Die 41. Generation der vietnamesischen Chan Tradition der Lâm-Tế-Schule (Chúc Thánh Linie) in der Schweiz

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Die 41. Generation
  der vietnamesischen Chan Tradition der Lâm-Tế-Schule
            (Chúc Thánh Linie) in der Schweiz

                                                           Autor Thích Như Tú
                                   Übersetzt durch Viên Minh Übersetzungsteam

      Ich durfte die beiden Hochehrwürdigen Gründer-Äbte der Pagoden aus
Europa nach Sri Lanka begleiten, die dort ein Zertifikat als Dharmalehrer
erhielten, um im Westen die Buddha-Lehre unterrichten zu können. Dieses
Zusammentreffen wurde von der Regierung und der buddhistischen
Kongregation aus Sri Lanka am 8. Juli 2011 organisiert. Dabei waren der
verstorbene Hochehrwürdige Gründer-Abt Thích Minh Tâm, der die beiden
Pagoden Khánh Anh in Frankreich gegründet hat und der Hochehrwürdige
Gründer-Abt Thích Như Điển: Der Gründer der Pagoden Viên Giác und Viên Đức
in Deutschland. Auf dieser Reise begleiteten uns auch die Ehrwürdigen Mönche
aus Vietnam, der verstorbene Hochehrwürdige Abt Thích Giải Trọng, der Pagode
Long Tuyền in Hội An, der Hochehrwürdige Mönch Thích Đồng Mẫn, Abt der
Pagode Chúc Thánh in Hoi An und der Ehrwürdige Mönch Thích Như Tịnh, Abt
der Pagode Viên Giác in Hội An. Auch nahmen Ehrwürdige Mönche teil, die
gerade ihre Doktorarbeit an den verschiedenen Universitäten in Indien
schrieben, die Ehrwürdigen Mönche Thích Nguyên Tân, Thích Huệ Phát sowie
Thích Nhuận Huệ und wir, die Schüler der Chúc Thánh Linie. Als besondere Gäste
waren auf dieser Reise zudem Der Hauptautor und viele bekannte Autoren der
Zeitung Viên Giác aus Europa und der Buddhist Phù Vân.

     Dadurch, dass wir dieses Mal teilnehmen durften, fühlten wir uns im
Allgemeinen für den vietnamesischen Buddhismus im Ausland sehr geehrt und
im speziellen als Schüler aus Quảng Nam, welche der Chúc Thánh Linie
angehören. Über 40 Jahre waren wir im Dienste zum Wohl der Allgemeinheit,
indem wir die Buddha-Lehre in fremden Ländern weitergaben. Gemäss den
Worten des verstorbenen Hochehrwürdigen Mönchs Thích Huyền Quang
schenkte er dem Hochehrwürdigen Mönch Thích Như Điển den folgenden Vers:

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                  «Die internationale Weitergabe der Dharma-Lehre»

I. Bestimmung

      Nach meinem Abschluss an der Universität von Neu-Delhi (Indien) wollte
ich nach Hội An zurückkehren, eine Stadt in der Provinz Quảng Nam, wo ich am 2.
September 1990 vom Hochehrwürdigen Gründer-Abt Thich Long Trí ordiniert
wurde. Er ist der Hochehrwürdige Gründer-Abt der 40. Generation der Chúc
Thánh Linie der Pagodengemeinde Viên Giác in Hội An. Er gründete viele
buddhistische Pagoden in der Provinz Quảng Nam in den Jahren nach 1975.
Obwohl damals in Vietnam keine Kriege mehr herrschten, traten in den
buddhistischen Pagoden viele Probleme auf. Der Hochehrwürdige Mönch und die
buddhistische Kongregation in Hội An suchten sich einen Weg, um die
buddhistische Lehre in dieser Zeit zu etablieren.

       Danach ging ich nicht in die ehemalige Pagode zurück, sondern ich bat den
Hochehrwürdigen Gründer-Abt Thích Như Điển in die historische Pagode
zurückkehren zu dürfen. Im Jahr 2012 wechselte ich zur Pagode Chúc Thánh und
wurde von der Sanghagemeinschaft der Provinz Quảng Nam aufgenommen. Ich
praktizierte dort die buddhistische Lehre, rezitierte jeden Morgen die Sutras,
warf mich nieder und dankte den Ahnen, mich hier niederlassen zu dürfen. Die
ziellosen Tage waren nun vorbei, wo ich im fremden Land Mönchsroben flickte
und die Heiligen Schriften des Buddhas niederschrieb.

      Ich wurde durch Bestimmung für ein Studium ausgewählt,
      was nicht mein ursprüngliches Ziel war.
      In den zehn Jahren zuvor hatte ich zwar Wissen erworben
      aber nicht die buddhistische Weisheit erlangt. (Mặc Nhiên)

     Nach der Aufnahmezusage des Hochehrwürdigen Abtes, Gründer der
Pagode Chúc Thánh, praktizierte ich die buddhistische Lehre mit der
Sanghagemeinschaft Quảng Nam für fast zwei Jahre. Danach bat mich der
buddhistische Verein der Pagode Phước Khánh, der zum Dorf Đông Khương,
innerhalb der Stadt Điện Bàn gehört, als Abt, die Pagode Phước Khánh zu leiten
und den Buddhisten in der buddhistischen Lehre zu unterrichten. Das Dorf Đông
Khương ist im Übrigen mein Geburtsort.

     Ich hatte den Wunsch, nach meinem Studium an meinen Geburtsort
zurückzukehren, wo ich auch die Ordination erhielt, um meiner Heimat zu
dienen, dem Dharma-Vorfahren Dankbarkeit zu erweisen und die Vermittlung

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der Buddha-Lehre zu unterstützen. Vielleicht hatten die Dharma-Vorfahren doch
Mitgefühl mit den Vietnamesen im Exil, die fern der Heimat und der Buddha-
Lehre lebten. Daher wurde ich für eine andere Mission auserwählt. Entgegen
meinem ursprünglichen Wunsch verliess ich die Heimat für immer.
      Von den fünf Bezirken gehört Quảng Nam zum zweiten Bezirk und wird
auch als das nördliche Stadtviertel von Quảng Nam genannt. Hier wurden alle
Pagoden von den Patriarchen der Chúc-Thánh-Linie gebaut. Ich war Bürger des
Stadtviertels Quảng Nam. Meine Mitbrüder und ich wurden in der Pagode Viên
Giác ordiniert. Wir bekamen die Dharmalehre des Buddhas gemäß dem Pfad
der Chúc Thánh Linie beigebracht. Als Schüler und Gelehrte des Patriarchen
trugen wir gemeinsam, egal wo wir lebten, die gleiche Verantwortung für die
Weiterentwicklung und Erhaltung der Dharma-Lehren des Patriarchen. Auch
unter schwierigen Umständen würden wir auf jeden Fall die Lehre unseres
Meisters (Sư Phụ) befolgen.

       Ich erinnerte mich an die Reise mit dem Hochehrwürdigen Gründer-Abt
der Pagode Viên Giác Thích Như Điển zur historischen Insel des Landes Sri Lanka,
wo ich die Gelegenheit hatte, den Bodhi-Baum zu bewundern. Prinz Mahinda, der
Sohn von König Ashoka, hatte ihn hier angepflanzt. Als meine Hände und meine
Stirn damals den Bodhi-Baum berührten, wurde in mir sofort ein Gedankenstrom
geweckt und ich dachte: “Und mehr als zwanzig Jahre sind vergangen. Der Fluss
des Lebens nahm seinen Lauf und ich entfernte mich weiter von meinem
ursprünglichen Zielort. Ich hatte mich verirrt und hielt nun meine beiden Hände am
Bodhi-Baum fest, war in meinen Gedanken versunken und fragte mich: Gibt es ein
Flussufer, an dem ich mich niederlassen kann?‘ Das Schicksal nimmt hier seinen
Lauf.”

II. Die Entstehung der Pagode

      Die nächsten Generationen in meinem Dorf werden mich nicht kennen oder
nicht wissen, wer ich war. Wie ein berühmter Dichter namens He Zhizhang mal
schrieb:

      Ich verliess meine Heimat als junger Mensch und
      kehrte als gestandener Mann wieder zurück.
      In der Heimat hatte sich nichts verändert,
      währenddessen meine Haare sich grau verfärbten.
      Die Jüngeren erkannten mich nicht und
      fragten sich freundlich, woher ich käme.

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      Dann musste ich wieder meine Heimat und meine Ahnen verlassen. Als der
Hochehrwürdige Gründer-Abt und gleichzeitiger Mitbruder Thích Như Điển
damals erfuhr, dass ich nach Schweden reisen wollte, riet er mir, stattdessen in
die Schweiz zu fahren, um dort die Dharma-Lehre zu praktizieren. Ich befolgte
seinen Rat und gelangte am 24.06.2014 (das Jahr des Pferdes) mit dem Status
eines buddhistischen Mönchs in die Schweiz, um den Buddhisten die Dharma-
Lehre weiterzugeben. Auf dem Weg in die Pagode hielt ich schriftlich meine
ersten Eindrücke nieder, die ich beim Betreten der Schweiz hatte.

      Am 24.06.2014 (im Jahre des Pferdes)

      Kam ich in die Pagode «Phật Tổ Thích Ca».
      Der Himmel war warm und von immenser Liebe.
      Ich ging unter dem Himmel voller Träume.
      Eine Welt voll liebender Stimmen.
      Ist hier die Schweiz? Hier ist die Schweiz.
      Als Paradies auf Erden wurde es besungen.
      Ich kam hierher in Erwartung vieler Menschen.
      Mich auf den Füssen Buddhas niederwerfend
      bete ich als Mönch im Duft des Weihrauchs,
      dass wir alle in einer friedlichen Welt leben würden.
                                          (Mặc Nhiên)

      Die Schweiz ist ein kleines Land mit vielen Bergen sowie Seen, gehört zu
Mitteleuropa und grenzt an Deutschland, Frankreich, Österreich und
Liechtenstein. In diesem kleinen Land werden vier Sprachen gesprochen:
Deutsch, Französisch, Italienisch und Romanisch. Die wichtigsten Zweige der
Schweizer Wirtschaft sind unter anderem die Banken und Finanzinstitute.
Weltbekannt sind auch die Uhren- und Messerhersteller wie VICTOR INOX und
natürlich nicht zu vergessen die Schokoladenfabriken. Die Grundfläche umfasst
etwas mehr als 41.000 km² und die Schweiz hat eine Bevölkerungszahl von ca. 8
Mio. Die vietnamesische Gemeinschaft zählt ca. 15000 Menschen, darunter sind
viele Katholiken. Die buddhistische Gemeinschaft ist sehr klein. Dennoch
entstehen dort, wo es vietnamesische Bürger gibt, auch Pagoden.

      Nach den 70ern und 80ern flüchteten viele vietnamesische Bürger auf dem
Seeweg vor dem Kommunismus und wurden von der Schweiz aus humanitären
Gründen aufgenommen. In dieser Zeit errichteten die älteren Buddhisten eine
buddhistische Pagode, damit die Vietnamesen in der Schweiz einen Ort hatten,
um die Buddha-Lehre zu praktizieren. Es gab jedoch in der Pagode «Chùa Phật Tổ
Thích Ca» einige Wechsel in der Führung.

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       2014 wurde ich vom Verein der Indochina-Buddhisten in der Schweiz als
Abt eingeladen, um die Leitung der Pagode zu übernehmen und die Buddhisten in
die Buddha-Lehre einzuführen. Da die ehemalige Pagode in die Jahre kam und
renovierungsbedürftig war, durften wir aus der Sicht der Behörden keine grossen
religiösen Veranstaltungen mehr abhalten. In dieser Zeit hatte ich mit vielen
Hindernissen zu kämpfen. Ich musste Deutsch lernen, um mich zu integrieren
und gleichzeitig die Buddhisten dazu motivieren, in die Pagode zu gehen und dort
die Buddha-Lehre zu praktizieren. Trotz der vielen Schwierigkeiten haben wir
nicht aufgegeben. Es ist uns nach zwei Jahren Suche gelungen, ein neues Gebäude
zu finden und es in eine Pagode umzubauen.

     Sechs Jahre wie ein Traum,
     vergingen wie im Flug und
     beinhalten viele Hindernisse.
     Der Körper ist nicht beständig und vergänglich.
     Allen Buddhisten nah und fern sei gedankt.
     Dem Lehrmeister und Patriarchen sei gedankt für Eure Wegweisung.
     In Hingabe zur Dharma-Lehre
     engagiere ich mich unermüdlich für das Gemeinwohl.
     Aller Anfang ist schwer.
     Die ehemalige Pagode war alt und es regnete ein.
     Meister und Schüler rezitierten die Sutra von früh bis spät.
     Möge Buddha uns weiterhin seinen Segen schenken.
     Die Bestimmung kommt ziemlich schnell.
     Nach zwei Jahren entstand eine grosse Pagode und
     sie erstrahlte im neuen Glanz.
     Danke für den unermüdlichen Einsatz vieler Buddhisten.
     Und dankend verneige ich mich
     vor allen Wohltätern und ehrenamtlichen Helfern.
                                 (Mặc Nhiên, 24.06.2020)

     Zu Beginn des Jahres 2017 hatten wir das Glück, ein geräumiges Gebäude
zu kaufen, um es in eine Pagode umzubauen. Die Lage ist verkehrsgünstig für alle
Buddhisten, die aus nah und fern kommen, um in der Pagode zu praktizieren. Die
Pagode ist für Veranstaltungen bis zu 300 Personen ausgelegt. Im Besonderen
bekamen wir große Unterstützung seitens der örtlichen Behörden als auch der
umliegenden Nachbarschaft. Nebikon gehört zum Kanton Luzern. Mittlerweile
sind die Umbaumaßnahmen fast abgeschlossen. Wir haben den Namen der
Pagode in Viên Minh umgeändert. Der Name Viên Minh drückt eine tiefe
Verbundenheit sowohl mit unserer Heimat als auch mit dem Ursprung der Chúc
Thánh Linie aus.

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      Wie die Vorfahren habe ich einen Namen für unsere Pagode ausgewählt,
der zum Dorfbild passt.

       Zuerst war die Verbindung mit der Ortschaft: In der Schweiz hat jedes Dorf
sein eigenes Symbol auf seinem Wappen. Auf dem Wappen des Dorfes Nebikon
sind Sonne und Mond vertreten und so entsteht daraus das Wort Minh. Die
Bedeutung der zweiten Verbindung war, dass wir von der Pagode Viên Giác in
Họ i An stammten und Schüler des verstorbenen Hochehrwürdigen Gründer-Abt
Thích Long Trí waren, der zur 40. Generation gehörte. Der Patriarch Minh Hả i
war der Gründer der Chúc Thánh Linie, der zur 34. Generation gehörte. Er kam
von China nach Vietnam, um das Meditationszentrum aufzubauen und das
Meditationszentrum gibt es nun seit 300 Jahren. Ich bat den Hochehrwürdigen
Gründer-Abt Thích Bả o Lạ c von der Pagode Pháp Bả o aus Australien und den
Hochehrwürdigen Gründer-Abt Thích Như Điển um Rat, die während des
Mondfestes im Jahre 2018 unsere Pagode besuchten. Sie waren einverstanden
und erlaubten uns, unserer Pagode den Namen Viên Minh in Beziehung mit der
Pagode Viên Giác und der Chúc Thánh Linie in Vietnam zu geben. Der
Hochehrwürdige Thích Bả o Lạ c schenkte uns den folgenden Vers:

     Und er erklärte dies auf der Grundlage der Leerheit im Buddhismus nach
den Worten des verstorbenen Hochehrwürdigen Mönch Thích Minh Hải am 7.
November 1746, im Jahr des Tigers:

      Das Universum gleicht einer Wolke.
      Alles ist leer und frei von Dauerhaftigkeit,
      und es bedingt sich gegenseitig.
      Wenn wir es so verstehen würden,
      wäre die Menschheit eins mit Buddha.

      Aus diesem Grunde trägt die Pagode seitdem den Namen Vien Minh.
Obwohl diese Pagode nicht so groß ist wie die Pagoden in Vietnam, war es nicht
einfach, in diesem schönen kleinen Land, eine Pagode mit einer Fläche von 1.500
m² zu errichten. In dieser Pagode ist es nun möglich, dass die Buddhisten in der
Schweiz die Lehre Buddhas praktizieren können. Anlässlich des 2563. Vesakh-
Festes (im Mondkalenderjahr 2019) haben 30 Buddhisten bei mir um
Zufluchtnahme gebeten. Diese 30 praktizierende Buddhisten haben den Dharma-
Namen beginnend mit Thiẹ n anstatt Thị erhalten. Ich habe eine Einweihungsfeier
im Jahr 2022 mit einer feierlichen Zeremonie geplant, um mich den Patriarchen
und allen ehrenamtlichen Helfern dankbar zu zeigen.

    Wir bitten alle Buddhas, Boddhisattvas und Arahants aus zehn
Himmelsrichtungen darum, die Gelehrten und Dharma-Schülern des Patriarch-

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Meisters Minh Hả i zu unterstützen und zu ihnen helfen, damit sie bei all ihrem
Bestreben und Arbeiten zum Allgemeinwohl stets eine glückliche Fügung und viel
Glück haben und damit die buddhistische Lehre von der Chúc Thánh Linie auch in
der Schweiz weitergegeben werden kann, das von den Menschen als "Paradies
auf Erden" gepriesen wurde.

Mit besten Grüßen
Thích Như Tú

Hochehrwürdigen Mönch Thích Như Tú gehört zur 41. Generation der Chan
Tradition der Lâm-Tế-Schule (Chúc Thánh Linie) in Họ i An, Quả ng Nam, Vietnam.

Geschrieben am 16. Juli 2020 in der Bibliothek der Pagode Viên Minh in der
Schweiz.

                                                            Autor Thích Như Tú
                                                    Viên Minh Übersetzungsteam

                                                                      Trang 7 | 7
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