Der Übersetzer DISKUSSIONSBEITRÄGE UND INFORMATIONEN
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Der Übersetzer DISKUSSIONSBEITRÄGE UND INFORMATIONEN Herausgegeben vom Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.v. Neckarrems Juni 1973 Nr. 6 ‘IO. Jahrgang Maria Wandruszka: Sprachen verdanken kann; wo andererseits die Gefahren der Überfremdung, der strukturellen Hybridisierung Die neue Interlinguistik liegen. Zur Natur unserer Sprachen gehört nicht nur ihre oder notwendige Unvollkommenheit, sondern auch ihre in- Die Notwendigkeit einer kontrastiven, strumentale Permeabilität, die Möglichkeit gegenseitiger konfrontativen, differentiellen Linguistik Durchdringung und Bereicherung. Beiden Merkmalen wird die linguistische Theorie besser als bisher Rechnung Das Thema von Prof. Wandmszkas Vortrag tragen müssen. war ’Kontrastive Linguistik in Österreich’. Der Streit um die beste Übersetzung, um die dem Der Vortrag wurde Anfang des Jahres in der Original am nächsten kommende Entsprechung, das Sitzung der philshist. Klasse der Österreichi- heißt die beste Annäherung, enthüllt uns den Charakter schen Akademie der Wissenschaften gehal- unserer Sprachen auch noch in anderer Hinsicht. Dieser ten. Wir entnehmen ihm einige Auszüge. Streit entbrennt so leicht, ja er kann überhaupt nur Über nichts läßt sich bekanntlich scharfsinniger und entbrennen, weil unsere Sprachen keine monosystema- feinsinniger streiten als über die beste Übersetzung. Man tische Stringenz besitzen, die nur eine einzige richtige kann die Arbeit des kenntnisreichsten und gewissenhaf- Lösung zulassen würde. Immer wieder bieten sich zwei testen Übersetzers einer Gruppe sprachenkundiger Men- oder mehrere mögliche Übersetzungen an, annähernde schen vorlegen — man wird unweigerlich Widerspruch Entsprechungen, jede mit ihren Vorzügen und Nachtei- und verschiedene, manchmal gegensätzliche Verbesse- len. Mit dem Computer läßt sich nicht streiten, er hat rungsvorschläge erhalten. Das liegt gewiß nicht nur an immer recht, seine Lösung ist immer die einzig unfehlbar der menschlichen, allzumenschlichen Unvollkommenheit richtige. Jedes konstruierte Informationssystem ist nach jedes Übersetzers, seiner Unkenntnis oder Fahrlässigkeit. dem Prinzip der Biunivozität gebaut, der ein-eindeutigen Das liegt ebenso sehr an der notwendigen Unvollkom- Zuordnung der Formen und Funktionen: für jede Form menheit unserer Sprachen selbst. Zur Natur unserer eine und nur eine einzige Funktion und umgekehrt. Sprachen gehört ihre Unzulänglichkeit. Unsere natürlichen Sprachen dagegen sind in allen Die Formen und Strukturen unserer Sprachen, das wird Richtungen durchzogen von Polymorphien und Poly- im Übersetzungsvergleich immer wieder deutlich, besit- remien: bald haben zwei oder mehrere Formen die zen nicht überall die gleiche Reichweite; hier macht die gleiche Funktion, bald werden zwei oder mehrere eine Sprache etwas explizit was in der anderen implizit Funktionen der gleichen Form anvertraut. dem Kontext und der kommunikativen Situation anver- Was wir eine Sprache nennen, ’die deutsche Sprache‘, traut bleibt; bald kann man in der einen, bald in der ’die englische Sprache’, ’die arabische Sprache’ oder anderen etwas besser, treffender, knapper, eleganter irgendeine andere der dreitausend Sprachen, die wir sagen; da treten Redundanzen auf, dort Defizienzen; da Menschen auf dieser Erde sprechen, ist ja in Wahrheit ein entdeckt man in einer Sprache eine überraschende unglaublich vielgestaltetes, -geschichtetes‚ gefächertes Lücke, dort hat sie einen besonders glücklichen Fund soziokulturelles Polyrystem aus Konstanten und Varian— anzubieten. ten. w Der Übersetzer kennt am allerbesten das Ungenügen Jede unserer Sprachen ist eigentlich ein Konglomerat jeder Übersetzung. Er weiß nur zu gut, daß diese von Sprachen. Wir alle sind mehrsprachig schon in Rechnung nie restlos aufgehen kann, wie das umgekehrt unserer Muttersprache, wir alle haben nach der regional, bei jeder Transcodierung einer Information aus einem sozial, kulturell begrenzten Sprache unserer Kindheit in .\.. ‘ konstruierten Code A in einen Code B der Fall sein muß. der Schule eine transregionale, transsoziale Kultur- Die Konfrontation der Formen und Strukturen spielt sprache gelernt, die eigentlich schon unsere erste sich im Gehirn des Übersetzers ab. In seinem Bewußtsein Fremdsprache war. Von dieser ’muttersprachlichen stiften sich die approximativen Äquivalenzen, entstehen Mehrsprachigkeit’ weiß jeder Volksschullehrer ein Lied aber auch die Interferenzen zwischen den Sprachen. zu singen. Die phonetischen, lexikalischen, grammati- Denn auch das unterscheidet unsere natürlichen Spra- schen, idiomatischen Interferenzen zwischen der Dorf- chen von einem monosystematisch schlüssigen und mundart und der Sprache des Lesebuchs, des Schulauf- geschlossenen Code: ihre erstaunliche gegenseitige satzes sind sein tägliches Brot, die Interferenzen zwi- Durchlässigkeit, ihre instrumentale Permeabilität. Daher schen dem Dialekt, der regional mehr oder weniger stark können in der Übersetzung so leicht die verschiedensten gefärbten Hochsprache, die er selber im Klassenzimmer lexikalischen, grammatischen, idiomatischen Strukturen zu sprechen sich bemüht, der Sprache Goethes und der einen Sprache auf die der anderen abfärben. Gerade Grillparzers, den verschiedensten Varianten des Deut- die besten Übersetzungen lassen erkennen, welche schen, die das Fernsehen allabendlich in jedes Haus Erweiterungen, Bereicherungen, Verfeinerungen ihrer bringt, der Regiolekte west- und norddeutscher Ferien- Mittel eine Sprache den Übersetzungen aus anderen gäste, die heute auch in den abgelegensten Alpendörfern
erklingen Wie weit diese 'innere Mehrsprachigkeit’ spezifische Regiolekte, sondern für alle spezifischen gehen kann, zeigt am besten die deutschsprachige Strukturen. Dafür nur noch ein letztes Beispiel. Wir Schweiz mit ihrem selbstverständlichen, unablässigen besitzen im Deutschen in der Du- und Sie-Anrede ein Nebeneinander, Nacheinander, Ineinander von Schwy- soziokulturelles Instrumentarium, mit dem wir einen zerdütsch und Hochdeutsch. inneren Kreis uns vertrauter Menschen von allen anderen Dabei erwerben wir in unserer Muttersprache nicht nur explizit differenzieren (das für gewisse soziale Gruppen eine aktive Kompetenz, das heißt die Varianten, die wir kennzeichnende allgemeine Du sei hier einmal beiseitege- selbst verwenden, sondern auch eine um ein Vielfaches lassen). In Thomas Manns ’Zauberberg’ spielt der größere passive Kompetenz, das heißt alles, was wir Wechsel vom Sie zum Du und wieder zurück zum Sie verstehen, ohne es vielleicht selbst je zu gebrauchen. zwischen Hans Castorp und Clawdia Chauchat eine große Auch wenn wir selbst nie anders als Samstag sagen, Rolle. Wie soll das der englische Übersetzer verständlich gehört Sonnabend doch auch zum Wortschatz unserer machen, der in seiner Sprache dafür immer nur die Muttersprache. Ein anderes Verhältnis kann für jeden Allerweltsanrede you zur Verfügung hat? Umgekehrt von uns zwischen Januar und Jänner bestehen, wieder hat das Englische die alten ’Du’-Formen thau, thee ein anderes zwischen Februar und Feber Die regionale bewahrt, aber versehen mit dem soziokulturellen Index Polymorphie ist im Deutschen besonders groß, und diese ’biblisch, poetisch, archaisch’ und den entsprechenden ’innere Mehrsprachigkeit’ führt daher auch immer wieder Konnotationen. Wie soll man heute etwa die ironisch zur ’inneren Übersetzung’. So übersetzen wir Laken mit archaisierende Wirkung eines solchen thou und th'ee im Bettuch oder Leintuch; Spind oder Kasten mit Schrank; Deutschen wiedergeben, wo das Du einen ganz anderen Schornsteinfeger, Schlatfeger, Essenfeger, Essenkehrer. Stellenwert hat? Kaminfeger, Kaminkehrer, Rauchfangkehrer; Spengler, In der Übersetzung kann eine Sprache längst nicht all das Flaschnen Klempner; Erdäpfel, Grundbirnen, Kartoffel; zeigen, worüber sie verfügt. Der Übersetzer ist immer im Apfelrinen und Orangen; Marillen und Aprikosen Ich Nachteil. Er muß immer wieder seine ganze Kunst erwähne nur die allbekannten lexikalischen Polymor- aufbieten, um wenigstens ungefähre Entsprechungen zu phien, weil sich unsere innere Mehrsprachigkeit am finden, das Unabdingbare nötigenfalls zu umschreiben, leichtesten am Wortschatz verdeutlichen läßt; sie ist in zu erklären, weniger Wichtiges zu opfern oder dafür an den phonetischen oder den grammatischen Strukturen anderer Stelle Kompensationen zu schaffen. Um zwei keineswegs geringer. Sprachen richtig miteinander vergleichen zu können, muß daher das Verhältnis Vorlage — Übersetzung auch Für uns aber lautet hier die entscheidende Frage: Was immer wieder umgekehrt werden, müssen in einem geschieht, wenn ein solches ebenso komplexes wie ausgewogenen Verhältnis Originaltexte aus beiden Spra- subtiles Polysystem (also zum Beispiel die deutsche chen, da wo der Verfasser jeweils aus dem Vollen seiner Sprache) in ein anderes Polysystem (z. B. die franzö- Sprache schöpfen konnte, mit ihren jeweiligen Überset- sische Sprache) transponiert werden soll? Wie kann für zungen verglichen werden, also etwa nach den ’Budden— ein solches Gebilde, zustandegekommen durch das brooks’ und ihrer französischen Übersetzung umgekehrt Zusammen— und Gegeneinanderwirken zahlloser histori- ein großer französischer Familienroman und seine scher, vielfältig heterogener Faktoren, für alle diese deutsche Übersetzung. Konstanten und spezifischen Varianten, alle diese sozio- In der Übersetzung, der geglückten und der gescheiter- kulturellen lndices und die ihnen eigentümlichen Konno— ten, Zeigen sich unsere Sprachen erst wie sie wirklich tationen — wie kann dafür ein tausendfach anders sind, in dieser Konfrontation enthüllen sie erst ihre gestaltetes Gebilde eine Entsprechung bieten? wahre Natur. Die linguistische Analyse der Übersetzung, Erinnern wir uns an Thomas Manns Buddenbrooks. Da dieses ’Gesprächs zwischen den Sprachen in uns’, kann hören wir Lübecker Patrizierdeutsch, vor allem bei der der heute weithin monosystematisch fixierten linguisti- älteren Generation oft noch eine merkwürdige Mischung schen Theorie helfen, aus ihrem selbstgebauten Gefäng- von Platt und Französisch, der damaligen europäischen nis wieder heraus- und zurückzufinden zur lebendigen Bildungssprache, die auch noch in vielen dem Franzö- Wirklichkeit unserer Sprachen, dieser erstaunlichen Ge- sischen nachgemachten deutschen Wörtern und Wendun- bilde aus Analogien und Anomalien, Polymorphien und gen deutlich zu erkennen ist, da hören wir Ostpreußisch Polysemien, Redundanzen und Defizienzen, Explikatio mit ein paar polnischen Brocken, baltisches, schwilbi- nen und Implikationen, Konstanten und Varianten. Bei sches, fränkisches Pfarrerdeutsch, und schließlich Alois dieser ’Linguistik der Übersetzung’ geht es also nicht Permaneders unvergeßliches Münchnerisch. Die inner- darum, linguistische Rezepte für die Übersetzung zu deutsche Mehrsprachigkeit, das sprachliche Spannungs- entwickeln, eine linguistisch fundierte Übersetzungswis— verhältnis zwischen Nord und Süd, Lübeck und Mün- senschaft aufzubauen, sondern umgekehrt darum, aus chen, ist eines der großen Themen dieses Buches. der sprachlichen Grundtatsache des Übersetzens, aus den Wie sollte das alles in einer anderen Sprache als eben der wissenschaftlich beobachtbaren, beschreibbaren Wirk- deutschen ausdrückbar sein? Genevieve Bianquis, die lichkeiten der Übersetzung Aufschlüsse über die Natur französische Übersetzerin der ’Buddenbrooks’, fühlte unserer Sprachen zu gewinnen. sich verpflichtet, in einer Vorbemerkung zu erklären: ’Zu unserem lebhaften Bedauern mußten wir auf ein Zur Frage der Transkription pittoreskes Element verzichten, auf den plattdeutschen Dialekt, der so in'elen Seiten der Buddenbrooks Anschauo ’Der Übersetzer’ bringt erfreulicherweise immer häufiger lichkeit und Farbe verleiht. Einen deutschen Dialekt auch Artikel zu Übersetzungsproblemen aus Sprachen, durch einen französischen wiederzugeben wäre ein die der hiesigen Kulturlandschaft noch recht wenig großes Wagnis gewesen; und hätte man sich für Norman- vertraut sind. Die dabei unvermeidliche Notwendigkeit, nisch oder li'ikardisch entschieden, um das Lübecker einen Übersetzungsvorschlag mit dem Originalzitat zu Deutsch wiederzugeben, hätte man dann auch Münch- konfrontieren, stößt hier zuweilen (etwa beim Rus— nerisch mit Marseiller Französisch übersetzen müssen? sischen oder Bulgarischen) auf die Barriere eines fremden Im übrigen bedient sich das gebildete Bürgertum in Schriftbildes, das dann in ein dem Leser ’verständliches’ Frankreich nicht des lokalen Dialekts, so wie man es in Schriftbild ‘übersetzt’ werden muß. Auch bei der Deutschland tut.’ ’ Vermittlung. unübersetzbarer Namen, Realien etc., nicht Hier sind wir also wieder an der Grenze der Übersetzbars zuletzt bei experimenteller Literatur (vgl. etwa die von keit angelangt. Das gilt aber keineswegs nur für Peter Urban zusammen mit dem transkribierten original-
sprachlichen Text herausgegebenen Übersetzungsvor— l. Vergütungr- und Auskunftsanspruch der Autoren und schläge für Velemir Chlebnikovr ’Zakljatie smechom’ in Übersetzer gegenüber den Bibliotheken: Nach dem V. Ch.‚ Werke l, Reinbek 1973 S. 19—21) ist es nötig, Gesetz richtet sich der Anspruch der Autoren und eine dem originalen Lautbild entsprechende Transkrip- Übersetzer gegen die einzelnen Bibliotheken, d. h. gegen tion zu finden. deren Rechtsträger (Stadt, Staat, Kirche, Industrie). Nun herrscht aber in Zeitungen, Zeitschriften und Neben der Vergütung steht dem Autor oder Übersetzer Büchern (als Folge davon natürlich auch in Rundfunk ein umfassender Auskunftsanspruch zu. Die Träger der und TV) gerade bei der jetzt immer mehr ins Bewußtsein Büchereien müssen bei der Ermittlung mit den Verwer- dringenden russischen Sprache ein geradezu unglaub- tungsgesellschaften eng zusammenarbeiten. Keinem wäre liches Babel. In den meisten Fällen werden individuelle gedient, wenn die Bibliotheken zu Auskünften gezwun- Lösungen versucht, die häufig genug noch größere gen werden müßten. Unklarheit schaffen. Aber auch Anlehnungen an franzö- 2. Pauschalierung der Inkassos: Eine Pauschalierung des sische oder englische Lautvorstellungen vermitteln einem Inkassos wird angestrebt. Der Abschluß von Gesamtver- deutschen Leser kein adäquates Lautbild des Originals. trägen ist für die Verwertungsgesellschaften gesetzliche Diese Gedanken kamen mir nicht zuletzt auch bei der Pflicht, er muß aber auch nach ökonomischen Gesichts- Lektüre des ’Übersetzers’ 10/3 (Besprechung von punkten durchgeführt werden. Sollten Gesamtverträge Pushkin Threefold aus ’Tirnes Literary Supplement’; mit den einzelnen Bibliotheksträgern nicht zustande Literaturangabe in R. Tonndorfir Gaöeöiladse-Rezension) kommen, wären die Verwertungsgesellschaften gezwun- und 10/4 (Beispiel 20 des David-L.-Gold-Beitrags). Die gen, Tarife nach ä 13 des Wahrnehmungsgesetzes aufzu- hier gewählten Transkriptionen stellen weitgehend einen stellen. Eine solche einseitige Maßnahme würde nach Zwitter aus inkonsequenter Anlehnung an bestimmte erheblicher Zeitverzögerung den Zahlzwang zwar nicht englische Lautvorstellungen und wissenschaftlicher aufheben, sondern die Belastung rückwirkend nur vergrö- Transkription dar (etwa ’v glazakh’oder ’khudoshestven- ßern. nyj’). Es ist hier kein Platz, die unlogische und 3. Hohe Gebühren für Lesesaal- und Prärenzbestände: fehlerhafte Wiedergabe der entsprechenden russischen Sowohl bei Verhandlungen über Gesamtverträge als auch Laute im einzelnen nachzuweisen. Auf jeden Fall sollte bei der Aufstellung von Tarifen wird zu prüfen sein, wie aber bei jeder Transkription bedacht werden, daß sogenannte Präsenzbibliotheken zu behandeln sind unterschiedliche Schriftbilder nicht nur verschiedene (Lesen innerhalb der Bibliotheksräume). Von Autoren- kulturhistorische Fakten widerspiegeln, sondern vor und Übersetzerseite wird gefordert, eine höhere Vergü- allem auch ein Ausdruck nicht deckungsgleicher phone- tung anzustreben, da eine häufigere Benutzung zu tischer Systeme sind. Kein Mensch würde auf den erwarten ist. Demgegenüber wird argumentiert, daß das Gedanken kommen, das englische ’th’ zu transkribieren, Lesen in Bibliotheksräumen kein Entleihen darstellt. man setzt einfach eine allgemeine Kenntnis des Lautwer- Über die Angemessenheit der Vergütung wird man tes voraus. Sollte es da nicht möglich sein, den Leser diskutieren müssen; daß aber das Lesen in Bibliotheken allmählich auch an die international anerkannten wissen- den gleichen Leihvorgang darstellt, als wäre das betref- schaftlichen Transkriptionssysteme zu gewöhnen — auch fende Werk außerhalb des Hauses, ist rechtlich nachweis- wenn ein ’ö’ oder ’z’ z. Zt. noch etwas fremd wirkt? Mir bar. Auf einem anderen Blatt steht, daß es hier technisch scheint nämlich, daß es weniger der mangelnde Lernwille noch schwieriger als bei den übrigen Bibliotheken ist, die des Lesers als vielmehr eine billige Unkostenscheu des einzelnen Leihvorgänge zu kontrollieren. In diesen Verlegers (neue Schrifttypen!) ist, die eine damit Fällen sollte bei der Aufnahme eines Werkes eine gegebene adäquate und international vereinbarte Trans- Pauschalgebühr abgeführt werden, um in entsprechender kription fremder Schriftzeichen verhindert. Auch gerade Höhe alle kommenden Leihvorgänge abzugelten. der 'Übersetzer’ sollte dazu beitragen, der neuen 4. Verteilung der Gebühren: Die Hälfte der Gebühren Sprachverwirrung ein wissenschaftliches Halt zu bieten! wird dem Altersversorgungswerk zugeführt. Das System Hans-Joachim Schlegel der Einzelverteilung wird im Augenblick von der VG WORT geprüft. 0b man dabei von der einzelnen Bibliotheksabgabe: Buchentleihe ausgeht oder Kauf und Bestände der Bibliotheken berücksichtigt — eventuell auch eine Misch- Eine wichtige Änderung form wählt —, muß sich erst erweisen. Voraussetzungfü’r des Urheberrechtsgesetzes die Auszahlung ist jedoch immer der Abschluß einer Am I.Januar 1973 ist die Neufassung des 527 des Wahrnehmungsvertrages mit der VG WORT. Urheberrechtsgesetzes in Kraft getreten. Danach sind alle Bis zur endgültigen Durchführung wird bei all diesen öffentlichen Bibliotheken verpflichtet, für jedes Ausleiv Problemen noch einige Zeit vergehen. Dem Gesetzgeber hen eines urheberrechtlich geschützten Werkes (Bücher, ist jedenfalls zu danken, daß er mit der Bibliotheks- Zeitschriften oder audiovisuelle Materialien) eine ange- abgabe dem Autor und dem Übersetzer die Möglichkeit messene Vergütung zu zahlen. Laut Gesetz kann jedoch verschafft hat, soziale Forderungen zu verwirklichen, die nicht jeder Autor oder Übersetzer von den Büchereien in einigen anderen Ländern heute schon selbstverständ- die Zahlung einer Gebühr verlangen. Dieser Anspruch lich geworden sind. wird durch eine Verwertungsgesellschaft, die VG WORT Von der Bibliotheksabgabe können auch Mitglieder geltend gemacht. Sie ist verpflichtet, die Hälfte der unseres Verbandes profitieren, die Bücher veröffentlicht Einnahmen einem Altersversorgungswerk zuzuführen. oder übersetzt haben. Wir bitten alle Interessenten, sich Bei der Vielzahl der Publikationen und Bibliotheken direkt an die Verwertungsgesellschaft WORT, wird die Abrechnung der Bücherei-Tantiemen eine Reihe D-8000 München 2, Lenbachplatz 4/IV, zu wenden. von organisatorischen Schwierigkeiten mit sich bringen. In der BRD werden zur Zeit Werke von 22 000 Wichtiges Datum! inländischen Buchautoren und von etwa 30 000 auslän- dischen Verfassern in etwa 1850 Verlagen herausge- Bitte vormerken. geben. Rund 25 000 Bibliotheken mit etwa 100 Millio- Das ’VI. Esslinger Gespräch’ findet dieses Jahr nen Ausleihbewegungen sind zu berücksichtigen. Die vom 16. bis 18. November in der Friedrich- Justitiare der VG WORT weisen in einer ersten Stellung- Ebert-Stiftung in Bergneustadt bei Köln statt. nahme auf folgende Punkte hin:
Der VDÜ teilt mit: folgendes auf deutsch formuliert: ’... Das (kommunisti- sche) System fraß eine Nachtigall nach der anderen, Wir begrüßen als neue Mitglieder: ohne jedoch sein wütendes Brüllen merklich zu dämp- Frau Gundula von Eichborn, 7901 Humlangen, Nr. 6; fen ...’. Auf englisch geht das nicht.’ Herrn Friedrich Griese, 6 Frankfurt l, Fichardstr. 49; Frau Gundl Herrnstadt-Steinmetz, 1020 Wien, Ausstel- lungsstr. 7/14. Huldigung an einen Übersetzer t t lt In der DDR-Zeitschrift ’Sinn und Form’ findet man im l. Heft 1973 eine wahrlich bemerkenswerte Würdigung Andreas Gryphius-Preise 1973 des Übersetzerberufes. Konstantin Simonow, Korrespon- Eine Ehrengabe von DM 2000 erhielt Elisabeth Kott- dierendes Mitglied der Akademie der Künste der DDR, meier, geb. 1902 in Sandowitz Kr. Groß-Streblitz, der vor allem durch sein Prosawerk über den ’Großen Schwaikheim. Sie hat neben eigenen literarischen Arbei- Vaterländischen Krieg’ bekannt wurde, veröffentlichte ten sich große Verdienste durch Übertragungen an- nach einem Aufenthalt in Vietnam einen Lyrikband spruchsvollster Prosa und Lyrik vor allem aus dem ’Vietnam, Winter siebzig ...’, aus dem das Gedicht ’Wart Russischen (Boris Pasternak, Juri Tynjanow, Bella auf mich’ ins Vietnamesische übersetzt wurde. Dafür Achmadulina, L. Maljugin), aus dem Ukrainischen bedankte sich Simonow mit Versen, die Sarah Kirsch (Wassyl Barka, Lesja Ukrainka) und dem Polnischen wohl kaum besonders geschickt aus dem Russischen ins (Stanislaw Jercy Lec) und durch ihre publizistische und Deutsche übertragen hat, jedoch fallen sie durch die mit Vortragstätigkeit erworben. Zusammen mit ihrem Ehe— ihrem Inhalt verknüpfte Würdigung des Übersetzer- mann Eaghor Kostetzky übertrug sie u. a. den gesamten metiers auf: Prosateil der Anthologie ’Aus dem alten Rußland’, die Für Genossen To Hui, der ’Wart auf mich’ übersetzte satirischen Komödien von Nikolai Erdman ’Der Selbst- mörder’ und ’Das Mandat’, zwei Bühnenstücke von Jurj Hier, weiß ich, leben meine Verse Olescha und den ukrainischen Roman ’Der Dom von In Ihrer vorzüglichen Übersetzung. Und werden leben, solang Frauen mutig Satschipljanka’ von Olesj I-Iontschar. Sie war dabei auch Auf Männer, die im Feld sind, warten. stets um theoretische und philologische Probleme grund- sätzlicher Art bemüht. Jahrzehntelang nun schlagen die Kanonen. i: t II Die Witwen gehen zu den Gräbern hin. Meine Verse warten und sie leben Den Heinrich-Heine-Preis der DDR 1972 erhielten der Durch Ihre vorzügliche Übersetzung. Lyriker Stephan Hermlin und der Literaturwissenschaft- ler Hans Kaufmann. Stephan Hermlin empfing den Preis Ach, würde jenes Jahr nun endlich kommen Auf langem Wege, der zur Freiheit führt. für sein lyrisches Schaffen, von dem ’Zweiundzwanzig Die Verse, wie die Leute, ihren Feldzug Balladen’ (1947) und ’Der Flug der Taube’ (1952) im Verlag Volk und Welt erschienen (neben Erzählungen Beendeten in Ihrer Übersetzung. und Aufsätzen), und für seine Verdienste bei der Wenn man nicht länger warten muß Vermittlung fremdsprachiger Dichtungen. Für den Ver- Daß Irgendjemand aus dem Krieg zurückkommt lag Volk und Welt hat er u. a. Apollinaire, Aragon, Paul Dann werden meine Verse freudig sterben Eluard, Attila Jözsef, Pablo Neruda sowie Dichtungen In Ihrer vorzüglichen Übersetzung. amerikanischer Neger übertragen und Prosawerke von Erstaunlich die huldigende Höflichkeit des Literaten für Aragon, Courtade, Haddad, Pozner und Sillitoe über- seinen Übersetzer, erstaunlich auch die Naivität, mit der setzt. hier Krieg und Dichtung, Leben und Übersetzung S i! t verschränkt werden. In der 3. und 4. Strophe geben eine Kurz nach Vollendung seines 87. Lebensjahres ist in mangelhafte Syntax und Interpunktion Rätsel auf, was Kochel der Schriftsteller und Übersetzer Johannes bei der sonst sehr sorgfältigen Redaktion dieser Zeit— Ferdinand von Günther gestorben. Der in Mitau im schrift verwunderlich ist. Man wünschte den ’Sinn’ und Kurland als Sohn eines hohen russischen Beamten die ’Form’ dieser zweifellos seltenen Verbeugung vor geborene Autor hatte sich seit 1905 mit der Übertragung dem Kollegen Übersetzer im Original nachprüfen zu der Werke russischer Dichter ins Deutsche beschäftigt. können. Vielleicht ließe sich dann für eine ’vorzügliche Neben diesen Übersetzungen hat von Günther eine Reihe Übersetzung’ doch noch eine andere Fassung finden. eigener Romane und Theaterstücke hinterlassen, die alle Fr. Weidner Zusammenhänge mit der russischen Literatur aufweisen. Am bekanntesten wurden seine Romane Cagliosiro und Rasputin sowie eine 1964 erschienene russische Litera- Text eines deutschen Merkblattes, das zur Zeit in turgeschichte. spanischen Postämtern ausliegt: ’Hochgeehrte Reisen- lt i: t den! Um ein Entweichen Ihrer geschätzten Poststücke zu Aus einer kürzlich in England erschienenen Rezension vermeiden, wir bitten beste aufmerksamkeit zu widmen von Erwin Weits Buch ’Eyewitness’, das den englischen mit höflicher bitte, daß Du keine Postkarte wegsendest, Untertitel trägt: ’The Autobiography of Gomulka’s welche Erhabenheit haben und auch plitze mit Geruch, Interpreter’: ’ Die Übersetzung (von Mary Schofield) woran sich der Posthalter verletzt und auch von ist gut, obwohl manchmal zu wörtlich. So mag es auslaendische post sowie europaische nicht angenommen durchaus im Bereich des Möglichen liegen, daß man ist.’ DER ÜBERSETZER erscheint monatlich. Einzelpreis 90Pf z uzügich Versandkosten. Herausgeber: Verband deutschs achiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e. V. (VDÜ), äsident Helmut M. Bracm, 7141 Neckarrems, Schloß emseck. — Redaktion Eva Bomemann, A—4612 Schatten, Vitta 7, Oberösterreich, Tel.: (00 43) 72 75 1 35 oder (07275) l 35. Postscheckkonto für die Zeitschrift DER ÜBERSETZER: Stuttgart Nr. 932 68. Konten des VDÜ: Postscheckkonto Hamburg Nr. 6447, Dresdner Bank, Stuttgart, Nr. 2319 834 — Für unvetlangte Manuskripte keine Haftung. Nachdruck mit Genehmigung der Redaktion und mit Quellenangabe gestattet. — Druck: Beiser Verlag, 7000 Stuttgart.
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