Die grösste Industriebrache der Schweiz auf dem Weg in die 2000-Watt-Gesellschaft - Amstein-Walthert
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38 PLANEN | SCHWEIZER ENERGIEFACHBUCH 2019
Die grösste Industriebrache
der Schweiz auf dem Weg in
die 2000-Watt-Gesellschaft
Autor | Nathalie Benkert, Amstein + Walthert AG, Zürich
Gilles Desthieux, Amstein + Walthert Genève SA, Genève
Die grösste Industriebrache der Schweiz liegt entlang der Eisenbahngleise im Westen
von Lausanne in der Ebene von Malley. Sie umfasst rund 80 Hektar Land und liegt auf
Teilgebieten der Gemeinden Lausanne, Prilly und Renens.
Luftaufnahme von Malley, Fotografie um 1963.
(Bild: Albert Würgler, Historisches
Museum Lausanne,
alle Rechte vorbehalten)
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Luftaufnahme von Malley, Fotografie von 2011. (Bild: SDOL/Joël Christin)
Das ehemalige Industriegebiet ist eines der laufenden Pro- le hat die städtebauliche Revitalisierung der Industriebrache
jekte des Entwicklungs-Masterplans von Lausanne West SDOL Malley zum Ziel. Es soll aufzeigen, wie die Brache, welche
(Schéma directeur de l'Ouest lausannois), welcher wiederum einmal Raum für 8000 Bewohnerinnen und Bewohner sowie
Teil des Agglomerationsprogramms Lausanne-Morges (PALM) Arbeitsplätze bot, unter Beachtung der Prinzipien der nach-
ist. Das Modellvorhaben Malley: reconvertir une friche en vil- haltigen Entwicklung und der 2000-Watt-Gesellschaft optimal
Resultate 2000-Watt-Kriterienkatalog der drei Areale Malley-Gare, Malley-Gazomètre, Malley-Viaduc. Für das Areal Malley-Viaduc wurde der neue
Themenbereich Arealnutzung und Städtebau erstmals beurteilt. (Bild: Bundesamt für Energie BFE)
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Visualisierung Malley-Gare. (Bild: Aeby Perneger & Associés SA)
umgenutzt werden kann. Entstehen soll ein neues, verdich- leiters für das Teilgebiet Malley, der die Aufgabe hat, dieses
tetes Quartier mit gemischter Nutzung, welches schliesslich Gebiet strategisch zu steuern und eine interkommunale Orga-
doppelt so viele Bewohnerinnen und Bewohner aufnehmen nisationsstruktur aufzubauen. Die andere Innovation betrifft
kann wie früher. Für die Konzeption des Projekts Malley wurde die Verknüpfung der verschiedenen Planungsansätze (formelle
eine interkommunale Organisation geschaffen, welche für die und Ad-hoc-Planung). Die übergeordnete Vision des Gebietes
Entscheidungs- wie auch für die operative Ebene zuständig Malley wird vom interkommunalen Richtplan (Schéma directeur
ist. Diese Organisation betreut die verschiedenen Teilprojekte, intercommunal – SDIM) und auf regionaler Massstabsebene
um die Kohärenz der Gesamtplanung zu wahren, und sorgt vom SDOL vorgegeben. Diese Vorgehensweise wurde auf der
dafür, dass die verschiedenen Teilgebiete und thematischen Ebene der Agglomeration übernommen. Die neun Gemeinden,
Studien aufeinander abgestimmt werden. Diese innovative die gemeinsam das SDOL vorantreiben, haben für ihre Vision,
Organisationsform führte 2012 zur Einstellung eines Projekt- auf ehemals industriell genutzten Flächen neue Lebensräume zu
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Nachweis (SIA-Effizienzpfad Energie) auch qualitativ anhand
des 2000-Watt-Kriterienkatalogs geprüft und bewertet. Das
Spinnendiagramm visualisiert das qualitative Resultat der drei
Areale «Malley-Gare», «Malley-Gazomètre» und «Malley-Via-
duc». Pro Themenbereich müssen mindestens 50 % der maxi-
malen Punktezahl erfüllt werden.
Malley-Gare
Malley-Gare ist das erste Areal, welches wieder zu neuem
Leben erweckt wird. Südlich der Haltestelle Prilly-Malley liegt
das 1,6 ha grosse Areal auf dem Gebiet der Gemeinden Prilly
und Renens. Es übernimmt die Vorreiterrolle im ganzen Ent-
wicklungsprojekt von Malley. 2015 wurde Malley-Gare als
«2000-Watt-Areal in Entwicklung» zertifiziert. Der Prozess
zur Rezertifizierung aufgrund der Resultate des Architektur-
wettbewerbs läuft bis Ende 2018. Bis 2021 sind der Bau von
200 Wohnungen sowie Büros, Restaurants und Geschäfte mit
einer Fläche von 32 000 m2 geplant. Eine Vereinbarung zwischen
den Partnern aus dem öffentlichen und privaten Sektor schreibt
vor, dass die Gebäude den Anforderungen von Minergie-P (oder
gleichwertig) entsprechen. Das ehrgeizige Energiekonzept för-
dert die Einhaltung des SIA-Effizienzpfades Energie (SIA 2040).
Die Wärmeversorgung soll durch das teilweise erneuerbare
Fernwärmenetz CAD-Ouest gewährleistet werden (KVA, Gas).
In den Neubauten werden Energiepfähle als geothermische
Wärmeüberträger eingesetzt. Die Wärmeverteilung erfolgt über
Betonbauteile (Betonoberflächen), die als funktionsfähige und
wirtschaftliche Heiz- und Kühlsysteme verwendet werden. Die
Kälte wird mittels Geocooling und Klimatisierung mit zertifi-
ziertem Ökostrom erzeugt. Das städtebauliche Umfeld ist gut
geeignet für die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs und
des Velo- und Fussverkehrs. Dank Infrastrukturentwicklungen
soll eine nachhaltige Mobilität gefördert werden. Nebst der seit
2012 bestehenden S-Bahn-Haltestelle von Prilly-Malley und
der Metro-Haltestelle Malley sind eine neue Tramlinie und der
Ausbau von Buslinien geplant.
Malley-Gazomètre
Der Name des Areals Malley-Gazomètre zeugt noch von seiner
Vergangenheit als Industrieareal. Das 9 ha grosse Areal befin-
det sich rund um die S-Bahn-Haltestelle Prilly-Malley. 2017
wurde Malley-Gazomètre als «2000-Watt-Areal in Entwicklung»
zertifiziert. Herzstück des Areals wird ein öffentlicher Park mit
Waldbestand. Des Weiteren werden Wohnhäuser, Büro- und
schaffen, 2011 den vom Schweizer Heimatschutz vergebenen Gewerbeimmobilien sowie eine Schule erbaut. Dank dem An-
Wakker-Preis erhalten. gebot eines vielfältigen Wohnungsmixes soll ein Beitrag zur
Unter anderem entstehen die drei 2000-Watt-Areale Entschärfung der Wohnungsnot im Raum Lausanne geleistet
«Malley-Gare», «Malley-Gazomètre» und «Malley-Viaduc». werden. Gemäss einer Vereinbarung zwischen den Partnern aus
Ein 2000-Watt-Areal beinhaltet mehr als die Summe seiner dem öffentlichen und privaten Sektor sollen die Neubauten den
Häuser. Mit der Zertifizierung «2000-Watt-Areal» ist die Be- Anforderungen von Minergie-P-ECO (oder gleichwertig) entspre-
wertung von grösseren Überbauungen in Bezug auf Ener- chen. Die Wärme- und Kälteversorgung erfolgt über Erdwärme-
gie-, Klima- und Ressourceneffizienz, Dichte, Lebensqualität, sonden. Der Strommix besteht zu 38 % aus vor Ort erzeugter
Nutzungsdurchmischung und Alltagsmobilität möglich. Seit Solarenergie mittels Photovoltaikanlagen auf den Dächern und
2018 wird neu auch der Themenbereich Arealnutzung und Fassaden. Die restlichen 62 % sind konventioneller Strom mit
Städtebau beurteilt. Areale werden neben einem quantitativen einem Anteil Ökostrom, der aus dem Netz bezogen wird.
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Malley-Viaduc
Das 2,3 ha grosse Areal Malley-Viaduc bildet die dritte Etap- Wofür steht das Zertifikat 2000-Watt-Areal?
pe des Projektes. Wie der Name schon sagt, ist das Areal Ein 2000-Watt-Areal steht für Energieeffizienz, erneuerbare
unter den Viaduktbögen der Eisenbahn angesiedelt. 2018 Energien und Klimafreundlichkeit. Es bringt Menschen zu-
wurde Malley-Viaduc als «2000-Watt-Areal in Entwicklung» sammen, verbindet Aspekte des Alltags in einem attraktiven
zertifiziert. Das Areal verfügt ebenfalls über einen Nutzungs- Umfeld und spiegelt dabei die Werte einer verantwortungs-
plan, angepasst an die Nutzungspläne von Malley-Gare und bewussten Gesellschaft wider.
Malley-Gazomètre. Das Ziel ist ein dichtes, vielfältiges und Das Zertifikat 2000-Watt-Areal zeichnet entsprechende
durchmischtes Quartier mit dem Fokus auf der Schaffung von Siedlungsgebiete aus. Es bewertet den gesamten Ent-
Wohnungen. Raum für die Wohnungen bieten zwei Hochhäu- wicklungsverlauf von der Erstellung bis zum Betrieb. Es
ser, geplant als vertikale Erweiterung des Einkaufszentrums basiert auf der Kernidee einer laufenden Evaluation der
Malley-Lumière. Öffentliche Plätze bieten den künftigen Be- energetischen Nachhaltigkeit von Arealen und berück-
wohnerinnen und Bewohnern eine hohe Lebensqualität. Nebst sichtigt auch die Mobilität.
Büro- und Gewerbeimmobilien entsteht auch das erste Hotel Es können sowohl der etappenweise Bau von neuen Are-
von Prilly. Um den Langsamverkehr zu fördern, zielt das alen als auch die Transformation von bestehenden Quartie-
Projekt auf die Erstellung einer Fussgängerzone auf dem ren bewertet werden. Ein 2000-Watt-Areal unterstützt die
gesamten Areal ab, welche alle Quartiere von Malley sowie Vision der 2000-Watt-Gesellschaft. Es lässt seinen Anwen-
dern grossen Spielraum, wie die Zielwerte erreicht werden
und bietet gleichzeitig Raum zur Entfaltung – für Bewoh-
ner/-innen, Planer/-innen und weitsichtige Investor/-innen.
Fakten und Daten
Die Auszeichnung wurde im Rahmen des Bundes-
Objekt
Name Malley-Gare programmes «EnergieSchweiz» konzipiert und erfolgt
Malley-Gazomètre durch das Bundesamt für Energie BFE. Damit soll die Um-
Malley-Viaduc
Ort Malley-Gare: Prilly, Renens setzung der nationalen Energie- und Klimapolitik forciert
Malley-Viaduc: Prilly, Renens, Lausanne und konkret unterstützt werden. Aktuell sind 25 Areale in
Malley-Gazomètre: Prilly Renens
Höhe ü. M. Renens: 415 m
der Schweiz als «2000-Watt-Areal» zertifiziert.
Lausanne: 495 m
Prilly: 481 m
Gebäude
Realisierung (Zeitraum) Malley Gesamt:
das neue Sportzentrum und den Veranstaltungssaal mitei-
Planung Interkommunaler Richtplan (SDIM) 2007
Unterzeichnung (SDIM) 2012 nander verbindet.
Öffentliche Auflage des Quartierplans 2015 Eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde Prilly und den
Gare: 2012–2021
Gaz: 2012–2022 Grundstückseigentümern legt fest, dass die Gebäude auch in
Via: 2012–2022 diesem Areal gemäss Minergie-P-ECO (oder gleichwertig) erbaut
Anzahl Wohnungen Gare: ca. 130
Gaz: ca. 700 werden. Die Wärmeversorgung erfolgt über Erdwärmesonden
Via: ca. 280 und das Fernwärmenetz (CAD-Ouest). Die Kälte wird mittels
Energiebezugsfläche Gare: 52 500 m2
Gaz: 112 600 m2
Erdwärmesonden und Kältemaschinen erzeugt.
Via: 59 471 m2
Energieversorgung
Wärmeversorgung Gare: Energiepfähle + Fernwärmenetz
CAD-OUEST.
Gazomètre: WP Erdwärmesonden
Viaduc: WP Erdwärmesonden + CAD OUEST
PV-Anlage Gazomètre: 38 % El.-Verbrauch durch PV gedeckt
Zertifizierung
Areal: 2000-Watt-Areal
Gare: Minergie P, DGNB
Gaz: Minergie P-ECO
Via: Minergie P-ECO
Weiteres
Gare: 6 Gebäude
Gaz: ca. 60 Gebäude
Via: 2 neue Gebäude
Kontakte
Bauherrschaft Gare: SBB (grösster Grundeigentümer)
Gazomètre: Ville de Lausanne
Viaduc: SUVA, INSULA
Amstein + Walthert AG
Beratung «2000-Watt-Areal» Gilles Desthieux, Amstein + Walthert
SA Genève www.amstein-walthert.ch
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