Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...

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Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Ariadne-Report

Deutschland auf dem Weg
zur Klimaneutralität 2045
Szenarien und Pfade im
Modellvergleich
Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Der vorliegende Ariadne-Report wurde von den oben genannten Autorinnen und Auto-
ren des Ariadne-Konsortiums ausgearbeitet. Er spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung
des gesamten Ariadne-Konsortiums oder des Fördermittelgebers wider. Die Inhalte der
Ariadne-Publikationen werden im Projekt unabhängig vom Bundesministerium für Bil-
dung und Forschung erstellt.

Herausgegeben von                                                                       Bildnachweise
Kopernikus-Projekt Ariadne                                                              Titel: Yeshi Kangrangz / Unsplash; Zu-
Potsdam-Institut für Klimafolgen-                                                       sammenfassung: Andrea Boldizsar /
forschung (PIK)                                                                         Unsplash; Kapitel 1: Ashley Batz / Uns-
Telegrafenberg A 31                                                                     plash; Kapitel 2: funky-data / iStock; Ka-
14473 Potsdam                                                                           pitel 3: Julian Hochgesang / Unsplash;
                                                                                        Kapitel 4: Robin Sommer / Unsplash; Ka-
Oktober 2021                                                                            pitel 5: huangyifei / iStock; Kapitel 6: au-
                                                                                        dioundwerbung / istock; Kapitel 7: Clint
Kopernikus-Projekt Ariadne (2021):                                                      Adair / Unsplash; Kapitel 8: Adam Vra-
 Ariadne-Report - Deutschland auf dem                                                   denburg / Unsplash; Kapitel 9: Dan
Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenari-                                                Meyers / Unsplash; Kapitel 10: Micheile
en und Pfade im Modellvergleich.                                                        Henderson / Unsplash
https://doi.org/10.48485/pik.2021.006
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Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Zusammenfassung
Z.1     Szenarienanalyse zur Klimaneutralität 2045         1
Z.2     Kernelelemente der Transformation hin zur Klima-
        neutralität 2045: Was der Modellvergleich zeigt    2
Z.3     Meilensteine für 2030: Was notwendig ist,
        um Klimaneutralität 2045 auf den Weg zu bringen    4
Z.4     Elektronen und Moleküle: Die Umstellung auf eine
        erneuerbare Energieversorgung                      6
Z.5     Transformation der Endnutzungssektoren             8
Z.5.1   Verkehr                                            8
Z.5.2   Gebäudewärme                                       9
Z.5.3   Industrie                                          10
Z.6    Umweltwirkungen der Energiewende                    11
Z.7    Systemforschung für die Energiewende:
       Weiterer Forschungsbedarf                           13
Z.8    Politischer Handlungsbedarf für die
       Klimaneutralität 2045                               15
Literaturangaben                                           16

Autorinnen und Autoren
Gunnar Luderer, Claudia Günther, Dominika Sörgel, Christoph
Kost, Falk Benke, Cornelia Auer, Florian Koller, Andrea Herbst,
Klara Reder, Diana Böttger, Falko Ueckerdt, Benjamin Pfluger,
Daniel Wrede, Jessica Strefler, Anne Merfort, Sebastian Rauner,
Kais Siala, Simon Schlichenmaier
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DEUTSCHLAND AUF DEM
    WEG ZUR KLIMANEUTRALITÄT
    2045 – DIE KERNERGEBNISSE
    ZUSAMMENGEFASST

    Z.1 Szenarienanalyse zur Klima-              neuerbaren Energien basierende Ener-
    neutralität 2045                             gieversorgung schnellstmöglich gelin-
                                                 gen? Welche Transformationen müssen
    Im novellierten Klimaschutzgesetz (KSG,      in der Industrie, beim Verkehr und im
    2021) ist das ambitionierte Ziel festge-     Gebäudesektor erreicht werden und wie
    halten: Schon 2045 will Deutschland Kli-     interagieren diese miteinander? Was
    maneutralität erreichen. Klimaneutral,       muss wann und in welchem Bereich pas-
    das bedeutet, sämtliche Treibhausgas         sieren, um Klimaneutralität zu errei-
    (THG)-Emissionen von der Stromerzeu-         chen? Welche Rolle können Wasserstoff
    gung über die Industrie bis hin zu Ge-       und strombasierte E-Fuels spielen? Und
    bäuden, Verkehr und Landwirtschaft so        schließlich: Was ist schon bis 2030 not-
    weit wie möglich zu reduzieren, während      wendig, um den Weg zur Klimaneutrali-
    nicht vermeidbare Emissionen durch           tät zu ebnen? Es besteht ein hoher Be-
    Treibhausgas-Senken ausgeglichen wer-        darf an differenziertem Orientierungs-
    den. Bis 2045 muss also die Netto-Emis-      wissen zur konkreten politischen Ausge-
    sionsbilanz auf Null gedrückt werden.        staltung dieser Transformation.
    Um das zu erreichen, legt das Klima-
    schutzgesetz für 2030 das konkrete Zwi-      Erstmals stellt die vorliegende Szenarie-
    schenziel einer THG-Emissionsminde-          nanalyse für Deutschland konkrete
    rung um mindestens 65 % gegenüber            Transformationspfade zur Klimaneutrali-
    1990 fest.                                   tät 2045 auf der Basis eines umfassen-
                                                 den Modellvergleichs vor. Das Besondere
    Klar ist, dass Klimaneutralität in weniger   an dieser Studie des Ariadne-Projektes
    als 25 Jahren nur durch eine beispiellos     ist, dass sechs Gesamtsystem- und Sek-
    zügige und tiefgreifende Transformation      tormodelle in einer Studie integriert wur-
    des gesamten Energiesystems erreicht         den, die sich in ihren jeweiligen Stärken
    werden kann. Hinter der Klimaneutrali-       ergänzen: Für spezifische Fragestellun-
    tät steht also eine gewaltige Kraftan-       gen wurde jeweils dasjenige Modell als
    strengung, sowohl bei der Bereitstellung     Leitmodell hervorgehoben, welches die
    als auch bei der Nutzung von Energie in      entsprechenden Aspekte am genauesten
    den Sektoren Industrie, Gebäude und          abbildet. Weitere Modelle wurden ge-
    Verkehr. Doch so klar das Ziel ist, so of-   nutzt, um Auswirkungen der Transfor-
    fen ist der Weg dorthin. Wie kann der        mation auf Umweltschutzgüter und die
    Umstieg auf eine fast vollständig auf Er-    Verteilung der Kosten auf verschiedene

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Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Einkommensgruppen zu analysieren.                             Nutzung von Wasserstoff und E-Fuels ein               Z.2 Kernelemente der Transfor-
Dieser breit gefächerte Ansatz ermög-                         zügigerer Hochlauf der entsprechenden                 mation hin zur Klimaneutralität
licht es, die Implikationen der Energie-                      Produktionskapazitäten und Infrastruk-                2045: Was der Modellvergleich
wende robust und im Detail zu beschrei-                       turen benötigt. Zusätzlich werden auf-                zeigt
ben. Im Unterschied zu bereits existie-                       grund der hohen wirtschaftlichen und
renden Szenarien (Prognos, Öko-Institut,                      geopolitischen Relevanz unterschiedliche              Über alle eingesetzten Modelle und Tech-
Wuppertal-Institut, 2021) wurde nicht                         Ausprägungen von Importmöglichkeiten                  nologieannahmen hinweg lassen sich
nur ein Transformationspfad modelliert,                       analysiert. Durch die vorliegende Modell-             von den hier entwickelten Klimaschutz-
sondern insgesamt sechs Zielerrei-                            vielfalt und Szenario-Variationen können              pfaden die folgenden acht Kerneinsich-
chungsszenarien. Diese Zielszenarien                          einerseits Bandbreiten plausibler Ent-                ten robust ableiten:
wurden in vier Szenariogruppen geclus-                        wicklungen sowie Unsicherheiten abge-
tert, die sich bezüglich der Rolle von                        leitet werden. Andererseits ist es mög-               1. Die zentralen Energieträger in ei-
Elektrifizierung, Wasserstoff und synthe-                     lich, sowohl Spielräume als auch                         nem klimaneutralen Energiesystem
tischen E-Fuels sowie der Importe Erneu-                      kritische Engpässe der Energiewende ab-                  sind hauptsächlich erneuerbarer
erbarer Energie unterscheiden (Tabelle                        zuschätzen, wie beispielsweise den Min-                  Strom, grüner Wasserstoff und grü-
Z.1). Die unterschiedlichen Technologie-                      destbedarf an Strom aus Erneuerbaren                     ne E-Fuels sowie nachhaltig erzeug-
ausrichtungen führen zu verschiedenen                         Energien (EE) oder die Größenordnung                     te Biomasse. Die Szenarienanalyse
Profilen in den Transformationsheraus-                        notwendiger sogenannter negativer                        zeigt, dass der Weg zur Klimaneutra-
forderungen: Während beispielsweise                           Emissionen, also CO2-Entnah-men aus                      lität über einen nahezu vollständigen
eine stärkere Elektrifizierung eine                           der Atmosphäre zum Ausgleich nicht                       Verzicht auf fossile Energieträger er-
schnellere Transformation der Endnut-                         vermeidbarer Emissionen.                                 reichbar ist. Während heute Mineral-
zung erfordert, wird für die verstärkte                                                                                öl, Erdgas und Kohle noch knapp
                                                                                                                       80 % der Primärenergienachfrage
Tabelle Z.1: Überblick über die für die Modellanalyse erarbeiteten Kernszenarien                                       decken (AGEB, 2020a) sinkt ihr Anteil
                                                                                                                       in einem klimaneutralen Deutsch-
                                                                                                                       land in allen Zielszenarien langfristig
                                                                                                                       auf nahe Null (Abbildung Z.1e). Die
                                                                                                                       Nutzung fossiler Brennstoffe wird
                                                                                                                       auch aufgrund von substantiellen
                                                                                                                       prozessbedingten und landwirt-
                                                                                                                       schaftlichen Restemissionen sowie
                                                                                                                       langen Planungsvorläufen und be-
                                                                                                                       grenzter Verfügbarkeit von Kohlen-
                                                                                                                       stoffabscheidung und -speicherung
                                                                                                                       (CCS) limitiert (Kapitel 8).

                                                                                                                    2. Eine zunehmend erneuerbare
                                                                                                                       Stromversorgung ist die tragende
                                                                                                                       Säule der weiteren Dekarbonisie-
                                                                                                                       rung des Energiesystems. Die Dekar-
                                                                                                                       bonisierung der Stromversorgung
                                                                                                                       kann deutlich schneller erreicht wer-
                                                                                                                       den als jene der nicht-elektrischen
                                                                                                                       Energieversorgung. Um Deutschland
                                                                                                                       auf Kurs zur Klimaneutralität 2045
                                                                                                                       zu bringen, sinkt die CO2-Intensität
                                                                                                                       der Stromversorgung – also die fossi-
                                                                                                                       len CO2-Emissionen pro bereit ge-
                                                                                                                       stellter Kilowattstunde – bereits bis
                                                                                                                       2030 um 82-92 % gegenüber 2019,
                                                                                                                       maßgeblich aufgrund eines be-
                                                                                                                       schleunigten Kohleausstiegs (siehe
                                                                                                                       Z.3). Die begrenzte Verfügbarkeit von
                                                                                                                       Bioenergie, Wasserstoff und E-Fuels
                                                                                                                       führt dazu, dass die fossile CO2-Inten-
Im Trend-Szenario werden die Politikambitionen vor dem KSG2019 fortgeschrieben („Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG)“,      sität nachfrageseitig genutzter
2019).
                                                                                                                       Brennstoffe erst ab 2035 spürbar
                                                                                                                       sinkt (Abbildung Z.1c und d).

2
Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Abbildung Z.1: Charakteristische Eigenschaften von Transformationspfaden zur Klimaneutralität

                        a)                                                               b)

                        c)                                                               d)

                                                                       e)

(a) Sektorale Treibhausgasemissionen im Technologiemix-Szenario (REMIND Modell); (b) Spannbreite der energiebedingten CO2-Emissionen (inkl. negativer Emissionen durch BECCS) und der
Gesamttreibhausgasemissionen in verschiedenen Zielszenarien (REMIND und TIMES-PanEU Modelle); fossile CO2-Intensität (c) der Stromerzeugung und (d) der Brennstoffnutzung in den Nach-
fragesektoren; (e) Entwicklung des Endenergiebedarfs inklusive stofflicher Nutzung bis 2050 (REMIND-Mix-Szenario), sowie Endenergiebedarfen in 2045 für verschiedene Modelle und Szenari-
en.

3. Die direkte Elektrifizierung des                             4. Die Steigerung der Energieeffizienz                          5. Die Klimaneutralität 2045 erfordert
   Energieverbrauchs spielt eine zen-                              führt in den Zielszenarien bis 2045                             die vorherige Erreichung der CO2-
   trale Rolle. In den Zielszenarien                               zu einem Rückgang des Endenergie-                               Neutralität sowie die Erschließung
   steigt der Anteil der Elektrizität an                           verbrauchs um 34-59 % gegenüber                                 von Senken zur CO2-Entnahme.
   der Endenergie von 18 % in 2019 bis                             2019. Weil die Nutzung von Strom                                Trotz eines weitgehenden Ausstiegs
   2045 auf 40-69 %. Zusätzlich zu die-                            bei vielen Anwendungen – beispiels-                             aus der Nutzung fossiler Energien
   ser direkten Elektrifizierung trägt die                         weise in Form von E-Mobilität oder                              werden jährlich CO2-Senken im Um-
   indirekte Elektrifizierung über Was-                            Wärmepumpen – eine deutlich besse-                              fang von mindestens 41-74 MtCO2
   serstoff und synthetische Kraftstoffe                           re Umwandlungseffizienz hat als die                             benötigt, um verbleibende Treib-
   zu 8-37 % zur Endenergie bei (siehe                             Nutzung von Brennstoffen, trägt die                             hausgasemissionen zu kompensieren
   Z.4). Somit erfolgt die Umstellung in                           Elektrifizierung zudem maßgeblich                               – insbesondere schwer vermeidbarer
   den Sektoren Verkehr, Gebäude, In-                              zur Minderung der Endenergienach-                               prozessbedingte CO2-Emissionen der
   dustrie von fossilen Brennstoffen auf                           frage bei. Szenarien mit hohen Effizi-                          Industrie sowie Methan- und Lachga-
   Strom, Wasserstoff, E-Fuels und Bio-                            enzsteigerungen führen zu geringe-                              semissionen aus der Landwirtschaft.
   masse. Für diese Umstellung ist es                              ren Zubaubedarfen für Erneuerbare                               Die benötigte CO2-Entnahme könnte
   erforderlich, die heimische Erzeu-                              Energien.                                                       auch höher ausfallen, wenn zum Bei-
   gung von Wind und PV massiv zu                                                                                                  spiel die vollständige Vermeidung
   steigern.                                                                                                                       energiebedingter CO2-Emissionen

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Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
oder eine deutliche Reduktion der      8. Die Klimaschutz-Ziele für 2030 und                          1. Eine stärkere Dekarbonisierung der
    Emissionen aus der Viehzucht nicht        2045 sind extrem herausfordernd                                Energiewirtschaft bis 2030 ist kos-
    realisiert werden.                        und können nur mit massiven In-                                tengünstiger als der im KSG2021
                                              vestitionen, zusätzlichen politischen                          vorgesehene Transformationspfad.
6. Es gibt verschiedene Optionen zur          Maßnahmen und Infrastrukturauf-                                Das laut KSG2021 festgelegte Ge-
   CO2-Entnahme, deren technisches            bau in allen Sektoren erreicht wer-                            samtziel für 2030 – eine Reduktion
   Potenzial sich bis 2045 auf über 100       den. Die starke Beschleunigung der                             der Treibhausgasemissionen von
   MtCO2 summieren könnte. Dabei un-          Energiewende bis 2030 ist von be-                              65 % gegenüber 1990 – wird in allen
   terliegen alle Optionen spezifischen       sonderer Relevanz. Ohne enorme De-                             Szenarien annahmebedingt erreicht
   Risiken wie hohem Ressourcenauf-           karbonisierungs- und Infrastruktur-                            (Abbildung Z.2). Allerdings werden
   wand und schädlichen Umweltwir-            maßnahmen in diesem Jahrzehnt                                  die sektoralen Ziele des Verkehrs-
   kungen. Zusätzliche Einschränkun-          werden die Klimaschutzziele für                                und Gebäudesektors in vielen Szena-
   gen können aus mangelnder                  2030 verfehlt – damit würde auch                               rien verfehlt und durch stärkere
   Permanenz und gesellschaftlicher           das Erreichen des Langfristziels der                           Emissionsminderungen in der Ener-
   Akzeptanz resultieren. Aufgrund der        Klimaneutralität 2045 hochgradig                               giewirtschaft ausgeglichen. Das im
   bestehenden Unsicherheit über die          unwahrscheinlich werden.                                       KSG2021 festgelegte Ziel für den Ge-
   zukünftige Senkenleistung der Bio-                                                                        bäudesektor in 2030 ist nur unter
   sphäre sowie des Risikos, dass durch                                                                      sehr großen Anstrengungen erreich-
   Umwelteinflüsse wie Waldbrände                                                                            bar und nicht Teil des kostenoptima-
   oder Schädlinge der Kohlenstoffspei-    Z.3 Meilensteine für 2030: Was                                    len Transformationspfads. Im Ver-
   cher im Wald verloren geht, sollten     notwendig ist, um Klimaneutra-                                    kehrssektor wird das 2030-Sektorziel
   auch technische CO2-Senken, bei-        lität 2045 auf den Weg zu brin-                                   durch die hier modellierte Antriebs-
   spielsweise durch Bioenergienutzung     gen                                                               wende in der Mehrheit der Szenarien
   mit Kohlenstoffabscheidung und -                                                                          verfehlt.
   speicherung, entwickelt werden. Die-    In dieser Dekade sind im Vergleich zum
   se sind auch wichtig, um die Klima-     letzten Jahrzehnt deutlich gesteigerte                         2. In den kostenoptimalen Zielszenari-
   ziele gegen das Risiko potentiell hö-   Klimaschutzanstrengungen in allen Sek-                            en erfolgt der Ausbau von Wind und
   herer Restemissionen abzusichern.       toren notwendig, um die für 2030 fest-                            Photovoltaik (PV) deutlich stärker
                                           gelegten Emissionsminderungsziele des                             und der Kohleausstieg deutlich frü-
7. Die Energiewende bringt einen er-       KSG2021 zu erreichen und gleichzeitig                             her als bislang vorgesehen: So kön-
   heblichen Zusatznutzen für die Ge-      entscheidende Weichen für das Langfrist-                          nen die Emissionen der Energiewirt-
   sundheit, geht aber auch mit neuen      ziel der Klimaneutralität zu stellen. Fol-                        schaft bis 2030 um etwa zwei Drittel
   Herausforderungen auf anderen           gende sechs Meilensteine für 2030 erge-                           gegenüber 2019 gesenkt werden
   Umwelthandlungsfeldern einher.          ben sich aus der Szenarienanalyse und                             (Abbildung Z.3b). Für die starke De-
   Die Energiewende erhöht den Bedarf      dem Modellvergleich:                                              karbonisierung der Energiewirtschaft
   an den Metallen Lithium, Nickel, Ko-
   balt, Dysprosium, Iridium und Vana-
   dium auf ein Niveau, das angesichts
   der begrenzten globalen Reserven zu      Abbildung Z.2: Sektorale Treibhausgasemissionen der Leitmodelle im Technologiemix-Szenario (farbige
                                            Balken) sowie Bandbreite über Szenarien und Modelle hinweg (schwarze Boxen)
   kritischen Engpässen führen könnte.
   Der Flächenbedarf für die Energiebe-
   reitstellung in Deutschland könnte
   hingegen sogar leicht reduziert wer-
   den: obwohl sich durch den Anstieg
   des Bedarfs an einheimisch produ-
   ziertem erneuerbarem Strom der
   Flächenbedarf für Wind- und Freiflä-
   chen-PV-Anlagen erhöht, kann dieser
   jedoch gleichzeitig durch einen Rück-
   gang der Anbaufläche für Biomasse
   kompensiert werden. Die zunehmen-
   de Abkehr von Verbrennungsprozes-
   sen führt zu einem erheblichen Zu-
   satznutzen der Energiewende, da sie
   Luftverschmutzung verringert und so     Die grauen Balken zeigen das entsprechende Sektorziel laut KSG2021 (KSG, 2021).
   die öffentliche Gesundheit verbes-
   sert.

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Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
bis 2030 ist eine Verdreifachung der      Abbildung Z.3: Ausgewählte Indikatoren zur Erreichung der Meilensteine 2030
    Wind- und PV-Erzeugung laut RE-
    MIND und REMod auf 550-615 TWh             a)                                                                         b)
    bis zum Jahr 2030 notwendig (Abbil-
    dung Z.3a) – das liegt erheblich über
    den derzeit im EEG2021 anvisierten
    Strommengen (2029: 376 TWh). Die
    hierfür erforderlichen Kapazitäten für
    Wind und PV liegen am oberen Rand
    des auf Basis von geographisch hoch
    aufgelösten Analysen abgeschätzten
    Ausbaukorridors (Kapitel 5). Laut          c)                                                                         d)
    energyANTS-Modell ist ein Zubau für
    2030 in Höhe von etwa 120 GW Wind
    und 185 GW PV notwendig, um die
    hohe Erzeugung zu realisieren (Kapi-
    tel 5). Nur durch eine deutliche Re-
    duktion der Endenergienachfrage
    um etwa 35 % bis 2030 durch Effizi-
    enzgewinne wären die Ausbaupfade           e)                                                                         f)
    des EEG2021 (EEG, 2021) mit den
    Klimazielen für 2030 vereinbar
    (TIMES-PanEU-Modell). Darüber hin-
    aus zeigen alle Szenarien, dass die
    Kohleverstromung aufgrund der CO2-
    Bepreisung zunehmend unwirt-
    schaftlich wird, was zu einem voll-
    ständigen oder nahezu vollständigen
    Ausstieg aus der Kohleverstromung        (a) Spannbreite der Wind- und PV-Erzeugung in allen Szenarien in den Leitmodellen REMIND und REMod sowie in TIMES-Pa-
                                             nEU im Technologiemix-Szenario und energyANTS im Kombinations-Szenario2;(b) Stromerzeugung aus Kohle im Technolo-
    bis 2030 führt (Abbildung Z.3b). Der
                                             giemix3; (c) Bestand an E-Pkw im Technologiemix -Szenario (Liniendiagramm) sowie in allen anderen Szenarien (rote Fläche);
    stark erhöhte Anteil an Erneuerba-       (d) Bestand an Wärmepumpen im Technologiemix-Szenario (Liniendiagramm) sowie in allen anderen Szenarien (rote Flä-
    ren Energien am Strommix (2030:          che);(e) Power2Heat- und Elektrolyse-Wasserstoffnachfrage der Industrie im Leitmodell FORECAST im Mix-Szenario (Linien-
                                             diagramm) sowie in allen anderen Szenarien (rote Fläche); (f) CO2-Abscheidung und -Speicherung im Mix-Szenario (Liniendia-
    76-89 %) sowie die steigende Strom-      gramm) sowie in allen anderen Szenarien (rote Fläche).
    nachfrage machen zudem einen be-
                                             Quellen: (BNetzA, 2019; EEG, 2021; KohleAusG, n.d.; KSPr, 2019)
    schleunigten Ausbau der Netzinfra-
    struktur im Bereich der
    Übertragungs- und Verteilnetze un-              bäuden an das Fernwärmenetz. Für                                           Annahme, dass wenig öffentlich und
    erlässlich.                                     die Dekarbonisierung des Verkehrs-                                         öffentlich wenig schnell geladen
                                                    sektors bis zum Jahr 2045 sind be-                                         wird, mindestens 50.000 öffentlich
3. In den Endnutzungssektoren Gebäu-                reits bis 2030 bedeutende Schritte in                                      zugängliche Schnellladepunkte in
   de, Verkehr und Industrie muss be-               der Antriebswende nötig. In der                                            Kombination mit etwa 480.000 öf-
   reits bis 2030 ein konsequenter                  nächsten Dekade spielt die direkte                                         fentlich zugänglichen Normallade-
   Umstieg der Energieträger durch di-              Elektrifizierung des Personenver-                                          punkten1. Im Industriesektor ist der
   rekte und indirekte Elektrifizierung             kehrs eine prioritäre Rolle. Laut der                                      Zeithorizont bis 2030 entscheidend,
   stattfinden, um den Kurs auf Klima-              Verkehrsleitmodelle DEMO und VEC-                                          denn in diesem Zeitraum müssen
   neutralität 2045 anzupassen. Laut                TOR21 sind in allen Technologiepfa-                                        CO2-neutrale Verfahren vom Pilot-
   dem Sektorleitmodell REMod erfor-                den mindestens 14 Mio. E-Pkw im Be-                                        und Demonstrations-Maßstab auf in-
   dert die Dekarbonisierung des Ge-                stand des Jahres 2030 erforderlich                                         dustrielles Niveau skaliert und wirt-
   bäudesektors bereits vor 2030 einen              (Abbildung Z.3c). Diese Zahl über-                                         schaftlich betrieben werden können.
   Dreiklang aus einer steigenden jährli-           steigt die Zielspanne von 7-10 Mio.                                        Laut Sektormodell FORECAST ent-
   chen Sanierungsrate auf 1,5-2 %, der             des noch aktuellen Klimaschutzpro-                                         fällt die höchste Minderung bis 2030
   Installation von etwa 5 Mio. Wärme-              gramms 2030 (KSPr, 2019) um 40 %.                                          mit mehr als 30 MtCO2 auf den
   pumpen (Abbildung Z.3d) sowie den                Ein damit konsistenter Ausbau der                                          Brennstoffwechsel (für Dampferzeu-
   Neuanschluss von etwa 1,6 Mio. Ge-               Ladeinfrastruktur erfordert unter der                                      gung und Öfen) hin zu Strom, Was-

                                              1 Die Anzahl der benötigten öffentlichen Ladepunkte hängt sowohl vom gesamtwirtschaftlichen Technologiefokus (direkte vs. indirekte Elektrifi-
                                             zierung) als auch vom Ladeinfrastrukturkonzept (Anteil Schnellladestationen) und Ladeverhalten (öffentlich vs. privat) ab.
                                             2 Für die Berechnung der implizierten EEG-Erzeugungsmengen werden die Zielkapazitäten des EEG2021 für 2030 mit 2900 Volllaststunden für
                                             Onshore Wind, 4000 Volllaststunden für Offshore Wind, 1000 Volllaststunden für PV (Kapitel 5) verrechnet.
                                             3 Zur Berechnung der aus dem KohleAusG resultierenden Kohlestrommenge werden die im KohleAusG für 2030 angegebenen Kapazitäten mit
5                                            durchschnittlich 5200 Volllaststunden in Anlehnung an (Gierkink et al., 2019; Graichen et al., 2019; Matthes et al., 2019) verrechnet.
Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
serstoff und Gas (Abbildung Z.3e), de-   Z.4 Elektronen und Moleküle:                                 Bruttostrombedarfs auf 780-1.580 TWh
    ren Bereitstellung entsprechend ge-      Die Umstellung auf eine erneu-                               im Jahr 2045. Die Bandbreite des Strom-
    währleistet werden sollte.               erbare Energieversorgung                                     bedarfs wird maßgeblich durch den Um-
                                                                                                          fang erneuerbarer Energieimporte und
4. Der Technologiehochlauf von Was-          Zusätzlich zur direkten Elektrifizierung                     die Entwicklung der nachfrageseitigen
   serstoff und E-Fuels muss zügig be-       kommt der indirekten Elektrifizierung                        Energieeffizienz bestimmt. Im Vergleich
   ginnen, um die hohen Langfristbe-         der Energieversorgung über erneuerba-                        zu seinem heutigen Niveau von etwa
   darfe decken zu können. Die               ren Wasserstoff und E-Fuels eine wichti-                     580 TWh in 2019 (AGEB, 2020b), steigt
   Verfügbarkeit von erneuerbarem            ge Rolle zu. Klar ist, dass angesichts der                   der Bruttostromverbrauch um etwa
   Wasserstoff und E-Fuels wird zumin-       begrenzten Verfügbarkeit nachhaltiger                        23-34 % bis 2030 und 70-170 % im Jahr
   dest mittelfristig bis in die 2030er-     Biomasse und von Geothermie fossile                          2045 in allen Zielszenarien von REMIND
   Jahre beschränkt bleiben. Entspre-        Energieträger zukünftig zu großen Teilen                     und REMod (Abbildung Z.4a). Im Modell
   chend wird in den Szenarien ihr Ein-      sowohl durch Strom (direkte Elektrifizie-                    TIMES-PanEU, welches sehr hohe Effizi-
   satz für Anwendungen dort priori-         rung) als auch Wasserstoff und E-Fuels                       enzverbesserungspotenziale in allen Sek-
   siert, wo es keine Möglichkeit zur        (indirekte Elektrifizierung) ersetzt wer-                    toren annimmt, steigt die Bruttostrom-
   direkten Elektrifizierung gibt, zum       den müssen (Kapitel 6). Die Umstellung                       nachfrage bis 2045 lediglich um
   Beispiel Ammoniakproduktion, Pri-         auf Erneuerbare Energien über die direk-                     34-48 %.
   märstahlerzeugung, Grundstoffche-         te Elektrifizierung („Elektronen“) zeich-
   mie sowie Flug- und Schiffsverkehr.       net sich durch eine besonders hohe Um-                       Der überwiegende Teil der Stromnach-
   Für den Industriesektor besteht laut      wandlungseffizienz aus. Die Nutzung der                      frage wird durch einen massiven Aus-
   Sektormodell FORECAST ein Wasser-         Erneuerbaren über Wasserstoff und E-                         bau der einheimischen Stromerzeu-
   stoffbedarf von etwa 40 TWh in 2030       Fuels („Moleküle“) ist insbesondere für                      gung aus Solar- und Windenergie auf
   (Technologiemix-Szenario) (Abbil-         die Produktion von Primärstahl, die                          630-1.480 TWh im Jahr 2045 gedeckt. In
   dung Z.3e).                               stoffliche Nutzung in der chemischen In-                     einem Großteil der Szenarien müssen
                                             dustrie und schwer elektrifizierbare End-                    die in Kapitel 5 ermittelten Potenziale für
5. Das Ziel der Klimaneutralität ist         nutzungen wie Hochtemperaturprozesse                         Sonnen- und Windstromerzeugung voll-
   ohne CO2-Entnahmen nicht erreich-         oder den Flugverkehr relevant. Zudem                         ständig genutzt werden. So spielen so-
   bar. Der Technologiehochlauf sowie        kann die flexible Erzeugung von Wasser-                      wohl PV-Freiflächenanlagen, Dachanla-
   der Infrastruktur-Aufbau sollten da-      stoff einen bedeutenden Beitrag zur Inte-                    gen, Wind Onshore als auch Wind
   her bis 2030 signifikante Mengen er-      gration fluktuierender erneuerbarer                          Offshore eine wichtige Rolle. Das untere
   reichen. Für die Pilotierung der Ab-      Stromerzeugung leisten.                                      Ende der Bandbreite wird durch Pfade
   scheidung und geologischen CO2-                                                                        mit sehr hoher Effizienzverbesserung
   Speicherung erscheinen 2-5 Mio. t         Die direkte und indirekte Elektrifizie-                      (TIMES-PanEU-Modell) beschrieben. Je
   CO2 in 2030 als sinnvoller Meilen-        rung der Energienachfrage führt zu ei-                       höher der Gesamtstrombedarf 2045 ist,
   stein (Abbildung Z.3f). Zudem sollten     ner massiven Zunahme des nationalen                          zum Beispiel durch hohe einheimische
   auch landbasierte Methoden wie die
   Kohlenstoffbindung im Boden oder
                                              Abbildung Z.4: Entwicklung der Elektrifizierung
   eine erhöhte Senkenleistung des
   Waldes gefördert werden.
                                                a)                                                         b)

6. Infrastruktur: Die modellierten Men-
   gen an Strom, Fernwärme, Wasser-
   stoff sowie relevanten Kenngrößen
   für die Sektorkopplung wie E-Fahr-
   zeuge und Wärmepumpen liegen
   über den Mengen, die in den aktuel-
   len Infrastrukturplanungen vorge-
   sehen sind (Abbildung Z.3a, c, d).
   Eine rasche Anpassung der Infra-
   strukturplanung und ihre Umset-
   zung ist daher notwendig.

                                             (a) Bruttostromnachfrage in den Gesamtsystemmodellen REMIND und REMod in allen Zielszenarien und (b) Entwicklung der
                                             Stromerzeugung aus Wind und PV in den Gesamtsystemmodellen REMIND und REMod (gelb hinterlegt) sowie in TIMES-
                                             PanEU in allen Zielszenarien und energyANTS im Kombinations-Szenario.

6
Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 - Szenarien und Pfade im Modellvergleich - Ariadne ...
Abbildung Z.5: Gesamtstrombedarfe im Inland und Ausland in den Modellen REMIND, REMod* in ausge-                              deckt werden. Die zunehmende direkte
    wählten Zielszenarien4
                                                                                                                                  und indirekte Elektrifizierung der Ende-
                                                                                                                                  nergienachfrage schafft also starke Syn-
                                                                                                                                  ergien zur Integration des fluktuierenden
                                                                                                                                  erneuerbaren Stroms. Demand-Side-Ma-
                                                                                                                                  nagement des konventionellen Ver-
                                                                                                                                  brauchs aus bestehenden Stromanwen-
                                                                                                                                  dungen leistet langfristig hingegen einen
                                                                                                                                  vergleichsweise geringen Beitrag zur Fle-
                                                                                                                                  xibilisierung des Stromsystems.

                                                                                                                                  In den Zielszenarien besteht eine erheb-
                                                                                                                                  liche Bandbreite bezüglich des jeweili-
                                                                                                                                  gen Grads an direkter und indirekter
                                                                                                                                  Elektrifizierung der Endenergienachfra-
                                                                                                                                  ge sowie den daraus resultierenden
                                                                                                                                  Mengen an Strom, Wasserstoff und E-
Power-to-X-Erzeugung, desto geringer ist                 sowie der Brennstofferzeugung.                                           Fuels (Abbildung Z.7). Im Zieljahr der Kli-
der Spielraum bezüglich des Erneuerba-                                                                                            maneutralität liegt der Anteil von Strom
ren-Ausbaupfades und der Gewichtung                      Power-to-Fuel-Technologien, zeitlich fle-                                an der Endenergie zwischen 40 % und
zwischen Wind und Solar. Für das Jahr                    xible Wärmeerzeugung für Gebäude                                         69 % (Abbildung Z.7a). Wasserstoff und
2030 überschreitet die Wind- und Solar-                  und Industrie sowie Batteriespeicher er-                                 E-Fuels decken zusammen zwischen 8 %
stromerzeugung den Strommengenpfad                       möglichen eine erhebliche Verbesse-                                      und 37 % des Endenergiebedarfs des
des EEG2021 deutlich (siehe Z.3). Der                    rung der zeitlichen Abstimmung von Er-                                   Jahres 2045 (Abbildung Z.7c). In Szenari-
Vergleich der notwendigen Gesamt-                        zeugung und Verbrauch, so dass eine                                      en mit Fokus auf direkter Elektrifizierung
strommengen in den unterschiedlichen                     effektive Nutzung der erneuerbaren Er-                                   wird die Nutzung von E-Fuels im Wesent-
Technologieszenarien führt zu zwei wich-                 zeugung aus Wind- und Sonnenstrom                                        lichen auf Anwendungen in spezifischen
tigen Schlussfolgerungen: Erstens ist in                 möglich wird (Abbildung Z.6). In den                                     Industriesektoren, Schiffs- und Flugver-
allen Szenarien eine hohe heimische                      Zielszenarien wird in der Zeitspanne                                     kehr, sowie als Backup-Energieträger in
Stromerzeugung notwendig. Zweitens                       2041-2045 nur 2-6 % der Stromerzeu-                                      der Energiewirtschaft beschränkt blei-
führt eine Fokussierung auf Wasserstoff                  gung abgeregelt. In Zeiten geringer er-                                  ben. In Wasserstoff-fokussierten Szenari-
und E-Fuels zu einer erhöhten Importab-                  neuerbarer Stromerzeugung wird die fle-                                  en spielen Brennstoffzellenfahrzeuge im
hängigkeit, da diese zu großen Teilen im-                xible Nachfrage durch Sektorkopplungs-                                   Schwerlastverkehr eine dominante Rolle,
portiert werden müssen. Diese Importe                    technologien zurückgefahren, während                                     zudem wird Wasserstoff zum dominan-
erfordern wiederum Stromerzeugungs-                      die verbleibenden Lücken zur inflexiblen                                 ten Energieträger für Hochtemperatur-
mengen von bis zu 1.500 TWh/a im Aus-                    Nachfrage durch Ausspeichern und auf                                     prozesse in der Industrie.
land und verlagern somit einen Teil der                  synthetischem Methan oder Wasserstoff
Energiewende-Transformationsleistung                     basierenden Backup-Kraftwerken ge-
ins Ausland (Abbildung Z.5, Abschnitt
Z.6).

                                                          Abbildung Z.6: Flexibilisierung des Stromsystems
Die zunehmende Bedeutung der Strom-
erzeugung aus fluktuierender Wind-
und Solarenergie erfordert Energiespei-                   a)                                                                     b)
cher sowie eine zunehmende Flexibili-
sierung des Energiesystems. Die Detail-
analysen in Kapitel 7 zeigen, dass es
auch in den erneuerbar dominierten, kli-
maneutralen Energiesystemen ausrei-
chend technische Ansätze gibt, um
Stromangebot und -nachfrage in Ein-
klang zu bringen. Eine besonders wichti-
ge Rolle spielt dabei die Sektorkopplung,
also die zunehmende Verzahnung der                      (a) Gesammelte flexible Stromabgabe bei Strommangel; (b) gesammelte flexible Stromabnahme bei Stromüberschuss. Ge-
                                                        zeigt ist jeweils der Durchschnitt in den Jahren 2041–2045 des Technologiemix-Szenarios im REMod-Modell. Die Ergebnisse
Stromwirtschaft mit den Nachfragesek-
                                                        zum Demand-Side-Management des konventionellen Stromverbrauchs wurden mit dem Modell E2M2 erarbeitet.
toren Industrie, Verkehr und Gebäude

                                                         4 Für die Berechnung der implizierten Strommengen im Ausland wird eine Effizienz von 60% für Wasserstoff und 40% für E-Fuels angenommen.
7                                                        In REMod* wurden Bedarfe für nicht-energetische Nutzung von Wasserstoff und E-Fuels im Industriesektor auf Basis des FORECAST-Modells er-
                                                         gänzt.
Abbildung Z.7: Anteil Strom, Wasserstoff sowie Wasserstoff + E-Fuels am gesamten Endenergieverbrauch                       gen schon in den 2020er-Jahren mit
    inklusive Bunkertreibstoffen und stofflicher Nutzung in den Gesamtsystemmodellen gruppiert nach Sze-
    narien                                                                                                                     dem Ziel der Klimaneutralität kompati-
                                                                                                                               bel sein. Infrastrukturen, der Gebäude-
          a)                                                                                                                   bestand sowie Industrieanlagen zeich-
                                                                                                                               nen sich durch besonders lange Lebens-
                                                                                                                               dauern aus. Bereits bis 2030 haben E-
                                                                                                                               Pkw im motorisierten Individualverkehr,
                                                                                                                               Wärmepumpenheizsysteme bei der Ge-
                                                                                                                               bäudewärme und elektrische Kessel bei
                                                                                                                               der industriellen Dampferzeugung bei
                                                                                                                               den Neuanschaffungen eine wichtige
                                                                                                                               oder dominante Stellung

          b)                                               c)                                                                  Die konkreten Ergebnisse zu den Trans-
                                                                                                                               formationen der einzelnen Sektoren sind
                                                                                                                               im Folgenden entlang der Kapitel des
                                                                                                                               Szenarienreports zusammengefasst.

                                                                                                                               Z.5.1 Verkehr

                                                                                                                               Bis zum Jahr 2030 hat die direkte Elek-
                                                                                                                               trifizierung das größte THG-Emissions-
                                                                                                                               minderungspotential im Verkehrssek-
                                                                                                                               tor. Das gilt vor allem für Verkehrsträger
(a) Bandbreite des Stromanteils in der Endenergienachfrage; (b) Bandbreite des Elektrolyse -Wasserstoffanteils in der End-
                                                                                                                               und -segmente, die den größten Anteil
energienachfrage und (c) Bandbreite des E-Fuels-Anteils in der Endenergienachfrage. Die Anteile aller dargestellten Energie-   an den direkten THG-Emissionen im Sek-
träger enthalten heimische Erzeugung und Importe.
                                                                                                                               tor haben, also für den Pkw- und teilwei-
                                                                                                                               se den straßengebundenen Güterver-
                                                                                                                               kehr. Da für Pkw und teilweise auch für
Z.5 Transformation der Endnut-                                    Der Einsatz kohlenstoffbasierter Brenn-                      die Lkw schon jetzt kommerziell wettbe-
zungssektoren                                                     stoffe in der Endnutzung sinkt insbe-                        werbsfähige und technisch ausgereifte
                                                                  sondere ab den 2030er-Jahren beför-                          batterieelektrische Lösungen verfügbar
Die Transformation der Endnutzungs-                               dert durch die direkte und indirekte                         sind, können durch die direkte Elektrifi-
sektoren Industrie, Verkehr und Gebäu-                            Elektrifizierung stark. Strom deckt der-                     zierung kurzfristige Fortschritte bei der
dewärme stellt eine besonders große                               zeit nur 18 % des Endenergieverbrauchs                       Dekarbonisierung erzielt werden (Abbil-
Herausforderung auf dem Weg zur Kli-                              inklusive Bunkertreibstoffen und stoffli-                    dung Z.8).
maneutralität dar. Während die THG-                               cher Nutzung (AGEB, 2021). Sein Anteil
Emissionen dieser Sektoren zwischen                               steigt in den Zielszenarien, je nach tech-                   Selbst mit einem massiven Anstieg des
2010 und 2019 insgesamt nur um etwa                               nischem Fokus, bis 2045 auf 40-69 % an.                      Anteils batterieelektrischer Fahrzeuge
3 % zurückgingen, zeigen die Klima-                               Aufgrund der Trägheitsdynamiken - ins-                       werden die Sektorziele aus dem
schutzszenarien der Sektormodelle eine                            besondere beim Ausbau der erneuerba-                         KSG2021 bis zum Jahr 2030 nicht er-
Minderung von 37 % zwischen 2020 und                              ren Stromerzeugung - entfaltet die Kli-                      reicht. Die kurzfristigen Minderungspo-
2030, und 88 % zwischen 2020 und                                  maschutzwirkung der direkten und                             tentiale durch eine reine Antriebswende
2040. Trotz dieser Beschleunigung des                             indirekten Elektrifizierung der Endnut-                      sind begrenzt. Ein höherer Absatz batte-
Minderungstempos werden die KSG-Ziel-                             zungssektoren ihre Hauptwirkung ab                           rieelektrischer Fahrzeuge wird gegen-
vorgaben für die Nachfragesektoren, ins-                          den 2030er-Jahren, in denen die Nut-                         wärtig unter anderem durch fehlende öf-
besondere Verkehr und Gebäude, in vie-                            zung von Strom und nicht-fossilen                            fentliche Ladeinfrastruktur limitiert.
len Szenarien nicht eingehalten (Z.3). In                         Brennstoffen stark ansteigt (Abbildung                       Zudem sind Bestandsfahrzeuge langle-
den Nachfragesektoren schreitet der                               Z.8, Abbildung Z.10 und Abbildung Z.12).                     big, was auch im Falle von hohen Absät-
Energieträgerwechsel zu nicht-fossilen                            Die Potenziale für die direkte Elektrifizie-                 zen von E-Pkw nur zu einer langsamen
Brennstoffen deutlich langsamer voran                             rung sind dabei hochgradig sektorspezi-                      Änderung des Pkw-Gesamtbestandes
als in der Energiewirtschaft. Hierfür ist                         fisch und bestimmen maßgeblich die                           führt (Abbildung Z.9). Die Szenarienana-
eine Vielzahl von Herausforderungen ver-                          Notwendigkeit des Einsatzes der nicht-                       lysen zeigen, dass selbst bei einer deutli-
antwortlich, beispielsweise lange Rein-                           fossilen Brennstoffe Wasserstoff, E-Fuels                    chen Kostendegression von batterieelek-
vestitionszyklen, fehlende Infrastruktur,                         oder Bioenergie.                                             trischen Fahrzeugen, sehr schnellem
mangelnde Wirtschaftlichkeit oder die                                                                                          Ladeinfrastrukturausbau und hohen
fehlende Verfügbarkeit klimaneutraler                             Aufgrund von Pfadabhängigkeiten müs-                         CO2-Preisen wie im Elektrifizierungssze-
Energieträger.                                                    sen zahlreiche Investitionsentscheidun-                      nario kurzfristig zusätzliche Maßnahmen

8
erforderlich sein werden, um die Sektor-      Abbildung Z.8: Zusammensetzung der Endenergienachfrage im Verkehrssektor des Leitmodells DEMO im
                                              Technologiemix-Szenario5
Ziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. In
Frage kommen hierfür vor allem auch
Maßnahmen zur Änderung des Mobili-
tätsverhaltens, wie der Wechsel auf an-
dere Verkehrsträger.

Die indirekte Elektrifizierung (Nutzung
der Energieträger Wasserstoff und E-
Fuels) bildet bis zum Jahr 2045 in Teil-
bereichen des Güter-, Personenschie-
nen- und Busverkehrs sowie für den
Flugverkehr eine sinnvolle und für Ver-
brenner-Restbestände bei den Pkw eine
notwendige Ergänzung zur direkten
Elektrifizierung (Abbildung Z.9). Die Nut-
zung dieser Energieträger erfordert je-
doch im Vergleich zur direkten Elektrifi-
zierung einen erheblich größeren Einsatz
an Energie, insbesondere von erneuerba-
rem Strom.

Z.5.2 Gebäudewärme

Die wichtigsten Säulen der Wärmewen-          Abbildung Z.9: Zusammensetzung des Pkw- und Lkw-Bestands des Leitmodells VECTOR21 in ausgewählten
                                              Szenarien
de zur Erreichung eines klimaneutralen
Gebäudebestands sind ein konsequen-
ter Energieträgerwechsel und eine Stei-
gerung der Sanierungsrate und der Sa-
nierungstiefe. Für den konsequenten
Energieträgerwechsel sind der Umstieg
auf Erneuerbare Energieträger in Gebäu-
den und bei der Fernwärmebereitstel-
lung notwendig, unter anderem durch ei-
nen beschleunigten Austausch von
Heizsystemen. Die Steigerung der Sanie-
rungsrate- und der Sanierungstiefe ist
unerlässlich, um die Endenergienachfra-
ge zu reduzieren und häufig Vorausset-
zung für einen Einsatz klimaneutraler
Heizsysteme wie elektrischer Wärme-
pumpen. Weiterhin wirkt auch eine effizi-
ente Nutzung von Wohnraum unterstüt-
zend.

Die direkte Elektrifizierung spielt im
                                             Fahrzeugtypen: ICE - Verbrennungsmotor; BEV - batterieelektrisches Fahrzeug; FCEV - Wasserstoffbrennstoffzelle; PHEV -
Gebäudesektor in allen Zielszenarien         Plug-in Hybrid.
eine entscheidende Rolle durch die Nut-
zung von Wärmepumpen oder Heizstä-
ben in Gebäuden und für die Einspei-         wettbewerbsfähigere Alternativen wie                                     notwendig, die bis zum Jahr 2030 auf
sung in Wärmenetze. Die indirekte            Wärmenetze und Wärmepumpen sowie                                         mindestens 1,5 - 2,0 % steigen. Die Sa-
Elektrifizierung über Brennstoffzellen       die begrenzte Verfügbarkeit und hohe                                     nierungstiefe der Gebäude entspricht in
oder Wasserstoffkessel spielt dagegen        Kostenintensität von grünem Wasser-                                      den Zielszenarien durchschnittlich über
im Gebäudesektor eine vergleichsweise        stoff.                                                                   alle Gebäude nahezu dem KfW-55 Stan-
kleine Rolle und ist abhängig vom Tech-                                                                               dard (Abbildung Z.11). Eine flächende-
nologieszenario (Abbildung Z.10). Haupt-     Um das Gebäude-Sektorziel für 2030 zu                                    ckende Nutzung des Passivhausstan-
gründe für die begrenzte Nutzung von         erreichen, sind laut Szenarienanalyse                                    dards KfW-40 ist hingegen nicht Teil des
wasserstoffbasierten Technologien sind       sehr ambitionierte Sanierungsraten                                       kostenoptimalen Transformationspfades.

9                                             5 Die Zusammensetzung der flüssigen und gasförmigen Brennstoffe ist nicht Teil der DEMO-Modellierung, sondern aus REMIND abgeleitet.
Abbildung Z.10: Zusammensetzung der Endenergienachfrage im Gebäudesektor des Leitmodells REMod im                              Produktionsprozess (etwa Zement) und
 Technologiemix-Szenario
                                                                                                                                Energiebedarfen für die stoffliche Nut-
                                                                                                                                zung (insbesondere Chemie) aus.
                                                                                                                                Für die Industriewende sind daher er-
                                                                                                                                hebliche Veränderungen in energieinten-
                                                                                                                                siven Produktionsverfahren nötig – bis
                                                                                                                                hin zum vollständigen Ersatz etablierter
                                                                                                                                Techniken. Darüber hinaus sind jedoch
                                                                                                                                auch massive Anpassungen etablierter
                                                                                                                                Preisstrukturen von Energieträgern so-
                                                                                                                                wie verstärkte Anstrengungen zur Stei-
                                                                                                                                gerung von Energie und Materialeffizienz
                                                                                                                                und Ausbau der Kreislaufwirtschaft not-
                                                                                                                                wendig.

                                                                                                                                Die Szenarien zeigen alternative Pfade
                                                                                                                                zu einer nahezu CO2-neutralen Indus-
                                                                                                                                trieproduktion bis zum Jahr 2045, die
                                                                                                                                übereinstimmend ambitionierte Verän-
                                                                                                                                derungen des gesamten industriellen
                                                                                                                                Produktionssystems und eine tiefgrei-
                                                                                                                                fende Transformation in vielen Bran-
                                                                                                                                chen und Wertschöpfungsketten bein-
                                                                                                                                halten (Abbildung Z.12). Die wichtigsten
 Abbildung Z.11: Sanierungsgrad des Gebäudebestands des Leitmodells REMod im Technologiemix-Szenario.                           Vermeidungshebel sind die Energie- und
                                                                                                                                Materialeffizienz beziehungsweise Kreis-
                                                                                                                                laufwirtschaft, der Prozesswechsel auf
                                                                                                                                sekundäre Produktionsrouten und inno-
                                                                                                                                vative CO2-neutrale Verfahren sowie der
                                                                                                                                damit verbundene, umfassende Einsatz
                                                                                                                                von CO2-neutralen Energieträgern (Abbil-
                                                                                                                                dung Z.13). Trotz der massiven Prozess-
                                                                                                                                und Produktionsveränderungen verblei-
                                                                                                                                ben in allen Szenarien prozessbedingte
                                                                                                                                Restemissionen. Diese können durch den
                                                                                                                                Einsatz von CO2-Abscheidung und -Nut-
                                                                                                                                zung oder -Speicherung in der Klimawir-
                                                                                                                                kung weiter reduziert werden.

                                                                                                                                In allen Szenarien werden hohe Mengen
                                                                                                                                an CO2-neutralen Energieträgern ein-
                                                                                                                                gesetzt. Die zwei wichtigsten Energie-
                                                                                                                                träger für die Industrie werden zukünf-
                                                                                                                                tig Strom und Wasserstoff sein. 2045
Sie könnte jedoch eine bedeutsamere                   Z.5.3 Industrie                                                           werden zwischen 248 TWh (Wasserstoff-
Rolle spielen, wenn es beispielsweise                                                                                           Szenario) und 413 TWh (Elektrifizierungs-
Verzögerungen bei anderen vergleichbar                Die Transformation des Industriesek-                                      Szenario) Strom direkt genutzt (2018:
günstigen Lösungen zur Dekarbonisie-                  tors muss neben technischen vor allem                                     223 TWh). Hinzu kommen – als indirekte
rung gibt, wie dem Zubau Erneuerbarer                 die Herausforderungen der Wirtschaft-                                     Stromnutzung – zwischen 173 TWh (Elek-
Energien. Selbst bei einer Sanierungsra-              lichkeit und Wettbewerbsfähigkeit                                         trifizierungs-Szenario) und 342 TWh
te von 2 % – einer Verdopplung gegen-                 adressieren. Derzeit zeichnet sich der In-                                (Wasserstoff-Szenario) Wasserstoff
über dem gegenwärtigen Niveau – ver-                  dustriesektor durch eine hohe Abhängig-                                   (2018: 0 TWh)6. Im E-Fuels-Szenario wird
bleibt ein Viertel des Gebäudebestands                keit von fossilen Brennstoffen, insbeson-                                 nachfrageseitig wenig umgestellt – statt-
im Jahr 2045 unsaniert. Ein maßgebli-                 dere für Hochtemperaturprozesse,                                          dessen Erdgas angebotsseitig durch syn-
cher limitierender Faktor für die Umset-              technisch bedingte Abhängigkeiten von                                     thetisches E-Methan ersetzt. Die Nutzung
zungsgeschwindigkeit der Wärmewende                   Energieträgern und Rohstoffen (etwa zur                                   dieses Brennstoffs steigt so auf 347 TWh
sind die Kapazitäten des Baugewerbes.                 Stahlproduktion), prozessbedingte Emis-                                   (Erdgasnutzung 2018: 245 TWh). In die-
                                                      sionen aus chemischen Reaktionen im                                       sem Szenario bleibt die Stromnutzung

10                                                    6 Die aktuelle Wasserstoffnutzung in Höhe von 55 TWh wird beinahe ausschließlich durch die Dampfreformierung von Erdgas bereitgestellt und
                                                      ist in der energetischen und stofflichen Erdgasnutzung inkludiert.
2045 auf dem Niveau von 2018 und es                   Strom – insbesondere die benötigte In-           Z.6 Umweltwirkungen der Ener-
werden geringe Mengen Wasserstoff di-                 frastruktur – müssen umgesetzt werden.           giewende
rekt verwendet (23 TWh).                              Ferner verlangt das Erreichen des 2030-
                                                      Ziels des KSG2021 (KSG, 2021) für den            Große Herausforderungen zeigen sich
Damit die Umstellung auf eine CO2-neu-                Industriesektor bereits bis 2030 grundle-        beim durch die Energiewende induzier-
trale Industrieproduktion bis zum Jahr                gende Umstellungen: Ohne einen sub-              ten Bedarf an kritischen Materialien.
2045 gelingen kann, ist der Zeithori-                 stanziellen Einsatz von neuen CO2-armen          Für die sechs Metalle Lithium, Nickel, Ko-
zont bis 2030 entscheidend. Bis 2030 ist              oder CO2-neutralen Produktionsverfah-            balt (vor allem Batteriefertigung), Dys-
es essenziel, CO2-neutrale Verfahren                  ren, wie der Herstellung von Stahl über          prosium (Elektromotoren), Vanadium
vom Pilot- und Demonstrations-Maßstab                 die Direktreduktion, ist das Sektorziel          (stationäre Batterien) und Iridium (Elek-
auf industrielles Niveau zu skalieren und             nicht zu erreichen.                              trolyse) besteht dabei eine besonders
ihren wirtschaftlichen Betrieb zu ermög-                                                               hohe Knappheit gemessen an global ver-
lichen. Hohe Investitionen in Neuanlagen                                                               fügbaren Reserven und Ressourcen, die
sind nötig und Lösungen zur Bereitstel-                                                                über den deutschen Anteil an der globa-
lung von CO2-neutralem Wasserstoff und                                                                 len Wirtschaftsleistung auf Deutschland
                                                                                                       heruntergerechnet wurden (Abbildung
                                                                                                       Z.14). Die Primärmaterialbedarfe hängen
 Abbildung Z.12: Zusammensetzung der Endenergienachfrage im Industriesektor des Leitmodells FORECAST
 im Technologiemix-Szenario                                                                            dabei sowohl von der Technologieaus-
                                                                                                       richtung des Szenarios (zum Beispiel
                                                                                                       Elektrifizierungsgrad des Verkehrs) als
                                                                                                       auch von Entwicklungen innerhalb spezi-
                                                                                                       fischer Technologiecluster wie etwa Bat-
                                                                                                       terien oder PV-Module und der Recycling-
                                                                                                       quote ab. Um die Materialbedarfe der
                                                                                                       Energiewende zu decken, sind neben der
                                                                                                       Erschließung neuer Lagerstätten auch
                                                                                                       die Förderung der Kreislaufwirtschaft
                                                                                                       und die Erhöhung der Materialeffizienz
                                                                                                       wichtig. Außerdem kann die Reduktion
                                                                                                       der Nachfrage im Transportsektor, unter
                                                                                                       anderem durch die Reduzierung der
                                                                                                       durchschnittlichen Fahrzeug- und Batte-
                                                                                                       riegröße, dabei helfen, knappe Materiali-
                                                                                                       en zu erhalten, die für die Energiewende
                                                                                                       von kritischer Bedeutung sind.

                                                                                                       Die Energiewende hat eine deutliche
                                                                                                       Auswirkung auf die Flächennutzung in
                                                                                                       Deutschland. Der Anstieg des Bedarfs an
                                                                                                       einheimischem erneuerbaren Strom auf
                                                                                                       etwa 1000 TWh führt zu einem Anstieg
 Abbildung Z.13: Beitrag einzelner Vermeidungsoptionen zur Emissionsminderung bis zum Jahr 2030 ggü.
 2018 im Technologiemix-Szenario                                                                       des Flächenbedarfs durch Onshore Wind
                                                                                                       und Freiflächen-PV von heute 0,6 % auf
                                                                                                       1,9-3,4 % der Landesfläche Deutschlands
                                                                                                       (Abbildung Z.15). Dieser Bedarf kann je-
                                                                                                       doch durch den in den Szenarien unter-
                                                                                                       stellten Rückgang des Biomasseanbaus
                                                                                                       kompensiert werden, sodass der Ge-
                                                                                                       samtflächenbedarf für die Erneuerbaren
                                                                                                       Energien sinkt. Bemerkenswert ist dabei,
                                                                                                       dass der spezifische Flächenbedarf pro
                                                                                                       Einheit erzeugter (Strom und eventuell
                                                                                                       andere Energieträger)Energie bei der An-
                                                                                                       baubiomasse um den Faktor 10-18 hö-
                                                                                                       her ist als bei Freiflächen-PV, und etwa
                                                                                                       17-21 höher als Onshore Windenergie.
                                                                                                       Zudem kann der größte Teil der von
                                                                                                       Windparks genutzten Fläche gleichzeitig
                                                                                                       land- oder forstwirtschaftlich ge-
11
Abbildung Z.14: Der Beitrag von Energie- und Transporttechnologien (E&T) zum über den Zeithorizont 2020-45 kumulierten Materialbedarf der sechs kritischen Me-
 talle Lithium, Kobalt, Nickel, Vanadium, Dysprosium und Iridium (Technologiemix-Szenario)

Graue Bandbreiten zeigen die Unsicherheit durch unterschiedliche Szenarien und Technologieentwicklungspfade. Rote Dreiecke markieren jene hypothetische Mengen, die auf Deutschland
bei Verteilung der globalen Reserven und Ressourcen nach BIP entfallen würden. Selbst bei vollständigem Recycling könnte der Primärmaterialbedarf an Kobalt, Nickel, Vanadium und Lithi-
um den deutschen Anteil der Reserven übersteigen.

nutzt werden. Auch für PV-Freiflächenan-                        auf direkte Elektrifizierung oder Wasser-                         den. Eine ganzheitlich nachhaltige Ver-
lagen besteht die Möglichkeit einer dua-                        stoffnutzung ausgerichteten Szenarien.                            kehrswende erfordert daher die Regulie-
len Nutzung durch Agriphotovoltaik                                                                                                rung der Lieferketten der Fahrzeuge, ins-
(Wirth, 2021). Weitere Optionen zur Be-                         Die Gesundheitswirkungen des motori-                              besondere im Bereich der E-Mobilität. Die
grenzung des Flächenverbrauchs für die                          sierten Individualverkehrs verlagern                              substanziellen verbleibenden Umwelt-
Energiewende sind eine beschränkte                              sich von der Verbrennung fossiler                                 schäden im Szenario einer erfolgreichen
Nutzung von Anbaubiomasse, die Nut-                             Brennstoffe zu den Produktionsprozes-                             Antriebswende unterstreichen den öko-
zung von biologischen Reststoffen für die                       sen. Diese indirekten Auswirkungen sin-                           logischen Nutzen einer ganzheitlichen
Energiegewinnung sowie der prioritäre                           ken im Gegensatz zu den direkten Aus-                             Mobilitätswende mit dem Ziel der Reduk-
Ausbau der Photovoltaik auf Dach- und                           wirkungen nur um etwa 30 % bis 2045,                              tion des Individualverkehrsaufkommens.
Gebäudeflächen. In dem Maß, in dem er-                          falls die Produktionsprozesse und Roh-
neuerbarer Strom, Wasserstoff und E-                            stoffgewinnung nicht transformiert wer-
Fuels importiert werden, induziert die
Energiewende zusätzlich zum inländi-
schen Flächenbedarf weitere Flächenbe-
darfe im Ausland.                                                Abbildung Z.15: Gesamter Flächenbedarf von Biomasseanbau, Solar- und Onshore Windanlagen in
                                                                 Deutschland in Bezug auf die Landesfläche Deutschlands für die Jahre 2020, 2030 und 2045 und für das
                                                                 Technologiemix-Szenario
Die Energiewende bietet großen Zusatz-
nutzen, besonders für die Gesundheit.
Alle Zielszenarien führen – eine weitere
Umsetzung neuer Technologiestandards
bei verbleibenden Verbrennungsprozes-
sen vorausgesetzt – zu einer Verringe-
rung der Luftverschmutzung und deren
negativer Gesundheitswirkungen. Vergli-
chen mit heute entspricht das einer Er-
höhung der durchschnittlichen Lebenser-
wartung um etwa 0,4 Jahre. Dieser Effekt
                                                                Die Unsicherheitsspanne zeigt die Bandbreite der Zielszenarien. Die Nutzung der Flächen für Windparks schließt eine paralle-
ist in Szenarien mit höherem Einsatz                            le land- oder forstwirtschaftlich Nutzung nicht aus. Auch für PV-Freiflächenanlagen ist die gleichzeitige landwirtschaftliche
synthetischer E-Fuels geringer als in den                       Nutzung möglich (Agriphotovoltaik).

12
Z.7 Systemforschung für die                      Wärmenetze und CO2-Transport. Des           al., 2021; Richstein and Neuhoff,
Energiewende: Weiterer For-                      Weiteren kann durch eine tieferge-          2019). Die weitere Integration dieses
schungsbedarf                                    hende Integration zwischen Sektor-          Forschungsstrangs mit der Szena-
                                                 modellen und Gesamtsystemmodel-             rienanalyse zur Klimaneutralität ist
Angesichts der zunehmenden Vielfalt              len eine insgesamt realistischere           ein wichtiger Schwerpunkt künftiger
von Klimaneutralitätsszenarien, wird ein         Abbildung der Systemdynamik er-             Forschung.
strukturierter und systematischer Ver-           reicht werden.
gleich von Modellergebnissen und An-
nahmen zunehmend wichtiger. Die hier         ▶ Vertiefende Modellvergleiche:
vorgelegten Analysen untersuchen erst-         Durch eine noch breitere Abdeckung        Z.8 Politischer Handlungsbedarf
mals auf Basis eines Ensembles von             kann ein strukturierter Vergleich         für die Klimaneutralität 2045
Energiesystem- und Sektormodellen Pfa-         nicht nur unter den Ariadne-Model-
de zur Erreichung der Klimaneutralität         len, sondern auch anderer in promi-       Die vorliegenden Analysen verdeutlichen
Deutschlands 2045. Durch die Integra-          nenten Szenarienstudien genutzten         die Dringlichkeit des politischen Hand-
tion von Gesamtsystemmodellen mit              Modellsysteme erreicht werden. Da-        lungsbedarfs, um Klimaschutzziele zu er-
Sektormodellen konnten einerseits rele-        durch werden Unterschiede in An-          reichen und den Kurs auf Klimaneutrali-
vante Wechselwirkungen zwischen den            nahmen und Implikationen verschie-        tät 2045 anzupassen. Der Vergleich der
Sektoren berücksichtigt, andererseits          dener Klimaschutzpfade deutlich           sektorspezifischen Transformationsweg-
Details der sektoralen Transformation          (ESYS et. al., 2019; Wietschel et al.,    marken mit den gegenwärtigen Politik-
ausbuchstabiert werden.                        2021).                                    zielen weist auf erhebliche Diskrepanzen
                                                                                         hin. Ohne zusätzliche Maßnahmen in al-
Der in dieser Studie vorgestellte Modell-    ▶ Wirkungsanalyse und gesellschaft-         len Sektoren werden die Klimaschutzzie-
vergleich sollte in dieser Hinsicht als        liche Trägerschaft: Ebenfalls be-         le für 2030 und 2045 aller Voraussicht
„proof-of-concept“ gesehen werden. Al-         steht die Notwendigkeit, die Szenari-     nach verfehlt. Obwohl Politiken und Maß-
lerdings verbleiben eine Reihe von weite-      en durch detaillierte Analysen der        nahmen nicht explizit in den Szenarien
ren Forschungsbedarfen, die teilweise          Kosten und makro-ökonomischen             abgebildet sind, lassen sich aus den Sze-
durch andere Ariadne-Forschungsaktivi-         Wirkungen der Energiewende zu er-         narienanalysen bereits folgende Er-
täten abgedeckt sind, teils in Folgestudi-     gänzen. Erste Ergebnisse zeigen bei-      kenntnisse im Hinblick auf politische
en angegangen werden müssen:                   spielsweise, dass die Auswirkungen        Handlungsbedarfe ziehen:
                                               der CO2-Bepreisung über Einkom-
▶ Erweiterung des Lösungsraums: Die            mensgruppen hinweg stark variie-          ▶ Sektorübergreifende CO2-Beprei-
  hier vorgestellten Szenarien zeigen          ren können, und dass die Vertei-            sung stärken: Die Lenkungswirkung
  eine plausible Bandbreite künftiger          lungswirkungen wiederum stark von           eines deutlichen CO2-Preissignals ist
  Entwicklungen bezüglich direkter             der Ausgestaltung der Politiken ab-         entscheidend, um effiziente Emissi-
  und indirekter Elektrifizierung.             hängen. Künftige Analysen werden            onsminderungspotenziale zu nutzen
  Gleichzeitig können sie nicht den            über den CO2-Preis hinaus die Vertei-       und Anreize für klimaneutrale Inves-
  Anspruch auf eine vollständige Ab-           lungswirkungen weiterer Politikin-          titionen zu schaffen. Ein zunehmend
  deckung des Lösungsraums erhe-               strumente untersuchen. Verteilungs-         über die Sektoren hinweg harmoni-
  ben. Weitere Szenarien sollten bei-          gerechtigkeit und ökologische               sierter CO2-Preis kann zudem eine
  spielsweise die Möglichkeiten und            Nachhaltigkeit sind auch wichtige           Flexibilisierung der Sektorziele er-
  Grenzen einer stärker auf Energieef-         Faktoren für gesellschaftlichen Ak-         möglichen, die angesichts der Dis-
  fizienz und Lebensstiländerungen             zeptanz und Trägerschaft (Blum, M.          krepanz zwischen den sektoralen
  ausgerichteten Klimaschutzstrategie          et al., 2021).                              Minderungszielen des KSG2021 für
  beleuchten, oder das Potenzial einer                                                     2030 und der sektoralen Lastentei-
  weitergehenden Nutzung von tech-           ▶ Politiken und Maßnahmen: Ange-              lung in den kostenoptimalen Szena-
  nischen CO2-Senken, insbesondere             sichts der durch die Szenarien auf-         rien geboten scheint.
  CCS, untersuchen.                            gezeigten enormen Herausforderun-
                                               gen bezüglich der systemischen            ▶ Erneuerbare Energien massiv aus-
▶ Granularität der Systemtransfor-             Transformation stellt sich nun in           bauen: Die hohe zukünftige Strom-
  mation: Spezifische Aspekte der              verschärftem Maße die Frage nach            nachfrage erfordert einen enormen
  Energiewende müssen im Szenari-              geeigneten Politiken und Maßnah-            Ausbau von Windkraft und Photovol-
  enkontext konkreter ausbuchsta-              men, um den Weg zur Klimaneutrali-          taik. Bis 2030 ist voraussichtlich ein
  biert werden, um den damit einher-           tät zu ebnen. Die Untersuchung von          Zubau nötig, der etwa einer Verdrei-
  gehenden Herausforderungen                   geeigneten Politikinstrumenten ist          fachung der Ausbaugeschwindigkeit
  begegnen zu können. Prominent zu             bereits Gegenstand der Forschung            der vergangenen Dekade entspricht
  nennen wäre hierbei der Infrastruk-          in Ariadne und anderen Projekten            und somit über dem Ausbaupfad
  turausbau für Stromübertragungs-             (Berneiser et al., 2021; Edenhofer et       des EEG liegt. Daher ist eine Überar-
  und Verteilnetze, Wasserstoffnetze,          al., 2019; Fahl et al., 2021; Perino et     beitung des EEG sowie die Neuord-

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nung und Beschleunigung von Ge-            konzept ab, welches zügig ausbuch-         kehr und die Grundstoffchemie, pri-
     nehmigungsverfahren nötig. Zusätz-         stabiert werden muss.                      orisiert werden.
     lich müssen weitere Gesetze wie bei-
     spielsweise das Energiewirtschafts-    ▶ Wärmewende sozialverträglich ge-         ▶ Ganzheitliche Strategie für CO2-
     gesetz (EnWG2021) mit den Anfor-         stalten: Aufgrund der bestehenden          Entnahmen erarbeiten: Das Ziel der
     derungen einer auf Erneuerbaren          Eigentums- und Mietlandschaft des          deutschen Klimaneutralität ist ohne
     Energien basierenden Versorgung in       Gebäudesektors bedarf es eines             CO2-Entnahmen nicht erreichbar.
     Einklang gebracht werden.                stringenten informatorischen, ord-         Daher sollte eine nationale CO2-Ent-
                                              nungspolitischen und förderpoliti-         nahme-Strategie einschließlich CCS
▶ Kohleausstieg gestalten: Der zur Er-        schen Instrumentenmix zur Realisie-        erarbeitet werden, um Technologie-
  reichung der Klimaziele notwendige          rung der Dekarbonisierung. Eine            hochlauf, Infrastrukturaufbau und
  CO2-Preis macht die weitere Kohle-          besondere Herausforderung ist die          Speicherung in die Mitte der gesell-
  verstromung zunehmend unwirt-               Sozialverträglichkeit der Wärmewen-        schaftlichen Debatte zu rücken.
  schaftlich. Es scheint daher hochgra-       de, die zusätzliche Instrumente er-
  dig unplausibel, dass bei gleich-           fordert.                                 ▶ Rohstoffbedarf nicht-energetischer
  zeitiger Einhaltung der Klimaziele                                                     Rohstoffe untersuchen: Praktisch
  Kohlekraftwerke gemäß Kohleaus-           ▶ Engpässe im Baugewerbe angehen:            alle für die Transformation zur Ver-
  stiegsgesetz noch über 2030 hinaus          Insbesondere die Wärmewende,               fügung stehenden Maßnahmen er-
  substantiell zur Stromversorgung            aber auch die Transformation der           fordern einen erhöhten Einsatz an
  beitragen. Der Strukturwandel in            Industrieanlagen und der Infrastruk-       Technologie und Material. Aus die-
  den betroffenen Regionen wird sich          turaufbau benötigen hochqualifizier-       sem Grund ist dieser Bedarf an
  entsprechend beschleunigen und              te Handwerkerinnen und Handwer-            nicht-energetischen Rohstoffen ver-
  muss aktiv gestaltet werden. Zur Si-        ker sowie deutlich höhere Kapazi-          tieft zu untersuchen und die Mög-
  cherstellung der Versorgungssicher-         täten im Baugewerbe als aktuell            lichkeiten und Wirkungen von Kreis-
  heit werden zusätzliche gas- oder           vorhanden. Ohne sofortige massive          laufwirtschaft zu integrieren.
  wasserstoffbefeuerte Spitzenlast-           Unterstützung von Weiterbildungs-
  kraftwerke benötigt.                        und Umschulungsangeboten kön-            ▶ Umweltwirkungen entlang der
                                              nen diese Knappheiten die Transfor-        Wertschöpfungskette beachten:
▶ Infrastruktur zügig ausbauen: Die           mation und somit die Erreichung            Während die Energiewende in vielen
  modellierten Mengen an Strom,               der Klimaziele ausbremsen.                 Bereichen einen deutlichen ökologi-
  Fernwärme und Wasserstoff, sowie                                                       schen Nutzen entfaltet, führt der
  relevanter Kenngrößen für die Sek-        ▶ Preissignale für die Industriewende        Übergang zu einem erneuerbaren
  torkopplung und Dekarbonisierung            setzen: Für die Umstellung auf eine        Energiesystem auch zu einer Verla-
  anderer Sektoren wie E-Pkw und              CO2-neutrale Industrieproduktion ist       gerung der Umweltwirkungen von
  Wärmepumpen liegen über den                 die Wirtschaftlichkeit CO2-neutraler       Energietechnologien von der Nut-
  Mengen, die in der aktuellen Infra-         Verfahren essenziell. Wichtig sind         zungsphase zur Produktionsphase.
  strukturplanung vorgesehen sind.            daher klare Preissignale, sodass           Dies ist vor allem für Batterietechno-
  Die Infrastruktur droht damit zum           Strom gegenüber Erdgas der attrak-         logien für die E-Mobilität, aber auch
  Engpass in allen Sektoren zu wer-           tivere Energieträger wird. Dies kann       die erneuerbare Stromerzeugung re-
  den. Eine rasche Anpassung der In-          - abhängig von der sonstigen Ausge-        levant. Entsprechend kann eine
  frastrukturplanung und ihrer be-            staltung des Strompreises – ab 100         wirklich nachhaltige Energiewende
  schleunigten Umsetzung ist daher            bis 150 Euro/tCO2 gelingen. Aller-         nur dann gelingen, wenn (a) Materi-
  notwendig.                                  dings sind gleichzeitig geeignete          aleffizienz und Kreislaufwirtschaft
                                              Maßnahmen zum Erhalt der interna-          auch bei Klimaschutztechnologien
▶ Engpässe bei der Ladeinfrastruktur          tionalen Wettbewerbsfähigkeit der          gestärkt werden, und (b) in Zusam-
  für die Verkehrswende beseitigen:           deutschen und europäischen Indus-          menarbeit mit internationalen Part-
  Die direkte Elektrifizierung ist der        trie – nicht nur der energieintensi-       nern die globalen Wertschöpfungs-
  größte Dekarbonisierungshebel des           ven – notwendig.                           ketten strengen Umweltstandards
  Verkehrssektors. Um den notwendi-                                                      unterworfen werden.
  gen Mindest-Hochlauf an batterie-         ▶ Erneuerbaren Wasserstoff und E-
  elektrischen Fahrzeugen zu errei-           Fuels in ihrer Anwendung priorisie-      ▶ Innovationen für die Klimaneutrali-
  chen, ist ein zügiger und starker           ren: Ihre Verfügbarkeit wird zumin-        tät fördern: Das Ziel der Klimaneu-
  Ausbau der öffentlichen Ladeinfra-          dest mittelfristig bis in die 2030er-      tralität bis 2045 wird ohne weitere
  struktur notwendig, da diese zurzeit        Jahre beschränkt bleiben. Entspre-         Innovationen nicht erreichbar sein,
  ein Hindernis in der Verkehrswende          chend sollte ihr Einsatz für no-regret     die gezielte Förderung brauchen.
  darstellt. Die Spanne des Gesamtbe-         Anwendungen, wie Wasserstoff für           Wichtig sind auch in Zukunft techni-
  darfs an öffentlich zugänglichen La-        Stahl- und Ammoniakproduktion so-          sche Innovationen für Erneuerbare
  depunkten hängt stark vom Lade-             wie E-Fuels für Flug- und Schiffsver-      Energieträger, Energiespeicher und

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