Debüt Felix Mildenberger, Dirigent Mariano Esteban Barco, Oboe Timothy Chooi, Violine Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
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Debüt Felix Mildenberger, Dirigent Mariano Esteban Barco, Oboe Timothy Chooi, Violine Deutsches Symphonie- Orchester Berlin Mi., 1.6.2022, 20 Uhr Philharmonie Berlin
Programm 2 3 Vorwort Mi 1.6. / 20 Uhr / Philharmonie Mit Vorsicht zurück Debüt im Deutschlandfunk Kultur Es ist noch nicht lange her, da fanden unsere ›Debüt‹-Konzerte ohne Publikum Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Ouvertüre zur Opera buffa ›Le nozze di Figaro‹ KV 492 (1785–86) statt oder mussten ganz ausfallen. Nun wollen wir einen neuen Anfang machen. Denn die jungen Künstlerinnen und Künstler brennen darauf, wieder für Sie Uraufführung am 1. Mai 1786 im k.u.k. National-Hof-Theater Wien durch das Orchester der Wiener Hofoper unter der Leitung des Komponisten spielen zu dürfen. Wir freuen uns auf die ganz besondere Stimmung, die ent- steht, wenn die Debütierenden auf die Bühne der Philharmonie hinaustreten und Wolfgang Amadeus Mozart vor einem erwartungsfrohen Publikum trotz aller Anspannung und Aufregung Konzert für Oboe und Orchester C-Dur KV 314 (1778) ihr Bestes geben. I. Allegro aperto II. Andante ma non troppo Drei Kammerkonzerte und zwei Konzerte mit dem Deutschen Symphonie- III. Rondo. Allegretto Orchester Berlin stehen in dieser Spielzeit auf dem Programm. Wir haben auch Uraufführung: es liegen keine Informationen vor in diesem Jahr die aus unserer Sicht interessantesten unter den hochbegabten PAUSE jungen Musikerinnen und Musikern für Sie nach Berlin geholt. Wir suchen bei der Auswahl nicht in erster Linie nach den eher sportlichen Qualitäten eines Jean Sibelius (1865–1957) musikalischen Auftritts, denn beeindruckende Virtuosität ist inzwischen Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 (1903/05) vielerorts anzutreffen. Genauso wichtig nehmen wir die ausgeprägte Persön- I. Allegro moderato lichkeit und gestalterische Kraft, die man – auch unter Preisträger*innen inter- II. Adagio di molto nationaler Wettbewerbe – gar nicht so häufig findet, wie man glauben könnte. III. Allegro ma non tanto Uraufführung der Neufassung am 19. Oktober 1905 in der Berliner Singakademie mit der Königlich-Preußischen Weil wir ausgefallene Konzerte nachholen, werden Ihnen viele der Namen bekannt Hofkapelle unter der Leitung von Richard Strauss mit dem Solisten Carl Haliř vorkommen. Für die jungen Künstlerinnen und Künstler, die in dieser Spielzeit aus Francis Poulenc (1899–1963) Österreich, Großbritannien, den USA, Kanada, Frankreich, Armenien und Spanien ›Les biches‹. Suite für Orchester nach dem gleichnamigen Ballett (1923, rev. 1939–40) nach Berlin kommen, um für Sie zu spielen, ist ihr Berlin-Debüt oft das wichtigste I. Rondeau. Très lent – Subito allegro molto Konzert des Jahres. Sie wachsen daran, sich möglichst perfekt vorzubereiten, II. Adagietto genießen jede Minute des Musizierens auf der Bühne der Philharmonie und III. Rag-Mazurka. Presto werden ihren ersten Aufritt in unserer Stadt wohl nie vergessen. IV. Andantino V. Final. Presto Uraufführung des Balletts am 6. Januar 1924 in der Salle Garnier in Monte Carlo unter der Leitung von Édouard Flament Stefan Raue Intendant Deutschlandradio FELIX MILDENBERGER Mariano Esteban Barco – Oboe Timothy Chooi – Violine Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Holger Hettinger – Moderation Dauer der Werke Mozart ca. 5 min / Mozart ca. 22 min / Sibelius ca. 31 min / Poulenc ca. 20 min Das Konzert wird vom Deutschlandfunk Kultur aufgezeichnet und am 5. Juni ab 20.03 Uhr ausgestrahlt. UKW 89,6 / DAB+ / online / App
Zu den Werken 4 5 Zu den Werken Bei der Uraufführung der Oper am 1. Mai 1786 im kaiserlich- Die Ouvertüre, ein unsagbar königlichen National-Hof-Theater in Wien stand der Komponist gelöstes Aufsprühen göttlicher Frohlaune, bleibt hinreißender selbst am Dirigentenpult. Das Orchester der Hofoper, das an die- Angeregt durch Auftakt einer tollen, überströmen- sem Abend spielte, gehörte damals zu den besten Klangkörpern den Feststimmung. überhaupt. In seiner musikalischen Qualität übertraf es die Fürst- Beaumarchais und Watteau erzbischöfliche Hofkapelle in Salzburg, welcher der junge Mozart bis 1777 als Konzertmeister angehört hatte. Seinem Vater gegen- Bernhard Paumgartner von Albrecht Dümling über bezeichnete er dieses Ensemble einmal als eine »lumpen- hafte und liederliche Hof-Musique«, welche ihm die ganze Stadt Salzburg verhasst mache. Zu den wenigen Musikerkollegen, die der Komponist dort schätzte, gehörte der junge italienische Oboist Guiseppe Ferlendis, dessen virtuose Spieltechnik ihn beein- druckte. Die feinste Lenkung des Atems Wolfgang Amadeus Obwohl sich etwa ab 1770 die klanglichen Möglichkeiten der Mozart Oboe verbessert hatten, ließ damals das Interesse der Komponis- Oboenkonzert KV 314 ten an diesem Instrument nach. In der ersten Hälfte des 18. Jahr- hunderts hatten Tonsetzer wie Johann Friedrich Fasch, Christoph Besetzung Oboe solo Graupner und Georg Philipp Telemann noch zahlreiche Oboen- 2 Hörner, 2 Oboen, Streicher konzerte geschaffen. Auch Leopold Mozart schrieb vor 1763 ein Oboenkonzert. Bald danach aber wandten sich die meisten Kom- ponisten von dem Instrument ab, weil inzwischen die Klarinette beliebter war. Manche Oboisten reagierten darauf, indem sie selbst eigene Solokonzerte schufen, etwa auch Guiseppe Ferlen- dis, der sich 1777 mit einem Konzert für sein Instrument hervortat. In der Salzburger Hofkapelle fehlten die Klarinetten, was Mozart sehr bedauerte; in seinen damaligen Werken hat er deshalb dieses Instrument nicht verwendet. Dagegen komponierte er im Frühjahr 1777 für seinen Kollegen Ferlendis ein dreisätziges Oboenkonzert. Auftakt zum ›Tollen Tag‹ Im Kopfsatz, einem Allegro aperto (offenes Allegro), steigt der So- Wolfgang Amadeus ›Der tolle Tag‹ (La folle journée) heißt die Komödie von Pierre Be- list nach einem Orchestervorspiel die Tonleiter zum hohen C em- Mozart aumarchais, welche der Mozart-Oper ›Die Hochzeit des Figaro‹ por und sequenziert spielerische Figuren; das Seitenthema ist mit Ouvertüre zu ›Le nozze di Figaro‹ zugrundeliegt. Es ist ein revolutionäres Stück, in dem ein Friseur betonten Vorhalten stärker melodisch geprägt. Der langsame die Privilegien des Adels in Frage stellt. Die Tollheit dieser Ideen Mittelsatz in F-Dur entfaltet Dreiklangsmelodik. Individuelleren Wolfgang Amadeus Mozart, Besetzung anonymes Gemälde, 1777 vibriert aus der Ouvertüre, einem kurzen D-Dur-Stück mit der Charakter besitzt das kecke Hauptthema des Schluss-Allegret- 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klari- Tempobezeichnung »presto«. Zu schnellen Unisono-Läufen der tos. Mozart nahm damit bereits Blondchens Arie ›Welche Wonne, netten, 2 Fagotte, 2 Hörner, Streicher und Fagotte tritt nach wenigen Takten in den Oboen welche Lust‹ aus seinem Singspiel ›Die Entführung aus dem 2 Trompeten, Pauken, Streicher und Hörnern eine Melodie hinzu. Der Strudel der Ereignisse reißt Serail‹ vorweg. Nach Fugato-Partien mündet das Finale wie schon alles ungestüm mit sich fort. Ursprünglich hatte Mozart noch die vorigen Sätze in eine Solokadenz ein. Deren Ausführung einen Andante-Mittelteil in d-Moll einfügen wollen. Dann aber bleibt dem Solisten überlassen, entsprechend den Möglichkeiten Der Ton der reinen Oboe nähert entschied er sich, es bei dem einheitlich schnellen Tempo und der seiner Spiel- und Atemtechnik. Das Oboenspiel erforderte, wie sich in der Höhe sehr der Men- Dur-Tonart zu belassen. Formal ist seine Sinfonia ein zweiteiliger damals der Dichter und Komponist Christian Friedrich Daniel schenstimme. Bild oben: Szene aus ›Le nozze di Figaro‹, anonymes Aquarell, Sonatensatz ohne Durchführung, wobei der Reprise noch eine Schubart bemerkte, »viel Gefühl und besonders die feinste Len- Christian Friedrich Daniel vor 1900 ausführliche Coda folgt. kung des Atems«. Schubart, 1784
Zu den Werken 6 7 Zu den Werken Ob und wann Guiseppe Ferlendis die ihm gewidmete Komposition aufgeführt hat, ist nicht überliefert. Bereits im Juli 1778 gab er seine Salzburger Stellung wieder auf. Mozart hatte schon vorher sein Werk dem Mannheimer Oboisten Friedrich Ramm gezeigt, der es mehrfach spielte, und außerdem die Komposition zu einem Flötenkonzert umarbeitete. Nur diese Version wurde überliefert. Erst 1950 entdeckte Bernhard Paumgartner am Mozarteum Salz- burg den Stimmensatz eines Mozart’schen Oboenkonzerts. Da- mit konnte er beweisen, dass dem bekannten D-Dur-Flötenkon- zert tatsächlich ein Solokonzert für Oboe zugrundelag. Berlin als Verlags- und Uraufführungsort Jean Sibelius Der bedeutende Geiger Willy Burmester hatte um 1900 die Kon- Violinkonzert zertmeister-Stelle beim Symphonieorchester Helsinki übernommen Besetzung und in der finnischen Hauptstadt Jean Sibelius kennengelernt. Da 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klari- dieser junge Komponist auch ein Geiger war, regte er ihn zu einem ›Landschaft mit Fluss‹, Aquarell netten, 2 Fagotte, 4 Hörner, Violinkonzert an. 1903 begann Sibelius mit dem neuen Werk. Bur- von Eero Järnefelt, 1930 2 Trompeten, 3 Posaunen, mester verfolgte die Arbeit mit großem Interesse und versprach, Pauken, Schlagzeug, Streicher dieses Konzert in Berlin zur Uraufführung zu bringen. Nachdem er rung bereits im Herbst 1905. Kein Geringerer als Richard Strauss von Sibelius den Klavierauszug erhalten hatte, reagierte er be- sollte die Hofkapelle dirigieren. Sibelius akzeptierte diesen Vor- geistert: »Ich kann nur eins sagen: großartig! – Von der Zukunft schlag. Er reiste zu den Proben nach Berlin und war beglückt, des Konzertes bin ich überzeugt. Nur einmal in meinem Leben dass Strauss für das Orchester drei Probentermine angesetzt Es muss mit absoluter Beherr- habe ich solche enthusiastischen Worte einem Komponisten ge- hatte. Obwohl Joseph Joachim die Komposition ablehnte, war die schung gespielt werden. Schnell natürlich, aber nicht schneller, genüber geäußert und das war als Tschaikowsky mir sein Violin- Berliner Uraufführung ein Erfolg. Die Presse lobte das neue Werk als es perfekt von oben gespielt konzert zeigte.« Tatsächlich war es Burmester zu verdanken, dass als wertvolle Bereicherung des Konzertrepertoires. werden kann. sich das Tschaikowsky-Konzert in Deutschland durchsetzte. Der Komponist über sein Der Musikkritiker Alfred Einstein bemängelte später am ersten Violinkonzert Sibelius fühlte sich ermutigt und forderte Willy Burmester auf, Satz, dass er »nicht genau weiß, ob er konzertant oder sympho- sein neues Werk noch im November 1903 zur Uraufführung zu nisch werden will«. Tatsächlich ist gerade die Synthese zwischen bringen. Er drängte auf einen so frühen Termin, da er dringend virtuosen Solopassagen und der symphonischen Form charakte- Geld brauchte. Allerdings war der Geiger durch andere Aufgaben ristisch für das Sibelius-Konzert. Ähnlich wie bei Mendelssohns verhindert und bat um Aufschub. Der Komponist aber beharrte Violinkonzert e-Moll stellt das Soloinstrument über einem Tremo- auf einer frühen Uraufführung und organisierte diese dann selbst. lo der gedämpften Violinen »süß und ausdrucksvoll« das vielge- Am 8. Februar 1904 fand sie unter seiner Leitung mit einem ande- staltige d-Moll-Hauptthema vor, das sofort variiert wird. Der ren Geiger in Helsinki statt. Der neue Solist Viktor Nováček war Kopfsatz orientiert sich an der Sonatenhauptsatzform, besitzt al- mit dem Werk jedoch technisch überfordert, sodass der Erfolg lerdings drei Themen und zeigt die Vorliebe des Komponisten für ausblieb. Der Kritiker Karl Flodin, der sich sonst immer für Sibelius die tiefen Register der Streichinstrumente. Der dreiteilige Adagio- eingesetzt hatte, vermisste in dessen Violinkonzert Originalität Satz knüpft in seiner kantablen Melodik an die damals vielgespiel- und sprach von einer Überladung mit virtuosen Elementen. ten Violinkonzerte von Henryk Wieniawski und Henri Vieuxtemps an. Nach einer Einleitung der Holzbläser folgt die weitgeschwun- Der Komponist überarbeitete daraufhin sein Werk gründlich. Vor gene Hauptmelodie der Violine, die von Bläsern choralartig beglei- allem den ersten Satz legte er stärker symphonisch an und ersetz- tet wird. Das Finale enthält keine Kadenz, verlangt vom Solisten Jean Sibelius, Zeichnung von Albert Engström, 1904 te die übliche Durchführung durch eine ausgedehnte Solokadenz. jedoch noch mehr spieltechnische Virtuosität. Über Ostinato- Die Neufassung übersandte Sibelius im Juni 1905 seinem Berliner Figuren der Pauken und Celli erhebt sich das erste Thema im Verleger Robert Lienau. Dieser schlug als Solisten den Berliner punktierten Rhythmus und in hoher Lage, gefolgt von einem Konzertmeister Karel Halíř vor und wünschte sich die Urauffüh- ebenfalls engstufigen zweiten Thema. Anstelle einer Durchfüh- Willy Burmester, 1905
Zu den Werken 8 9 Zu den Werken rung werden diese beiden Themen variiert wiederholt, bis der Satz mit brillanten Oktav-Doppelgriffen endet. Sibelius hatte sein Violinkonzert ursprünglich Willy Burmester widmen wollen. Da dieser jedoch bei der Uraufführung wie auch bei der Präsentation der Neufassung übergangen worden war, spielte er das Werk nie. Als es der Komponist 1910 in Berlin mit dem damals 17-jährigen Ferenc von Vecsey hörte, war er von der Interpretation dieses ungarischen Geigers so beeindruckt, dass er es ihm widmete. So ist das Sibelius-Konzert nicht nur durch den Verlagssitz und den Uraufführungsort, sondern auch durch den zeitweise in Berlin lebenden und lehrenden Widmungsträger mit der deutschen Hauptstadt verbunden. Frivole Tänze um ein Sofa Francis Poulenc Der 1899 in Paris geborene Francis Poulenc stammte aus einer Orchestersuite ›Les biches‹ wohlhabenden Familie, die ein großes pharmazeutisches Unter- ›Gesellige Unterhaltung im Freien‹, Besetzung nehmen besaß. So genoss er eine sorglose Jugend und eine gute Gemälde von Antoine Watteau, 1 Piccolo, 2 Flöten, 2 Oboe, Ausbildung. Nach Abschluss seines Klavierstudiums bei Riccardo ca. 1716–1719 1 Englischhorn, 2 Klarinetten, Viñes erregte er 1917 Aufsehen mit einer grotesken ›Rapsodie 1 Bassklarinette, 2 Fagotte, nègre‹ für Gesang und Kammerensemble. Aber erst 1921 begann Mazurka, die eher wie ein Tango klingt, kehren das »Mädchen in 1 Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Poulenc bei Charles Koechlin ein geregeltes Kompositionsstu- Blau« und ihr Partner zu einem Pas de deux in den Salon zurück, 1 Tuba, Schlagzeug, Celesta, dium. Neben Georges Auric, Darius Milhaud, Arthur Honegger, bis im Finale weitere Gäste herbeiströmen. Wie Strawinsky in Glockenspiel, Streicher Germaine Tailleferre und Louis Durey wurde er das jüngste Mit- seiner ›Pulcinella‹-Musik sparte Poulenc nicht mit Anspielungen; glied der Groupe des Six, deren Abneigung gegen alles Akade- Pergolesi, Scarlatti, Mozart, Beethoven und Tschaikowskys ›Dorn- mische und den Impressionismus er teilte. Stattdessen liebte röschen‹ klingen an. Vergleichbar den surrealistischen Gemälden Poulenc die Klänge von Straßenkapellen, Zirkus und Tanzcafés, René Magrittes, kombinierte er bekannte Elemente auf unge- absurden Spaß und die spielerische Kombination verschiedener wohnte Weise. Kurze Motive und bestimmte Klangfarben, cha- Künste. Ablesbar ist dies auch an seiner Musik zum Ballett ›Les rakteristische Instrumentenkombinationen, sorgen für den musi- biches‹, einem Auftrag des Impresarios Sergei Diaghilew. kalischen Zusammenhalt. Die Grundidee und den Titel fand der Komponist bei einer Fahrt »Es ist eine große Partitur: 27 Minuten schneller Musik«, berich- Der frische Charme von Poulencs durch Paris, als ihm Rokoko-Gemälde in den Sinn kamen, auf tete der Komponist im Oktober 1923 dem Dirigenten Ernest An- Musik war das reizvollste Element denen Antoine Watteau galante Feste im Parc-aux-cerfs (Hirsch- sermet. »Diaghilew ist zufrieden. Ich glaube, dass es tatsächlich dieser Periode um 1915. park) von Versailles dargestellt hatte. Das französische Wort eine gute Sache wird. Jedenfalls habe ich mein ganzes Herz und Darius Milhaud über seinen »biche« bedeutet »Hirschkuh«, ist aber auch ein Kosewort wie meine ganze Geschicklichkeit dabei eingesetzt.« Als das Ballett 16-jährigen Kollegen »Mäuschen« oder »Schätzchen«. Poulenc übertrug die sinnliche nach nicht weniger als 72 Proben am 6. Januar 1924 in der Oper Szenerie auf die Gegenwart, auf einen modernen Salon, in dem von Monte Carlo uraufgeführt wurde, sah man auf der weißen junge Frauen und Männer flirten, rauchen und tanzen. Hier Bühne nur ein riesiges blaues Sofa, das hin und her geschoben herrscht dem Autor zufolge »eine frivole, ausschweifende Atmo- und umtanzt wurde. Wenig später wurde ›Les biches‹ auch in Paris sphäre, die jedoch nur Eingeweihte spüren«. enthusiastisch aufgenommen. Der große Erfolg mit diesem Bal- lett verhalf dem Komponisten zum Durchbruch. Poulenc hat seine Einzelne Episoden reihen sich wie in einer klassischen Tanzsuite Partitur mehrfach umgearbeitet und 1939 die heute gespielte aneinander. Im Rondeau stellen sich drei sportliche Männer mit Orchestersuite erstellt. Sie gehört zu seinen besten Orchester- lärmender Unterhaltungsmusik vor, während im Adagietto ein werken. ›Les biches‹ stand am Anfang einer überaus produktiven Francis Poulenc »Mädchen in Blau« einen Athleten verführt. Nach einer Rag- Komponistenlaufbahn.
Die Künstler*innen 10 11 Die Künstler*innen Die Künstlerinnen und Künstler FELIX MILDENBERGER TIMOTHY CHOOI wurde 1990 in Wolfach (Baden-Württemberg) geboren. Er begann wurde 1993 in Victoria (Kanada) geboren und gab sein Orchester- seine Ausbildung in den Fächern Violine, Viola und Klavier und stu- debüt im Alter von sieben Jahren. Mit 14 erhielt der Geiger ein Voll- dierte Orchesterleitung in Freiburg und Wien sowie beim Aspen stipendium für das Konservatorium in Calgary. Zwei Jahre später Music Festival. Zu seinen Lehrern zählen Lutz Köhler und Alexander wurde er am Curtis Institute in Philadelphia aufgenommen, wo er Burda. Zudem besuchte er Meisterkurse bei David Zinman, Paavo bei Ida Kavafian studierte. Während seines Studiums gewann er Järvi, Bernard Haitink, Neeme Järvi und John Carewe. Seit seinem den EMCY-Preis der Menuhin Competition und den Vadim Repin Gewinn der Donatella Flick LSO Conducting Competition 2018 lei- Scholarship Award. Sein Masterstudium absolvierte er an der Juil- tete er zahlreiche Konzerte mit dem London Symphony Orchestra liard School bei Catherine Chooi. Zu seinen Mentor*innen gehö- und war Assistent von Sir Simon Rattle und Gianandrea Noseda. ren Pinchas Zukerman, Pamela Frank und Patinka Kopec. Timothy Als Stipendiat des Dirigentenforums wurde Felix Mildenberger Chooi wurde bei der Queen Elisabeth Competition 2019 in Brüssel 2021 in die Liste ›Maestros von Morgen‹ aufgenommen. 2021 mit dem Zweiten Preis ausgezeichnet. Ein Jahr zuvor hatte er den begleitete er Herbert Blomstedt als Assistent auf dessen USA- Internationalen Joseph Joachim Violinwettbewerb in Hannover und Tournee mit dem Boston Symphony Orchestra und dem Cleveland die Schadt Violin Competition in den USA gewonnen. Er ist außer- Orchestra. Zuvor war er Assistent von Paavo Järvi beim Tonhalle- dem Preisträger der Michael Hill International Violin Competition Orchester Zürich, von Emmanuel Krivine beim Orchestre National in Neuseeland. Neben Auftritten mit den wichtigen Orchestern de France und Cover Conductor von Bernard Haitink und Mariss seiner kanadischen Heimat spielte Chooi unter anderem mit den Jansons beim Royal Concertgebouw Orchestra. Bei Opernproduk- Brüsseler Philharmonikern und dem Malaysian Philharmonic Or- tionen assistierte er am Aspen Opera Center und an der Bayeri- chestra. Darüber hinaus trat er beim Ravinia Festival auf und gab schen Staatsoper. Seit 2021 ist Felix Mildenberger Erster Gastdiri- sein Debüt in der Carnegie Hall. Seit 2020 studiert er an der Kron- gent der Filarmonica Teatro Regio in Turin. berg Academy bei Christian Tetzlaff. MARIANO ESTEBAN BARCO Das DEUTSCHE SYMPHONIE-ORCHESTER BERLIN wurde 1994 in der Stadt Calanda in der Region Aragón geboren. hat sich in den 75 Jahren seines Bestehens durch seine Stilsicher- Seinen Bachelor absolvierte der spanische Oboist in Madrid unter heit, sein Engagement für Gegenwartsmusik sowie seine CD- und Hansjörg Schellenberger und Víctor Ánchel. Anschließend studierte Rundfunkproduktionen einen exzellenten Ruf erworben. Gegrün- er bei Gregor Witt und Wolf-Markus Zschunke an der Musikhoch- det 1946 als RIAS-Symphonie-Orchester, wurde es 1956 in Radio- schule in Rostock. Weitere künstlerische Impulse erhielt er von Symphonie-Orchester Berlin umbenannt. Seinen heutigen Namen Cristina Gómez Godoy, Jacques Tys, Maurice Bourgue, Ingo Goritzki trägt es seit 1993. Ferenc Fricsay definierte als erster Chefdirigent und Albrecht Mayer. Zu seinen Wettbewerbserfolgen gehörte im Maßstäbe im Repertoire, im Klangideal und in der Medienpräsenz. Jahr 2017 die Teilnahme am Semifinale des 66. Internationalen ARD- 1964 übernahm der junge Lorin Maazel die künstlerische Verant- Musikwettbewerbs und der Zweite Preis beim Oboenwettbewerb wortung. 1982 folgte Riccardo Chailly, 1989 Vladimir Ashkenazy ›Giuseppe Tomassini‹ in Italien. Orchestererfahrung sammelte und 2000 Kent Nagano, der dem Orchester seit seinem Abschied er beim European Union Youth Orchestra, dem Gustav Mahler 2006 als Ehrendirigent verbunden ist. Von 2007 bis 2010 setzte Jugendorchester, dem West Eastern Divan Orchestra, dem Israel Ingo Metzmacher mit konsequentem Einsatz für die Musik des 20. Philharmonic, an der Staatsoper Berlin, der Staatskapelle Dresden und 21. Jahrhunderts Akzente im hauptstädtischen Konzertleben; und beim Symphonieorchester des BR. Als Solist gastierte er unter von 2012 bis 2016 legte Tugan Sokhiev einen Schwerpunkt auf anderem beim Valencia Symphony Orchestra und dem Münchener französisches und russisches Repertoire. Seit September 2017 ist Kammerorchester. Von 2018 bis 2022 war Mariano Esteban Barco Robin Ticciati Chefdirigent und Künstlerischer Leiter. Neben sei- als Solo-Oboist im Orchester der Deutschen Oper Berlin tätig. Im nen Konzerten in Berlin ist das Orchester mit zahlreichen Gast- April 2022 hat er seine neue Stelle als Solo-Oboist des Rundfunk- spielen und vielfach ausgezeichneten CD-Einspielungen im inter- Sinfonieorchesters Berlin angetreten. nationalen Musikleben präsent.
13 DSO intern Aktuelles vom DSO 15.6. Nicht von dieser Welt: 24./25.6. Zum Abschied ein Fest: ›Star Wars‹ und Holsts ›Planeten‹ Tschaikowsky und Strawinsky Am Mittwoch, den 15. Juni begeht der Dirigent, Den Ausklang der Spielzeit gestaltet am Freitag, vielfach ausgezeichnete Komponist und ehema- den 24. und Samstag, den 25. Juni der amerika- lige DSO-Intendant Peter Ruzicka sein 50-jähri- nische Dirigent David Robertson. Auf sein Pro- ges Dirigierjubiläum. Für seine Rückkehr ans Pult gramm hat er Tschaikowskys grandioses Violin- Aus Opernhäusern, des Orchesters hat er ein abwechslungsreiches konzert gesetzt, das nicht nur ein Publikumslieb- Philharmonien Programm zusammengestellt, das einen großen ling ist, sondern mit seiner intensiven Lyrizität Bogen von der Klassischen Moderne über Film- und der packenden rhythmischen Energie auch und Konzertsälen. musik aus Hollywood bis in die Gegenwart schlägt. zu den Paradestücken der Konzertliteratur zählt. Der Abend öffnet mit einer Orchesterbearbeitung Beim Stargeiger Gil Shaham sind sowohl die von Alban Bergs Klaviersonate, seinem expressiven spieltechnischen Herausforderungen als auch Opus 1, das zwar fest in der spätromantischen die direkte Sinnlichkeit in Tschaikowskys Meis- Musiktradition wurzelt, doch mit harmonischer terwerk in besten Händen. Umrahmt wird es von Abenteuerlust zugleich die Tür zur Moderne öff- zwei Ballettmusiken seines Landsmanns Igor nete. Im sich anschließenden Konzert ›Aulodie‹ Strawinsky: Mit dessen Bearbeitung von Chopins von Ruzicka ist mit François Leleux einer der As-Dur-Nocturne für ›Les Sylphides‹ gab er einst größten Oboisten unserer Zeit zu hören. Benannt seine Visitenkarte für eine ganze Reihe zukünf- nach dem altgriechischen Instrument Aulos, wid- tiger Projekte mit dem Impresario Sergei Diaghi- met sich das Werk in sieben Szenen emotionalen lew und seiner berühmten Kompanie Ballets rus- Grenzsituationen. Nach den drei berühmtesten ses ab, die zu Schlüsselwerken der Moderne Sätzen aus Gustav Holsts ›Die Planeten‹ – ›Mars‹, werden sollten – darunter auch ›Petruschka‹. Die Konzerte, ›Merkur‹ und ›Jupiter‹ – bildet eine Suite aus der Musik zum Ballett, in dem auf einem Sankt Filmmusik zu ›Star Wars‹ den Abschluss. John Petersburger Jahrmarkt eine Tragödie zwischen Williams’ epischer Soundtrack hat nicht nur den Marionetten entbrennt, mischt russische Folk- jeden Abend. Figuren und Ereignissen der Saga Leben einge- lorismen mit Anklängen an Gassenhauer, Chan- haucht, sondern auch erheblich zum Ruhm des sons, derbe Walzer, Zirkusmusik sowie Dreh- Franchise beigetragen. orgelweisen zu einem prallen, farbgesättigten Tongemälde. Tänzerisch-vergnügt verabschiedet Jederzeit. T 030 20 29 87 11 / → tickets@dso-berlin.de sich damit das DSO in die Sommerpause. Saison 22/23 In der Dlf Audiothek App, im Radio über DAB+ und UKW deutschlandfunkkultur.de/ konzerte Festlegen lohnt sich! Jetzt Abo sichern.
15 Konzertvorschau Nächstes ›Debüt‹-Konzert Mi 12.10. / 20 Uhr / Philharmonie Kammerkonzerte Korngold Thema und Variationen Ausführliche Programme und Besetzungen für Orchester unter → dso-berlin.de/kammermusik Williams Hornkonzert Prokofjew Suite aus dem Ballett Karten, Abos und Beratung ›Das Märchen von der steinernen Blume‹ Besucherservice des DSO Prokofjew Klavierkonzert Nr. 3 Charlottenstraße 56 / 2. OG FINNEGAN DOWNIE-DEAR 10117 Berlin / am Gendarmenmarkt Pascal Deuber – Horn Öffnungszeiten Mo bis Fr 9 – 18 Uhr Giorgi Gigashvili – Klavier T 030 20 29 87 11 / F 030 20 29 87 29 → tickets@dso-berlin.de Weitere Konzerte des DSO IMPRESSUM So 12.6. / 17 Uhr / Heimathafen Neukölln Deutschlandfunk Kultur Kammerkonzert der Orchesterakademie Hans-Rosenthal-Platz / 10825 Berlin Werke von Beethoven, Bruch und Prokofjew → deutschlandfunkkultur.de AKADEMIST*INNEN DES DSO Produktion und Realisation Dr. Christine Anderson Mitglieder des DSO (Deutschlandfunk Kultur) Programmhefttext Dr. Albrecht Dümling Mi 15.6. / 20 Uhr / Philharmonie Programmheftredaktion Dr. Christine Anderson, Daniel Knaack Berg Sonate für Klavier h-Moll op. 1, Fotos Jaspar Ehrich (Mildenberger), Manuel Herrero für Orchester bearbeitet von Theo Verbey (Barco), Den Sweeney (Chooi), Peter Adamik (DSO), Ruzicka ›Aulodie‹ für Oboe und Kammer- DSO-Archiv (sonstige) orchester Satzgestaltung Susanne Nöllgen Holst Auszüge aus ›Die Planeten‹ Umschlaggestaltung Anja Enders Williams Suite aus der Filmmusik zu ›Star Kommunikation und Marketing Mona Intemann Wars‹, zusammengestellt von Peter Ruzicka Veranstaltungsservice Esther Madubuko PETER RUZICKA François Leleux – Oboe Deutsches Symphonie-Orchester Berlin in der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin Fr 24., Sa 25.6. / 20 Uhr / Philharmonie im rbb-Fernsehzentrum Chopin Nocturne As-Dur op. 32 Nr. 2, Masurenallee 16 – 20 / 14057 Berlin T 030 20 29 87 530 / F 030 20 29 87 539 bearbeitet für Orchester von Igor Strawinsky → info@dso-berlin.de / → dso-berlin.de Tschaikowsky Violinkonzert Chefdirigent Robin Ticciati Strawinsky ›Petruschka‹ Orchesterdirektor Thomas Schmidt-Ott DAVID ROBERTSON Finanzen / Personal Alexandra Uhlig Gil Shaham – Violine Künstlerische Planung Marlene Brüggen Künstlerisches Betriebsbüro Eva Kroll, Elsa Thiemar Orchesterdisposition Laura Eisen Saisonvorschau 2022/2023 Orchesterbüro Marion Herrscher Der perfekte Ein- oder Ausklang Die neue Saisonvorschau inklusive aller Kommunikation Benjamin Dries Abonnement-Informationen liegt heute Abend Marketing Henriette Kupke ist 3 Minuten von der Philharmonie entfernt. für Sie aus. Gerne senden wir Ihnen diese auch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Daniel Knaack kostenfrei zu. Bitte schreiben Sie uns hierfür © Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 2022 eine E-Mail mit dem Betreff ›Vorschau‹ und Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin ist ein Ensemble Ihrer Anschrift an → marketing@dso-berlin.de. der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin. Abonnements können Sie auch online unter Geschäftsführer Anselm Rose QIU Restaurant & Bar im The Mandala Hotel am Potsdamer Platz → dso-berlin.de/abo buchen. Gesellschafter Deutschlandradio, Bundesrepublik Potsdamer Strasse 3 | Berlin | 030 / 590 05 12 30 Deutschland, Land Berlin, Rundfunk Berlin-Brandenburg www.qiu.de
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