Das chemische Gleichgewicht - Fachdidaktik Chemie ETH

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Das chemische Gleichgewicht - Fachdidaktik Chemie ETH
Fachdidaktik Chemie ETH                                            Chemisches Gleichgewicht S. 1

Das chemische Gleichgewicht
Vorwort
Hier werden einige Bausteine und nicht der ganze Unterricht vorgestellt. Wenn Sie das Thema
unterrichten, müssen sie die Bausteine anpassen und mit wichtigen Informationen ergänzen. Dafür
empfehle ich das Buch „Elemente“, in dem das chemische Gleichgewicht aufbauend erklärt und in
allen wesentlichen Aspekten beschrieben wird.

Fehlvorstellungen
"Das chemische Gleichgewicht ist ein schwieriges Konzept. Forschungen zeigen, dass viele
Schülerinnen und Schüler damit von Beginn weg grosse Mühe bekunden. Eine Studie aus der
Türkei bestätigt diesen Befund erneut – und zwar bei angehenden Chemielehrern.

Einige Beispiele aus der Studie
Hier sind einige Fehlvorstellungen der befragten, angehenden türkischen Chemielehrpersonen
aufgelistet. Die genannten Fehlvorstellungen wurden nicht so formuliert, sondern ersichtlich aus
den Antworten auf konkrete, fallbezogene Beispiele. Sie decken sich mit Erkenntnissen aus
anderen Studien.
• 45 Prozent glaubten, dass im chemischen Gleichgewicht keine Reaktionen mehr stattfinden.
• 32 Prozent der Befragten glaubten, die Hinreaktion müsse zuerst abgeschlossen sein, bevor die
  Rückreaktion starten kann.
• 23 Prozent glaubten, das chemische Gleichgewicht sei dann erreicht, wenn Edukt und Produkt
  dieselbe Konzentration erreicht haben.
• 17 Prozent glaubten, ein Katalysator beschleunige nur die Hinreaktion.
• 13 Prozent glaubten, das Prinzip von Le Chatelier sei schon anwendbar, bevor das chemische
  Gleichgewicht erreicht ist.

Der Autor muntert Lehrpersonen auf, sich in der Literatur über bekannte Fehlkonzepte zu
informieren (in der Forschung alternative concepts, misconceptions, alternative framworks,
conceptual frameworks oder auch spontaneaus knowledge genannt), bevor ein Thema im
Unterricht eingeführt wird. Texte, welche solche Fehlkonzepte ganz direkt ansprechen, könnten
beispielsweise dann für Schülerinnen und Schüler eine Hilfe sein, schreibt Özmen."
(https://ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/dual/educeth-dam/documents/forschung-und-
literatur/didaktik-newsticker-archiv/falsch-verstandenes-gleichgewicht.pdf
Haluk Özmen: Determination of student's conception about chemical equlibrium: a review of
research and the case of Turkey Chemistry Education Research and Practice. 2008, 9, 225 - 233)
Aus http://www.educ.ethz.ch/forschung-und-literatur/didaktik-newsticker.html)

Amadeus Bärtsch                                                                      11. März 2022
Das chemische Gleichgewicht - Fachdidaktik Chemie ETH
Fachdidaktik Chemie ETH                                             Chemisches Gleichgewicht S. 2

Viele Reaktionen sind umkehrbar
Ich würde den Schülerinnen am Anfang erklären, dass wir zuerst ein Konzept kennen lernen und
erst nachher sehen werden, wie wichtig es ist und wo es Anwendung findet.

Kohlendioxid und Kohlensäure
Kohlendioxid reagiert mit Wasser zu Kohlensäure:        CO2(g) + H2O(l)         H2CO3(aq)
Dabei handelt es sich um eine umkehrbare Reaktion: Wenn man Kohlendioxid in eine Flasche mit
Wasser presst, entsteht Kohlensäure. Wenn ein Glas Wasser mit Kohlensäure herumsteht, enthält
es bald keine Kohlensäure mehr, weil bei der Rückreaktion Kohlensäure zu Kohlendioxid und
Wasser wird und Kohlendioxid entweicht.
In einer geschlossenen Flasche gibt es immer beides, Kohlendioxid und Kohlensäure. Dabei hat
sich gezeigt, dass es ständig CO2-Moleküle gibt, die zu H2CO3 werden und H2CO3-Moleküle, die
sich in CO2 und Wasser verwandeln.

 Anfangszustand:        Nach einiger Zeit      Die Flasche wird kurz      Die Flasche wird verschlos-
 Kohlendioxid wird      ändert sich das        geöffnet. Das Zischen      sen. Wenn man wartet nimmt
 in eine                Verhältnis von CO2     verrät das CO2. Ein        der Druck nicht mehr zu und
 Wasserflasche          und H2CO3 nicht        Teil des CO2 ent-          auch die Konzentration von
 gegeben                mehr.                  weicht. Folge: Kohlen-     Kohlensäure ändert sich
                                               säure wird zu CO2.         nicht mehr.

Je mehr CO2-Moleküle in der Gasphase umherfliegen, desto mehr kommen mit Wasser in Kontakt
und werden zu Kohlensäure. Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt von der Konzentration ab:
vhin = khin · [CO2] · [H2O]
Auch die Geschwindigkeit der Rückreaktion hängt von der Konzentration ab. Je mehr Kohlensäure
vorhanden sind, desto mehr Moleküle werden zerfallen und CO2 bilden: vrück = krück · [H2CO3]
Das Verhältnis von CO2 und Kohlensäure ändert sich nicht mehr, wenn die beiden
Geschwindigkeiten gleich gross sind. Man sagt, dass ein chemisches Gleichgewicht erreicht ist.
vhin = vrück

               khin · [CO2] · [H2O] = krück · [H2CO3]

                          khin   [H2CO3]
                     K = ——– = ——————
                         krück [CO2] · [H2O]
Die Geschwindigkeitskonstanten khin und krück müssen gemessen werden. Da khin und krück für die
Reaktion von CO2 und Wasser bestimmte Werte sind, ergibt sich im Gleichgewicht immer dasselbe
Verhältnis der Konzentrationen.

Amadeus Bärtsch                                                                       11. März 2022
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Die Vorgänge auf Teilchenebene

  Bild 1: Start            Bild 2                 Bild 3                  Bild 4
Aufgabe: Vergleichen Sie Bild 2 mit Bild 4.

In dynamischen Gleichgewichten läuft ständig etwas und trotzdem ändert sich nichts.
Bsp. aus dem Alltag
1. Ein Bankkonto ist im dynamischen Gleichgewicht, wenn ...
2. Die Bevölkerung eines Landes hat ein Gleichgewicht erreicht, wenn ...
3. Mein Körpergewicht befindet sich im Gleichgewicht, wenn ...

Weshalb diskutieren wir das Gleichgewicht?
Viele Schülerinnen und Schüler können das Gesagte zwar nachvollziehen, sehen aber nicht ein,
wohin diese Überlegungen führen. Was nützt es, wenn sich in chemischen Reaktionen ein
Konzentrations-Verhältnis ergibt, dessen Grösse man nicht kennt?
Wie in der Grundlagenforschung brauchen wir etwas Geduld. Zuerst müssen wir das Phänomen
verstehen, bis sich wichtige Anwendungen ergeben.

Modellvorstellung
Der Holzapfelkrieg.          Holzäpfel sind kleine, ungeniessbare Äpfel
Bild 1:

Bild 2:

Amadeus Bärtsch                                                                    11. März 2022
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Bild 3:

Bild 4:

Bild 5:

Fragen
1.   Wie geht die Geschichte weiter? Überlegen Sie wie Bild 5 aussehen wird.
2.   Warum kann der Junge seinen Garten nie ganz leeren?
3.   Warum ist die Zahl der Äpfel in den Gärten verschieden?
4.   Was hat die Geschichte mit dem chemischen Gleichgewicht zu tun?

Auswertung
Am Ende stellt sich ein
dynamisches Gleichgewicht
ein: Der Junge und der Mann
werfen in derselben Zeit die
gleiche Zahl Äpfel. Wie ist
das möglich?
Die Kondition von Junge kJ
und Mann kM wie auch die
Konzentrationen [Ä]J und
[Ä]M können in die Bilder
eingetragen und die rechts
stehende Skizze entworfen
werden. Die Grösse der
Symbole deutet an, wie
gross die Werte sind.

Amadeus Bärtsch                                                                   11. März 2022
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Wasserstand
Wasser wird mit unterschiedlich dicken Glasrohren zwischen den beiden Messzylindern
ausgetauscht. Das Modell zeigt, wie sich ein Gleichgewicht einstellt.
https://www.youtube.com/watch?v=rSn_20yJkSQ

                                                           Würden Sie dieses Modellexperiment vorzeigen
                                                           oder in Gruppen von den SuS durchführen lassen?

                                                           Werden Sie dieses Modellexperiment im Unterricht
                                                           einsetzen?

(W. Asselborn et al. (Hrsg.), Chemie heute SII,
Schroedel, Braunschweig, S.99, 2009)

Tauschhandel
Anleitung: Die SuS arbeiten zu zweit. Ein Mann und ein Junge tauschen Bohnen. Bei jedem Zug
zählen sie den festgelegten Bruchteil ihres Besitzes ab. Manchmal muss auf- oder abgerundet
werden. Dann übergeben sie die Bohnen gleichzeitig dem Gegenüber, zählen ihren aktuellen
Besitz und protokollieren ihn in der Tabelle. Das Spiel ist beendet, wenn sich der Besitz trotz der
Tauschaktion nicht mehr ändert.
Bemerkung: An Stelle von Bohnensamen können andere billige Objekte verwendet werden:
Kichererbsen, Muttern, Zündhölzer. Sie fallen weniger zu Boden, wenn sie nicht rund sind.

Spiel 1                Spiel 2                Spiel 3                    Spiel 4
 Junge      Mann        Junge      Mann       Junge           Mann        Junge     Mann
   1         1            1         1             1             1          1         1
       /3        /5           /3        /5            /3            /7         /3        /7   Tauschrate

   20        20           40         0            20            20         40        0        Anfangszustand
   17        23           27        13            16            24         27        13
   16        24           21        19            14            26         20        20
   16        24           18        22            13            27         16        24
                          16        24            13            27         14        26
                                                                           13        27

Welche neuen Erkenntnisse können gewonnen werden?

Amadeus Bärtsch                                                                               11. März 2022
Das chemische Gleichgewicht - Fachdidaktik Chemie ETH
Fachdidaktik Chemie ETH                                             Chemisches Gleichgewicht S. 6

Das Massenwirkungsgesetz
Die Reaktion von Wasserstoff H2 und Iod I2 wurde besonders gut untersucht. Werden die beiden
Substanzen gemischt und erhitzt, so reagieren sie nicht vollständig zu Iodwasserstoff HI. Ein Teil
der Edukte bleibt übrig, weil sich ein dynamisches Gleichgewicht einstellt, wie es in der Abbildung
von Dickerson und Geis zu sehen ist (R. E. Dickerson & I. Geis, Chemie - eine lebendige und
anschauliche Einführung, Verlag Chemie, Weinheim, S. 328, 1981):

In einem Gefäss von 10 Litern werden Iod und Wasserstoff bei Raumtemperatur gemischt:

Damit die Substanzen miteinander reagieren, wird die Mischung auf 450 °C erhitzt. Nach einigen
Stunden stellt sich ein Gleichgewicht ein. Die Zusammensetzung ändert sich jetzt nicht mehr. Eine
Messung ergibt, dass 0,22 mol H2, 0,22 mol I2 und 1,56 mol HI vorliegen.

In der Reaktionsgleichung ist die Analogie mit dem Holzapfelkrieg besser zu erkennen als in der
Abbildung mit den Gasmolekülen.
     H2 + I2           2 HI
Links stehen die Edukte, die den Äpfeln auf der Seite des Alten entsprechen. Rechts findet man
die Produkte, die Äpfel im Garten des Jungen.
Die Reaktionsgeschwindigkeiten hängen von den Konzentrationen ab:
Für die Hinreaktion ist vhin = khin · [H2] · [I2]
Für die Rückreaktion ist vrück = krück · [HI]2
Ein Gleichgewicht stellt sich ein, wenn die Hin- und Rückreaktion gleich schnell sind:
                            vhin = vrück
               khin · [H2] · [I2] = krück · [HI]2

                     khin    [HI]2
                 K = ——– = ————–
                     krück [H2] · [I2]

Amadeus Bärtsch                                                                          11. März 2022
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Die Gesetzmässigkeit des konstanten Konzentrationsverhältnisses von Produkten und Edukten in
einem Gleichgewicht wurde 1867 von den Norwegern Guldberg und Waage entdeckt und als
Massenwirkungsgesetz bezeichnet, weil Konzentrationen damals noch als wirksame Massen
bezeichnet wurden.
Es bietet sich an, die Gleichgewichtskonstante auszurechnen. Das Gleichgewicht liegt rechts.
Erklären Sie was mit dieser Sprechweise gemeint ist.
Animation der Reaktion: https://sites.google.com/site/ctinteractives/thermodynamics
An dieser Stelle sollten die Schüler einige Aufgaben lösen, damit sie andere Reaktionen kennen
lernen und sich aktiv mit dem Konzept des dynamischen Gleichgewichts auseinandersetzen.
Auf Partialdruck und Kp gehe ich im Unterricht nicht ein.

Übung zum Massenwirkungsgesetz
Input: Schwefeldioxid reagiert mit Sauerstoff zu Schwefeltrioxid. K = 37 bei 827 °C.

Aufgaben
1. Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen und die Massenwirkungsgesetze folgender
      Reaktionen:
   a) Wasserstoff, Sauerstoff und Wasser stehen miteinander im Gleichgewicht. K = 1081
   b) Methanol CH3OH reagiert beim Erhitzen zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Bei einer
      Temperatur von 225 °C ist K = 0,1
   c) Kohlenmonoxid und Wasserstoff reagieren beim Erwärmen zu Methanol
      Wie gross ist die Gleichgewichtskonstante?
2. In welchen Reaktionen der Aufgabe 1 entsteht viel Produkt?
3. Wo liegen die Gleichgewichte in den obenstehenden Beispielen?

Amadeus Bärtsch                                                                        11. März 2022
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Fachdidaktik Chemie ETH                                          Chemisches Gleichgewicht S. 8

Experimente
Eisen(III)- und Rhodanid-Ionen reagieren miteinander
   Fe3+(aq) + 3 SCN-(aq)         Fe(SCN)3(aq)
   Die Edukte sind farblos, das Fe(SCN)3 rostrot.
   (Reaktionsgleichung gemäss M. Stieger, Elemente, Klett und Balmer, Zug, S. 212 (2018).
   Die Anleitung finden Sie in der Versuchssammlung der Kantonsschule Freudenberg auf
   http://fdchemie.pbworks.com/w/page/47971610/Experimentierkurs)

Empfehlung: Reaktionsgleichung vereinfachen
       Fe3+(aq) + SCN-(aq)         FeSCN2+(aq)

Welche zentralen Erkenntnisse können mit diesem Experiment demonstriert werden?

Veresterung mit Wasserabscheider
   (siehe Arbeitsblatt von Renato Galli, Praktikumslehrer an der Kantonsschule Zürcher Oberland
   in Wetzikon, am Ende dieses Dossiers oder auf der Plattform
   http://fdchemie.pbworks.com/w/page/52263492/Chemisches Gleichgewicht)
   CH3COOH + CH3(CH2)4OH              CH3COO(CH2)4CH3 + H2O
Erkenntnis: In diesem Experiment sehen wir, dass sich die Auseinandersetzung mit dem
   Gleichgewicht gelohnt hat: Edukte können vollständig umgesetzt werden

Amadeus Bärtsch                                                                   11. März 2022
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Fachdidaktik Chemie ETH                                                         Chemisches Gleichgewicht S. 9

Das Prinzip von Le Chatelier
Henry Louis Le Chatelier (1888)
"Das Prinzip des kleinsten Zwangs" fasst alle Beobachtungen zusammen:
Werden Temperatur, Druck oder Konzentration verändert, verschiebt sich ein chemisches
Gleichgewicht so, dass die Änderung abgeschwächt wird.

(formuliert nach Klemens Koch, Fachdidaktik Chemie, Universität Bern)
oder:
Übt man auf ein im Gleichgewicht befindliches System einen Zwang aus, verschiebt sich das
Gleichgewicht so, dass die Folgen des Zwanges vermindert werden.

(Markus Stieger, Elemente, Grundlagen der Chemie für Schweizer Maturitätsschulen, Klett und
Balmer, Zug, S. 215, 2018)
Bemerkung: Das Wort "verschieben" ist gefährlich und muss gut erklärt werden

Vorgehen
Das Prinzip von Le Chatelier ist eine wichtige und sinnvolle Merkhilfe. Es ist aber kein Gesetz, weil
die Verschiebung des Gleichgewichts nicht mit physikalisch-chemischen Argumenten begründet
wird. Weil die Schülerinnen den Einfluss einer Konzentrationsänderung auf das Gleichgewicht
bereits kennen, kann jetzt gezeigt werden, dass das Prinzip von Le Chatelier plausibel ist, weil es
zu demselben Resultat führt. Anschliessend kann der Einfluss von Temperatur- und
Druckänderungen auf Gleichgewichte auf der Basis von Le Chatelier diskutiert werden.

Wenn die Konzentration ändert
Die Häufigkeit der Zusammenstösse erklärt, wie Konzentrationsänderungen chemische
Gleichgewichte beeinflussen. Das Prinzip des kleinsten Zwangs kommt zum selben Ergebnis. Es
beschreibt den Einfluss folgendermassen:

(M. Stieger, Elemente, Grundlagen der Chemie für Schweizer Maturitätsschulen, Klett und Balmer, Zug, S. 212, 2018 bzw.
T. Bitter et al (Redaktion), elemente chemie 2, Ernst Klett Verlag, Stuttgart, S. 148 (2010) ISBN: 978-3-12-756830-1)

Die Beobachtungen können mit dem Holzapfelkrieg gedeutet werden.
1. Ein Gärtner leert eine Schubkarre voll Äpfel in den Garten des Jungen. Welche Folgen haben
   diese Äpfel auf den Ausgang des Holzapfelkriegs?
2. Im Garten des Jungen taucht ein Schwein auf, das die Äpfel frisst. Welche Folgen hat ein
   fressendes Schwein im Garten des Jungen auf den Verlauf des Holzapfelkriegs?

Amadeus Bärtsch                                                                                       11. März 2022
Das chemische Gleichgewicht - Fachdidaktik Chemie ETH
Fachdidaktik Chemie ETH                                           Chemisches Gleichgewicht S. 10

Wenn der Druck ändert
Weshalb entsteht Druck?
  Klassengespräch: Mit den mittleren beiden Situationen beginnen, den Druck vergleichen und
  diskutieren, wie der Druck entsteht.

Erkenntnisse
• Moleküle bewegen sich und prallen auf das Gefäss: Kraft pro Fläche = Druck.
• Der Druck steigt mit Temperatur und Teilchenzahl

1. Bsp. C4H10(g)                C4H10(l)
      Es stellt sich ein Gleichgewicht ein. Was geschieht, wenn der Druck erhöht wird?
      Experiment: Butan

   Eine Gasverflüssigungspumpe ist bei phywe.de als Artikel 08173-00 zum Preis von ungefähr
   Fr. 400 erhältlich. Bezug bei http://www.pro-lehrsysteme.ch. Campinggas enthält Propan und
   Butan und eignet sich für diesen Versuch nicht.
   Demonstration: https://www.youtube.com/watch?v=HN9eh2xKsf0

Amadeus Bärtsch                                                                    11. März 2022
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2. Bsp. Wie wirkt sich eine Druckerhöhung auf folgendes Gleichgewicht aus?
           C(s) + CO2(g)             2 CO(g)
      Ausgangspunkt ist ein eingestelltes Gleichgewicht. Dann wird der Druck erhöht. Die Gase
      bleiben gasförmig und es stellt sich ein neues Gleichgewicht ein. Wie ändern sich die
      Stoffmengen?

3. Bsp. Kohlenmonoxid und Wasserstoff reagieren zu Methanol CH3OH. Bei 300 °C stellt sich ein
      Gleichgewicht ein. Alle Substanzen sind und bleiben gasförmig.
      Wie wirkt sich eine Druckerhöhung auf das Gleichgewicht aus?

4. Bsp. Wie wirkt sich eine Druckerhöhung auf das Gleichgewicht aus?
       AgCl (s)          Ag+(aq) + Cl-(aq)        AgCl ist schwer löslich.

Erkenntnisse:
• Wenn der Druck erhöht wird, verschiebt sich ein Gleichgewicht so, dass die Erhöhung
  abgeschwächt wird: Im neuen Gleichgewicht gibt es weniger Moleküle im gasförmigen Zustand.
• Der Druck beeinflusst ein Gleichgewicht nur, wenn Gase vorkommen.

Amadeus Bärtsch                                                                   11. März 2022
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Experiment: Druckänderung bei N2O4             2 NO2
Der Einfluss des Drucks auf das Gleichgewicht ist schwierig zu beobachten:
https://www.youtube.com/watch?v=hpS-cXoXPeM & https://www.youtube.com/watch?v=9yQMXZL13og
Wenn der Druck erhöht wird, nimmt die NO2-Konzentration zu: Die braune Farbe wird viel
intensiver. Dass es anschliessend wieder heller wird, ist fast nicht zu sehen. Aber darauf käme es
an, denn erst jetzt spielt das Prinzip von Le Chatelier und das Gleichgewicht müsste nach links
zum farblosen N2O4 verschoben werden.
Wenn man es genau nimmt, werden zwei Parameter gleichzeitig verändert, weil die Temperatur
steigt, wenn die Mischung komprimiert wird. Die Erwärmung erzeugt mehr NO2, der höhere Druck
mehr N2O4. Die gegenläufigen Einflüsse führen zu einem schwachen Effekt.

Wenn die Temperatur ändert
Experiment:    N2O4        2 NO2
   N2O4 ist farblos, Stickstoffdioxid ist braun.
   Die Anleitung finden Sie in der Versuchssammlung der Kantonsschule Freudenberg unter
   http://fdchemie.pbworks.com/w/page/47971610/Experimentierkurs
   Demonstration: https://www.youtube.com/watch?v=Uv-2MnCRotI zeigt einen deutlichen Effekt.
   Die Druckerhöhung beim Erwärmen würde ich vernachlässigen.
   Eine Tabelle mit den Bindungsenergien steht am Ende des Dossiers
Animation dieser Reaktion: https://sites.google.com/site/ctinteractives/thermodynamics
Auswertung

                                                       Weil eine Bindung gebrochen wird ist
                                                       klar, dass die Bildung von NO2
                                                       endotherm ist.
                                                       Wenn Sie das grundsätzliche
                                                       Vorgehen in einem Input zeigen
                                                       wollen, lohnt es sich – wie links
                                                       gezeigt – alle Bindungen aufzuführen
                                                       und die vollständige Rechnung
                                                       vorzunehmen.

Amadeus Bärtsch                                                                      11. März 2022
Fachdidaktik Chemie ETH                                            Chemisches Gleichgewicht S. 13

Ammoniak aus den Elementen herstellen
Ammoniak ist wichtig
Aus Ammoniak werden beispielsweise Dünger, Sprengstoffe und Kunststoffe gewonnen:

Wie kann möglichst schnell viel Ammoniak hergestellt werden?
Es lohnt sich, diese Frage als Aufgabe und Zusammenfassung des ganzen Kapitels zu stellen.
Auftrag: Erklären Sie mit dem Prinzip von Le Chatelier, welche Temperatur und welcher Druck
   optimal für die Synthese von Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff sind?
   Die Reaktionswärme kann mit Hilfe der Bindungsenergien bestimmt werden. Eine Tabelle mit
   den Bindungsenergien finden Sie auf der nächsten Seite.

Mit der Animation von https://sites.google.com/site/ctinteractives/thermodynamics kann der Ein-
fluss von Temperatur und Druck auf das Gleichgewicht demonstriert oder untersucht werden.
Katalyse der Ammoniaksynthese & Dünger: Erklärfilm https://www.youtube.com/watch?v=1LFXYQej8_c

Geschichte
Fritz Haber (1868 - 1934). Hervorragender Film: Im Frieden für die Menschheit, im Krieg fürs
Vaterland (FWU, Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, Grünwald, 1998). Der
Film zeigt, dass eine Reaktionsgleichung den Krieg und die Landwirtschaft beeinflusst hat.

Amadeus Bärtsch                                                                     11. März 2022
Fachdidaktik Chemie ETH                                          Chemisches Gleichgewicht S. 14

Bindungsenergien (Durchschnittliche Werte in kJ/mol bei 25 °C)

     Br   Br       193            Cl   Cl       242              N    C        305
     Br   C        285            Cl   H        431              N    C        891
     Br   H        366                                           N    H        391
                                   F   C        489              N    N        163
     C    Br       285             F   F        159              N    N        418
     C    C        348             F   H        567              N    N        945
     C    C        614                                           N    O        201
     C    C        839            H    Br       366              N    O        607
     C    Cl       339             H   C        413
     C    F        489            H    Cl       431              O    C        358
     C    H        413             H   F        567         O     C in CO2     803
     C    N        305             H   H        436              O    C        707
     C    N        891             H    I       298              O    H        463
     C    O        358             H   N        391              O    N        201
 C    O in CO2     803            H    O        463              O    N        607
     C    O        707                                           O    O        146
                                   I   H        298              O    O        498
     Cl   C        339             I   I        151

Amadeus Bärtsch                                                                  11. März 2022
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