Der Börse voraus Überlegene Strategien für dauerhaften Erfolg an der Börse - Markus C. Zschaber

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Markus C. Zschaber

Der Börse voraus
Überlegene Strategien
für dauerhaften Erfolg an der Börse

FinanzBuch Verlag
II. So sehen Sie die Börsen­
     entwicklung voraus
Wer sein Vermögen an der Börse mehren will, muss auf die rich­
tigen Instrumente setzen. Er muss Trends früh erkennen und
ahnen, wo eine Outperformance zu erwarten ist. Mit anderen Wor­
ten: Er muss eine feste Meinung haben – und danach handeln.
Dazu gehören eine ordentliche Portion Mut, ein guter Instinkt, ein
klarer Kompass von Werten – und viel Arbeit.

Sie können sich die Arbeit erleichtern, wenn Sie auf bestehende
Angebote zurückgreifen. Dazu sollten Sie wissen, wie die Progno­
sen erstellt werden, welche Stärken und Schwächen sie haben und
auf welche Interessen die Urheber der Prognosen eventuell Rück­
sicht nehmen.

1. Wer die Zukunft kennt
1.1. Gurus und andere Börsenexperten: Die Windmacher

Waren Sie schon einmal auf einem großen Rummelplatz? Oder auf
dem Oktoberfest in München? Dann kennen Sie vielleicht das mul-
mige Gefühl, das einen beim ersten Besuch dort überfällt. Die Flut
von optischen und akustischen Reizen, die auf einen einprasselt,
reizt das Nervensystem bis an den Rand des Erträglichen. Ständig
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und überall buhlen tausende Lichter und Scheinwerfer um Auf-
merksamkeit, während professionelle Ausrufer einen an allen Fahr-
geschäften gleichzeitig persönlich heranrufen.

Ähnlich überreizt reagieren diejenigen, die zum ersten Mal an der
Börse investieren wollen. Am Kapitalmarkt geht es zwar auf den
ersten Blick viel vornehmer und gesitteter zu. Doch auch hier wer-
den Neulinge von der Vielzahl der Informationen und Möglichkeiten
geradezu erschlagen. Kurse bewegen sich auf den entsprechenden
Internetseiten oder auf Börsentickern im Fernsehen im Sekunden-
takt. Die Anleger werden mehrmals täglich mit Nachrichten zu ein-
zelnen Unternehmen, Branchen oder Märkten überflutet.

Bereits in den 90er Jahren wurden die Investoren mit einer kaum
überschaubaren Anzahl von Informationen konfrontiert. Doch seit
via Internet Nachrichten und Infos von jedermann an jedem Punkt
des Erdballs in Sekundenbruchteilen auf dem eigenen Bildschirm
erscheinen können, hat sich diese Informationsflut noch einmal
potenziert. Gerade unerfahrene Anleger benötigen dringend pro­
fessionelle Unterstützung, um alle Informationen zu filtern und zu
verarbeiten.

In Ländern wie den USA oder Großbritannien, die auf jahrzehnte-
lange Erfahrung mit Aktien als Anlageform, auch für die private
Altersvorsorge, zurückgreifen können, sind die Menschen wahr-
scheinlich besser in der Lage, diese Informationsflut zu verarbeiten
und das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden.

Deutschland ist im Hinblick auf die Aktienkultur immer noch ein
Entwicklungsland. Zwar hat die Privatisierung der Telekom 1996
der Aktienkultur erst einmal einen Schub gegeben, doch immer
noch investieren nur knapp 10 Prozent der erwachsenen Bundes-
bürger in Aktien. Und immer noch ist das Sparbuch das wichtigste
Anlagevehikel der Deutschen.

Die Abneigung gegenüber der Börse liegt wohl auch an den vielen
verschiedenen, schwer einzuschätzenden und oftmals widersprüch-
So sehen Sie die Börsenentwicklung voraus                         37

lichen Informationen. Sie erzeugen das ungute Gefühl, dass ein
­Privatanleger an der Börse nie auf der Höhe der Zeit ist und schnell
 über den Tisch gezogen werden kann. Es sind ja auch nicht zuletzt
 die Banken, deren Berater noch immer oft so tun, als sei die Börse
 eine Geheimwissenschaft und nur sie seien in der Lage, die Zeichen
 richtig zu deuten.

Dagegen spricht, dass Banken in vielen Depot-Vergleichstests nicht
sonderlich gut abschneiden.

Ich habe durch die regelmäßigen Interviews, Gesprächsrunden, Sen-
dungen mit Zuschaueranrufen oder Live-Schaltungen bei n-tv eines
gelernt: Wenn man den Menschen ohne Überheblichkeit und Arro-
ganz die Zusammenhänge an der Börse oder in der Wirtschaft mit
ganz klaren, einfachen Worten erklärt, dann sind sie selbst in der
Lage, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Eine ganze Reihe sogenannter Börsenexperten bietet Hilfestellung
bei der dringend notwendigen Orientierung am Kapitalmarkt. So
gibt es bei großen Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften
speziell abgestellte Kapitalmarktexperten, die nicht nur der eigenen
Kundschaft den richtigen Weg weisen sollen, sondern ihre Mei-
nungen und Prognosen oft auch für Außenstehende zugänglich
machen. Der Sinn dahinter ist natürlich, dass die Bank durch die
kostenlose Dienstleistung Neukunden werben möchte. Doch gerade
für Privatanleger sind solche Börsenexperten sehr wichtig. Sie ste-
hen wie Signalbojen im schwierigen Fahrwasser der Märkte und
können Anleger an einigen Untiefen vorbeilotsen.
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 Zu den Börsenexperten zählen:

 • die Volkswirte der Banken. Sie sammeln und veröffentlichen
   zum Beispiel Rahmendaten zur Konjunktur in den großen
   Industrienationen. Dazu gehören auch die Prognosen, wie das
   Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten ausfällt.

 • die Marktstrategen von Banken, Versicherungen und großen
    Investmentgesellschaften. Sie beleuchten die Auswirkungen
    von volkswirtschaftlichen Daten und Unternehmensergeb­nis­
   sen auf den Gesamtmarkt. Welche Branchen gewinnen in die-
   ser Situation, welcher Bereich verliert? Dies prognostizieren
   die Strategen mit Sicht auf die nächsten sechs bis zwölf Mo-
   ­nate.

 • die Unternehmensanalysten. Sie gehen dagegen voll ins Detail.
   Sie analysieren die Wirkung aller Zahlen und Fakten auf das
   einzelne Unternehmen und leiten daraus ihre Empfehlung ab
   (siehe auch Kapitel 1.3.).

Neben den aus Volkswirten, Marktstrategen und Unternehmens­
analysten bestehenden Expertengruppen tummeln sich in diesem
Metier auch die sogenannten Börsengurus.

Was ist ein Guru? Der Begriff stammt aus der hinduistischen Religi-
on und bezeichnet dort den spirituellen Lehrmeister der Masse.

In der Börsensprache ist der Guru ein bekannter und populärer
Experte, der regelmäßig Entwicklungen am Finanzmarkt kommen-
tiert, Voraussagen trifft und eine größere Zahl von Anhängern um
sich geschart hat. Üblicherweise prognostizieren diese Experten die
voraussichtliche Entwicklung, die der Markt oder zumindest ein Teil
davon in den nächsten Monaten nehmen könnte. Klassische Ziele
für solche Prognosen sind Einzelaktien, aber auch Indices wie der
DAX oder Dow Jones und spezielle Rohstoff- oder Metallsegmente
wie der Öl- oder Goldpreis.
So sehen Sie die Börsenentwicklung voraus                         39

Seitdem der indische Guru Bhagwan Anfang der 80er Jahre mit den
leichtgläubigen Anhängern sein falsches Spiel trieb, ist der Begriff
eher negativ besetzt. Bei vielen der bekannten Börsengurus ist dieses
negative Image allerdings nicht berechtigt. In Wirklichkeit bezeich-
net der Begriff Börsenexperten, die sich durch ihre in den Medien
veröffentlichten Prognosen einen Namen gemacht haben. Dazu
gehört beispielsweise der weltweit berühmte US-Investor Warren
Buffett, der seit Mitte der 60er Jahre seine Meinung zu einzelnen
Unternehmen am Kapitalmarkt kundtut. Über seine Investment­
gesellschaft Berkshire Hathaway hat er nicht nur selbst über 52 Mil-
liarden Dollar verdient. Dank unzähliger Prognosen und Empfeh-
lungen hat Buffett auch einer unübersehbaren Zahl von Anlegern zu
einem Vermögen verholfen.

Zugegeben, der 1930 geborene US-Amerikaner ist im bunten Bör-
sentreiben schon eine Ausnahmeerscheinung. Doch auch im klei­
neren Rahmen gibt es viele Experten, deren Prognosen die Entwick-
lung am Markt genau vorhergesagt haben und die sich damit den
Ruf eines Gurus erobert haben. 2003 überraschten einige bis dahin
völlig unbekannte Rohstoffexperten mit der Vorhersage, dass der
Ölpreis von damals knapp 25 Dollar sich binnen kurzer Zeit verdop-
peln könnte. Sie argumentierten genau richtig über den Nachfrage-
sog, den die Schwellenländer Indien und China verursachten, und
die fehlende Kapazitätsausweitung der großen Ölfirmen. Heute ge-
hö­ren diese Herrschaften zu den gefragtesten deutschen Öl-Exper-
ten. Denn ihre Prognose von damals traf voll zu.

Solche Prognosen können, wenn sie gut gemacht sind, auch für Pri-
vatanleger nutzbringend sein. Das Problem vieler sogenannter Bör-
sengurus ist allerdings ihre starke Schwarz-Weiß-Malerei. Die Pessi-
misten sagen den Märkten fast täglich den Kollaps voraus. Alle
Marktentwicklungen deuten sie als Ausdruck einer Übertreibung,
die schon morgen zum nächsten Crash führen wird.

Die Optimisten dagegen sind in ihrer positiven Sichtweise nicht zu
erschüttern. So wurde ein deutscher Fondsmanager in den USA
berühmt, weil er mehrfach ausgezeichnet wurde. Noch berühmter
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wurde er Ende der 90er Jahre jedoch mit seiner gewagten Prognose:
»In zehn Jahren liegt der DAX bei 100.000 Punkten.« Dass er damit
weit über ein realistisches Ziel hinausschoss, war den meisten
Marktteilnehmern schon damals klar. Inzwischen hat er den größ-
ten Teil seines einstigen Ruhmes wieder eingebüßt und ist jetzt
­Privatier. Wahrscheinlich besser für ihn – und seine ehemaligen
 Kunden.

In Deutschland war es vor allem der Neue Markt, der unzähligen
vermeintlichen Börsengurus zu kurzem Ruhm verholfen hat und
Anleger Milliarden gekostet hat. Ihre oft völlig faktenfreien Progno-
sen und Analysen hatten oft nur einen einzigen Sinn: »Börsengurus
empfehlen oft genau die Aktien, die sie selbst zu einem attraktiven
Preis loswerden wollen«, wusste bereits Altmeister André Kosto­
lany. Mit anderen Worten: Gerade für Sie als Privatanleger ist es
entscheidend, sehr genau hinzuschauen, wem Sie Gehör schenken
und auf wessen Tipp hin Sie Ihr Geld investieren.

Diese gesunde Skepsis sollte auch für die Prognosen der Börsen­
gurus gelten, die nicht im Verdacht stehen, nur auf den eigenen Vor-
teil bedacht zu sein, und durchaus seriös sind. Denn unfehlbar sind
auch Buffett und andere nicht. Manch einer schaffte es, einige rich-
tige Prognosen zu treffen. Damit bescherte derjenige sich oder sei-
nen Kunden hohe Gewinne – oder vermied Verluste. Wer etwa vor
dem Schwarzen Montag, dem 19. Oktober 1987, rechtzeitig seine
Bestände reduzierte, kam um hohe Verluste herum. Ein guter Ver-
kaufstermin war auch der Beginn des Jahres 2000, kurz vor dem
Platzen der Hightech-Blase. Ich könnte hinzufügen, dass auch die
Kunden meiner Firma V.M.Z das Platzen der Internet-Blase im Jahr
2000 ohne Schaden überstanden haben.

Das US-amerikanische Forschungsinstitut CXO Advisory hat die
Prognosen von 45 Wall-Street-Experten untersucht: Selbst der Beste
von ihnen schafft lediglich eine Trefferquote von rund 70 Prozent.
Mit anderen Worten: Fast jede dritte Vorhersage ist falsch. Sich
daher blind auf einen Guru zu verlassen könnte teuer werden.
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