DGUV Information 206-031 - Betriebliches Eingliederungsmanagement - BEM Orientierungshilfe für die praktische Umsetzung - DGUV ...

 
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206-031
                           DGUV Information 206-031

Betriebliches Eingliederungsmanagement – BEM
Orientierungshilfe für die praktische ­Umsetzung

März 2021
kommmitmensch ist die bundesweite Kampagne der gesetzlichen Unfallversicherung
in Deutschland. Sie will Unternehmen und Bildungseinrichtungen dabei unterstützen,
eine Präventionskultur zu entwickeln, in der Sicherheit und Gesundheit Grundlage al-
len Handelns sind. Weitere Informationen unter www.kommmitmensch.de

Impressum

Herausgegeben von:
Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung e.V. (DGUV)

Glinkastraße 40
10117 Berlin
Telefon: 030 13001-0 (Zentrale)
Fax: 030 13001-9876
E-Mail: info@dguv.de
Internet: www.dguv.de

Sachgebiet Beschäftigungsfähigkeit
des Fachbereichs Gesundheit im Betrieb der DGUV

Projektleitung: Franka Gerber (UK RLP), Burkhard Rehn (BG RCI)
Projektteam: Birgit Althoff (UK NRW), Tobias Belz (VBG),
Sabine Ernst (DGUV), Alexandra Sikora (BAuA)

Ausgabe: März 2021

DGUV Information 206-031
zu beziehen bei Ihrem zuständigen ­Unfallversicherungsträger oder unter
www.dguv.de/publikationen Webcode: p206031

Bildnachweis
Alle Abbildungen: © KonzeptQuartier GmbH
Betriebliches Eingliederungsmanagement – BEM
Orientierungshilfe für die praktische Umsetzung

DGUV Information 206-031 März 2021
Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                  Seite
Warum diese Orientierungshilfe?..................................................................................................... 5

Warum BEM? ................................................................................................................................................          7

Was regelt das Gesetz?........................................................................................................................... 10

Wer sind die Beteiligten?....................................................................................................................... 16

Wie gehen Sie vor?..................................................................................................................................... 19

Wie gehen Sie mit den Daten um?.................................................................................................... 24

Welche rechtlichen Aspekte sind wichtig?.................................................................................. 26

Wer kann Sie unterstützen?.................................................................................................................. 27

Wie geht es nach dem BEM weiter?................................................................................................. 30

Anhang		 ............................................................................................................................................................ 33
Warum diese Orientierungshilfe?

Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit        setzt das Betriebliche Eingliederungs-
von Mitarbeitenden zu erhalten oder         management (BEM) an. Kernanliegen
wiederherzustellen ist eine wichtige        des BEMs ist es, Zeiten der Arbeitsun-
gesellschaftliche Aufgabe. Dies gilt so-    fähigkeit zu überwinden, eine Wieder-
wohl betriebs- und volkswirtschaftlich      eingliederung zu erreichen und Arbeits­
als auch sozialpolitisch. Vor dem Hinter-   plätze dauerhaft zu erhalten.
grund der demografischen Entwicklung
und des schon spürbaren Fachkräfte-         BEM wurde bereits im Jahr 2004 etab-
mangels ist dies ein immer wichtiger        liert. Arbeitgebende müssen BEM seit-
werdendes Handlungsfeld.                    dem verpflichtend anbieten, sofern Be-
                                            schäftigte in einem 12-Monats-Zeitraum
Für Sie als Unternehmerin oder Unter-       länger als sechs Wochen wiederholt oder
nehmer ist die Arbeitskraft Ihrer Mit-      am Stück arbeitsunfähig waren. Die An-
arbeiterinnen und Mitarbeiter von be-       nahme des BEM-Angebots durch die be-
sonderer Bedeutung. Das gilt auch für       schäftigte Person ist freiwillig.
Beschäftigte mit vorübergehenden oder
dauerhaften krankheitsbedingten Ein-        Ungeachtet der gesetzlichen Regelung
schränkungen. Genau an diesem Punkt         wirft BEM in Betrieben immer noch Fra-
                                            gen auf, die oft dazu führen, dass BEM-
                                            Verfahren nicht oder nicht hinreichend
                                            umgesetzt werden. Die gesetzliche Un-
                                            fallversicherung und ihre Träger erach-
                                            ten es als wichtige Aufgabe, ihre Mit-
                                            glieder bei der Umsetzung des BEMs zu
                                            unterstützen.

                                                                                      5
Warum diese Orientierungshilfe?

Diese Orientierungshilfe soll dazu bei-
tragen. Sie wurde von einer Arbeitsgrup-    Tipp: Haben Sie spezifische Fragen
pe des Sachgebietes Beschäftigungs-          zur Unterstützung durch Ihren Un-
fähigkeit im Fachbereich Gesundheit im       fallversicherungsträger in Bezug
Betrieb der DGUV erarbeitet und rich-        auf BEM? Fragen Sie dort nach! Eine
tet sich in erster Linie an Arbeitgeben-    ­Auflistung aller Unfallversicherungs-
de. Diese sind für die Umsetzung des         träger finden Sie auf www.dguv.de
BEMs im Betrieb verantwortlich. Darü-        unter „Wir über uns“ > „Mitglieder“.
ber ­hinaus finden auch andere am Ver-
fahren Beteiligte (z. B. BEM-berechtigte
Personen, betriebliche Interessenver-      BEM ist dann erfolgreich, wenn es nach-
tretungen, BEM-Beauftragte) wertvolle      haltig hilft, die Beschäftigungsfähigkeit
Anregungen.                                zu erhalten. Schon mit geringem orga-
                                           nisatorischem Aufwand und externer
Prägnante Hinweise und Tipps sollen        Unterstützung bei Bedarf kann man gute
insbesondere Kleinbetrieben helfen,        Resultate erzielen.
das BEM umzusetzen.
                                           Auch eine proaktive bzw. wertschöpfen-
                                           de Kultur der Prävention trägt zum Erfolg
                                           Ihres BEMs bei.

6
Warum BEM?

Warum Sie BEM haben müssen!               Warum Sie BEM haben sollten!

BEM ist gesetzlich vorgeschrieben. Be-    Ein erfolgreich durchgeführtes BEM ist
schäftigen Sie in Ihrem Betrieb Arbeit-   vorteilhaft für alle Beteiligten.
nehmerinnen bzw. Arbeitnehmer, dann
müssen Sie ihnen ein BEM anbieten,        Know-how im Unternehmen halten
wenn diese in einem 12-Monats-Zeit-       Scheiden Beschäftigte in Folge einer Er-
raum länger als sechs Wochen ununter-     krankung aus einem Betrieb aus, so ist
brochen oder wiederholt arbeitsunfähig    das für Sie von großem Nachteil: Wert-
waren. Nimmt die berechtigte Person       volles Wissen und Sachverstand gehen
das BEM-Angebot an, haben Sie als         verloren. Das BEM trägt dazu bei, diesen
Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber zu klä-    Effekt zu minimieren. Zudem ist der Ver-
ren, wie die Arbeitsunfähigkeit über-     bleib einer Person mit ihren Kompeten-
wunden und der Arbeitsplatz erhalten      zen Voraussetzung für die Weitergabe
werden kann. Ziel ist deren gesund-       von Wissen an andere Beschäftigte.
heitsgerechte Beschäftigung sowie die
Vermeidung krankheitsbedingter Kündi-
gungen.

Verstöße gegen diese Verpflichtung füh-
ren oft zu arbeitsrechtlichen Auseinan-
dersetzungen. Wenn das Angebot bzw.
die Durchführung (im Falle der Annahme
durch Beschäftigte) eines BEM-Verfah-
rens nicht nachgewiesen werden kann,
entscheiden Gerichte im Rahmen von
Kündigungsschutzklagen regelmäßig zu-
gunsten der BEM-berechtigten Personen.

                                                                                   7
Warum BEM?

Wirtschaftliche Überlegungen                Positive interne Wahrnehmung
BEM hilft Ihnen nicht nur dabei, dem        Wie Sie in Ihrem Betrieb mit erkrank-
Verlust von Arbeitskraft vorzubeugen.       ten Beschäftigten umgehen, hat in aller
Es hilft Ihnen auch, Einsparungen im        Regel auch Einfluss auf die Wahrneh-
Bereich der Überbrückungs-, Neueins-        mung als Arbeitgeberin bzw. Arbeitge-
tellungs- und Einarbeitungskosten zu        ber in der übrigen Belegschaft. Überle-
realisieren. Darüber hinaus binden auch     gungen wie „Was passiert mit mir, wenn
Kündigungsschutzprozesse Arbeitskraft       ich – vorübergehend oder dauerhaft
und bergen das Risiko hoher unmittel-       – nicht mehr die volle Leistung bringen
barer oder mittelbarer Kostenbelastun-      kann?“ wirken sich auf die Motivation
gen. Nicht zuletzt kann BEM auch dazu       und Arbeitszufriedenheit Ihrer Betriebs-
beitragen, die interne sowie externe        angehörigen aus. Dies kann auch schon
Wahrnehmung Ihres Unternehmens zu           der Fall sein, wenn konkrete Leistungs-
beeinflussen. Im Idealfall ­lassen sich     einschränkungen aus Sicht der einzel-
dadurch wirtschaftliche ­Vorteile im Sin-   nen Personen noch gar nicht absehbar
ne der Wettbewerbs­fähigkeit erzielen.      sind. Als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber
                                            können Sie auch durch ordnungsgemäß
                                            durchgeführte BEM-Verfahren Ihre Wert-
                                            schätzung gegenüber Ihren Beschäftig-
    Tipp: Erinnern Sie Ihre Beschäftigten   ten zum Ausdruck bringen.
    immer wieder an den Sinn und Zweck
    von BEM (z. B. am schwarzen Brett
    oder bei Betriebsversammlungen).
    Das schafft Klarheit bereits vor der
    Kontaktaufnahme im Einzelfall und
    hilft, möglichen Verunsicherungen
    vorzubeugen.

8
Warum BEM?

Positive externe Wahrnehmung               auch die Wahrnehmung Ihres Betriebs
Betriebe haben insbesondere in Zeiten      durch die Kundinnen und Kunden.
des Fachkräftemangels ein Interesse       ­Gerade in einem schwierigen Markt­
daran, auch extern als fürsorgliche und    umfeld kann Ihr wertschätzender Um-
wertschätzende Arbeitgebende wahr-         gang mit Ihren Mitarbeiterinnen und
genommen zu werden. Kommentare in          Mitarbeitern ein wichtiges Alleinstel-
Bewertungsportalen, Presseberichte         lungsmerkmal sein; und zwar sowohl
oder auch Mund-zu-Mund-Propagan-           im Wettbewerb um neue Beschäftigte
da können sowohl Ihre Suche nach           als auch um Kundschaft.
neuen Beschäftigten beeinflussen als

                                                                                    9
Was regelt das Gesetz?

Rechtsgrundlage                                Ziele des BEMs

Das BEM ist gesetzlich in § 167 Abs. 21        BEM dient der frühzeitigen Klärung, ob
Neuntes Buch Sozialgesetzbuch                  und ggf. welche Maßnahmen ergriffen
(SGB IX) verankert und als Verpflich-          werden können, um:
tung der Arbeitgebenden festgeschrie-
ben. Unter den dort genannten Voraus-          •   Arbeitsunfähigkeit zu überwinden,
setzungen haben Sie der berechtigten           •   erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzu-
Person ein BEM-Verfahren anzubieten.               beugen,
Die Annahme des BEM-Angebotes ba-              •   den Arbeitsplatz zu sichern und zu
siert auf Freiwilligkeit. Es steht der BEM-­       ­erhalten und
berechtigten Person frei, die Teilnahme        •    betriebliche Belastungen zu reduzie-
abzulehnen. Auch kann sie jederzeit ein             ren, die aus der Arbeitsunfähigkeit
begonnenes BEM-Verfahren abbrechen                  resultieren.
und damit den Prozess beenden.
                                               Wie Sie als Arbeitgeberin oder Arbeit-
                                               geber diese gesetzliche Verpflichtung
                                               umsetzen können und welche einzel-
                                               nen Schritte sich daraus ergeben, wird
                                               im Abschnitt „Wie gehen Sie vor?“ näher
                                               beschrieben.

                   SGB IX
                   § 167 (2)

10
Was regelt das Gesetz?

BEM-Verfahren                                   2. ­­Sachliche Voraussetzungen
                                                      Ein BEM setzt voraus, dass die be-
Grundsätze                                            rechtigte Person innerhalb eines
Der Ablauf des Verfahrens ist gesetzlich              Jahres länger als sechs Wochen
nicht festgelegt. Laut Bundesarbeitsge-               ununterbrochen oder wiederholt
richt2 handelt es sich beim BEM um einen              arbeitsunfähig war. Das BEM ist
ergebnisoffenen Prozess. Das Gesetz                  auch anzubieten, wenn die Arbeits­
vertraut darauf, dass Arbeitgebende, Be-             unfähigkeit (AU) noch andauert.
schäftigte, Interessenvertretung und ex-             Der zu betrachtende Zeitraum bezieht
terne Stellen mit ihrem Sachverstand ein             sich auf zwölf Monate – nicht auf
faires und sachorientiertes Gespräch im              ein Kalenderjahr – rückblickend vom
Interesse der BEM-berechtigten Person                ­Betrachtungszeitpunkt an.
führen, bei dem sich Verlauf und Ergebnis
nach dem jeweiligen Einzelfall richten2.          Unerheblich ist, ob eine zusammen-
                                                  hängende AU vorliegt oder ob meh-
Voraussetzungen                                   rere AU-Zeiten gegeben sind. Auch
1. Persönlicher Geltungsbereich                   die Ursachen sind ohne Belang. Es ist
   Das BEM ist allen Beschäftigten anzu-          nicht relevant, ob die Gründe für die
   bieten. Es ist nicht gekoppelt an              Arbeitsunfähigkeit betrieblicher oder
   Schwerbehinderung oder Gleichstel-             privater Natur sind.
   lung. Die Regelung gilt für alle Arbeitge-
   bende (auch Klein- und Kleinst­
   betriebe).

 Tipp: Das Gesetz gilt für alle
 ­Beschäftigten: Angestellte, außer-
  tariflich Angestellte, Beamtinnen
  und Beamte, befristet Beschäftig-
  te, Aushilfskräfte, Auszubildende,
  Praktikantinnen und Praktikanten,
  Werksstudierende, Voll- oder Teilzeit-
  beschäftigte, unabhängig von einer
  Schwer­behinderung.
                                                                                          11
Was regelt das Gesetz?

Berechnung der 6-Wochenfrist:                      Das bedeutet bei einer 5-­Tage-Woche
Bei durchgehender ­Arbeitsunfähigkeit              (6 Wochen × 5 Arbeitstage = 30), dass
(AU) wird die Verpflichtung der Arbeit-            ab dem 31. Tag die 6-Wochen-­Grenze
gebenden nach 42 Kalendertagen                     überschritten ist. Eine teilzeitbeschäftig-
­ausgelöst. Bei wiederholter AU sind nur           te Person, die z. B. an 3 Tagen pro Wo-
 die Wochen­tage zu berücksichtigen, an            che tätig ist, ist am 19. Arbeitstag länger
 denen AU besteht.                                 als 6 Wochen (6 Wochen × 3 Arbeitstage
                                                   = 18 Arbeitstage) arbeitsunfähig.

                         Betriebliches Eingliederungsmanagement BEM
                         Beschäftigte:    arbeitsfähig    arbeitsunfähig

                Mai                                                           Mai
                Juni                                                          Juni
                                                             2 Wochen
                 Juli                                    arbeitsunfähig       Juli
                                                                      +
             August                                                           August
                                                               1 Woche
          September                                      arbeitsunfähig       September
            Oktober                             oder                          Oktober
          November                                                            November
          Dezember                                                            Dezember
              Januar                                                          Januar
             Februar           6 Wochen                      3 Wochen         Februar
                               arbeitsunfähig            arbeitsunfähig
               März                                                           März
                April                                                         April

                        Verpflichtung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
                                      zum Angebot eines BEM

Abb. 1      Berechnung der 6-Wochenfrist

12
Was regelt das Gesetz?

­ U-Tage, für die ­keine AU-Bescheinigung
A                                            Einladung
vorgelegt wird, gehen genauso mit in die     Laut Rechtsprechung muss die Einladung
Berechnung ein wie Kuren und                 zum BEM bestimmte Formalien erfüllen3.
Rehabilitations-­Maßnahmen.
                                             Sie muss folgende Hinweise enthalten:
                                             • relevante Fehlzeiten
                                             • Ziele des BEMs (mehr als bloße Be-
 Tipp: Sie können BEM auch früher               zugnahme auf den Gesetzestext4)
 ohne Vorliegen der sachlichen Vor-          • Freiwilligkeit des BEMs
 aussetzungen (das heißt bei geringe-        • Möglichkeit, weitere Personen hin­
 ren Fehlzeiten als 42 Tagen in den zu-         zuzuziehen
 rückliegenden 12 Monaten) anbieten.         • Art und Umfang der zu erhebenden
                                                und zu verwendenden Daten5 und
                                                Klarstellung über den Umgang damit4
                                             • etwaige kündigungsrechtliche Folgen6
Beteiligte
Der Betriebs- bzw. Personalrat oder die
Mitarbeitendenvertretung (betriebliche
Interessenvertretung) wacht über die          Tipp: Formulieren Sie das Einladungs-
Umsetzung des BEMs und unterstützt            schreiben so, dass die berechtigte
das Verfahren. Betrifft das BEM eine          Person BEM als attraktives Angebot
schwerbehinderte Person, ist auch die         und nicht als Bedrohung versteht.
Schwerbehindertenvertretung einzubin-
den. ­Soweit erforderlich wird die Be-
triebsärztin oder der Betriebsarzt hinzu-
gezogen. Die BEM-berechtigte Person
muss jedoch der Teilnahme der genann-
ten Personen und Stellen zustimmen.
Auf mögliche weitere Beteiligte wird im
folgenden A­ bschnitt „Wer sind die Betei-
ligten?“ näher eingegangen.

                                                                                    13
Was regelt das Gesetz?

Betriebliche Mitbestimmung                  Datenschutz

Diese spielt unter mehreren Aspekten        Ein umfassender Datenschutz ist eine
im BEM eine wesentliche Rolle. Zum          wichtige Grundlage dafür, dass berech-
einen hat der Betriebsrat nach Betriebs-    tigte Personen am BEM teilnehmen.
verfassungsgesetz (BetrVG) ein Initiativ-   Hier entsteht ein Spannungsfeld. Für
recht zur Mitgestaltung bei der Einfüh-     den konkreten Einzelfall muss geprüft
rung genereller BEM-Verfahrensregeln im     werden: Wieviel müssen Sie als Arbeit-
Betrieb. Weiter überwacht die betriebli-    geberin und Arbeitgeber wissen, damit
che Interessenvertretung die Einhaltung     Sie Ihren gesetzlichen Pflichten nach-
und Erfüllung der gesetzlichen Pflicht      kommen können und wie viel sollten die
der Arbeitgebenden. Sofern die BEM-be-      BEM-berechtigten Personen von ihren
rechtigte Person die Einbindung der Inte-   Daten offenlegen? Wie werden die Daten
ressenvertretung wünscht, ist diese auch    behandelt?
im konkreten Einzelfall zu beteiligen.
                                            Sofern es im Betrieb eine beauftragte
                                            Person für den Datenschutz gibt, sollte
                                            diese eingebunden werden.
 Tipp: Förmliche Betriebs- oder Dienst-
 vereinbarungen zwischen der Interes-
 senvertretung und dem Arbeitgeben-
 den können genutzt werden, um die
 Rahmenbedingungen und den Ablauf
 von BEM zu beschreiben. Sie sind
 nicht verpflichtend. Prägnante und
 eindeutige Vereinbarungen haben
 sich jedoch bewährt.

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Was regelt das Gesetz?

Wichtig ist, dass die BEM-berechtigte     Arbeitgebende müssen gemäß § 1 Abs. 2
Person vom Unternehmen beim ers-          Ziffer 4 Kündigungsschutzgesetz die
ten Kontakt auf Art und Umfang zu er-     ­negative Gesundheitsprognose sowie
hebender bzw. zu verwendender Daten        erhebliche Beeinträchtigungen betriebli-
hingewiesen wird. Es ist daher ratsam,     cher Interessen darlegen und beweisen.
die Einwilligung der BEM-berechtigten      Auch die Beweislast für eine fehlende
Person zur Erhebung und Verwendung         Möglichkeit der Weiterbeschäftigung
der Gesundheitsdaten sowie weiterer        liegt bei den Arbeitgebenden. Haben
für das BEM-Verfahren relevanter Daten     diese das BEM-Verfahren nicht durch-
­einzuholen.7                              geführt, müssen sie begründet darlegen
                                           und beweisen, dass das Verfahren ob-
Fehlt die Einwilligung oder ist sie un-    jektiv nutzlos gewesen wäre8. Das hat
wirksam, ist eine Erhebung, Verarbei-     wenig Aussicht auf Erfolg.
tung und Speicherung von Daten
rechtswidrig. Mögliche Folgen sind        War das BEM fehlerhaft, kommt es da-
u. a. Ordnungswidrigkeitenverfahren       rauf an, ob die Fehler schwerwiegend
und ­zivilrechtliche Schadensersatz­      waren9. Dies ist z. B. der Fall, wenn ent-
ansprüche.                                 gegen des Wunsches der berechtigten
                                           Person keine Beteiligung der Interessen-
                                           vertretung erfolgt ist. Für ein erfolgrei-
Kündigungsschutz                           ches Kündigungsschutzverfahren muss
                                           die BEM-berechtigte Person diesen
Das Thema BEM spielt im Kontext krank-    ­Fehler rügen.
heitsbedingter Kündigungen häufig eine
Rolle. Eine wirksame krankheitsbeding-    Wurde der berechtigten Person das BEM
te Kündigung setzt die Durchführung       ordnungsgemäß angeboten und hat die-
eines BEM-Verfahrens nicht zwingend       se es abgelehnt, findet das BEM keine
voraus. Die unterlassene Durchführung     Berücksichtigung im Kündigungsschutz-
kann aber im Kündigungsschutzprozess      verfahren. Es bleibt dann bei den grund-
Konsequenzen haben. Bei der Frage         sätzlichen Darlegungs- und Beweislast-
nach der Wirksamkeit der Kündigung fin-   regeln im Kündigungsschutzprozess.
det eine Interessenabwägung statt.

                                                                                    15
Wer sind die Beteiligten?

Zwingend am BEM-Verfahren beteiligt        Als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber
sind Sie als Arbeitgeberin oder Arbeit-    müssen Sie sicherstellen, dass Arbeits-
geber und die BEM-berechtigte Person.      unfähigkeitszeiten von sechs Wochen
Darüber hinaus können weitere interne      und mehr in den vergangenen zwölf
und externe Personen bzw. Institutionen    ­Monaten regelmäßig erfasst und ent-
am BEM beteiligt werden. In Betracht        sprechend ausgewertet werden.
kommen insbesondere:
• betriebliche Interessenvertretung
• Schwerbehindertenvertretung
• Betriebsärztin bzw. Betriebsarzt          Tipp: In der Praxis hat es sich be-
• behandelnde Ärztinnen bzw. Ärzte          währt, eine im Betrieb anerkannte
   und Therapeutinnen bzw. Therapeuten      Person zur bzw. zum „BEM-Beauf-
• Fachkraft für Arbeitssicherheit           tragten“ zu benennen. Der oder die
• Rehabilitationsträger (z. B. gesetzli-    „BEM-Beauftragte“ kümmert sich im
   che Kranken-, Renten- oder Unfallver-    Auftrag der Arbeitgeberin oder des
   sicherung, Bundesagentur für Arbeit)     Arbeitgebers um den BEM-Prozess
• Integrationsamt bei Menschen mit          und kann gleichzeitig Ansprechper-
   Behinderung                              son für die Rehabilitationsträger sein.

 Tipp: Wenn BEM den Themenbereich
 Sucht berührt, unterstützen Sucht­
 beratungsstellen.
 Ein Verzeichnis finden Sie bei der
 Bundeszentrale für gesundheitliche
 Aufklärung auf www.bzga.de unter
 „Service“ > „Beratungsstellen“ >
 „Suchtprobleme“.

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Wer sind die Beteiligten?

Die BEM-berechtigte Person steht im           Die Schwerbehindertenvertretung ver-
Mittelpunkt aller Aktivitäten des BEMs.       fügt über Erfahrung in der persönlichen
Für sie ist die Teilnahme freiwillig. Als     Beratung von Personen mit gesund-
Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber müssen         heitlichen Problemen und bei der Be-
Sie daher in jedem Einzelfall deren Zu-       antragung von Leistungen zur Teilhabe.
stimmung einholen.                            Beteiligen Sie die Schwerbehinderten-
                                              vertretung bei der Ausgestaltung des
Ein BEM-Prozess wird nur dann erfolg-         BEM-Verfahrens in Ihrem Betrieb. Mit Zu-
reich sein, wenn Sie nicht über die           stimmung der berechtigten Person kann
BEM-berechtigen Beschäftigten hinweg,         sie an BEM-Gesprächen teilnehmen.
sondern mit ihnen gemeinsam Lösungs-
wege suchen und beschreiten. Das BEM           In geeigneten Fällen sowie mit Zustim-
lebt von einer vertrauensvollen Ge-            mung der BEM-berechtigten Person
sprächskultur, welche wiederum einen             ­ llten Sie die Betriebsärztin bzw. den
                                              s­ o
wichtigen Aspekt der betrieblichen Prä-        Betriebsarzt möglichst frühzeitig hinzu-
ventionskultur darstellt. Da die Teilnah-      ziehen. Dies bietet sich insbesondere
me am BEM-Verfahren sowie den damit            an, wenn medizinisches Wissen
verbundenen Gesprächen für die be-             ­erforderlich ist. Beispielsweise kann dies
rechtigte Person freiwillig ist, handelt es     vorteilhaft sein, wenn mit der behandeln-
sich nicht um ein klassisches Kranken-          den Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt
rückkehrgespräch.                               oder einer Klinik das individuelle Leis-
                                                tungsbild mit dem Anforderungs­profil
Die betriebliche Interessenvertretung           am Arbeitsplatz abgeglichen werden soll.
hat das Recht, eine betriebliche Re-            Auch eine stufenweise Wiedereingliede-
gelung zur Durchführung des BEMs zu             rung kann so vorbereitet werden.
fordern. Die Interessenvertretung über-
wacht und unterstützt das BEM. Mit Zu-
stimmung der berechtigten Person kann
sie an BEM-Gesprächen teilnehmen. In           Tipp: Eine Beteiligung der Betriebs-
Betrieben, in denen es keine Interessen-       ärztin bzw. des Betriebsarztes an
vertretung gibt, ist ein BEM dennoch an-       Gesprächen zum BEM ist auch tele-
zubieten.                                      arbeitsmedizinisch denkbar.

                                                                                         17
Wer sind die Beteiligten?

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit kann   sprechstellen der Rehabilitationsträger
mit ihrem Wissen zu Belastungen und        und bei Menschen mit Behinderung das
Gefährdungen und der Gestaltung von        Integrationsamt zu beteiligen. Art und
Arbeitsplätzen im Einzelfall wertvolle     Umfang einer möglichen Unterstützung
Unterstützung leisten.                     finden Sie im Abschnitt „Wer kann Sie
                                           unterstützen?“. In größeren Betrieben
Sofern Beschäftigte im Rahmen des          wird häufig ein BEM-Team ­gebildet, in
BEMs Leistungen zur Teilhabe oder be-      dem Vertreterinnen und Vertreter aller
gleitende Hilfen im Arbeitsleben benö-     Beteiligten gemeinsam den Prozess ge-
tigen, sind Sie als Arbeitgeberin bzw.     stalten.
Arbeitgeber gehalten, die örtlichen An-

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Wie gehen Sie vor?

Um ein BEM-Verfahren erfolgreich                 kleinere und größere Betriebe gleich.
durchführen zu können, sollten Sie un-           Der Unterschied liegt in der Anzahl der
bedingt systematisch vorgehen. Die               Beteiligten und dem Umfang der inner-
grundsätzlichen Schritte sind dabei für          betrieblichen Regelungen.

         BEM-Schritte im Kleinbetrieb   Zusätzliche Module im Großbetrieb

            Feststellen der Arbeits-                BEM-Team
            unfähigkeit 6 Wochen

                                                  BEM-Betriebs-/
               Kontaktaufnahme                  Dienstvereinbarung

                                               Prozessbeschreibung
                 Erstgespräch
                                                und Mustervorlagen

               BEM-Gespräch(e)                     IT-gestützte
                                                   Auswertung

            Maßnahmenumsetzung
              und -überprüfung

                  Abschluss

Abb. 2       BEM-Verfahren im Klein- und Großbetrieb

                                                                                       19
Wie gehen Sie vor?

1. Feststellen der Arbeitsunfähigkeit         Zustimmung oder Ablehnung zum BEM
Sie als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber        sollten jeweils in der Personalakte der
sind für die Feststellung der Dauer der       BEM-berechtigten Person dokumentiert
Arbeitsunfähigkeit verantwortlich. Wenn       werden.
Beschäftigte erkranken, müssen Sie prü-
fen, ob innerhalb der vergangenen zwölf
Monate ununter­brochen oder in Summe
krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr         Tipp: Auch wenn die BEM-berech-
als sechs Wochen auftraten. Sind die           tigte Person BEM-Verfahren wieder-
Voraussetzungen erfüllt, wird das BEM-         holt abgelehnt hat, ist bei erneuter
Verfahren eingeleitet.                         Überschreitung einer sechswöchigen
                                               Arbeitsunfähigkeit ein weiteres BEM-
2. Kontaktaufnahme                             Angebot zu unterbreiten.
Sie als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber
oder Ihre Vertretung nehmen Kontakt mit
der BEM-berechtigten Person auf und
bieten Unterstützung bei der Rückkehr         3. Erstgespräch
an. Hierbei empfiehlt sich die Schrift-       Das Gespräch zielt darauf ab, Vertrau-
form. Telefonate oder Besuche können          en aufzubauen bzw. zu erweitern. Sie
die schriftliche Kontaktaufnahme ergän-       als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber oder
zen. Es ist wichtig, dass Sie eine vertrau-   eine von Ihnen beauftragte Person infor-
ensvolle Basis schaffen. Wesentliche          miert die BEM-berechtigte Person über
Inhalte zum Ein­ladungsschreiben finden       alle Aspekte des BEM-Verfahrens inklu-
Sie unter dem Abschnitt „Was regelt das       sive der Ziele und des Datenschutzes.
Gesetz?“. Ist die BEM-berechtigte Per-        Offen gebliebene Fragen werden beant-
son einverstanden, wird ein Termin für        wortet. Auf dieser Grundlage kann sich
ein Erstgespräch vereinbart. Ist sie nicht    die BEM-berechtigte Person nochmals
bereit, an der betrieblichen Wiederein-       bewusst für oder gegen eine Teilnahme
gliederung teilzunehmen, endet das            entscheiden. Inhalt und Ergebnis des
BEM an dieser Stelle.                         Gesprächs sollten Sie in einer separa-
                                              ten BEM-Akte dokumentieren. Sofern
                                              die Zustimmung zum BEM vorliegt, wird
                                              gemeinsam mit der BEM-berechtigten

20
Wie gehen Sie vor?

Person beschlossen, wer im nächsten        Es kann sehr sinnvoll sein, hier auf die
Schritt ggf. zusätzlich mit eingebunden    Expertise weiterer Beteiligter (siehe
werden soll (siehe Abschnitt „Wer sind     Abschnitt „Wer sind die Beteiligten?“)
die Beteiligten?“).                        zurückzugreifen. Über die Teilnahme
                                           dieser unterstützenden Personenkreise
Der nachfolgend dargestellte Schritt       entscheidet die BEM-berechtigte Person
„BEM-Gespräch(e)“ kann insbesondere        vorab im Erstgespräch. Alle Beteiligten
bei Kleinbetrieben auch im Rahmen des      unterliegen der Schweigepflicht.
Erstgesprächs erfolgen.
                                           Die oder der BEM-Berechtigte bleibt
4. BEM-Gespräch(e)                         jederzeit Hauptperson des Verfahrens.
Ziel ist das Festlegen des weiteren Vor-   Diese sollte direkt nach ihren Ideen und
gehens – im besten Falle vor der Rück-     Lösungsvorschlägen gefragt werden. Auf
kehr der bzw. des erkrankten Beschäf-      dieser Grundlage werden anschließend
tigten. Zur Vorbereitung müssen alle       gemeinsam Maßnahmen entwickelt.
notwendigen Informationen zusam-           Diese können auch nur vorübergehend
mengestellt werden, die der Wiederein-     sein.
gliederung der BEM-berechtigten Per-
son dienen. Hierzu zählen die künftig      Beispiele sind:
zu erwartende Leistungsfähigkeit, die      • Beschaffung und / oder Einsatz von
Qualifikation sowie die Ziele der BEM-       technischen Hilfsmitteln
berechtigten Person. Auch die Arbeits-     • Anpassung des Arbeitsplatzes
platzanforderungen und Auswertungen        • Anpassung der Arbeitszeiten
der Gefährdungsbeurteilung sind zu be-     • Vermeidung von Kundenkontakten
rücksichtigen.                               oder Dienstreisen in einem definier-
                                             ten Zeitraum
                                           • Stufenweise Wiedereingliederung

 Tipp: Informative Unterlagen, kom-
 petente Ansprechpersonen zum BEM
 und bekannte Gesprächsleitfäden er-
 leichtern die BEM-Gespräche.

                                                                                    21
Wie gehen Sie vor?

 Tipp: Oftmals wird die stufenweise       Da Vorgesetzte eine wesentliche Verant-
 Wiedereingliederung (es wird auch        wortung während der Maßnahmenum-
 vom „Hamburger Modell“ gespro-           setzung haben, sollten sie nach Zustim-
 chen) mit dem BEM verwechselt. Bei       mung durch die BEM-berechtigte Person
 der stufenweisen Wiedereingliede-        frühzeitig im Prozess der Maßnahmen-
 rung erstellt die behandelnde Ärztin     entwicklung beteiligt werden.
 oder der behandelnde Arzt gemein-
 sam mit einer oder einem erkrankten      Sollte aufgrund der Erkrankung ein Ein-
 Beschäftigten einen Stufenplan zur       satz am alten Arbeitsplatz nicht mehr
 schrittweisen Rückkehr zur Arbeit.       möglich sein, muss über eine ­alternative
 Arbeitszeit und die Arbeitsbelastung     Tätigkeit nachgedacht werden. Dazu
 werden zuerst reduziert und dann         muss die BEM-berechtigte Person ggf.
 über einen festgesetzten Zeitraum        entsprechend qualifiziert werden. Wenn
 Schritt für Schritt wieder gesteigert.   dies erforderlich ist, sollte zur Klärung
 Voraussetzung dafür ist das ärztli-      einer möglichen Kostenübernahme
 che Befürworten sowie die Prognose,      auch der zuständige Rehabilitations­
 dass eine volle Belastbarkeit der oder   träger mit eingebunden werden.
 des Erkrankten langfristig wieder er-
 reicht werden kann. Mit Einverständ-
 nis der oder des Beschäftigten kann
 sich die behandelnde Ärztin oder der
 behandelnde Arzt mit der Betriebs-
 ärztin oder dem Betriebsarzt über
 die Arbeitsbelastung abstimmen. Die
 stufenweise Wiedereingliederung
 ist somit kein BEM, aber sie kann im
 Rahmen eines BEMs zum Überwin-
 den von Arbeitsunfähigkeitszeiten
 eingesetzt werden.

22
Wie gehen Sie vor?

5. Maßnahmenumsetzung und                 6. Abschluss
   ­-überprüfung                           Am Ende des BEMs sollten Sie als Arbeit-
Alle am BEM Beteiligten sind im Rah-       geberin bzw. Arbeitgeber die berechtigte
men ihrer Zuständigkeit dafür verant-      Person z. B. in einem Abschlussgespräch
wortlich, dass die vereinbarten Maßnah-    zum Erfolg der Eingliederung und zu
men schriftlich festgehalten und zeitnah   ihrer Arbeitsplatzsituation befragen. Das
umgesetzt werden (z. B. in einem Ein-      BEM wird beendet, wenn die definierten
gliederungsplan). Die BEM-berechtig-       Ziele erreicht sind. Das BEM gilt auch als
te Person wird während der Durchfüh-       abgeschlossen, wenn keine Maßnah-
rung der Maßnahmen begleitet und           men nötig, möglich oder erfolgreich wa-
unterstützt. Dabei können auftretende      ren. Der Beginn und das Ende des BEM-­
Schwierigkeiten frühzeitig erkannt und     Verfahrens sind in der Personalakte zu
beseitigt werden. Es ist dann zu prüfen,   dokumentieren.
ob die eingeleiteten Maßnahmen erfolg-
reich waren.

                                                                                    23
Wie gehen Sie mit den Daten um?

Ein wirksamer und sorgfältiger Daten-      Das sind:
schutz ist eine Grundvoraussetzung für     • BEM-Angebot
das BEM. Ihm kommt eine besondere          • Aufklärung über Art und Umfang
Bedeutung zu, da das Gelingen oder           ­erforderlicher, erhobener und
Scheitern der Wiedereingliederungs-           ­verwendeter Daten
maßnahmen ganz wesentlich vom Ver-         • Zustimmung bzw. Ablehnung durch
trauen der Mitarbeiterinnen und Mit-           Beschäftigte
arbeiter abhängt.                          • konkrete Maßnahmen, die zur Über-
                                               windung von Arbeitsunfähigkeit
                                               ­angeboten und umgesetzt wurden
                                           • BEM-Abschluss
 Tipp: Treffen Sie zum Schutz der
 Daten schriftliche Regelungen zur         Daten wie ärztliche Angaben und Gut-
 Verschwiegenheit der am BEM-­             achten, Stellungnahmen der Rehabili-
 Verfahren beteiligten Personen.           tationsträger oder des Integrationsfach-
                                           dienstes gehören hingegen nicht in die
                                           Personalakte. Sie sind getrennt in einer
                                           BEM-Akte unter Verschluss aufzube-
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit der       wahren. Eine Weitergabe der Daten mit
am BEM beteiligten Personen erfordert      Gesundheitsbezug darf nur mit schriftli-
den Austausch schützenswerter Infor-       cher Zustimmung der bzw. des Beschäf-
mationen. Es gilt daher in jedem Einzel-   tigten erfolgen. Alle Informationen, die
fall sensibel abzuwägen, was Sie als       im Zusammenhang mit dem BEM erho-
Arbeitgeberin oder Arbeitgeber wissen      ben und getrennt von der Personalakte
müssen bzw. dürfen. Umgekehrt ist aber     aufbewahrt werden, sind zu vernichten,
auch zu überlegen, was die BEM-berech-     wenn sie nicht mehr benötigt werden
tigten Beschäftigten Ihnen als Arbeit-     (in der Regel spätestens nach drei Jahren).
geberin bzw. Arbeitgeber gegenüber
an Krankheits- und ggf. auch Behinde-
rungsdaten offenlegen sollten, damit
das BEM zielführend sein kann. Es gibt
Daten, die der Betrieb in der Personal­
akte dokumentieren darf und sollte.

24
Wie gehen Sie mit den Daten um?

 Tipp: Bieten Sie der BEM-berechtig-     Als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber dür-
 ten Person die BEM-Akte vor deren       fen Sie medizinische oder weitere per-
 Vernichtung zur eigenen Verwahrung      sonenbezogene Daten, die Ihnen im
 an.                                     Rahmen des BEMs bekannt werden,
                                         nicht für andere Zwecke nutzen. Keines-
                                         falls dürfen diese Daten im Zusammen-
                                         hang mit krankheitsbedingten Kündi-
Medizinische Diagnosen sind zur Durch-   gungen verwendet werden.
führung des BEMs grundsätzlich nicht
erforderlich. Benötigt werden im BEM-
Prozess allerdings Daten zu gesund-
heitsbedingten Einschränkungen der        Tipp: Auf eine elektronische Speiche-
Einsatzmöglichkeit sowie die Verände-     rung von BEM-Daten sollte verzichtet
rung von Fähigkeiten der BEM-berech-      werden. Ansonsten besteht die Ge-
tigten Person.                            fahr, dass unberechtigte Personen
                                          zu leicht Zugang zu sensiblen Daten
                                          erhalten.

                   BEM-Akte

                                                                                  25
Welche rechtlichen Aspekte sind wichtig?

Seit der gesetzlichen Verankerung des      lungen. Besondere Bedeutung erlangen
BEM im Jahre 2004 beschäftigen sich        die Urteile für den Bereich der krank-
auch die Gerichte mit Inhalt und Gren-     heitsbedingten Kündigungen. Hier ent-
zen des BEM-Verfahrens. Zuständig für      falten sie eine regulierende Wirkung und
rechtliche Auseinandersetzungen in die-    stärken die Rechte der Beschäftigten.
sem Bereich sind die Arbeitsgerichte bis   Gerichte prüfen im Rahmen von Kündi-
hin zum Bundesarbeitsgericht sowie die     gungsschutzklagen, ob dem Anspruch
Verwaltungsgerichte.                       auf gesundheitsgerechte Beschäftigung
                                           und der möglichen rechtskonformen
Die Entscheidungen der Gerichte kon-       Vermeidung krankheitsbedingter Kün-
kretisieren den gesetzlichen Geltungs-     digungen mit der ordnungsgemäßen
bereich sowie die formalen Voraus-         Durchführung eines BEMs Genüge getan
setzungen eines ordnungsgemäßen            wurde.
BEM-Verfahrens. Sie stärken die Infor-
mationsrechte sowie die Mitbestim-         Leitsätze von gerichtlichen Entscheidun-
mungs- und Beteiligungsrechte der          gen sind unter Nennung der Fundstellen
betrieblichen Interessenvertretung im      im Anhang aufgelistet.
Kontext möglicher und konkreter BEM-
Verfahren. Ferner thematisieren die Ge-
richte datenschutzrechtliche Fragestel-
                                            Tipp: Urteile finden Sie unter
                                            www.rehadat-recht.de > „Arbeit/Be-
                                            schäftigung“ > „Betrieblicher Arbeits-
                                            und Gesundheitsschutz/Prävention“.

26
Wer kann Sie unterstützen?                      i­ nnerbetriebliche Umsetzung und
                                                 Qualifizierungsmaßnahmen).
Wie bereits im Abschnitt „Wer sind die           Die UVT verfügen über langjährige
Beteiligten?“ ausgeführt, kommen eine            Erfahrungen bei der Eingliederung
Reihe von Personen und Institutionen als         von Versicherten in den betrieblichen
Unterstützende bei der Umsetzung von             Alltag nach einem Arbeitsunfall oder
BEM in Frage. Die folgenden Institutio-          einer Berufskrankheit. Auch wenn
nen haben hierbei eine besondere Rolle:          das nicht der Fall ist, kann eine Be-
                                                 ratung zur Wiedereingliederung mög-
Unfallversicherungsträger (UVT)                  lich sein, denn die UVT haben den
Auf der Internetseite der DGUV ­erhalten         Auftrag, arbeitsbedingte Gesund-
Sie allgemeine Hinweise zum BEM                  heitsgefahren zu verhüten.
(www.dguv.de; webcodes d1182856 und              Zudem verfügen UVT über Ansprech-
e1085784). Unfallversicherungsträger             stellen, die bei der Erkennung von
unterstützen Sie darüber hinaus sowohl           Rehabilitationsbedarfen unterstützen
beim BEM im konkreten Einzelfall als             und über Leistungen zur Teilhabe am
auch beim Aufbau der grundsätzlichen             Arbeitsleben informieren (§ 12 SGB IX
Struktur im Betrieb:                             Maßnahmen zur Unterstützung der
                                                 frühzeitigen Bedarfserkennung).
•   Einzelfallberatung
    Dies ist immer dann eine verpflich-     •   Strukturberatung zur Einführung oder
    tende Aufgabe für den Unfallversi-          Weiterentwicklung eines BEMs
    cherungsträger, wenn der Anlass für         Ihr Unfallversicherungsträger unter-
    die Arbeitsunfähigkeit ein Arbeits-         stützt Sie beim grundsätzlichen Vor-
    unfall oder eine Berufskrankheit ist.       gehen im BEM, z. B. beim Aufbau von
    Dabei geht es neben der optimalen           Strukturen und Prozessen. Dies trägt
    medizinischen Rehabilitation auch           dazu bei, das BEM nachhaltig im Be-
    um die Sicherstellung des vorhande-         trieb ein- bzw. durchzuführen. Die
    nen Arbeitsplatzes durch technische,        UVT haben die Möglichkeit, den be-
    organisatorische und persönliche            trieblichen Bedarf zu ermitteln und
    Maßnahmen (z. B. stufenweise Wie-           die notwendigen Kontakte zu internen
    dereingliederung, Anpassung des             oder externen Institutionen und Exper-
    Arbeitsplatzes, Hilfsmitteleinsatz,         tinnen und Experten herzustellen.

                                                                                    27
Wer kann Sie unterstützen?

     Einige UVT führen spezielle Seminare    •   Angebote zur Umsetzung eines ge-
     oder Inhouse-Schulungen zur Imple-          sundheitsförderlichen Arbeits- und
     mentierung und Durchführung eines           Lebensstils (z. B. Stressbewältigung,
     BEMs durch. Auch werden zum Teil the-       Bewegungsförderung, Ernährung und
     menbezogene Schriften angeboten.            Suchtprävention)

Rentenversicherungsträger                    Agenturen für Arbeit
Rentenversicherungsträger bieten mit         Agenturen für Arbeit arbeiten regional
dem Firmenservice ein neues Unterstüt-       und unterstützen u. a. durch:
zungsangebot und sind beispielsweise         • Beratung zur Rehabilitation
in folgenden Feldern aktiv:                  • Hilfe beim BEM
• Leistungen zur medizinischen               • Leistungen zur Teilhabe am Arbeits-
   ­Rehabilitation                             leben (inner- und außerbetriebliche
• Beratung zur Rehabilitation                  Qualifizierungsmaßnahmen, Probe-
• Hilfe beim BEM                               beschäftigung und Eingliederungs­
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeits-          zuschuss, Technische Hilfen am
    leben (inner- und außerbetriebliche        Arbeitsplatz)
    Qualifizierungsmaßnahmen, Probe-
    beschäftigung und Eingliederungs-        Integrations- und Inklusionsämter
    zuschuss, Technische Hilfen am           Integrations- und Inklusionsämter bie-
    Arbeitsplatz)                            ten im Rahmen der begleitenden Hilfe
                                             im Arbeitsleben beispielsweise an:
Krankenkassen                                • Unterstützung bei der Suche geeigne-
Krankenkassen können BEM insbeson-              ter Arbeitsplätze und deren behinder-
dere durch folgende Leistungen unter-           tengerechter Gestaltung (Technische
stützen:                                        Beratung)
• Krankengeldzahlung im Fall der             • finanzielle Leistungen in Form von
   ­stufenweisen Wiedereingliederung            Zuschüssen, Darlehen und Prämien
    (da die einzugliedernde Person in           (auch um ein BEM einzuführen)
    diesem Fall weiterhin als erkrankt/      • Unterstützung eines betrieblichen In-
    arbeitsunfähig gilt)                        tegrationsteams z. B. durch Bildungs-
• Angebote zur gesundheitsförder­               und Informationsangebote
    lichen Arbeitsgestaltung                 • Beratung zum BEM im Einzelfall

28
Wer kann Sie unterstützen?

•   Psychosoziale Betreuung, um z. B.     Gemeinsame Ansprechstellen
    schwerwiegende Konflikte zu lösen     für ­Rehabilitation
                                          Gemeinsame Ansprechstellen für Re-
Integrationsfachdienste                   habilitation (www.ansprechstellen.de)
Integrationsfachdienste werden in         sichern eine trägerübergreifende, um-
der Regel vom Integrationsamt beauf-      fassende und individuelle Beratung
tragt. Sie beraten und unterstützen die   sowie die Weiterleitung an die entspre-
schwerbehinderten Menschen sowie die      chenden Rehabilitationsträger zu. Hier
Arbeitgebenden und helfen bei der Be-     werden Sie über Leistungen, Leistungs-
antragung von Leistungen, wie z. B.:      voraussetzungen sowie über Verwal-
• Zuschüsse/Darlehen zu den Investi-      tungsabläufe der einzelnen Rehabilita-
   tionskosten eines Arbeitsplatzes       tionsträger informiert. Sie wirken darauf
• Kostenübernahme des behinderungs-       hin, dass alle erforderlichen Leistungen
   bedingten Mehraufwands                 und Hilfen unverzüglich beantragt und
• Lohnkostenzuschüsse                     erbracht werden.
   ­(Eingliederungszuschüsse)
• Zuschüsse und Prämien bei schwer-
    behinderten Auszubildenden

                                                                                   29
Wie geht es nach dem BEM weiter?

Zur Überprüfung der Wirksamkeit des         Erfahrungen und Ergebnisse aus den
BEMs empfiehlt es sich, anonymisierte       einzelnen BEM-Verfahren können Ih-
Daten aus den BEM-Verfahren auszu-          nen wichtige Hinweise zur Vorbeugung
werten. Bei der Festlegung von Kennzah-     künftiger Ausfallzeiten liefern und soll-
len sind die betrieblichen Interessen-      ten ­daher regelmäßig und systematisch
vertretungen zu beteiligen. Weiterhin       ausgewertet werden. Rückmeldungen
kann es in Ihrem Betrieb neben der          der Teilnehmenden nach Abschluss
reinen Auswertung von Arbeitsunfähig-       oder Abbruch des BEMs können dazu
keitsdaten hilfreich sein, die einzelnen    beitragen, den BEM-Prozess in Ihrem
Arbeitsbereiche und die Altersstruktur      Betrieb stetig zu verbessern.
der erkrankten Personen zu analysieren.
Beachten Sie immer auch die Schnitt-
stellen des BEMs zur betrieblichen Prä-
vention bei der Arbeit (z. B. Beurteilung    Tipp: Überprüfen Sie auch das BEM-
der Arbeitsbedingungen, Betriebliches        Verfahren an sich. Was hat gut ge-
Gesundheitsmanagement).                      klappt? Was ist verbesserungsbe-
                                             dürftig? Passen Sie das Verfahren
                                             erforderlichenfalls an!

30
Wie geht es nach dem BEM weiter?

Immer wieder geht es im Rahmen von        Tipp: Denken Sie auch daran, die
BEM um individuelle Einschränkungen,      Beteiligungsquote am BEM systema-
Möglichkeiten und Maßnahmen. Behal-       tisch zu erfassen. Sie ist ein wertvol-
ten Sie im Blick, dass auch die Chance    les Indiz bei der Klärung der Frage,
besteht, aus individuellen BEM-Maß-       ob Ihre Beschäftigten BEM als attrak-
nahmen Ableitungen zum Wohle der ge-      tives Angebot wahrnehmen. Beach-
samten Belegschaft zu realisieren. Eine   ten Sie aber: Berechtigte Personen
Hebehilfe ist beispielsweise nicht nur    können viele Gründe für die Ableh-
für Beschäftigte von Vorteil, die nach    nung von BEM haben; auch, dass sie
einer längeren Ausfallzeit aufgrund von   tatsächlich keine Unterstützung bei
Rückenproblemen an den Arbeitsplatz       der Überwindung und Prävention von
zurückkehren. Solch eine technische       Arbeitsunfähigkeiten benötigen.
Einrichtung kann auch dazu beitragen,
die Belastungen der Beschäftigten zu
verringern, welche bislang noch kei-
ne Probleme mit dem Muskel-Skelett-­
System hatten.

                                                                                    31
Anhang

Die im Abschnitt „Welche rechtlichen Aspekte sind wichtig?“ erwähnten Leitsätze
von gerichtlichen Entscheidungen sind für Sie in der nachfolgenden Tabelle unter
Nennung der Fundstellen aufgelistet.

 Aspekt:      I Zur Zielsetzung und zum Verfahren                                  Fundstelle

 Einleitung   Für die Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Einglie-     BAG v. 11/2014
 und Durch-   derungsmanagements trägt der Arbeitgeber die Initiativlast.          2 AZR 755/13
 führung      Soweit die Voraussetzungen für ein solches Verfahren vorliegen,
              muss der Arbeitgeber ein BEM-Verfahren einleiten.

 Einladung    Ein ordnungsgemäßes BEM-Verfahren bedarf einer ordnungsge-           LAG Hessen v.
              mäßen Einladung, ein pauschaler Hinweis reicht nicht aus. Zum        13.08.2018
              Umfang der Unterrichtung gehört auch der konkrete Hinweis auf        16 SA 1466/17
              die eventuelle Beteiligung aller gesetzlich vorgesehenen Stellen.

              Ein pauschaler Verweis auf eine etwaige Betriebsvereinbarung
              zum betrieblichen Eingliederungsmanagement, die ihrerseits ge-
              gebenenfalls nähere Regelungen aufweist, genügt ebenso wenig,
              wie ein schlichter Hinweis auf den Gesetzestext.

 Ziel         Durch die dem Arbeitgeber […] auferlegten besonderen Verhal-         BAG v. 12.07.2007
              tenspflichten soll möglichst frühzeitig einer Gefährdung des         2 AZR 716/06
              Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die
              dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel
              des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist – wie das der
              gesetzlichen Prävention […] – die frühzeitige Klärung, ob und wel-
              che Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte
              Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern (vgl. BAG
              v. 04.10.2005 – 9 AZR 632/04 – BAGE 116, 121).

 Prozess      Das BEM-Verfahren muss als organisierter Suchprozess gestaltet       LAG Niedersachsen
              werden, d. h. es ist zu prüfen, ob und ggf. in welcher Weise der     v. 13.09.2018
              Arbeitnehmer (wieder) beschäftigt werden kann.                       6 Sa 180/18

                                                                                   ArbG Berlin v.
                                                                                   16.10.2015
                                                                                   28 Ca 9065/15

                                                                                                    33
Anhang

 Aspekt:       I Zur Zielsetzung und zum Verfahren                                 Fundstelle

               Also:                                                               BAG v. 10.12.2009
               … ein verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess, der i­ndividuell   2 AZR 400/08
               angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsun­
               fähigkeit ermitteln soll.

               Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann sich die Ver-        BAG v. 20.11.2014
               pflichtung des Arbeitgebers ergeben, dem Arbeitnehmer vor einer     2 AZR 755/13
               Kündigung die Chance zu bieten, ggf. spezifische Behandlungs-
               maßnahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrscheinlichkeit
                                                                                   LAG Rheinland-
               künftiger Fehlzeiten auszuschließen. Ergebnis kann auch sein,
                                                                                   Pfalz v. 25.04.2018
               den Arbeitnehmer auf eine Maßnahme der Rehabilitation zu ver-
                                                                                   7 Sa 477/17
               weisen.

               Der Rahmen kann sehr weit sein, Beispiel:                           LAG Hessen
               Beruhen die Fehlzeiten eines Arbeitnehmers auf einer überdurch-     06/2013
               schnittlichen Krankheitsanfälligkeit, so kann Gegenstand eines      21 Sa 1456/12
               Eingliederungsmanagements auch die Erarbeitung eines umfas-
               senden Konzeptes zur Änderung der generellen (d.h. auch priva-
                                                                                   BAG v. 20.11.2014
               ten) Lebensweise sein, damit der Arbeitnehmer auf diese Weise
                                                                                   2 AZR 755/13
               seine gesundheitliche Verfassung, gerade bei körperlich anstren-
               genden Tätigkeiten, verbessert und damit seine Krankheitsanfäl-
               ligkeit mindert.
               Auch wenn die Umsetzung des im Rahmen des betrieblichen
               Eingliederungsmanagements erarbeiteten Konzeptes nicht dem
               Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer obliegt, ist die Erarbei-
               tung eines derartigen Konzeptes noch Bestandteil des betriebli-
               chen Eingliederungsmanagements.

 Eindeutiges   Der Arbeitgeber kann nicht auf das Angebot eines BEM-Verfah-        BAG v. 12.02.2007
 Angebot       rens mit der Behauptung verzichten, der Arbeitnehmer hätte          2 AZR 716/06
               einem solchen Vorgehen ohnehin nicht zugestimmt. Der Betroffe-
               ne muss eindeutig aufgefordert werden und ein entsprechendes
               BEM-Angebot ist zwingend zu unterbreiten.

34
Anhang

Aspekt:    I Zur Zielsetzung und zum Verfahren                                  Fundstelle

Mindest-   Ausgangspunkt für Anforderungen an ein ordnungsgemäßes               BAG 12/2009
anforde-   BEM-Verfahren ist das Gesetz, das weder konkrete inhaltliche         2 AZR 198/09
rungen     Anforderungen noch bestimmte Verfahrensschritte des betrieb-
           lichen Eingliederungsmanagements vorsieht. Es benennt ledig-
           lich die zu beteiligenden Personen und Stellen und fordert vom
           Arbeitgeber, mit diesen die Möglichkeit zu „klären“, wie die
           Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit wel-
           chen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorge-
           beugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
           Das Gesetz … beschreibt … den Klärungsprozess danach nicht
           als formalisiertes Verfahren, sondern lässt den Beteiligten jeden
           denkbaren Spielraum.
           Offenbar soll so erreicht werden, dass keine der vernünftigerwei-
           se in Betracht kommenden Möglichkeiten ausgeschlossen wird.
           Das Gesetz vertraut darauf, dass die Einbeziehung von Arbeit-
           geber, Arbeitnehmer, Betriebsrat und externen Stellen sowie die
           abstrakte Beschreibung des Ziels ausreichen, um die Vorstellun-
           gen der Betroffenen sowie internen und externen Sachverstand
           in ein faires und sachorientiertes Gespräch einzubringen, dessen
           Verlauf im Einzelnen und dessen Ergebnis sich nach den – … – Er-
           fordernissen des jeweiligen Einzelfalls zu richten haben.
           Demnach geht es um die Etablierung eines unverstellten sowie
           verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozesses.
           Ein betriebliches Eingliederungsmanagement entspricht den
           gesetzlichen Erfordernissen, wenn es die zu beteiligenden Perso-
           nen und Stellen unterrichtet und diese – ggf. abhängig von ihrer
           Zustimmung – einbezieht und kein vernünftigerweise im Betracht
           zu ziehendes Ergebnis ausschließt und die von diesen Personen
           und Stellen eingebrachten Vorschläge erörtert.

Hinweis-   Arbeitgeber muss darauf hinweisen, dass von ihm die örtlichen        LAG Hessen v.
pflicht    gemeinsamen Servicestellen (ab 01.01.2018 Rehabilitationsträ-        13.08.2018
           ger) hinzugezogen werden, sofern Leistungen zur Teilhabe oder        16 Sa 1466 / 17
           begleitenden Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen.
           Die Beteiligung der gesetzlich dafür vorgesehenen Stellen ist Min-
           deststandard eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.

                                                                                                  35
Anhang

 Aspekt:      I Zur Zielsetzung und zum Verfahren                                  Fundstelle

 Umsetzung    Sobald das BEM zu einem positiven Ergebnis geführt hat, ist der      BAG v. 10.12.2009
              Arbeitgeber verpflichtet, dieses umzusetzen (im zitierten Fall war   2 AZR 400/08
              dies die Empfehlung der Betriebsärztin).
                                                                                   LAG Schleswig-Hol-
                                                                                   stein v. 11.04.2018
                                                                                   6 SA 361/17

 Eigenver-    Aber es gibt auch eine Eigenverantwortung des Arbeitnehmers.         BAG 12/2009
 antwortung   Das betriebliche Eingliederungsmanagement verlangt vom Arbeit-       2 AZR 198/09
              geber nicht, bestimmte Vorschläge zu unterbreiten. Vielmehr hat
              es jeder am betrieblichen Eingliederungsmanagement Beteiligte
              – auch der Arbeitnehmer – selbst in der Hand, alle ihm sinnvoll
              erscheinenden Gesichtspunkte und Lösungsmöglichkeiten in das
              Gespräch einzubringen.

36
Anhang

Aspekt:          II Zur Mitbestimmung im Rahmen eines betrieblichen                  Fundstelle
                     ­Eingliederungsmanagements

Initiativrecht   Bei der Ausgestaltung der „Klärung von Möglichkeiten“ eines Ein-     BAG v.
                 gliederungsmanagements … durch generelle Verfahrensregelungen        22.03.2016
                 steht dem Betriebsrat ein Initiativrecht nach BetrVG zu.             1 ABR 14/14
                 Betriebsrat kann im Rahmen des Klärungsprozesses seine Unter-
                 richtung und eine Beratung mit dem Ziel der Verständigung über
                 die Möglichkeiten eines BEM verlangen.
                 Mitbestimmungsrecht erfasst aber nur die Aufstellung von Verfah-
                 rensgrundsätzen … (d. h. dem Betriebsrat steht kein umfassendes
                 allgemeines Mitbestimmungsrecht zu).

Überwachungs­    Der Arbeitgeber hat allen Arbeitnehmern bei Vorliegen der Voraus-    BAG v.
recht            setzungen ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzu-           07.02.2012
                 bieten. Dies hat der Betriebsrat zu überwachen (§ 84 Abs. 2 S. 7     1 ABR 46/10
                 SGB IX). Der Arbeitgeber kann die namentliche Benennung der Be-
                 troffenen nicht von deren Zustimmung abhängig machen, da sonst
                 der Betriebsrat seiner Verpflichtung zur Ausübung des gesetzli-
                 chen Überwachungsrechts nicht nachkommen kann.

                 Der Dienststellenleiter hat einem vom Personalrat bestellten Mit-    VGH München
                 glied regelmäßig (im zitierten Fall monatlich) die Namen der Be-     v. 15.03.2016
                 schäftigten, denen ein betriebliches Eingliederungsmanagement        17 P 14.2689
                 anzubieten ist, unabhängig von der Zustimmung, mitzuteilen.
                 Welche Auskünfte dem Antragsteller (PR) zur Wahrnehmung seiner       BAG v.
                 Überwachungsfunktion … zu erteilen sind, beurteilt sich am Maß-      07.02.2012
                 stab der Erforderlichkeit …                                          1 ABR 46/10
                 Die Mitteilung anonymisierter Daten reicht zur Wahrnehmung sei-
                 ner Überwachungsaufgaben nicht aus.

Schulungs­       Der Betriebsrat hat Anspruch auf Freistellung und Übernahme der      BAG v.
anspruch         Schulungskosten zur Vermittlung von Kenntnissen zum betriebli-       14.01.2015
                 chen Eingliederungsmanagement, sofern dies erforderlich ist.         7 ARB 95/12
                 Die Schulung ist nicht notwendig, wenn die in der Schulungsver-
                 anstaltung vermittelten Kenntnisse im Betriebsrat bereits (aus-      BAG v.
                 reichend) vorhanden sind. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat   28.09.2016
                 der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch    7 AZR 699/14
                 der Schulungsveranstaltung verbundenen Belastungen des Arbeit-
                 gebers zu berücksichtigen. Er hat darauf zu achten, dass der Schu-
                 lungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür auf-
                 zuwendenden Mitteln steht.

                                                                                                    37
Anhang

 Aspekt:      III Zur Wirksamkeit einer Kündigung                                       Fundstelle

 Abwägung     Eine Kündigung ist … entsprechend dem das Kündigungsrecht be-             BAG v.
 der Mittel   herrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig              29.01.1997
              und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch andere mildere Mittel           2 AZR 9/96
              vermieden werden kann, …

              Der Arbeitgeber muss von mehreren gleich geeigneten, zumutbaren           BAG v.
              Mitteln, dasjenige wählen, welches das Arbeitsverhältnis und den          12.07.2007
              betroffenen Arbeitnehmer am wenigsten belastet. Eine Kündigung ist        – 2 AZR
              als letztes Mittel nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren     714/06
              Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat … .
              Gibt es aber andere geeignete Mittel, ist die Kündigung nicht ge-
              rechtfertigt. Ein solch milderes Mittel ist das BEM an sich nicht. Dank
              des BEM können aber solche milderen Mittel, z. B. Umgestaltung des
              Arbeitsplatzes oder Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbe-
              dingungen … erkannt und entwickelt werden.

              Ob die Kündigung wegen unterlassener Durchführung eines BEM-Ver-          BAG v.
              fahrens unwirksam ist, hängt (also) davon ab, ob bei Durchführung         12.07.2007 –
              des BEM Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung bestanden hätten.           2 AZR 714/06
              Allein die Unterlassung begründet die Unwirksamkeit noch nicht.

              Wäre (aber) das BEM geeignet und erforderlich gewesen, die aus-           LAG Hamm v.
              gesprochene Kündigung zu vermeiden, so ist die Kündigung wegen            24.01.2007
              Sozialwidrigkeit rechtsungültig.                                          2 SA 991/06

                                                                                        LAG Berlin v.
                                                                                        27.10.205
                                                                                        10 Sa 783/05

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