Denkmal Hupfl a Ein Rundgang zur Geschichte der ehemaligen Heil- und Pfl egeanstalt Erlangen 1846-1978 - Stadt Erlangen
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Denkmal Hupfla Ein Rundgang zur Geschichte der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen 1846–1978 Zum Tag des offenen Denkmals am 13.9.2020 Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken. Konzept und Text: Thomas Engelhardt, Vorstand Heimat- und Geschichtsverein Erlangen DENKMAL HUPFLA 2020 1
Nordgelände der Universität Stationen des Rundgangs Seien Sie herzlich willkommen zu einem Rundgang durch das ehemalige Hupfla-Gelände. Im Mittelpunkt unserer Erkundung steht die Bauentwicklung der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt. Außerdem werde ich – zumindest kurz – auf die Reformpsy- chiatrie der Weimarer Zeit und die NS-Euthanasie eingehen. Unsere erste Station ist das ehemalige Direktionsgebäude hinter mir. Die Hupfla wurde 1834-1846 als „Kreisirrenanstalt Erlangen“ errichtet und war in Bayern die erste regionale Einrichtung, die speziell für geistig Behinderte und psychisch Kranke geschaffen wurde. Das war ein großer Fortschritt gegenüber den Zucht- und Arbeitshäusern des 18. Jahrhunderts, in denen Straftäter, Behinderte und „Irre“ lediglich sichergestellt und verwahrt wurden. Von diesem ältesten Teil der Anstalt ist nur der spätklassizistische Sandsteinbau erhalten, der seit 1986 unter Denkmalschutz steht. Heute ist hier die kaufmänni- sche Direktion des Universitätsklinikums untergebracht. Video Ehemaliges Direktions- gebäude, Südseite DENKMAL HUPFLA 2020 2
Abb. 1 Lage der Kreisirrenanstalt um 1846 Bei der Wahl Erlangens als Standort der ersten Heil- und Pflegeanstalt Bayerns spielten mehrere Gesichtspunkte eine Rolle. Einer davon war der Umstand, dass am Rand der Erlanger Altstadt noch große Freiflächen vorhanden waren. Hier entstand die Kreisirrenanstalt neben der Katholischen Kirche auf einem rechteckigen Bauplatz, der im Norden durch die Stadtmauer begrenzt war, im Osten aber teilweise über sie hinausreichte. Das markante Gebäude besaß einen zentralen Mittelbau, vier Flügel und vier Querbauten an deren Enden und war von hohen Anstaltsmauern umgeben. Abb. 2 „Irrenhaus“, Stahlstich, 1843 Ein anschauliches Bild der damaligen Topographie vermittelt dieser kleine Stich aus dem Jahr 1843. Das „Irrenhaus“ erscheint in leichter Schrägansicht, so dass außer dem Eingangsgebäude und den Seitenflügeln auch die Anstaltsmauern und das Sieglitzhofer Torwachthaus in den Blick kommen. Rechts zieht sich die Schlossgartenmauer bis zur östlichen Stadtmauer hin. Dazwischen liegt Acker- land. DENKMAL HUPFLA 2020 3
Abb. 3 „Erlangen. Heil- und Pflegeanstalt“, um 1910 Diese städtebauliche Situation änderte sich 1895, als die Stadt das Areal vor dem Verwaltungsgebäude in eine parkähnliche Grünanlage umgestaltete. Auf dem neuen Maximiliansplatz pflanzte man wenig später sogar Palmen an. 1910 wurde die Kreisirrenanstalt dann in „Heil- und Pflegeanstalt“ umbenannt, um auf ihre therapeutischen Ziele hinzuweisen. Video Direktions- gebäude, Nordseite Wir befinden uns jetzt hinter dem Verwaltungsgebäude an einer Stelle, an der frü- her der älteste Teil der Anstalt stand. Die abgemauerten Fenster im Erdgeschoss und Obergeschoss lassen noch erkennen, wo der Südflügel des Kreuzbaus mit dem Eingangsgebäude verbunden war. Das markante Bauwerk wurde wie die meisten anderen Gebäude der Hupfla 1978 abgebrochen, nachdem die Bezirksklinik an den Europakanal umgezogen war. Mit dem Abriss ging freilich ein bedeutendes Kulturdenkmal verloren. Die kreuz- förmige Anlage war der einzige psychiatrische Anstaltsbau in Deutschland, der nach dem panoptischen System entworfen war. DENKMAL HUPFLA 2020 4
Abb. 4 Schrägansicht des Kreuzbaus um 1846 Die Idee einer Panoptischen Anstalt geht auf den englischen Philosophen Jeremy Bentham zurück. Bentham machte Ende des 18. Jahrhunderts den Vor- schlag, Gefängnisse, Irrenanstalten und Arbeitshäuser so zu konstruieren, dass die Insassen von einem möglichst kleinen Wachpersonal unter ständiger Auf- sicht gehalten werden können. Dieser Gedanke einer „Raumordnung des zwingenden Blicks“ wurde vor allem von englischen und schottischen Architekten aufgegriffen und in oft sternförmi- gen Anstaltsbauten mit zentraler Beobachtungsstation umgesetzt. Abb. 5 Umfang der ältesten Anstalt im Jahr 1846 Im Erlanger Fall war die panoptische Bauweise aber vor allem eine gute Lösung, um spezifische Anforderungen an psychiatrische Anstalten – wie die räumliche Trennung der Patientengruppen, die Aufteilung der Krankengärten, gute Licht- und Belüftungsverhältnisse – auf dem begrenzten Bauplatz umsetzen zu können. Als geschlossene Anstalt war die Hupfla von Anfang an ein Mikrokosmos. So gab es unter anderem verschiedene Gemeinschaftseinrichtungen: zwei Bierschen- ken, ein Billardzimmer, eine Bibliothek und sogar eine Kapelle, die im westlichen Querbau untergebracht war. DENKMAL HUPFLA 2020 5
Abb. 6 Kapelle im Kreuzbau, 1977 Hier ein Blick in die Kapelle. Das Foto zeigt die Apsis mit dem Altar und darüber die unübersehbare Umschrift „Ich bin der Herr, dein Arzt“. Der Satz ist ein Bibel- zitat und entsprach einer Anschauung, die in der Anfangszeit der Psychiatrie weit verbreitet war: Der Zerfall mit Gott ist der Ursprung aller Krankheit, auch der Geisteskrankheit. Wenn man an die patriarchalischen Anstaltsstrukturen denkt, kann man den Satz aber auch umstellen: „Ich bin der Arzt, dein Herr“. Video Freifläche hinter dem Direktions- gebäude Infolge der wachsenden Zahl von Patient*innen aus ganz Mittelfranken wurde die Kreisirrenanstalt bald mehrmals erweitert. Für die Neubauten mussten neue Konstruktionsprinzipien gefunden werden, da die Panoptische Anlage ein in sich geschlossenes Ganzes bildete. Die zeitgenössischen Architekten konnten im Krankenhausbau vor allem auf zwei Systeme zurückgreifen: das ältere Korridorsystem und das dezentrale Pavillon- system mit freistehenden Einzelbauten. Bei der Erweiterung der Hupfla wurden beide Bauweisen miteinander kombiniert, was durchaus üblich war, hier aber zu einem ungewöhnlichen Ergebnis führte. DENKMAL HUPFLA 2020 6
Abb. 7 Übersichtsplan mit Bauphasen- kartierung, hier 1834-1901 In Erlangen entstand nämlich durch die Verbindung mit dem ursprünglichen Kreuzbau eine sehr markante Grundriss-Struktur, die nicht von Anfang an ge- plant war, sondern in vier Bauphasen schrittweise entwickelt wurde. Die strenge Symmetrie der Anlage ergab sich dabei fast wie von selbst aus der Geschlech- tertrennung: In den Pavillons auf der westlichen Seite waren die Frauen, auf der östlichen die Männer untergebracht. Video Freifläche hinter dem Direktions- gebäude mit Drohne Das zweite Baudenkmal, das wir uns ansehen, ist der Nordflügel an der Schwabachanlage. Während ich mich dorthin auf den Weg mache, können Sie das heutige Gelände von oben betrachten. Die Drohne fliegt entlang der Mittel- achse des ehemaligen Hupfla-Ensembles zu unserer nächsten Station. DENKMAL HUPFLA 2020 7
Video Drohne Flug über Klinikgebäude des Internisti- schen Zentrums Die ausgedehnten Klinikgebäude des Internistischen Zentrums, die unsere Droh- ne überfliegt, wurden seit 1997 errichtet. Etwa hier – auf der gedachten Linie (roter Balken) zwischen dem kleinen Lichthof und den Containergebäuden links – verlief ursprünglich die nördliche Stadtmau- er, die bei der ersten Erweiterung der Hupfla abgebrochen wurde. Abb. 8 Neue Kochküche, um 1902 Um 1900 entstand dann an dieser zentralen Stelle ein moderner Küchenbau. Die neue Küche arbeitete mit großen Dampfkochtöpfen und anderen techni- schen Errungenschaften der Zeit. DENKMAL HUPFLA 2020 8
Abb. 9 Küchenbau, Innenansicht, um 1902 Diese Neuerungen waren nach dem Ausbau der Anstalt unerlässlich. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Hupfla etwa 1000 Patient*ìnnen, die alle regelmäßig verpflegt werden mussten. Abb. 10 Festsaal, um 1902 Nördlich des Küchenbaus lag der Festsaalbau. In dem prächtigen, historis- tisch gestalteten Saal fanden anstaltsinterne Konzerte, Tanzveranstaltungen, Faschingsbälle und andere Gemeinschaftsveranstaltungen statt. Seit 1901 verfügte die Anstalt über elektrische Beleuchtung, wie das damals ent- standene Foto illustriert. Der Strom wurde im benachbarten Kesselhaus erzeugt. Mit all ihren Erweiterungsbauten zählte die Erlanger Anstalt zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den größeren und besteingerichteten Heil- und Pflegean- stalten Deutschlands. DENKMAL HUPFLA 2020 9
Abb. 11 Luftbild der Heil- und Pflege- anstalt, um 1960 Im Luftbild aus der Zeit um 1960 ist die architektonische Mittelachse des Bau- ensembles deutlich erkennbar: an zentraler Stelle der Küchenbau mit den großen Bogenfenstern und dem flachen Dach, dahinter der Festsaalbau und schließlich das Kesselhaus mit Schieferdach. Video Landung der Drohne vor dem Nordflügel Wir sind an der Geländestufe angelangt, die durch die Terrassierung des Neu- bauareals entstanden ist. Von hier aus hat man einen guten Blick auf unser zwei- tes Baudenkmal. DENKMAL HUPFLA 2020 10
Video Nordflügel, Südseite Der Nordflügel ist nach dem großen Abbruch von 1978 das einzige erhaltene Patientengebäude. Er wurde 1874-1879 errichtet und diente zunächst als Pflegebau für „Ruhige und Halbruhige“. Seit 1903 war hier die Psychiatrische Universitätsklinik unter- gebracht, allerdings nur auf der Grundlage eines Mietvertrags, wie ein Gast im fremden Haus. Architektonisch und städtebaulich gesehen, bildete der spätklassizistische Sandsteinbau den Abschluss des Bauensembles zum Schwabachgrund hin. Er hat eine Länge von 166 m und war damit bei weitem das größte Erweiterungsge- bäude der Hupfla. Auch das hohe Sockelgeschoss, der erhöhte Mittelrisalit und die reiche Fassadengliederung entsprachen der raumschließenden Funktion, die dem Nordtrakt zugedacht war. Video Nordflügel, Mittelrisalit mit Resten der Verbindungs- gänge Ein interessantes Relikt sind die eigentümlichen Vorbauten auf beiden Seiten des Mittelrisalits. Hier mündeten früher die separaten Verbindungsgänge für Männer und Frauen in das Gebäude ein. DENKMAL HUPFLA 2020 11
Abb. 12 Grundriss und Ansicht des Nordflügels, Zeichnungen, 1902 Über das ursprüngliche Raumprogramm des Nordtrakts informiert dieser Grund- riss aus dem Jahr 1902: Im Mittelrisalit befanden sich die Funktions- und Wohn- räume für den Abteilungsarzt und das Personal, während die Seitenflügel für die weiblichen bzw. männlichen Patienten bestimmt waren. Die weitere Raumauftei- lung orientierte sich an dem damals üblichen Drei-Klassen-System: Die Einbett- zimmer waren für die 1., die Zwei- oder Dreibettzimmer für 2. und die Schlafsäle für die 3. Versorgungsklasse vorgesehen. Die Ansicht zeigt die Nordseite des Gebäudes, die mit der Freitreppe und dem Eingangsportal als Hauptfassade gestaltet ist. DENKMAL HUPFLA 2020 12
Video Nordflügel, Nordseite Wir haben jetzt die Schauseite des Nordflügels im Blick, die in den letzten Jahren durch zahlreiche Zeitungsartikel bekannt geworden ist. In der langen Auseinandersetzung um Erhalt oder Abbruch des Gebäudes scheint sich inzwischen ein Kompromiss abzuzeichnen: Zwar soll der Westflügel des Nordtrakts demnächst für medizinorientierte Forschungsbauten abgebro- chen werden, doch bestehen auch Pläne, den Mittelrisalit zu erhalten und hier ein „Zentrum für Geschichte und Ethik der Medizin“ einzurichten. Diese Entscheidungen und Planungen stehen hier freilich nicht zur Diskussion. Ein wichtiges Thema unseres historischen Rundgangs sind aber die Kranken- morde, an die das erwähnte Dokumentationszentrum erinnern soll. Abb. 13 Meldebogen der T4-Zentrale, 1940 DENKMAL HUPFLA 2020 13
Im Rahmen der NS-„Euthanasie“ wurde die Hupfla zum Schauplatz eines in Erlangen beispiellosen Massenverbrechens. Zwischen 1. November 1940 und 24. Juni 1941 wurden im Zuge der zentral initi- ierten „Aktion T4“ 908 geistig Behinderte und psychisch Kranke aus Erlangen mit sieben Transporten in Tötungsanstalten deportiert und dort vergast. Abb. 14 Hungerkost- Erlass, 30.11.1942 Eine zweite Phase der „Euthanasie“ begann in Bayern mit dem Hungerkosterlass vom 30. November 1942. Bis Kriegsende starben in den eigens eingerichteten Hungerstationen der Hupfla über 1000 Kranke an den Folgen mangelnder Ernäh- rung durch die „B-Kost“. Insgesamt fielen mindestens 2000 Anstaltspatient*in- nen den „Euthanasie“-Morden des NS-Regimes zum Opfer. DENKMAL HUPFLA 2020 14
Video Ärztehaus II, Nordostseite Wir kehren nach diesem Exkurs in die grauenvolle Zeit der Krankenmorde zur Baugeschichte der Hupfla zurück. Der Errichtung des Nordflügels folgte in den 1890er Jahre noch einmal eine Pha- se reger Bautätigkeit. Hier auf dem westlichen Erweiterungsgelände entstanden damals das „Ärztehaus I“ und der Ökonomiehof, die beide nicht mehr existieren. Erhalten geblieben ist aber das „Ärztehaus II“, vor dem ich stehe. Es wurde 1908 errichtet, um Dienstwohnungen für zwei Anstaltsärzte zu schaf- fen. Das repräsentative Wohnhaus ist mit neubarocken und Jugendstilelementen gestaltet und steht heute unter Denkmalschutz. Wir sehen hier allerdings nur die relativ schmucklose Rückseite des Gebäudes; die beiden Schauseiten sind der Straße und dem Katholischen Kirchenplatz zugewendet. Abb. 15 Übersichtsplan mit Bauphasen- kartierung, hier 1834-1910 Wie der Bauphasenplan zeigt, war der Ausbau der Anstalt Anfang des 20. Jahr- hunderts weitgehend abgeschlossen. Die Hupfla war zu einer „Stadt in der Stadt“ geworden, mit eigenen Grenzen und eigenen Regeln. Anhand des Plans DENKMAL HUPFLA 2020 15
können wir uns außerdem über die neuen Gebäude an der Westseite des Gelän- des informieren. Der Ökonomiehof war im Geviert gebaut und enthielt Ställe für Schweine, Kühe und Hühner sowie Wohnungen für den Gärtner und den Öko- nomieknecht. Abb. 16 Werkstätten, Ansicht und Schnitt, um 1900 Außerdem befand sich an der Nordostecke des Ökonomiehofs ein Werkstätten- gebäude für Strohflechter, Sattler, Anstreicher und Schreiner. Die hier geschaffenen Beschäftigungsmöglichkeiten von Patienten waren freilich nur ein Ersatz für die landwirtschaftlichen Arbeiten, die inzwischen fast völlig weggefallen waren, weil man die umliegenden Felder zur Erweiterung der Anstalt benötigt hatte. Abb. 17 Gut Eggenhof in Uttenreuth, um 1930 DENKMAL HUPFLA 2020 16
Mehr Gewicht erhielt die Arbeitstherapie in der Zeit von Dr. Gustav Kolb, der 1911 die Leitung der Anstalt übernahm. Auf seine Initiative hin wurde das Gut Eggenhof bei Uttenreuth als „Agricole Kolonie“ erworben und in einen Musterbetrieb für Beschäftigungstherapie um- gestaltet. Abb. 18 Gustav Kolb, um 1930 Kolbs eigentlicher Beitrag zur Reform der Psychiatrie war aber das Konzept der „offenen Fürsorge“. Die von ihm entwickelten ambulanten Versorgungsformen sind als „Erlanger System“ in die Psychiatriegeschichte eingegangen. 1934 zog sich Kolb unter dem Druck der Nazis aus dem Berufsleben zurück. Er gilt heute unbestritten als Hauptvertreter der Reformpsychiatrie in der Weimarer Zeit. Video Direktorenwohn- haus, Südostseite Wir kommen zum jüngsten erhaltenen Gebäude der Hupfla, dem 1934 errich- teten Direktoren-Wohnhaus, das bislang nicht unter Denkmalschutz steht. Sie sehen hier die repräsentative Ostseite des Gebäudes, die mit ihrem altanartigen Vorbau an eine Villa erinnert. DENKMAL HUPFLA 2020 17
Kolb wohnte wie seine Vorgänger noch im Obergeschoss des alten Direktions- gebäudes. Erst sein Nachfolger Dr. Wilhelm Einsle konnte bei seinem Amtsantritt das neue Haus als Dienstwohnung beziehen. Einsle leitete die Hupfla von 1934 bis 1945. Als Anstaltsdirektor war er für die internen Maßnahmen zur Umsetzung der „Aktion T4“ und des Hungerkost-Erlas- ses verantwortlich. Gleichwohl wurde er nach Kriegsende hierfür strafrechtlich nicht belangt. Abb. 19 Zeitungsbericht über den Frei- spruch Einsles, März 1950 Einsle wurde zwar 1945 von der Amerikanischen Militärregierung entlassen. Auch wurde 1948 ein Strafverfahren gegen ihn und einen Oberarzt wegen Beihilfe zum Totschlag eingeleitet, doch sprach das Schwurgericht Nürnberg die beiden An- geklagten mangels Beweisen frei – ein typisches Bespiel für den Umgang der deutschen Nachkriegs-Justiz mit den Euthanasie-Morden der NS-Zeit. DENKMAL HUPFLA 2020 18
Video Direktions- gebäude, Südseite Wir sind am Ende des Rundgangs angelangt. Aus aktuellem Anlass bleibt zu erwähnen, dass das Rahmenkonzept zum Erin- nerungsort Hupfla den ehemaligen Direktionsbau in seine Planungen einbezieht, um hier ein Besucherzentrum zu schaffen. Video Direktions- gebäude, Südseite Das ist in meinen Augen eine hervorragende Idee und in jedem Fall ein diskus- sionswürdiges Thema, allerdings keines, das in einen historischen Rückblick ge- hört, weshalb ich an dieser Stelle abbreche. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! DENKMAL HUPFLA 2020 19
Impressum Stadt Erlangen, Referat für Planen und Bauen, Bauaufsichtsamt Unter dieser Internet-Adresse finden Sie den Video-Clip: www.erlangen.de/tag-des-offenen-denkmals Konzeption, Text und Sprecher: Thomas Engelhardt, Vorstand Heimat- und Geschichtsverein Erlangen Kamera, Schnitt und Grafik: Christian Manhart Video-Aufzeichnung Drohne: Stadt Erlangen, Referat für Planen und Bauen, Hans-Heinrich Moritz Abbildungen: Stadtarchiv Erlangen: Abb. 1, 2, 3, 11, 19 Bezirkskrankenhaus Erlangen: Abb. 17 Staatsarchiv Nürnberg: Abb. 16 Bundesarchiv Berlin: Abb. 13 Privatbesitz: Abb. 6 Wir danken für die Unterstützung DENKMAL HUPFLA 2020 20
Anhang 1 Abbildungsverzeichnis Titelmotiv Direktionsgebäude der Kreisirrenanstalt mit Pflegern und Patienten bei der Gartenarbeit, Foto, um 1890 Stadtarchiv Erlangen, VI.M.b.1654 Abb. 1 Lage der Kreisirrenanstalt um 1846 Katasterplan 1822 mit Grundrissen des Altstädter Holzmagazins (1832/34 errichtet) und der Kreisirrenanstalt verwendete Pläne: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, historische Flurkarten; Stadtarchiv Erlangen, 6.A.154 Abb. 2 „Irrenhaus“, Stahlstich, 1843 Stadtarchiv Erlangen, VI.L.a.1 Abb. 3 „Erlangen. Heil- und Pflegeanstalt“, Farbpostkarte, um 1910 Stadtarchiv Erlangen, 33.S.Sch.1/9 Abb. 4 Schrägansicht der Kreisirrenanstalt im Jahr 1846 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904, Abb. 7 Abb. 5 Umfang der ältesten Anstalt im Jahr 1846 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904, Abb. 6 Abb. 6 Kapelle im westlichen Querbau der panoptischen Anlage, Foto, 1977 Privatbesitz Abb. 7 Übersichtsplan der Heil- und Pflegeanstalt mit Bauphasenkartierung, hier 1834-1901 erarbeitet von Thomas Engelhardt graphische Umsetzung: Stadt Erlangen, Referat für Planen und Bauen Abb. 8 Küchenbau, Foto, um 1902 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904 Abb. 8 Küchenbau, Foto, um 1902 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904 DENKMAL HUPFLA 2020 21
Abb. 9 Neue Kochküche, Foto, um 1902 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904 Abb. 10 Festsaal, Foto, um 1902 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904 Abb. 11 Luftbild der Heil- und Pflegeanstalt, Postkarte, um 1960 Stadtarchiv Erlangen, XIII.11.B.2 Abb. 12 Grundriss und Ansicht des Nordflügels, 1902 aus: August Würschmidt: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. Ansbach 1904 Abb. 13 Meldebogen der T 4-Zentrale, 1940 Bundesarchiv Berlin, R 179/18427, Bl. 1 Abb. 14 Hungerkosterlass des Bayer. Staatsministers des Inneren, 30.11.1942 Gemeinfrei, https://de.wikipedia.org/wiki/Hungerkost-Erla%C3%9F Abb. 15 Übersichtsplan der Heil- und Pflegeanstalt mit Bauphasenkartierung, hier 1834-1910 erarbeitet von Thomas Engelhardt graphische Umsetzung: Stadt Erlangen, Referat für Planen und Bauen Abb. 16 Werkstättengebäude, Ansicht und Schnitt, um 1900 Staatsarchiv Nürnberg, Kreisirrenanstalt Erlangen, Pläne Abb. 17 Gut Eggenhof in Uttenreuth, Foto, um 1930 Bezirkskrankenhaus Erlangen Abb. 18 Gustav Kolb, Foto, um 1930 aus: Zeitschrift für psychische Hygiene, Band 3, 1930, Heft 6 Abb. 19 Bericht über den Freispruch von Wilhelm Einsle, Erlanger Tagblatt, März 1950 Stadtarchiv Erlangen, III.101.E.1 DENKMAL HUPFLA 2020 22
Anhang 2 Auswahlliteratur (chronologisch) Bumm, Anton: Zur Geschichte der Panoptischen Irrenanstalten: Nachdruck der Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens der Kreisirrenanstalt für Mittelfranken in Erlangen. Erlangen 1903. Würschmidt, August: Die Kreisirrenanstalt Erlangen. In: Regierung von Mittelfranken (Hrsg.): Die Irrenanstalten des Kreises Mittelfranken. Denkschrift zur Errichtung der Kreisirrenanstalt Ansbach. Ansbach 1904, S. 23-72. Leibbrand, Werner: Voraussetzungen und Folgen der sogenannten „Euthanasie“. In: Derselbe (Hrsg.): Um die Menschenrechte der Geisteskranken. Gedenk- und Mahnworte der Ärzte der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt aus Anlaß deren 100jährigen Bestehens. Nürnberg 1946, S. 10-17. Eberstadt, Elisabeth: K.A. von Solbrigs Liebe zu den Irren. In: Ebenda, S. 31-49. Walz, Karl: Das System der offenen Fürsorge Gustav Kolbs. In: Ebenda, S. 91-102. Heubeck, Herrmann: Der Anstaltsbau als Organismus. In: Ebenda, S. 110-119. Schmidt, Gerhard: Selektion in der Heilanstalt 1939-1945. Stuttgart 1965. Jetter, Dieter: Grundzüge der Geschichte des Irrenhauses. Darmstadt 1981. Böcker, Felix M.: Psychiatrische Familienpflege und offene Irrenfürsorge. In: Lungershausen, Eberhardt/Baer, Rolf (Hrsg.): Psychiatrie in Erlangen. Festschrift zur Eröffnung des Neubaues der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen. Erlangen 1985, S. 62-83. Luscher, Christian: 150 Jahre Psychiatrie in Erlangen. I. Das 19. Jahrhundert. In: Bezirk Mittelfranken (Hrsg.): Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum des Bezirkskrankenhauses Erlangen. Erlangen 1996, S. 10-21. Siemen, Hans Ludwig: 150 Jahre Psychiatrie in Erlangen. II. Psychiatrie im 20. Jahrhundert. In: Ebenda, S. 22-29. Siemen, Hans Ludwig: Heil- und Pflegeanstalt Erlangen. In: Cranach, Michael von/Siemen, Hans Ludwig (Hrsg.): Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die bayerischen Heil- und Pflegeanstalten zwischen 1933 und 1945. München 1999, S. 159-173. Ley, Astrid: Zwangssterilisation und Ärzteschaft. Hintergründe und Ziele ärztlichen Handelns 1934-1945. Frankfurt/Main 2004. Sandmeier, Judith: Die ehemalige Heil- und Pfleganstalt Erlangen. In: Stadt Erlangen (Hrsg.): Tag des offenen Denkmals in Erlangen. 8. September 2013. Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Baudenkmale? Erlangen 2013, S. 44-55. Braun, Birgit/Kornhuber, Johannes: Die einzige „panoptische“ Anstalt Deutschlands: Eine Würdigung der „Kreis Irrenanstalt Erlangen“. In: Fortschritte der Neurologie Psychiatrie. 81/2013, S. 162-168. DENKMAL HUPFLA 2020 23
Braun, Birgit/Kornhuber, Johannes: Das „Erlanger System“ der offenen Fürsorge: Eine Würdigung Gustav Kolbs (1870–1938). In: Fortschritte der Neurologie Psychiatrie. 82/2014, S. 401-413. Wiesinger, Christine/Frewer, Andreas: Werner Leibbrand, Annemarie Wettley und Kontroversen um „Euthanasie“. Die Hintergründe medizinhistorisch-ethischer Debatten der Nachkriegszeit. In. Medizinhistorisches Journal 2014, Bd. 49, H. 1/2, S. 45-76. Ude-Koeller, Susanne/Leven, Karl-Heinz: NS-„Euthanasie“ in Erlangen – T4-Aktion und B-Kost. In: Leven, Karl-Heinz/Plöger, Andreas (Hrsg.): 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815-2015. Köln, Weimar, Wien 2016, S. 286-287. Braun, Birgit: Friedrich Meggendorfer. Person und Ethik eines Psychiaters im Nationalsozialismus. Stuttgart 2017. Rauh, Philipp: Die NS-„Euthanasie“. In: Leven, Karl-Heinz/Rauh, Philipp/Thum, Andreas/Ude-Koeller, Susanne (Hrsg.): Die Medizinische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: Kontexte – Köpfe – Kontroversen (1743-2018). Wien, Köln, Weimar 2018, S. 120-126. Hahlweg, Dietmar: Umbrüche und Kontinuitäten. Zur Entwicklung des ehemaligen „Hupfla“ Geländes“. In: Stadt Erlangen (Hrsg.): Tag des offenen Denkmals in Erlangen. 8. September 2019. Modern(e) Umbrüche in Kunst und Architektur. Erlangen 2019, S. 58-68. Frewer, Andreas (Hrsg.): Psychiatrie und „Euthanasie“ in der HuPfla: Debatten zu Werner Leibbrands Buch „Um die Menschenrechte der Geisteskranken“. Neustadt an der Aisch 2020. DENKMAL HUPFLA 2020 24
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