Es stellt sich nur die
                                       Frage: Wie hoch ist diese Verzerrung tatsächlich? Eine Antwort ist insbesondere
Creditreform Wirtschaftsauskunftei     politisch und für die Bankwirtschaft interessant, zumal dann abschätzbar wird
Kubicki KG                             wie es nach einem Aussetzen der Stützungsmaßnahmen mit der Wirtschaft
Muthgasse 36-40 (Bauteil 4)            weitergehen könnte.
1190 Wien
                                       Eine gut begründete Antwort über die Höhe der Verzerrung zu geben ist nicht
                                       einfach, zumal der Konjunktureinbruch und die Stützungsmaßnahmen zu-
g.weinhofer@wien.creditreform.at
                                       gleich stattgefunden haben. Dadurch sind die wirtschaftlichen Folgen des Kon-
+43 1 218 62 20-551
                                       junktureinbruchs nicht unabhängig von den Stützungsmaßnahmen beobacht-
                                       bar. Folglich ist eine ökonomische Modellierung unumgänglich, um die für das
                                       Corona-Krisenjahr rational erwartete Ausfallrate zu bestimmen. Mit ihr lässt
                                       sich dann das Ausmaß der Verzerrung ermitteln, u.z. in Form der Differenz zur
                                       aktuellen Ausfallrate.

                                       2. Predictive Default Study
                                       Die Lösung dieser Problemstellung erfolgt im Rahmen einer „vorausschauen-
                                       den Ausfallstudie“ (Predictive Default Study), welche in der Bankwirtschaft
                                       durch das aufsichtsrechtliche Basel III-Regelwerk weltweit im Kreditrisikoma-
                                       nagement eingesetzt wird. Im Zentrum stehen dabei die sich auf die Zukunft
                                       beziehenden, d.h. vorausschauenden Ausfallraten. Als ökonomischer Haupt-
                                       treiber der zeitlichen Entwicklung dieser Raten wird die konjunkturelle Entwick-
                                       lung der Wirtschaft unterstellt. Die sich daraus ergebende Abhängigkeit der
                                       Ausfallraten von der Konjunkturentwicklung wird empirisch ermittelt, indem
                                       die Ausfallraten der in der Wirtschaftsdatenbank von Creditreform enthalte-
                                       nen Unternehmen ermittelt werden und diese den relativen Veränderungen
                                       des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüberstellt werden. Mit dem derart ka-
                                       librierten Regressionsmodell wird die erwartete Ausfallrate für das Corona-Kri-
                                       senjahr mit Hilfe einer Ex-post-Prognose ermittelt. Durch Gegenüberstellung
                                       der resultierenden Corona-Ausfallrate mit der aktuellen Ausfallrate lässt sich
                                       schließlich die Höhe der Verzerrung der aktuellen Rate berechnen, welche in
                                       konzeptioneller Anlehnung an die Blasen-Theorie (Bubble Theory) des Nobel-
                                       preisträgers Robert Shiller als „Corona-Blase“ bezeichnet wird.

                                       In weiterer Folge wird die Corona-Blase aufgespalten, u.z. in den „Corona-Kri-
                                       seneffekt“, welcher die Ausfallrate bezüglich der Corona-Krise angibt und den
                                       „Verhinderungseffekt“, welcher den gegenüber der aktuellen Ausfallrate prog-
                                       nostizierten Zuwachs an Ausfällen unter normalen Wirtschaftsbedingungen

   Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                    3
Corona-Pleitewelle: Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu er- warten? - Predictive Default Study
Corona-Pleitewelle:
                                                                Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

                                     (Normalszenario) angibt. Schließlich werden die beiden Effekte der Corona-
                                     Blase gemäß der Betroffenheit von den mit der Corona-Krise einhergehenden
                                     Lockdowns (LD) auf Branchensegmente umgelegt, um auch Einblicke in die
                                     Corona-Blasen der direkt, indirekt und nicht von den Lockdowns betroffenen
                                     Segmente zu berechnen.

3. LD-spezifische Corona-Blasen und deren Effekte
Die aktuelle Ausfallrate von wirtschaftsaktiven Unternehmen im Corona-Kri-
senjahr 2020 beträgt 0,76 %, womit sich die Ausfallrate des Jahres 2019 von
1,15 % um -0,39 % reduziert.

Die erwartete Corona-Ausfallrate beläuft sich auf 1,87 %, welche die aktuelle
Ausfallrate um 1,11 % übersteigt. Diese Corona-Blase von 1,11 % ist somit fast
so groß wie die Ausfallrate des Jahres 2019. Folglich sind die durch die Stüt-
zungsmaßnahmen verhinderten Ausfälle fast so viele wie die letztjährigen Aus-
fälle.

Der Verhinderungseffekt von +0,42 % besagt, dass gegenüber der aktuellen
Ausfallrate von 0,76 % bereits unter normalen Wirtschaftsbedingungen (Nor-
malszenario) im Jahr 2020 eine um +0,42 % erhöhte Ausfallrate prognostiziert
wird. Durch die Stützungsmaßnahmen wurden Ausfälle verhindert, womit sich
die Bezeichnung „Verhinderungseffekt“ begründet.

Der Kriseneffekt von +0,69 % besagt, dass der durch den von Corona bedingten
Konjunktureinbruch gegenüber der aktuellen Ausfallrate von 0,76 % im Jahr
2020 eine um +0,69 erhöhte Ausfallrate erwarten lässt.

Die LD-segmentspezifische Details zu den Verhinderungs- und Kriseneffekten
der Corona-Blasen finden sich in Tabelle 8 bzw. Abb. 7.

4. Interpretation
Die Corona-Blase von +1,11 % gibt Auskunft über die Höhe der Verzerrung der
für das Corona-Krisenjahr 2020 beobachteten aktuellen Ausfallrate von +0,76
%. Durch den Kriseneffekt von +0,69 % und dem Verhinderungseffekt von
+0,42 % wird der Gesamteffekt der Corona-Blase gemäß der unter normalen
Wirtschaftsbedingungen prognostizierten Ausfallraten additiv in zwei gut inter-
pretierbare Teile zerlegt.

Nach dem Motto „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ bezieht sich die Corona-
Blase auf alle durch die Stützungsmaßnahmen von öffentlicher Seite aufge-
schobenen Ausfälle, welche damit aber keinesfalls aufgehoben sind. Vielmehr
kennzeichnet die Corona-Blase ein „Ausfallpotential“, welches durch die Stüt-
zungsmaßnahmen entstanden ist. Wie rasch und in welchem Umfang sich die-
ses Potential entlädt, das ist noch unklar. Die Stützungsmaßnahmen waren
vorerst wirksam, und wenn die Corona-Blase durch eine zügige Wirtschaftser-
holung nicht (gänzlich) platzt, dann hätten die Stützungsmaßnahmen auch
eine nachhaltige Wirkung.

5. Weiterführende Analysen
In weiteren Analysen wird diese „Entladungsproblematik“ adressiert werden.
Zu diesem Zweck werden die zeitlichen Entwicklungen der jeweils aktuellen
Ausfallraten gemessen und den entsprechend der Konjunkturentwicklung je-
weils erwarteten Ausfallraten gegenübergestellt. Darüber hinaus wird auch die
Perspektive erweitert, indem nicht mehr nur Ausfälle, sondern auch damit ver-
bundene Konsequenzen – wie z.B. verloren gehende Arbeitsplätze – in die Ana-
lysen miteinbezogen werden.

4                                                                                 Corona-Pleitewelle | April 2021
Corona-Pleitewelle:
 Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

                                  Disclaimer
                                  Diese Analyse ist urheberrechtlich geschützt. Die gewerbsmäßige Verwertung ist ohne eine schriftli-
                                  che Zustimmung der Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG unzulässig. Um die Gesamtaus-
                                  gabe des Inhaltes nicht zu verfälschen, darf grundsätzlich nur die vollständige Studie veröffentlicht
                                  werden. Auszüge dürfen nur mit Zustimmung der Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG ver-
                                  wendet werden. Eine Veröffentlichung der Studie ohne Kenntnis der Creditreform Wirtschaftsaus-
                                  kunftei Kubicki KG ist nicht zulässig. Für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der in dieser Publi-
                                  kation enthaltenen Informationen übernimmt die Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG
                                  keine Gewähr. Die der Studie zugrundeliegenden Analysen und darauf beruhende Ergebnisse stellen
                                  keine Anlageempfehlungen dar.

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                                          5
Corona-Pleitewelle:
                                                              Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

Corona-Pleitewelle:                                                                 Wussten Sie, dass…
Eine vorausschauende Ausfallstudie                                                  „Vorausschauende Ausfallstudien“
                                                                                    auf empirisch gemessenen Fakten
(Predictive Default Study)                                                          beruhen und, dass „Blasen“ im Spiel
                                                                                    sind, wenn Tatsachen verfälscht

                                                             Wie in den vorangegangen Statistical Default Studies
1. Definitionen und Datenbasis                               von Creditreform wird die konjunkturelle Lage der
Das Ziel der vorliegenden Studie besteht darin, die          Wirtschaft anhand des realen, d.h. inflationsbereinig-
Höhe der im Krisenjahr 2020 durch außerordentliche           ten Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessen. Zumal
Stützungsmaßnahmen aufgebauten „Corona-Pleite-               zum heutigen Zeitpunkt das Bruttoinlandsprodukt für
welle“ zu bestimmen. Zu diesem Zweck wird die für            das Jahr 2020 vorliegt, lässt sich auch der bereits ein-
das Corona-Krisenjahr 2020 rational erwartete ge-            getretene Corona-bedingte Konjunktureinbruch er-
samtwirtschaftliche Ausfallrate („Corona-Ausfallrate“)       mitteln und in Folge die Ex-post-Prognose für die ge-
bestimmt und den tatsächlichen Ausfallraten gegen-           samtwirtschaftliche Corona-Ausfallrate sowie die
übergestellt, womit sich die durch die krisenbeding-         Corona-Blase berechnen.
ten Stützungsmaßnahmen entstandene „Corona-
Blase“ zeigt. Darüber hinaus wird die Lockdown-ba-           Die Corona-Blase gibt einen guten Einblick in die ge-
sierte (LD) Klassifizierung der Corona-Betroffenheit         samtwirtschaftliche Größenordnung der Corona-Plei-
der verschiedenen Branchen verwendet, um die ge-             tewelle relativ zu den aktuellen Ausfallraten. Zumal
samtwirtschaftliche Corona-Ausfallrate auf die direkt,       aber die Unternehmen der verschiedenen ÖNACE-
indirekt und nicht betroffenen „LD-Segmente“ umzu-           Branchen unterschiedlich stark von Corona betroffen
legen.                                                       sind, ist es nicht möglich, die Corona-Blase auf einfa-
                                                             che Weise auf die LD-Segmente umzulegen. Bei ihrer
Zur Lösung dieser Zielsetzung wird eine „voraus-             Umlegung gilt es insbesondere zwei segmentspezifi-
schauende Ausfallstudie“ (Predictive Default Study)          sche Besonderheiten zu beachten. Erstens sind die
verwendet, welche in der Bankwirtschaft durch das            Segmente bereits unter normalen Wirtschaftsbedin-
aufsichtsrechtliche Basel III-Regelwerk weltweit einge-      gungen (u.n.WB) unterschiedlich riskant und weisen
setzt wird. Im Zentrum dieser Analyse stehen voraus-         somit unterschiedliche Ausfallraten auf. Zweitens sind
schauende Ausfallraten, welche anhand von auf Aus-           die Segmente – wie bereits erwähnt – auch unter-
fallereignissen bezogenen Predictive Analytics-Me-           schiedlich stark von Corona betroffen.
thoden bestimmt werden.
                                                             Zur Berücksichtigung dieser beiden Besonderheiten
Im Vergleich zu den bislang von Creditreform jährlich        wird wie folgt vorgegangen:
durchgeführten Marktanalysen in Form von „Statisti-
cal Default Studies“ wird nunmehr der Predictive Ana-        1.   Für alle Unternehmen sowie die drei LD-Seg-
lytics-Teil erweitert. Das additive Holt-Winters-Zeitrei-         mente werden die Ausfallraten unter normalen
henmodell, welches zur univariaten Prognose der                   Wirtschaftsbedingungen (u.n.WB) prognostiziert.
Ausfallraten unter normalen Wirtschaftsbedingungen
                                                             2.   Der Effekt der Corona-Krise („Corona-Krisenef-
eingesetzten wird, wird ergänzt um ein lineares Re-
                                                                  fekt“) wird gemessen, indem die unter normalen
gressionsmodell zur Berücksichtigung des Corona-be-
                                                                  Wirtschaftsbedingungen (u.n.WB) prognostizierte
dingten Konjunktureinbruchs. Konkret wird mit die-
                                                                  Ausfallrate aller Unternehmen von der gesamt-
sem Modell die gesamtwirtschaftlich erwartete
                                                                  wirtschaftlich erwarteten Corona-Ausfallrate ab-
Corona-Ausfallrate über eine Ex-post-Prognose1 be-
                                                                  gezogen wird.
stimmt, wobei die Corona-Ausfallrate für das Jahr
2020 anhand der bereits realisierten (d.h. ex post)
                                                             3.   Der Corona-Kriseneffekt wird auf die direkt und
Ausprägung des Corona-bedingten Konjunkturein-
                                                                  indirekt betroffenen Segmente in Form von
bruchs ermittelt wird. Anschließend wird die Corona-
                                                                  „Corona-Zuschlägen“ umgelegt. Die „LD-spezifi-
Blase berechnet, indem die tatsächliche Ausfallrate
                                                                  sche Corona-Ausfallrate“ ergibt sich durch Addi-
für das Jahr 2020 von der nach dem Ex-post-Progno-
                                                                  tion der unter normalen Wirtschaftsbedingungen
semodell erwarteten Corona-Ausfallrate abgezogen
                                                                  (u.n.WB) prognostizierten Ausfallrate und des
wird.
                                                                  Corona-Zuschlags.

1
    Siehe: Hyndman/Athanasopoulos https://otexts.com/fpp2/

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4.   Zur Wahrung der mathematischen Konsistenz            Die erwarteten Ausfallraten aller Krediturteilsklassen
     wird bei der Berechnung der Corona-Zuschläge         werden zur Berechnung der Corona-bedingten Risi-
     gefordert, dass die nach Anzahl der Unterneh-        ken („Corona-Risiko“) der drei LD-Segmente verwen-
     men gewichteten LD-spezifischen Corona-Aus-          det. Zur möglichst genauen Berechnung der Corona-
     fallraten gleich der gesamtwirtschaftlich erwarte-   Risiken werden drei verschiedene Scorekarten-Mo-
     ten Corona-Ausfallrate sind. Mathematisch ent-       delle verwendet, welche die Ausfallraten für Unter-
     spricht dies einer Gleichung, welche nach den LD-    nehmensgruppen mit unterschiedlich verfügbaren
     spezifischen Corona-Zuschlägen aufgelöst wird.       Bewertungsinformationen spezifizieren. Folglich wer-
                                                          den die Corona-Risiken der drei LD-Segmente sehr
Datengrundlage der vorliegenden Studie ist die öster-     granular gemessen, indem jedem Unternehmen in je-
reichische Creditreform Wirtschaftsdatenbank, wel-        dem LD-Segment – siehe Tabelle 5 – die seinem
che die Unternehmen und selbstständig Tätigen mit         Corona-Krediturteil und seiner Unternehmensgrup-
Sitz in Österreich umfasst.                               penzuordnung zugehörige Ausfallrate zugewiesen
                                                          wird. Die Berechnung der LD-segmentspezifischen
Als Datenbasis wurden über einen Zeitraum von 13          Corona-Risiken erfolgt durch jeweilige Aggregation
Jahren die wirtschaftsaktiven Unternehmen aus der         der granular gemessenen Ausfallraten aller den Seg-
Creditreform Wirtschaftsdatenbank analysiert. Dabei       menten jeweils zugeordneten Unternehmen.
handelt es sich um Unternehmen, die aktive Wirt-
schaftsbeziehungen unterhalten, Finanzmittel nach-        Mit den derart berechneten LD-segmentspezifischen
fragen und für die zumindest eine Recherche in den        Corona-Risiken werden die Corona-Zuschläge für das
letzten drei Jahren durchgeführt wurde. Die sich auf      direkt und indirekte LD-Segment berechnet. Konkret
das Jahr 2020 beziehenden Berechnungen wurden             werden die Zuschläge im Verhältnis ihrer das Risiko
anhand von 105.544 wirtschaftsaktiven Unternehmen         des nicht betroffenen Segments übersteigenden Risi-
berechnet.                                                ken und unter Einhaltung der Bedingung berechnet,
                                                          dass die nach Anzahl der Unternehmen gewichteten
Das zur Berechnung der Ausfallrate benötigte „Aus-
                                                          spezifischen Corona-Ausfallraten gleich der gesamt-
fallereignis“ wird anhand des Creditreform Bonitäts-
                                                          wirtschaftlich erwarteten Corona-Ausfallrate sind.
index festgestellt. Der Bonitätsindex nimmt im besten
Fall, d.h. bei bester Bonität des betrachteten Unter-
nehmens den Wert von 100 an. Ein Bonitätsindex von
                                                          2. Österreichische Unterneh-
500 wird vergeben, wenn ein Zahlungsverzug vorliegt          men: Entwicklung der Aus-
bzw. wenn davon ausgegangen werden muss, dass
das Unternehmen auf Basis von Creditreform Infor-            fallraten über die Jahre
mationen seinen Zahlungsverpflichtungen mit einer         Die Ausfallrate berechnet sich für jedes Jahr, indem
hohen Wahrscheinlichkeit nicht nachkommen wird            die Anzahl der während des Jahres ausgefallenen Un-
können. Bei einem Bonitätsindex von 600 liegen            ternehmen (Bonitätsindex größer gleich 500) durch
„harte Negativmerkmale“ vor, d.h. dass sich das Un-       die Anzahl der am Anfang des Jahres wirtschaftsakti-
ternehmen bereits in einem Insolvenzverfahren be-         ven Unternehmen dividiert wird. Für das Verständnis
findet.                                                   der Ausfallraten ist es wichtig, das zur Berechnung der
                                                          Raten verwendete Ausfallereignis vom Insolvenzer-
Durch die Messung des Ausfallereignisses anhand ei-
                                                          eignis zu unterscheiden. Ein Ausfall tritt vor der Insol-
nes Bonitätsindex von größer gleich 500 umfasst die-
                                                          venz ein, sodass die Ausfallereignisse als Frühwarnin-
ses Ereignis mehr als nur die unternehmerischen In-
                                                          dikatoren für Insolvenzen gesehen werden können.
solvenzen, welche in den amtlichen Statistiken abge-
                                                          Weiters ist zu beachten, dass nicht auf jeden Ausfall
bildet werden, und deckt sich somit weitgehend mit
                                                          eine Insolvenz folgen muss.
der Definition des Ausfallereignisses im Basel-III-Re-
gelwerk.                                                  In Abb. 1 ist die Entwicklung der Ausfallraten von 2008
                                                          bis 2019 zu sehen. Dabei zeigt sich von 2008 bis 2014
Für die Berechnung der Corona-Zuschläge wird im
                                                          eine – bis auf eine Ausnahme – sehr gleichförmige
Vergleich zu den bisherigen Ausfallstudien von Cre-
                                                          Entwicklung um eine Ausfallrate von ca. 1,50 %. Die
ditreform neben der bereits erwähnten Ex-post-Prog-
                                                          Ausnahme ist das Jahr 2009, welche sich auf die große
nose noch eine zweite Predictive Analytics-Erweite-
                                                          Finanz- und Wirtschaftskrise bezieht. Weiters zeigt
rung einbezogen, u.z. vorausschauende Scorekarten
                                                          sich von 2015 bis 2019 ein stetiger Rückgang der Aus-
(Predictive Scorecards) für die Bonitätskennzahl
                                                          fallraten.
„Corona-Krediturteil“. Bei diesen Scorekarten handelt
es sich um vorausschauende statistische Modelle, mit
welchen die erwarteten Ausfallraten für die verschie-
denen Krediturteilsklassen berechnet werden.

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                 7
Corona-Pleitewelle:
                                                                                                      Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

Abb. 1: Entwicklung Ausfallraten und BIP-Verände-                                                      Abb. 2: Entwicklung Ausfallraten und BIP (real) bis
rungen (real) bis 2019                                                                                 2020

                   Entwicklung der Ausfallraten (%)                                                                          Entwicklung der Ausfallraten (%)
            im Vergleich zur Veränderung des realen BIP (%)                                                           im Vergleich zur Veränderung des realen BIP (%)
    AR                                                                                       %BIP        AR                                                                                               %BIP
2,00                                                                                         4,00%      2,00                                                                                               4,00%
                              Gesamtwirtschaft                   Delta%BIP                                                            Gesamtwirtschaft                     Delta%BIP
                                                                                             3,00%
                                                                                                                                                                                                           2,00%
1,50                                                                                         2,00%      1,50
                                                                                             1,00%                                                                                                         0,00%
                                                                                             0,00%
1,00                                                                                                    1,00                                                                                               -2,00%
                                                                                             -1,00%
         1,50          1,52   1,46   1,48   1,49   1,48                                                        1,50           1,52   1,46   1,48   1,49   1,48
                1,70                                      1,39   1,36                        -2,00%                    1,70                                      1,39   1,36                               -4,00%
                                                                        1,23   1,20   1,15                                                                                     1,23   1,20   1,15
0,50                                                                                                    0,50
                                                                                             -3,00%
                                                                                                                                                                                                           -6,00%
                                                                                             -4,00%
                                                                                                                                                                                                    0,76
0,00                                                                                         -5,00%     0,00                                                                                               -8,00%

Quelle: Creditreform Österreich                                                                        Quelle: Creditreform Österreich

Bekanntlich gibt es einen Zusammenhang zwischen                                                        Das Bild ändert sich aber drastisch, wenn – wie in Abb.
der konjunkturellen Entwicklung und den Ausfallra-                                                     2 – auch das Jahr 2020 betrachtet wird. In diesem Jahr
ten. In der vorausschauenden Ausfallanalyse wird das                                                   tritt quasi eine „Riesenausnahme“ ein. Aufgrund ihrer
reale, d.h. inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt2                                                 enormen Größe kann es aber gar keine Ausnahme
(BIP real) als beobachtbarer Indikator für die konjunk-                                                mehr sein. Vielmehr wird hier der durch die Corona-
turelle Wirtschaftsentwicklung verwendet.                                                              Krise ausgelöste Konjunktureinbruch aufgezeigt.

Zur Veranschaulichung des Zusammenhangs werden                                                         Die im Corona-Krisenjahr 2020 realisierte Ausfallrate
in Abb. 1 den Ausfallraten die Veränderungen des re-                                                   von 0,76 % ist nicht nur viel niedriger als die Ausfall-
alen BIP’s (BIP) gegenübergestellt, welche jeweils                                                   rate von 1,15 % im wirtschaftlich noch normalen Jahr
als prozentuelle Veränderung der realen BIP‘s zweier                                                   2019. Darüber hinaus verläuft sie sogar noch diamet-
aufeinanderfolgender Jahre berechnet werden. Dabei                                                     ral entgegengesetzt zur im Corona-bedingten Kon-
zeigt sich deutlich, dass die Entwicklungen gegenläu-                                                  junktureinbruch erwarteten Entwicklung. Die tatsäch-
fig sind. Wenn die reale BIP-Veränderung im Vergleich                                                  lich eingetretene Ausfallrate ist somit gegenüber der
zum Vorjahr geringer ausfällt, dann steigt die Ausfall-                                                tatsächlichen Wirtschaftslage verstellt. Grund dafür
rate. Dies ist besonders gut im großen Krisenjahr                                                      sind die von der öffentlichen Seite ergriffenen außer-
2009 zu sehen, wo die reale BIP-Veränderung mit -3,8                                                   ordentlichen Stützungsmaßnahmen. Durch diese
% unter der BIP-Veränderung des Vorjahres zu liegen                                                    Maßnahme zeigt sich bezüglich der Ausfallraten ein
kommt, und mit dieser Reduktion eine Steigerung der                                                    sehr positives Bild, obwohl in Wirklichkeit eine sehr
Ausfallrate gegenüber dem Vorjahr um +0,20 % auf                                                       düstere Wirtschaftslage vorherrscht. Um das Bild zu
1,70 % einhergeht. Im darauffolgenden Jahr ist es ge-                                                  entzerren, gilt es die Ausfallraten zu bestimmen, wel-
nau umgekehrt. Die reale BIP-Veränderung legt ge-                                                      che in der vorherrschenden Corona-Krise rational zu
genüber dem Vorjahr deutlich zu und die Ausfallrate                                                    erwarten sind. Es gilt also das „unsichtbare Tatsächli-
geht zurück.                                                                                           che“ in Form der durch Corona entstandenen und nun
                                                                                                       bereits aufgebauten Pleitewelle (Corona-Blase) ge-
In Abb. 1 stellen die Jahre 2018 und 2019 die beiden                                                   genüber der „verfälschten“ Tatsache hinsichtlich der
einzigen Ausnahmen dar. Dabei fallen die BIP-Verän-                                                    aktuellen Ausfälle offen zu legen.
derungen gegenüber den Vorjahren jeweils etwas ge-
ringer aus und gleichzeitig nehmen die Ausfallraten
                                                                                                       3. Corona-Blase: Sichtbarma-
ab.
                                                                                                          chung des Unsichtbaren
                                                                                                       Durch die außerordentlichen Stützungsmaßnahmen
                                                                                                       der öffentlichen Seite ist die aktuelle Ausfallrate von
                                                                                                       0,76 % für das Corona-Krisenjahr 2020 klar verstellt.
                                                                                                       Die offensichtliche Vernachlässigung des Corona-be-
                                                                                                       dingten Konjunktureinbruchs wurde bereits in Abb. 2

2
    Datenquelle:    https://www.statistik.at/web_de/statisti-
ken/wirtschaft/volkswirtschaftliche_gesamtrechnun-
gen/bruttoinlandsprodukt_und_hauptaggregate/jahresda-
ten/index.html

8                                                                                                                                                   Corona-Pleitewelle | April 2021
anhand der den Erwartungen diametral entgegen                                     Tabelle 1: Corona-Blase – Erwartete Corona-Ausfall-
Veränderungen der Ausfallraten und des BIP‘s im Jahr                              rate abzüglich aktueller Ausfallrate
2020 gegenüber dem Vorjahr aufgezeigt. Die in dieser                                                                  Gesamt
Abbildung dargestellten Informationen werden in                                   Erwartete Corona-Ausfallrate 2020      1,87%
Abb. 3 in einem Streudiagramm (Scatter Plot) darge-                               Aktuelle Ausfallrate 2020              0,76%
                                                                                  Corona-Blase                           1,11%
stellt.
                                                                                  Quelle: Creditreform Österreich
Abb. 3: Ex-post-Prognose – Corona-Blase
                                                                                  Die Corona-Blase inkludiert den mit der Corona-Krise
                                   Ausfallrate als Funktion der                   verbundenen Konjunktureinbruch sowie die gesamte
                             %-Veränderung des BIP (real): 2008 - 2020            Verzerrung der aktuellen Ausfallraten, welche sich
                           1,87                        2,00                       durch die außerordentlichen Stützungsmaßnahmen
                                                       1,80
                                                                                  ergeben haben. Hinsichtlich der Stützungsmaßnah-
    Ausfallrate (in %)

                                                       1,60
                                                       1,40                       men gilt es allerdings zu beachten, dass diese nicht
                                                       1,20                       nur Unternehmen stützen, welche von Corona wirk-
                                                       1,00                       lich betroffen sind.
                          0,76                         0,80

    -8,00%               -6,00%    -4,00%     -2,00%
                                                       0,60
                                                          0,00%   2,00%   4,00%
                                                                                  Um auch Einblicke in die Anzahl der Unternehmen zu
                                            %BIP(real)                           erhalten, welche durch Stützungsmaßnahmen einem
                                                                                  Ausfall entgangen sind ohne von Corona wirklich be-
Quelle: Creditreform Österreich                                                   troffen zu sein, wird die Corona-Blase in zwei Effekte
                                                                                  zerlegt, u.z. den Kriseneffekt und den Verhinderungs-
Bei Unterstellung eines linear kausalen Zusammen-                                 effekt. Der „Kriseneffekt“ bezieht sich auf die direkte
hangs ergibt sich eine lineare Regression, wobei die                              und indirekte Corona-Betroffenheit, wohingegen der
Ausfallrate eine lineare Funktion der prozentuellen                               „Verhinderungseffekt“ auf die durch die Stützungs-
Veränderung des realen BIP‘s ist. Diese Funktion3 ist                             maßnahmen nicht intendierten Nicht-Ausfälle, d.h.
in Abb. 3 zu sehen. Im Rahmen einer Ex-post-Prog-                                 ungewollt verhinderten Ausfälle abzielt. Zur Trennung
nose wird dieses lineare Regressionsmodell verwen-                                dieser beiden Effekte wird eine unter normalen Wirt-
det, um die mit dem Corona-Konjunktureinbruch ver-                                schaftsbedingungen (u.n.WB) prognostizierte Ausfall-
bundene Corona-Ausfallrate abzuschätzen. Konkret                                  rate verwendet. Diese Ausfallratenprognose bezieht
ergibt sich dabei die erwartete Corona-Ausfallrate in                             sich auf eine Wirtschaftslage ohne einen Corona-be-
Höhe von 1,87 %, wenn die Funktion bei -6,6 % für die                             dingten Konjunktureinbruch, und sie dient als Trenn-
relative Veränderung des realen BIP von 2019 auf                                  linie zur Berechnung der beiden Effekte. Die Differenz
2020 ausgewertet wird.                                                            zur oberhalb dieser Prognose liegenden erwarteten
                                                                                  Corona-Ausfallrate ist der Kriseneffekt, und die Diffe-
Die Differenz der erwarteten Corona-Ausfallrate und
                                                                                  renz zur unterhalb der Prognose liegenden aktuellen
der für das Corona-Krisenjahr aktuellen Ausfallrate
                                                                                  Ausfallrate ist der Verhinderungseffekt.
beträgt 1,11 %. Diese Differenz gibt Aufschluss über
die Höhe der stützungsbedingten Verzerrung der ak-                                Bei der für normale Wirtschaftsbedingungen erstellte
tuellen Ausfallrate für das Jahr 2020. Im Sinne des No-                           Prognose für die Ausfallrate handelt es sich um das
belpreisträgers Robert Shiller4 handelt es sich dabei                             „Normalszenario“. Wie in den vorangegangenen Aus-
um eine „Blase“ (Bubble Theory), zumal die beobach-                               fallstudien von Creditreform wird diese anhand des
tete Tatsache – in Form der Ausfallrate – in dem Sinn                             additiven Holt-Winters-Modells mit den in Abb. 1 ent-
„irrational“ ist, als dass sie gegenüber der tatsächli-                           haltenden Informationen berechnet. Bei diesem Mo-
chen Gegebenheit – erwartete Corona-Ausfallrate –                                 dell handelt es sich um ein nicht-lineares univariates
verzerrt ist. Folglich wird die Differenz zwischen der                            Zeitreihenmodell, wobei die empirisch vorliegende
erwarteten Corona-Ausfallrate und der aktuellen Aus-                              Zyklikalität anhand eines additiven Saisonalitätspara-
fallrate als „Corona-Blase“ bezeichnet mit der Größe                              meters explizit berücksichtigt wird.
von 1,11 %.

3                                                                                 4
  Die über die Jahre 2008 bis 2019 ermittelte Regressions-                          Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2013 gemein-
funkton hat ein Bestimmtheitsmaß von 0,4466. Wird der in                          sam mit Fama und Hansen für „Für die empirische Analyse
der Ex-post-Simulation ermittelte Wert für die Ausfallrate                        von Kapitalmarktpreisen“ (https://www.nobelprize.org/pri-
von 1,87 % hinzugenommen, dann würde das Be-                                      zes/economic-sciences/2013/shiller/facts/)
stimmtheitsmaß auf 0,6779 steigen.

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                                         9
Corona-Pleitewelle:
                                                            Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

Abb. 4: Historische und prognostizierte Ausfallraten         welcher der Corona-Blase innewohnt, in zwei sepa-
(u.n.WB) – Gesamt                                            rate Effekte aufteilt: Der Kriseneffekt spiegelt den
                                                             durch die Corona-Krise verursachte Konjunkturein-
                                                             bruch gegenüber dem Normalszenario wider. Der
                                                             Verhinderungseffekt zeigt das Mehr an der Ausfallrate
                                                             an, welches im Normalszenario gegenüber der aktu-
                                                             ellen Ausfallrate für das Krisenjahr 2020 prognosti-
                                                             ziert wird. Konkret werden im für das Jahr 2020 er-
                                                             stellten Normalszenario um 0,46 % mehr Ausfälle als
                                                             aktuell eingetreten prognostiziert. Der Grund für
                                                             diese verhinderten Ausfälle liegt vorzugsweise in den
                                                             außerordentlichen Stützungsmaßnahmen der öffent-
                                                             lichen Seite. Es wurden also auch solche Unterneh-
                                                             men gestützt, welche unter normalen Wirtschaftsbe-
Quelle: Creditreform Österreich                              dingungen ausgefallen wären.

Abb. 4 zeigt den sich aus dem Holt-Winters-Modell er-        Tabelle 4: Zerlegung der Corona-Blase in
gebenden Prognosewert für die Ausfallrate des Jahres         Krisen- und Verhinderungseffekt
2020 in Höhe von 1,22 %. Dieser Wert zeigt eine kon-                                       Gesamt   Gerundet
junkturelle Verschlechterung an, zumal er um +0,07 %          Kriseneffekt                  0,6525%     0,65%
                                                              Verhinderungseffekt           0,4580%     0,46%
über der in Abb. 2 gezeigten Ausfallrate für das Jahr         Corona-Blase                  1,1105%     1,11%
2019 in Höhe von 1,15 % liegt.                               Quelle: Creditreform Österreich

Tabelle 2: Kriseneffekt –
Erwartete Corona-Ausfallrate abzüglich                       4. Unterschiedliche Corona-Be-
prognostizierte Ausfallrate (u.n.WB)
                                                                troffenheit: Lockdown-ba-
                                                                sierte (LD) Klassifizierung
                                       Gesamt   Gerundet
Erwartete Corona-Ausfallrate 2020       1,8705%     1,87%
Prognostizierte Ausfallrate (u.n.WB)    1,2180%     1,22%
Kriseneffekt                            0,6525%     0,65%    Die Corona-Blase inkludiert den Gesamteffekt der in
Quelle: Creditreform Österreich                              der aktuellen Ausfallrate für das Krisenjahr innewoh-
                                                             nenden Verzerrung gegenüber der erwarteten
Mit der vorausschauenden Ausfallrate für das Nor-            Corona-Ausfallrate, welche den krisenbedingten Kon-
malszenario (u.n.WB) wird die Corona-Blase in zwei           junktureinbruch mitberücksichtigt. Durch die Einbe-
Teile zerlegt. In Tabelle 2 ist der Kriseneffekt von         ziehung des Normalszenarios wird dieser Gesamtef-
0,6525 % zu sehen. Der einfacheren Darstellung hal-          fekt in den Kriseneffekt und den Verhinderungseffekt
ber wird der Kriseneffekt nachfolgend kaufmännisch           aufgespaltet. Dabei wird der durch die Corona-Krise
gerundet mit 0,65 % angegeben. Bei dieser Rundung            verursachte Konjunktureinbruch dem Kriseneffekt
tritt keine Rundungsungenauigkeit – wie später               und die durch Stützungen im Normalszenario verhin-
durchaus möglich ist – ein, wenn die prognostizierte         derten Ausfälle dem Verhinderungseffekt zugerech-
Ausfallrate für das Normalszenario mit 1,22 % eben-          net.
falls gerundet wird. Der Verhinderungseffekt von 0,46
% ist in Tabelle 3 zu sehen.                                 In der bisherigen Betrachtung wird der Kriseneffekt
                                                             gesamtwirtschaftlich und somit monolithisch gese-
Tabelle 3: Verhinderungseffekt –                             hen. Doch der mit dem Kriseneffekt verbundene Kon-
Prognostizierte Ausfallrate (u.n.WB) abzüglich               junktureinbruch überschattet nicht alle Wirtschafts-
aktuelle Ausfallrate                                         bereiche gleichermaßen. Besonders stark betroffen
                                       Gesamt                sind die Unternehmen aller jener Branchen, welche
Prognostizierte Ausfallrate (u.n.WB)      1,22%              durch die Lockdowns ihre Geschäftstätigkeit erheb-
Aktuelle Ausfallrate 2020                 0,76%
Verhinderungseffekt                       0,46%
                                                             lich zurückfahren bzw. einstellen mussten. Diese „di-
Quelle: Creditreform Österreich                              rekt betroffenen“ Branchen5 & 6 werden in den Lock-
In Tabelle 4 werden die Corona-Blase und ihre Zerle-         down Verordnungen des Gesundheitsministeriums
gung in kompakter Form dargestellt. Die Zerlegung ist        explizit genannt. Die den direkt betroffenen Branchen
verursachungsgerecht, zumal sie den Gesamteffekt,            zuliefernden Branchen sind die „indirekt betroffenen“

5                                                            6
  Lockdown Verordnungen des Gesundheitsministeriums:          Siehe: https://www.wko.at/branchen/stmk/industrie/Liste-
COVID-19-SchuMaV und COVID-19-NotMV                          besonders-Betroffene-Branchen.pdf

10                                                                                  Corona-Pleitewelle | April 2021
Branchen7, welche ebenfalls explizit genannt sind, u.z.     ten. Eine für die Bonitätsbeurteilung wichtige Kenn-
der Lockdown-Umsatzersatz II-Verordnung.                    größe ist das von Creditreform ermittelte „Kreditur-
                                                            teil“. Durch die mit dieser Kennzahl einhergehenden
Zumal die explizite Nennung der direkt und indirekt         vorausschauenden Ausfallrate existiert auch ein Risi-
betroffenen Branchen nach der ÖNACE-2008-Klassifi-          komaß, welches sich gut zur Messung der unter-
kation erfolgt, sind auch alle wirtschaftsaktiven Unter-    schiedlichen Corona-Betroffenheit eignet. Die gute
nehmen in der Wirtschaftsdatenbank von Creditre-            Eignung bezieht sich auch auf die feine Granularität
form zuordenbar. Die in dieser Studie betrachteten          der Risikomessung. So lässt sich für jedes Unterneh-
Unternehmen werden ihren ersten beiden Branchen-            men die vorausschauende Ausfallrate in Abhängigkeit
einträgen entsprechend in die drei von Corona unter-        von der jeweiligen Krediturteilsklasse und Unterneh-
schiedlich stark betroffenen Lockdown-Segmente              mensgruppe anhand von vorausschauenden Score-
(LD-Segment) eingeteilt, u.z. die direkt betroffenen,       karten-Modellen bestimmen. Weiters wird bei den Zu-
die indirekt betroffenen und die nicht betroffenen LD-      ordnungen zu den Krediturteilklassen auch die unter-
Segmente.                                                   schiedliche Betroffenheit von den Corona-Krise durch
                                                            ein differenziertes „Corona-Malus-System“ berück-
Tabelle 5: Unternehmen (Ende 2019)                          sichtigt. Diese differenzierte Ermittlung der Corona-
nach LD-Segmenten und gesamt                                Betroffenheit macht es möglich, den Kriseneffekt risi-
LD-Segment   Untern. Untern. (%)                            kokonform auf die drei Segmente umzulegen.
Direkt          26 173   24,80%
Indirekt        48 982   46,41%
Nicht           30 389   28,79%
                                                            Tabelle 6: Berechnung des Faktors
Gesamt        105 544   100,00%                             zur Umlage des Effekts der Corona-Krise
Quelle: Creditreform Österreich                             LD-Segment Corona-Risiko Übersteig. R. Umlagefaktor
                                                            Direkt            1,82%        0,85%        66,60%
Die sich durch die LD-Klassifizierung ergebende Ver-        Indirekt          1,40%        0,43%        33,40%
                                                            Nicht             0,97%        0,00%         0,00%
teilung der Unternehmen auf die drei LD-Klassen ist
                                                            Quelle: Creditreform Österreich
in Tabelle 5 zu sehen. In Abb. 5 wird diese Verteilung
auch grafisch gezeigt. Demnach ist ein Viertel der Un-
                                                            In Tabelle 6 werden in der Spalte „Corona-Risiko“ die
ternehmen von Corona direkt betroffen, knapp die
                                                            für die drei LD-Segmente aus dem Corona-Krediturteil
Hälfte ist indirekt betroffen und gut ein Viertel ist von
                                                            resultierenden Prognosen für die Ausfallraten ange-
Corona nicht betroffen.
                                                            geben. Zumal das nicht betroffene Segment per Defi-
                                                            nition keinen Corona-Malus enthält dient dieses als
Abb. 5: Unternehmen (Ende 2019) –
                                                            Referenzpunkt für die Berechnung der Corona-Be-
Aufteilung nach LD-Segmenten
                                                            troffenheit der direkt und indirekt betroffenen Seg-
                                                            mente. In der dritten Spalte der Tabelle sind die den
                                                            Referenzpunkt übersteigenden Risiken ausgewiesen.
                                                            Die vierte Spalte enthält schließlich das proportionale
                                                            Verhältnis der übersteigenden Risiken. Dieses wird
                                                            zur Umlage des Kriseneffekts auf die beiden von der
                                                            Corona-Krise betroffenen Segmente verwendet. Be-
                                                            vor die Umlage erfolgen kann gilt es allerdings noch
                                                            den Kriseneffekt zu ermitteln, welcher sich aus der Ag-
                                                            gregation der drei LD-spezifisch prognostizierten Aus-
                                                            fallraten für die jeweiligen Normalszenarien ergibt.
Quelle: Creditreform Österreich
                                                            5. Corona-Pleitewelle: Effekte
Nach der LD-segmentspezifischen Zuordnung der Un-
ternehmen kann nun die unterschiedliche Betroffen-             nach LD-Segmenten
heit der drei LD-Segmente von der Corona-Krise
                                                            Zur Bestimmung der LD-spezifischen Prognosen für
quantifiziert werden. Zu diesem Zweck gilt es das
                                                            die Ausfallraten wird für jedes LD-Segment wiederum
Corona-bedingte Risiko der drei Segmente zu bestim-         ein Holt-Winters-Zeitreihenmodell verwendet. In Abb.
men. Zumal dieses nicht direkt beobachtbar ist, be-
darf es einer Modellierung bezüglich vorhandener Da-

7
 Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b     Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II für vom Lock-
Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die   down indirekt erheblich betroffene Unternehmen (VO Lock-
                                                            down-Umsatzersatz II)

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                   11
Corona-Pleitewelle:
                                                                             Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

6 sind die sich daraus für die jeweiligen Normalszena-                        von Corona betroffenen LD-Segmente berechnet wur-
rien ergebenen Prognosen der Ausfallraten für die                             den, können nun die LD-spezifischen erwarteten
drei Segmente zu sehen.                                                       Corona-Ausfallraten sowie die damit einhergehenden
                                                                              Corona-Blasen ermittelt werden. Die diesbezüglichen
Abb. 6: Historische und prognostizierte Ausfallraten                          Ergebnisse sind in Tabelle 8 zu sehen. Das nicht be-
(u.n.WB) – LD-Segmente                                                        troffene Segment erhält keinen Corona-Zuschlag, so-
                                                                              dass dessen erwartete Corona-Ausfallrate gleich der
                                                                              für sein Normalszenario prognostizierten Ausfallrate
                                                                              in Höhe von 0,86 % ist. Für die direkt und indirekt be-
                                                                              troffenen Segmente wird der Kriseneffekt entspre-
                                                                              chend der im letzten Abschnitt bestimmten Umlage-
                                                                              faktor aufgeteilt und den prognostizierten Ausfallra-
                                                                              ten zugeschlagen. Daraus ergeben sich für die direkt
                                                                              bzw. indirekt betroffenen Segmente erwartete
                                                                              Corona-Ausfallraten von 2,85 % bzw. 1,97 % sowie
                                                                              Corona-Blasen von 1,96 % bzw. 1,10 %.

                                                                              Hinsichtlich des Verhinderungseffekts zeigt sich, dass
Quelle: Creditreform Österreich                                               die berechneten Ausfallraten für das nicht betroffene
                                                                              und das indirekt betroffene LD-Segment mit 0,38 %
Der sich über die drei LD-Segmente insgesamt erge-                            gleich hoch sind. Das direkt betroffene Segment hat
bende Kriseneffekt wird über den anteilsgewichteten                           mit 0,54 % die höchste Ausfallrate. Folglich haben die
Durchschnitt der drei Prognosen für die LD-spezifi-                           Unternehmen im direkt betroffenen Segment am re-
schen Ausfallraten von 1,18 % berechnet. In Tabelle 7                         lativ stärksten von den Stützungsmaßnahmen in dem
ist der sich ergebende Kriseneffekt in Höhe von 0,69                          Sinne profitiert, dass relativ weniger Unternehmen
% ausgewiesen.                                                                ausgefallen sind, als im Normalszenario prognosti-
                                                                              ziert worden sind.
Tabelle 7: LD-bezogener Kriseneffekt –
Erwartete Corona-Ausfallrate abzüglich                                        Abb. 7: Corona-Pleitewelle –
LD-bezogene Prognose (u.n.WB)                                                 Effekte nach LD-Segmenten
                                        Gesamt   Gerundet
Erwartete Corona-Ausfallrate 2020        1,8705%     1,87%                                                        Corona-Pleitewelle: Gesamt
LD-bezogene Prognose (u.n.WB)            1,1845%     1,18%                                                          und nach LD-Segmenten
Kriseneffekt                             0,6860%     0,69%
Quelle: Creditreform Österreich
                                                                                                                  Erw. Corona-Ausfallrate                                        Aktuelle Ausfallrate 2020
                                                                                                                  Corona-Blase                                                   Kriseneffekt (= Corona-Z.)
                                                                                                                                                             2,85%

                                                                                                                  Verhinderungseffekt

Der sich über die drei LD-Segmente insgesamt erge-
                                                                                                                                                                                                     1,97%
                                                                                                                                                                             1,96%
                                                                                  1,87%

bende Kriseneffekt ist etwas höher als der vorhin er-
                                                                                                                                                                                     1,43%
                                                                                                  1,11%

                                                                                                                                                                                                                     1,10%

mittelte gesamtwirtschaftliche Kriseneffekt in Höhe
                                                                                                                                                                     0,89%

                                                                                                                                                                                                             0,87%
                                                                                                                            0,86%
                                                                                          0,76%

                                                                                                                                                                                                                             0,72%
                                                                                                          0,69%

                                                                                                                                                                                             0,54%
                                                                                                                                    0,48%
                                                                                                                   0,42%

                                                                                                                                                                                                                                     0,38%
                                                                                                                                            0,38%

                                                                                                                                                     0,38%

von 0,65 %. Der Unterschied resultiert aus dem Um-
stand, dass bei der LD-bezogenen Aggregation bei der
Prognose (u.n.WB) zusätzliche Informationen bezüg-                                        GESAMT                             NICHT-SEG.                      DIREKT-SEG.                             INDIREKT-SEG.

lich der Besonderheiten der Segmente einbezogen                               Quelle: Creditreform Österreich
werden.
                                                                              Die konsistente Umlage des gesamthaften Krisenef-
Tabelle 8: Erwartete Corona-Ausfallraten                                      fekts auf die drei LD-Segmente zeigt sich, indem die
und Corona-Blasen nach LD-Segmenten                                           LD-spezifischen Prognosen und erwarteten Corona-
                             Gesamt   Nicht-Seg. Direkt-Seg. Indirekt-Seg.    Ausfallraten sowie Corona-Zuschläge gewichtet mit
LD-bez. Progn. (u.n.WB)         1,18%      0,86%       1,43%        1,25%     den Unternehmensanteilen aggregiert werden. Ein
Corona-Zuschlag                                        1,43%        0,72%
                                                                              Vergleich der derart ermittelten Werte in Tabelle 9 mit
Erw. Corona-Ausfallrate         1,87%      0,86%      2,85%         1,97%
Aktuelle Ausfallrate 2020       0,76%      0,48%       0,89%        0,87%     den entsprechenden Werten in Tabelle 7 zeigt die
Corona-Blase                    1,11%      0,38%      1,96%         1,10%     Gleichheit und belegt somit die Konsistenz der Um-
Kriseneffekt (= Corona-Z.)      0,69%                  1,43%        0,72%
Verhinderungseffekt             0,42%      0,38%       0,54%        0,38%
                                                                              lage.
Quelle: Creditreform Österreich

Nachdem der LD-spezifische Kriseneffekt und die Pro-
portionen für seine Umlage auf die direkt und indirekt

12                                                                                                                                                  Corona-Pleitewelle | April 2021
Tabelle 9: Aggregation der LD-Segmente –                                       Abb. 8: Reales BIP: Wachstumszyklus (MT-ROC) –
Proof-Of-Concept                                                               Rate of Change (ROC) des Moving Total (MT)
                             Nicht-Seg. Direkt-Seg. Indirekt-Seg. Aggregiert
LD-bez. Progn. (u.n.WB)           0,86%       1,43%        1,25%       1,18%                 Reales BIP: Wachstumszyklus (MT-ROC)
Corona-Zuschlag                               1,43%        0,72%       0,69%    4,00%
Erw. Corona-Ausfallrate           0,86%      2,85%         1,97%       1,87%
Unternehmen (in %)               28,79%     24,80%        46,41%    100,00%     2,00%
Verhinderungseffekt               0,38%       0,54%        0,38%       0,42%                                                                        -0,01%
Quelle: Creditreform Österreich                                                 0,00%

                                                                                         11.12

                                                                                         13.06

                                                                                         14.12

                                                                                         16.06
                                                                                         08.12
                                                                                         09.06
                                                                                         09.12
                                                                                         10.06
                                                                                         10.12
                                                                                         11.06

                                                                                         12.06
                                                                                         12.12

                                                                                         13.12
                                                                                         14.06

                                                                                         15.06
                                                                                         15.12

                                                                                         16.12
                                                                                         17.06
                                                                                         17.12
                                                                                         18.06
                                                                                         18.12
                                                                                         19.06
                                                                                         19.12
                                                                                         20.06
                                                                                         20.12
                                                                                -2,00%

6. Entstehung der Corona-Blase                                                  -4,00%                                                -3,70%

In den bisherigen Analysen wurde jeweils das ge-                                         -3,80%                                        -5,04%
                                                                                -6,00%
samte Corona-Krisenjahr 2020 betrachtet. Durch die                                                                                         -6,59%

Verwendung von zusätzlich quartalsweisen Daten                                  -8,00%
hinsichtlich der jährlichen Ausfallraten und jährlichen
                                                                               Quelle: Creditreform Österreich
realen BIP‘s lässt sich auch die Entstehung der
Corona-Blase und deren Verhinderungs- und Krisen-
                                                                               Ein Vergleich mit der großen Wirtschafts- und Finanz-
effekt bestimmen.
                                                                               krise im Jahr 2009 (siehe -3,80 %) zeigt, dass durch
                                                                               Corona nun eine sogar noch erheblich größere rezes-
Die rollierende Betrachtung von jährlichen Ausfallra-
                                                                               sive Phase entstanden ist, wobei es noch einige Zeit
ten und von jährlichen BIP‘s über die vier Quartale des
                                                                               dauern wird, bis wieder das Vorkrisenniveau erreicht
Corona-Krisenjahrs 2020 wird in Tabelle 10 skizziert.
                                                                               wird. Zumal die Corona-Krise erst gegen Mitte März
Dabei wird das jährliche BIP durch eine rollierende
Summe (Moving Total) von jeweils vier Quartalen be-                            2020 zu Lockdown-Maßnahmen geführt hat, ist noch
                                                                               zumindest mit einem weiteren Konjunkturrückgang
rechnet. Beispielsweise beträgt das jährliche BIP am
                                                                               für das erste Quartal 2021 zu rechnen. Wenn insbe-
Ende, also Ende Dezember des Jahres 2019 (19.12)
                                                                               sondere die Corona-Impfungsmaßnahme positiv zu
374.052. Die prozentuelle Veränderung, wobei es sich
                                                                               wirken beginnt, dann sollte fortan wieder ein Wirt-
um die Rate of Change (ROC) handelt, zum Jahres-BIP
                                                                               schaftsaufschwung einsetzen.
am Ende des Jahres (20.12) von 349.401 beträgt -6,59
%.
                                                                               Mit Hilfe der in Tabelle 10 quartalsweise ausgewiese-
                                                                               nen BIP-Veränderungsraten lassen sich unter Ver-
Tabelle 10: Reales Jahres-BIP – Moving Total (MT)
                                                                               wendung der in Abb. 3 dargestellten Regressionsge-
und Rate of Change (ROC)
                                                                               rade die erwarteten Corona-Ausfallraten für die vier
reales BIP (quartalsweise)
Moving Total (4Q-MT)
                                19.03
                                 370791
                                            19.06
                                             372070
                                                        19.09
                                                         373664
                                                                   19.12
                                                                    374052
                                                                               Quartale des Jahres 2020 im Rahmen einer Ex-post-
                                20.03       20.06       20.09      20.12       Prognose berechnen. Tabelle 11 enthält die sich erge-
Moving Total (4Q-MT)             370766      358291      354843     349401     benden Ausfallraten. Darüber hinaus zeigt die Tabelle
Rate of Change (ROC)              -0,01%      -3,70%      -5,04%     -6,59%
                                                                               auch noch die durch Gegenüberstellung der jährli-
Quelle: Creditreform Österreich
                                                                               chen Ausfallsraten in den vier Quartalen berechneten
                                                                               Corona-Blasen, sowie die dazugehörigen Krisen- und
Die Entwicklung der Veränderungsrate (ROC) der rol-
                                                                               Verhinderungseffekte.
lierenden Summe (MT) von Ende 2008 (08.12) bis Ende
2020 (20.12) ist in Abb. 8 zu sehen. Markant ist dabei                         Tabelle 11: Entstehung der Corona-Blase und deren
die Veränderungsrate von -6,59 % am Ende des Jahres                            Effekte über die vier Quartale im Krisenjahr 2020
2020. Dabei handelt es sich um die prozentuelle Ver-
                                                                                                             20.03     20.06     20.09         20.12
änderung des BIP für das Jahr 2020 gegenüber dem                               Erw. Corona-Ausfallrate        1,478%    1,698%    1,778%        1,871%
BIP im Jahr 2019, also für den Corona-bedingt ausge-                           Aktuelle Ausfallrate           1,123%    1,062%    0,909%        0,756%
lösten Wirtschaftseinbruch.                                                    Corona-Blase                   0,355%    0,636%    0,869%        1,114%
                                                                               Kriseneffekt                   0,294%    0,514%    0,593%        0,686%
                                                                               Verhinderungseffekt            0,061%    0,122%    0,275%        0,428%
                                                                               Progn. Ausfallrate (u.n.WB)    1,185%    1,185%    1,185%        1,185%
                                                                               Quelle: Creditreform Österreich

                                                                               In Abb. 9 werden diese Werte grafisch dargestellt. Da-
                                                                               bei zeigt sich sehr anschaulich, dass die Corona-Blase
                                                                               ziemlich geradlinig über die vier Quartale aufgebaut
                                                                               wurde, u.z. durch ein sukzessives Auseinanderdriften
                                                                               von einerseits durch den Konjunkturabschwung sich
                                                                               erhöhenden erwarteten Corona-Ausfallraten (erster

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                                                     13
Corona-Pleitewelle:
                                                                                          Wie viele Ausfälle sind tatsächlich zu erwarten?

Block in Grafik) und andererseits durch den bedingt                                        Abb. 10: Alle Unternehmen: Ex-post-Prognose –
durch Stützungsmaßnahmen sich reduzierenden ak-                                            Corona-Blase
tuellen Ausfallraten (zweiter Block in Grafik).
                                                                                                                             Ausfallrate als Funktion der
                                                                                                                       %-Veränderung des BIP (real): 2008 - 2020
Abb. 9: Corona-Pleitewelle – Entwicklung über die
                                                                                                                                                  1,00
vier Quartale des Corona-Krisenjahrs 2020                                                                            0,86
                                                                                                                                                  0,80

                                                                                              Ausfallrate (in %)
                                                                                                                     Corona-
                          Corona-Pleitewelle:                                                                        Blase                        0,60
              1,871%

                       Quartalsweise Entwicklung
             1,778%

                                                                                                                    0,46
            1,698%

                                                                                                                                                  0,40
         1,478%

  2,0%
                             1,123%

                                                   1,114%
                            1,062%

                                                                                                                                                  0,20
                          0,909%

                                                0,869%

  1,5%
                        0,756%

                                                                   0,686%
                                             0,636%

                                                                  0,593%
                                                                 0,514%
                                                                                                                                                  0,00

                                                                                 0,428%
                                          0,355%

  1,0%
                                                              0,294%

                                                                               0,275%
                                                                                              -8,00%               -6,00%    -4,00%      -2,00%      0,00%   2,00%   4,00%

                                                                             0,122%
                                                                            0,061%
  0,5%                                                                                                                                 %BIP(real)
  0,0%
                                                                                           Quelle: Creditreform Österreich

                                                                                           Für die Ex-Post-Prognose der erwarteten Corona-Aus-
                          20.03       20.06     20.09       20.12
                                                                                           fallsrate wird wiederum eine lineare Regression der
Quelle: Creditreform Österreich                                                            sich auf alle Unternehmen beziehenden Ausfallraten
                                                                                           mit den jährlichen BIP-Veränderungsraten durchge-
Der Kriseneffekt setzt durch den konjunkturell be-                                         führt. Abb. 10 zeigt die sich dabei ergebende Regres-
dingten Rückgang bereits zu Beginn des Jahres 2020                                         sionsgerade und die damit berechnete erwartete
im ersten Quartal ein. Wohingegen der Verhinde-                                            Corona-Ausfallsrate und die Corona-Blase. Tabelle 12
rungseffekt bedingt durch die Stützungsmaßnahmen                                           beinhaltet neben der Corona-Blase von 0,40 % auch
eigentlich erst ab dem zweiten Quartal zu greifen be-                                      noch den Kriseneffekt von 0,24 % und den Verhinde-
ginnt. Der bereits im ersten Quartal ausgewiesene Ef-                                      rungseffekt von 0,16 %, welche sich aus der prognos-
fekt dürfte auf eine gute Wirtschaftslage im ersten                                        tizierten Ausfallrate (u.n.WB) von 0,62 % ergeben.
Quartal vor Beginn des Corona-Lockdowns zurück-
führbar sein, sodass in diesem Quartal auch ohne                                           Tabelle 12: Alle Unternehmen: Erwartete Corona-
Stützungsmaßnahmen weniger Unternehmen als er-                                             Ausfallraten sowie Corona-Blase mit Effekten
wartet ausgefallen sind.                                                                                                                   Alle Untern.
                                                                                            Erwartete Corona-Ausfallrate 2020                    0,86%
                                                                                            Aktuelle Ausfallrate 2020                            0,46%
                                                                                            Corona-Blase                                         0,40%
                                                                                            Kriseneffekt                                         0,24%
7. Analyse aller Unternehmen                                                                Verhinderungseffekt
                                                                                            Prognostizierte Ausfallrate (u.n.WB)
                                                                                                                                                 0,16%
                                                                                                                                                 0,62%

Die bisherigen Untersuchungen haben sich auf die                                           Quelle: Creditreform Österreich
105.544 wirtschaftsaktiven Unternehmen bezogen.
Somit stellt sich die Frage, ob die dabei erzielten Er-                                    Aufgrund des bereits angesprochenen Informations-
gebnisse auf alle Unternehmen übertragbar sind, in-                                        defizits bei den nicht wirtschaftsaktiven gegenüber
dem die für die wirtschaftsaktiven Unternehmen be-                                         den wirtschaftsaktiven Unternehmen liefern diese
rechneten Corona-Blasen und deren Effekte auf die                                          Auswertungen nur einen groben Anhaltspunkt bezüg-
Gesamtheit aller österreichischen Unternehmen um-                                          lich der Gesamtwirkung der von öffentlicher Seite ge-
gelegt werden kann.                                                                        setzten Fördermaßnahmen. Festzuhalten ist, dass die
                                                                                           mit diesen Werten ermittelte Anzahl an Ausfällen hin-
Diese Vorgehensweise ist insofern problematisch, zu-                                       sichtlich des Krisen- und Verhinderungseffekts deut-
mal dann die nicht wirtschaftsaktiven Unternehmen,                                         lich geringer als die aus einer proportionalen Umlage
also Unternehmen für die nicht zumindest einmal in                                         der Ergebnisse für die wirtschaftsaktiven Unterneh-
den letzten drei Jahren eine Recherche durchgeführt                                        men berechnete ist. Folglich lässt sich schlussfolgern,
wurde, statistisch gleich wie die wirtschaftsaktiven                                       dass die proportionale Umlage zu nicht statistisch va-
Unternehmen eingestuft werden. Deshalb wird nach-                                          liden Ergebnissen führt, und folglich nicht gemacht
folgend nicht einfach eine derartige Umlage vorge-                                         werden soll. Hinsichtlich der für alle Unternehmen er-
nommen. Vielmehr werden nunmehr zur groben Ab-                                             zielten Ergebnisse gilt es zu beachten, dass es sich da-
schätzung der Gesamtwirkung der von öffentlicher                                           bei nur um grobe Abschätzungen handelt, welche sta-
Seite gesetzten Fördermaßnahmen alle Unterneh-                                             tistisch als nicht fundiert betrachtet werden sollen.
men (569.501) in der Creditreform Wirtschaftsdaten-
bank betrachtet.

14                                                                                                                                    Corona-Pleitewelle | April 2021
die durch die Stützungsmaßnahmen vereitelten Aus-
8. Konklusion und Ausblick                                                                                  fälle annähernd so viele wie die gesamten letztjähri-
Das dieser Studie zugrundeliegende Hauptproblem                                                             gen Ausfälle.
besteht in der Nicht-Beobachtbarkeit der mit der
Corona-Krise tatsächlich anstehenden Ausfälle. Die                                                          Die für das Jahr 2020 unter normalen Wirtschaftsbe-
aktuellen Ausfälle für das Corona-Krisenjahr 2020 um-                                                       dingungen (u.n.WB) für das Normalszenario prognos-
fassen nämlich nur die Ausfälle, welche durch die au-                                                       tizierten Ausfallraten der drei LD-Segmente ergab
ßerordentlichen Stützungsmaßnahmen von öffentli-                                                            eine aggregierte Ausfallprognose von 1,18 %. Mit die-
cher Seite nicht gestützt wurden. Beobachtbar ist                                                           ser Prognose wurde die Corona-Blase in zwei Teile
demnach nur ein offensichtlich verzerrtes Bild. Die                                                         zerlegt (siehe Abb. 11), u.z. Kriseneffekt und den Ver-
Hauptaufgabe besteht somit in der Sichtbarmachung                                                           hinderungseffekt. Diese Zerlegung ermöglicht eine
des „Unsichtbaren“, indem die für das Corona-Krisen-                                                        gut verständliche Interpretation der Corona-Blase.
jahr 2020 rational erwarteten Ausfallraten bestimmt
                                                                                                               Der Verhinderungseffekt von +0,42 % ergibt sich
werden. Für das Verständnis der „verzerrten“ Tatsa-
                                                                                                                aus der Differenz der prognostizierten Ausfallrate
chen hinsichtlich der Plausibilität der im Corona-Kri-
                                                                                                                von 1,18 % und der aktuellen Ausfallrate von 0,76
senjahr 2020 eingetretenen Ausfälle von Unterneh-
                                                                                                                %. Er gibt die Ausfallrate jener Unternehmen an,
men ist ein Vergleich mit der dem Wirtschaftskrisen-
                                                                                                                von welchen prognostiziert wird, dass sie ohne
jahr 2009 hilfreich. Im Krisenjahr 2009 ist die Ausfall-
                                                                                                                Corona-Stützungsmaßnahmen bereits im Nor-
rate gegenüber dem Vorjahr um +0,20 % gestiegen.
                                                                                                                malszenario für das Jahr 2020 ausgefallen wären.
Im Corona-Krisenjahr 2020 ist die Ausfallrate gegen-
                                                                                                                (Hinweis: Daher kommt die Bezeichnung „Verhin-
über dem Vorjahr hingegen gesunken, u.z. um -0,39
                                                                                                                derung“).
%. Gleichzeitig ist der über die prozentuale Verände-
rung des realen BIP‘s gemessene krisenbedingte Kon-
                                                                                                               Der Corona-Kriseneffekt von +0,69 % bezieht sich
junktureinbruch aber annähernd doppelt so stark.
                                                                                                                auf jene Unternehmen, von welchen erwartet
Grob abgeschätzt ist die im Corona-Krisenjahr beo-
                                                                                                                wird, dass sie ohne Stützungsmaßnahmen durch
bachtete Ausfallrate aufgrund der öffentlichen Stüt-
                                                                                                                den von der Corona-Krise verursachten Konjunk-
zungsmaßnahmen folglich um +0,79 % (0,39% +
                                                                                                                tureinbruch zusätzlich ausgefallen wären.
2*0,20%) niedriger als rational zu erwarten ist.
                                                                                                            Zur Gewinnung tiefergehender Einblicke wurden die
Abb. 11: Corona-Blase und deren Zerlegung –
                                                                                                            beiden Effekte der Corona-Blase gemäß der Betrof-
Verhinderungseffekt und Zuschlag für Corona-Krise
                                                                                                            fenheit von den mit der Corona-Krise einhergehen-
                                                 Ausfallrate als Funktion der
                                                                                                            den Lockdowns auch auf die drei LD-Branchenseg-
                                           %-Veränderung des BIP (real): 2008 - 2020                        mente umgelegt. Die sich für das direkt, indirekt und
                                               Corona-
                                               Krise 2020     Wirtschafts-       2,00                       nicht von den Lockdowns betroffene Segment jeweils
                                        1,87
                                                                                                            ergebenden Corona-Blasen und deren Krisen- und
                                                              Krise 2009         1,80
  Ausfallrate (in %)

                       Corona-Blase

                                           Corona-
                                                                                                            Verhinderungseffekte sind Inhalt von Tabelle 8 bzw.
                                                                                 1,60
                                           Kriseneffekt
                                                                                 1,40
                                                                                 1,20
                                                                                                            Abb. 7. Wie erwartet steigen die LD-spezifischen
                                        1,18
                                           Verhinderungs-                        1,00                       Corona-Blasen mit der Betroffenheit an, u.z. +0,38 %
                                           effekt
                                        0,76                                     0,80                       für das nicht betroffene, +1,10 % für das indirekt und
                                                                                 0,60                       +1,96 % für das direkt betroffene Segment.
 -10,00%                              -8,00%   -6,00%       -4,00%      -2,00%      0,00%   2,00%   4,00%
                                                              %BIP(real)
                                                                                                            Die rollierende Betrachtung von jährlichen Ausfallra-
Quelle: Creditreform Österreich                                                                             ten und von jährlichen BIP‘s über die vier Quartale des
In der vorliegenden Studie wurden vorausschauende                                                           Corona-Krisenjahrs 2020 liefert zusätzliche Einblicke
Statistikmethoden (Predictive Analytics-Methoden)                                                           in die Entstehung der Corona-Blase im Jahr 2020. So
verwendet, um die erwarteten Ausfallraten insbeson-                                                         baute sich die Corona-Blase ziemlich geradlinig über
dere von wirtschaftsaktiven Unternehmen genauer zu                                                          die vier Quartale auf, u.z. durch ein sukzessives Aus-
berechnen. Mittels Ex-post-Prognose wurde anhand                                                            einanderdriften von einerseits durch den Konjunktur-
des im Krisenjahr 2020 eingetretenen Konjunkturein-                                                         abschwung sich erhöhenden erwarteten Corona-Aus-
bruchs eine erwartete Corona-Ausfallrate von 1,87 %                                                         fallraten und andererseits durch den bedingt durch
ermittelt. Durch Gegenüberstellung dieser Rate mit                                                          Stützungsmaßnahmen sich reduzierenden aktuellen
der eingetretenen (aktuellen) Ausfallrate von 0,76 %                                                        Ausfallraten.
wurde die Größe der Corona-Blase in Höhe von +1,11
% ermittelt. Die Corona-Blase ist somit noch um +0,32                                                       Nach dem Motto „aufgeschoben ist nicht aufgeho-
% höher als die zuvor erfolgte Grobabschätzung von                                                          ben“ beziehen sich die LD-segmentspezifischen
+0,79 %. Mit 1,11 % ist die Blase übrigens fast genauso                                                     Corona-Blasen auf alle durch die Stützungsmaßnah-
groß wie die Ausfallrate des Jahres 2019. Folglich sind                                                     men von öffentlicher Seite aufgeschobenen Ausfälle,

Corona-Pleitewelle | April 2021                                                                                                                               15
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