Der KlimawanDel in Tirol - CCCA Data Server
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Der Klimawandel in Tirol In Österreich ist die mittlere Temperatur seit 1880 um +1,3 °C bis +1,4 °C ansteigen. Bis Ende des Jahrhun- ca. 2 °C angestiegen. Weltweit nahm sie im gleichen derts kann die mittlere Temperatur in Tirol sogar um Zeitraum nur um die Hälfte zu (fast 1 °C). Ein weite- bis zu +4,2 °C zunehmen, wenn Treibhausgase auch rer unverhältnismäßiger Anstieg der Temperatur ist künftig ungebremst freigesetzt werden. Nur durch vorherzusehen.1 Doch was bedeutet diese Klimaver- einen massiven Rückgang der Treibhausgasemissio- änderung konkret für Tirol? Im Rahmen des Projekts nen kann die Temperaturzunahme bis zum Jahr 2100 „ÖKS15“ wurden Klimaszenarien für die Bundes- auf +2,3 °C begrenzt werden. Die Erwärmung wird länder erstellt, welche Aussagen über die regionale im Winter geringfügig stärker ausfallen als im Som- Entwicklung des Klimas in der Zukunft erlauben. mer2. Der menschliche Einfluss auf das Klimasystem (z. B. durch die Freisetzung von Treibhausgasen oder Än- Niederschlag derungen der Landnutzung) wird dabei berücksichtigt. Zukünftige Niederschlagtrends sind weniger ein- deutig, da Niederschläge zeitlich und räumlich sehr Temperatur variabel sind. Dennoch wird der Jahresniederschlag Die Jahresmitteltemperatur in Tirol lag im Zeit- in Tirol in den kommenden Jahrzehnten mit großer raum von 1971 bis 2000 bei 2,9 °C. Bis 2050 wird Wahrscheinlichkeit leicht zunehmen, insbesondere die durchschnittliche Jahrestemperatur um weitere im Winter2. alpS: Hochwasser im Sommer 2005 in Innsbruck. Medieninhaber und Herausgeber: BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT | Stubenring 1, 1010 Wien | bmfluw.gv.at sowie die Länder: BURGENLAND, KÄRNTEN, NIEDERÖSTERREICH, OBERÖSTERREICH, SALZBURG, STEIERMARK, TIROL, VORARLBERG und WIEN Text u. Redaktion: Daniela Hohenwaller-Ries, Kathrin Schwab, Hanna Krimm und Tobias Huber (alpS); Martina Offenzeller und Andrea Prutsch (Umweltbundesamt GmbH) Grafik: awdesign.at | © alpS/Umweltbundesamt 1|4
Der Klimawandel in Tirol Klimaszenarien für das Bundesland Tirol Um die zukünftigen Entwicklungen von Temperatur und Niederschlag vorherzusagen, werden unterschied- liche Emissionsszenarien für Treibhausgase als Basis herangezogen. Im Projekt „ÖKS15“ wurden folgende Szenarien verwendet: Das Business-as-usual-Szenario basiert auf der Annahme, dass Treibhausgase weiterhin ungebremst ausgestoßen werden. Hingegen wird im Klima- schutz-Szenario davon ausgegangen, dass in Zu- kunft auf globaler Ebene wirksame Klimaschutzmaß- nahmen umgesetzt und die Emission von Treibhaus- gasen bis 2080 auf ca. die Hälfte des heutigen Ni- veaus reduziert werden können. Es gilt zu beachten, dass zum Erreichen des im Pariser Klimaabkommen festgelegten Ziels, die weltweite Temperaturzunah- me auf 2 °C zu beschränken, weitreichendere Maß- nahmen notwendig sind, als im Klimaschutz-Szena- rio angenommen. Die Verwendung regionaler Klimamodelle sowie sta- tistischer Interpolationen erlauben Klimaprojektionen mit sehr hoher räumlicher Auflösung (1 x 1 km).2 Die Stubaier Alpen im Winter. In der Zukunft: Entwicklung der Lufttemperatur und des Niederschlags in Tirol 14 Simulierte Entwicklung der mittleren Lufttemperatur 12 Business-as-usual 10 Temperatur in °C (absolut) Klimaschutz-Szenario 8 Bandbreite der Klimasimulationen Business-as-usual 6 Bandbreite der Klimasimulationen Klimaschutz-Szenario 4 Sommer: Winter: Juni, Juli und August Dezember, Jänner und Februar 2 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100 Referenzperiode: Nahe Zukunft: 2021-2050 Ferne Zukunft: 2071-2100 1971-2000 Klimaschutz- Business- Klimaschutz- Business- Szenario as-usual Szenario as-usual Jahresmittel Temperatur- Jahresmittel Jahresmittel Jahresmittel Jahresmittel Temperatur abweichung (°C) 2,9 (°C) +1,3 +1,4 +2,3 +4,2 Sommer Winter Niederschlags- Sommer Winter Sommer Winter Sommer Winter Sommer Winter Nieder- änderungen schlag (mm) 500 234 (%) +0,0 +9,7 +2,8 +13,1 +3,3 +7,8 -0,2 +18,6 2|4
Der Klimawandel in Tirol Kernaussagen aus ÖKS15 für Tirol: o Mittlere Jahrestemperaturen steigen bis 2050 von 2,9 °C auf mindestens 4,2 °C. Bis 2100 erhö- hen sich die Mittelwerte der Temperaturen auf 5,2 °C (Klimaschutz-Szenario) bzw. 7,1 °C (Business- as-usual-Szenario). o Es ist mit einer leichten Zunahme des jährlichen Niederschlags und insbesondere der Winternie- derschläge in naher und ferner Zukunft zu rechnen. o Bisher verzeichnete Tirol durchschnittlich 0,5 Hitzetage im Jahr. In naher Zukunft werden es jährlich 1,7 Tage sein, in ferner Zukunft sogar rund 3 bzw. 8 Tage in Abhängigkeit von unserer zukünftigen Lebens- und Wirt-schaftsweise. o Die Vegetationsperiode wird deutlich länger. Bisher dauerte sie in Tirol durchschnittlich ca. 148 Tage. Bis 2050 wird sie um ca. 17 (Klimaschutz-Szenario) bzw. um ca. 21 Tage (Business-as-usual-Szenario) länger. Mit Ende des Jahrhunderts wird sich die Vegetationsperiode sogar um ca. 34 bzw. um ca. 65 Tage im Jahr verlängern. o Das Jahresmittel der Frosttage in Tirol betrug bisher rund 199 Tage. Bis 2050 reduziert sich die Zahl auf max. 175 Tage. Ende des Jahrhunderts gibt es nur noch 153 (Klimaschutz-Szenario) bzw. 118 Frosttage im Jahr (Business-as-usual-Szenario). Relevante Klimafolgen für das Bundesland Tirol Die Folgen des Klimawandels sind in Tirol bereits Effekte des Klimawandels werden zusätzlich von heute deutlich zu spüren. Das Wissen über künftige gesellschaftspolitischen Entwicklungen (z. B. Bevöl- Klimatrends ist essentiell, um negative Auswirkungen kerungsentwicklung, Veränderungen der Landnut- auf den Wirtschafts-, Kultur- und Naturraum zu mini- zung) verstärkt. mieren sowie sich bietende Chancen zu nutzen. Die wichtigsten Auswirkungen des Klimawandels auf einen Blick o Abnahme der Bodenstabilität o Auftauen von Permafrostböden o Zunahme von gravitativen Massenbewegungen o Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit und Bodenfunktionen BODEN o Verschiebung alpiner Lebensräume o Gefährdung der Artenvielfalt (z. B. kälteangepasste, heimische Arten) o Anstieg der Baumgrenze o Ausbreitung von neuen und heimischen Schädlingen o Beeinträchtigung der Schutzfunktion von Wäldern FLORA & FAUNA o Rückgang der Gletscher o Zunahme der Gewässertemperaturen o Veränderung des Abflussregimes von Fließgewässern o Verstärkung der Geschiebefracht o Anstieg der Schneefallgrenze WASSER o Abnahme von Schneeniederschlag und Schneedeckendauer Auswirkungen auf verschiedene Sektoren sind in den entsprechenden Factsheets zu finden. 3|4
Der Klimawandel in Tirol Regionsspezifische Beispiele o Für das Bundesland Tirol wurden 3.145 Blockgletscher identifiziert, die eine Fläche von ca. 167 km2 haben.3 Diese Blockgletscher bilden die häufigste Form des alpinen Permafrosts. Das Auftauen von Permafrostböden erhöht die Gefahr von Steinschlägen, Felsstürzen oder Murgängen.4 o Höhere und extremere Temperaturen, intensivere Gefrier- und Auftauprozesse, Trockenheit und Starkniederschläge können die Bodenfunktionen, wie Bodenfruchtbarkeit oder Schutz vor Bo- BODEN denerosion, beeinträchtigen.1 Neben klimatischen Veränderungen sind auch Faktoren wie Land- nutzung und Bewirtschaftung von Bedeutung. Besonders alpine Böden reagieren sensibel.5 o 41 % der Tiroler Landesfläche ist mit Wald bedeckt. Davon fällt rund ein Drittel in die Kategorie Schutzwald. Waldbewirtschaftung zum Schutz vor Naturgefahren hat in Tirol aufgrund der Topographie einen besonders hohen Stellenwert. Durch die steigenden Temperaturen kommt es zum Massenauftreten von Borkenkäfern. Dadurch entstehen hohe forstwirtschaftlichen Schäden (10 % der Holznutzungsmenge Tirols) und die Schutzfunktion von Tiroler Wäldern wird beein- trächtigt.1, 6 Auch Extremwetterereignisse können sich sehr ungünstig auswirken, wie z. B. 2016 in den Bezirken Kitzbühel, Landeck, Reutte und Schwaz, wo 200.000 m³ Schadholz anfielen.7 o Tirols alpine Lebensräume haben eine hohe Artenvielfalt. Durch den Klimawandel steigt die Waldgrenze, wodurch an bestimmte Höhenlagen angepasste Arten zunehmend gefährdet und verdrängt werden (z. B. am Schrankogel). Im Zeitraum 1950-2000 wurde im Paznauntal bereits ein mittlerer Anstieg der Waldgrenze um 20 Höhenmeter beobachtet.1 o Die Einwanderung neuer Arten wie z. B. das „Beifußblättrige Traubenkraut“ (Ambrosie) oder der „Riesen-Bärenklau“ gefährdet die Biodiversität. Diese Arten werden durch veränderte FLORA & FAUNA Standortbedingungen begünstigt. Die Verbreitung umfasst zerstreute Vorkommen über das Inntal sowie die größeren Seitentäler, das Ehrwalder Becken, das Lechtal, den Raum St. Johann/ Kitzbühel und Osttirol. Vor allem dynamische Ökosysteme, wie Augebiete oder Schlagflächen Tirols, sind betroffen.8 Die Wasserqualität von Seen wird durch die fortschreitende Erwärmung beeinträchtigt. Groß- algen können aus südlicheren Regionen einwandern und heimische Arten verdrängen. Kälte- liebende heimische Fischarten müssen in höhere Lagen wandern oder können sogar aussterben. Am Gossenköllesee in den Stubaier Alpen konnte bereits eine Veränderung der Algenpopulation durch steigende Temperaturen festgestellt werden.1, 4 o Die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen werden am deutlichsten im massiven Ab- schmelzen der Tiroler Gletscher sichtbar. So nahm beispielsweise die Gletscherfläche in den südlichen Ötztaler Alpen von ca. 144 km2 (Jahr 1969) auf 116 km2 (2006) ab.1 o Steigende Temperaturen führen zur Abnahme des Schneeniederschlags, zur Verkürzung der Schneedeckendauer und zum Anstieg der Schneefallgrenze. Dies stellt bereits jetzt eine Her- ausforderung für den Tiroler Wintertourismus dar und betrifft in Tirol z. B. das Außerfern bzw. das Tiroler Unterland.9 o In naher Zukunft wird besonders in den Sommermonaten in Einzugsgebieten von Fließgewäs- sern mit erhöhten Abflüssen aus Gletschern und erhöhter Geschiebefracht zu rechnen sein.1 Eine Zunahme der Geschiebefracht wurde beispielsweise in der Venter Ache, Rofenache und am Tiroler Inn beobachtet.4 WASSER Da Schneeniederschläge in Zukunft zurückgehen, wird weniger Wasser in Form von Schnee zwischengespeichert. Ohne verzögerte Wasserabgabe kommt es zur Veränderung des Abfluss- regimes von Fließgewässern. Weniger Schnee und der Anstieg der Schneefallgrenze können daher zu Problemen in der Land- und Energiewirtschaft führen sowie Hochwässer begünstigen. Am Tiroler Lech wird sich durch das veränderte Abflussregime der Hochwasserzeitraum deutlich ausdehnen.4 1. APCC (2014): Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014 (AAR14). Austrian Panel on Climate Change (APCC). Verlag der Öster-reichischen Akademie der Wissenschaft, Wien. 2. ÖKS15 (2016): Klimaszenarien für das Bundesland Tirol bis 2100. ÖKS15 Klimafactsheet. Version 09/2016. 3. Krainer, K., Ribis, M. (2011): Blockgletscherinventar Tirol. Mitteilungsblatt des hydrographischen Dienstes in Österreich, Nr. 87, S. 67 – 88. Wien. 4. Amt der Tiroler Landesregierung (2015): Sachstandsbericht Klimawandel in Tirol. Innsbruck. 5. www.alpine-space.eu/projects/links4soils/en/case-studies/forest 6. Amt der Tiroler Landesregierung (2011): Tiroler Waldstrategie 2020. Innsbruck. 7. www.tirol.gv.at/umwelt/wald/zustand/waldschaeden 8. www.uibk.ac.at/botany/neophyten-tirol/ 9. Steiger, R. & Abegg, B. (2013): The Sensitivity of Austrian Ski Areas to Climate Change. In: Tourism Planning & Development 10, S. 480–493. 4|4
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