Der Unfallatlas - eine interaktive Karten-anwendung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Hintergrund, Funktionalitäten und ...
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AUFSATZ VERKEHR- UND NACHRICHTENÜBERMITTLUNG Der Unfallatlas - eine interaktive Karten- anwendung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Hintergrund, Funktionalitäten und Analysepotenzial *) Hannes Hagedorn, Sachbearbeiter, Statisti- Der Unfallatlas der Statistischen Ämter des Bundes übergeordneten Blick über die Entwicklungen der sches Landesamt Nord- und der Länder basiert auf georeferenzierten Unfall- Straßenverkehrsunfälle in Deutschland. Aber wo er- rhein-Westfalen (IT.NRW), daten. Die interaktive Kartenanwendung bietet den eignen sich die meisten Unfälle? Gibt es bestimmte Sachgebiet Georeferen- Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, für eine Orte, an denen sich Unfälle häufen und Unfall-Hot- zierung hannes.hagedorn@it.nrw.de Vielzahl von Bundesländern Unfälle mit Personen- spots entstehen? Diese und weitere Fragen können schaden koordinatenscharf zu erkunden. Im Sommer mit dem Unfallatlas der Statistischen Ämter des Dr. Hanna Hoffmann, 2020 wurde der Unfallatlas für das Berichtsjahr 2019 Bundes und der Länder für eine Vielzahl von Bun- Referentin, Statistisches aktualisiert und um die Unfalldaten der Bundesländer desländern beantwortet werden (https://unfallatlas. Landesamt Nordrhein- Westfalen (IT.NRW), Sachge- Nordrhein-Westfalen und Thüringen erweitert. Die statistikportal.de). Aktuell sind die Daten für 2019 biete Regionalstatistik und interaktive Kartenanwendung mit ihrer georeferen- verfügbar, teilweise können die Unfallgeschehnisse Georeferenzierung zierten Datenbasis bietet vielfältige Analysepotenzia- zusätzlich bis 2016 zurückverfolgt werden. Zukünf- hanna.hoffmann@it.nrw.de le. Diese beziehen sich nicht nur auf die Analyse der tige Aktualisierungen werden auch die Analyse der Verteilung von Unfällen in verschiedenen Kategorien. Entwicklungen in 2020 ermöglichen. Aufgrund von erhobenen Eigenschaften der Unfälle sowie der kartographischen Verortung lassen sich Der Unfallatlas basiert auf georeferenzierten Daten, auch mögliche Ursachen analysieren. die es erlauben, Unfalldaten kartographisch klein- räumig und koordinatenscharf darzustellen. Die Der Unfallatlas: Ortsgenaue Geokoordinaten bzw. geografischen Gitterzellen werden in Zeiten von Open Data als fester Bestand- *) Der vorliegende Beitrag Darstellung von Straßenverkehrs- teil der Metadaten und als weiterer Standardraum- ist in der Zeitschrift Stadt- forschung und Statistik, unfällen mit Personenschaden bezug verstanden, deren Analysepotenzial weit Ausgabe 02/2020 erschie- Aktuelle Zahlen zu den Straßenverkehrsunfällen mit über kleinräumige Darstellungen hinausgeht. Die nen und wird mit freund- licher Genehmigung des Personenschaden vom Statistischen Bundesamt (De- Statistischen Ämter des Bundes und der Länder Statistischen Landesam- statis) zeigen eine deutliche Entwicklung: Das durch haben es sich als Statistischer Verbund zur Aufgabe tes Nordrhein-Westfalen die Corona-Pandemie bedingte geringe Verkehrsauf- gemacht, die Geokoordinaten bzw. die geografische hier im Originalwortlaut abgedruckt. Das Thürin- kommen im März 2020 wirkt sich auf die Zahl der Gitterzelle als ein relevantes Attribut der amtlichen ger Landesamt für Statis- Straßenverkehrsunfälle aus. Mit 166 000 Unfällen lag Statistiken zu etablieren. Mit der Novellierung des tik dankt den Autoren und dem Statistischen Lan- ihre Zahl gemäß den vorläufigen Ergebnissen für Bundesstatistikgesetzes 2013 wurde die Speicherung desamt Nordrhein-West- den März 2020 um 23 Prozent niedriger als ein Jahr von geografischen Gitterzellen für die räumliche falen für die freundliche Nachdruckgenehmigung. zuvor. Gleichzeitig ist auch die Anzahl an Verletzten Zuordnung amtlich statistischer Daten ermöglicht und Verkehrstoten zurückgegangen. Die Zahl der (§ 10 Erhebungs- und Hilfsmerkmale). Besondere Verletzten ist gegenüber dem Vorjahresmonat um rechtliche Regelungen lassen in Einzelfällen, wie 1) Eine Prüfung im Statisti- 27 Prozent auf rund 20 400 gesunken. Weiterhin zei- im Fall der Straßenverkehrsunfallstatistik, auch die schen Bundesamt, ob eine kartographische Darstellung gen die vorläufigen Ergebnisse, dass 158 Menschen Speicherung von Geokoordinatenpaaren zu.1) Durch von Unfällen auf Straßen mit im März 2020 bei Verkehrsunfällen starben, wobei die Ergänzung eines weiteren, tiefergegliederten dem Straßenverkehrsunfall- statistikgesetz (StVUnfStatG) es im März 2019 noch 234 waren (Statistisches Standardraumbezugs können Statistiken kleinräu- vereinbar ist, kam zu dem Bundesamt 2020). Diese Ergebnisse geben einen mig, zeitgemäß und entsprechend internationaler Ergebnis, dass die Unfall- stelle nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 StVUnfStatG ein Erhebungs- merkmal darstellt, nach dem aufbereitet und veröffent- licht werden darf. § 10 des Bundesstatistikgesetzes ist hierfür nicht einschlägig, da zur Georeferenzierung nicht die Anschrift der Befragten (hier die Polizeidienststellen) verwendet wird. 34 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik
AUFSATZ Standards bereitgestellt und verbreitet werden. Im einem Maßstab von 1:2 500 zu erkunden. Bei seiner Ergebnis wird mehr räumliche Tiefe, größere Diversi- Veröffentlichung im September 2018 konnten noch tät sowie Flexibilität der Regionaleinheiten erlangt nicht die Unfalldaten aller Bundesländer integriert und die Möglichkeit gegeben, stabile Zeitreihen werden. Hintergrund ist, dass sich die Datenver- aufzubauen, da die einmal festgelegten Gitterzellen fügbarkeit im Bundesgebiet unterscheidet, da die keinen administrativen Änderungen unterliegen. elektronische Erfassung der Geokoordinaten der Über die Geokodierung lassen sich darüber hin- Unfallorte in den einzelnen Bundesländern unter- aus Informationen aus verschiedenen Quellen, die schiedlich stark vorangeschritten ist. So waren im jeweils einen Raumbezug aufweisen, miteinander September 2018 für die Berichtsjahre 2016 und verknüpfen und gemeinsam analysieren. Insofern 2017 die Daten der Länder Baden-Württemberg, leisten georeferenzierte Informationen auch einen Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Entschei- (nur 2017), Sachsen, Sachsen-Anhalt (nur 2017) und dungsprozessen. Schleswig-Holstein im Atlas verfügbar. Im November 2018 wurde der Unfallatlas für das Berichtsjahr 2017 Welche Informationen und Funk- um die Daten der Länder Brandenburg, Rheinland- Pfalz und dem Saarland erweitert. Im August 2019 tionalitäten bietet der Unfallat- erfolgte die Aktualisierung des Unfallatlas für das las? Berichtsjahr 2018 und Daten aus Berlin kamen neu Der Unfallatlas wurde im Geoinformationszentrum hinzu. Im Sommer 2020 ist die nächste Aktualisierung bei Information und Technik Nordrhein-Westfalen für das Berichtsjahr 2019 erfolgt. Mit dieser Aktuali- (IT.NRW) im Auftrag der Statistischen Ämter des sierung wurde der Unfallatlas um zwei zusätzliche Bundes und der Länder programmiert und wird Bundesländer erweitert: Nordrhein-Westfalen und dort betrieben sowie weiterentwickelt. Die interak- Thüringen konnten erstmalig Daten zur Verfügung tive Kartenanwendung bietet den Nutzerinnen und stellen und füllen damit weitere freie Flächen in der Nutzern die Möglichkeit, deutschlandweit Unfallorte Karte (Abb. 1). bzw. Unfallhäufigkeiten mit Personenschaden bis zu Abbildung 1: Startbildschirm Unfallatlas, Unfälle Berichtsjahr 2019 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik 35
AUFSATZ Die im Unfallatlas dargestellten Unfälle basieren auf messungsverwaltungen durchgeführt. Entsprechen den Ergebnissen der Statistik der Straßenverkehrs- Daten nicht den Plausibilisierungsanforderungen, unfälle. Als Straßenverkehrsunfälle werden Unfälle werden sie entfernt und nicht im Unfallatlas abge- definiert, bei denen auf öffentlichen Wegen und bildet. Grundsätzlich liegen die Zuordnungsquoten Plätzen infolge des Fahrverkehrs, Personen getötet der Unfallkoordinaten in den Bundesländern bei oder verletzt werden bzw. Sachschäden auftreten. mehr als 90 Prozent (Unfallatlas). Der Unfallatlas stellt ausschließlich Unfälle mit Per- sonenschaden dar. Es fehlen Unfälle mit Sachscha- Welche Informationen zu Unfällen im Atlas angezeigt den (ohne Personenschaden) sowie Unfälle, die nicht werden können, ist abhängig von dem Maßstabsbe- durch die Polizei aufgenommen wurden. Gemäß reich (Zoomstufe), in welchem sich die Nutzerinnen Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz (StVUnfStatG) und Nutzer befinden. Bis zu einem Kartenmaßstab übermitteln die Polizeidienststellen eines Landes – über 1:100 000 werden die Unfälle zusammengefasst sobald die technischen Rahmenbedingungen dies und auf in der Regel 5 km langen Straßenabschnitten zulassen – monatlich die von ihnen erfassten Daten visualisiert. In diesem Maßstabsbereich werden nur zu Straßenverkehrsunfällen mit den dazugehörigen die Unfallereignisse auf Autobahnen und Bundes- Geokoordinaten an das jeweils zuständige Statisti- straßen dargestellt (Abb. 2). sche Landesamt. Nachdem die Geokoordinaten in den statistischen Ämtern geprüft und aufbereitet Ab einem Maßstab unter 1:100 000 werden die wurden, lassen sie sich im Unfallatlas visualisieren. Straßen aller Klassen abgebildet, die Karten- Einzelne Unfallereignisse werden auf oberen Ebenen ansicht wechselt hier in eine Detaildarstellung über Straßenabschnitte aggregiert, damit Unfall- (Abb. 3). Die verschiedenen Unfallhäufigkeiten der Hotspots in der Karte leichter zu identifizieren sind. Straßenabschnitte werden in einer Legende in unter- Die Voraussetzung für eine Zuordnung der Unfall- schiedlichen Farben dargestellt. In der Regel beträgt koordinaten zu den korrekten Straßenabschnitten die Länge der Straßenabschnitte auf den unteren ist eine erfolgreiche Plausibilisierung der Daten. Im Ebenen 250 Meter. Vereinzelt kann es jedoch auch Prüfprozess wird dabei ein Abgleich der Unfalldaten vorkommen, dass sich an endenden Straßen oder mit den Straßengeometrien der amtlichen Ver- Kreuzungen kleinere Abschnitte ergeben. Abbildung 2: Kartenmaßstab über 1:100 000, Unfälle Berichtsjahr 2019 36 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik
AUFSATZ Abbildung 3: Kartenmaßstab zwischen 1:50 000 und 1:100 000, Unfälle Berichtsjahr 2019 Durch weiteres Hereinzoomen in die Karte erschei- teiligten angezeigt. Dabei wird differenziert zwischen nen ab einem Maßstab von 1:50 000 die jeweiligen einem Unfall mit einem PKW, mit einem Fahrrad, Unfallorte als einzelne Punkte (Abb. 4). Zugleich mit einer Fußgängerin oder einem Fußgänger, mit wird am oberen Bildrand die Anzahl der Unfälle im einem Kraftrad, mit einem Güterkraftfahrzeug (wird aktuellen Kartenausschnitt dargestellt. Durch Ankli- erst ab dem Jahr 2018 gesondert ausgewiesen, im cken eines Punktes öffnet sich eine verlinkte Tabelle Jahr 2016 und 2017 fällt diese Kategorie noch unter und die Nutzerinnen und Nutzer haben hier die Ge- Sonstiges) und sonstigen Beteiligten. In der letzten legenheit, sich über die jeweilige Unfallkategorie zu Kategorie werden alle Unfälle subsumiert, an denen informieren. Diese unterscheidet nach der Schwere mindestens ein nicht genanntes Verkehrsmittel be- der entstandenen körperlichen Beeinträchtigungen teiligt war, wie z. B. ein LKW (nur 2016 und 2017), (Unfall mit Leichtverletzten, Schwerverletzten oder ein Bus oder eine Straßenbahn. Getöteten). Weiterhin werden die an dem Unfall Be- Abbildung 4: Kartenmaßstab zwischen 1:4 000 und 1:50 000, Unfälle Berichtsjahr 2019 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik 37
AUFSATZ Die weiteren Funktionalitäten des Unfallatlas sind tive, deutschlandweit einheitliche Kartendarstellung sehr vielfältig: So haben Nutzerinnen und Nutzer in Zoomstufen vom Einzelgebäude bis zur Deutsch- die Möglichkeit, per Suchanfrage direkt zu der ge- landübersicht (BKG). Ab einem sehr großen Maßstab wünschten Stadt oder Gemeinde zu navigieren. (1:4 000) wechselt die Darstellung des Hintergrundes Darüber hinaus gibt es die Option, Unfallorte oder vom WebAtlasDE zu digitalen Orthophotos, um die Unfallhäufigkeiten (Straßenabschnitte) differenziert Unfallpunkte noch detaillierter im Hinblick auf die nach den oben genannten Beteiligten am Unfall Unfallumgebung betrachten zu können (Abb. 5). sowie ausschließlich Unfälle mit Getöteten auszu- wählen. Dabei lassen sich die Unfallorte mit den In Ergänzung hierzu ist als weitere zeitgemäße Funk- unterschiedlichen Verkehrsteilnehmerinnen und tionalität des Unfallatlas das responsive Design auf Verkehrsteilnehmern gemeinsam auswählen und Smartphones und Tablets zu nennen. Die Darstellung werden – zur Unterscheidung der durch rote Punkte der einzelnen Informationen weicht zwar teilweise markierten Unfallorte mit Personenschaden – als ab, die Grundfunktionalität bleibt jedoch erhalten. gelbe Punkte kenntlich gemacht. Alternativ können Somit kann der Unfallatlas sowohl in der Desktop- als die Straßenabschnitte mit ihren Unfallhäufigkeiten auch in der mobilen Variante sehr intuitiv bedient in den einzelnen Kategorien ausgewählt werden. werden. Der Unfallatlas lässt sich auf Facebook, Bezogen auf die Kartenausdehnung ist es möglich, Twitter oder WhatsApp teilen. Außerdem besteht neben der Voreinstellung (Deutschland) auch ein die Möglichkeit, die Unfalldaten als WMS-Dienst in bestimmtes Bundesland anzeigen zu lassen und ein Geoportal einzubinden oder den Unfallatlas bzw. das gewünschte Berichtsjahr einzustellen (2016 bis einzelne Kartenausschnitte in eine andere Webseite 2019). Ab einem Maßstab von 1:50 000 kann zusätz- einzubetten. lich mithilfe eines Auswahlrahmens ein gewünschtes Gebiet frei gewählt werden. Um die Unfalldaten selbst auszuwerten, können die Nutzerinnen und Nutzer die Datensätze der Unfall- Als Hintergrundkarte dient der von Bund und Ländern orte entweder im CSV-Format oder als Shapefile für gemeinsam entwickelte und durch das Bundesamt die einzelnen Berichtsjahre herunterladen. Neben für Kartographie und Geodäsie (BKG) bereitgestellte den bereits sehr umfassenden Informationen zu den Internet-Kartendienst WebAtlasDE. Er vermittelt auf Unfallorten aus der Darstellung im Unfallatlas sind der Grundlage amtlicher Geobasisdaten eine attrak- in den Downloaddateien zusätzlich noch Angaben Abbildung 5: Kartenmaßstab unter 1:4 000, Unfälle Berichtsjahr 2019 38 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik
AUFSATZ zur Unfallstunde, zum Unfallwochentag, zur Art des schen Informationen bzw. den Orthophotos liefert Unfalls (10 Kategorien: z. B. Zusammenstoß mit Erkenntnisse, die für die Verkehrsplanung wichtig entgegenkommendem Fahrzeug oder Aufprall auf sein können. Denn das Unfallgeschehen kann neben Fahrbahnhindernis), zum Unfalltyp (7 Kategorien: dem Verhalten der Verkehrsbeteiligten, der Fahr- z. B. Abbiegeunfall oder Unfall durch ruhenden zeugsicherheit oder den Witterungsbedingungen Verkehr), zu den Lichtverhältnissen (Tageslicht, auch von der vorliegenden Infrastruktur abhängen. Dämmerung oder Dunkelheit) und zum Straßenzu- Mit der Identifizierung von Straßen- oder Autobahn- stand (trocken, nass/feucht/schlüpfrig, winterglatt) abschnitten, deren Unfallgeschehen auffällig ist, enthalten (Unfallatlas). Die Nutzerinnen und Nutzer können vorhandene Risiken möglicherweise leichter haben hierüber also die Möglichkeit, weitere Anga- erkannt werden und zu wichtigen Erkenntnissen füh- ben mit in die eigene Analyse einfließen zu lassen. ren, die politischen Entscheidungsträgerinnen und Bei der Weiterverarbeitung und Analyse der Daten Entscheidungsträgern die Ableitung entsprechender müssen jedoch die nicht flächendeckende Darstel- Maßnahmen ermöglichen. Zwei Beispiele sollen lung für das Bundesgebiet, die Unterschiede in der das Potenzial im Zusammenhang mit Orthophotos Verfügbarkeit einzelner Berichtsjahre sowie die ca. verdeutlichen: 10 Prozent fehlenden Fälle, die durch die auto- matische Plausibilitätsprüfung entfallen, beachtet Die in Abbildung 6 dargestellte recht unübersicht- werden. liche Kreuzung mit Kreisverkehr und kreuzender Hochstraße weist an einigen Stellen ein erhöhtes Wodurch zeichnen sich die Analy- Aufkommen von Straßenverkehrsunfällen auf, an der hauptsächlich PKWs beteiligt sind. Entscheidungs- sepotenziale des Unfallatlas aus? trägerinnen und Entscheidungsträger könnten also Die dargestellten Inhalte und Potenziale des Atlas genauer analysieren, welche Art von Unfällen mit zeigen, dass sich eine Vielzahl an Fragen mit den welchen Rahmenbedingungen vorliegen und diese verfügbaren Daten beantworten lässt. Genannt seien Erkenntnisse zum Anlass nehmen, um über mögliche z. B. Aspekte wie eine Verdichtung von Unfällen auf bauliche Maßnahmen zur Entschärfung der Unfall- bestimmten Strecken, einzelne Unfall-Hotspots, die Hotspots zu diskutieren. Beteiligten sowie Folgen für involvierte Personen, für bestimmte Regionen oder spezifische Orte. Die Durch die Visualisierung der Unfallergebnisse im Weiterverarbeitung der zugrundeliegenden Daten Unfallatlas ist es zudem möglich, Risiken für Fahrrad- kann darüber hinaus Anhaltspunkte liefern, ob es fahrerinnen und Fahrradfahrer aufzudecken. Durch bestimmte Hochphasen von Unfällen mit Perso- den Nachweis von Unfall-Hotspots mit Beteiligung nenschäden an einem Wochentag oder auch zu von Fahrrädern könnten entsprechende ortsgenaue bestimmten Tageszeiten gibt, ob sich Art oder Typ Maßnahmen zur Verringerung des Risikos eingeleitet der Unfälle gleicht und ob äußere Umstände häufig werden. ausschlaggebend waren. Als alltägliches Analyse- potenzial besteht für Nutzerinnen und Nutzer die Op- In dem in Abbildung 7 dargestellten Kreisverkehr tion, sich einen Eindruck zum Unfallrisiko ihrer ganz steht jeder gelbe Punkt für einen Unfall, an dem persönlichen Wegstrecken zu machen und das eigene ein Fahrrad und mehrheitlich ein PKW beteiligt ist. Verhalten gegebenenfalls anzupassen. So könnten Die Orthophotos zeigen hier, dass bereits klar abge- sich beispielweise Eltern mithilfe des Unfallatlas grenzte Fahrradwege entstanden sind. Eine Analyse über mögliche Unfallpotenziale auf dem Schulweg der Daten kann helfen, die Ursache der häufigen ihrer Kinder informieren und entsprechende An- Unfälle zu finden. Darüber hinaus könnten Maßnah- passungen vornehmen. Auch für Berufspendlerinnen men zur Verringerung des Risikos geprüft werden. und Berufspendler könnte der Unfallatlas Aufschluss Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer hätten mit- über Risikopotenziale auf ihrem Arbeitsweg geben. hilfe dieser Information aber auch die Möglichkeit, alternative Routen zu wählen und diesen Kreisver- Die Analysepotenziale des Unfallatlas verbergen kehr zu meiden. sich demnach nicht nur in den Unfalldaten an sich. Gerade die Verortung der Daten in den kartographi- Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik 39
AUFSATZ Abbildung 6: Kreuzung mit Kreisverkehr und Abbildung 7: Kreisverkehr mit einer Verdichtung Hochstraße, Unfälle Berichtsjahr 2019 von Unfällen mit Beteiligung eines Fahrrades, Un- fälle Berichtsjahr 2019 Resümee Literatur/Quellen Im Sommer dieses Jahres wurde der Unfallatlas für Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG): das Berichtsjahr 2019 aktualisiert. Damit können die WMS WebAtlasDE.light Graustufen, http://gdz.bkg. Unfallgeschehnisse teilweise für den Zeitraum von bund.de/index.php/default/wms-webatlasde-light- vier Jahren analysiert werden. Durch jedes weitere graustufen-wms-webatlasde-light-grau.html, zuletzt Berichtsjahr steigt die Belastbarkeit der Analysen abgerufen am 03.06.2020. und Ergebnisse auf Basis der georeferenzierten Daten. Mit der Aktualisierung kommen zusätzlich Statistisches Bundesamt (2020): März 2020: So we- für 2019 die Daten der Straßenverkehrsunfallstatis- nige Straßenverkehrsunfälle wie noch nie seit der tik aus Nordrhein-Westfalen und Thüringen hinzu, Wiedervereinigung, Pressemitteilung Nr. 182 vom sodass die vielschichtigen Analysepotenziale auch 25. Mai 2020, https://www.destatis.de/DE/Presse/ für diese Länder erstmalig auswertbar sind und Pressemitteilungen/2020/05/PD20_182_46241.html, Erkenntnisse gesammelt werden können. Die Er- zuletzt abgerufen am 03.06.2020. schließung weiterer Flächen macht darüber hinaus mehr vergleichende Analysen für das Bundesgebiet Unfallatlas: Kartenanwendung der Statistischen Äm- im Jahr 2019 möglich. ter des Bundes und der Länder, https://unfallatlas. statistikportal.de/, zuletzt abgerufen am 03.06.2020. Der Unfallatlas wird auch zukünftig sukzessive um weitere Jahre ergänzt. Jeweils im Sommer eines Jah- res kann die Aktualisierung des Vorjahres erfolgen. Im Sommer 2021 wird der Unfallatlas entsprechend um das Berichtsjahr 2020 erweitert. Dann wird sich zeigen, wie sich der Rückgang der Straßenverkehrs- unfälle im ersten Quartal durch die Corona-Pandemie in der kleinräumigen Darstellung äußert. Während der Pandemie konnte bereits beobachtet werden, dass viele Menschen auf das Fahrrad umgestiegen sind, um Corona-Ansteckungsräumen im ÖPNV zu entgehen. Wird es dadurch eventuell einen Anstieg der Straßenverkehrsunfälle im Zusammenhang mit Fahrrädern an bestimmten Orten geben? Verstärken sich bestehende Unfall-Hotspots oder sind eher neue entstanden? Die georeferenzierten Daten der Stra- ßenverkehrsunfallstatistik 2020 werden im nächsten Jahr Aufschluss darüber geben. 40 Statistisches Monatsheft Februar 2021, Thüringer Landesamt für Statistik
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