Spracherwerbsstörungen und mathematische Lernschwierigkeiten
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Fakultät für Psychologie und Pädagogik Department für Pädagogik und Rehabilitation Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik (Prof. Dr. Andreas Mayer) Spracherwerbsstörungen und mathematische Lernschwierigkeiten Symposium am 33. Bundeskongress der Deutschen Gesellschaft für Sprachheilpädagogik in Rostock 22. September 2018 Prof. Dr. Andreas Mayer StR FS Maximilian Hamann Dr. Katharina Galuschka Laura Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Agenda • Prof. Dr. Andreas Mayer – Zusammenhänge zwischen Spracherwerbsstörungen und mathematischen Lernschwierigkeiten • Dr. Katharina Galuschka – Möglichkeiten der diagnostischen Erfassung mathematischer Kompetenzen • StR FS Maximilian Hamann – Förderung mathematischen Faktenwissens • Laura Gabler – Zusammenhang zwischen Sprache und Mathematik aus mathematikdidaktischer Perspektive Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Problemstellung und Ausgangslage • Die Auswirkungen sprachlicher Beeinträchtigungen auf das schulische Lernen und die Notwendigkeit einer spezifischen Unterrichtsgestaltung für sprachlich beeinträchtigte Kinder werden in der Sprachheilpädagogik bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts thematisiert. • Üblicherweise werden die Probleme mit dem Schriftspracherwerb und sprachlich vermitteltem Lernen betont. Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Problemstellung und Ausgangslage • Was den mathematischen Lernbereich angeht, werden meist Schwierigkeiten bei der Aneignung des Fachvokabulars und dem Lösen von Textaufgaben vorgebracht (Lüdtke/Stizinger 2017). • Forschungsarbeiten der letzten 15 Jahre machen deutlich, dass spracherwerbsgestörte Kinder auch beim Erwerb basisnumerischer Probleme benachteiligt sind (z.B. Fazio 1996, 1999; Donlan et al. 2007; Harrison et al. 2009; Koponen et al. 2006) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Forschungsprojekt • Forschungsdesign: • N=103 SuS aus vier SFZ (n=47) und zwei Grundschulen (n=56) • 2. Klasse bzw. 3. Schulbesuchsjahr (SFZ) • Durchschnittsalter: 8;6 (SD: ,75) • Ausschlusskriterium: unterdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten (K-ABC Subtest Dreiecke SW < 7) • Reduzierung der Stichprobe auf n=91 Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Methode • Erfassung der lexikalischen und grammatischen Fähigkeiten und des Sprachverständnisses • Erfassung basisnumerischer Fähigkeiten (TEDI- Math, Kaufmann et al. 2009) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Erfassung morphologischer Fähigkeiten • ESGRAF 4-8 (Motsch/Rietz 2017) • Subtests zur Überprüfung des Dativs und des Akkusativs Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Erfassung lexikalischer Fähigkeiten • altersspezifische Kurzformen des WWT 6-10 (Glück 2011) • Benennung von jeweils 10 Nomen, Verben, Adjektive/Adverbien, kategoriale Oberbegriffe) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Erfassung Sprachverständnis • TROG-D (Fox 2013) • aus vier Bildern muss das ausgewählt werden, das am besten zu einem vorgesprochenen Satz passt Sie pflückt die Blumen Der Junge, den das Pferd jagt, ist (Verständnis von Pronomen dick (Verständnis von und SVK-R) Relativsätzen) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Erfassung basisnumerischer Fähigkeiten • TEDI-Math (Kaufmann et al. 2009) • Differenzierung zwischen der Zahlverarbeitung (basisnumerische Verarbeitung) und der Rechenfertigkeit (Arithmetik) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Zahlverarbeitung • Transkodieren („24“ „vierundzwanzig“ vice versa) • Verständnis für das dekadische Zahlensystem mit seinen multiplikativen und additiven Kompositionsregeln inkl. Inversionsprinzip (547 = 5x100 + 4x10 + 7x1) • Ausbildung einer ungefähren Vorstellung zur Zahlsemantik und der Mächtigkeit von Mengen Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Zahlverarbeitung – TEDI-Math • Mengen nach dem 10er-System bündeln • vorgesprochene Zahlwörter aufschreiben • in visuell-arabischer Notation präsentierte Zahlen vorlesen • vorgesprochene und aufgeschriebene Zahlen hinsichtlich ihrer Größe vergleichen Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Rechnen (Arithmetik) • konzeptuelles Wissen: Verständnis für das einer Rechenoperation zugrunde liegende Konzept • prozedurales Wissen: Kenntnis der einzelnen Schritte beim Lösen von Rechenoperationen • deklaratives Wissen: automatisiert abrufbares mathematisches Faktenwissen Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Rechnen – TEDI-Math • Subtraktionsaufgaben z.B. 9-5, 7-4, 40-20, 36-10, 58-9, 44-26 • Multiplikationsaufgaben z.B. 6x1, 2x4, 8x0, 6x4, 4x8 • Textaufgaben Karoline hat 3 Bücher Ihr Vater schenkt ihr 5 neue Bücher. Wie viele hat sie insgesamt? • Zerlegen von Mengen Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Ergebnisse – Deskriptive Statistik Überprüfungen Mittelwert Standardabweichung Akkusativ (PR) 34,08 35,69 Dativ (PR) 35,32 37,89 TROG-D (T-Wert) 44,62 13,60 WWT Exp (T-Wert) 29,29 23,66 Zahlverarbeitung (T-Wert) 47,51 10,80 Rechnen (T-Wert) 42,02 12,62 Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Ergebnisse MW (T-Wert, SD) T Sign. cohen´s d SNKa SAKb (n=26) (n=65) Zahlverarbeitung 54,0 44.91 4,36 .001 ,91 (8,2) (10,67) Rechenfertigkeit 53,1 37.58 6,36 .001 1,60 (9,7) (9,72) aSNK: sprachlich normal entwickelte Kinder, bSAK. sprachlich auffällige Kinder Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Ergebnisse MW (T-Wert, SD) Zahlverarbeitung Rechenfertigkeit SNKa (n= 26) 54,0 (8,2) 53,1 (9,7) exp+rez. Def.b (n=43) 42,0 (10,1) 33,3 (8,5) p= .001 d= 1.3* p= .001 d= 2,1* morph. Def.c (n=9) 45,9 (3,3) 41,9 (4,6) p= .037 d= 1,1* p= .005, d= 1,3* lex. Def.d (n=13) 47,5 (11,0) 39,5 (11,0) p= .055 d= .7* p= .001, d=1,3* morph.+lex.Def.e (n=11) 45,8 (14,1) 40,2 (11,3) p= .024, d= .8* p= .001 d= 1,3* *Vergleich mit SNK, aSNK: sprachlich normal entwickelte Kinder, bexp+rez. Def.: unterdurchschnittliche Leistungen in der produktiven und rezeptiven Modalität, cmorph. Def.: ausschl. morphologische Defizite, dlex.Def.: ausschl. lexikalische Defizite, emorph+lex.Def: morphologische und lexikalische Defizite Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Erklärungsansätze • Der Erwerb der Zahlwörter und der Regeln, nach denen Zahlen kombiniert werden können, stellt eine lexikalische bzw. syntaktisch-morphologische Leistung dar (Nys et al. 2013). • Bei der Problematik mit der Speicherung und dem Abruf mathematischer Fakten könnte es sich um einen Spezialfall der Schwierigkeiten mit dem Auf- und Ausbaus des mentalen Lexikons bzw. kindlicher Wortfindungsstörungen handeln. • mathematische Fakten sind als verbale Repräsentationen, als „Sprachketten“ (Lorenz 2003, 41) im Langzeitgedächtnis abgespeichert (z.B. „acht plus sieben gleich fünfzehn“) Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
CAMPUS INNENSTADT KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE DIAGNOSTIK MATHEMATISCHER SCHWIERIGKEITEN IN DER PRIMARSTUFE Dr. Katharina Galuschka 22. September 2018
DIAGNOSTIK GRUNDLAGE: LEITLINIE RECHENSTÖRUNG Haberstroh & Schulte-Körne, 2018. AWMF Leitlinie zur Diagnostik und Förderung von Kindern mit Rechenstörung. Abrufbar unter: www.awmf.org/ leitlinien/detail/ll/028-046.html KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
DIAGNOSTIK Auf Basis dieser drei Informationsquellen: Psycho- Klinische metrische Kriterien Kriterien Qualitative Kriterien KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
DIAGNOSTIK Psycho- metrische Klinische Kriterien Kriterien Qualitative Kriterien KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
TRIPLE CODE MODELL (DEHAENE, 2000) Mengen- system 4x7=? 654 Visuell- arabisches Sprach- system Dreihundert- System zweiundvierzig KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
TRIPLE CODE MODELL (DEHAENE, 2000) Mengen- system 4x7=? 654 Visuell- arabisches Sprach- system Dreihundert- System zweiundvierzig KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
PROFIL DER RECHENSTÖRUNG KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® Quelle: 25 Haberstroh & Schulte-Körne, 12.10.2018 KLINIK UND 2018. Offizielle Fortbildungsfolien POLIKLINIK FÜR KINDER- zur Leitlinie UND Rechenstörung. Abrufbar JUGENDPSYCHIATRIE, unter: PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/028_D_G_f_Kinder-_und_Jugendpsychiatrie_und_-psychotherapie/028- 046vf_S3_Rechenst%C3%B6rung-2018-03.pdf
PSYCHOMETRISCHE TESTVERFAHREN Testbewertung der Leitlinie Rechenstörung: Qualitätskriterien • Anzahl an Subtests und Outcomes • Re-Test-Reliabilität • Validität • Normierung: Anzahl Bundesländer, Größe der Normstichprobe Empfehlung: bis zum 2. Quartil (besten 50 %) Empfehlung u. U.: 2. bis 3. Quartil (mittleren 50-25 %) keine Empfehlung: ab 3. Quartil (schlechtesten 25 %) 32 Verfahren zur Diagnostik, 12 Verfahren zur Risikoidentifikation einer Rechenstörung KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 26 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
PSYCHOMETRISCHE TESTVERFAHREN MIT EMPFEHLUNG CODY-M 2-4 (Kuhn, Schwenk, Raddatz, Dobel, & Holling, 2017) MBK 1+ (Ennemoser, Krajewski, & Sinner, 2017) BADYS 1-4+ (R) (Merdian, Merdian, & Schardt, 2015) DEMAT 4 (Gölitz, Roick, & Hasselhorn, 2006) ERT 3+ (Holzer, Schaupp, & Lenart, 2010) DEMAT 1+ (Krajewski, Küspert, & Schneider, 2002) DEMAT 6+ (Götz, Lingel, & Schneider, 2013b) DEMAT 5+ (Götz, Lingel, & Schneider, 2013a) ERT 2+ (Lenart, Holzer, & Schaupp, 2003) DEMAT 2+ (Krajewski, Liehm, & Schneider, 2004) ERT 4+ (Schaupp, Lenart, & Holzer, 2010) BADYS 5-8+ (Merdian, Merdian, & Schardt, 2012) KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 27 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
FORTSETZUNG - PSYCHOMETRISCHE TESTVERFAHREN MIT EMPFEHLUNG DEMAT 3+ (Roick, Gölitz, & Hasselhorn, 2004) HRT 1-4 (Haffner, Baro, Parzer, & Resch, 2005) BIRTE 2 (Schipper, Wartha, & Schroeders, 2011) ERT 1+ (Schaupp, Holzer, & Lenart, 2003) TEDI-MATH (Kaufmann et al., 2009) KEKS (May & Bennöhr, 2013) BADYS 1-4+ (R) (Merdian et al., 2015) KEKS (May & Bennöhr, 2013) KEKS (May & Bennöhr, 2013) DIRG (Grube, Weberschock, Blum, & Hasselhorn, 2010) KEKS (May & Bennöhr, 2013) MARKO-D1+ (Fritz, Ehlert, Ricken, & Balzer, 2017) KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 28 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
DIAGNOSTIK Auf Basis dieser drei Informationsquellen: Psycho- Klinische metrische Kriterien Kriterien Qualitative Kriterien KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
KLINISCHE KRITERIEN Klinische Kriterien sollen umfassen: • körperliche / neurologische Funktionen • sensorische Funktionen • intellektuelle Funktionen Klinische Kriterien dienen unter anderem der Differentialdiagnostik: • Ausschluss Hirnschädigungen / -krankheiten • Auswirkungen neurogenetischer Störungen (z. B. Fragile-X- Syndrom, Turner-Syndrom), Frühgeburt, geringes Geburtsgewicht usw. • Ausschluss bisher unentdeckter Seh- / Hörstörung • Ausschluss Intelligenzminderung gemäß ICD-10 (IQ < 70) KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 30 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
DIAGNOSTIK Auf Basis dieser drei Informationsquellen: Psycho- Klinische metrische Kriterien Kriterien Qualitative Kriterien KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
QUALITATIVE KRITERIEN Qualitative Kriterien sollen umfassen: • biographischen Entwicklungsverlauf • Familien- und Schulsituation • Auswirkungen der Leistungsdefizite auf die psychische und soziale Entwicklung • schulische Integration und gesellschaftliche Teilhabe • andere Ursachen für Probleme in Mathematik • Verdacht komorbider Störungen • Risikofaktoren, die Stabilität der Diagnose begünstigen und Förderung beeinträchtigen • Schweregrad und Auswirkungen der Probleme in Mathematik KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 32 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
DIAGNOSTIK RECHENSTÖRUNG Für die Diagnose einer Rechenstörung: 1. sollen unterdurchschnittliche Leistungen im Bereich der Mathematik vorliegen 2. soll die Alters- oder Klassennormdiskrepanz verwendet werden 3. soll eine Alters- oder Klassennormdiskrepanz von mindestens 1,5 Standardabweichungen (PR ≤ 7 bzw. T ≤ 35) verwendet werden, wenn qualitative und klinische Kriterien Verdacht auf Rechenstörung NICHT unterstützen 4. soll eine Alters- oder Klassennormdiskrepanz von mindestens 1 Standardabweichung (PR ≤ 16 bzw. T ≤ 40) verwendet werden, wenn qualitative und klinische Kriterien Verdacht auf Rechenstörung unterstützen KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 33 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
KLASSIFIKATIONSSYSTEME DSM- 5: Unterdurchschnittliche Rechenfähigkeit im Vergleich der aufgrund der Altersgruppe oder der Klassenstufe zu erwarteten Leistung. ICD-11: is characterized by significant and per- sistent difficulties in learning academic skills, which may include reading, writing, or arithmetic. The individual’s perfor- mance […] is markedly below what would be expected for chronological age and general level of intellectual functioning […] ICD-10: empfiehlt Diagnostik nach dem IQ-Diskrepanzkriterium: Diskrepanz von mindestens 1 SD von der aufgrund des IQs zu erwartenden Lese- und/oder Rechtschreibleistung. KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN ® KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
PROFIL DER RECHENSTÖRUNG KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® Quelle: 35 Haberstroh & Schulte-Körne, 12.10.2018 KLINIK UND 2018. Offizielle Fortbildungsfolien POLIKLINIK FÜR KINDER- zur Leitlinie UND Rechenstörung. Abrufbar JUGENDPSYCHIATRIE, unter: PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/028_D_G_f_Kinder-_und_Jugendpsychiatrie_und_-psychotherapie/028- 046vf_S3_Rechenst%C3%B6rung-2018-03.pdf
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT ANSPRECHPARTNER: Dr. Katharina Galuschka Klinikum der Universität München Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie E-Mail: Katharina.Galuschka@med.uni-muenchen.de Internet: www.kjp.klinikum.uni-muenchen.de KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN® 36 12.10.2018 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Agenda • StR FS Maximilian Hamann – Förderung mathematischen Faktenwissens Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept - Aufbau • 15 Fördereinheiten • 13 Computersequenzen • Zentrale Kernaufgaben 10mal, 2mal, 5mal • Erarbeitung weiterer Malreihen 9mal, 8mal, … Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept - Aufbau Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Konzeptionelle Arbeit an der Multiplikation • Fokus des Förderkonzeptes liegt auf dem Aufbau mathematischen Faktenwissens • Ebenfalls beachtet: Wissen um die Grundvorstellungen der Multiplikation – Verständnis für das dieser Rechenoperation zugrunde liegende Konzept sichern Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Konzeptionelle Arbeit an der Multiplikation • Zeitlich-sukzessive • Räumlich-simultane Handlung Anordnung Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Strategie- und Automatisierungstraining Strategietraining Automatisierungstraining • Einspeicher- • Domino strategie • Memory • Abruf-(oder • Arbeitsblätter Herleitungs-) • Computer- strategien förderung Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Strategietraining die Tauschaufgabe verdoppeln/ das Zerlegen halbieren die Nachbaraufgabe Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Abrufstrategien Malreihe Strategie Vorgehen Voraussetzung 10mal die Tauschaufgabe Ich tausche die erste mit der Kenntnisse über die zweiten Zahl. Aufgaben, bei Zehnerzahlen. denen die 10 die zweite Zahl ist, sind leichter zu rechnen. 2mal verdoppeln Etwas 2mal nehmen Verdoppeln der Zahlen von bedeutet verdoppeln. 0-10. 5mal halbieren Wenn ich halbiere, habe ich Halbieren der zwei gleich große Hälften. Zehnerzahlen. Zuerst rechne ich 10mal und dann nehme ich die Hälfte. 9mal die Nachbaraufgabe Zuerst rechne ich 10mal X, Von Zehnerzahlen dann ziehe ich 1mal X ab. Einerzahlen subtrahieren. 8mal das Zerlegen Bei 8 · 7 = Zu einer zweistelligen Zahl Zuerst rechne ich 5mal 7, eine zweistellige Zahl addieren dann rechne ich noch plus (mit und ohne 3mal 7 dazu. Zehnerübergang). 8mal Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer 2mal verdoppeln 10mal die Tauschaufgabe die Nachbaraufgabe die Hälfe/ halbieren verdoppeln die Nachbaraufgabe 3mal 4mal die Nachbaraufgabe 5mal 9mal verdoppeln das Zerlegen die Nachbaraufgabe 1mal die Tauschaufgabe 0mal 6mal 8mal 7mal Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Speicherstrategie Speicherstrategie „Speicher-Rap“ „Drei mal fünf ist fünfzehn“ (Tippen der Finger auf Tisch). „Drei mal fünf ist fünfzehn“ (Tippen der Finger gegeneinander). „Drei. Fünf. Fünfzehn. - Drei. Fünf. Fünfzehn.“(Tippen der Finger gegeneinander). Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining • Vielfältige, motivierende Übungsmöglichkeiten Lernkarteikarten Domino Memory Arbeitsblätter Computerprogramm Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Lernkarteikarten Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Domino Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Memory Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Arbeitsblätter Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Computerprogramm Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Computerprogramm Übungsformat 1 Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Computerprogramm Übungsformat 2 Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Automatisierungstraining Computerprogramm Übungsformat 3 Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Förderkonzept – Exemplarische Darstellung einer Fördereinheit 1) Einleitung/ Konzept der Multiplikation 2) Zielangabe 3) Erarbeitung/ Strategie zur Herleitung einer Malaufgabe und deren Ergebnis 4) Anwendung der Speicherstrategie 5) Übungsphase + Speicherung 6) Automatisierungsphase Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Ausblick • Evaluationsstudie im Rahmen des Forschungsprojektes „Zusammenhänge zwischen sprachlichen Fähigkeiten und mathematischen Kompetenzen“ • Das Konzept wird mit den Kindern evaluiert, die im ersten Teilprojekt als spracherwerbsgestört diagnostiziert wurden und gleichzeitig mathematische Lernschwierigkeiten im Bereich des kleinen Einmaleins hatten • Insgesamt nehmen 25 Kinder, an sechs verschiedenen Schulen (Grundschulen und Sonderpädagogischen Förderzentren) am Programm zur Förderung des mathematischen Faktenwissens teil • Erste Ergebnisse werden Ende 2018 erwartet. Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Literatur • Donlan, C., Cowan, R., Newton, E. & Lloyd, D. (2007). The role of language in mathematical development: Evidence from children with specific language impairments. Cognition, 103 (1), 23-33. • Fazio, B. B. (1996). Mathematical abilities of children with specific language impairment: A 2-year follow-up. Journal of Speech and Hearing Research, 39 (4), 839–849. • Fazio, B. B. (1999). Arithmetic calculation, short-term memory, and language performance in children with specific language impairment: A 5-year follow-up. Journal of Speech, Language, and Hearing Research, 42 (2), 420–431. • Fox, A. (2013): TROG-D. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag • Glück, C. (2011). Wortschatz- und Wortfindungstest für sechs- bis zehnjährige (WWT 6-10). München: Elsevier Verlag • Harrison, L.J.; McLeod, S; Berthelsen, D. & Walker, S. (2009): Literacy, numeracy, and learning in school-aged children identified as having speech and language impairment in early childhood. In: International Journal of Speech-Language Pathology 11 (5), S. 392–403. • Kaufmann, L., Nuerk, H.-C, Graf, M., Krinzinger, H., Delazer, M. & Willmes, K. (2009). TEDI-MATH. Test zur Erfassung numerisch-rechnerischer Fertigkeiten vom Kindergarten bis zur 3. Klasse. Bern: Verlag Hans Huber. • Koponen, T., Mononen, R., Räsänen, P. & Ahonen, T. (2006). Basic Numeracy in Children With Specific Language Impairment: Heterogeneity and Connections to Language. Journal of Speech, Language, and Hearing Research, 49 (1), 58-73. • Lorenz, J.H. (2003). Kognitive Faktoren, deren Störung den Erwerb mathematischer Inhalte erschwert. In F. Lenart, N. Holzer, H. Schaupp (Hrsg.), Rechenschwäche, Rechenstörung, Dyskalkulie. Erkennung, Prävention, Förderung. 39-47. Graz: Leykam Buchverlag. 39-47 • Lüdtke, U.; Stitzinger, U. (2017): Kinder mit sprachlichen Beeinträchtigungen unterrichten. München: Reinhardt Verlag • Motsch, H.J.; Rietz, C. (2017): ESGRAF 4-8. München: Reinhardt Verlag • Nys, J., Content, A., & Leybaert, J. (2013). Impact of language abilities on exact and approximate number skills development: evidence from children with specific language impairment. Journal of Speech, Language, and Hearing Research, 56 (3), 956–970. Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik Prof. Dr. Andreas Mayer Agenda • Laura Gabler – Zusammenhang zwischen Sprache und Mathematik aus mathematikdidaktischer Perspektive Prof. Mayer, StR FS Hamann, Dr. Galuschka, Gabler
(Fach-)sprachliche Kompetenzen als Voraussetzung für den Erwerb mathematischer Kompetenzen dgs-Bundeskongress Session 13: Sprachliche Beeinträchtigungen und mathematische Lernschwierigkeiten Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018
Überblick 1. Hängen sprachliche Kompetenzen von Lernenden überhaupt mit deren mathematischen Kompetenzen zusammen? 2. Sind sprachliche Kompetenzen wirklich die Ursache dieses Zusammenhangs? 3. Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? 4. Was macht spezifisch mathematikbezogene sprachliche Kompetenzen aus? 5. Zusammenfassung und Ausblick Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 61
Frage 1: Hängen sprachliche Kompetenzen von Lernenden überhaupt mit deren mathematischen Kompetenzen zusammen? • Klischee der „spracharmen Mathematik“ Mathematik als vorwiegend symbolisch orientiertes Fach Intuitive Annahme gegenläufiger Begabungen: schwach in Sprachen, stark in Mathematik • Large-Scale-Studien wie PISA und IGLU belegen: Positive Korrelation zwischen Lese- und Mathematikleistung Niedrigere Mathematikleistung von Lernenden mit Migrationshintergrund (Deutsches PISA-Konsortium, 2001; Bos et al., 2003) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 62
Frage 2: Sind sprachliche Kompetenzen wirklich die Ursache dieses Zusammenhangs? • Alternative Erklärung Geringe sprachliche Kompetenzen bei Lernenden aus Familien mit niedrigem sozio-ökonomischem Status Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischem Status und Mathematikleistung Elterliche Unterstützung als wesentliche Vermittlungsvariable (OECD, 2016) • Längsschnittstudien in Primar- und Sekundarstufe zeigen: Sprachliche Kompetenzen sagen Kompetenzerwerb voraus Sozio-ökonomischer Status zeigt nur geringe Vorhersagekraft für Kompetenzerwerb (z.B. Ufer, Reiss & Mehringer, 2013; Ehmke, 2006) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 63
Frage 3: Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? Mögliche Erklärungen für den Zusammenhang in der Literatur durch unterschiedliche Wirkmechanismen: Unterrichts- sprachbasiertes Testverständnis gespräch Denken Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 64
Erklärung Aufgabenverständnis Testverständnis • Grundannahme Aufgabenverständnis als plausible Voraussetzung, um Aufgaben in mathematischen Kompetenztests zu verstehen • Empirische Studien zeigen: Fachwörter wenig ausschlaggebend, eher allgemeine Merkmale (bildungssprachliche Begriffe, komplexer Satzbau) (Haag et al., 2013) Alle Lernenden profitieren gleichermaßen von sprachlichen Vereinfachungen (Abedi et al., 2006) Sprachbedingte Unterschiede im Aufgabenverständnis sind wohl keine alleinige Ursache für mathematische Kompetenzunterschiede Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 65
Frage 3: Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? Unterrichts- sprachbasiertes Testverständnis gespräch Denken Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 66
Erklärung Unterrichtsgespräch Unterrichts- gespräch • Mögliche Ursachen Sprachliche Aushandlung der Bedeutung symbolischer Darstellungen und konkreter Arbeitsmittel (Heinze et al., 2007) Relevanz von Sprache sowohl für produktive als auch rezeptive Unterrichtsaktivitäten (Stigler et al., 1999) Sprachliche Interaktion häufig teilweise implizit (z. B. Schütte, 2009) (entnommen aus Schütte, 2009, S. 110) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 67
Erklärung Unterrichtsgespräch Unterrichts- gespräch • Mögliche Ursachen Sprachliche Aushandlung der Bedeutung symbolischer Darstellungen, aber auch konkreter Arbeitsmittel (Heinze et al., 2007) Sprachliche Interaktion häufig teilweise implizit (z. B. Schütte, 2009) Relevanz von Sprache sowohl für produktive als auch rezeptive Unterrichtsaktivitäten (Stigler et al., 1999) • Empirische Studien weisen hin auf... Geringeres Verständnis der von der Lehrkraft verwendeten Sprache (Civil, 2008) Geringere Möglichkeiten des Austauschs mit anderen Lernenden (Moschkovich, 2005) Sprachliche Schwierigkeiten beim Verständnis des Unterrichtsgesprächs gehen mit geringerem Lernerfolg einher (Bochnik, 2017) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 68
Frage 3: Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? Unterrichts- sprachbasiertes Testverständnis gespräch Denken Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 69
Sprache beim Wissenserwerb sprachbasiertes Denken • Grundannahme Sprache (mental oder verbal) ist wesentliches Werkzeug zur Strukturierung und Konstruktion mathematischer Inhalte (Sfard, 2008) Geringe sprachliche Kompetenzen schränken Lernende direkt bei der mathematischen Wissenskonstruktion ein (Steenpaß & Steinbring, 2014) • Forschungsstand Bisher nur wenige belastbare Studien zur Wirkung auf den mathematischen Kompetenzerwerb • Folgerung Theoretische Argumente sprechen für die Relevanz spezifisch mathematikbezogener sprachlicher Kompetenzen für mathematischen Lernerfolg. Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 70
Frage 3: Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? Unterrichts- sprachbasiertes Testverständnis gespräch Denken Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 71
Frage 3: Wie wirken sprachliche Kompetenzen eigentlich auf die mathematischen Kompetenzen? Unterrichts- sprachbasiertes Testverständnis gespräch Denken Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 72
Frage 4: Was macht spezifisch mathematikbezogene sprachliche Kompetenzen aus? • Aktuelle Forschungsansätze Traditionell starker Fokus auf Fachwortschatz (Schindler et al., 2018) Neuere Ansätze fokussieren auf die sprachliche Beschreibung der Bedeutung mathematischer Konzepte (OECD, 2016) • Zwei Beispiele Fachsprachliche Sprachliche Mittel zum Kompetenzen in der Erwerb des Grundschule Bruchzahlkonzepts Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 73
Fachsprachliche Kompetenzen Fachsprachliche in der Grundschule Kompetenzen in der Grundschule • Ausgangsfrage Welche mathematikspezifischen sprachlichen Kompetenzen erklären Unterschiede im mathematischen Lernerfolg? Fokus: Aktiver und passiver Fachwortschatz, fachspezifisches Textverständnis • Beispiel fachspezifisches Textverständnis Erhebung nach dem Prinzip der C-Tests (Bochnik & Ufer, 2016) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 74
Beispiel Lückentext Fachsprachliche Kompetenzen in der Grundschule (nach Bochnik, 2017) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 75
Fachsprachliche Kompetenzen Fachsprachliche in der Grundschule Kompetenzen in der Grundschule • Ausgangsfrage Welche mathematikspezifischen sprachlichen Kompetenzen erklären Unterschiede im mathematischen Lernerfolg? Fokus: Aktiver und passiver Fachwortschatz, fachspezifisches Textverständnis • Beispiel fachspezifisches Textverständnis Erhebung nach dem Prinzip der C-Tests (Bochnik & Ufer, 2016) • Ergebnisse (Längsschnittstudie, Jgst. 3) Fachsprachliche Kompetenzen sagen Lernerfolg voraus, über allgemeinsprachliche Kompetenzen hinaus Berichtete sprachliche Teilhabe am Unterrichtsgespräch ebenfalls (Bochnik, 2017) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 76
Sprachliche Mittel zum Erwerb Sprachliche Mittel zum des Bruchzahlbegriffs Erwerb des Bruchzahlkonzepts • Grundidee kontextspezifische Sprachmittel zum Aufbau von konzeptuellem Wissen für die Lernenden bereitstellen z.B. Satzbausteine statt nur einzelne Wörter • Beispiel Basis für das Bruchzahlkonzept: Handlung der Anteilsbildung Welche sprachlichen Mittel sind notwendig, um diese Handlung zu beschreiben? Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 77
Beispielhafter Sprachspeicher Sprachliche Mittel zum Sprachmittel zum Thema Brüche: Erwerb des Bruchzahlkonzepts (entnommen aus Prediger, 2013, S. 10) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 78
Sprachliche Mittel zum Erwerb Sprachliche Mittel zum des Bruchzahlbegriffs Erwerb des Bruchzahlkonzepts • Grundidee kontextspezifische Sprachmittel zum Aufbau von konzeptuellem Wissen für die Lernenden bereitstellen Satzbausteine statt nur einzelne Wörter Vermittlung beispielsweise über gemeinsam erstellte Sprachspeicher (Prediger, 2013) • Ergebnisse einer Interventionsstudie (Bruchzahlen) • Anregung von Sprachproduktion und Darstellungsvernetzung wirksam • Zusätzliche Förderung von Fachwortschatz hat nur wenig Mehrwert • Insgesamt wenig Unterschiede nach sprachlichen Voraussetzungen (Prediger & Wessel, 2018) Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 79
Zusammenfassung und Ausblick • Mathematik ist kein spracharmes Fach Mathematischer Kompetenzerwerb wird durch sprachliche Kompetenzen beeinflusst – bei allen Kindern • Fachübergreifende Sprachkenntnisse sind notwendig, aber nicht ausreichend Spezifisch fachbezogene sprachliche Lernvoraussetzungen müssen im Unterricht gezielt aufgebaut werden Welche Sprache wird genutzt, um mathematische Konzepte (auch im Alltag) zu beschreiben? • Sprache als zentraler Teil des Mathematikunterrichts Lehrkraft als Sprachvorbild im Unterricht Unterstützungsmöglichkeiten durch spezifische Sprachmittel Anregung von Sprachproduktion und Darstellungsvernetzung im Unterricht Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 80
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 81
Quellen Abedi, J., Courtney, M., Leon, S., Kao, J. & Azzam, T. (2006). English Language Learners and math achievement: A study of Opportunity to Learn and Language Accommodation. National Center for Research on Evaluation, Standards and Student Testing (CRESST). Bochnik, K. (2017). Sprachbezogene Merkmale als Erklärung für Disparitäten mathematischer Leistung: Differenzierte Analysen im Rahmen einer Längsschnittstudie in der dritten Jahrgangsstufe (Vol. 30). Münster: Waxmann. Bochnik, K., & Ufer, S. (2016). Die Rolle (fach-)sprachlicher Kompetenzen zur Erklärung mathematischer Kompetenzunterschiede zwischen Kindern mit deutscher und nicht-deutscher Familiensprache. Zeitschrift für Grundschulforschung, 9(1), 135-147. Bos, W., Lankes, E.-M., Prenzel, M., Schwippert, K., Walther, G., & Valtin, R. (2003) (Hrsg.). Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann. Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.) (2001). PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Leske + Budrich, Opladen. Civil, M. (2008). Language and mathematics: Immigrant parents' participation in school. In: Figueras, O., Cortina, J. L., Alatorre, S., Rojano, T. & Sepúlveda, A. (Hrsg.): Proceedings of the Joint Meeting of PME 32 and PME-NA. Morelia, Mexico: PME. Ehmke, T., Hohensee, F., Siegle, T. & Prenzel, M. (2006). Soziale Herkunft, elterliche Unterstützungsprozesse und Kompetenzentwicklung. In PISA- Konsortium Deutschland (Hrsg.), PISA 2003 – Untersuchungen zur Kompetenzentwicklung im Verlauf eines Schuljahres (S. 225–248). Münster: Waxmann. Haag, N., Heppt, B., Stanat, P., Kuhl, P. & Pant, H. A. (2013). Second language learners' performance in mathematics: Disentangling the effects of academic language features. In: Learning and Instruction, 28, 24-34. Heinze, A., Herwartz-Emden, L. & Reiss, K. (2007). Mathematikkenntnisse und sprachliche Kompetenz bei Kindern mit Migrationshintergrund zu Beginn der Grundschulzeit. In: Zeitschrift für Pädagogik, 53, 562-581. Leisen, J. (2010). Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis, 2. Moschkovich, J. (2005). Using two languages when learning mathematics. In: Educational Studies in Mathematics, 64, H.2, 121-144. OECD (2016), PISA 2015 Ergebnisse (Band I): Exzellenz und Chancengerechtigkeit in der Bildung, PISA, W. Bertelsmann Verlag, Germany. Prediger, Susanne (2013). Sprachmittel für mathematische Verstehensprozesse: Einblicke in Probleme, Vorgehensweisen und Ergebnisse von Entwicklungsforschungsstudien. In: Andreas Pallack (Hrsg.): Impulse für eine zeitgemäße Mathematiklehrer-Ausbildung. MNU-Dokumentation der 16. Fachleitertagung Mathematik. Neuss: Seeberger, 26-36. Prediger, S., & Wessel, L. (2018). Brauchen mehrsprachige Jugendliche eine andere fach-und sprachintegrierte Förderung als einsprachige?. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 21(2), 361-382. Schindler, V., Opitz, E. M., Cadonau-Bieler, M., & Ritterfeld, U. (2018). Überprüfung und Förderung des mathematischen Fachwortschatzes der Grundschulmathematik: Eine empirische Studie. Journal für Mathematik-Didaktik, S. 1-35. Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 82
Quellen Schütte, M. (2009). Sprache und Interaktion im Mathematikunterricht der Grundschule: zur Problematik einer Impliziten Pädagogik für schulisches Lernen im Kontext sprachlich-kultureller Pluralität (Vol. 1). Waxmann Verlag. Sfard, A. (2008). Introduction to thinking as communication. TMME, 5, 429-436. Steenpaß, A. & Steinbring, H. (2014). Young students’ subjective interpretations of mathematical diagrams: Elements of the theoretical construct 'frame-based interpreting competence'. In: ZDM, 46, 3-14. Stigler, J., Gonzales, P., Kawanaka, T., Knoll, S. & Serrano, A. (1999). The TIMSS videotape classroom study (U.S. Department of Education, National Center for Education Statistics, Hrsg.). Washington, DC: U.S. Government Printing Office. Ufer, S., Reiss, K. & Mehringer, V. (2013). Sprachstand, soziale Herkunft und Bilingualität: Effekte auf Facetten mathematischer Kompetenz. In: Becker-Mrotzek, M., Schramm, K., Thürmann, E. & Vollmer, H. J. (Hrsg.): Sprache im Fach. Münster: Waxmann. Wessel, Lena (2015). Fach- und sprachintegriert fördern durch Darstellungsvernetzung und Scaffolding. Ein Entwicklungsforschungsprojekt zum Anteilsbegriff. Dissertation, TU Dortmund. Stefan Ufer, Laura Gabler, 22.09.2018 83
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