DER RECHTLICHE RAHMEN IN DER EU ZUR TERRORISMUS-BEKÄMPFUNG
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Eingereicht von Markus Müller Angefertigt am Institut für Europarecht Beurteiler / Beurteilerin Univ.-Prof.Dr. Franz Leidenmühler DER RECHTLICHE Dezember 2020 RAHMEN IN DER EU ZUR TERRORISMUS- BEKÄMPFUNG Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften im Diplomstudium der Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Wien, am 03.12.2020 Unterschrift 2
Inhaltsverzeichnis I. EINLEITUNG......................................................................................................................... 7 II. DEFINITION DES BEGRIFFS „TERRORISMUS“ ............................................................... 8 A. ALLGEMEINES/ SOZIALWISSENSCHAFTLICHER ANSATZ ............................................................ 8 B. DEFINITION DER EUROPÄISCHEN UNION .................................................................................10 1. TERRORISTISCHE STRAFTATEN: .............................................................................................11 2. TERRORISTISCHE VEREINIGUNGEN: ........................................................................................12 3. TERRORISTISCHE AKTIVITÄTEN: .............................................................................................12 III. AKTUELLE BEDROHUNGSLAGE IN EUROPA ...............................................................12 A. JIHADISTISCHER TERRORISMUS .............................................................................................13 B. ETHNO-NATIONALISTISCHER UND SEPARATISTISCHER TERRORISMUS ......................................14 C. LINKS- UND ANARCHISTISCHER TERRORISMUS .......................................................................14 D. RECHTSTERRORISMUS ..........................................................................................................15 IV. JUSTIZ- UND INNENPOLITIK - RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS ....................................................................................................................................16 A. HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER INTERNEN ANTITERRORISMUSPOLITIK .................................17 1. TREVI-GRUPPE (1976) .........................................................................................................17 2. SCHENGENER ÜBEREINKOMMEN / SCHENGENER DURCHFÜHRUNGSÜBEREINKOMMEN (1985/1990) .........................................................................................................................17 3. VERTRAG VON MAASTRICHT (1992/1993) ...............................................................................18 4. VERTRAG VON AMSTERDAM (1997/1999) ...............................................................................19 5. TAMPERE PROGRAMM (1999) ................................................................................................19 6. ANSCHLÄGE IN NEW YORK UND W ASHINGTON (11.SEPTEMBER 2001), MADRID (11.MÄRZ 2004) UND LONDON (07.JULI 2005) .................................................................................................20 B. RECHTSLAGE SEIT DEM VERTRAG VON LISSABON...................................................................22 1. ÄNDERUNGEN IM PRIMÄRRECHT .............................................................................................22 2. KOMPETENZVERTEILUNG ZWISCHEN EU UND MITGLIEDSTAATEN ..............................................23 3. ZUSAMMENSPIEL DER INSTITUTIONEN ANHAND DER STRATEGIE DER INNEREN SICHERHEIT DER EU (2015-2020) ...................................................................................................................24 a) Europäischer Rat .................................................................................................................24 b) Kommission.........................................................................................................................25 c) Rat .......................................................................................................................................26 d) Parlament ............................................................................................................................27 4. UMSETZUNG DER STRATEGIE DER INNEREN SICHERHEIT DER EU DURCH AUSGEWÄHLTE SEKUNDÄRRECHTSAKTE ........................................................................................................28 a) RL 2017/541 – Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung ........................................................28 b) RL 2015/849 – Geldwäsche Richtlinie .................................................................................28 c) RL 2017/853 – Feuerwaffen Richtlinie .................................................................................29 d) RL 2016/681 – Fluggastdaten Richtlinie ..............................................................................29 3
e) VO 2016/794 – Europol Verordnung ....................................................................................30 5. RESTRIKTIVE MAßNAHMEN IM VERGLEICH (ART. 75 AEUV/ ART. 215 AEUV) ...........................31 6. WICHTIGE AKTEURE DER TERRORISMUSBEKÄMPFUNG IM RFSR ..............................................32 a) Europol ................................................................................................................................32 b) Eurojust ...............................................................................................................................33 c) EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung ........................................................................34 V. GEMEINSAME AUßEN- UND SICHERHEITSPOLITIK (GASP) .........................................34 A. HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER EXTERNEN ANTITERRORISMUSPOLITIK ................................35 1. EUROPÄISCHE VERTEIDIGUNGSGEMEINSCHAFT (1952-1954)...................................................35 2. EUROPÄISCHE POLITISCHE ZUSAMMENARBEIT (1970 – 1992) ..................................................35 3. VERTRAG VON MAASTRICHT (1992/1993) ...............................................................................36 4. VERTRAG VON AMSTERDAM (1997/1999) ...............................................................................36 5. VERTRAG VON NIZZA (2001/2003) – EUROPÄISCHE SICHERHEITSSTRATEGIE (2003) ................37 B. RECHTSLAGE SEIT DEM VERTRAG VON LISSABON...................................................................38 1. HANDLUNGSBEREICH DER GASP/GSVP ................................................................................38 2. BESONDERHEITEN BETREFFEND ORGANE UND RECHTSAKTE ...................................................39 a) GASP ..................................................................................................................................39 b) GSVP ..................................................................................................................................40 C. AKTUELLE EXTERNE ANTITERRORISMUSPOLITIK (SEIT 2015) ..................................................41 1. VORGEHEN GEGEN DEN ISLAMISCHEN STAAT ..........................................................................42 2. BEISTANDSKLAUSEL/ SOLIDARITÄTSKLAUSEL ..........................................................................42 3. DIE GLOBALE STRATEGIE FÜR DIE AUßEN- UND SICHERHEITSPOLITIK DER EU ...........................43 a) GSVP-Missionen .................................................................................................................44 b) Ständig Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO).................................................................45 c) Stärkung der Resilienz in der südlichen und östlichen Nachbarschaft der EU ......................46 VI. ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN IM KAMPF GEGEN DEN TERRORISMUS – DIE SICHERHEITSUNION ...............................................................................................................47 VII. CONCLUSIO .....................................................................................................................49 VIII. LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................................51 A. LITERATUR ........................................................................................................................51 B. ZEITSCHRIFTEN ................................................................................................................52 C. ONLINE RESSOURCEN .....................................................................................................52 4
Abkürzungsverzeichnis Abs . Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Art. Artikel Bsp. Beispiel bzw. beziehungsweise CBRN Chemisch, Biologisch, Radiologisch und Nuklear EG Europäische Gemeinschaft EP Europäisches Parlament ETA Euskadi Ta Askatasuna (baskisch: Baskenland und Freiheit) EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Gem. Gemäß GG Gesetzgebung IS Islamischer Staat iVm in Verbindung mit JI Justiz und Inneres lit. littera (lateinisch: Buchstabe) MS Mitgliedstaaten NATO North Atlantic Treaty Organization (englisch: Nord Atlantische Vertragsorganisation) Nr. Nummer o.a. oben angeführt oGGV ordentliches Gesetzgebungsverfahren PJZS Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen PKK Partiya Karkerên Kurdistanê (kurdisch: Arbeiterpartei Kurdistans) PLO Palestine Liberation Organization (englisch: Palästinensische Befreiungsorganistion) Prot. Protokoll qM qualifizierte Mehrheit RAF Rote Armee Fraktion RL Richtlinie S. Satz Uabs. Unterabsatz 5
UN United Nations (englisch: Vereinte Nationen) UNO United Nations Organization VO Verordnung VvA Vertrag von Amsterdam VvL Vertrag von Lissabon 6
I. EINLEITUNG „The day the earth stood still“, titelte die englische Tageszeitung The Guardian, gefolgt von dem Datum, das sich in unser aller Köpfe einbrennen sollte: 11.09.2001.1 Die Anschläge auf das World Trade Center in New York veränderten die öffentliche Wahrnehmung in Bezug auf die durch den Terrorismus ausgehende Gefahr und machten diesen zu einem der wichtigsten Problemkreise der Gegenwart. Es wurde eine neue Ära der Angst und Unsicherheit eingeläutet, die eine massive Intensivierung der Terrorismusbekämpfung zur Folge hatte, sodass in politischer Hinsicht in eine Zeit vor und nach dem 11.09.2001 unterschieden werden kann.2 So traf auch der Europäische Rat bei seiner außerordentlichen Zusammenkunft am darauffolgenden 21. September die Schlussfolgerung, den Kampf gegen den Terrorismus mehr denn je als vorrangiges Ziel der Europäischen Union zu erklären.3 Doch auch die in weiterer Folge getroffenen politischen und legislativen Maßnahmen der EU konnten ein Übergreifen des Terrorismus auf Europa nicht verhindern.4 Bei den Angriffen auf Madrider Pendlerzüge im Jahr 2004 und der darauffolgende Attacke auf das Londoner U-Bahn System 2005 waren über 200 Tote und mehr als 2000 Verletzte zu beklagen.5 In Reaktion auf die Bombenanschläge von Madrid und London rief der Europäische Rat in seiner Strategie zur Terrorismusbekämpfung die Mitgliedstaaten zum gemeinsamen und konzentrierten Vorgehen im Kampf gegen den Terror auf, mit dem Ziel die Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben voranzutreiben.6 Es folgten zahlreiche weiterführende Rechtsakte, so dass 2013 bereits über 250 Maßnahmen gezählt werden konnten und die Implementierung dieses stark angeschwollenen Maßnahmenkatalogs, sowie die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und den diversen Institutionen der EU in den Fokus rückte.7 Ziel dieser Arbeit ist es daher die Entwicklung der Antiterrorismuspolitik der EU kurz zu beleuchten, um weiterführend den aktuellen rechtlichen Rahmen zur Terrorismusbekämpfung ausführlich erörtern zu können. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf die Beantwortung der Fragen nach der Legitimation der EU zu Ergreifung von Maßnahmen und der Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten gelegt werden. 1 Vgl So titelte die Presse über den Terror am 11. September, Süddeutsche Zeitung https://www.sueddeutsche.de/politik/presseschau-zu-9-11-so-titelte-die-presse-ueber-den-terror-am-11-september- 1.3150143 2 Vgl Riegler, Terrorismus – Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien (2009), 9. 3 Vgl Europäischer Rat, Schlussfolgerung und Aktionsplan des Europäischen Rates vom 21.September 2001, SN 140/01, 1. 4 Vgl Hübner, Terrorismusbekämpfung als Aufgabe der Europäischen Union, unv. Diss., Universität Regensburg (2009), 2. 5 Vgl MADRID, LONDON, PARIS - Die schlimmsten Anschläge der vergangenen Jahrzehnte in Europa, Frankfurter Allgemeine Zeitung, https://www.faz.net/aktuell/politik/kampf-gegen-den-terror/madrid-london-paris-die-schlimmsten- anschlaege-der-vergangenen-jahrzehnte-in-europa-13912182.html 6 Vgl Rat der Europäischen Union, Strategie der EU zur Terrorismusbekämpfung vom 30.November 2005, 14469/4/05 REV4, 2. 7 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 137f. 7
Da zwar der Begriff Terrorismus in den täglichen Sprachgebrauch Einzug gefunden hat, aber die Auslegung je nach geographischer Lage, politischen Ansichten und vermutlich auch religiösem Bekenntnis stark divergiert, ist es für eine juristische Auseinandersetzung mit diesem Thema in einem ersten Schritt vonnöten eine Definition zu finden, die dieser Arbeit zu Grunde liegen soll. II. DEFINITION DES BEGRIFFS „TERRORISMUS“ A. Allgemeines/ Sozialwissenschaftlicher Ansatz Das Wort Terror wurde im Nachgang der Französischen Revolution das erste Mal erwähnt. Stand es zu Beginn für die Schreckensherrschaft der Jakobiner („la regime de la terreur“), also einem System, das sich durch Zwang und Einschüchterung an der Macht hält, durchlief es mit der Zeit viele Bedeutungswandlungen und wurde auch auf nicht staatliche Akteure ausgedehnt. Es wurde in der Folge jeder Gewaltakt, der sich gegen die Gesellschaft richtete, als „terroristisch“ bezeichnet, so dass die inflationäre Verwendung zur „Verwässerung“ des Begriffs führte.8 Die Suche nach einer allgemein anerkannten Definition des Begriffs Terrorismus, beschäftigt Behörden und Justiz seit dem Aufkommen politischer Gewalt gegen Ende des 19.Jahrhunderts.9 Auch in der Wissenschaft sorgte dieses Thema für heftigen Diskurs und brachte vor allem nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001 eine kaum zu überblickende Flut an Literatur hervor.10 Der Sozialwissenschaftler Brian Jenkins behauptete gar, die Debatten über die richtige Definition seien das Bermuda Dreieck der Terrorismus Forschung. Er habe ganze Konferenzen miterlebt, die sich mit diesem Thema befassten und von denen fortan nie wieder etwas zu hören war.11 Die Schwierigkeit eine allgemein gültige Definition zu finden, ergibt sich vor allem vor dem Hintergrund, dass Terrorismus von verschiedensten Akteuren, aus verschiedensten Motiven angewendet wurde. So haben die Attacken der sozialrevolutionären Gruppe RAF, mit denen der ethnisch-nationalistischen ETA oder den islamistischen Selbstmordattentätern eine geringe Schnittmenge.12 Selbst der Versuch den Terrorismus über Illegitimität zu definieren und ihn als das darzustellen „was die Bösen tun“, misslingt in der Hinsicht, dass der Gebrauch des Wortes ein moralisches Urteil voraussetzt und vom eigenen Standpunkt abhängt. 13 Dies wurde unter anderem auch deutlich im Zuge der Befreiungsbewegungen unterdrückter Völker gegen fremde Besetzung und Kolonialmächte. Der PLO Führer Jassir Arafat äußerte sich diesbezüglich auf der UN-Vollversammlung 1974 und merkte an, wer für die Freiheit seiner Heimat und 8 Vgl Riegler, Terrorismus – Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien (2009), 15. 9 Vgl Riegler, Terrorismus – Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien (2009), 14. 10 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 4. 11 Vgl Goertz, Der Neue Terrorismus - Neue Akteure, neue Strategien, neue Taktiken und neue Mittel (2018), 3. 12 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 10f. 13 Vgl Hoffman, Terrorismus - Der unerklärte Krieg (2001), 26. 8
Unabhängigkeit und gegen Eroberung und Kolonialismus kämpfe, könne niemals ein Terrorist sein.14 Des Weiteren fällt es teilweise schwer terroristische Gewalt von anderen Gewaltformen wie Guerillakrieg, Aufständen oder Amokläufen abzugrenzen. Es gibt eben keinen allgemein begrifflichen Kern. Eine Möglichkeit das Definitionsproblem zu lösen wäre, an bestimmte, dem Terrorismus wesensimmanente Merkmale anzuknüpfen, um diesen so von anderen Arten der Gewalt zu unterscheiden. So ist in der Mehrzahl an Definitionsversuchen ein wiederkehrendes Muster erkennbar, das auf Mittel, Ziel und Zweck unterteilt und im Ganzen als Strategie betrachtet werden kann. 15 Trotz des Herauskristallisierens dieser Merkmale ergeben sich dennoch gewisse Graubereiche und Überschneidungen, die im Folgenden kurz beschrieben werden, um die Abgrenzungsproblematik nochmals zu verdeutlichen. Zumeist wird beschrieben, dass es sich bei Terroristen, um nicht-staatliche Akteure handelt. Wird jedoch staatliche Gewalt illegitim, irregulär oder illegal angewendet, um damit Angst und Schrecken zu verbreiten, sprechen einige Forscher von „Staatsterrorismus“. Als Beispiele könnten etwa „Säuberungen“ in der Sowjetunion unter Stalin, oder die Einschüchterung und Folter im Apartheitsregime Südafrikas genannt werden. Um eine begriffliche Trennung zwischen den Handelnden zu erreichen, unterscheiden manche „Terror“ als staatliche Repression zur Bewahrung des status quo vom „Terrorismus“, welcher eben von nicht-staatlichen, aus dem Untergrund operierenden Akteuren gesetzt wird und durch das Verüben von Anschlägen gekennzeichnet ist.16 Strittig ist ferner, ob nur von Terrorismus gesprochen wird, wenn sich die beschriebenen Anschläge gegen Zivilisten richten oder auch Angriffe auf staatliche Militär- bzw. Polizeieinheiten davon erfasst sind. Im Allgemeinen wird dabei das Ausschalten von gegnerischen Truppen im Kampfeinsatz als Guerillaaktion bezeichnet und der Angriff auf besagte Einheiten mit der Intention, Angst und Schrecken zu verbreiten, wiederum Terrorismus.17 Ist die Gewaltanwendung unter den eben genannten Voraussetzungen als Mittel zu nennen, sind das Verbreiten von Panik und das Schüren von Angst als Ziel des Terrorismus zu qualifizieren.18 Es sollen eben bestimmte Reaktionen beim Zielpublikum ausgelöst werden, weshalb der Terrorismusforscher Brian Jenkins terroristische Akte gar als Theater bezeichnete, das sich an die Menschen wendet, die zuschauen und nicht direkt vom Angriff betroffen sind.19 Das letzte wichtige Charakteristikum ist, dass es sich bei Terrorismus um politisch motivierte Gewalt handelt, die eine politische Veränderung bezwecken soll. Gerade bei religiös motivierten 14 Vgl Riegler, Terrorismus – Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien (2009), 17f. 15 Vgl Daase/Spencer, Terrorismus, In Masala/ Sauer/ Wilhelm (Hrsg.), Handbuch der internationalen Politik (2010), 405. 16 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 19f. 17 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 20. 18 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 17. 19 Vgl Jenkins, International Terrorism – A New Kind of Warfare (1974), 4. 9
Gruppen wurde die Absicht politischer Veränderung anfangs verneint, da es „außerweltliche“ Ziele seien, die sie zum Handeln bewegen. Die Ablösung säkularer Regime oder der Abzug von westlichen Truppen aus den heiligen Stätten des Islam im Konnex mit jihadistischem Terrorismus sind aber jedenfalls Ziele, die politische Veränderung anstreben.20 Zusammenfassend wird Terrorismus aus sozialwissenschaftlicher Sicht als Gewaltstrategie verstanden, die sich von anderen Gewaltformen dadurch unterscheidet, dass es sich um Gewaltanwendung von Nicht-staatlichen Akteuren handelt, mit der Intention Angst und Schrecken bei einem bestimmten Publikum zu verbreiten, in Verbindung mit dem Streben nach politischer Veränderung.21 B. Definition der Europäischen Union In Abwesenheit einer von der UNO etablierten, international gültigen Definition, wurde der Begriff Terrorismus sowohl in zahlreichen völkerrechtlichen Abkommen als auch in nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgelegt. Um ein einheitliches europäisches Handeln im Kampf gegen Terroristen zu gewährleisten, wurde vom Rat der EU der Rahmenbeschluss 2002/475/JI erlassen. Wie darin in den Erwägungsgründen angeführt wurde, sollte eine Angleichung der Definitionen terroristischer Straftaten in allen Mitgliedstaaten erreicht werden.22 Der Rahmenbeschluss war vor dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon die rechtlich stärkste Handlungsform der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen. Der Rat der EU konnte gem. den Bestimmungen des Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union von Maastricht, Rahmenbeschlüsse zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften annehmen. Sie waren für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überließen ihnen aber die Wahl und Form innerstaatlicher Umsetzung.23 Kennzeichnend für diesen Rechtsakt der EU waren die fehlende Mitsprache des Europäischen Parlaments und die Tatsache, dass dieser keine unmittelbare Wirkung entfaltete, wodurch die intergouvernementale Zusammenarbeit im Bereich der dritten Säule vom supranationalen Gemeinschaftsrecht abgegrenzt wurde.24 Der Rahmenbeschluss 2002/475/JI galt fortan als Eckpfeiler des strafrechtlichen Vorgehens der Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Terrorismus.25 Er stand gem. der Anordnung in Art. 9 des Prot.Nr.36 über die 20 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 23f. 21 Vgl Hegemann/Kahl, Terrorismus und Terrorismusbekämpfung – Eine Einführung (2018), 26. 22 Vgl Rat der Europäischen Union, Rahmenbeschluss 2002/475/JI, L 164/3 23 Vgl Schönberger, Der Rahmenbeschluss zwischen Völkerrecht und Gemeinschaftsrecht, ZaÖRV, Band 67 (2007),1116. 24 Vgl Lorenzmeier, Der Rahmenbeschluss als Handlungsform der Europäischen Union und seine Rechtswirkungen, Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik, Band 12 (2006), 577. 25 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/6 10
Übergangsbestimmung, dass Rechtsakte der Union vor dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon so lange Rechtswirkung behalten, bis sie in Anwendung der Verträge geändert werden, in Geltung, bis er durch die Richtlinie 2017/541 ersetzt wurde. Es wird daher auf die maßgebenden Begriffsbestimmungen der RL 2017/541 Bezug genommen. Weiterführende Regelungsaspekte der o.a. RL werden in diesem, der Definition dienendem Kapitel, außen vorgelassen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen und einer genaueren Betrachtung unterzogen. Gem. Art. 1 enthält die Richtlinie Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen auf dem Gebiet von terroristischen Straftaten, Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung und Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten.26 1. Terroristische Straftaten: Art. 3 Abs. 1 RL 2017/541 enthält in den lit a-j eine erschöpfende Auflistung schwerer Straftaten, die bei vorsätzlicher Begehung entsprechend ihrer Definition nach nationaler Rechtsvorschrift, als terroristische Straftaten einzustufen sind, sofern sie mit einem in Abs.2 genannten Ziel begangen werden. Es sind auszugsweise folgende Taten relevant: a. Angriffe auf das Leben einer Person, die zum Tode führen können b. Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit einer Person c. Entführung oder Geiselnahme e. Kapern von Luft- und Wasserfahrzeugen oder von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln oder Gütertransportmitteln g. Freisetzung gefährlicher Stoffe oder Herbeiführen von Bränden, Überschwemmungen oder Explosionen, wenn dadurch das Leben von Menschen gefährdet wird j. Drohung, eine unter den Buchstaben a bis i genannte Handlung zu begehen27 Diese Straftaten kommen nur als terroristische Straftaten in Betracht, wenn sie mit einem der folgenden in Art. 3 Abs2 RL 541/2017 genannten Ziele ausgeführt werden: a. die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern b. öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen c. die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören28 26 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/12. 27 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/13. 28 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/13. 11
2. Terroristische Vereinigungen: Der Begriff terroristische Vereinigung wird in Art. 2 Z3 RL 541/2017 legal definiert. Demnach ist das ein auf längere Dauer angelegter organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die zusammenwirken, um terroristische Straftaten zu begehen. Zusammenschlüsse die zufällig zur unmittelbaren Tatbegehung gebildet werden, erfüllen nicht den geforderten Organisationsgrad, wobei eine festgelegte Rollenverteilung oder sonstige ausgeprägte Struktur nicht gefordert wird. 29 3. Terroristische Aktivitäten: Terroristische Aktivitäten erfüllen noch nicht den Tatbestand einer terroristischen Straftat, können aber in weiterer Folge in diese münden oder eine terroristische Vereinigung in die Lage versetzen, ihre Aktivitäten auszuweiten, weshalb auch sie von den Mitgliedstaaten unter Strafe zu stellen sind. Um die ganze Bandbreite an Definitionen abzudecken, dabei aber nicht den Rahmen dieser Arbeit zu sprengen, werden die folgenden Tatbestände nur überblicksmäßig dargestellt. • Artikel 5: Öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat • Artikel 6: Anwerbung für terroristische Zwecke • Artikel 7: Durchführung einer Ausbildung für terroristische Zwecke • Artikel 8: Absolvieren einer Ausbildung für terroristische Zwecke • Artikel 9: Reisen für terroristische Zwecke • Artikel 10: Organisation oder sonstige Erleichterung von Reisen für terroristische Zwecke • Artikel 11: Terrorismusfinanzierung • Artikel 12: Andere Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten30 III. AKTUELLE BEDROHUNGSLAGE IN EUROPA Die RL 2017/541 war von den Mitgliedstaaten gem. Art.28 bis spätestens 8.September 2018 durch die Setzung entsprechender nationaler Rechts- und Verwaltungsvorschriften umzusetzen. Die dadurch geschaffene rechtliche Basis ermöglichte es, terrorismusbezogene Daten auf europäischer Ebene zu vergleichen. Auf Grundlage der einheitlichen Tatbestände wird von Europol jährlich der „European Union Terrorism Situation and Trend Report“ (TE-SAT) erstellt, mit dem Ziel, Fakten bzgl. terroristischer Attacken und relevanter Festnahmen zu sammeln und statistisch zu verwerten.31 Anknüpfungspunkt in der Statistik ist die Klassifizierung einer Tat als Terrorismus durch die jeweiligen nationalen Behörden, so dass trotz des gewährleisteten 29 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/12. 30 Vgl Richtlinie 2017/541, L 88/14f. 31 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 7. 12
Rechtsrahmens der RL Diskrepanzen in den einzelstaatlichen Auslegungen unvermeidlich sind. Der Report ist somit Zeugnis dieser Variationen und zeigt, dass durch das Voranschreiten der Harmonisierung von „Anti-Terror-Vorschriften“ ein wesentlicher Beitrag zur Festigung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geleistet werden kann.32 Im Jahr 2019 wurde von den Mitgliedstaaten eine Gesamtzahl von 119 terroristischen Attacken, aufgeteilt auf vollendet, fehlgeschlagen und verhindert, sowie von 1004 Festnahmen von Terrorismus Verdächtigen berichtet.33 Der TE-SAT Report kategorisiert dabei terroristische Organisationen nach den Motiven ihres Handelns.34 Es wird im Groben unterteilt in Jihadistischen Terrorismus, Ethno-nationalistischen und separatistischen Terrorismus, Links- und anarchistischen Terrorismus und Rechtsterrorismus. Da sich die genannten Kategorien nicht nur in den Beweggründen und Zielen der jeweiligen Akteure unterscheiden, sondern auch in der Art und Weise der Anschläge, der Verwendung von Waffen und der ausgehenden Bedrohung, werden die Besonderheiten und Statistiken für das Jahr 2019 im Überblick und getrennt voneinander dargestellt: A. Jihadistischer Terrorismus Dem TE-SAT Report dient eine enge Auslegung des Jihadismus als Grundlage für die Berichterstattung. Es handelt sich demzufolge um eine gewaltsame Sub-Strömung des Salafismus, welche die Demokratie und gewählte Parlamente ablehnt, da lediglich Gott als legitimer Gesetzgeber in Frage kommt. Ziel des Jihadismus ist es, einen islamistischen Staat zu errichten, der ausnahmslos durch islamisches Recht (Scharia) regiert wird. 2019 wurden ingesamt 21 jihadistische Anschläge verzeichnet, wovon 4 fehlschlugen und 14 verhindert wurden. Bei 3 vollendeten Angriffen verloren insgesamt 10 Menschen das Leben und 26 Personen erlitten Verletzungen.35 Die von Al Quaida und dem IS vermittelte Ideologie brachte vermehrt Unterstützer dazu, sogenannte „lone-actor“ (Einzeltäter) Attacken auszuführen. Als Tatmittel wurden zumeist Hieb- und Stichwaffen und Sprengmittel, allen voran das selbsthergestellte Triacetone triperoxide (TATP), eingesetzt. Trotz spürbaren Rückgangs der Propaganda des IS und anderer Vereinigungen, stellen nach wie vor Einzeltäter oder kleine Gruppierungen in Verbindung mit jihadistischem Terrorismus die größte Gefahr für Europa dar. Gründe dafür sind, dass diese Akteure ohne oder nur mit loser Organisationsstruktur agieren und daher für Behörden nur schwer auszuforschen sind und dass die von ihnen gewählten Anschlagsziele vor allem öffentliche Plätze mit einer großen Masse an Zivilisten sind.36 32 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 8. 33 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 10. 34 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 14. 35 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 35. 36 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 19. 13
B. Ethno-nationalistischer und separatistischer Terrorismus Per Definition sind die Handlungen von Ethno-nationalistischen und separatistischen Gruppierungen von nationalistischen Motiven, einer gewissen Volkszugehörigkeit und/ oder Religion geprägt. Separatisten zielen weiters darauf ab, ein bestimmtes Gebiet als eigenen Staat von einer größeren Nation herauszulösen.37 Obwohl die terroristischen Attacken mit derartigem Hintergrund in den vergangenen zwei Jahren zurückgingen, bildeten sie im Jahr 2019 dennoch die Mehrzahl aller von den Mitgliedstaaten gemeldeten Anschläge. So mussten 57 terroristische Straftaten verzeichnet werden, wovon nur eine einzige nicht in Großbritannien begangen wurde. Das Vereinigte Königreich berichtete allein von 55 Angriffen mit Terrorismusbezug von sogenannten Dissident Republican Groups, welche dem britisch-irischen Konflikt gegen Ende des 20.Jahrhunderts folgend, für die Einigkeit Irlands und die Unabhängigkeit von britischer Regierungsgewalt „kämpfen“. Diese Gruppierungen stellen nach wie vor eine permanente Gefahr in Nordirland dar, welche sich in zahlreichen Angriffen mit Schusswaffen und improvisierten Sprengsätzen gegen Polizei- und Militäreinrichtungen manifestiert. Andere ethno-nationalistische Vereinigungen, wie die ETA in Spanien, blieben auch 2019 inaktiv bzw. beschränkten sich wie die PKK auf Verbreitung von Propaganda.38 C. Links- und Anarchistischer Terrorismus „Linksterroristen“ streben danach, durch Anwendung von Gewalt eine Revolution auszulösen, mit dem Ziel das politische, soziale und wirtschaftliche System eines Staates zu verändern, um den Sozialismus einführen und darauffolgend eine kommunistische, klassenlose Gesellschaft etablieren zu können. Anarchistische Ideologien bauen auf eine revolutionäre, anti- kapitalistische und anti-autoritäre Agenda.39 2019 wurden 26 Anschläge von Links- und Anarcho Terroristen gemeldet, wobei sich die Angriffe allesamt in Griechenland, Spanien und Italien ereigneten. Als Tatmittel kamen in erster Linie rudimentäre, improvisierte Spreng- (IED- improvised explosive device) und Brandsätze (IID- improvised incendiary device) zum Einsatz.40 Ein Angriff in Griechenland auf einen Politiker der Partei „Goldene Morgenröte“ erfolgte jedoch unter Verwendung einer Handgranate und machte deutlich, dass militante Gruppen auch teilweise Zugang zu militärischer Ausrüstung haben. Der bevorzugte Modus Operandi, vor allem in Italien, verblieb jedoch Brandstiftung an Fahrzeugen und Gebäuden der öffentlichen Hand.41 37 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 54. 38 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 54ff. 39 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 58. 40 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 19. 41 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 59. 14
D. Rechtsterrorismus Diese Art von Terrorismus wird recht simpel definiert als Anwendung von terroristischer Gewalt von Rechtsextremisten bzw. Rechtsradikalen. Rechtsideologische Strömungen wie der Neofaschismus oder andere ultranationalistische Formationen begehren eine Gesamtänderung des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systems nach ihrem Modell. Kernkonzept dieses Gedankenguts ist die Vorrangstellung einer bestimmten Gruppe von Personen die durch ein gemeinsames Merkmal verbunden (etwa Nation, Rasse, Kultur) und allen anderen überlegen sind. Aus dieser vorherrschenden Stellung heraus, sehen sie sich dazu legitimiert, die restliche Bevölkerung zu dominieren.42Trotz erhöhter Aktivität von „rechten“ Bewegungen mit anti- semitischer und fremdenfeindlicher Gesinnung wurden 2019 lediglich 6 terroristische Attacken gemeldet. Dies liegt unter anderem daran, dass ein großer Teil der begangenen Straftaten, wie Vandalismus an jüdischen Friedhöfen, Verhetzung oder Angriffe auf Flüchtlingslager zwar den Tatbestand des Extremismus erfüllen, die Schwelle des Terrorismus an Ausmaß und/oder Zielsetzung aber nicht erreichen. Dennoch ist die von rechtsextremen Gruppierungen ausgehende Gefahr nicht zu verharmlosen. Sie agieren gewaltbereit, verfügen über ein gut strukturiertes Netzwerk im Untergrund und nützen Anschläge, wie etwa jener des Christchurch Attentäters, zur Verbreitung ihrer groß aufgezogenen Propaganda.43 Die Zahl der Todesopfer und Verletzten nach terroristischen Attacken, ist nach 2018 auch 2019 rückläufig. Mussten die Mitgliedstaaten im Jahr 2017 noch 68 Tote beklagen, waren es 2018 13 und 2019 10, durch Terroristen getötete Personen.44 Durch die Effektivität und gut funktionierende Zusammenarbeit europäischer Sicherheitsbehörden konnten 2019 größere Terror-Anschläge verhindert werden, sodass die opferreichsten Attacken außerhalb der Europäischen Union zu beklagen waren. Beim verheerendsten Angriff 2019 mussten in Sri Lanka beinahe 300 Menschen ihr Leben lassen, als Terroristen mehrere Sprengsätze in Kirchen und Hotelanlagen zündeten.45 Alle berichteten Todesfälle sowie die überwiegende Mehrheit an Verletzten in 2018 und 2019 sind dem jihadistischen Terrorismus zuzuschreiben, welcher weiterhin die größte Bedrohung für die EU darstellt. Das koordinierte Vorgehen gegen den Terrorismus zeigt bereits Wirkung und schlägt sich in zahlreichen Festnahmen von Terror-Verdächtigen und dem Rückgang von Anschlägen nieder. Die Gefahr weiterer, auch katastrophaler Attacken bleibt jedoch hoch, 42 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 65. 43 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2020), 67f. 44 Vgl European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2018) 9., European Union Terrorism Situation and Trend Report, TE-SAT (2019) 6. 45 Vgl UN Sicherheitsrat, Presseerklärung des Sicherheitsrats zu der Reihe von Terroranschlägen in Sri Lanka, SC/13788 15
weshalb weiterfolgend zu erörtern ist, welche Rolle der Europäischen Union im Kampf gegen den Terrorismus zukommt. Um diese Frage beantworten zu können, ist die Antiterrorismuspolitik auf einer internen und einer externen Ebene zu analysieren. Demnach werden die Politikfelder des Bereiches „Justiz und Inneres“, in Form des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie „Auswärtiges Handeln“, in concreto der GASP, genauer betrachtet und schließlich im Kontext des Zusammenspiels bei der Aussicht auf zukünftige Entwicklungen gesehen. IV. JUSTIZ- UND INNENPOLITIK - RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS Waren in den Gründungsverträgen der EWG noch keine justiz- und innenpolitischen Kompetenzen vorgesehen, gewann dieses Politikfeld vergleichsweise spät an Bedeutung.46 Die Implementierung eines Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen ließ befürchten, dass der Kontrollabbau Sicherheitsverluste zur Folge hätte. Um die Personenfreizügigkeit trotzdem gewährleisten zu können, waren daher konkrete Vereinbarungen in der Justiz- und Innenpolitik zu treffen.47 Es zeigte sich zudem, dass die Mitgliedstaaten in Angelegenheiten wie der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus oder der Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit angewiesen sind. Das Handlungsfeld des JI- Bereichs rückte daher in den letzten 25 Jahren vom Rand ins Zentrum der Unionspolitik. Der Schutz der Bürger und ihrer individuellen Freiheitsrechte ist eine sensible Thematik. Politischen Entscheidungen, diese Aspekte betreffend, bedarf es somit einer erhöhten Legitimität gegenüber anderen Politikbereichen. Des Weiteren ist die Behandlung der o.a. Aufgaben eng mit der nationalen Souveränität verknüpft, weshalb sich die Festlegung gemeinsamer Rahmenbedingungen in der Justiz- und Innenpolitik in der Praxis äußerst schwierig darstellt.48 Bevor nun die Rechtslage ab dem Vertrag von Lissabon, unter Berücksichtigung aktueller Geschehnisse, erläutert wird, ist es ratsam die historische Entwicklung der „Anti-Terror“- Vorschriften zu betrachten um die Besonderheiten des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nachvollziehen zu können. 46 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 927. 47 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 928. 48 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 926. 16
A. Historische Entwicklung der internen Antiterrorismuspolitik 1. TREVI-Gruppe (1976) Die Terrorismusbekämpfung in den Anfängen der Europäischen Union war vor allem durch den Konflikt der Mitgliedstaaten mit nationalen Terrororganisationen gekennzeichnet. Es bedurfte demnach keiner Koordinierung zwischen den Staaten, da sich der Terrorismus vorerst als rein nationales Problem darstellte. Mit Aufkommen des internationalen Terrorismus Anfang der 1970er Jahre wurde deutlich, dass eine effektive Bekämpfung nur gemeinsam möglich war. Die nationalen Strafverfolgungsbehörden konnten Terroristen nicht über ihre eigenen Staatsgrenzen hinweg verfolgen, weshalb diese durch Vorsprung an Mobilität nur schwer zu greifen waren. 49 In Reaktion darauf und mit der Erkenntnis, dass eine grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vonnöten war, beschloss der Europäische Rat bei seiner Tagung im Dezember 1975, die Einrichtung einer Kooperation der Innenminister der Gemeinschaft.50 Bei dieser Arbeitsgruppe welche unter dem Kürzel TREVI (Terrorisme, Radicalisme, Extremisme, Violence International) bekannt wurde, handelte es sich um eine Form der Regierungszusammenarbeit außerhalb des institutionellen Rahmens der EWG.51 Der Zusammenschluss erfolgte auf drei Ebenen. Im obersten Gremium tagten die Minister der Mitgliedstaaten, wobei je nach innerstaatlicher Zuständigkeit der Innen- oder Justizminister entsandt wurde. Von ihnen wurden die abschließenden politischen Entscheidungen getroffen, welche ihre Grundlage in den Arbeitsergebnissen der unteren Ebenen hatte. Auf zweiter Stufe agierte der sogenannte „Ausschuss der Hohen Beamten“, welcher durch hochrangige Ministerialbeamte gebildet wurde. Dieser bereitete Ministertreffen vor und erteilte Aufträge an nachfolgende Arbeitsgruppen. Da keine gemeinschaftsrechtliche Kompetenz gegeben war, bestand eine Verpflichtung zur Umsetzung der Beschlüsse, lediglich aufgrund von nationalem Recht oder völkerrechtlicher Verträge.52 Demzufolge handelte es sich um eine rein intergouvernementale Zusammenarbeit. 2. Schengener Übereinkommen / Schengener Durchführungsübereinkommen (1985/1990) Kann man die TREVI Gruppe als ersten Schritt einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich der Innen- und Justizpolitik ansehen, liegt der konkrete Ursprung des Raums der Freiheit, Sicherheit und des Rechts im Schengener Übereinkommen vom 14.06.1985. Das Hauptziel des von fünf EG-Gründerstaaten unterzeichneten Abkommens lag in der Abschaffung von Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen und deren Verlagerung an ihre 49 Vgl Hübner, Terrorismusbekämpfung als Aufgabe der Europäischen Union, unv. Diss., Universität Regensburg (2009), 9f. 50 Vgl Europäischer Rat, Zusammenfassung der Schlussfolgerungen des Vorsitzes vom 1. und 2.Dezember.1975, 10. 51 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 927. 52 Vgl Srock, Rechtliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung von Europol – Perspektiven im EU-Vertrag und in der Verfassung von Europa (2006), 7f. 17
Außengrenzen.53 Eine Folge der abgeschafften Grenzkontrollen war jedoch wie zuvor beschrieben, ein drohender Sicherheitsverlust, da es dem Terrorismus und der organisierten Kriminalität ermöglicht wurde sich noch weiter zu internationalisieren und Schwachstellen der zwischenstaatlichen Verbrechensbekämpfung auszunutzen.54 Zur Erlassung weitergehender Regelungen, insbesondere der Ausarbeitung und Konkretisierung von Ausgleichsmaßnahmen, mit dem Ziel dem entstandenen Sicherheitsrisiko entgegenzuwirken, wurde am 19.06.1990 das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) geschlossen. Es handelte sich dabei im Gegensatz zum ursprünglichen Schengen Abkommen, nicht um ein Verwaltungsabkommen, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag, welcher der Zustimmung der nationalen Legislative bedurfte.55 Das SDÜ beinhaltete ein umfassendes Regelwerk betreffend Außengrenzkontrolle, Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik, justizielle Rechtshilfe in Strafsachen und polizeiliche Zusammenarbeit. Die Vertragsstaaten verpflichteten sich so zur engen Überwachung der Außengrenzen, grenzüberschreitenden Gefahrenabwehr und gegenseitiger Unterstützung bei der Strafverfolgung. Zu erwähnen ist weiters die Einführung des Schengener Informationssystems (SIS), einem automationsunterstützten Datensystem zum Zwecke der Personen- und Sachfahndung.56 3. Vertrag von Maastricht (1992/1993) Der 1993 in Kraft getretene Vertrag von Maastricht verankerte die Zusammenarbeit im Bereich Innen- und Justiz erstmals im EU-Primärrecht.57 Das bisher informelle Zusammenwirken des TREVI-Forums wurde durch die Art. K-K9 EUV-M formalisiert und in einen institutionellen Rahmen gegossen. Als wichtigstes Organ in diesem Politikfeld agierte der Rat der Innen- und Justizminister, welcher die Agenden der Ministerebene von TREVI übernahm. In Ausprägung der Intergouvernementalität der dritten Säule entschied der Rat grundsätzlich einstimmig, kam der Kommission nur ein eingeschränktes Initiativrecht zu (Anmerkung: In Bereichen der polizeilichen Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus gar nicht – Art. K.3 Abs 2 EUV-M), fand eine Kontrolle der Entscheidungen durch den EuGH nicht statt und die Rechte des Europäischen Parlaments waren auf ein Anhörungs- und Informationsrecht beschränkt.58 53 Vgl Frenz, Handbuch Europarecht – Band 6, Institutionen und Politiken (2011), 759. 54 Vgl Hübner, Terrorismusbekämpfung als Aufgabe der Europäischen Union, unv. Diss., Universität Regensburg (2009) 13. 55 Vgl Srock, Rechtliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung von Europol – Perspektiven im EU-Vertrag und in der Verfassung von Europa (2006), 17. 56 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 928. 57 Vgl Frenz, Handbuch Europarecht – Band 6, Institutionen und Politiken (2011), 763. 58 Vgl Srock, Rechtliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung von Europol – Perspektiven im EU-Vertrag und in der Verfassung von Europa (2006), 9f. 18
4. Vertrag von Amsterdam (1997/1999) Trotz Institutionalisierung des JI- Bereichs durch den Vertrag von Maastricht waren entsprechende Regelungen zwischen erster und dritter Säule weitgehend zersplittert. Durch den nachfolgenden Vertrag von Amsterdam wurde die innen- und justizpolitische Zusammenarbeit grundlegend überarbeitet. 59Deutlich wurde dies durch das in Artikel 29 VvA genannte Ziel, den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit bieten zu wollen, indem ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen entwickelt wird.60 Wichtige Schritte waren dabei die Übernahme der Schengener Regelungen in den Besitzstand der EU, sowie die Übernahme intergouvernementaler Bereiche der dritten Säule (EU) wie etwa dem Außengrenzschutz, der Asyl- und Einwanderungspolitik oder ziviljustiziellen Zusammenarbeit, in die supranationale erste Säule (EG). Polizei- und Strafjustizangelegenheiten verblieben in der dritten Säule, sodass der Rat weiterhin einstimmig Entscheidungen traf und das Parlament lediglich angehört wurde. Das Initiativrecht der Kommission wurde hingegen erweitert.61 5. Tampere Programm (1999) Um die Umsetzung der Vorgaben des Vertrags von Amsterdam im JI-Bereich voranzutreiben, forderte der Europäische Rat die Erstellung eines entsprechenden Aktionsplans.62 Dieser wurde nach Vorlage einer Mitteilung der Kommission im Dezember 1998 vom Ministerrat angenommen. Darin wurden die von der Kommission dargelegten Konzepte näher erörtert und Prioritäten für die kommenden Jahre in einem Zeitplan festgelegt, mit dem Ziel rechtsverbindliche Maßnahmen zu verabschieden.63 Auf Grundlage dieses Aktionsplans, trafen die Staats- und Regierungschefs am 15.und 16. Oktober 1999 im finnischen Tampere zusammen und erließen die, später als Tampere Programm bekannten, politischen Leitlinien, die für einen großen Integrationsschub in der Innen- und Justizpolitik sorgten.64 Für die Weiterentwicklung der Terrorismusbekämpfung sind vor allem die Punkte 43-46 der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere relevant, in denen er dazu aufruft, gemeinsame Ermittlungsteams einzurichten, Europol die notwenige Unterstützung zukommen zu lassen und Eurojust zu etablieren, mit der Aufgabe nationale Staatsanwaltschaften bei der strafrechtlichen Ermittlung in Fällen organisierter Kriminalität zu unterstützen.65 Der fünfjährige 59Vgl Srock, Rechtliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung von Europol – Perspektiven im EU-Vertrag und in der Verfassung von Europa (2006), 11. 60 Vgl Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union von Amsterdam, ABl. C 340/ 162 61 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 929. 62 Vgl Europäischer Rat, Schlussfolgerung des Vorsitzes vom 15.und 16.Juni 1998, SN 150/1/98 REV 1, 17. 63 Vgl Srock, Rechtliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung von Europol – Perspektiven im EU-Vertrag und in der Verfassung von Europa (2006), 166. 64 Vgl Frenz, Handbuch Europarecht – Band 6, Institutionen und Politiken (2011), 763. 65 Vgl Europäischer Rat, Schlussfolgerungen des Vorsitzesvom 15. und 16.Oktober.1999, 5f. 19
Zeitplan des Tampere Programms war auch stilbildend für die folgenden Agenden der Innen- und Justizpolitik, die seitdem in Mehrjahresprogrammen festgelegt werden.66 6. Anschläge in New York und Washington (11.September 2001), Madrid (11.März 2004) und London (07.Juli 2005) Nachdem der Vertrag von Nizza hauptsächlich der Ost-Erweiterung diente und kaum Veränderung für den RFSR brachte, waren es vor allem die schwerwiegenden Anschläge in den USA, Spanien und Großbritannien, die Europa zum Handeln in der Terrorismusbekämpfung bewegten. Wie oben erwähnt, wurde bereits wenige Tage nach 9/11 der erste Aktionsplan des Europäischen Rates verabschiedet, welcher eine beschleunigte Einigung zu Projekten vorsah, die davor lange blockiert wurden.67 Der Aktionsplan umfasste ein Maßnahmenpakt aus mehreren Politikfeldern, welche von der Außenpolitik bis hin zur Luftsicherheit reichten, schwerpunktmäßig aber auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit abzielten. War die Politik der Terrorismusbekämpfung in Europa bis zu diesem Zeitpunkt kaum vorhanden ermöglichte dieses Fenster der Gelegenheit den Institutionen der EU, Vorhaben auf den Weg zu bringen, die schon seit geraumer Zeit in den Ratsarbeitsgruppen und Planungsgremien der Kommission verhandelt wurden. So führte der zusätzliche Handlungsdruck beispielsweise dazu, dass die bereits im Tampere Programm vorgesehene staatsanwaltliche Koordinierungsstelle Eurojust endgültig ihre Arbeit aufnehmen konnte und der Rahmenbeschluss 2002/475/JI (siehe II. B. Europäische Definition), mit dem Ziel das materielle Strafrecht der Mitgliedstaaten zu harmonisieren, verabschiedet wurde.68 Obwohl die EU den Terrorismus als eine der Hauptbedrohungen für die Bürger in Europa erkannte, mit einem breiten Maßnahmenpaket reagierte und um verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Institutionen bemüht war, zeigte sich, dass die Kooperation von strukturellen Mängeln geprägt blieb. Die Abkehr politischer Aufmerksamkeit und Hinwendung zu anderen Themen wurde durch den Terroranschlag von Madrid am 11.03.2004 auf schmerzvolle Weise ersichtlich.69 So rief der Europäische Rat bei seiner Erklärung im Kampf gegen den Terrorismus ins Bewusstsein, dass der Terrorismus nur dann wirksam bekämpft werden kann, wenn die Mitgliedstaaten die vom Rat angenommenen Maßnahmen tatsächlich und umfassend durchführen.70 Als zentrales Problem wurde die 66 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 930. 67 Vgl Knelangen, Innen- und Justizpolitik zwischen Dynamik und nationaler Souveränität – der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in Becker/Lippert (Hrsg.), Handbuch Europäische Union (2020), 930. 68 Vgl Knelangen, Die Europäische Union und der 11.September 2001, in Jäger (Hrsg.), Die Welt nach 9/11 - Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft (2012), 511ff. 69 Vgl Knelangen, Die Europäische Union und der 11.September 2001, in Jäger (Hrsg.), Die Welt nach 9/11 - Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft (2012), 516. 70 Vgl Europäischer Rat, Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus, 25.März .2004, 3. 20
Sie können auch lesen