Das Wissenschafts-Magazin der U Bremen Research Alliance
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1 Ausgabe 05 Januar 2022 Das Wissenschafts-Magazin der U Bremen Research Alliance 04 Windkraftanlagen länger nutzen 08 Langzeitbeobachtung und Forschung am Ozeanboden 12 Aufklärer der Klima krise: Bremen im Weltklimarat
U Bremen Editorial 3 Research Alliance Ein Netzwerk aus dreizehn Liebe Leserinnen und Leser, Forschungseinr ichtungen der Klimawandel ist weltweit eines der werden Proben entnommen. Welche Rückschlüsse drängendsten Probleme unserer Zeit. Vor diesem die Wissenschaftler:innen hieraus ziehen können, Hintergrund ist es Aufgabe des Weltklimarates, lesen Sie ab Seite 8 im Beitrag „Langzeitbeobachtung den Stand der Forschung zum Klimawandel zu- und Forschung am Ozeanboden“. sammenzufassen und zu bewerten, um der Politik eine wissenschaftsbasierte Grundlage für ihre Ent- Ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen den Kli- scheidungen zu liefern. In Sachstandsberichten mawandel ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Von der Tiefsee tragen drei Arbeitsgruppen regelmäßig das globale Die Windkraft spielt dabei eine zentrale Rolle. Rund Klima-Wissen zusammen. Im Februar ist es wieder 30.000 Windkraftanlagen erzeugen derzeit in der so weit. Dann legt die Arbeitsgruppe II ihren Teil- Bundesrepublik grünen Strom und tragen zum Er- bis ins Weltall bericht vor. Der Ko-Vorsitzende des einflussreichen Gremiums – und erst der zweite deutsche Wissenschaftler in dieser Position – kommt aus reichen der Klimaziele bei. Wie können Lebensdauer und Sicherheit von Windkraftanlagen erhöht und gleichzeitig die Wartungs- und Stromerzeugungs- der U Bremen Research Alliance: Professor Dr. kosten sowie der CO₂-Ausstoß gesenkt werden? Hans-Otto Pörtner, Kooperationsprofessor vom Ein Bauteil, das viel auszuhalten hat, haben die Meeres-, Polar- und Alfred-Wegener-Institut und der Universität Bremen. Mehr zum bremischen Beitrag zur Arbeit Wissenschaftler:innen dabei besonderes im Visier: das Rotorblattlager (S. 4). Klimaforschung des Weltklimarats erfahren Sie ab Seite 12. In der U Bremen Research Alliance kooperieren die Der Ozeanboden ist Archiv für Umwelt- und Universität Bremen und zwölf Institute der bund- Materialwissenschaften Klimaveränderungen, einzigartiger Lebensraum länderfinanzierten außeruniversitären Forschung. und ihre Technologien und bedrohtes Ökosystem in einem. Wie sich Die Zusammenarbeit erstreckt sich über vier der Klimawandel hier auswirkt, untersuchen Wissenschaftsschwerpunkte und somit „Von der Wissenschaftler:innen aus der U Bremen Research Tiefsee bis ins Weltall“. Wir freuen uns, dass wir Gesundheits- Alliance unter anderem beim Cap Blanc vor der Ihnen wieder spannende Einblicke in das Wirken der wissenschaften mauretanischen Küste. Mithilfe sogenannter Sink- stoff-Fallen, die teilweise in mehreren Tausend kooperativen Forschung in Bremen geben können. Metern Tiefe am Meeresgrund verankert sind, Viel Spaß bei der Lektüre! Minds, Media, Machines Prof. Dr.-Ing. Bernd Scholz-Reiter Prof. Dr. Iris Pigeot Rektor der Universität Bremen, Institutsdirektorin Leibniz-Institut für Vorsitzender U Bremen Research Alliance e. V. Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, stv. Vorsitzende U Bremen Research Alliance e. V.
4 Windkraftanlagen 30.000 5 länger nutzen Windkraftanlagen erzeugen derzeit in der Bundesrepublik erbaren Energien und Erreichen der Klimaziele eine grünen Strom. zentrale Rolle. Bis 2030 soll der Stromanteil aus re- generativen Quellen in Deutschland auf 65 Prozent steigen, ein Großteil davon wird per Windenergie er- zeugt werden. EU-weit soll die Hälfte des Stroms in Europa bis 2050 aus Windkraft gewonnen werden. Lebensdauer und Sicherheit rauf, Wartungs-und Stromer- zeugungskosten sowie CO 2-Ausstoß runter: Das ist das „Mit verschiedenen Hilfsmit- Ziel eines Forschungsvorhabens unter Beteiligung von 102 teln lässt sich nachverfolgen, Mitgliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance. was in dem Metall passiert, Forschende vom Leibniz-Institut für Werkstofforientierte wie die Prozesse ablaufen; Technologien - IWT und dem Fraunhofer-Institut für Kugeln pro Laufbahn enthält das zu sehen und zu erleben, Windenergiesysteme IWES haben ein Bauteil von ein Kugellager. ist einfach unglaublich!“ Windkraftanlagen im Visier, das viel auszuhalten hat: das Rotorblattlager. Sie habe eine natürliche Vorliebe für Stahl, sagt Brigitte Clausen. Was sie an dem Werkstoff so fas- Immer leistungsfähiger werden die Anlagen, nicht zu- ziniert? „Er hat variable Eigenschaften, ist sehr gut letzt durch größere Rotorblätter und Computersteu- formbar und recyclingfähig. Mit verschiedenen Hilfs- erung. „Bei älteren Anlagen wurden die Rotorblätter, mitteln lässt sich nachverfolgen, was in dem Metall einfach ausgedrückt, morgens und abends einmal zum passiert, wie die Prozesse ablaufen; das zu sehen Wind ausgerichtet und das war’s“, erläutert Dipl.-Ing. und zu erleben, ist einfach unglaublich!“ Und wenn Vera Friederici, die gemeinsam mit Dr.-Ing. Jens man als Wissenschaftlerin dann noch einen klei- Schumacher als wissenschaftliche Mitarbeiterin für nen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten das HBDV-Projekt am Leibniz-IWT arbeitet. „Neuere könne, „dann finde ich das richtig gut“. Anlagen versuchen, eine möglichst gleichmäßige Windlast herzustellen. Selbst den Windschatten, der Gesellschaftlichen Nutzen und wissenschaftliches bei jeder Drehung eines Flügels durch das Passieren Interesse – diese beiden Aspekte verbindet ein For- des Turms entsteht, gleichen sie durch eine mini- schungsvorhaben nahezu idealtypisch, an dem die male Korrektur der Flügelstellung im Bruchteil einer 54-jährige Leiterin der Abteilung Strukturmechanik Sekunde aus.“ am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Tech- Vera Friederici bringt einen Dehnungs- nologien – IWT maßgeblich beteiligt ist. Es trägt messstreifen an, der die Spannung auf den etwas sperrigen Titel „Auslegung hochbelaste- der Oberfläche erfasst. ter Drehverbindungen“, kurz: HBDV. Dabei geht es um Windkraftanlagen. Genauer: um die Verbindung zwischen Rotorblatt und Rotornabe, um die aus Stahl geformten Wälzlager, die die Blätter halten, die Drehbewegung zulassen und dabei enormen Kräften ausgesetzt sind. Wie lässt sich deren Lebensdauer vorhersagen und verlängern? Das ist die Frage. Rund 30.000 Windkraftanlagen erzeugen derzeit Wo enorme Kräfte in der Bundesrepublik grünen Strom. Es werden wirken: Der Lager- deutlich mehr werden, so viel ist sicher. Manche prüfstand bildet die Forschende prognostizieren eine Verdoppelung ihrer Bewegungen von Rotorblättern nach. Zahl. Die Windkraft spielt beim Ausbau der erneu-
6 7 „Abhängig von der Kraft, die wir aufwenden, wachsen Material eher zäh, was wiederum Auswirkungen auf Diese permanente Anpassung hat Auswirkungen die Risse“, erläutert Vera Friederici. „Wir messen, wie die Rissbildung hat. „Aufgrund des Zustandes des auf die Wälzlager, die aus speziell gehärtetem Ver- schnell und in welcher Richtung der Riss bei einer be- Werkstoffes und der Spannung sind wir jetzt in der gütungsstahl geformt sind. Die relativ kleinen Aus- stimmten Belastung wächst.“ Mit den Daten wird ein Lage vorherzusagen, in welche Richtung und mit wel- gleichsbewegungen bewirken ein Hin- und Herrollen Simulationsmodell gefüttert, mit dem das Werkstoff- cher Geschwindigkeit sich ein Riss entwickelt und ob der Kugeln auf einer sehr kleinen Fläche bei großer verhalten vorhergesagt werden kann. er kritisch ist. Das konnten wir vorher nicht“, erzählt Belastung. Dafür sind die Lager ursprünglich nicht sie. Die Gefährdung durch Materialermüdung und ausgelegt. Mit mehr als 100 Millionen Umdrehungen Risse lasse sich nun viel besser einschätzen, ebenso im Lauf einer durchschnittlichen Lebensdauer von 20 Schätzt den Werkstoff die Notwendigkeit von Wartungen. Jahren kalkulieren die Erbauer der Windkraftanlagen. Stahl: Prof. Dr.-Ing. Brigitte „Die Kooperation spielt eine Clausen, Leiterin der Abtei- 2,2 Meter im Durchmesser sind die Rotorblattlager, lung Strukturmechanik. ganz wichtige Rolle. Wir Im Frühjahr soll das Projekt abgeschlossen sein. Die Ergebnisse der Forschung fließen in eine Richtlinie ein, das entspricht in der Höhe etwa einer Wohnungstür. arbeiten Hand in Hand und die es den Windkraftunternehmen ermöglicht, die Ro- Ihre doppelreihigen Kugellager sind mit 102 Kugeln pro torblattlager genauer zu bewerten und sicherer zu ma- Laufbahn gefüllt, jede hat nahezu den Umfang eines ergänzen uns hervorragend." chen. In der Folge werden die Windkraftanlagen länger Tennisballs. Wie hält der Stahl den andauernden Belas- Modellcharakter hat HBDV auch deshalb, weil an Strom produzieren können, die Stromerzeugungskos- tungen durch die Bewegungen der Kugeln stand? Füh- dem Forschungsprojekt, das vom Bundesministeri- ten sinken und mit ihnen auch der CO2-Ausstoß. ren sie zur Ermüdung? Entstehen Risse? Und wenn ja: um für Wirtschaft und Energie mit 3,8 Millionen Euro Mehr als ein Dutzend Maschinen, die in unterschied- Wohin wachsen sie? Sind sie ungefährlich oder gefähr- gefördert wird, viele große Hersteller von Windanla- lichen Last- und Frequenzbereichen arbeiten, füllen Die Forschenden aus der U Bremen Research Alliance den sie das Lager – und mit ihm die Anlage? „An diesen gen beteiligt sind, trotz der Konkurrenz untereinan- die Halle. Ein komplettes Wälzlager haben Mitar- jedenfalls sind zufrieden mit den Resultaten ihrer Ar- Themen forschen wir“, sagt Brigitte Clausen. der. Schließlich verursachen Schäden an den Lagern beitende des Leibniz-IWT zerschnitten und daraus beit. „Dazu beigetragen zu haben, eine Schwachstelle lange Ausfallzeiten und hohe Kosten durch Stillstand Materialproben gefertigt. „Die Proben liefern uns zu eliminieren und damit auch Ressourcen zu schonen, und für die Reparatur, und zwar ganz unabhängig ganz viele Messdaten. Wir übertragen sie auf ein ist schon ein gutes Gefühl“, sagt Brigitte Clausen. vom Hersteller. komplettes Lager und können mit ihrer Hilfe eine Le- bensdauerprognose erstellen“, erklärt die 38-jährige, www.iwt-bremen.de Neben dem Leibniz-IWT sind fünf weitere For- die über einen Teilbereich des Projektes auch promo- www.iwes.fraunhofer.de schungsinstitute an dem Projekt beteiligt, dar- viert. „Diesen Prozess der Übertragung vom Kleinen unter von der U Bremen Research Alliance das ins Große, von Erkenntnissen aus den Proben auf das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES. gesamte Lager, finde ich richtig spannend.“ Korrosionsschutz für Die Mitarbeitenden dort forschen an den Verschleiß- schäden auf der Laufbahn eines Lagers, die durch die Für Brigitte Clausen macht die Forschung an den Windkraftanlagen ständigen kleinen Bewegungen der Kugeln bei sehr gegensätzlichen Materialeigenschaften einen we- Umweltgerechter Korrosionsschutz für großen Lasten verursacht werden können. „Wir un- sentlichen Teil ihres wissenschaftlichen Interesses an Off shore-Windkraftanlagen ist eine be- tersuchen, unter welchen Betriebsbelastungen diese dem Projekt aus. Während die Kugeln im Lager und sondere Herausforderung. Wie er sich Schäden entstehen, wie schnell sie auftreten kön- ihre Laufbahn gehärtet sind, ist das sie umgebende verbessern und sich der Betrieb dieser nen und wie sie sich vermeiden lassen“, sagt Karsten Anlagen langlebiger und kostengünsti- Behnke, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projekt- ger gestalten lässt, hat ein Forschungs- Die Schwingprüfmaschine erzeugt in leiter des Forschungsprojekts am Fraunhofer IWES. Unübersehbar: Ermüdungs- projekt untersucht, das vom Bundes- Materialproben künstliche Risse. „Die Kooperation spielt eine ganz wichtige Rolle“, erscheinungen im Kugellager. ministerium für Wirtschaft und Energie ergänzt Vera Friederici. „Wir arbeiten Hand in Hand gefördert worden ist. An ihm waren die Die Wissenschaftler:innen betreten damit Neuland. und ergänzen uns hervorragend." In 14-tägigen Tref- Amtliche Materialprüfungsanstalt (MPA) – Untersuchungen zu den Belastungen der Drehver- fen, manchmal bilateral, manchmal in großer Runde, Geschäftsbereich des Leibniz-IWT – bindungen in einer Windkraftanlage sind Mangelwa- tauschen sich die Beteiligten untereinander aus und zusam men mit dem Fraunhofer IFAM re, zertifizierte Ansätze zur Abschätzung der Lebens- besprechen die nächsten Arbeitsschritte. und der Bundesanstalt für Wasserbau dauer der Rotorblattlager gibt es bislang nicht. Von beteiligt. Die Ergebnisse fanden Eingang einem Modellprojekt spricht Brigitte Clausen, deren Wie die Belastungen des Lagerwerkstoffs nachge- in die Konstruktion und Wartung von Leidenschaft für Stahl und andere Werkstoffe durch ahmt werden, zeigt die Diplom-Ingenieurin an einem Offshore-Windkraftanlagen aufseiten der eine Lehre als Werkstoffprüferin bei der Stahlhütte Prüfstand in der Maschinenhalle des IWT. Dort ver- Industrie und Überwachungsbehörden. So Klöckner geweckt worden ist. Später hat sie an der setzt eine Schwingprüfmaschine die handtellergroße zeigten Feld versuche, dass im Sediment Universität Bremen Produktionstechnik studiert, seit Probe in Schwingungen. Sie ist mit einer kleinen Kerbe vorkommende Mikroorganismen großen 1996 ist sie am IWT beschäftigt. versehen, von der ein kaum sichtbarer Riss ausgeht. Einfluss auf die Korrosion der Gründungs- strukturen haben.
Langzeitbeobachtung und Prof. Dr. Michal Kucera erforscht die Geschichte der Ozeane. 8 9 Forschung am Ozeanboden Endlich, da sind sie! Eine Reihe von orangen Bojen taucht aus der Tiefe des Wassers auf, tänzelt auf der Oberfläche, gar nicht weit entfernt vom Forschungs- schiff „Meteor“. Die Treibkörper sind das obere Ende Er ist Umwelt- und Klimaarchiv, sensibles Ökosystem und wichtig einer Vorrichtung, die auf 4.200 Metern mit einem An- ker am Meeresboden befestigt gewesen ist. Fixiert an für den globalen Kohlenstoffkreislauf: Der Ozeanboden erfüllt Ketten positionierte sie zwei Trichter in 3.500 und 1.500 viele wichtige Funktionen. Im Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – Metern Tiefe – Sinkstoff-Fallen, mit denen das ganze Jahr über Proben des zum Meeresboden absinkenden unerforschte Schnittstelle der Erde“ untersuchen Wissenschaft- Materials genommen wurden. Per akustischem Signal 71 % ler:innen aus der U Bremen Research Alliance unter anderem hatte die Besatzung die Konstruktion gelöst, eine gute Viertelstunde brauchten die Bojen bis an die Oberfläche. Überreste des Meeresplanktons, die aus der lichtdurchfluteten Oberfläche zum Meeresboden gelangen. Sie offenbaren den Forschenden, wie sich der Klimawandel auf dieses Ökosystem „Das Observatorium ermög- der festen Erdoberfläche auswirkt. licht uns, die Auswirkungen macht der Ozeanboden aus. des Klimawandels auf die mente steckt, die das Wasser zusätzlich düngen. Da- Biodiversität und Produktivität durch reagiert das Gebiet besonders empfindlich auf Nach einem Jahr unter Wasser wird die Sinkstoff-Falle an Bord des Meeres über mehrere den Klimawandel und ist somit ein perfekter Standort des Forschungsschiffes gehievt. für Langzeitbeobachtungen. Welche Partikel von der Dekaden zu untersuchen.“ Wasseroberfläche erreichen zu den verschiedenen Jahreszeiten den Meeresboden? Was passiert beim Absinken? Wie ändert sich ihre Menge und Zusam- Vor der mauretanischen Küste beim Cap Blanc nimmt mensetzung? die „Meteor“ die Sinkstoff-Fallen an Bord. Dies ist der Standort einer Einrichtung, von der Professor Dr. „Das Observatorium ermöglicht es uns, die Auswirkun- Michal Kucera sagt, sie sei ziemlich einmalig – dem gen des Klimawandels auf die Biodiversität und Pro- Cap-Blanc-Observatorium. Aufgebaut wurde es 1988 duktivität des Meeres über mehrere Dekaden zu unter- auf Initiative von Professor Dr. Gerold Wefer, Grün- suchen. Somit können wir direkte Beobachtungen mit dungsdirektor des MARUM – Zentrum für Marine Datenreihen aus der Erdgeschichte verbinden, die in Umweltwissenschaften der Universität Bremen, einer Sedimenten des Ozeanbodens gespeichert sind“, sagt Mitgliedseinrichtung der U Bremen Research Alliance. Michal Kucera. „Der Ozeanboden ist eine einzigartige Zwei Verankerungen mit Sinkstoff-Fallen sind dort Quelle von Informationen. Wir nutzen sie, um Ände- seitdem auf variablen Positionen dauerhaft vorhanden. rungen in der Vergangenheit zu entschlüsseln und so Fast jedes Jahr steuert ein Forschungsschiff das Gebiet besser zu verstehen, was im Ozean künftig unter be- an, werden die Fallen an Bord geholt, die Proben ge- stimmten Bedingungen passieren wird.“ borgen, die Geräte gewartet und erneut auf dem Mee- resboden verankert. Auch Partnerinstitutionen aus der 71 Prozent der festen Erdoberfläche macht der Oze- U Bremen Research Alliance wie das Alfred-Wegener anboden aus, im Durchschnitt befindet er sich 3.700 -Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeres- Meter unter dem Meeresspiegel. Von einer weitge- forschung, nutzen die Einrichtung. hend unerforschten Schnittstelle im System Erde, ei- ner empfindlichen Oase des Lebens, mit vielfältigen Die Region ist voller Leben. Aus der Tiefe steigt nähr- Funktionen für den Planeten spricht Kucera. „Dort fin- stoffreiches Wasser empor. Es trifft auf Saharastaub, den Prozesse statt, die das Klimasystem, den globalen den der Wind herüberträgt und der voller Spurenele- Kohlenstoffkreislauf und die biologische Produktivität
3.700 den ablagern. Mithilfe von 10 „Ich wollte mich fachlich Überresten dieser plankto- 11 nischen Einzeller lässt sich weiterentwickeln. Und da- der Zustand des Planktons für war Bremen die richtige in vorindustrieller Zeit rekon- struieren. Vergleicht man die Stelle. In unserem Feld ist Zusammensetzung der Fos- Meter unter dem Meeresspiegel befindet sich im Durchschnitt der Bremen eine Größe; es ist ein silien mit Material aus Sink- Tiefseeboden. stoff-Fallen, zeigt sich, dass Mekka der Meeresforscher.“ seit Beginn der Industrialisie- rung und dem damit einher- gehenden Klimawandel gan- ze Artengemeinschaften des des Weltozeans beeinflussen.“ Der Ozeanboden ist Ar- Planktons ihre angestamm- chiv für Umwelt- und Klimaveränderungen, einzigarti- ten Gebiete bereits verlassen ger Lebensraum und bedrohtes Ökosystem in einem. haben. „Durch die Langzeit- gut sogar, denn der Wettbewerb um die Förderung beobachtung können wir die ist intensiv. „Dass wir das geschafft haben, ist auch Der Mikropaläontologe und seine Kollegin, die Biolo- Einwanderung neuer Arten, eine Bestätigung der gezielten, klugen und verlässli- gin Dr. Julie Meilland, erforschen das Plankton, also das Verschwinden anderer chen Unterstützung des Schwerpunktes Meereswis- Die Sinkstoff-Falle fängt Planktonpartikel Kleinstlebewesen, die sich in den lichtdurchfluteten und damit die Auswirkungen senschaften durch das Land Bremen“, meint Kucera. in verschiedenen Wassertiefen ein. obersten Wasserschichten der Ozeane bilden. Sie be- des Klimawandels auf die „Der große Vorteil des Clusters ist, dass wir uns lang- wegen sich nicht aus eigener Kraft fort, sondern lassen Biodiversität nachvollziehen“, fristig auf unsere Forschung konzentrieren können, sich treiben. Nach dem Tod sinken die Planktonpartikel sagt Kucera. Aus Proben der Sinkstoff-Fallen ohne alle zwei Jahre neue Förderungsanträge stel- extrahiert Dr. Julie Meilland als mariner Schnee gen Boden – und werden auf dem len zu müssen.“ Und er hilft, dringend benötigte und die Foraminiferenart „Orbulina Weg von den trichterartigen Sinkstoff-Fallen eingefan- Und dann ist da noch die universa“, die wie kleine Kugeln teure Infrastrukturen mitzufinanzieren, wie etwa das gen. An deren unterem Ende sind 20 Flaschen auf einer Sache mit dem Kohlenstoff- aussieht. MARUM-Observatorium vor Cap Blanc oder Spezial- Hightech in der Art Karussell installiert, das sich je nach Programmie- rung alle 20 oder 30 Tage um eine Position dreht und kreislauf: Ein Teil des Plank- tons bindet Kohlendioxid und geräte, mit denen die Forschenden Bohrkerne aus dem Ozeanboden gewinnen. Tiefseeforschung dabei eine Probe des absinkenden Materials nimmt. nimmt es mit auf den Meeresboden. Wie viel dieses Roboter, die autonom bis zu einer Was- Dieses organische Material wird später in Laboren des Treibhausgases wird dort gespeichert? Und wie genau Kucera, aufgewachsen weitab jeden Ozeanes in der sertiefe von 5.000 Metern abtauchen; MARUM und der Partnerinstitutionen untersucht. funktioniert der Transfer von Kohlenstoff von der Oze- Tschechoslowakei, kam über das Studium der Geolo- Bohrgeräte, die bis 200 Meter tief in den anoberfläche bis zum Meeresboden? An dieser „biolo- gie zur Meeresforschung. Nach Promotion in Göteborg Meeresboden vordringen, oder eben Sink- Ein wichtiger Bestandteil des Planktons sind Fora- gischen Pumpe“ forscht Julie Meilland. Auch ihr Spe- sowie Stationen in den USA, in England und Tübingen, stoff-Fallen in der Wassersäule am Cap miniferen, deren Kalkgehäuse sich am Meeresbo- zialgebiet sind die Foraminiferen und der Kohlenstoff, wechselte er vor zehn Jahren nach Bremen. „Ich wollte Blanc: In den extremen Bedingungen der den sie in ihren Schalen am Meeresboden speichern. mich fachlich weiterentwickeln. Und dafür war Bremen Tiefsee wären Umweltbeobachtungen die richtige Stelle. In unserem Feld ist Bremen eine ohne innovative Technologien nicht mög- Julie Meilland und Michal Kucera forschen im Exzel- Größe; es ist ein Mekka der Meeresforscher.“ Nicht viel lich. Weltweit gibt es nur wenige Institu- lenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnitt- anders war das bei Julie Meilland, gebürtige Französin, tionen, die über eine ähnliche Flotte mo- stelle der Erde“. In diesem Verbund arbeiten Wis- die über Stationen in Norwegen und Frankreich nach derner Unterwassersysteme verfügen wie senschaftler:innen verschiedenster Disziplinen der Bremen kam. das MARUM. Sie werden auch von For- Meereswissenschaften aus der Region Bremen zusam- schenden der U Bremen Research Alliance men. Unter ihnen befinden sich Forschende aus meh- 2025 wird erneut über die Exzellenzstrategie und damit genutzt und gemeinsam mit Partner:in- reren Einrichtungen der U Bremen Research Alliance, die Fortführung des Clusters entschieden. „Das Klima“, nen aus der Industrie weiterentwickelt. wie dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum prognostiziert Kucera, „wird sich weiter ändern. Es wird Diese Kompetenzen soll das neue Innova- für Polar- und Meeresforschung, dem Max-Planck-In- sich schneller ändern. Umso wichtiger wird es sein, die tionszentrum für Tiefsee-Umweltüberwa- stitut für Marine Mikrobiologie, dem Leibniz-Zentrum Auswirkungen auf den Ozean und das Leben im Meer chung am MARUM ausbauen. Es will das für Marine Tropenforschung und eben dem MARUM weiter zu beobachten und zu untersuchen.“ Je länger technische Know-how in der Meeresfor- der Universität Bremen, unter dessen Dach der Exzel- die Beobachtungsreihen werden, desto besser können schung verstärken, indem es konsequent lenzcluster angesiedelt ist. die beobachteten Veränderungen zugeordnet, verstan- ingenieurswissenschaftliche Ansätze mit den und prognostiziert werden. Das Cap-Blanc-Obser- wissenschaftlichen Anforderungen ver- Finanziert von Bund und Ländern sollen solche Cluster vatorium bietet dafür ideale Voraussetzungen. bindet. Ziel ist die Entwicklung innovativer Kam aus Frankreich zur Forschung nach Bremen: international sichtbare Spitzenforschung ermöglichen. und nachhaltiger Umweltbeobachtungs- Dr. Julie Meilland. Wer diesen Status erreichen will, muss gut sein, sehr www.marum.de systeme für die Meeresforschung.
12 Aufklärer der 13 Klimakrise: Bremen im Weltklimarat Marktstraße 3 im Zentrum von Bremen, ein schmuck- loses Bürogebäude unweit von Rathaus, Bürgerschaft und Dom: Unten im Erdgeschoss offeriert eine Ket- te ihre Kaffeeprodukte. Oben im fünften Stock wird buchstäblich Klimageschichte geschrieben, ganz unaufgeregt. Hier ist die Geschäftsstelle der Arbeits- Er dokumentiert das Wissen der Welt zu den Auswirkungen gruppe II des Weltklimarates zu Hause. Ein Team von zwölf Mitarbeitenden unter Leitung des Meeresbiolo- des Klimawandels auf Ökosysteme und Artenvielfalt, auf gen Hans-Otto Pörtner. Mensch und Natur: Im Februar verabschiedet die Arbeits Ruft zum Handeln auf: Den Stand der Forschung zum Klimawandel zusam- gruppe II des Weltklimarates ihren Sachstandsbericht. menzufassen und zu bewerten, der Politik eine wis- Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner, Meeresbiologe am AWI. Ko-Vorsitzender des einflussreichen Gremiums ist ein Bremer: senschaftsbasierte Grundlage für ihre Entscheidun- gen zu liefern, ist die Aufgabe des Weltklimarates. 195 Professor Dr. Hans-Otto Pörtner, Kooperationsprofessor vom Staaten sind im „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) vertreten, so die englischsprachige Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar-und Bezeichnung der zwischenstaatlichen, unabhängigen gende Botschaft ist bereits jetzt klar. „Weiterdaddeln Meeresforschung (AWI) und der Universität Bremen. Institution, die 1988 von den Vereinten Nationen ge- wie bisher geht nicht“, sagt Pörtner. „Wir sind Zeitzeu- gründet worden ist. In Sachstandsberichten tragen gen der existentiellsten Krise des Planeten, der Na- drei Arbeitsgruppen regelmäßig das Klima-Wissen tur, der Menschheit. Noch haben wir die Hebel in der der Welt zusammen. Hand. Aber wir müssen auch bereit sein, sie zu bewe- gen. Mit dem Klima können wir keine Verhandlungen Eine Folge des Temperaturanstiegs im Meer: Erst bleichen die führen; Naturgesetze müssen wir respektieren.“ „Weiterdaddeln wie bisher Korallen, dann sterben sie. Über einen Zeitraum von drei Jahren hat das Team geht nicht. Wir sind Zeitzeu- an der Marktstraße mit Wissenschaftler:innen aus der ganzen Welt kommuniziert, hat sie unterstützt in gen der existentiellsten Krise wissenschaftlichen, organisatorischen, technischen des Planeten, der Natur, der Fragen und das Wissen zusammengefügt. Etwa 280 Hauptautorinnen sind an dem Bericht beteiligt – Bio- Menschheit.“ log:innen, Geolog:innen, Umweltphysiker:innen und viele andere Disziplinen, oft die besten ihrer Zunft. Alle sind wie Pörtner auch ehrenamtlich dabei. Her- Im Februar ist es wieder so weit. Dann verabschiedet ausgekommen ist ein voraussichtlich gut 2000 Sei- die Arbeitsgruppe II, deren Ko-Vorsitzender Pörtner ten starker Report, unterteilt in 18 Kapitel. Sie befas- ist, ihre Ergebnisse. „Folgen des Klimawandels, Ver- sen sich mit einzelnen Weltregionen, mit besonders wundbarkeit und Anpassung“ lautet der Titel ihres gefährdeten Systemen wie den tropischen Regen- Hauptberichts im 6. Berichtszyklus. Mit den Folgen wäldern oder den Polargebieten, mit der Artenvielfalt, des Klimawandels für Ökosysteme und Artenvielfalt, mit Ozeanen, der Waldwirtschaft und der Nahrungs- mit der Verwundbarkeit von Mensch und Natur, mit mittelproduktion. den Möglichkeiten und Grenzen der Anpassungsfä- higkeit der Systeme beschäftigt er sich. Auch ent- Die gut 30-seitige politische Zusammenfassung hält der Bericht Prognosen etwa darüber, wie viel des Berichts wird im Februar auf der einwöchi- Lebensraum der Mensch durch den Klimawandel gen Vollversammlung des Weltklimarates mit rund verliert oder wie die Mortalität durch die globale Er- 500 Regierungsvertreter:innen diskutiert. „Wir als wärmung steigt. Ko-Vorsitzende haben die Aufgabe, diesen Prozess zu koordinieren und zu leiten“, sagt Pörtner, der sich die Der Entwurf ist noch vertraulich, aber eine grundle- Aufgabe mit der Südafrikanerin Debra Roberts teilt.
Disziplinen und Institutionen hinweg. Dafür ist die gefrorenen Systemen der Erde. Welche Wirkung auf 14 Allianz ein sehr gutes Beispiel.“ das Klima er sich von dem Bericht erhofft? „Dass 15 wir es schaffen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Mittelpunkt seiner Forschung sind der Naturraum Celsius zu begrenzen. Wir sind in den zehn entschei- Ozean und die Auswirkungen des Klimawandels auf denden Jahren der Klimapolitik. Wenn wir jetzt nicht 3 das Leben im Meer. Drei zentrale Faktoren bestim- die Dinge umdrehen, wird uns das Klima möglicher- men die Veränderungen: der Temperaturanstieg, die weise davonlaufen.“ zunehmende Sauerstoffarmut und die Versauerung durch die steigende Aufnahme von Kohlendioxid. In diesem Jahr steht noch ein weiterer Bericht an, der „Tiere sind spezialisiert auf ein begrenztes Tempera- die Ergebnisse der drei Arbeitsgruppen des Weltkli- turfenster. Der antarktische Fisch stirbt bei drei Grad marates zusammenfasst. Im November dann folgt Grad Celsius bedeutet Celsius den Hitzetod“, sagt er. Eine Folge der Erwär- die UN-Klimakonferenz in Ägypten. 2023 endet seine den Hitzetod für den mung ist die Artenwanderung. Die Wechselwirkun- Amtszeit. Doch der Klimawandel schreitet weiter fort, antarktischen Fisch. gen zwischen den Arten ändern sich, neue Ökosys- und mit ihm das Berichtswesen. Ist das 1,5 Grad-Ziel teme entstehen. „Wie funktionieren sie? Das ist eine noch erreichbar? Pörtner ist verhalten optimistisch. Stadtbegrünung – wie hier in Singapur – von vielen Fragen, die ich beantworten möchte.“ „Ja“, sagt er, die Betonung liege jedoch eindeutig auf soll helfen, das Mikroklima zu verbessern „noch“. Und dann folgt das Aber: „Wir müssen bereit und extreme Hitze durch Kühlung zu mildern. Das ist nicht nur eine Auszeichnung für ihn als Wis- sein für eine tiefgreifende Transformation, und zwar senschaftler und Person, sondern auch für das AWI jetzt. Was zu tun ist, ist bekannt.“ sowie insgesamt für den Wissenschaftsstandort „Gute Wissenschaft geht Bremen und die U Bremen Research Alliance. Der nur gemeinsam, über die www.ipcc.ch/working-group/wg2/ Biologe kam 1995 ins Bundesland Bremen, übernahm dort die Leitung der Forschungsgruppe für Integrative Grenzen der Disziplinen und Die Ko-Vorsitzenden sind dann weniger als Wissen- schaftler:innen gefragt, sondern als Diplomat:innen, Ökophysiologie am AWI. Obwohl es an Anfragen aus anderen Wissenschaftsstandorten nicht mangelte, Institutionen hinweg. Dafür Ausgezeichnete als Vermittler:innen – und als Personen mit dem blieb er in Bremen. „Wir haben am AWI über die Jahre ist die Allianz ein sehr Klimamodellierung Hammer. Wort für Wort, Zeile für Zeile des Entwurfs Forschungsmöglichkeiten aufgebaut, die sich nicht werden debattiert. „Sie glauben gar nicht, was da überall finden“, meint Pörtner. gutes Beispiel.“ Spätestens seit Veröffentlichung des ers- noch an Wünschen kommen kann“, sagt der 66-jähri- ten Teils des 6. Sachstandsberichtes des ge mit einem leichten Stöhnen. Ist Einigung über eine Ein weiterer Faktor für sein Bleiben ist der enge Aus- Weltklimarates vom Sommer 2021 kann es Formulierung erzielt, lässt er wie bei einer Auktion tausch der Wissenschaft im Bundesland Bremen. Als Im Weltklimarat hat es Pörtner mit Kolleg:innen ganz keinen Zweifel mehr daran geben: Mensch- den Hammer niedersausen. Dann springt die gelbe Kooperationsprofessor ist Pörtner gleich für zwei Mit- verschiedener Disziplinen zu tun. Dabei geht es nicht liches Handeln ist verantwortlich für die glo- Schrift für strittige Formulierungen um auf Grün. gliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance nur um naturwissenschaftliche Fragen, sondern auch bale Erwärmung. Als koordinierende Leit- tätig: für das AWI und für die Universität Bremen, an um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fol- autorin am Bericht der Arbeitsgruppe I, die Der Bericht ist ein Konsensprodukt, natürlich. Er wird der er lehrt und Promovierende betreut. „Gute Wis- gen der Klimakrise, etwa beim Fischfang. „Man muss die naturwissenschaftlichen Grundlagen gemeinsam verabschiedet von Wissenschaft und senschaft geht nur gemeinsam, über die Grenzen der die interdisziplinären Zusammenhänge sehen und die des Klimawandels zusammenfasst, ist daran Regierungen, fließt in deren Handeln mit ein. „Wir Scheuklappen seines Fachs überwinden“, beschreibt eine Wissenschaftlerin aus Bremen beteiligt haben direkten Zugang zu den Regierungen und kön- Pörtner eine Anforderung an seine Arbeit. So hat er gewesen: Professorin Dr. Veronika Eyring. nen Informationen unmittelbar in den Politikprozess im Sommer 2021 gemeinsam mit dem Weltbiodiver- Sie hat den Lehrstuhl für Klimamodellierung Zeit für Aktionen: einschleusen. Das ist der große Vorteil des Weltkli- sitätsrat eine Studie vorgelegt, die den Dreiklang aus an der Universität Bremen inne. Zugleich Hans-Otto Pörtner auf marats“, sagt Pörtner. Ein Vetorecht habe die Politik der 25. Weltklima- Emissionsschutz, nachhaltigem Artenschutz und so- leitet sie die Abteilung für Erdsystemmo- nicht. „Die Wissenschaft hat das letzte Wort. Die konferenz in Madrid. zialer Gerechtigkeit erstmals thematisierte. „Dass wir dellevaluierung und -analyse am Institut Wünsche der Regierungen können nie so weit gehen, diesen Zusammenhang aufgezeigt und mit Fakten für Physik der Atmosphäre des Deutschen dass sie wissenschaftlichen Aussagen verändern.“ etabliert haben – darauf bin ich stolz.“ Nicht weniger Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Ober- stolz ist er, mitgeholfen zu haben, die Ozeane in den pfaffenhofen. Schwerpunktmäßig forscht Pörtner engagiert sich seit Langem für den Weltkli- Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen zu ver- die Wissenschaftlerin – Anfang 2021 mit marat. Zunächst als Autor, später als Leitautor für das ankern. „Für die Meeresforschung ist das ein großer dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis aus- Kapitel Ozeansysteme. Als er 2015 gefragt wurde, Erfolg.“ gezeichnet, dem wichtigsten Forschungs- ob er sich als Ko-Vorsitzender zur Wahl stellen wol- förderpreis in Deutschland – zur Erdsys- le, zögerte er nicht lange. Nach Professor Dr. Ottmar Für drei Sonderberichte des Weltklimarates im 6. Be- temmodellierung. Ziel ist ein besseres Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenfor- richtszyklus trug Pörtner bislang Mitverantwortung, Verständnis des Erdsystems und des Klima- schung ist er erst der zweite Deutsche an der Spitze zur globalen Erwärmung um 1,5 Grad, zu Landsys- wandels zu erreichen. einer Arbeitsgruppe. temen sowie zu Ozeanen und der Kryosphäre, den www.iup.uni-bremen.de
Mitglieder der U Bremen Research Alliance: www.uni-bremen.de/research-alliance Impressum/Fotonachweis Herausgeber: U Bremen Research Alliance e. V. Redaktion und Text: Rainer Busch Korrektorat und Lektorat: Dr. Maria Zaffarana Gestaltung: Büro 7 visuelle Kommunikation GmbH Fotos: Jens Lehmkühler, außer Titel unten rechts: Korallen / The Ocean Agency; Seite 8 und 11: Sinkstoff-Fallen / Jan-Berend Stuut – NIOZ; Seite 12: Korallen / The Ocean Agency; Seite 13: Porträt Pörtner / Kerstin Rolfes; Seite 14 unten: IPCC Druck: Print74
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