Depression im Alter - Systemische Sicht auf supportive Settings - Vortrag im Rahmen der Fachtagung des Altersforums am 29.06.2021 - Altersforum ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Depression im Alter – Systemische Sicht auf supportive Settings Vortrag im Rahmen der Fachtagung des Altersforums am 29.06.2021 www.ipw.ch 1
Zu meiner Person Robert Koch Stv. Chefarzt Altersbereich Vorwiegend tätig: Psychotherapiestation im Alter, mit integrierter Tagesklinik (PTSA) Akutstation für Menschen mit Demenzerkrankungen (AFD) Liaison- & Konsiliardienst in regionalen Alterseinrichtungen www.ipw.ch 2
Integrierte regionale alterspsychiatrische Versorgung Spitex Gesetzlicher GAIWO Genossen Stadt Betreuungs Senioren Gemeinde Schaft Winterthur oder dienst Gemeinwesen verbände Psychiatrische 1 Pflege Alters- und IV- Private Wohnungen Anbieter GEPS Abklärung, Triage Primärversorgung Psycho Niedergelassene Kriseninter- Haus- und Netzwerk 2 Therapeuten Psychiater Spezialärzte Kantons Psychiatrieregion vention, PVR AWA Spital Winterthur Case Management Mobile Equipe, Home VWP Früherfas- sung Winterthur Inst. Ambulanz KSW 3 Treatment Ambis für komplexe Fälle GAT Ambi Tagesklinik Mobile Equipe 4 Tageskliniken Geronto Akut- und Spezialtageskliniken psychiatrisch- Geronto- geriatrische Psychiatrische Assessment 5 Akut- und Akut- und Spezialstationen Akutstationen Psychotherapie- station Regionale Spezialstationen station Psychiatriekommission Alters- und Winterthur 6 Altersforum Langzeitbereich Koordi- Pflegeheime Winterthur Regelmässige nation Stadt Bedarfserhebungen Winterthur Weiterbildungen Diskussionsforen Projekte, Integrierte Versorgung, z.B. ZIA (CM) Steuerung
Patientensystem: Hausarzt Freunde Systemische Psychiater Systemische Partner Arbeit Arbeit mit mit dem Leber der Nervensystem Herz/Kreislauf Bew.sapparat Stoffwechsel Körpererl. Gedanken Gefühle Niere Familie/ Externen Spitex Helfer- Kinder Paar- Netz/ und Helfer- Familien- konferenzen therapie Gemeinde Enkelkinder AH/PH
BPSD – interdisziplinäre Zusammenarbeit Multifaktorielle Ursachen der depressiven Erkrankung: • Neurotransmitterstörungen führen zu einem Ungleichgewicht von Botenstoffen • Ungünstige Zu wenig Serotonin Zu viel Dopamin Kommunikation führt zu unerfüllten Bedürfnissen Depression Summe an Kränkungen Selbstwertkrise • Vegetative Störungen: Wechselwirkung auf andere Schlafstörung, Appetitstörung, Bezugspersonen: Leidensdruck und Stoffwechselstörung Beeinträchtigung des Erkrankten Belastung der Pflegenden und Angehörigen
BPSD – interdisziplinäre Zusammenarbeit Therapie Der 1. Schritt ist die Klärung des quälendsten Symptoms • Dieses Hauptsymptom (häufig: Gedankenkreisen um depressive Kognitionen wie Selbstabwertungen) angehen, Umgebungseinflüsse/Bedürfnisse eruieren und Anpassungen vornehmen. • Anamnese/guter Kontakt zu den Angehörigen ist sehr wichtig. Der Patient muss „erforscht“ werden (seine Vorlieben, seine Gewohnheiten, Traumata, Beziehungen, prämorbide Persönlichkeit und Rolle in der Familie, alte Konfliktthemen u. v. m.). • …um dann die Auslöser der Erkrankung zu beseitigen, zumindest zu reduzieren.
Im stationären Setting der ipw www.ipw.ch 8
Integration in den Behandlungsprozess Patient Eintritt Ärztl. Erstdiagnose Pfleg. Ersteinschätzung Massnahmenplanung Massnahmenplanung Ersteinschätzung im Kernteam Krisenintervention von Vorstellung Oberarzt 5-7 Tagen Interdisziplinäre Vorstellung im Ultrakurz - Rapport Ev. Beizug von externen Spezialisten Kurzfristige Ziel- und Massnahmenplanung Ärztliches Pflegerisches Assessment Assessment Spezialtherapeuten Assessment Patientenvorstellung Mittel- Langfristige Ziel- und Massnahmenplanung Standort Kernteam Anpassung Ziel- und Mass nahmenplanung Austritt nein Versetzung ja Interdisziplinäres Austrittsgespräch Ev. Beizug von weiteren Austritt Spezialtherapeuten/externen Versetzung Spezialisten
Depression: Zusammenarbeit Interdisziplinäre Zusammenarbeit: AA und OA Sozial- • Fallvorstellung Geriater dienst • IDR (interdisziplinärer Rapport) Angehör Physio- ige Patient therapie • Familiengespräch(e) • Standorte Aktivieru ngs- Pflege therapie • Austrittsgespräch, Psycho- Übergabe an ambulantes login Helfernetz / Pflegeinstitution
Beispiel Familien-System
Wie unkompliziert all das möglich ist, ist abhängig von der vorbestehenden Funktionalität oder Dysfunktionalität der Familienstrukturen und – muster.
Vorbestehende Familiensituation I. Struktur: offene – geschlossene Systeme II. diffuse – starre – klare, flexible Grenzen (Minuchin) III. Umgang mit Nähe und Distanz (Satir, Minuchin) IV. Alte Loyalitäten V. Delegationen über Generationen (Boszormenyi-Nagy) VI. Kommunikations-Stile (Satir) VII. Wachstumsorientierung (Kirschenbaum)
Modelle von Familien-Systemen
Familienvarianten Bsp.I Y-Achse: Offenes System Z-Achse: Kongruente/ Bsp. II funktionale Kommunikation Bsp. IV Dysfunktionale Kommunikation Bsp. III Geschlos- senes X-Achse: Loyalität: System Aggressiv-gespannt konstruktiv-wohlgesinnt keine/ gebunden/verstrickt gelöst
Familienvarianten Beispiel I Beispiel II • Offenes System • Offenes System • Nähe-Distanz • Nähe-Distanz angemessen geregelt angemessen geregelt • Konstruktiv-wohlgesinnte • Keine Loyalität Loyalität • Kommunikationsstörung • Kongruente Hilfe wird komplett an Kommunikation das externe Helfernetz • Grosse Bereitschaft, Hilfe delegiert anzunehmen
Umgang Beispiel I Beispiel II • Gemeinsame Beratung • Komplette über Diagnose, sozialmedizinische • Prognose, Betreuung mit • Hilfsmöglichkeiten, Organisation durch Organisation von Hilfen externe Helfer ohne die unter Einbezug der Familie oder mit nur Familie, klare geringer Absprache mit Absprachen sind möglich der Familie, • Sozialdienst sehr beansprucht
Familienvarianten Beispiel III Beispiel IV • Geschlossenes System • Geschlossenes System • Nähe-Distanz- • Nähe-Distanz- Problematik Problematik • Aggressiv-gespannte • Grundsätzlich konstruktiv- Loyalität wohlgesinnte Loyalität • Kommunikationsstörung • Kongruente • Wachstumsblockade Kommunikation Fast gar keine • wachstumsorientiert Bereitschaft, Hilfe von Wenig Bereitschaft, Hilfe aussen anzunehmen von aussen anzunehmen
Umgang Beispiel III Beispiel IV • Zugang finden mit viel • Wie Typ III Respekt vor der Grenze • Evtl. systemische Therapie (=Schutz) möglich mit struktureller • Viel Verständnis und Arbeit an Grenzen und Toleranz zeigen (cave: Rollen Gewalt/Suizidalität !) Themen: • Ängste nehmen • Schlechtes Gewissen, die • Vertrauen schaffen Rolle nicht gut zu erfüllen • Entlasten, ohne eigenen • Negative Projektion auf Verantwortungsbereich der externe Helfer: Familie zu sehr Zuschreibung von einzuschränken. Inkompetenz • Ziel: Schadensbegrenzung • Aufopfern bis zum Zusammenbruch
Wechselwirkungen Stress beim Stress bei (pflegenden) professionellen Angehörigen Pflegenden Stressreaktionen bei Stressreaktionen Professionellen des (pflegenden) Pflegenden Angehörigen
Komplexere Wechselwirkungen Stress beim Stress beim Stress bei Stressreaktionen (pflegenden) (pflegenden) professionellen des Patienten Angehörigen Angehörigen Pflegenden Stressreaktionen Stress beim Stressreaktionen bei Stressreaktionen Patienten des (pflegenden) Professionellen des (pflegenden) Angehörigen Pflegenden Angehörigen
Ängste der Familien von psychisch Kranken: Die Angst, Fremden Einblick in das Familienleben zu geben, wenn ein Leben lang die Familienregel existiert hat, nichts nach aussen zu tragen, schon gar nicht, wenn es peinlich sein könnte (als was eine psychische Erkrankung in dem System gelten kann). Die Angst, in Not nicht ernst genommen zu werden. Die Angst, wegen der bisherigen Strategien (Scham über das eigene Verhalten, welches nicht mehr den eigenen Idealen entspricht) entwertet zu werden.
Häufige Ängste der Familien von Demenzkranken: Angst vor Überforderung, Angst den eigenen Ansprüchen zum Umgang mit dem depressiv erkranken Familienangehörigen nicht gerecht zu werden. Angst, dass bestehende Strukturen, Regeln und Normen der Familie nicht respektiert werden. Die Angst, selbst an einer Depression (oder an einem anderen Leiden) zu erkranken (und nicht mehr «funktionieren» zu können).
Vorgehensweise: • Familie - ihren und unseren Möglichkeiten entsprechend - als Partner akzeptieren, respektieren • Die Hintergründe depressiver Kognitionen erkennen und reframen • Kompetenzen der Familie anerkennen • Wertschätzende Grenzverhandlungen (Was geht? Was geht keinesfalls?) • Kommunikationsstörung und ihre Fortsetzung mit den Helfern erkennen und Umgang damit üben (Auseinandersetzung mit den eigenen Verletzbarkeiten und der eigenen Geschichte) • Grenzen der Systeme erkennen und benennen (Veränderungsflexibilität) • Persönliche Psychohygiene (z.B. Supervision)
Aktuelles in Zeiten von Corona
Conclusio Corona: Entwicklungen bei uns • Verspäteter Therapiebeginn (Testungen/Quarantäne) • Besuchseinschränkungen (Familiengespräche in red. Umfang: Häufigkeit und Personenzahl) • Häufig wechselnde Bestimmungen (etwa Belastungserprobungen daheim zwischenzeitlich ausgesetzt) Allgemeine Entwicklungen: • Familiensysteme komplexer • Ansprüche der «jüngeren» Älteren höher (z.B. technische Ausstattung) www.ipw.ch 26
Conclusio Corona: Betreute Wohnform o Vereinsamung, Struktureinbussen bei Abläufen/Therapie- Angeboten, Umgang mit Todesfällen als Depressionsrisikofaktoren bei den Bewohnenden o Pflegedienst mit zusätzlicher Belastung durch Hygieneaufwand, administrative Vorgaben/Kontrolle Besuchsprocedere, gehäufte Todesfälle, ökonomischer Druck/Kurzarbeit, Entlassungen www.ipw.ch 27
Vielen Dank!
Beschwichtigen: Negativ auswirkende Ich mach’ immer alles falsch. – Dazugehöriges Gefühl: Ich muss jeden glücklich machen, damit er mich liebt. Kommunikationsarten Anklagen: Du machst nie etwas richtig. – Dazugehöriges Gefühl: Niemand schert sich um mich. Solange ich nicht herumbrülle, tut sowieso niemand etwas. Rationalisieren: Dazugehöriges Gefühl: Ich muss den Leuten zeigen, wie klug ich bin. Logik und gute Gedanken sind das einzig Wahre. Ablenken: Dazugehöriges Gefühl: Ich werde schon die Aufmerksamkeit bekommen, egal, wie extrem ich mich dafür aufführen muss.
Reframing der Kommunikationsarten • Beschwichtigen ist ein Versuch zur Herstellung von gegenseitigem Verständnis und Harmonie. Der Beschwichtiger ist in Kontakt mit allen anderen Teilen des Systems. • Anklagen: der Ankläger hat den Überblick über die Situation und zeigt auf den aktuellen Konfliktträger. • Rationalisieren: der Rationalisierer versucht das zumeist hoch emotionale Geschehen auf eine Metaebene zu heben, um so Zugang zu logischen Lösungen zu schaffen. • Ablenken: der Ablenker ist der Symptomträger des Systems und zeigt: Hier stimmt was nicht.
Sie können auch lesen