Die Alltagsmobilität von Familien in Baden-Württemberg: Eltern
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Bevölkerung, Familie Die Alltagsmobilität von Familien in Baden-Württemberg: Eltern Romy Escher In Baden-Württemberg sind Alleinerziehende und Flexibilitätsdruck beeinflusst auch die sowie Eltern in Paarfamilien in ihrem Alltag Verkehrsmittelwahl von Familien.5 Steigende hochmobil. Dies resultiert aus den komplexen Mobilitätskosten können zudem dazu führen, Mobilitätsmustern ihres Alltags. Ihre regel dass Familien sich in anderen Bereichen mäßigen Wege umfassen neben dem Pen- stärker einschränken müssen. Die Haus deln zu Arbeitsplatz, Nahversorgungsein haltsausgaben für Mobilität entsprechen im richtungen und Dienstleistern, Freizeitaktivi- Schnitt in etwa den Ausgaben für Nahrungs täten und ehrenamtlichen Tätigkeiten auch mittel.6 Die Beschäftigung mit der Familien die Begleitung ihrer Kinder zu Kindertages- mobilität hat auch vor dem Hintergrund der Dr. Romy Escher ist einrichtungen und Schulen sowie zu deren globalen Umweltveränderungen an Bedeu- Referentin im Referat Hobbys.1 Gleichzeitig gehören sie zu der tung gewonnen. Der Klimaschutz erfordert „Sozialwissenschaftliche Analysen, FamilienForschung Bevölkerungsgruppe, die in ihrer Alltagsmo eine erhebliche Reduktion der Treibhaus Baden-Württemberg, Forschungsdatenzentrum“ bilität am häufigsten das Auto verwendet. gasemissionen im Verkehrssektor. Aufgrund des Statistischen Landes- Aufgrund ihres Zeit- und Flexibilitätsdrucks ihres hohen Verkehrsaufkommens kommt amtes Baden-Württemberg. verzichten Alleinerziehende sowie Paarfami- der Beschäftigung mit der Alltagsmobilität lien seltener als Personen ohne Kinder auf von Familien eine hohe Bedeutung zu.7 Gleich- das Auto. Allgemein sind das Mobilitäts zeitig ist in den letzten Jahren das Angebot 1 Bundesministerium für verhalten und die Verkehrsmittelwahl von an alternativen Verkehrsmitteln in Städten Verkehr und digitale Eltern abhängig von dem Betreuungsbedarf gestiegen wie zum Beispiel Carsharing so- Infrastruktur (BMVI) (2015): Familienmobili- ihrer Kinder, dem Umfang ihrer Erwerbstä wie der Verleih von Elektrofahrrädern.8 Da- tät im Alltag. Herausfor- tigkeit und ihren finanziellen Möglichkeiten. mit ist von Interesse, unter welchen Bedin- derungen und Hand- lungsempfehlungen. Die Alltagsmobilität von Eltern wird aller- gungen Familien nachhaltiger im Alltag unter- Berlin. Schneider, Uta/ dings auch von den Erreichbarkeiten ihrer wegs sind.9 Hilgert, Tim (2017): Urbane Familienmobili- Ziele bestimmt. Mütter und Väter in länd- tät im Wandel: Wie sind Familien im Alltag mobil lichen Regionen weisen auch aufgrund eines Im Folgenden werden das Mobilitätsver- und wie bewerten sie Mangels an Alternativen zum Auto eine hö- halten und die Verkehrsmittelwahl von El- neue Mobilitätskon- zepte? in: Working Paper here Pkw-Abhängigkeit in ihrer Alltagsmobi- tern in Baden-Württemberg zusammenfas- Sustainability and Inno- lität auf als Eltern in urbanen Regionen. All- send dargestellt. Das Mobilitätsverhalten vation, Nr. S08/2017. Karlsruhe: Frauenhofer gemein sind geringe Entfernungen zu Nah- von Kindern und Jugendlichen wird in der ISI. versorgungseinrichtungen und Dienstleistern nächsten Monatsheft-Ausgabe näher betrach 2 Giesel, Flemming/ sowie eine gute Anbindung an öffentliche tet. Die Daten der Erhebung Mobilität in Köhler, Katja (2015): Mobilität armutsgefähr- Verkehrsmittel damit verbunden, dass Fami- Deutschland (MID) 2017 erlauben es zu deter älterer Menschen lien in ihrem Alltag mehr nachhaltige Ver- betrachten, inwiefern die Mobilität und in deutschen Großstäd- ten, in: Europa Regional kehrsmittel nutzen. Verkehrsmittelwahl von Eltern in Familien- 21. 2013, 3, S. 94–106. haushalten von ihrer sozio-ökonomischen 3 Daubitz, Stephan (2014): Situation sowie den Rahmenbedingungen Mobilitätsarmut: Die Bedeutung der sozialen an ihrem Wohnsitz abhängig ist (i-Punkt Frage im Forschungs- (Räumliche) Mobilität bezeichnet die konkre- „Mobilitätsdaten in der amtlichen Statistik“). und Politikfeld Verkehr, in: Schwedes, Oliver/ ten Ortsveränderungen von Personen sowie Mobilität in Deutschland (MiD) ist eine Canzler, Weert/Knie, auch ihr Potenzial für Ortsveränderungen (bei- bundesweite Befragung von Haushalten zu Andreas (Hrsg.): Hand- buch Verkehrspolitik. spielsweise ihr Zugang zu Verkehrsmitteln).2 ihrem alltäglichen Verkehrsverhalten im 2. Auflage. Wiesbaden: Sie ist eine Grundvoraussetzung für Teilhabe Auftrag des Bundesministeriums für Ver- Springer VS, S. 433–449; Stark, Kerstin (2017): in allen Gesellschaftsbereichen.3 Die Mobi kehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Sie Mobilitätsarmut in der litätsanforderungen an Familien haben durch wurde bereits in den Jahren 2002 und 2008 sozialwissenschaftlichen Debatte, in: Großmann, die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen, erhoben. Die letzte Studie wurde 2017 durch- Katrin/Schaffrin, André/ die Forderung nach Flexibilität auf dem Ar geführt. Familien werden hier definiert als Smigiel, Christian (Hrsg.): Energie und beitsmarkt, die Zentralisierung des Einzel- Haushalte mit zwei Erwachsenen und min- soziale Ungleichheit. handels und die Mobilitätserwartungen der destens einem minderjährigen Kind (= Paar Zur gesellschaftlichen Dimensionen der Ener- Gesellschaft bezüglich der Erziehung und familien) sowie Haushalte mit einem Er- giewende in Deutsch- land und Europa. Wies- Freizeitgestaltung von Kindern im Laufe der wachsenen und mindestens einem minder baden: Springer VS, Zeit zugenommen.4 Der resultierende Zeit- jährigen Kind (= Alleinerziehende). S. 79–100. 21
Bevölkerung, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Familie Eltern sind hochmobil denen sie ihre Kinder zum Beispiel zur Kindertagesbetreuung, Schule und zu Frei Eltern in Paarfamilien und Alleinerziehende zeitaktivitäten begleiten. sind in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen hochmobil. Bei Eltern in Paarfamilien ist der Anteil der Be Die Pkw- und Fahrrad-Verfügbarkeit ist bei gleitwege an allen Wegen doppelt so hoch Familien am höchsten wie in der Gesamtbevölkerung (Schaubild 1). Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sowie Die hohe Mobilität von Eltern geht mit einer Alleinstehenden, Paaren ohne Kinder und hohen Verkehrsmittelausstattung einher. Nach Erwachsenenhaushalten, also Haushalten mit Haushalten mit mindestens drei Erwachsenen mindestens drei Erwachsenen, verlassen an besitzen Eltern in Paarfamilien am häufigsten einem durchschnittlichen Tag Alleinerzie- mindestens zwei Autos im Haushalt (Schau- hende am häufigsten den eigenen Wohnsitz, bild 2). Die wenigsten von ihnen haben kein gefolgt von Paarfamilien mit Kindern (Tabelle). Auto im Haushalt. Eltern in Paarfamilien Alleinerziehende sind am längsten pro Tag (90,6 %), gefolgt von Erwachsenen, die mit unterwegs und erreichen die höchste Wege ihrer Partnerin oder ihrem Partner zusam anzahl pro Tag. Dies ist darauf zurückzufüh- menleben (87,1 %), haben zudem am häufigs- ren, dass sie Einkäufe und andere Erledigun- ten mindestens zeitweise am Tag ein Auto zur gen sowie Begleitwege alleine zurücklegen Verfügung. Die Verfügbarkeit eines eigenen müssen.10 Im Vergleich zu den Alleinerzie- (normalen) Fahrrads von Personen in Paar henden resultiert für Eltern aus Paarfamilien haushalten ohne Kinder (68,3 %) und bei aus ihrer überdurchschnittlichen Wegean- Alleinstehenden (63,2 %) ist deutlich niedriger zahl und zurückgelegten Strecke keine höhere als bei Eltern in Paarfamilien (81,7 %) und Belastung bezüglich der Unterwegszeit.11 Alleinerziehenden (80,6 %). Mitglieder von Insgesamt ist die hohe Mobilität von Eltern Paarhaushalten ohne Kinder (11 %) haben insbesondere auf ihre hohe Anzahl an Be allerdings fast doppelt so häufig wie Eltern in gleitwegen zurückzuführen, also Wegen, auf Paarfamilien (6 %) täglich Zugang zu einem S1 Hauptwegezweck in Baden-Württemberg 2017 nach Haushaltstyp Anteile in % 6,8 Begleitung 14,0 3,5 2,9 3,1 4 BMVI (2015); Schneider/ Hilgert (2017). 28,3 27,5 5 Herget, Melanie (2013): 30,6 27,5 Freizeit Verkehrsverhalten und Mobilitätsstrategien von 23,8 Familien in ländlichen Räumen Deutschlands unter besonderer Be- 13,0 rücksichtigung rollen 15,6 Erledigung 19,5 typischer Arbeitsteilung. 11,4 18,7 Dissertation. Berlin: TU 11,8 Berlin. 6 Stark, Kerstin (2020): Zu 13,3 16,1 Einkauf 5,8 Entstehung von Mobili- 17,9 tätsbenachteiligung und 1,7 19,9 ihrer Vermeidung im 2,0 Ausbildung2) (.) 15,8 Kontext ökologischer 12,9 Nachhaltigkeit. Entwick- 12,1 dienstlich (0,8) lung und Anwendung 12,4 9,6 eines Konstellationsan- satzes zur differenzier ten Betrachtung sozialer und ökologischer Anfor- derungen an Mobilität. 20,0 Arbeit 23,0 17,1 17,7 23,0 Kassel: Kassel University Press. Insgesamt Paarfamilie Paarhaushalt Alleinstehende Erwachsenen- haushalt1) 7 Herget (2013). 8 BMVI (2015). 1) Erwachsenenhaushalt: Haushalt mit mindestens drei volljährigen Personen. – 2) Zahlenwert für Hauptwegezweck Ausbildung für Alleinstehende zu unsicher; Aussagekraft des Zahlenwerts des Hauptwegezwecks Ausbildung von Paarhaushalten aufgrund geringer 9 BMVI (2015). Fallzahl eingeschränkt sicher. Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene 10 BMVI (2015); Herget Darstellung FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. (2013) Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 280 21 11 BMVI (2015). 22
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Bevölkerung, Familie T Mobilität von Erwachsenen in Baden-Württembeg 2017 nach Haushaltstyp Mobilitäts- Tages- Wege Unterwegszeit Haushaltstyp quote strecke pro Tag % km Anzahl Minuten Alleinerziehende 91,2 36,4 4,6 93,4 Paarfamilien 89,7 43,9 3,7 84,5 Paare ohne Kinder 85,2 38,6 3,0 81,3 Alleinstehende 86,4 36,7 3,2 88,5 Erwachsenenhaushalt 82,7 41,9 3,0 79,9 Insgesamt 86,3 40,3 3,2 83,4 Anmerkungen: Mobilitätsquote = Anteil von Personen, die an einem durchschnittlichen Tag den eigenen Wohnsitz verlässt. Erwachsenenhaushalt = Haushalt mit mindestens drei volljährigen Personen. Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene Darstellung Familien Forschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. Elektrofahrrad. Während Eltern in Paarfami- oder das Fahrrad (3,5 %) in ihrer Alltagsmobi- lien im Vergleich zu Personen aus anderen lität als andere Bevölkerungsgruppen. Im Haushaltstypen überwiegend ein Auto und bundesweiten Vergleich entspricht der An- ein Fahrrad zur Verfügung haben, ist bei ihnen teil der Eltern aus Paarfamilien, die nur das der Anteil derjenigen, die eine Zeitkarte des Auto verwenden, in Baden-Württemberg un öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) be- gefähr dem Wert für Deutschland (50,1 %). sitzen, am geringsten (8,3 %). Bezüglich der Pkw-Nutzung liegen sie damit nur knapp vor Personen aus Haushalten ohne Kinder (49 %). Eltern in Paarfamilien legen Familien verwenden am häufigsten allerdings die meisten ihrer Wege mit dem das Auto im Alltag motorisierten Individualverkehr (MIV) ein schließlich dem Auto zurück (Schaubild 3). In Übereinstimmung mit ihrer Pkw-Ausstat- tung verwenden Eltern (52,8 %) in Paarhaus Eltern in Paarfamilien weisen neben der halten häufiger ausschließlich das Auto und Pkw-Nutzung auch den höchsten Anteil der seltener nur öffentliche Verkehrsmittel (3,9 %) jenigen auf, die mit mindestens zwei Ver S2 Anzahl an Autos in Baden-Württemberg 2017 nach Haushaltstyp Anteile in % kein Auto ein Auto mindestens zwei Autos Erwachsenenhaushalt1) 3,8 23,5 72,7 Alleinstehende 32,7 64,2 3,1 Paarhaushalt 9,1 55,0 35,9 Paarfamilie 4,7 34,9 60,4 Insgesamt 11,8 45,9 42,3 1) Erwachsenenhaushalt: Haushalt mit mindestens drei volljährigen Personen. Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 281 21 23
Bevölkerung, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Familie S3 Hauptverkehrsmittel in Baden-Württemberg 2017 nach Haushaltstyp Anteile in % zu Fuß Fahrrad MIV2) ÖPV3) Erwachsenenhaushalt1) 16,0 8,0 64,2 11,9 Alleinstehende 25,3 9,9 51,2 13,6 Paarhaushalt 20,1 9,0 62,4 8,6 Paarfamilie 18,9 8,4 66,1 6,7 Insgesamt 20,0 8,9 61,6 9,5 1) Erwachsenenhaushalt: Haushalt mit mindestens drei volljährigen Personen. – 2) MIV = motorisierter Individualverkehr als Fahrerin/Fahrer oder Begleitperson (motorisierte Fahrzeugen wie Autos, motorisierte Zweirädern ohne Elektrofahrräder und Lkws). – 3) ÖPV = öffentlicher Personenverkehr (Nahverkehrsbusse, Fern- und Reisebusse, alle Bahnen, Flugzeug und Taxi). Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 282 21 kehrsmitteln (Pkw, Fahrrad, öffentliche Ver Der Betreuungsbedarf von Kindern kehrsmittel) (multimodal) unterwegs sind geht mit einer hohen Mobilität einher (39 %). Der Anteil von Wegen, für die haupt- sächlich öffentliche Verkehrsmittel verwendet Neben Gemeinsamkeiten in der Alltagsmobi- werden, ist bei ihnen am geringsten (Schau- lität von Familien lassen sich auch Unter- bild 3). Alleinerziehende nutzen in etwa gleich schiede zwischen ihnen feststellen. Diese sind häufig wie Eltern in Paarfamilien nur das Auto von den Herausforderungen ihres Alltags ab- im Alltag (49,8 %) und kombinieren etwas hängig: dem Betreuungsbedarf der Kinder, seltener mehrere Verkehrsmittel (32,2 %, Zah- dem Vorliegen einer umfangreichen Erwerbs- lenwert statistisch eingeschränkt genau). Der tätigkeit und einem geringen Haushaltsein MIV-Anteil ihrer Wege ist allerdings noch kommen12. Der Betreuungsbedarf der Kinder etwas höher als bei Eltern in Paarfamilien. kann anhand des Alters und der Anzahl der Kinder erfasst werden. Es wird angenommen, Insgesamt spiegelt sich die Verkehrsmittel dass der Betreuungsbedarf bei jüngeren Kin ausstattung und -wahl von Eltern in Paarfami dern und/oder mindestens drei Kindern höher lien auch in ihren Einstellungen wider. Sie ist. Eltern aus kinderreichen Paarfamilien, also sind am zufriedensten mit dem Auto und dem mit mindestens drei Kindern, verlassen häufi Fahrrad und sie geben auch am häufigsten an, ger an einem durchschnittlichen Tag den eige- dass sie gerne mit diesen beiden Mobilitäts nen Wohnsitz (Mobilitätsquote: 91,1 %) und ressourcen unterwegs sind. Eltern in kinder- legen auf mehr Wegen auch eine größere reichen Paarfamilien sind etwas weniger zu Distanz (46,6 km) pro Tag zurück als Eltern frieden mit dem Auto und dem Fahrrad als aus anderen Paarhaushalten mit Kindern. Be- Eltern von maximal zwei Kindern. Entspre- züglich des Alters der Kinder erreichen Eltern chend des geringen Anteils des öffentlichen mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren Personenverkehrs ihrer Wege sind Eltern aus die höchste Wegeanzahl und Tagesstrecke. Paarhaushalten nach Erwachsenen-Haushal- Dies ist auf die Begleitung von Grundschul- ten am wenigsten zufrieden mit öffentlichen kindern zur Schule und auf Freizeitwegen Verkehrsmittel. Bei den Alleinerziehenden zurückzuführen. In Übereinstimmung mit ihrer stimmt ihre Verkehrsmittelwahl weniger mit hohen Mobilität haben diese Eltern auch am ihren Einstellungen überein. Sie sind am unzu- häufigsten zwei Autos (53,3 %). 12 Das Haushaltseinkom- friedensten mit dem Auto sowie dem Fahrrad men wurde bedarfsge- wichtet, also in Abhän- als Verkehrsmittel. Sie präferieren am häufigs Der Betreuungsbedarf geht allgemein mit gigkeit zu Anzahl und Alter der Haushaltsmit- ten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu einer etwas besseren Pkw- und Fahrradaus glieder gesetzt. Fuß unterwegs zu sein. stattung einher. Eltern in Paarfamilien mit 24
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Bevölkerung, Familie mindestens einem Kind unter 6 Jahren oder Anteil von Eltern aus Paarfamilien, die nur mindestens drei Kindern (91 %) verfügen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs etwas häufiger über ein Auto als der Durch- sind, nimmt dagegen unter Kontrolle ande- schnitt aller Eltern in Paarfamilien. Eltern aus rer Einflussgrößen mit der Anzahl der Kinder Paarfamilien mit mindestens einem Kind unter ab. 6 Jahren haben allerdings am seltensten Zu- gang zu einem Fahrrad (78,7 %). In Studien Erwachsene aus Paarfamilien, in denen beide nennen Eltern von Kleinkindern es als Nach- Eltern in Vollzeit berufstätig sind, sind beson- teil des Fahrradfahrens, dass ihre Kinder dafür ders von Mobilitätszwängen betroffen. Dass zu jung bzw. zu unsicher sind.13 sie mobiler sind als Eltern in anderen Paar- familien zeigt sich mit Blick auf die Mobili- Entsprechend der Pkw-Ausstattung ist auch tätsquote, Tagesstrecke und Unterwegszeit. die Pkw-Nutzung vom Betreuungsbedarf der Allerdings unterscheidet sich im Vergleich zu Kinder abhängig. Unter Kontrolle anderer Ein- anderen Haushaltstypen die Anzahl der Wege flussfaktoren steigt mit der Anzahl der Kinder nicht zwischen vollzeitberufstätigen und nicht- die ausschließliche Verwendung des Autos vollzeitberufstätigen Eltern. Eltern weisen all- im Alltag und sinkt die multimodale Verkehrs- gemein einen hohen Anteil von Begleitwegen mittelnutzung von Paarfamilien.14 Ein hoher auf. Wenn beide Eltern in Vollzeit berufstätig Betreuungsbedarf – mindestens ein Kind unter sind, trägt wahrscheinlich der Flexibilitäts- 6 Jahren und/oder mindestens drei Kinder – druck dazu bei, dass Eltern in diesen Haushal ist allerdings auch mit einem überdurchschnitt- ten eine überdurchschnittliche Pkw-Verfüg- lichen Anteil von Wegen verbunden, die zu barkeit aufweisen. Gleichzeitig steht ihnen Fuß zurückgelegt werden. Eltern in Paarhaus- seltener ein Fahrrad zur Verfügung als Eltern halten mit mindestens drei Kindern oder min- in Paarfamilien insgesamt. Dies führt dazu, destens einem Kind unter 6 Jahren verfügen dass sie häufiger im Alltag nur das Auto ver- dagegen seltener als Eltern aus Paarfamilien wenden und seltener multimodal unterwegs insgesamt über eine ÖPNV-Zeitkarte. Ent- sind als alle Personen aus Paarfamilien. Be sprechend weisen sie auch einen relativ ge züglich der Wegeanteile der Hauptverkehrs- ringen Anteil öffentlicher Verkehrsmittel ihrer mittel unterscheiden sich Paarfamilien mit Wege auf (Schaubild 4). Je älter die Kinder zwei vollzeitbeschäftigten Elternteilen aller- sind, desto höher ist der Anteil der Eltern, die dings nur geringfügig von Eltern in Paarfami- nur öffentliche Verkehrsmittel verwenden. Der lien insgesamt (Schaubild 4). Mobilitätsdaten in der die Verkehrsmittelnutzung auf Fernreisen amtlichen Statistik (Schienen-, Straßen- und innerdeutscher Flugverkehr) und Veränderungen in der Die amtliche Statistik umfasst auf Landes- Pendlermobilität. Die Mobilfunkdaten erlau- und Bundesebene Daten zur Anzahl der ben es, das Mobilitätsverhalten nach aggre- beförderten Personen im Luft-, Güter-, Stra- gierten Merkmalen von Kreisen und Bun ßen- und Seeverkehr sowie in Bussen. Die desländern zu betrachten. Eine Differenzie- Statistik über die touristische Nachfrage rung nach Individualmerkmalen ist nicht bietet auf Bundesebene zudem Daten zu möglich. Vom Bundesamt für Bildung und Reisen nach Reiseziel, -dauer, -gründe so- Forschung (BMBF) sowie für eine regionale wie Unterkünfte und Verkehrsmittel. Bezüg- Vertiefungsstichprobe für Baden-Württem- lich der Alltagsmobilität sind auf experimen- berg im Auftrag des Ministeriums für Ver- tellen Daten des Statistischen Bundesamts kehr Baden-Württemberg wurden vom Insti- basierende Mobilitätsindikatoren zur Ana- tut für angewandte Sozialwissenschaft (infas), lyse der Auswirkungen der Kontaktbe Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und schränkungen zur Eindämmung der Corona- MotionTag Daten zur Analyse der Verände- Pandemie verfügbar. Es handelt sich um rung der Alltagsmobilität während der Coro- anonymisierte und aggregierte Mobilfunk- na-Pandemie erhoben (MOBICOR). Hierfür daten aus dem Netz des Mobilfunkanbie- wurden Befragungen durchgeführt als auch ters Telefónica, die auf Basis der Marktan individuelle Bewegungsverläufe auf freiwil- teile auf die deutsche Gesamtbevölkerung liger Basis mit Hilfe von GPS-Tracking an- hochgerechnet werden. Sie umfassen auf hand einer Smartphone-App ermittelt. Die 13 BMVI (2015). Kreisebene tägliche und stündliche Einrei- Umfragedaten erlauben zwar eine Differen- 14 In diesem Beitrag wur- sen und Bewegungen innerhalb von Stadt- zierung nach Personenmerkmalen, aber den zur Kontrolle ande- rer Einflussgrößen logis- und Landkreisen, zurückgelegte Distanzen, nicht die Analyse von Familienmobilität. tische Regressionen ver wendet. 25
Bevölkerung, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Familie Hauptverkehrsmittel von Eltern in Paarfamilien in Baden-Württemberg 2017 S4 nach sozioökonomischen Merkmalen Anteile in % zu Fuß Fahrrad MIV1) ÖPV2) Beide Eltern vollzeiterwerbstätig 18,7 7,2 67,0 7,1 Geringes Haushaltseinkommen 16,8 6,2 69,9 7,2 Betreuungsbedarf 22,9 8,3 62,9 5,8 Frau 22,7 8,0 63,2 6,1 Insgesamt 18,9 8,4 66,1 6,7 1) MIV = motorisierter Individualverkehr als Fahrerin/Fahrer oder Begleitperson (motorisierte Fahrzeugen wie Autos, motorisierte Zweirädern ohne Elektrofahrräder und Lkws). – 2) ÖPV = öffentlicher Personenverkehr (Nahverkehrsbusse, Fern- und Reisebusse, alle Bahnen, Flugzeug und Taxi). Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 283 21 Die Familienmobilität ist abhängig Im Vergleich zur Pkw-Verfügbarkeit ist multi von dem Haushaltseinkommen variat die ausschließliche Verwendung von Autos von Paarfamilien nicht abhängig vom Wie auch in der Gesamtgesellschaft ist die Haushaltseinkommen. Mit dem Haushalts Mobilität von Eltern abhängig von ihrem Haus- einkommen steigt allerdings die Kombination haltseinkommen. Eltern in Paarfamilien mit mehrerer Verkehrsmittel im Alltag. 34,7 % der einem geringen Haushaltseinkommen legen Eltern in Paarhaushalten mit einem geringen eine deutlich geringere Distanz pro Tag zurück Haushaltseinkommen sind multimodal unter- (35,9 km) als Eltern in Paarfamilien mit hohen wegs, aber 42,6 % derjenigen mit einem oder mittleren Einkommen (ca. 45 km). Auch hohen Haushaltseinkommen. Mit dem Haus- die Mobilität von Erwachsenen in kinder- haltseinkommen nimmt unter Kontrolle ande- reichen Familien und Alleinerziehenden sinkt rer Einflussgrößen auch die Nutzung öffent- mit dem Haushaltseinkommen. Insbesondere licher Verkehrsmittel von Eltern in Paarfami- Mütter und Väter in Paarfamilien mit keinem lien zu. Dementsprechend weisen Eltern in gesicherten Haushaltseinkommen und min Paarhaushalten ohne gesichertes Haushalts- destens einem Kind unter 6 Jahren weisen einkommen auch einen überdurchschnitt- eine geringe Tagesstrecke sowie Unterwegs- lichen MIV-Anteil auf (Schaubild 4) und legen zeit auf (28,7 km, 67 Minuten). überdurchschnittlich viele Wege mit öffent- lichen Verkehrsmitteln zurück. Mit dem Haushaltseinkommen steigt die Pkw- und Fahrrad-Verfügbarkeit sowie der Besitz von ÖPNV-Zeitkarten von Eltern in Paarfami- Mütter in Paarfamilien haben weniger lien. In allen Einkommensgruppen sind Eltern Verkehrsmittel zur Verfügung als Väter in Paarfamilien die Bevölkerungsgruppe mit der höchsten Pkw-Verfügbarkeit. Allerdings Die Alltagsmobilität variiert zwischen Müttern unterscheiden sich Erwachsene mit einem und Vätern. Mütter, die in Paarfamilien mit hohen Haushaltseinkommen aus verschie- Kindern leben, sind insbesondere bezüglich denen Haushaltstypen in dieser Hinsicht nur der Tagesstrecke weniger mobil als Väter geringfügig. Mit dem Alter der Kinder sinkt (37,7 km gegenüber 50,1 km). Dieser Ge- der Anteil an Eltern in Paarfamilien mit einem schlechterunterschied ist in Paarfamilien aller- geringen Haushaltseinkommen, die über ein dings weniger stark ausgeprägt als in Paar Auto verfügen. Dagegen variiert die Pkw-Ver- haushalten ohne Kinder. Er resultiert aus der fügbarkeit von Eltern aus Paarfamilien in der höheren Anzahl an Wegen, auf denen Mütter hohen Einkommensgruppe nur geringfügig ihre Kinder begleiten.15 In Paarfamilien beglei- 15 BMVI (2015). mit dem Alter ihrer Kinder. ten Mütter ihre Kinder mehr als doppelt so 26
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Bevölkerung, Familie häufig wie Väter (20,4 % vs. 7,5 %). Sie weisen mittel als in Stadtregionen (Land: 59,6 % vs. annähernd die gleiche Anzahl an Wegen pro Stadt: 46,4 %). Eltern aus Paarhaushalten mit Tag auf wie Väter. Innerhalb von Paarfamilien Kindern legen mehr Wege mit dem MIV auf haben Frauen seltener ein Auto (89,5 % vs. dem Land zurück als in Stadtregionen (Schau- 91,7 %), ein normales Fahrrad (78,3 % vs. bild 5). In Städten ist dagegen der Anteil der 85,3 %) und eine ÖPNV-Zeitkarte (8,7 % vs. Wege, die mit dem Fahrrad und mit öffent- 7,9 %) zur Verfügung als Männer. Sie ver- lichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, wenden allerdings in etwa gleich häufig in höher. Zudem kombinieren Erwachsene in ihrer Alltagsmobilität nur das Auto (ca. 50 %) Paarfamilien in urbanen Räumen häufiger oder sind multimodal unterwegs (ca. 39 %). mehrere Verkehrsmittel als auf dem Land Mütter in Paarfamilien weisen einen etwas (41,1 % vs. 36 %). unterdurchschnittlichen MIV-Anteil ihrer Wege auf, legen aber überdurchschnittlich Die Alltagsmobilität von Familien ist auch ab- viele Wege zu Fuß zurück (Schaubild 4). hängig von der Erreichbarkeit von Nahversor- gungseinrichtungen, Kindertagesbetreuungen und Bildungseinrichtungen.17 Der MIV-Anteil Die Familienmobilität ist abhängig der Wege von Eltern fällt geringer aus, wenn von Erreichbarkeiten eine gute Nahversorgung und ein guter ÖPNV vorliegt (Schaubild 5). Eine gute Nahver- Wie auch in der Gesamtbevölkerung variiert sorgung trägt zu mehr zu Fuß zurückgeleg- die Mobilität von Familien zwischen ländlichen ten Strecken bei, während eine gute ÖPNV- und städtischen Regionen.16 Eltern in Paar Anbindung auch mit einem höheren Anteil familien sind in Stadtregionen bezüglich ihrer von Wegen mit dem Fahrrad und öffentlichen Mobilitätsquote, Unterwegszeit und Wege- Verkehrsmitteln verbunden ist. Multivariat be- anzahl mobiler (88 Minuten, 3,3 Wege) als in stätigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit von ländlichen Regionen (79 Minuten, 2,9 Wege). Eltern aus Paarfamilien, die nur das Auto im Ihre Tagesstrecke variiert dagegen nicht Alltag verwenden, geringer ist, wenn eine gute zwischen Stadt- und ländlichen Regionen. Wie Qualität der Wohnlage18, der Nahversorgung19 auch in der Gesamtbevölkerung ist die Pkw- sowie des ÖPNV vorliegt. Die Qualität der Verfügbarkeit von Erwachsenen aus Paar- Wohnlage wurde erfasst anhand von sozio- familien in ländlichen Regionen ausgeprägter ökonomischen Merkmalen des Wohnviertels, als in Städten (93,5 % gegenüber 88,6 %). der Siedlungsdichte, der Art und der Nutzung Sie verwenden in ländlichen Regionen deut- des Wohnhauses, die Lage in der Kommune lich häufiger das Auto als einziges Verkehrs und die Entfernung zur nächsten ÖPNV-Halte- S5 Hauptverkehrsmittel von Eltern in Paarfamilien in Baden-Württemberg 2017 16 Stadtregionen beziehen nach Erreichbarkeiten sich auf Großstädte ab einer Bevölkerungsgröße von 100 000 Einwohner/ -innen sowie einem Ein- Anteile in % zugsbereich von unter 30 Minuten oder einem zu Fuß Fahrrad MIV1) ÖPV2) Auspendleranteil in die nächste Großstadt von mindestens 25 %. Bun- Guter ÖPNV 25,0 13,0 52,7 9,3 desministerium für Ver- kehr und digitale Infra- struktur (BMVI) (2018b): Gute Nahversorgung 23,9 10,4 58,8 6,9 Regionalstatistische Raumtypologie (Regio- StaR) des BMVI für die Mobilitäts- und Verkehrs- Gute Wohnlage 18,8 10,3 64,4 6,4 forschung. Arbeitspapier. Version V1.1. Land 18,3 6,4 70,2 5,2 17 BMVI (2015). 18 Siehe Bundesministe rium für Verkehr und Stadt 19,8 10,1 61,4 8,6 digitale Infrastruktur (BMVI) (2019): Mobilität in Deutschland – MID. Insgesamt 18,9 8,4 66,1 6,7 Nutzerhandbuch. Doku- mentation Raumvaria- blen. Studie des Bun- desministeriums für 1) MIV = motorisierter Individualverkehr als Fahrerin/Fahrer oder Begleitperson (motorisierte Fahrzeugen wie Autos, motorisierte Zweirädern ohne Elektrofahrräder und Lkws). – 2) ÖPV = öffentlicher Personenverkehr (Nahverkehrsbusse, Fern- und Reisebusse, alle Verkehr und digitale Bahnen, Flugzeug und Taxi). Infrastruktur, durchge- Datenquelle: Mobilität in Deutschland (MID) 2017. Die Daten sind gewichtet. Auswertung aller erwachsener Personen. Eigene führt von infas in Ko- Darstellung FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. operation mit DLR, IVT und infas 360. Berlin. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 284 21 19 Siehe BMVI (2019). 27
Bevölkerung, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2021 Familie stelle und zum nächsten Geschäftszentrum. Unterschiede in der Alltagsmobilität zwi- Die Qualität der Nahversorgung bezieht sich schen Familien illustrieren, dass die Pkw-Nut auf Entfernungen zwischen Angeboten der zung durch eine Verbesserung der Erreich- Nahversorgung und dem Wohnsitz der Befrag barkeit von Alltagszielen und eine Verbesse- ten. Nur 36,9 % der Eltern aus Paarfamilien rung der Attraktivität öffentlicher Verkehrs- nutzen ausschließlich das Auto bei einem mittel reduziert werden könnte. (sehr) guten ÖPNV, während es bei einer (sehr) schlechten ÖPNV-Qualität 58,2 % sind. Dem Insbesondere ist auf Basis der Ergebnisse entsprechend verwenden sie eher nur öffent zu erwarten, dass Alleinerziehende unter bes- liche Verkehrsmittel bei einer guten Qualität seren Rahmenbedingungen auf öffentliche der Nahversorgung und des ÖPNV als wenn Verkehrsmittel umsteigen würden. Während diese keine gute Qualität aufweisen. Der An- sie, wie auch Eltern in Paarfamilien haupt- teil von Eltern in Paarfamilien mit einer Zeit- sächlich das Auto im Alltag verwenden, präfe- karte öffentlicher Verkehrsmittel verdoppelt rieren sie öffentliche Verkehrsmittel und sind sich bei einer (sehr) guten ÖPNV-Qualität im mit dem Pkw als Verkehrsmittel unzufrieden. Vergleich zu einer (sehr) schlechten Qualität. Dies ist wahrscheinlich auf ihre hohe finan- (13,4 % vs. 6,1 %). Dagegen geht eine (sehr) zielle Belastung durch den Pkw-Besitz zu gute Wohnlage bei Eltern aus Paarfamilien mit rückzuführen. Für eine nachhaltigere Mobili- einer geringeren Wahrscheinlichkeit einher, tät von Alleinerziehenden und Paarfamilien nur öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, als sind allerdings auch weitere Gründe für ihre bei einer (sehr) schlechten Wohnlage. Die Pkw-Nutzung zu berücksichtigen, so über- Kombination unterschiedlicher Verkehrsmittel schätzen sie beispielsweise die Verkehrs durch Eltern aus Paarfamilien nimmt mit der sicherheit von Autos für ihre Kinder.21 Die Qualität der Nahversorgung, Wohnlage, des regionalen Unterschiede in der Pkw-Abhän- ÖPNV zu und ist auch höher in Stadt- als in gigkeit von Eltern in Paarhaushalten mit Kin- Landregionen. dern sowie Alleinerziehenden in ländlichen Regionen in ihrem Alltag verweisen darauf, dass das Mobilitätsverhalten abhängig vom Fazit Angebot von nachhaltigen Verkehrsmitteln ist.22 Die Abhängigkeit der Nutzung öffent- Eltern sind aufgrund ihres komplexen Alltags licher Verkehrsmittel vom Haushaltseinkom- die mobilste Bevölkerungsgruppe in Baden- men verdeutlicht zudem, dass vergünstigte Württemberg. Die in diesem Beitrag ver- Einzelfahrscheine und Zeitkarten für Familien wendeten Daten berücksichtigen noch nicht sinnvoll sein könnten. Aufgrund der hohen die Auswirkungen der Corona-Pandemie. In Mobilitätskosten könnten Vergünstigungen Baden-Württemberg und bundesweit haben auch die soziale Teilhabe von einkommens- die Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung schwachen Familien und Alleinerziehenden 20 INFAS (2020): Mobilitäts- der Pandemie allerdings zu einer verstärkten verbessern. report Baden-Württem- berg 02. Krise als Dauer- Pkw-Nutzung zu Lasten der Nutzung mehrerer zustand? Mobilität in Verkehrsmittel sowie öffentlichen Verkehrs- Baden-Württemberg vor dem zweiten Lockdown mittel geführt.20 Die überdurchschnittliche „light“. Bonn; WZB (2020): Alltagsmobilität von Familien geht aufgrund Mobilitätsreport 03. Er- gebnisse aus Beobach- ihrer bereits vor der Pandemie vorliegen- Weitere Auskünfte erteilt tungen per repräsenta- den Pkw-Abhängigkeit mit negativen Kon Romy Escher, Telefon 0711/641-29 57, tiver Befragung und er- gänzendem Mobilitäts- sequenzen für die Umwelt und das Klima ein- Romy.Escher@stala.bwl.de tracking bis Ende Okto- her. Gleichzeitig besteht damit bezüglich der ber. Ausgabe 15.12.2020. Bonn, Berlin, mit Förde- Förderung von nachhaltiger Mobilität in rung des BMBF. Baden-Württemberg in dieser Bevölkerungs- www.statistik-bw.de/PrivHaushalte/ 21 BMVI (2015). gruppe ein erhebliches Potenzial für die Leben und Arbeiten 22 Herget (2013). Reduktion von Treibhausgasemissionen. Die Private Haushalte 28
Sie können auch lesen