Der Bologna Prozess, seine Umsetzung in Österreich unter spezieller Berücksichtigung der Musikuniversitäten Eine Kurzdarstellung

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Der Bologna Prozess, seine Umsetzung in Österreich unter
spezieller Berücksichtigung der Musikuniversitäten
Eine Kurzdarstellung

Mag. Ester Tomasi-Fumics, LL.M
Büro des Studiendirektors
Büro der Universitätsleitung
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Dezember 2007
Inhalt
Vorbemerkungen................................................................................................................... 3
Warum eine Bologna Erklärung?........................................................................................... 4
Die Ziele der Bologna Erklärung............................................................................................ 6
Die Umsetzung der Bologna Ziele ......................................................................................... 7
   1: Die Einführung eines Systems leicht les- und vergleichbarer Studienabschlüsse .......... 7
   2: Die Einführung eines Systems, das im Wesentlichen auf zwei Zyklen basiert................ 8
   3: Einrichtung eines Kreditpunktesystems ........................................................................12
   4: Förderung von Mobilität ................................................................................................12
   5: Förderung europäischer Kooperation in der Qualitätssicherung ...................................13
   6: Förderung der europäischen Dimension in der höheren Bildung ..................................15
   7: Lebenslanges Lernen ...................................................................................................15
   8: Beteiligung von Hochschuleinrichtungen und Studierenden..........................................16
   9: Förderung der Attraktivität des europäischen Hochschulraums ....................................16
   10: Doktoratsstudien und Etablierung eines europäischen Hochschul- und
   Forschungsraumes...........................................................................................................17
Abschließende Bemerkungen...............................................................................................18
Anhang.................................................................................................................................19

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Vorbemerkungen
Im Jahr 1999 unterzeichneten Minister aus 29 europäischen Ländern, die für die Bildung auf
tertiärem Niveau zuständig waren, eine 6 Punkte umfassende Erklärung, die sogenannte
„Bologna Erklärung“.

Für die Universitäten und Hochschulen in Europa war dies der Beginn einer Zeit von
Umstrukturierungen und weitreichenden Änderungen, die, wie die Minister dies 1999 ins
Auge gefasst hatten, bis 2010 abgeschlossen sein sollte. Tatsächlich werden die
Veränderungen, die den aus der Bologna Erklärung resultierenden Bologna Prozess
darstellen, sicherlich über das Jahr 2010 hinaus andauern. Auch für die Musikuniversitäten,
Musikhochschulen und Musikakademien Europas haben diese Entwicklungen weitreichende
Folgen, die, wenn als Chance ergriffen, sinnvolle Erneuerung und die Möglichkeit des
Dialogs in- und außerhalb dieser traditionsreichen kulturellen Instanzen ermöglichen können.
Andererseits ist die kurze Geschichte dieser gemeinsamen europäischen Vision für einen
transparenten und mobilen Hochschulraum von vielen Missverständnissen geprägt.

In der vorliegenden Projektarbeit, die den abschließenden Teil der Grundausbildung für
Verwaltungspersonal der Verfasserin an der Universität für Musik und darstellende Kunst
Wien bildet, soll der Bologna Prozess mit seinen rechtlichen Rahmenbedingungen
überblicksartig dargestellt werden und der Bezug zur Lage der Musikuniversitäten in Europa
und speziell in Österreich hergestellt werden. Dem Rahmen angemessen wird auf die allzu
detaillierte Diskussion von Spezialitäten verzichtet. Der Leser soll hauptsächlich in die 10
Aktionsfelder des Bologna Prozesses eingeführt werden.

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Warum eine Bologna Erklärung?
Die Bildungssysteme in den einzelnen europäischen Ländern haben sich historisch
unterschiedlich entwickelt: Zulassungsvoraussetzungen, Dauer, Aufbau und Ziele der
Studien konnten sich wesentlich unterscheiden. Nimmt man ein Musikstudium als Beispiel,
so dauerte es in Österreich bis vor kurzem 8 Jahre oder mehr, in anderen europäischen
Ländern gab es Modelle mit 4, 5 oder 6jähriger Dauer. In manchen Ländern wurde der
Unterricht am Instrument es als Berufsausbildung angesehen, in wieder anderen war es
Hochschulbildung. Länder, wie zum Beispiel Großbritannien, kannten eine dreistufige
Universitätsausbildung mit einem Bachelorstudium, das die akademische Grundausbildung
darstellte, einem Masterstudium, das im postgradualen Bereich eine Spezialisierung erlaubte
und einem Doktorat, das zur akademischen oder Forscherkarriere hinführte. In Österreich
oder Deutschland beispielsweise war das zweistufige Studiensystem mit einem längeren
Grundstudium und einem anschließenden Doktorat in Verwendung. Diese Unterschiede
spielten im eigenen Land kaum eine Rolle, mit steigender Mobilität von Studierenden,
Lehrenden und generell am Arbeitsplatz, wurde jedoch ziemlich bald deutlich, dass die
unterschiedlichen Systeme ein Hindernis darstellten. Einerseits konnte man nicht einfach von
einer Studienstruktur zur anderen wechseln und andererseits war die Anerkennung von
Studienleistungen, die in anderen EU Staaten erbracht wurden, aufwendig und nicht immer
garantiert.

Gleichzeitig entwickelte sich die EG 1993 mit dem Vertrag von Maastricht zur Europäischen
Union1, in der der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Personen innerhalb der
Mitgliedsstaaten als Grundprinzip verankert ist. 1995, dem Jahr, in dem auch Österreich der
Union beitrat, wurden die Grenzen innerhalb der Schengen Staaten geöffnet und 1999 mit
dem Vertrag von Amsterdam der Weg zu einer engeren Zusammenarbeit im Bereich
gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik begonnen, der Hand in Hand ging mit
Demokratisierungsbestrebungen innerhalb der EU und Reformen und Umbildungen der
Hauptorgane der EU. Letztendlich gipfelten diese Entwicklungen in dem erstmal
fehlgeschlagenen Versuch, eine EU Verfassung einzurichten (siehe Abbildung 1).

Zwar ist Europa in der EU immer enger zusammengewachsen, die Bildungspolitik ist jedoch
von den Verträgen, die die gesetzliche Grundlage der europäischen Union bilden, nicht
umfasst. Für Bildung und damit auch die Universitäten, sind die einzelnen Staaten immer
noch allein zuständig. In der Fachsprache heißt das: Die EU hat keine direkte Kompetenz in
Bildungsangelegenheiten. Allerdings hat der Europäische Rat, der aus den Staats- und
Regierungschefs der Mitgliedstaaten und dem europäischen Kommissionspräsidenten

1
    Zur Geschichte der EU siehe auch http://europa.eu/abc/history/index_de.htm (13. August 2007).

                                                                                                    4
besteht, im Jahr 2000 die sogenannte „Lissabon Strategie“ beschlossen. Die in diesem
Papier formulierten Ziele gelten als Empfehlungen für die politischen Ziele und Strategien der
EU und beeinflussen daher die Gesetzgebung und Aktionen der EU. Die Lissabon Strategie
hat zum Ziel, den Wirtschaftsraum EU zur "wettbewerbsfähigsten und dynamischsten
wissensbasierten Wirtschaft der Welt" zu machen. Damit überschneiden sich die Ziele des
Bologna Prozesses teilweise mit jenen der Lissabon Strategie. Der wesentliche Unterschied
ist der Ansatz. Bologna geht von einer Reform der Hochschulen aus, damit der
Bildungsaustausch in Europa erleichtert wird. Lissabon dagegen stülpt dem Reformprozess
die Wettbewerbsorientierung und das Wirtschaftswachstum über. Ein weiterer wesentlicher
Unterschied ist, dass die Lissabon Strategie für den EU-Raum beschlossen wurde, der
Bologna Prozess mittlerweile über die EU hinausreicht und Länder im geographischen
Europa mitumfasst. Neben dem indirekten Einfluss auf den Bologna Prozess hat die
europäische Kommission auch einen festen Platz in der „Bologna Follow-up Gruppe“
(BFUG). Diese Gruppe, in der neben Repräsentanten der Signatarstaaten der Bologna
Erklärung auch Vertreter der Universitäts- und Studierendenverbände sitzen, bereitet das
jeweils nächste biennale Treffen der Bildungsminister unter dem Vorsitz des EU
Präsidentschaftslandes vor.

Abb.   1:   Überblick   über    die   Geschichte    und   die   Verträge   der   europäischen   Union.   Quelle
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Amsterdam (13. August 2007)

Unabhängig von Kompetenzstreitigkeiten zwischen EU und Mitgliedsstaaten, die in der
Bildungspolitik immer wieder sichtbar werden, war jedenfalls allen beteiligten Akteuren klar,
europäische Zusammenarbeit muss auch die Zusammenarbeit in der Bildung umfassen, ein

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Bereich, der sich mit der Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte für die Zukunft befasst, der
entscheidend dazu beitragen kann, den Horizont von jungen Europäern zu erweitern und das
Verständnis und Zusammengehörigkeitsgefühl in der EU zu verbessern. Zwar ist die
"gegenseitige Anerkennung der Zeugnisse und sonstigen Urkunden über den Abschluss der
Berufsausbildung" bereits Bestandteil der Allgemeinen Grundsätze zur europäischen
Zusammenarbeit im Bildungsbereich von 19632, doch reichte dies nie aus, um alle
Schwierigkeiten mit der Kompatibilität der verschiedenen Systeme aus dem Weg zu räumen.
Daher kam es im Jahr 1999 zur Unterzeichnung der Bologna-Erklärung durch 29
europäische zuständige Bildungsminister. Sie verpflichteten sich mit ihrer Unterschrift, die in
der Erklärung genannten Ziele zu unterstützen und in ihrem Land gesetzlich und faktisch
voranzutreiben. Das heißt, dass alles, was in unsere Universitätsgesetzgebung seit der
Bologna     Erklärung     1999     Eingang        gefunden       hat,   vom    national   zuständigen
Gesetzgebungsorgan, in Österreich das Parlament, so beschlossen wurde. Der Urtext der
Erklärung wurde dabei manchmal weit und manchmal eng ausgelegt. Nicht die
Vereinheitlichung aller Studien in Europa ist oberstes Ziel, sondern Abstimmung
untereinander     und     Transparenz,      die     nationale,     regionale   und    fachspezifische
Besonderheiten erklärbar machen soll. Wie gut dies im Einzelfall gelingt, hängt wesentlich
vom Willen der zusammenspielenden Akteure ab. Dies sind vor allem Gesetzgebung,
Verwaltung, Universitäten, Universitätsverbände, Berufs- und Studierendenverbände.
Wichtig ist, der Bologna Prozess ist ein lebendiges Geschehen, das gestaltet werden kann
und muss.

Die Ziele der Bologna Erklärung
Vorrangiges Ziel der Bologna Erklärung ist es, erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit im
europäischen Hochschulraum zu schaffen und so die Mobilität von Studierenden, Lehrenden
und Akademikern zu erleichtern und damit auch zu fördern.
Dazu wurden in Bologna 1999 sechs Aktionslinien beschlossen3:
1. Die Einführung eines Systems leicht les- und vergleichbarer Studienabschlüsse
2. Die Einführung eines Systems, das im Wesentlichen auf zwei Zyklen basiert
3. Einrichtung eines Kreditpunktesystems
4. Förderung von Mobilität
5. Förderung europäischer Kooperation in der Qualitätssicherung
6. Förderung der europäischen Dimension in der höheren Bildung
In den weiteren Jahren kamen noch 4 Punkte dazu:
7. Lebenslanges Lernen

2
  Beschluss 63/266/EWG
3
  Der Originaltext der Bologna Erklärung in der offiziellen deutschen Übersetzung, sowie alle darauf
folgenden Texte sind unter anderem auf der Bologna Seite des Verbandes der Musikhochschulen
Europas (AEC) abrufbar unter www.bologna-and-music.org/bolognaprozess.

                                                                                                       6
8. Beteiligung von Hochschuleinrichtungen und Studierenden
9. Förderung der Attraktivität des europäischen Hochschulraums
10. Doktoratsstudien     und     Etablierung    eines     europäischen      Hochschul-      und
    Forschungsraumes
Zu diesen Zielen haben sich die Bildungsminister der Bologna Staaten, mittlerweile sind das
464, im ersten Treffen in Bologna und in den alle zwei Jahre stattfindenden Folgetreffen5
bekannt.

Zusammenfassend kann über die 10 Ziele gesagt werden, dass sie versuchen damit
umzugehen, dass die Studien in den verschiedenen europäischen Ländern historisch
unterschiedlich in Länge, Aufbau, Zielen, Benennung und Flexibilität waren (und teilweise
immer noch sind). Alle Maßnahmen, die durch den Bologna Prozess initiiert wurden, sollen
zur erhöhten Transparenz der einzelnen Studiensysteme beitragen. Es handelt sich dabei
nicht um eine primär inhaltliche Entwicklung, sondern um eine Strukturreform. Als vorrangige
Ziele können daher genannt werden: Die Beseitigung von Mobilitätshindernissen in Europa;
die Steigerung der Attraktivität des europäischen Hochschulraums in der gesamten Welt und
die Schaffung einer gemeinsamen Struktur aller universitärer Systeme in Europa, die auf
dem zweizyklischen Studium mit einem Bachelor- und einem Masterstudium basiert.
Theoretisch hört sich das alles sehr gut und logisch an. Wie die 10 Ziele allerdings praktisch
umzusetzen sind, ist eine andere Frage.

Die Umsetzung der Bologna Ziele

1: Die Einführung eines Systems leicht les- und vergleichbarer Studienabschlüsse
Hier ist der Anhang zum Diplom, das „diploma supplement“, anzusiedeln. In Österreich ist in
§ 69 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002 (UG) geregelt, dass gemeinsam mit dem
studienabschließenden Diplom ein Zusatz auszustellen ist, der das Studium detaillierter
darstellt. Dabei handelt es sich grob um eine Übersicht der vom Absolventen abgelegten
Prüfungen mit Noten und eine Erklärung der nationalen Notenskala, sowie Hinweisen auf
Zugangsberechtigungen zu reglementierten Berufen oder weiterführenden Studien. Ein
Hinweis auf eine Webseite oder andere Informationsquellen für weiterführende Informationen
ist auch enthalten. Damit soll gewährleistet werden, dass das Abschlussdiplom zwar seine
individuelle nationale Form beibehalten kann, dem Ganzen jedoch eine standardisierte
Lesehilfe beigefügt wird. Der Diplomzusatz muss in Österreich auf Deutsch und auf Englisch
verfasst werden.

4
 Eine Liste der unterzeichnenden Staaten findet sich im Anhang.
5
 Folgetreffen fanden 2001 in Prag, 2003 in Berlin, 2005 in Bergen und 2007 in London statt. 2009
wird das Treffen in den Beneluxstaaten stattfinden.

                                                                                              7
Daneben wurde von allen Signatarstaaten des Bologna Prozesses auch die „Lisbon
Convention“ (Lissabon Abkommen6) unterzeichnet. Dieses Abkommen verpflichtet die
unterzeichnenden Staaten dazu, Absolventen aus anderen europäischen Staaten gegenüber
Inländern nicht zu diskriminieren. Sie müssen das gleiche Recht auf Hochschulzugang
haben und auf Zugang zu weiterführenden Studien, bzw. auf Ausübung ihres Berufs, sofern
sie eine geeignete Qualifikation besitzen. Die zuständige Institution in dem Staat, in dem um
Anerkennung der Qualifikation angesucht wird, muss beweisen, dass die Qualifikation
allenfalls nicht vorliegt. Dies ist im juristischen Sinn eine sogenannte Beweislastumkehr und
zum Vorteil des um Anerkennung Ansuchenden. Staatliche Stellen für Fragen aller Art zur
Anerkennung von Qualifikationen sind die ENIC/NARIC7 Stellen. In Österreich ist die NARIC
Austria8 im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung angesiedelt.

2: Die Einführung eines Systems, das im Wesentlichen auf zwei Zyklen basiert
Hier geht es um die Einführung der zweizyklischen Studienstruktur, wobei die Bologna
Erklärung vorsieht, dass der erste Zyklus mindestens 3 Jahre zu dauern hat. Für den zweiten
Zyklus ist keine Minimallänge vorgesehen. Doch die Struktur allein reicht natürlich noch nicht
aus, um Vergleichbarkeit und Transparenz herzustellen. Deshalb umfasst diese Aktionslinie
auch das Erfordernis nationaler Qualifikationsrahmen. Ein Qualifikationsrahmen ist ein
Dokument, das Eckdaten für die Beschreibung einer bestimmten Qualifikation enthält.
Anhand von Kompetenzen, die in einer bestimmten Bildungsstufe erworben werden, sollen
daraus     sich   zusammensetzende        Qualifikationen    beschreibbar     werden.    Bei   dem
Nachfolgetreffen der Minister in Berlin 2003 riefen die Minister dazu auf, bis 2005 nationale
Qualifikationsrahmen zu schaffen, die Studien mit Hilfe von Arbeitsaufwand, Niveau,
Lernergebnissen, Kompetenzen und Profilen qualitativ erfassbar machen sollten. Eine
Gruppe von mit Qualitätssicherung im Hochschulbereich befasster Personen reagierte auf
diese Aktionslinie, indem sie die gemeinsamen Dublin Deskriptoren formulierte. Dabei
handelt es sich um eine sehr allgemeine, ergebnisorientierte Beschreibung von
Charakteristika der 3 möglichen universitären Studienzyklen (inklusive eines kurzen Zyklus’,
der Teil eines ersten Zyklus sein kann).
         Beispiel aus den gemeinsamen Dublin Deskriptoren:
         Der Titel eines Bachelor wird an Studenten verliehen, die
         -        in einem Studienfach Wissen und Verständnis unter Beweis gestellt haben, die auf
                  ihrer allgemeinen, höheren Schulbildung aufbauen und über diese hinausgehen.
                  Üblicherweise bewegt sich ihr Wissen auf einem Niveau, das – während es sich auf

6
   Nicht zu verwechseln mit der weiter oben erwähnten Lissabon Strategie der europäischen
Kommission.
7
  Mehr Information zu ENIC („European Network of Information Centers“ in nicht EU Staaten) und
NARIC („National Academic Recognition Information Centers“ in EU Staaten) Stellen ist unter
http://www.enic-naric.net/ zu finden. (23. August 2007)
8
   Siehe auch http://www.bmwf.gv.at/submenue/service/studieren_in_oesterreich/enic_naric_austria/
(23. August 2007)

                                                                                                     8
Lehrbücher für Fortgeschrittene stützt – auch Aspekte über das neueste Wissen aus
                                             9
               ihrem Studienfach beinhaltet;

In Österreich wurde diese 2. Aktionslinie teilweise gesetzlich umgesetzt. Existierende
Studien konnten auf Bachelor- und Masterstudien umgestellt werden, wobei ein erster
Studienzyklus genau 180 ECTS Punkte zu umfassen hat, was einer Dauer von 3 Jahren
gleichkommt (siehe § 54 Abs. 3 UG). Das Mindesterfordernis wurde somit in eine absolute
Studiendauer gefasst, was speziell im Fall der Musikuniversitäten ein Problem darstellt,
reicht dort doch eine 3jährige universitäre Ausbildung in den Instrumentalstudien in den
seltensten Fällen dazu aus, künstlerische Reife zu erlangen. Im europäischen Vergleich zeigt
sich auch, dass in mehr als der Hälfte der Länder, die Hochschulstudien im
Instrumentalmusikbereich anbieten, ein Grundstudium zumindest 4 Jahre umfasst. Vor allem
in Deutschland hat die Rektorenkonferenz der dortigen Musikhochschulen nach langen
Diskussionen erreichen können, dass das Musikstudium als Ausnahme anerkannt wird und
daher einen 4jährigen ersten Studienzyklus hat. In Österreich findet sich noch dazu folgende
seltsame Situation, die sich aus der Entwicklung der Universitätsgesetzgebung der letzten
Jahre ergibt: Das dem UG vorhergehende Universitätsstudiengesetz (UniStG) hat noch eine
Beschränkung von 6 bis 8 Semestern für das Bakkalaureatsstudium (§ 11a UniStG) und von
2 bis    4 Semestern für       das   Magisterstudium     zugelassen.    Insgesamt     durfte die
Gesamtsemesteranzahl, die für das jeweilige Studium vorgesehen war, nicht überschritten
werden. Da das UniStG für das Instrumentalstudium 12 Semester als Gesamtstudienzeit
vorsah, konnten sich daraus ein Bakkalaureat mit 4jähriger Dauer und ein darauf
aufbauendes Magisterstudium mit 2jähriger Dauer ergeben. An der Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz wurde dies auch so etabliert. An der Wiener Musikuniversität blieb
man hingegen beim bestehenden Diplomstudium und wandelte nicht auf Bakkalaureat- und
Magisterstudium um. Würde man dies heute tun, dann würde das Wiener Bachelorstudium
nur 3 Jahre dauern dürfen. Damit würde Wien in einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Graz
geraten, da die Studiendauer bei der Entwicklung technischer, musikalischer und
persönlicher Reife am Instrument eine wesentliche Rolle spielt und daher nur ein zumindest
4jähriges Bachelorstudium unter den heutigen Voraussetzungen als berufsvorbildend
angesehen werden kann. Das UG sagt ja in § 51 Abs. 2 Z 4: „Bachelorstudien sind die
ordentlichen Studien, die der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung und
der   Qualifizierung   für   berufliche   Tätigkeiten    dienen,    welche     die   Anwendung
wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern.“ Ohne auf
Details einzugehen, ist daher das Ziel der Bachelorstudien die Berufsvorbereitung.
Absolventen sollen zumindest für bestimmte berufliche Tätigkeiten qualifiziert sein.

9
  Mehr zu den von der Joint Quality Initiative entwickelten Dublin Deskriptoren findet sich unter
http://www.jointquality.nl/ (23. August 2007)

                                                                                                   9
Das Masterstudium kann in Österreich mit mindestens 120 ECTS Punkten flexibler gestaltet
werden. Man hat sich also in Österreich gesetzlich dafür entschieden, „schnelle“
Grundstudienabschlüsse anzubieten und das Spezialistenstudium, die Vertiefung auf
Masterebene zuzulassen.

Unabhängig von diesen Einzelheiten, zu denen es noch viel zu sagen gäbe, besteht in
Österreich noch eine weitere, schon oben kurz erwähnte Besonderheit. Der Gesetzgeber hat
sich nicht entschieden, das Studiensystem einfach auf die neue Struktur umzustellen,
sondern es dürfen bereits zum Zeitpunkt der Einführung des UG 2002 bestehende
Diplomstudien, nicht nur für einen Übergangszeitraum, weitergeführt werden und nur völlig
neue Studien nicht in der Form von einzyklischen Diplomstudien geschaffen werden. Dies
führt dazu, dass das System doppelgleisig fährt, was im europäischen Vergleich leicht zu
Unverständnis führen kann und der Transparenz gerade wieder im Weg steht.

In Österreich wird ein nationaler Qualifikationsrahmen gerade erstellt. Dies gilt auch für die
meisten anderen europäischen Staaten. Die Entwicklung schreitet hier langsamer voran, als
die Minister vorhersehen konnten. In Österreich hat das Bundesministerium für Wissenschaft
und    Forschung     folgende     Information     zur    Entwicklung      des    österreichischen
Qualifikationsrahmens zur Verfügung gestellt:
       „...Ziel ist die Beteiligung Österreichs am Europäischen Qualifikationsrahmen und darauf
       Bezug nehmend die Entwicklung eines Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) mit 8 oder
       mehr Referenzniveaus, der an den europäischen Rahmen gekoppelt werden kann und alle
       Bereiche der Bildung umfasst. Die Zuordnung erfolgt mittels Beschreibung der einzelnen
       nationalen Qualifikationsstufen mit einem Ansatz, der auf Lernergebnissen aufbaut und auf
       die Anforderungen des österreichischen Arbeitsmarkts ausgerichtet ist.

       Zu diesem Zweck wurde in Österreich eine nationale Steuerungsgruppe bestehend aus den
       Bundesministerien sowie den Sozialpartnern eingerichtet. Aufgabe dieser im Sommer 2007
       eingerichteten nationalen Steuerungsgruppe ist es, anhand von in Auftrag gegebenen Studien
       einen nationalen Qualifikationsrahmen zu entwickeln. Dazu wird im Herbst 2007 ein erstes
       Konsultationspapier veröffentlicht werden zu welchem alle betroffenen Institutionen Stellung
       nehmen können. Der NQR soll Ende 2008 in Österreich beschlossen und bis 2010 umgesetzt
       werden.

       Um eine gesicherte Kommunikation zwischen dem Hochschulbereich und dem BMWF
       sicherzustellen, hat das BMWF einen eigenen Beirat eingerichtet. In diesem Beirat sitzen
       neben Vertretern aus der Hochschulsektion die ÖH, Österreichische Rektorenkonferenz,
       Fachhochschulrat, Fachhochschulkonferenz, Akkreditierungsrat, Bologna Follow-up Gruppe
       und die Österreichische Qualitätssicherungsagentur AQA. Der Beirat tagt regelmäßig und wird
                                                              10
       die Position des Hochschulsektors zum NQR erarbeiten.“

10
      Quelle Informationspapier des BMWF, ausgeteilt bei einer Informations- und
Diskussionsveranstaltung zum österreichischen NQR am 26. September 2007 an der MDW. Mehr
Informationen    dazu       finden    sich     auf     der     Webseite    des BMWF unter
http://www.bmwf.gv.at/print/wissenschaft/national/nqr/?0= (13. November 2007).

                                                                                                   10
Folgender Zeitplan ist vorgesehen:
- Fact-Finding (+NQR Vorschlag): Februar-September 2007
- Konsultationsprozess + Test NQR Entwurf: Dezember 2007-Juni 2008
- Zuordnung des formalen Systems zum NQR und EQR unter Einbeziehung des nicht
formalen und informellen Sektors: bis 2010.

Für den Sektor der Musikhochschulen ist auf europäischer Ebene durch den Verband der
Musikhochschulen Europas (AEC)11 schon vieles an nützlicher Vorarbeit geleistet worden.
So wurden die sogenannten Polifonia/Dublin Deskriptoren, die eine musikalische
Adaptierung der gemeinsamen Dublin Deskriptoren darstellen und Lernergebnisse für
Musikstudien entwickelt12. Damit existiert für Musikstudien auf universitärer Ebene ein
europäischer Qualifikationsrahmen, der als Vorlage für einen solchen auf nationaler Ebene
dienen könnte. Dies ist bemerkenswert, da ein solcher sektoraler Rahmen in (noch) fast
keinem anderen Sektor existiert13. Wichtig ist dies deshalb, weil die Charakteristika des
Sektors beachtet werden und Musikhochschulen nicht mit jenen Kriterien gemessen werden,
die zum Beispiel für wissenschaftliche Universitäten gelten. Die angewendete Methodologie
ist jedoch ein und diesselbe, und so zeigt sich, dass der Sektor der allgemeinen Entwicklung
nicht entgegenstrebt, sondern sich diese zunutzen macht.

Sehr viel beigetragen zur sinnvollen Umsetzung der 2. Aktionslinie des Bologna Prozesses
hat auch das „Tuning“ Projekt14. Die Initiatoren dieses europäischen Hochschulprojekts
haben sich zur Aufgabe gemacht, die praktische Umsetzung der Bologna Ziele nicht allein
den Ministerien zu überlassen. Die Universitäten selbst sind die Experten auf diesem Gebiet
und haben daher eine Methodologie entwickelt, um Studien im Sinne der 2. Aktionslinie
transparenter, vergleichbarer und leichter darstellbar zu machen. Das entwickelte
Handwerkszeug kann, wenn bewusst verwendet, Universitäten ein mächtiges Mittel zur
Studiengestaltung in die Hand geben. Die AEC hat für den Bereich der Musikhochschulen
die Tuning Methodologie angewendet und spielt damit, obwohl der Sektor Musik im
Verhältnis klein ist, eine Vorreiterrolle in der Universitätslandschaft.

11
   Association Européenne des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhochschulen (AEC)
http://www.aecinfo.org (23. August 2007).
12
   Beide Dokumente sind auf http://www.polifonia-tn.org abrufbar. Übersetzungen der aktuellen Texte
ins Deutsche werden im Herbst 2007 vorliegen.
13
   Im August 2007 endet eine Projektantragsphase für von der EU geförderte Projekte, die sich mit der
Errichtung eines sektoralen Qualifikationsrahmens beschäftigen. Es sind also in näherer Zukunft
mehrere solcher Qualifikationsrahmen zu erwarten.
14
   Siehe auch http://www.tuning.unideusto.org/tuningeu/ (23. August 2007)

                                                                                                  11
3: Einrichtung eines Kreditpunktesystems
Ein Kreditpunktesystem, das die durchschnittliche Arbeitsleistung eines durchschnittlich
begabten Studierenden angibt, die er aufwenden muss, um das Studium, ein Fach oder eine
Lehrveranstaltung positiv absolvieren zu können, soll auch dabei helfen, Studien
transparenter und vergleichbarer zu machen. Die europäischen Minister haben 2003 in
Berlin das European Credit Transfer and Accumulation System15 (ECTS) als Modell für ein
Kreditpunktesystem angenommen. ECTS als System geht allerdings über reine Punkte für
den Arbeitsaufwand hinaus und stellt auch einige standardisierte Formulare für
Studierenden- und Lehrendenmobilität zur Verfügung. Österreich hat, da unser bisheriges
Studienrecht kein Kreditpunktesystem kannte, sondern von Semesterwochenstunden als
reine     Kontaktzeit   von    Studierenden      mit    Lehrenden     ausging,     gleich    ECTS      als
Kreditpunktesystem eingeführt. Das UG erwähnt ECTS in § 51 Abs. 2 Z 26, wobei das
Arbeitspensum auch in Stunden festgelegt wird. Ein Studienjahr umfasst danach 60 ECTS
Anrechnungspunkte und entspricht 1.500 Echtstunden. Dabei ist besonders zu betonen,
dass es sich um den Arbeitsaufwand des Studierenden handelt, nicht nur um die Stunden,
die er mit einem Lehrer verbringt. Dies ist die entscheidende Änderung im gedanklichen
System. Man fragt nach der Zeit, die der Studierende braucht, um am Ende einer
Lerneinheit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Kreditpunkte sagen dabei nichts über die
tatsächliche    Leistung      des   individuellen      Studierenden   aus,    sondern        stellen   ein
angenommenes Idealmaß dar, das helfen kann, in der Gesamtheit den Aufwand für eine
Lerneinheit, ein Fach oder ein Studium im Verhältnis zu anderen Lerneinheiten, Fächern
oder Studien festzulegen. ECTS Anrechnungspunkte können dabei als Richtlinie in der
strategischen Studienplanung von Studierenden, Curriculakommissionen und Lehrenden
dienen.     Sieht   man    diesen    positiven      Aspekt,   so    kann     man    sicher     auch    im
Musikstudienbereich damit leben, dass das Studienjahr für Studierende in vielen der
angebotenen Studienrichtungen einen 8 Stunden Tag, oft 7 Tage in der Woche und beinahe
52 Wochen im Jahr bedeutet, was sich daher schwer auf mathematische 1.500
Jahresstunden reduzieren lässt.16

4: Förderung von Mobilität
Diese Aktionslinie ist eines der Grundmotive für den Bologna Prozess. Alle anderen
Maßnahmen flankieren sozusagen die Mobilität. Doch ist hier speziell zu erwähnen, dass

15
   Ursprünglich hieß das System nur European Credit Transfer System. Die Akkumulierung kam erst
später dazu, um zu verdeutlichen, dass der Erwerb von Kreditpunkte an verschiedenen Institutionen
ein Ansammeln von Studienleistungen darstellt, die letztlich zu einem akademischen Abschluss
führen.
16
   Mehr zu Kreditpunkten an Musikhochschulen und deren Verwendung in der Studienplangestaltung
findet sich im „Handbuch für die Einführung und Anwendung von Kreditpunkten in der Höheren
Musikausbildung“ von Evert Bisschop-Boele und im „Handbuch zur Lehrplangestaltung und –
entwicklung in der Höheren Musikausbildung“ von Jeremy Cox. Beide Handbücher sind auf der
Bologna Seite der AEC ab Herbst 2007 unter http://www.bologna-and-music.org/ abrufbar.

                                                                                                       12
Mobilität nicht nur nach struktureller Erleichterung verlangt, sondern auch nach finanziellen
Mitteln. Daher sind die im Rahmen dieses Punktes zur Verfügung gestellten Mitteln für
ehemals Sokrates ERASMUS Studienaufenthalte, die ab 1. Oktober 2007 vom Programm für
Lebenslanges Lernen gefördert werden, so wichtig.

Das    österreichische   UG     trägt     mit     den       Regelungen     zur    Anerkennung     von
Auslandsstudienaufenthalten     (§   78    Abs.       5    UG),   zur   befristeten   Zulassung   von
Austauschstudierenden im Rahmen von Mobilitätsprogrammen (§ 63 Abs. 5 Z 1 UG) und
zum    Erlass    des     Studienbeitrags        für       Studierende    im      Zusammenhang     mit
Auslandsaufenthalten, europäischen Mobilitätsprogrammen und Partnerschaftsabkommen (§
92 Abs. 1 UG) dieser Aktionslinie ausreichend Rechnung.

5: Förderung europäischer Kooperation in der Qualitätssicherung
Qualitätssicherung ist ein wesentlicher Punkt im Bolognaprozess, der von Beginn an in den
ministeriellen Erklärungen eine bedeutende Rolle spielte. Studien sind nämlich nur dann
auch inhaltlich verlässlich vergleichbar, wenn man die Qualität der Bildung mit einbezieht.
Der europäische Hochschulraum wird dadurch auch attraktiver, da klar wird, dass Qualität
geboten wird, die einer regelmäßigen Überprüfung unterliegt. Qualitätssicherung wird häufig
von den Institutionen, die ihr unterliegen, gefürchtet, da sie oft als rein auf statistischem
Material basierendes Ranking gesehen wird. Echte Qualitätssicherung hat damit allerdings
wenig zu tun.

Die Minister haben in Berlin 2003 klargestellt, dass die Verantwortung für die
Qualitätssicherung bei den Institutionen für höhere Bildung selbst liegt. Allerdings muss sich
dies in einem Rahmen bewegen, der teilweise erst entwickelt wird. Das Thema ist recht
komplex, vor allem auch, weil sich diverse Kräfte daran messen. Qualitätssicherung und
Akkreditierung sind ein prestigeträchtiges Geschäft, in dem auch Geld steckt. Vor allem aber
ist die Kontrolle, die man über die höchsten Bildungseinrichtungen der europäischen Länder
ausüben kann, ein interessantes Thema. Und gerade deswegen ist es auch so wichtig, dass
die Universitäten selbst tätig werden und sich in die Entwicklung aktiv einbringen.

Grundsätzlich muss man zwischen interner Qualitätssicherung, externer Qualitätssicherung
und Akkreditierung unterscheiden. Interne Qualitätssicherung liegt allein in der Hand der
Institutionen. Diese entwickeln Systeme zur internen Überprüfung von Prozessen und
Verfahrensweisen, Strukturen, Studienangebot und anderem. Externe Qualitätssicherung
wird von Außenstehenden betrieben, zum Beispiel von externen Gutachtern oder
Qualitätssicherungsagenturen. Akkreditierung ist davon nicht im Verfahren aber in der
Bedeutung des Ergebnisses zu unterscheiden. Akkreditierung bedeutet, dass eine

                                                                                                  13
anerkannte Stelle eine Einrichtung oder auch nur einen Studiengang überprüft und eine
gewisse Qualität bescheinigt. In manchen Ländern und an manchen Institutionen sind
Akkreditierungen gesetzlich vorgeschrieben, damit Hochschulstudien angeboten werden
können. Ein Beispiel in Österreich sind die Fachhochschulen und die Privatuniversitäten.
Basis für alle Arten der Qualitätssicherung sind überprüfbare Daten und Beschreibungen von
Abläufen. Diese müssen von den Universitäten erstellt werden. Damit die Institutionen selbst
den größten Nutzen aus diesen Verfahren ziehen, ist es sinnvoll, gut funktionierende interne
Qualitätssicherungssysteme     aufzubauen     und    alle     Universitätsangehörigen      darin
einzubeziehen. Dabei geht es nicht um die Überprüfung von Leistungen von außen, sondern
in den meisten Fällen um eine Selbstbewertung, die mit Hilfe von Moderatoren auf einen
bestimmten Zeitraum angelegt zur Verbesserung von Qualität führen soll. Details dazu kann
man zum Beispiel im “Handbuch zur internen Qualitätssicherung in der Höheren
Musikausbildung” von Evert Bisschop-Boele17 nachlesen.

Auf europäischer Ebene wurde inzwischen ein übergreifender Qualifikationsrahmen für den
europäischen Hochschulraum entwickelt, auf den sich nationale Qualifikationsrahmen
beziehen können und die von ENQA18 vorgeschlagenen Standards und Leitlinien für die
Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum von den Ministern angenommen. Auch
das oben erwähnte Tuning Projekt hat sich der Entwicklung von Qualitätsrahmen anhand
von Kompetenzen angenommen und so zur Schaffung von europäischen Standards
beigetragen. Das bedeutet, dass auf europäischer Ebene Rahmenbedingungen geschaffen
werden, die national und in den Institutionen individuell umgesetzt werden müssen.

In Österreich ist in § 14 UG festgelegt, dass Universitäten ein Qualitätssicherungs-
managementsystem aufzubauen haben. Die Details dafür sind in der Satzung zu regeln,
haben allerdings unter Berücksichtigung fachbezogener internationaler Standards zu
erfolgen. Evaluierungen haben regelmäßig zu erfolgen, auch Evaluierungen der Lehre.
Externe Evaluierung kann angeordnet werden, vom Rektorat, vom Universitätsrat oder vom
Bundesminister. Die in der internen Evaluierung erhobenen Daten dienen auch als
Grundlage für die Leistungsvereinbarungen mit dem Bund, was an und für sich Sinn macht.
Doch ist Evaluierung allein noch kein Qualitätsmanagement. Dazu gehört mehr, nämlich
auch die Festlegung von Zielen, die erreicht werden sollen und dann die Maßnahmen, wenn
diese Ziele nicht erreicht werden und dann wieder die Überprüfung, ob die Ziele erreicht
wurden. Dabei ist eine Analyse von Prozessen und Abläufen erforderlich, die klar macht, wo
Verbesserungsmaßnahmen        greifen   sollen.   Insgesamt     ist   Qualitätssicherung     ein

17
    Das Handbuch wird ab September 2007 kostenlos unter folgender Adresse abrufbar sein
http://www.bologna-and-music.org/interneqa.
18
   ENQA steht für “European Association for Quality Assurance in Higher Education”.

                                                                                             14
strategisches Instrument, das jedem in der Institution zugute kommen kann. Dies aber nur,
wenn es allen dementsprechend zugänglich und in der Folge auch nutzbar gemacht wird.
Jedenfalls ist dies eine Herausforderung für jede Institution19.

Zur Qualitätssicherung auf europäischer Ebene ist noch zu sagen, dass die Minister in
London die E4 Gruppe (EUA20, ENQA; EURASHE21 und ESIB22) beauftragt haben, ein
europäisches Register für Qualitätssicherungsagenturen in der Höheren Bildung nach dem in
London vorgestellten Konzept weiterzuentwickeln.

6: Förderung der europäischen Dimension in der höheren Bildung
Die europäische Dimension wird in der höheren Bildung auf verschiedene Weise gefördert.
Austauschprogramme sind zum Beispiel zu nennen. Vor allem aber fallen hier
länderübergreifende Kooperationen von Universitäten hinein, wie die „Joint Master“
Programme. In Österreich hat der Gesetzgeber für Doppeldiplom Programme im UG
Regelungen getroffen, die es Universitäten ermöglichen, Studien mit anderen in- oder
ausländischen postsekundären Bildungseinrichtungen einzurichten.

Für außereuropäische Studienmobilität sieht das Erasmus Mundus Programm der
europäischen Kommission Förderungen vor. Außereuropäische Studierende und Lehrende
können auf diesem Weg verschiedene europäische Universitäten kennenlernen.

7: Lebenslanges Lernen
Lebenslanges Lernen ist eines der erst später formulierten Ziele des Bologna Prozesses.
2001 wurde dieses Ziel in Prag beschlossen und meint, dass Lernen über Regelstudien
hinaus ein Leben lang andauern soll. Im europäischen Qualifikationsrahmen23 für
lebenslanges Lernen wird darauf auch Rücksicht genommen. Alle eventuell berufsrelevanten
Qualifikationen sollen anerkennbar (und klassifizierbar) werden, indem sie in ein 8 - stufiges
Kompetenzprofil, das sich auf Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen im weiteren Sinne
bezieht, eingeordnet werden.

     EQF in Kurzform
     EQF (European Qualifikation Framework) ist ein europäischer Rahmen, der die
     Zuordnung von Bildungsabschlüssen zu europäischen Niveaustufen ermöglichen soll.
     Der Vorschlag für einen EQF sieht vor:
         acht Niveaustufen, die sowohl die berufliche wie auch die Hochschulbildung
          umfassen

19
     Beispiele für externe Evaluierungsbesuche an Musikuniversitäten finden sich unter
http://www.bologna-and-music.org/akkreditierung.
20
   European University Association, siehe http://www.eua.be/
21
   Association of Institutions in Higher Education, siehe http://www.eurashe.eu/
22
   Mittlerweile European Student Union (ESU) genannt, siehe http://www.esib.org/
23
   Siehe auch http://ec.europa.eu/education/policies/2010/consultations_en.html (27. August 2007).

                                                                                               15
    Orientierung an den Lernergebnissen
        Beschreibung der Lernergebnisse anhand der Begrifflichkeiten Kenntnisse,
         Fertigkeiten und Kompetenzen
        Einbeziehung informell erworbener Kompetenzen
    Der EQF soll zu einer erhöhten Transparenz von Qualifikationen in Europa beitragen und
    die Durchlässigkeit zwischen und innerhalb der Bildungssysteme verbessern.
          Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) http://www.bibb.de/de/21696.htm (3. September 2007)

Das neue Mobilitätsprogramm der EU, das Programm für Lebenslanges Lernen, nimmt
ebenfalls darauf Bezug. In den einzelnen Institutionen wird von Seiten der Minister zu
diesem Punkt allerdings noch Nachholbedarf gesehen, speziell was die Anerkennung von
außeruniversitär erworbenen Kompetenzen betrifft.

Das UG kennt in § 78 Abs. 3 und 4 UG zwar auch die Anerkennung von wissenschaftlichen
und künstlerischen Tätigkeiten als Prüfungen. Dies ist jedoch ein relativ eingeschränktes
Mittel, wenn es um die Anerkennung von Kompetenzen geht. Andererseits ist es auch
Aufgabe der Universitäten, die Kompetenzen, die durch ein Studium erworben werden,
deutlicher zu machen. Die Formulierung von Lernergebnissen wäre dazu ein adäquates
Mittel.

8: Beteiligung von Hochschuleinrichtungen und Studierenden
Die Beteiligung von jenen, die vom Bologna Prozess eigentlich betroffen sind, nämlich
Hochschuleinrichtungen und Studierende, hat auch erst 2001 in Prag Eingang in den
Prozess gefunden. Mittlerweile ist diese Beteiligung durch das Einbeziehen der EUA, der
EURASHE und der ESU, ehemals ESIB, gewährleistet. Vertreter aller dreier Verbände sind
in der BFUG vertreten und bereiten so die jeweils nächste Ministerkonferenz mit Materialien
und Stellungnahmen vor. Studierenden wird auch die Notwendigkeit von angemessenen
Studien- und Lebensbedingungen zuerkannt; vor allem aber der gleiche Zugang zu Studien
ist den Ministern ein Anliegen.

9: Förderung der Attraktivität des europäischen Hochschulraums
Ähnlich wie die Förderung der europäischen Dimension in der Hochschulbildung ist auch die
Förderung der Attraktivität des europäischen Hochschulraums ein Bologna Ziel, hinter dem
steht, dass Europa im Vergleich mit dem Rest der Welt ein attraktives und konkurrenzfähiges
System der höheren Bildung anbieten soll. Mittlerweile haben sich verschiedene andere
Regionen der Welt mit dem Bologna Prozess auseinandergesetzt, zum Beispiel Australien,
Südamerika und China. Dies ist unter anderem auch durch das bereits erwähnte Erasmus
Mundus Programm ermöglicht worden.

                                                                                                            16
10: Doktoratsstudien und Etablierung eines europäischen Hochschul- und
Forschungsraumes
Doktoratsstudien stehen an der Grenze zwischen Studium und Forscherberuf. Die
Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit des europäischen Hochschulraums ist eng mit dem des
Forschungsraums verknüpft. Da dieser Bereich als ureigenste Domäne der Universitäten
gesehen wird, hat er auch für diese besondere Bedeutung.

Speziell für Musikuniversitäten ist der Punkt Forschung ein brisantes Thema. Einerseits ist
die Forschung an manchen dieser Institutionen als aus der Musikwissenschaft gespeiste
wissenschaftliche Forschung bereits etabliert, andererseits wird manchen Institutionen der
höheren Bildung in der Musik in Europa noch immer das Recht abgesprochen, überhaupt
einen 3. Studienzyklus anzubieten. Auch das Thema der künstlerischen, auf Praxis
basierenden Forschung ist innerhalb des Sektors noch heiß umstritten. Die Entwicklungen
hier sind jung, wenn es auch bereits Institutionen mit längerer Erfahrung gibt (z.B. die
Sibelius Akademie in Helsinki). Die AEC hat mit Ihrer „Anleitung zu Doktoratsstudien in der
Musik“24 einen ersten Schritt in die Richtung einer neuen diesbezüglichen Philosophie
gemacht.

In Österreich sind Musikuniversitäten schon länger in der Lage, Doktoratsstudien anzubieten
und den anderen Universitäten seit In-Kraft-Treten des UG darin völlig gleichgestellt.
Dennoch steht auch hier die Debatte um das Doktorat bevor, wenn zum Beispiel die
Musikuniversität in Graz an der Entwicklung eines praxisorientierten musikalischen Doktorats
arbeitet.

24
     Ab Herbst 2007 verfügbar auf http://www.polifonia-tn.org.

                                                                                         17
Abschließende Bemerkungen
Der Bologna Prozess soll 2010 abgeschlossen sein. Die Entwicklungen, die er in Gang
gesetzt hat, werden jedoch noch einige Jahre länger brauchen, um sich völlig
durchzusetzen. Daher haben auch die Minister in London die BFUG dazu aufgefordert bis
zum nächsten Treffen 2009, ihre Vorschläge und Überlegungen zur Zeit nach 2010
anzustellen.

Was die Zukunft bringen wird, wird sich weisen. Jedenfalls wird es in Österreich bestimmt
noch einige Zeit dauern, bis sich Bachelor und Master als akademische Grade auch als
Wirtschaftsfaktoren durchsetzen. Für den Bereich der Musik ist seit jeher die akademische
Qualifikation   nur   bedingt   wichtig,   allerdings   gewinnen   breite   Qualifikationen   und
lebenslanges Lernen immer mehr an Bedeutung, gerade wenn flexible Portfolio-Karrieren
und Unternehmertum für Musiker zukunftsweisende Berufsbilder sind.

Im Sinne des Bologna Prozesses wäre es wichtig, dass sich die österreichischen
Universitäten mehr zu diesen Entwicklungen bekennen, sie in die Hand nehmen und
gemeinsam die Herausforderung annehmen, eine zukunftsträchtige universitäre Landschaft
zu schaffen. Das Gesetz gibt nur den Rahmen vor, die Universitäten müssen selbst
gestalten. Und wer, wenn nicht diese Institutionen haben wohl die fähigsten Köpfe dazu
unter ihrem Dach vereint?

                                                                                              18
Anhang

Staaten, die dem Bologna Prozess beigetreten sind - mit dem Jahr der Unterzeichnung
Albanien                           2003
Andorra                            2003
Armenien                           2005
Azerbaijan                         2005
Belgien (fl)                       1999
Belgien (fr)                       1999
Bosnien und Herzegowina            2003
Bulgarien                          1999
Dänemark                           1999
Deutschland                        1999
Estland                            1999
Finnland                           1999
Frankreich                         1999
Georgien                           2005
Griechenland                       1999
Irland                             1999
Island                             1999
Italien                            1999
Kroatien                           2001
Lettland                           1999
Liechtenstein                      1999
Litauen                            1999
Luxemburg                          1999
Malta                              1999
Mazedonien (FYROM)                 2003
Moldau/Moldawien                   2005
Montenegro                         2005 (2006 Auflösung der Staatenunion mit Serbien)
Niederlande                        1999
Norwegen                           1999
Österreich                         1999
Polen                              1999
Portugal                           1999
Rumänien                           1999
Russland                           2003
Schweden                           1999
Schweiz                            1999
Serbien (und Montenegro)           2003 (2006 Auflösung der Staatenunion mit Montenegro)
Slowakei                           1999
Slowenien                          1999
Spanien                            1999
Tschechien                         1999
Türkei                             2001
Ukraine                            2005
Ungarn                             1999
Vatikan                            2003
Vereinigtes Königreich             1999
Zypern                             2001
Quelle: Deutsche Hochschulrektorenkonferenz http://www.hrk-bologna.de/, Stand August 2007

                                                                                            19
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