Den LKV Tagesbericht zum Leben erwecken
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RIND SPEZIAL Den LKV Tagesbericht zum Leben erwecken Der Erfolg in der Milchproduktion hängt zu ei- nem großen Teil von der Fütterung und dem Management durch den Landwirt ab. Dabei können Hilfsmittel wie Herdenmanagementprogramme etc. den Landwirt in ihrer Arbeit unterstützen. Ein wesentlicher Be- helf für die Einschätzung der Fütterung ist der Tagesbericht. Dieser steht dem Betrieb regelmäßig zur Verfügung. Autoren: Ing. Christian MEUSBURGER, Martina TAXER, Christoph FREUIS, Stephan KOPF, Landwirtschaftskammer Vorarlberg, Bregenz
RIND SPEZIAL Der LKV Tagesbericht bietet eine Vielzahl ■ mindestens 14 Tage Abstand zur letzten Ab- von Informationen, um auffällige Einzeltiere kalbung oder Kuhgruppen zu erkennen. Dennoch ist ■ gute Eutergesundheit (bei hoher Zellzahl die direkte Beobachtung des Tieres durch den veränderte Milchinhaltsstoffe) Landwirt nicht zu ersetzen. Eine Vielzahl von ■ übliches Ausmelken für einen aussagekräf- Faktoren (Tierverhalten, Körperkondition, Kot- tigen Fettgehalt beurteilung, Futtersituation, ...) gibt darüber ■ keine besonderen Umstände (Brunst, neue Aufschluss, ob und welche fütterungs-, hal- Herdenzusammensetzung, Umweltbedin- tungstechnischen und tierärztlichen Maßnah- gungen wie extreme Hitze, …) men ergriffen werden müssen. ■ Kenntnisse über die zum Zeitpunkt der Pro- bemelkung erfolgte Fütterung (Zusammen- Voraussetzungen für einen aussagekräfti- setzung, Futterqualität, Schmackhaftigkeit, gen Tagesbericht: Art der Futtervorlage) ■ korrekte Probenahme ■ gleichbleibende Fütterung zum Zeitpunkt Tagesbericht richtig lesen der Probemelkung ■ Beibehaltung der üblichen Melkzeit Jede Spalte im Tagesbericht enthält wichtige Informationen. Abb. 1: Ergebnis der Probemelkung Hinweis: Kursiv gedruckte Probenergebnisse sind überbrückte Werte! Grund dafür sind extreme oder fehlende Analyseergebnisse. Zum Abschluss der Einzeltierdaten gibt es einen Überblick über die Durchschnittsherdendaten der letzten Milchleistungsprüfung: Hierbei können Rückschlüsse über die Gesamtherde gezogen werden. Weichen Werte ab, sollte das Augenmerk verstärkt darauf gelegt werden. Abb. 2: Durchschnittsherdendaten 2 2 / 2015
RIND SPEZIAL Wichtige Hinweise zum Herdenmanagement Im Anschluss an die Auflistung der Probemelkergebnisse der Einzelkühe werden die auffälligen Tiere, welche mit „+“, „-“ oder „!“ gekennzeichnet sind, nochmals zusammengefasst. Die Unterteilung erfolgt in „Eutergesundheit“, „Fütterung und Stoffwechsel“, „Fruchtbarkeit“. Darauf wird im weiteren Tagesbericht genau eingegangen. Abb. 3: Hinweise Herdenmanagement Eutergesundheit 15 % der Kühe (das sind 8 Kühe) weisen bei der aktuellen Kontrolle eine Zellzahl über 200.000 auf Fütterung und Stoffwechsel 5 frischmelkende Kühe sind auf Grund der Inhaltsstoffe auffällig 6 altmelkende Kühe sind auf Grund der Inhaltsstoffe auffällig Fruchtbarkeit 1 Kuh wegen Fruchtbarkeitsproblemen abgegangen 8 Kühe (zwischen 29. und 150. Laktationstag) noch nicht besamt oder Besamung noch nicht gemeldet Unter der Auflistung „Klauen und Gliedmaßen“ werden alle Tiere angeführt, die auf Grund von Klauenproblemen abgegangen sind. Abb. 4: Hinweise Herdenmanagement Klauen und Gliedmaßen 1 Kuh wegen Klauenproblemen abgegangen Unter dem Punkt „Weitere Informationen“ sind Angaben zu weiteren abgegangenen Kühen und totgeborenen oder verendeten Kälbern zu finden. Kühe mit einem Leistungsabfall über 20 % sind ebenfalls hier aufgelistet und werden im Anschluss im Tagesbericht genau aufge- zählt. Abb. 5: Hinweise Herdenmanagement Weitere Informationen 1 Kuh wegen „Sonstige Gründe“ abgegangen 3 Kühe mit Leistungsabfall von mehr als 20 % seit der letzten Kontrolle 2 Kälber totgeboren oder verendet innerhalb von 48 Stunden Eutergesundheit In der Übersicht Eutergesundheit sind alle Tiere mit einer Zellzahl über 200 (200.000 Zellen je ml) sowie Tiere mit einem auffallenden Anstieg in der Zellzahl zusammengefasst. Dabei werden drei Zell- zahlergebnisse der auffälligen Tiere im Zeitverlauf aufgelistet. Im Verlauf ist ersichtlich, ob das Tier an einer aku- In der Übersicht ten oder chronischen Mastitis erkrankt ist. Diese In- Eutergesundheit sind formation ist besonders vor dem Trockenstellen der alle Tiere mit einer Kuh von großer Bedeutung. Bei auffälligen Tieren Zellzahl über 200 ist eine bakteriologische Untersuchung zur Erreger- zusammengefasst. Im Verlauf ist ersichtlich, bestimmung empfehlenswert. Durch die richtige The- ob das Tier an rapie kann die Erkrankung des Euters in der Trocken- einer akuten oder stehzeit am besten ausgeheilt werden. chronischen Mastitis erkrankt ist. 2 / 2015 3
RIND SPEZIAL Abb. 6: Eutergesundheit Ist die Herde eutergesund? In der Abbildung Zellzahlverlauf werden die Zellzahlen der Herde über einen Zeitraum von zwölf Monaten grafisch dargestellt. Die schwarzen Punkte stellen die Zellzahlwerte der einzelnen Kühe dar. Somit ist erkennbar, ob eine Herde eutergesund ist, dauerhafte Probleme vorherrschen oder ob es Ausreißer unter den Proben gibt. Zellzahlwerte über 200 und somit im grauen Bereich gelten als leistungsmindernd. Abb. 7: Zellzahlverlauf der letzten Kontrollen 1000 Abb. 8: Zellzahlverteilung 800 Klasse Anz % über 800 0 0 600 400–800 2 6,3 Zellzahl 200–400 4 12,5 400 100–200 8 25 bis 100 18 56,3 200 0 Verlauf der letzten Kontrollen Aktuelles Ergebnis Der Tagesbericht im Internet RDV4M Zusätzliche Informationen zum Laktationsverlauf jedes Einzeltieres können im RDV4M abgerufen werden. Über die Homepage www.lkv.at kann das Login aufgerufen werden. Durch die Eingabe der Betriebsnummer und des Passwor- tes kann das Modul „RDV4M“ aufgerufen werden. Abb. 9: Laktationsverlauf des Einzeltieres Abb. 10: Zellzahl Laktationsverlauf 4 2 / 2015
RIND SPEZIAL Die Milchinhaltsstoffe sind unverzichtbare Hinweise für die be- darfsgerechte Nähr- stoffversorgung sowie ein funktionierendes Verdauungssystem der Milchkuh. Anhand dieser Parameter kann die Futterration den Anforderungen des Einzeltieres angepasst werden. Alle Fotos: LK Vorarlberg Fütterung und Stoffwechsel beurteilen Die Milchinhaltsstoffe sind unverzichtbare Hinweise für die bedarfsgerechte Nährstoffversor- gung sowie ein funktionierendes Verdauungssystem der Milchkuh. Anhand dieser Parameter kann die Futterration den Anforderungen des Einzeltieres angepasst werden. In der Tabelle „Milchinhaltsstoffe nach Klassen“ wird die Herde in folgende Gruppen eingeteilt: ■ Milchleistung der Kühe in kg Milch ■ Aufteilung Erstlingskühe und Kühe ab der zweiten Laktation nach Laktationsdrittel Abb. 11: Milchinhaltsstoffe nach Klassen Mit dieser Tabelle können Fragen zur Fütte- Grundsätzlich gilt, dass die Differenzen der rung in den unterschiedlichen Leistungsstufen Milchinhaltsstoffe zwischen den Leistungsklas- und Laktationsgruppen beantwortet werden. sen 1–15 kg und über 35 kg Milch nicht zu ■ Können die hochleistenden Tiere leistungs- stark schwanken sollten. Besonders beim gerecht gefüttert werden – Milcheiweißge- Milcheiweißgehalt sollte die Schwankung nicht halt? mehr als 0,7 % (optimal < 0,5 %) betragen. Um ■ Gibt es vermehrt Ketosen – erhöhter Milch- sinnvolle Aussagen treffen zu können, sollten fettgehalt? sich mehrere Kühe in der jeweiligen Leistungs- ■ Treten häufig Acidosen am Beginn der Lak- klasse befinden. tation auf – niedriger Milchfettgehalt bzw. Strukturversorgung? ■ Werden die Tiere gegen Ende der Laktation zu energiereich gefüttert – Milcheiweißge- halt? ■ Werden die Tiere mit Eiweiß über- oder un- terversorgt – Milchharnstoffgehalt? 2 / 2015 5
RIND SPEZIAL Stoffwechselkontrolle Harnstoff Bei dieser Übersicht werden Milcheiweiß- und Milchharnstoffgehalt gegenübergestellt. Sie zeigt, wie ausgewogen die Futterration bezüglich Energie- und Eiweißversorgung tatsächlich ist. In der Abbildung 1 „Ergebnis der Probemelkung“ werden die Harnstoffklassen 1–9 angezeigt. Optimal ist die Klasse 5. Abb. 12: Stoffwechselkontrolle Harnstoff/Eiweiß (Harnstoffklassen) Klasse Anz % 4,4 9 14 37,8 Energieversorgung Energieversorgung Energieversorgung hoch hoch hoch 8 0 0,0 4,2 7 0 0,0 4,0 Energieversorgung Energieversorgung Energieversorgung 6 15 40,5 niedrig optimal hoch 3,8 5 5 13,5 Energieversorgung Energieversorgung Energieversorgung optimal optimal optimal 4 0 0,0 Eiweiß % 3,6 3 2 5,4 3,4 2 1 2,7 Energieversorgung Energieversorgung Energieversorgung niedrig optimal hoch 1 0 0,0 3,2 Energieversorgung Energieversorgung Energieversorgung niedrig niedrig niedrig 3,0 Die Abbildung zeigt eine 2,8 Herde mit zu hoher Eiweiß- Energieversorgung niedrig Energieversorgung optimal Energieversorgung hoch und Energieversorgung. 2,6 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Harnstoffgehalt mg/100 ml Abb. 13: 9-Felder Diagramm (RDV, abgeändert) 6 2 / 2015
RIND SPEZIAL Stoffwechselkontrolle Fett/Eiweiß-Quotient Der FEQ ergibt sich aus dem Verhältnis von Fett-% zu Eiweiß-% und sollte optimalerweise zwischen 1,1 und 1,5 liegen. Ein FEQ >1,5 zu Laktationsbeginn weist auf einen starken Kör- perfettabbau und Energiemangel hin (Gefahr einer Ketose). Ein FEQ < 1,1 zeigt eine kraftfut- terreiche Ration an (Gefahr Pansenacidose). Die „Stoffwechselkontrolle FEQ“ bietet eine Übersicht über die Einzeltiere in der Herde und macht somit ersichtlich, welche Tiere gefährdet oder an Ketose bzw. Acidose erkrankt sind. Beim Fett-Eiweiß-Quotienten müssen zusätzlich immer auch die Absolutwerte, d.h. die Höhe des Fettgehaltes in Abhängigkeit zum Eiweißgehalt, angesehen werden. Bei einem geringen Fettgehalt (z.B. bei hoher Milchleistung) und niedrigem Eiweißgehalt weist der FEQ nicht auf eine Acidose und Energiemangel hin. Abb. 14: Stoffwechselkontrolle FEQ Klasse Anz % Ketosegefahr 3 8,1 2,00 normal 32 86,5 1,75 Acidosegefahr 2 5,4 1,50 Das Bild beschreibt den FEQ der gan- FE-Quotient zen Herde des Betriebes am Kontroll- 1,25 tag. Der FEQ aller Einzeltiere wird 1,00 nach dem Laktationsstadium in die Abbildung eingefügt. So können Ten- 0,75 denzen in den einzelnen Laktations- stadien leichter erkannt werden. 0,50 Beispiel: FEQ unter 1 zu Beginn der 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Laktation deutet auf eine mangelnde Monate nach Kalbung Strukturversorgung und/oder hohe Kraftfuttergaben hin. Stoffwechselkontrolle Energieversorgung In dieser Übersicht wird die Energieversorgung der Tiere bei der jeweiligen Milchleistung er- sichtlich gemacht. Es muss jedoch zusätzlich die Eiweißversorgung und somit der Milchharn- stoffgehalt berücksichtigt werden. Denn bei Kühen mit niedrigem Milchharnstoffgehalt wird der Milcheiweißgehalt durch eine Erhöhung der Energieversorgung nicht ansteigen. Hierzu liefert die Abbildung 11: „Milchinhaltsstoffe nach Klassen“ Zusatzinformationen. Die Trendlinie der Abbildung sollte möglichst flach verlaufen. Bei Betrieben mit optimalen Hal- tungsbedingungen, Fütterung und Rationszusammenstellung ist die Streuung tendenziell geringer. (siehe Abbildung 16: Energieversorgung flache Trendlinie). ■ Abb. 15: Stoffwechselkontrolle Energieversorgung Abb. 16: Energieversorgung flache Trendlinie 4,4 4,4 4,2 4,2 4,0 4,0 3,8 3,8 Eiweiß % 3,6 3,6 Eiweiß % 3,4 3,4 3,2 3,2 3,0 3,0 2,8 2,8 2,6 2,6 0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 Milch-kg Milch-kg Klasse Anz % Klasse Anz % Energieübersch. 6 16,2 Energieübersch. 1 2,3 normal 15 40,5 normal 35 81,4 Energiemangel 16 43,2 Energiemangel 7 16,3 2 / 2015 7
RIND SPEZIAL Verdauung der Kuh Pflanzliche Nahrung ist sehr schwer zu verdauen. Im Wunderwerk Kuhmagen werden Pflanzen in hochwertige XP…Rohprotein Nahrungsmittel verwandelt. UDP…Unabgebautes Protein nXP…Nutzbares Rohprotein Kühe können neben Zellinhaltsstoffen auch den überwiegenden Teil der Zellwandbestandteile von Pflanzen verdauen. Kühe sind Wiederkäuer und haben einen mehrhöhligen Magen. Dieser ermöglicht es ih- nen, durch die mikrobielle Verdauung (Pro- tozoen, Pansenbakterien und Hefen), neben Zellinhaltsstoffen auch den überwiegenden Teil der Zellwandbestandteile von Pflanzen (Zellulose und Hemizellulose) zu verdauen. Das heißt, die Fütterung muss in erster Linie auf die Pansenmikroben abgestimmt werden, welche danach als Hauptnahrungsquelle der Kuh zur Verfügung stehen. Das Endprodukt des Abbaus von Zellwandbestandteilen ist großteils Essigsäure. Diese ist wiederum die wesentliche Vorstufe für die Milchfettbildung im Euter. Mögliche Ursachen für einen niedrigen Milchfettgehalt: ■ Probleme beim Ausmelken (Melkroutine) ■ zu viele leicht verdauliche Kohlenhydrate ■ nicht synchrone Rationen ■ Mangel an verdaulichen Zellwandbestand- teilen ■ aufgebrauchte Körperreserven ■ unregelmäßige Abstände zwischen den Melk- zeiten Symbolfoto: Vetta ■ genetische Veranlagung ■ spezielle Futtermittel (CLA-haltige Futter- mittel, zu viele Futterfette) ■ Hitze 8 2 / 2015
RIND SPEZIAL Tabelle 1: Einfluss des Anteils der Grundfutterkomponenten auf die RNB % Aufteilung der TM kg/ RNB % Aufteilung TM kg/ RNB Grundfutterration Tag Grundfutterration Tag Maissilage 20 3 -9 80 11 -9 (7 % XP/kg TM) Grassilage 80 11 6 20 3 6 (16 % XP/kg TM) 100 14 39 100 14 -81 Weitere Energiequellen sind Stärke und ver- der Mikroben im Pansen mit Stickstoff und schiedene Zuckerarten, welche zum überwie- steht in direktem Zusammenhang mit dem genden Teil im Pansen zu Propionsäure ab- Milchharnstoffgehalt. Die RNB hängt von der gebaut werden. Diese steht in der Leber zur Versorgung an abbaubarem Eiweiß und der Bildung von Blutzucker zur Verfügung. Wich- Energieversorgung ab. Ziel ist eine ausgegli- tig ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen chene RNB, um der Energiemenge auch ge- strukturreichem Raufutter und leicht löslichen nügend Stickstoff für die Bildung von Mikro- Kohlenhydraten. Dieses Verhältnis kann an- benprotein zur Verfügung zu stellen. Eine po- hand von Wiederkauschlägen (ca. 50 bis 60 sitive RNB bedeutet, dass mehr Ammoniak Kauschläge pro Bissen), Veränderung der Kör- (NH3) als Abbauprodukt des Futtereiweißes perkondition (Fettreserven), dem Milchfettge- im Pansen anfällt als zum Aufbau von Mikro- halt und der Kotkonsistenz abgeschätzt wer- beneiweiß benötigt wird. In diesem Fall muss den. Für die Fütterung ist außerdem der Gehalt der überschüssige Ammoniak (in hoher Kon- an nutzbarem Rohprotein (nXP) entscheidend, zentration giftig) in der Leber zu Harnstoff das im Dünndarm zur Proteinversorgung zur umgebaut werden. Jedes Futtermittel weist Verfügung steht, entscheidend. Nachdem der eine unterschiedliche RNB auf. Dieser RNB- Futterbrei im Labmagen angekommen ist, fin- Wert sollte auf jedem Sackanhänger deklariert det die enzymatische Verdauung (wie bei Mo- werden und wird auch bei der Futteruntersu- nogastriern) statt. Dort werden die Pansenmi- chung ermittelt. Bei zu hohem Milchharnstoff- kroben verdaut bzw. in Aminosäuren zerlegt. gehalt sollten also Futtermittel mit einem ne- Diese Aminosäuren aus dem Mikrobeneiweiß gativen RNB Wert zum Ausgleich eingesetzt und dem im Pansen unabgebauten Futterei- werden. Bei einem zu niedrigen Harnstoffge- weiß (UDP) bilden zusammen das nutzbare halt kommt somit ein Futtermittel mit einer Futterprotein im Dünndarm. Die Abbaubarkeit stark positiven RNB zum Einsatz. bzw. Abbaugeschwindigkeit des Proteins hängt von der Art des Futtermittels, der Konservie- Pansensynchronisation rungsform, der technischen Behandlung, dem Pansenmilieu und der Passagerate ab. Wichtig ist, dass Energie und Eiweiß zeit- gleich für die Bakterien im Pansen zur Verfü- Milchharnstoffgehalt gung stehen. Die ruminale (Rumen lateinisch für Pansen) Stickstoff-Bilanz (RNB) zeigt die Versorgung Anhand der RNB kann abgeschätzt werden wie sich das Futtermittel auf den Milch- harnstoffgehalt auswirkt. 2 / 2015 9
RIND SPEZIAL Ketose-Azetonämie Ein hoher Milchfettgehalt, ein niedriger Milcheiweißgehalt und ein hoher Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) sind Hinweise auf Ketose-Azetonämie. Abb. 17: Kuh mit Ketoseverdacht Typisch ist das Auftreten der Stoffwechseler- Leber. Andererseits erhöht sich der Milchfett- krankung Ketose in den ersten Wochen der gehalt. Laktation. Ketose wird durch bestehende Kennzeichen einer Ketose können Appetit- Krankheiten (Gebärparese, Gebärmutterent- losigkeit, schlechte Futteraufnahme (eingefal- zündung, Klauenprobleme, Mastitis) und Ener- lene Hungergrube), geringe Aktivität und giemangel besonders bei hohen Einsatzleistun- dunkler eher fester Kot sein. Die Atemluft gen begünstigt. riecht nach Aceton (ähnlich Nagellackentferner, Durch eine starke energetische Unterversor- Obstessig, Klebstoff). Starker Gewichtsverlust gung kommt es zur Mobilisierung von Kör- (Body Condition Score) kann ebenfalls auftre- perfett. Diese führt zu einer Schädigung der ten. Kuh Ketosi Laktationsverlauf 4. Laktation, Kalbedatum: 10.11.2011 Probedatum Tage ST Milch Fett Eiweiß Zellzahl Lakt FEQ Harn A 19.11.2011 9 44,4 6,02 3,34 57 4,8 1,80 16 1) 16.12.2011 36 33,2 4,77 2,70 19 4,8 1,77 36 2) 15.01.2012 66 38,8 4,18 2,62 12 5,0 1,60 19 19.02.2012 101 38,4 3,34 2,80 11 5,0 1,19 15 3) 18.03.2012 129 34,4 3,74 2,86 42 5,0 1,31 16 15.04.2012 157 40,4 3,40 2,92 80 5,0 1,16 14 1) Erste Probemelkung: Der Fettgehalt ist überhöht (über dem Herdendurchschnitt). Es besteht bereits starker Ketoseverdacht. Nachdem die Kontrolle neun Tage nach der Kalbung statt- gefunden hat, ist der Milcheiweißgehalt aufgrund der Kolostralmilchphase normal. 2) Zweite Probemelkung: Der Fettgehalt ist für eine Kuh zu Laktationsbeginn zu hoch, der Ei- weißgehalt sehr niedrig. Hier liegt höchstwahrscheinlich eine Ketose vor. 3) Typisch für Ketosekühe ist auch der starke Milchfettabfall zwischen dem 50. und 100. Lak- tationstag. Diese Kühe lassen sich stark „abmelken“. D.h. sie verlieren in dieser Phase an Körperkondition und Gewicht und nehmen zu Laktationsende wieder stark zu. Fruchtbar- keitsprobleme, eine lange Laktation oder Verfettung stellen sich ein. Abb. 18: Laktationsverlauf einer Ketosekuh 10 2 / 2015
RIND SPEZIAL Vorbeuge ist wichtig Die Vorbeuge von Ketose beginnt schon in Ration der melkenden Kühe gewöhnt (Vor- der vorherigen Laktation. Dabei ist vor allem bereitungsfütterung). die Körperkondition der altmelkenden Kuh zu Entscheidend sind auch eine passende beachten und durch eine leistungsgerechte Ra- Milchfieberprophylaxe, eine saubere Abkalbe- tionsgestaltung zu optimieren. Eine Verfettung box und die Versorgung um die Geburt, damit der Kuh in der Altmelkphase ist zu vermeiden. die Kuh vom ersten Tag an gesund in die Lak- Es ist davon abzuraten, die Köperkondition tation startet. durch Aushungern in der Trockenstehphase Wichtig ist es, eine Ketose frühzeitig zu er- anzupassen. kennen, um Leistungseinbußen zu verringern. Weiters liefert eine ausreichende Vorberei- Als Hilfsmittel können mit dem Milchtest (Ke- tungsfütterung in der Trockenstehzeit gute totest Fa. Elanco), mit dem Harntest (Ketostix Voraussetzungen für die bevorstehende Lak- Fa. Bayer) oder mit dem Bluttest (Precision tation. Daher sollte die Trockenstehzeit in zwei Xceed der Fa. Abbott) die Ketonkörper ge- Fütterungsabschnitte aufgeteilt werden. In der schätzt werden. Die Anwendung bzw. Inter- Frühtrockenstehphase (acht bis vier Wochen pretation sollte mit dem Hoftierarzt abgespro- vor Abkalbung) werden die Kühe energetisch chen werden. In akuten Fällen hilft am schnell- knapp und mit viel Struktur versorgt. In der sten die Zufütterung glukoplastischer Subs- zweiten Phase, ca. zwei bis drei Wochen vor tanzen wie propylenglykolhaltiger Futter- der Kalbung, werden die Kühe wieder an die mittel bzw. Natrium-Propionat. Diese Kuh hat eine tief einge- fallene Hunger- grube. Von der Seite betrachtet sieht dieser Be- reich rechteckig aus. Foto: LK Vorarlberg In Abbildung 19 wird die Abb. 19: Veränderung der Lebendgewichte innerhalb von 20 Tagen abhängig vom FEQ Veränderung des Lebendge- wichtes abhängig vom FEQ 10 dargestellt. Die Wiegungen wurden mittels AMS vorge- kg Gewichtszunahme bzw. -abnahme nommen. Als Datengrund- 5 lage für die Einteilung der durchschnittlich 42 Milchkü- 0 he je Probemelkung diente der FEQ. Insgesamt wurden 1,5 drei Probemelkungsergeb- -5 nisse berücksichtigt. In Sum- me lagen so 126 Beobach- tungen vor. -10 Sieben Kühe wiesen bei einer der drei Probemelkun- -15 gen eine FEQ über 1,5 vor. Diese sieben Kühe verloren innerhalb von 20 Tagen -20 knapp 18 kg Lebendgewicht. Gewichtsveränderung Datenquelle: LK Vorarlberg, Wiegungen von Dies entspricht fast 1 kg je Trendlinie 42 Kühen am AMS Tag. Einzelne Kühe mobili- sierten sogar über 2 kg Le- bendgewicht je Tag. 2 / 2015 11
RIND SPEZIAL Bei dieser Kuh sind alle Alle Reserven erschöpft Reserven erschöpft. Die Hauptursache dafür ist ein lang anhaltender Eine Kuh wie Kuh Dünni findet man vor allem Energiemangel, der sich zwischen dem 50. und 150. Laktationstag. Die durch eine geringe Kör- Hauptursache ist ein lang anhaltender Ener- perkondition und einen giemangel, der sich durch eine geringe Kör- niedrigen Eiweißgehalt perkondition (BCS < 3,0 bzw. Rückenfettdicke ausdrückt. Foto: LK Vorarlberg < 18 mm) und einen niedrigen Eiweißgehalt (< 3,2 %) ausdrückt. Nach dem Ende der Fettmobilisierung ist auch oft der Milchfettgehalt sehr niedrig (< 3,7 %). Davon sind meist nur Einzeltiere betroffen, die dadurch eine schlechte Persistenz haben. Haltungsfehler wie Überbelegungen und rut- schige Stallböden, sowie Engstellen an Gängen können das Auftreten dieser Erkrankung be- sonders bei rangniedrigen Kühen verstärken. Zusätzlich muss für diese Tiere die Futterauf- nahme durch mehrmaliges Vorlegen von fri- schem Futter, häufiges Nachschieben, Lock- fütterung und Entfernen von Futterresten ver- bessert werden. Außerdem muss die Wasserversorgung durch ein ausreichendes Tränkeangebot sicher- gestellt werden. Kuh Dünni Laktationsverlauf 2. Laktation, Kalbedatum: 14.05.2012 Probedatum Tage ST Milch Fett Eiweiß Zellzahl Lakt FEQ Harn A 08.06.2012 25 39,0 3,94 3,22 19 1,22 22 07.07.2012 54 27,7 3,52 3,15 13 1,12 17 07.08.2012 84 17,6 3,52 3,19 259 1,10 21 07.09.2012 116 15,0 3,99 3,65 609 1,09 16 Abb. 20: Laktationsverlauf einer Kuh ohne Reserven 12 2 / 2015
RIND SPEZIAL Die zukünftige Problemkuh Die Körperkondition nimmt zu Laktationsende häufig zu. Dies erfolgt schleichend. Am Tages- bericht werden diese Kühe ab dem 200. Melktag mit einem hohen Eiweißgehalt (≥ 3,8 %) und/oder einem FEQ < 1 aufgelistet. Abb. 21: Übersicht Altmelkkühe C:4%&:1&)@&?>TS&?VT(&"?LOO#?0&:14$-Y?%74?678&7Z-&S$:4?U\?NJK?+)@]B@&"?36
RIND SPEZIAL Da in Österreich aufgrund der Betriebsgröße Tagesbericht (siehe Abbildung 22 Körperkon- eine Gruppenbildung bei den melkenden Kü- ditionsbeurteilung Tagesbericht). Somit kann hen häufig nicht möglich ist, muss die leis- die Kraftfuttermenge an die Milchleistung so- tungsgerechte Fütterung durch die Regulie- wie an die Körperkondition angepasst werden. rung der Kraftfuttermenge erfolgen. Die Emp- Als Beispiel kann bei Kühen, die eine zu hohe fehlung ist, nach jedem Tagesbericht die Kör- Körperkondition („+“) haben, ab dem 150. Lak- perkondition der Kühe zu beurteilen. Ge- tationstag die Kraftfuttermenge um 1–2 kg re- eignete Methoden sind BCS oder Rückenfett- duziert werden. dicke oder einfach eine Notiz mit + oder – am Abb. 22: Körperkonditionsbeurteilung Tagesbericht 6"-&()7*?@&"?A"B(&%&:1+)- !"# !$%& '&(&)*)+%%&" '# ,-# ./01- 021- 3&445 6785 9&::;# 36< =$")# >: CV#_C CO";4.PQ
RIND SPEZIAL Acidose – Pansenübersäuerung Abb. 23: Beschränkung Kraftfuttermenge/Tag (Wurm) Ganztagsweide max. 4 kg Die häufigsten Anzeichen einer Acidose sind Halbtagsweide max. 6 kg geringere, unregelmäßige Fresslust, wenig Wie- Anbindehaltung/händische Zuteilung max. 8 kg derkautätigkeit und -schläge (weniger als Laufstall/Transponder max. 10 kg 50-mal pro Bissen), struppiges Fell und ein TMR max. 50 % mit Futterresten verschmutztes Flotzmaul. KF Menge max. 40 (50) % der Gesamttrockenmasse Durch die schnelle Pansenpassage sind im Kühe
RIND SPEZIAL Wichtig ist außerdem, „Futterstehlen“ an der Kraftfutterstation oder aus Kraftfutterschalen sowie eine Futterselektion bei Mischrationen zu vermeiden. In der zweiten Trockenstehphase sollte drei Wochen vor dem Abkalben mit der Zufütterung von Kraftfutter (auf maximal 3 kg bis zum Kalben) begonnen werden. Besonders nach dem Abkalben sollte das Kraftfutter maximal um 1,5 kg pro Woche gesteigert werden. Das Rationsprogramm im Internet RDV4M Noch nicht frei geschaltete Betriebe setzen sich mit dem zuständigen LKV bzw. Landwirtschaftskammer in Verbindung. Abb. 24: Kraftfutterzuteilung nach Milch kg Der Tagesbericht mit den tierindividuellen werden. Futteranalysen und eine Rationsbe- Milchinhaltsstoffen steht dem Landwirt regel- rechnung machen im Vorfeld zur Gestaltung mäßig zur Verfügung. Durch genaues Studium der Milchviehration Sinn. Die Milchleistungs- und Interpretation der Ergebnisse können ergebnisse spiegeln die Versorgung der Tiere Rückschlüsse auf die Fütterung der Milchkühe wider. So kann kontrolliert werden, in gezogen werden. So kann schnell und einfach welchem Maß die Ration von den Tieren um- die Milchviehration angepasst und optimiert gesetzt wird. Fachgruppe: Fütterung Vorsitzender: Dipl-Ing. Karl Wurm INFO Geschäftsführer: 2/2015 Dr. Wilhelm Graiss, HBLFA Raumberg-Gumpenstein A-8952 Irdning, Tel.: 03682/22451-346 16 2 / 2015
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