Die Nachrichtenagentur DIA in Kinshasa - Nomos eLibrary

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Communicatio Socialis 1 (1968) 2: 123-164
                                                                       Quelle: www.communicatio-socialis.de

  BERICHTE

              Die Nachrichtenagentur DIA in Kinshasa

Das große Gebäude des BEC (Bureau Enseignement Catholique) in Kinshasa be-
herbergt nicht nur die Zentralstelle des katholischen Schulwesens im Kongo, sondern
neben den verschiedenen Werken der Katholischen Aktion auch die Räume der
katholischen Presseagentur D.I.A. (Documentation et Information Africaines). Heute
ist DIA die größte und bedeutendste katholische Presseagentur in Afrika.
Joseph Ceuppens CICM, der Gründer der Agentur, begann 1949 mit einem Studien-
und Informationszentrum für den Kongo (Centre d'Etudes et d'Information congo-
lais) im damaligen Uopoldville. 1939 war er in den Kongo gekommen; er arbeitete
zunächst als Missionar in der Diözese Inongo und später, während des Zweiten
Weltkrieges, in der Hauptstadt Uopoldville. Die Arbeit in dem von ihm gegrün-
deten Studien- und Informationszentrum brachte ihn auf die Idee, eine Presse-
agentur, die nicht nur auf den Kongo begrenzt sein sollte, zu gründen. Der damalige
Generalsuperior der Patres von Scheut, P. van den Butten, dem Ceuppens 1956
seinen Plan vorlegte, war grundsätzlich einverstanden, wies aber auch darauf hin,
daß eine afrikanische Nachrichtenagentur nicht allein Sache eines Ordens sein könne.
So brachte P. Ceuppens im Juni 1956 seinen Plan vor die Vollversammlung der
Bischöfe des Kongo und Ruanda--Burundis. Er fand deren Zustimmung und Unter-
stützung. So konnte Anfang 1957 die Arbeit der neuen Agentur beginnen. Mit-
arbeiterin war die belgische Journalistin de Schrijver. Das erste Bulletin erschien
am 17. Januar 1957.
Die Agentur, die heute in Telex-Verbindung mit dem europäischen Netz und ver-
schiedenen Städten des Kongo steht, bringt täglich vier Ausgaben ihres Pressedienstes
heraus:
1. in französischer Sprache für Afrika,
2. in französischer Sprache für die Länder außerhalb Afrikas,
3. in englischer Sprache für die englischsprechenden Länder, mit einem Anhang für
   die englischsprechenden Länder Afrikas,
4. in niederländischer Sprache.
Die französische Ausgabe für die Länder außerhalb Afrikas hat im Durchschnitt
jedes Jahr 1 200 bis 1 300 Nachrichten aus Afrika veröffentlicht. In Europa laufen
die Nachrichten der Agentur DIA über die anderen katholischen Agenturen wie
CIP, KNA, KNP, FIDES, Radio Vatikan etc„ in Amerika bislang über NCWC-
News Service. In Schwarzafrika, südlich der Sahara, wird DIA in allen Ländern
außer Angola, Mozambique und Guinea abonniert. Die größte Abonnentenzahl
weisen Kongo-Kinshasa, Ruanda und Burundi auf. Die Bezieherliste von DIA ent-
hielt 1967 597 feste Abonnenten.
Es besteht der Plan, auch in anderen Ländern Afrikas Büros der Agentur einzu-
richten. Doch gibt es noch Finanzierungsschwierigkeiten. Vorläufig muß sich das
Büro in Kinshasa noch mit Korrespondenten - meist Missionaren - in den einzel-

                                                                                                  123

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nen Ländern Afrikas begnügen. Seit der Gründung ist das Personal der Zentral-
redaktion allerdings verstärkt worden: Die Agentur beschäftigt vier Patres aus ver-
schiedenen Kongregationen; eine Dame besorgt die niederländische Ausgabe. Hinzu
kommen noch vier kongolesische Angestellte und eine Journalistin im Brüsseler
Büro von DIA.
Für das schnelle Wachstum von DIA während der vergangenen 10 Jahre kann man
verschiedene Gründe anführen. Ohne Zweifel waren die Bedingungen günstig:
1. Die jugendliche Frische des afrikanischen Kontinentes und der starke Dynamismus
   kirchlichen Lebens in Afrika.
2. Die Aufnahmebereitschaft der ganzen Welt für Nachrichten aus dem erwachten
   Afrika.
3. Die immer stärkere Gegenwart des Schwarzen Kontinentes in der Welt und
   in der Kirche.
4. Die schnelle Entwicklung der Presse und des Rundfunks in Afrika selbst weckte
   auch ein Bedürfnis für die Neuigkeiten aus der religiösen Welt.
Ziel der Agentur DIA ist es, einerseits die Länder außerhalb Afrikas mit dem
religiösen Leben des afrikanischen Kontinentes bekannt zu machen und andererseits
der afrikanischen Presse Informationen über religiöse Ereignisse aus der katholischen
Welt zu liefern. Eines der wichtigsten Anliegen von DIA ist es, eine Brücke zu
schlagen zwischen dem frankophonen und dem anglophonen Afrika.
Als in den Jahren nach der Unabhängigkeitserklärung des Kongo die Rebellen
Unruhe stifteten und das Land an den Rand des Chaos brachten, war DIA die
einzige zuverlässige Quelle über die Vorgänge am Kongo. Aber DIA will auch
die Afrikaner informieren. Ein hervorragendes Beispiel dafür war die Bericht-
erstattung über das II. Vaticanum für Afrika.
                                                      Bernward Mankau (Kinshasa)

                    Rundfunkausbildung in Nairobi

Das Transistorradio hat sich in Afrika zum stärksten Mittel der Massenkommuni-
kation entwickelt: es kommt nicht nur der Neigung der Afrikaner nach mündlicher
Kommunikation entgegen, - es erfüllt auch ihr Verlangen nach einem einfachen
Standessymbol.
Tatsächlich hat die Hörerforschung gezeigt, daß 90 v. H. aller Afrikaner mit einer
über die Volksschule hinausgehenden Schulbildung regelmäßige Rundfunkhörer sind.
Den Prozentsatz der Rundfunkhörer unter der übrigen Bevölkerung schätzt man
auf etwa 50 v. H.
Wenn eben möglich, wählen diese Hörer Afrikas ihren lokalen Mittelwellensender.
Nur drei Prozent aller Hörer jener Gebiete, in denen bisher entsprechende Unter-
suchungen angestellt werden konnten, empfangen auch Kurzwellenstationen, die
außerhalb ihres Landes liegen. Demnach scheinen die internationalen Kurzwellen-
stationen nur einen geringen Prozentsatz der afrikanischen Bevölkerung zu erreichen.
Allerdings gehört dieser Prozentsatz dann zur Elite des Landes.
Religiöse Sendungen nehmen nach den Höreruntersuchungen in der Popularität der
Sendungen den dritten Platz - nach den Nachrichten und der Musik - ein. Sie

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sind besonders beliebt, wenn sie im Lande selbst produziert werden, worauf die
einzelnen Regierungen meist - trotz großer Schwierigkeiten der Rundfunkstationen
selbst - bestehen.1
Alle diese Dinge führten die „All Africa Conference of Churches" (AACC) dazu,
ihre Hör- und Sehfunktätigkeit zu überprüfen. Das Ergebnis war die Gründung
eines Schulungszentrums für zukünftige Rundfunkleute in Nairobi. 2 Wenn der
Einfluß der überregionalen Rundfunkstationen, die oft nicht der Regierung gehören,
nur gering war, so - folgerte man - würde es das Beste sein, entsprechende
Sendungen über lokale Stationen zu verbreiten. Der Anknüpfungspunkt war bereits
gegeben; denn die lokalen Sender waren nur zu froh, fachlich gebildete Redakteure
und Produzenten zu bekommen, um die Schwierigkeiten bei den notwendigen Pro-
duktionen zu überwinden.
Als ich Reverend H. T. Maclin, den Direktor des Rundfunk-Schulungszentrums
Nairobi, in seinem Heim im Januar 1968 besuchte, hatte er gerade die Verhand-
lungen für den Bau eines Projektes von etwa 1 Mill. DM abgeschlossen 3 und er
war daran, den dritten Halbjahreskurs, der im Zentrum Nairobi durchgeführt wird,
vorzubereiten.4
Ein solcher Kurs umfaßt einen dreistufigen Ausbildungsgang mit starker Betonung
bei Manuskripterstellung und Produktion:
a) Der Begriff der Kommunikation wird im Zusammenhang mit praktischen Übun-
gen und in der Anwendung ausgewählter Kommunikationstheorien diskutiert.
b) Gebrauch und Grenzen des Hörfunks als Hilfsmittel für die Erziehung in Haus,
Schule und Kirche werden an Rundfunkbeispielen aufgezeigt, die dafür bestimmt
sind, ausgesprochene oder unausgesprochene Wünsche der Hörer zu erfüllen.
c) Traditionelle Aufgaben im Bereich des Funks werden anhand der täglich erforder-
lichen Produktion besprochen; so etwa die Arbeit des Direktors, des Redakteurs,
des Produzenten und Technikers, sowie die Rolle der Hörerforschung. So wird
etwa erklärt, wie für ein gutes tägliches 45-Minuten-Programm z. B. sechs haupt-
berufliche Leute tätig werden: Direktor, Techniker, Programmdirektor mit Assistent
und zwei Sekretärinnen für die Übersetzung und Bearbeitung des Manuskripts. Mit
der Produktion allein ist es aber nicht getan. Weitere Nacharbeit wird gerade
in Afrika durch die Entwicklung der Hörerforschung und -betreuung verlangt.
Der Kurs in Nairobi wird von vier hauptamtlichen Lehrern unter der Leitung von
Dr. H. Ken Carmical (früher Hollywood und Purdue Universität) gestaltet. Hinzu
kommen weitere Lehrkräfte, die regelmäßig von der BBC (London), der Voice of
Kenya und anderen Institutionen für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt
werden.
Die Zahl der Studenten ist auf je 16 begrenzt, damit man möglichst in persönlichem
Unterricht Rücksicht auf die bereits vorhandenen Erfahrungen und die kommenden
Aufgaben des Studenten nehmen kann. Vorlesungen, Mitarbeit und Hausarbeiten
führen jeden zu einer speziellen Aufgabe bei der Erarbeitung seines Manuskripts,
beim Interviewen lokaler Persönlichkeiten an Ort und Stelle usw. So wird jeder
gezwungen, die redaktionelle Arbeit zu lernen oder zu vervollkommnen.
Während des Kurses wird nur etwa 20 v. H. der Zeit religiösen Themen gewidmet.
Der Ausbildungskurs zielt mehr darauf ab, die ganze Persönlichkeit zu formen, als
religiöse Dinge zu betonen.
Das Schulungszentrum in Nairobi ist sowohl für Bewerber offen, die später an
Regierungsstationen oder kommerziellen Stationen arbeiten, als auch für Kandidaten,
die sich besonders den Kirchen verpflichtet fühlen. Anträge zur Aufnahme sind

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jeweils vor dem 15. März für den am 1. Mai beginnenden Kurs eines Jahres zu
stellen. Ein Minimum an Rundfunkerfahrung und die Unterstützung durch eine
Institution sind erwünscht. Die Gebühr für einen Kurs beträgt 2 200 DM. Die
bisherigen Studenten des Zentrums stammten aus 17 Ländern Afrikas, des Mittleren
Ostens und Asiens. Sie wurden von etwa 12 verschiedenen christlichen Denomina-
tionen (Protestanten, Orthodoxen und römischen Katholiken) geschickt.
Die neuen Studios werden mit zwei Bildaufzeichnungsgeräten ausgestattet sein und
es erlauben, die bisher 600 Bände umfassende Fachbibliothek zu erweitern. - Außer
dem Halbjahreskurs veranstaltet der Dozentenstab des Schulungszentrums kürzere
Kurse an ausgewählten Stellen Afrikas, um die Missionare mit einer einfachen
Wahrheit vertraut zu machen: Die Zeit der religiösen Amateursender ist vorbei.
Regierungs- und kommerzielle Rundfunkstationen übernehmen religiöse Sendungen
unter der einen, aber entscheidenden Bedingung: daß sie an Ort und Stelle und gut
produziert sind.                                           Benjamin Tanna (Rom)
Anmerkungen:
1. H. T. Maclin: Religious Broadcasting in Africa, in: „EVU Review", May 1966, p 55 f.
2. Die Anschrift: The Director, AACC Training Centre, P. 0. Box 14206, Nairobi.
3. Vgl. „Communicatio Socialis", 1. Jg. 1968, S. 58.
4. Der erste voll ausgebaute Kurs fand 1963 statt.
(English text of this article is available through the Rome editor of CS.)

             Katholische Rundfunkarbeit in Österreich

Die Jahre, die zur ersten Verwirklichung des äußerlich dünn geratenen und materiell
sicher gut gemeinten, aber in manchem etwas unrealistischen, wenn nicht gar unzeit-
gemäßen Konzilsdokuments über die Massenkommunikationsmittel zur Verfügung
standen, fallen in Österreich etwa mit jener Zeitspanne zusammen, in der eine
neue Ära des staatlich monopolisierten Rundfunks (Hörfunk und Fernsehen) anbrach.
Hinsichtlich der Verwirklichung der einschlägigen Konzilsbeschlüsse kann in diesem
Beitrag - der sich bei geringerer Berücksichtigung der anderen Massenmedien vor
allem mit dem katholischen Wirken in Hör- und Sehfunk zu befassen hat - zunächst
berichtet werden, daß die Konzilsforderung nach einer eigenen Stelle für Film,
Funk und Fernsehen in den einzelnen Ländern für Österreich bereits erfüllt ist.
Es wurde ein „Katholisches Zentrum für Film, Funk und Fernsehen" errichtet, das
der Bischofskonferenz direkt unterstellt ist und die Anliegen der Kirche hinsichtlich
dieser Massenmedien wahrnimmt und koordiniert. Für die einzelnen Massenkommu-
nikationsmittel gibt es dann noch nationale Spezialkommissionen, wozu in den
einzelnen Diözesen entsprechende diözesane Gremien kommen.
Die Stationen der Reform des staatlichen Rundfunks seien nur schlagwortartig ge-
nannt. Mit dem Ziel eines möglichst guten und modernen, dabei von Außenein-
flüssen - insbesondere seitens der politischen Parteien - unabhängigen Hörfunk-
und TV-Programms initiierten mehrere österreichische Zeitungen das erste „Volks-
begehren" in der Republik Österreich. Die Aktion wurde ein Erfolg. 832 000 Öster-
reicher unterstützten das Volksbegehren durch ihr Votum. Auf dieser Basis kam
es nach einigen politischen Wirrnissen zur Verabschiedung eines neuen Rundfunk-

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gesetzes durch das österreichische Parlament. Es folgte die Bestellung eines Aufsichts-
rates, in den satzungsgemäß auch ein Vertreter der Religionsgemeinschaften - im
konkreten Fall ein profilierter Laie aus der Katholischen Aktion - berufen wurde.
Nächster Schritt war die Bestellung eines praktisch völlig ungebundenen General-
intendanten, der sich nun seinerseits einen ihm geeignet erscheinenden Mitarbeiterstab
sicherte. Dem neuen Team gelang es nicht nur, die unpopuläre Maßnahme einer
zweifellos längst fälligen Gebührenerhöhung für die Hörfunkteilnehmer zu erwirken,
sondern auch das Programm in Hör- und Sehfunk auszuweiten und ihm ein neues
Gesicht zu geben.
Von dieser Umstellung, die im Herbst 1967 in Kraft trat, sind natürlich auch
kirchliche und religiöse Sendungen im engeren oder weiteren Sinn betroffen. Wenn
auch das Zusammenfallen der Rundfunkreform mit dem Beginn einer nachkonziliaren
katholischen Rundfunkarbeit selbstverständlich Zufall ist, so ergibt sich aus diesem
zeitlichen Zusammentreffen zweifellos eine große Chance für das Wirken von
Kirche und Katholiken im Rundfunk. - Bei der Behandlung des gegenständlichen
Themas wird man drei Aspekte trennen müssen: a) Kirche im Rundfunk, b) Katho-
liken im Rundfunk, c) Kirche und Katholiken gegenüber dem Rundfunk.

                                       Kirche im Rundfunk

Die Kirche als Institution hat seit jeher im österreichischen Rundfunk ihren fixen
Platz, der durch die Rundfunkreform sogar etwas ausgeweitet wurde. Konkret be-
deutet das, daß gewisse feste und regelmäßige Sendezeiten von den Abteilungen
„Kirchenfunk" in Hörfunk und Fernsehen nach einem bestimmten Programmschema
zu bestreiten sind.
Beginnen wir beim Fernsehen. Hier gibt es zunächst an jedem Sonntagabend im
1. Programm die Sendung „Christ in der Zeit", in der ein Geistlicher oder eine
Ordensfrau zu Wort kommen (fünf Minuten). An dieser Sendung hat sich die Rund-
funkreform bereits günstig ausgewirkt. War die Sendung früher in diesem Programm
nur in Abständen von 14 Tagen zu sehen, so ist sie es jetzt wöchentlich, war sie
früher auf einen hoffnungslos späten Abendtermin verbannt, so hat sie jetzt ihren
Platz in der besten Sendezeit, nämlich zwischen Abendnachrichten und Hauptpro-
gramm. Gerade durch den zeitlichen Bezug zur Nachrichtensendung sind die Akteure
von „Christ in der Zeit" in ihren Worten um eine enge Beziehung zum aktuellen
Tagesgeschehen bemüht. Die Sprecher der Sendung werden seit der Rundfunkreform
nicht mehr wie früher ständig ausgewechselt. Es sind vier ständig wiederkehrende
Personen: Gegenwärtig sind dies der sehr weltgewandte österreichische Caritaspräsi-
dent, ein Betriebsseelsorger, ein Militärseelsorger und eine im Schulwesen tätige
Ordensfrau. Im II. Fernsehprogramm, das für ein eher anspruchsvolles Minderheiten-
publikum gedacht ist, wird vom Kirchenfunk jeden zweiten Sonntag unter dem Titel
„Orientierung: Gespräch unter Christen" in Form eines Zwiegesprächs eine Art
kontinuierliche Glaubensschule (15 Minuten) ausgestrahlt. Einmal im Monat sendet
das Fernsehen im II. Programm eine jeweils halbstündige, informative Reportage
unter dem Sammeltitel „Kirche heute und morgen".
Im Hörfunk, dessen Zugkraft trotz einer Programmverbesserung infolge der immer
größeren Zahl von Fernsehteilnehmern wohl herabgemindert ist, steht für kirchliche
Sendungen naturgemäß viel mehr Zeitraum zur Verfügung. Es gibt eine tägliche
„Morgenbetrachtung" (fünf Minuten) und eine tägliche Abendsendung „Fünf Minu-

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ten Besinnung". Wöchentlich werden die Magazinsendung „Aktuelles aus der
Christenheit" (30 Minuten) und die Wochenübersicht „Nachrichten aus der christ-
lichen Welt" (zehn Minuten) ausgestrahlt. An jedem Sonntagvormittag ist eine
„Geistliche Stunde" (15 Minuten), eine Art Predigt, zu hören, woran sich die
Direktübertragung eines Gottesdienstes anschließt. Der Auseinandersetzung mit
moderner rhythmischer Musik in der Kirche sind die Sendungen „Gospel-Matinee"
und „Alte Hymnen - neue Lieder" (30 Minuten), gewidmet, die alternierend Sonntag-
früh in jenem Programm des österreichischen Hörfunks ausgestrahlt werden, das
zwanzig Stunden am Tag Musik sendet. Zweimal im Monat wird in der „Katho-
lischen Radioakademie" ein Vortrag (20 Minuten) geboten, ebenso oft werden
„Bücher in christlicher Schau" (15 Minuten) behandelt. Je einmal im Monat bietet
der Kirchenfunk unter dem Titel „Kirche nach dem Konzil" eine Forumsdiskussion
(20 Minuten) zu einem aktuellen Thema, je einmal im Monat strahlt er „Begegnung
im Gespräch - Kontakte zwischen Religionen und Ideologien" aus. Im Rahmen
der zeitkritischen Sendung „Die Zeit, in der wir leben" ist einmal monatlich die
öffentliche Diskussionssendung „Fragen an die Kirche" (30 Minuten) zu hören, die
etwa in Industriebetrieben, Jugendheimen oder ähnlichen Einrichtungen aufgezeich-
net wird.
Außerhalb dieses Programmschemas betreut der Kirchenfunk in Hörfunk und Fern-
sehen weitere Sendungen, die sich aus aktuellem Anlaß ergeben können, wobei etwa
die Übertragung bedeutsamer kirchlicher Ereignisse als Beispiel zu nennen ist. Erst
kürzlich konnte die Kirchenfunkabteilung im Fernsehen erstmals ein von ihr selbst
produziertes abendfüllendes Fernsehspiel ausstrahlen.
Zu erwähnen bleibt, daß im Rahmen des genannten Programmschemas auch den
in Osterreich vertretenen nichtkatholischen christlichen Glaubensgemeinschaften Rech-
nung getragen wird, wobei man keineswegs kleinlich ist: sechs bis sieben Prozent
der österreichischen Bevölkerung sind nichtkatholische Christen. Ihr Programmanteil
im Kirchenfunk liegt eher höher.
Soweit der Großteil des Programmschemas. Die Kirche in Osterreich hat immer
wieder betont, daß sie durch den Staat keine Bevorzugung und Protektion wünscht.
Was sie erwartet, ist eine faire Chance, ihre Stimme zu Gehör bringen zu können.
Der staatlich monopolisierte Rundfunk dieses Landes gibt ihr diese Chance. Die
aufgezeigten Programmöglichkeiten beweisen es. Aber man muß sich hüten, in der
Erreichung dieser Programmzeiten bereits das Ziel oder - sagen wir es kämpferisch
- die eroberte Bastion zu sehen. Denn in der modernen pluralistischen Gesellschaft
gilt es nicht, Bastionen zu gewinnen. Es gilt zu überzeugen. Somit können die
erreichten Programmzeiten eben immer nur als Ausgangsposition oder als faire
Chance angesehen werden. Wie diese Chance genützt wird, hängt von der Gestal-
tung dieser Sendungen, beziehungsweise vorerst noch von jenen Personen ab, die
für diese Gestaltung verantwortlich zeichnen.
Bleiben wir bei den Personen. Daß sie als verantwortliche Gestalter von Hörfunk-
und TV-Sendungen Angestellte des Rundfunks sein müssen, ist klar. Ebenso klar ist
aber, daß der Rundfunk für diese Sendungen nicht Leute engagieren kann, die
sich nicht auf das Vertrauen der Kirche stützen können. In diesem Punkt sind in
Osterreich zufriedenstellende Ergebnisse erzielt. Gefährlich wäre es aber, wenn die
Kirche eigenmächtig in den öffentlichen Rundfunk zur Wahrung ihrer Anliegen
Leute delegieren würde, die zwar weltanschaulich gesichert wären, vom massen-
medien-fachlichen Standpunkt aus aber nicht die erforderlichen hohen Qualitäten
mitbrächten. Denn damit wäre die gebotene Chance vertan. Die konkrete Forderung

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kann hier nur lauten: Die Kirche möge - auch unter finanziellen Opfern - für die
Schulung eines geeigneten Nachwuchses sorgen.
Die Sendungen mit religiösen Themen müssen sich in die gesamte Programmstruktur
einfügen. Denn eine Sendung, die nicht als einfacher Programmteil, sondern als eine
Art „Reklamesendung für die Kirche" von vornherein abgestempelt ist, verliert
an Wirkung, bevor die erste Sendeminute verstrichen ist. Also auch hier: Die Sen-
dungen müssen jenen journalistischen, akustischen und optischen Anforderungen ge-
recht werden, die das Publikum mit Recht auch von „normalen" Sendungen erwartet.
Auch in diesem Punkt - also von den „Reklamesendungen" wegzukommen -
wurden in Österreich Fortschritte erzielt.
Denn bei alldem darf man ja nicht vergessen, daß es bei allen religiösen Hörfunk-
und TV-Sendungen niemals darum gehen kann, jene 15, 20 oder auch 40 Prozent
des Publikums anzusprechen, die dank ihres praktizierten Glaubens und ihrer
kirchlichen Aktivität ohnehin seelsorglich überfüttert werden, sondern daß es gilt,
an jene heranzukommen, für die der Radioapparat oder der Bildschirm vielleicht
die einzige Kontaktstelle zur Kirche darstellen.
Erste Voraussetzung dafür ist es, das Publikum zum „Hinhören" zu bringen, das
heißt also, die Sendungen in einer massenmediengerechten Form zu präsentieren, die
das Publikum anlockt. Die zweite Forderung ist das Verlangen nach dem „Ver-
standenwerden". Dazu ist es notwendig, mit dem Publikum in einer Sprache zu
sprechen, die es auch verstehen kann. Man muß endlich davon loskommen, in den
Rundfunksendungen eine klerikale Sprache zu benützen, oder eine Sprache, in der
sich eine Funktionärsschicht aus dem Laienstand festgefahren hat. Denn eine solche
Sprache wird höchstens von 20 Prozent jener ohnehin nur 20 Prozent praktizierender
Katholiken verstanden. Hat man die Ziele „Hören und Verstehen" erreicht, so geht
es um das letzte Ziel: „Nachdenken". Nicht Predigen und Moralisieren kann das
Ziel all dieser Sendungen sein, sondern höchste und wirkungsvollste Aufgabe ist
es, die Menschen zum Nachdenken zu bringen.
Die Erreichung dieser Ziele erfordert - wie gesagt - fachlich und weltanschaulich
erprobte Mitarbeiter. In Österreich werden diese Mitarbeiter von den bereits ge-
nannten diözesanen und nationalen - also dem Bischof beziehungsweise der Bischofs-
 konferenz unterstellten - Spezialkommissionen für die Massenmedien beraten.
 Gleichzeitig aber dürfen sie niemals ein direkter verlängerter Arm oder gar ein
 Druckmittel der Kirche sein. Denn - wie es die Vorbereitungskommission der
 Wiener Diözesansynode für die Massenmedien formuliert: „Der Katholik muß als
 Publizist ohne jede Reglementierung und Manipulierung in Freiheit und eigener
 Verantwortung arbeiten."

                                 Katholiken im Rundfunk

Das Informationsbedürfnis aus dem kirchlichen Bereich ist mit den aufgezeigten
kirchlichen Sendungen selbstverständlich nicht erschöpft. Es geht nämlich darüber
hinaus in erster Linie darum, auch in „neutralen" Informations- und Kommentar-
sendungen möglichst sachlich über Ereignisse im kirchlichen Bereich zu berichten.
Trotz aller Bemühungen ist es nicht zu leugnen: Wenige Minuten Sendezeit, die in
einer hochaktuellen „neutralen" Informationssendung über kirchliche Angelegen-
heiten ausgestrahlt werden, hinterlassen beim Publikum wahrscheinlich einen
größeren Eindruck, als eine Stunde Sendezeit, die den Stempel „Kirche" trägt,
und wenn man noch so sehr um die Vermeidung des Eindrucks einer „Reklame-

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sendung" bemüht ist. Um aber sachliche und geeignete Informationen und Kommen-
tare über kirchliche Ereignisse in „neutralen" Sendungen unterzubringen, ist es
eben notwendig, verantwortungsbewußte und selbständig arbeitende Katholiken in
jeder einzelnen, also auch „neutralen", Fachabteilung von Hörfunk und Fernsehen
sitzen zu wissen (dasselbe gilt für die Presse). Nicht als Spione, nicht als Agenten,
sondern als tüchtige Mitarbeiter, die bewußte Katholiken sind. Auch für diesen
Sektor gilt die Forderung, von katholischer Seite möge die Heranziehung eines
geeigneten fachlich versierten Nachwuchses für alle Bereiche von Hörfunk und Fern-
sehen lanciert werden.

                Kirche und Katholiken gegenüber dem Rundfunk

Gewiß haben jene, die direkt oder indirekt für den Rundfunk arbeiten, die verant-
wortungsvollste Aufgabe. In der Mehrzahl aber sind jene, die dem Hörfunk und
Fernsehen als Publikum gegenüberstehen. In dem genannten Vorbereitungsdokument
zur Wiener Diözesansynode heißt es zum Beispiel: „ ... Wird auch der Katholik als
Konsument der sozialen Kommunikationsmittel in Zukunft stärker als bisher ohne
kirchliche Weisung, sich selbst, der Familie und der Gemeinschaft gegenüber verant-
wortlich, die kritische, nach bestem Wissen und Gewissen richtige Auswahl dessen
treffen müssen, was er liest, hört und sieht und durch sein Geld unterstützt." Aus
diesem Satz allein zeigt sich, daß - im Hinblick auf die oft zitierte Mündigkeit
des Laien - jene Zeit vorbei ist, in der der Katholik das ansieht und anhört, was
ihm die Kirche offiziell rät, und das nicht ansieht und anhört, was ihm die Kirche
verbietet. Die Zeit der Indices ist vorbei. Das eigene Gewissen hat zu entscheiden.
Daß dieses Gewissen geschärft und damit erzogen werden muß, liegt auf der Hand.
In Österreich hat das „Katholische Zentrum für Film, Funk und Fernsehen" zu
diesem Zweck und als eine Art Ratgeber einen wöchentlichen Fernsehdienst heraus-
gebracht, der verschiedentlich von diözesanen Kirchenblättern abgedruckt oder in
Ffarren angeschlagen wird. Es soll dies - wie gesagt - ein Ratgeber und keine
Gebots- oder Verbotstafel sein. Problematisch bleibt (ebenso wie bei katholischen
Filmdiensten) die hierzulande übliche Taxierung von Sendungen nach ihrer Eignung
für bestimmte Altersstufen, die allzuleicht in eine Art „Notengeben" ausartet, wie
es in Schulzeugnissen üblich ist.
Denn auch in einem Land, dessen Bevölkerung zu einer erdrückenden Mehrheit
katholisch getauft ist, muß man zur Kenntnis nehmen, daß Hörfunk und Fernsehen
keine moralischen Anstalten sind. Sie dienen der Information, der Bildung und der
Unterhaltung und haben dabei lediglich allgemeine ethische Normen zu wahren.
Darüber wird man sich auch im katholischen Bereich endlich klar werden müssen.
Ihre warnende Stimme wird die Kirche daher nur dann zu erheben haben, wenn
diese allgemein von der Gesellschaft anerkannte ethische Norm verletzt wird. Die
Beurteilung in der Konsumation von Hörfunk- und Fernsehsendungen ist vielleicht
nicht minder schwierig als deren Gestaltung. Auch hier wird man kirchlicherseits gut
daran tun, eine Schulungstätigkeit nicht zu versäumen.
Besonders das Fernsehen ist in Mitteleuropa noch zu jung, um von allen seinen Seiten
als abgeschlossenes Kapitel betrachtet zu werden, am wenigsten von kirchlicher Seite.
Gerade aber dieses Fernsehen bietet neben anderen Massenmedien dem Apostolat der
Kirche die vielleicht größte Chance seit Jahrhunderten. Es bleibt zu hoffen, daß
diese Tatsache auch von jenen erkannt wird, die als Hirten die Herde in eine neue
Zeit führen müssen.                                            Klaus Musyl (Wien)

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Mediengeprägte „Rundfunktheologie"

Am 16. und 17. Januar 1968 fand in Freiburg i. Br. eine Arbeitstagung im kleinen
Kreis statt, zu der die Kirchlichen Hauptstellen für Katholische Rundfunk- und
Fernseharbeit aus Anlaß ihrer regelmäßigen Direktoriumssitzungen eingeladen hatten.
Die Tagung stand unter dem Thema „Theologie im Rundfunk".
Der Gegenstand war aus zwei Gründen aktuell geworden, die sich in dieser beson-
deren Konstellation wohl nur in der Bundesrepublik Deutschland vorfinden. Hier
nämlich kommt zu dem allgemeinen Interesse an Fragen des Glaubens, die - aus
welchen Motiven immer - weite Kreise heute beschäftigen, die Tatsache hinzu,
daß alle Rundfunkanstalten eigene, mehr oder minder selbständige Kirchenfunk-
abteilungen besitzen, deren leitende Redakteure als Laien katholischen oder evan-
gelischen Bekenntnisses in persönlicher Verantwortung Programme gestalten, die
religiös-weltanschauliche oder auch eigentlich theologische Fragen behandeln. Wäh-
rend für die rein gottesdienstlichen, „kircheneigenen" Sendungen mit Verkündigungs-
charakter (Meßübertragungen, Morgenfeiern und Andachten) die kirchlichen Beauf-
tragten allein zuständig sind, kommt ihnen für das restliche Programm des Kirchen-
funks nur eine beratende Funktion zu, die von den Leitern der Kirchenfunkabtei-
lung in Anspruch genommen werden kann, aber nicht muß. Das könnte zu Unzu-
träglichkeiten führen und hat auch gelegentlich dazu geführt. Jedoch ist im ganzen
zu sagen, daß die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Funk reibungslos und
harmonisch vonstatten zu gehen pflegt. In den Verfassungen der bundesdeutschen
Rundfunkanstalten ist das Mitspracherecht der Kirchen, das als Forderung vom
Konzilsdekret über die publizistischen Mittel erhoben wird, seit eh und je fest
verankert gewesen, so daß von daher keine Spannungen zu befürchten sind.
Dennoch sind in letzter Zeit nicht wenige Fragen aufgetaucht, die einerseits mit dem
spezifisch journalistischen Medium Funk, andererseits mit der durch das Konzil
wachgewordenen Experimentierfreudigkeit der modernen Theologen zusammenhän-
gen. Es ist einleuchtend, daß das Medium Funk, der Information über das jeweils
Neueste vom Wesen her zugeordnet, sich dieser Art von Theologie gegenüber beson-
ders anbot. Nun hat die Kirche, anders als bei Buch- und Zeitschriftenerzeugung,
den Funk niemals ihrer Lehrzucht zu unterwerfen versucht. Die Zeiten für solche
Versuche waren bereits vorbei, als dieses Medium ins Leben trat. Aber sie hat auch
nur selten Theologen, die sich dieses Mediums bedienten, jenen Bestimmungen unter-
worfen, die sie noch immer für die Veröffentlichung von Druckwerken aufrecht
zu erhalten für gut befindet.
So konnte eine latente Spannung zwischen Lehramt und „Rundfunktheologie" ent-
stehen, die sich bisher keineswegs dramatisch entladen hat, aber in etwa klima-
bestimmend ist und darum sorgfältiger Beachtung bedarf. Dem sollte die Freiburger
Arbeitstagung dienen, der neben den Vertretern der Kirche die Redakteure des
Kirchenfunks und die Verantwortlichen für religiöse Fernsehsendungen aus den
verschiedenen Funkhäusern beiwohnten. In zwei Referaten und einer Podiumsdis-
kussion wurden die Hauptfragen wenigstens umrissen und das Gelände für eine
spätere Vertiefung freigelegt. Ein Empfang durch den Intendanten des Südwestfunks
(Baden-Baden), Helmut Hammerschmidt, zu dem auch der Erzbischof von Freiburg
erschien, bot Gelegenheit zur Aussprache in kleineren Gruppen.
Prof. Dr. Eugen Biser, Heidelberg-Passau, entwickelte in einem großangelegten Auf-
riß, was es mit dem Phänomen „Radiotheologie" auf sich habe. Dieses zunächst

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wohl absprechend und abwertend gemeinte Wort habe einen durchaus ernstzu-
nehmenden und bedeutungsvollen Inhalt, den es freilich nicht zuletzt eben dem
Medium verdanke, dessen es sich bedient. Dieses Medium verlange, „weltlich von
Gott zu reden", nach einem Wort von Hans ] ürgen Schultz. Es stilisiere die Aussage
zur Information. Ihm sei etwa eine „Funkuniversität" nicht eigentlich entsprechend,
da es nicht geeignet sei, große Denksysteme und enzyklopädisches Wissen zu ver-
mitteln. Die Radiotheologie sei gekennzeichnet durch den Übergang vom Referat
zur Interpretation, zur Stellungnahme und zur Kritik. Das bedeute zugleich in
gewissem Sinne eine Emanzipation vom Lehramt, ein wachsendes Interesse an Rand-
und Krisenerscheinungen der Kirchengeschichte, an Fragwürdigkeiten der herkömm-
lichen sittlichen Grundhaltungen. Andererseits finde die Radiotheologie gerade auf
den von der Katheder- und Kanzeltheologie bisher kaum bearbeiteten Gebieten
ein eigenes Wirkungsfeld, etwa im Bereich der ökumenischen Theologie oder der in
der modernen Gesellschaft aufkommenden sozialen, pastoralen und moraltheolo-
gischen Fragen. Dabei handle es sich kaum je um Systematik, vielmehr um Apho-
ristik in einer zeitnahen, zugespitzt und brillant formulierenden Sprache, die sich
natürlich auch nicht scheut, sogenannte „heiße Eisen" anzupacken (Zölibat, Mischehe,
Geburtenkontrolle, Vietnamkrieg etc.). Hier gelange man freilich auch an den Punkt,
wo sich gelegentlich Töne des Ressentiments vernehmen ließen und die Gefahr
bestünde, den Rubikon zu überschreiten, jenseits dessen der Begriff „Kirchen-Funk"
seinen hergebrachten Sinn zu verlieren drohe.
Im ganzen zeichne sich deutlich ein wachsendes Eigenbewußtsein von Wert und
Funktion der Rundfunktheologie ab, die sich gern als „Theologia publica" (H. ].
Schultz) bezeichnet und als Theologie einer weltlichen Welt versteht. Diese Gesamt-
tendenz bestimme die gelegentlich etwas einseitige Auswahl der Autoren, die zu
Haustheologen bestimmter Observanz werden könnten. Es sei aber zuzugeben, daß
jede Theologie dem ihr je zugeordneten Medium entstamme, die frühere der Kanzel,
dem Katheder und dem Buch, die heutige und zukünftige dem elektronischen Medium
von Hörfunk und Fernsehen. Das bestimme auch die Inhalte, also für die Rundfunk-
theologie vor allem kritische Versuche, Vorstöße in Neuland, Entwürfe zu einer
Theologie der weltlichen Wirklichkeiten und religiöser Grenzproblematik. Diesen
Neuheitscharakter gelte es zu sehen und - wenn auch nicht ganz ohne Reserven -
zu bejahen. So nehme die Theologie der deutschen Kirchenfunkredaktionen etwa
auf dem Gebiet des ökumenismus die Kirchengeschichte bereits vorweg, wenn Sach-
bearbeiter der einen Konfession gelegentlich Themen und Autoren der anderen
Konfession bestimmen. Auch insofern die Rundfunktheologie weithin eine Form der
Laientheologie sei, sei Zukunft bereits Gegenwart. Dabei dürfe aber die Gefahr
einer bewußten oder gar feindseligen Distanz zum Lehramt nicht übersehen werden.
Gerade darum müsse jedoch alles getan werden, dieser Gefahr zu begegnen, etwaiges
Mißtrauen abzubauen und gegenseitiges Vertrauen zu fördern. Alles in allem sei zu
sagen: Gäbe es die Rundfunktheologie nicht, so müßte sie unverzüglich geschaffen
werden.
Für den Kirchenfunk sprach der Leiter der Hauptabteilung Kultur beim West-
deutschen Rundfunk, Dr. Heinz Linnerz, zum gleichen Thema. Statt von Theologie
sei eher von Verkündigung zu sprechen, wobei nie vergessen werden dürfe, daß man
sich ständig im Spannungsfeld zwischen dem Credo einer religiösen Gemeinde und
der pluralistischen Gesellschaft befände. Unbestritten sei der Anspruch der Kirchen
als Elemente der Gesellschaft auf angemessene Sendezeiten. ] edoch sei die Illusion
zu vermeiden, vor dem Mikrophon versammle sich „Gemeinde". Vielmehr verbinde

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das Medium mit der Offentlichkeit, und damit sei auch die Aussage der Kirche im
Funk eine „Teilnahme am Zeitgespräch der Gesellschaft" (Walter Dirks). Damit
ergäben sich neue Möglichkeiten der Verkündigung durch Information. Es müsse
von Gott und Christus im Rundfunk gesprochen werden, aber nicht in „Kirchen-
sprache". Vielmehr müsse „Welt" nach- und hereingeholt werden. Eine neue Sprache
der Mitteilbarkeit der christlichen Botschaft sei im Kommen; sie habe zugleich
Offentlichkeitscharakter und Intimwert. Es gebe keinen Zweifel, daß die amtliche
Kirche gegen eine Radiotheologie, die als „Kirchenfunkideologie" gedeutet würde,
ihre Vorbehalte habe. Jedoch sei Aufklärung, Aggressivität gegen das Etablierte und
die Etablierten, kurz: Kritik durchaus mediumgemäß und bedeute, innerhalb der
Grenzen gebotener Sachlichkeit, das Gegengift zur Gefahr einer „christlichen Sonn-
tagsschule", zu der die Rundfunkhörer nun einmal nicht zu rechnen sind, da sie
vielmehr durch „Theologie", d. h. durch ein Sprechen von Gott her zur Welt,
erobert werden sollen.
Das anschließende Podiumsgespräch bot Gelegenheit zur Vertiefung der aufgewor-
fenen Fragen, ohne daß man zu verbindlichen Lösungen gelangt wäre. Das konnte
freilich auch nicht die Absicht einer solchen Tagung sein, die eher einer Inventa-
risierung der vorhandenen Probleme galt. Der anwesende evangelische Vertreter
bestätigte die relative A.hnlichkeit der Lage im Raum seiner Kirche, wo man die
gleichen Fragen diskutiere, - ein Beweis mehr, wie sehr die „publizitäre Gesell-
schaft" auch von der Gemeinsamkeit der Fragestellungen her zu einem ökumenischen
Miteinander herausgefordert ist.
                                                           Paulus Gordan (Beuron)

         Der Fall Renner im Spiegel seiner Publizität

Die Umstände der plötzlichen Beurlaubung des Chefredakteurs der Berliner Kirchen-
zeitung „Petrusblatt", Pfarrer Günter Renner, durch Generalvikar Walter Adolph
sind weit über den Raum der Berliner Kirche hinaus beachtet, kommentiert und
kritisiert worden. Der „Fall Renner" berührt nach Ansicht der internen „Mittei-
lungen"1 der Arbeitsgemeinschaft Kirchliche Presse e. V. „grundsätzliche Fragen
des Verhältnisses einer Bistumsblatt-Redaktion zum kirchenamtlichen Herausgeber,
aber auch die Anwendung des von uns in eingehenden Beratungen erarbeiteten Be-
griffes von der Aufgabenstellung der Bistumszeitung als eines Kommunikations-
instrumentes und publizistischen Dialogforums aller Glieder einer Bistumsgemeinde
und des ,Rechtes auf Information' über das, was in der Kirche geschieht". -
Wegen der durch ihn aufgeworfenen Grundsatz-Fragen ist die Diskussion des
„Falles Renner" bei Redaktionsschluß der vorliegenden Ausgabe von „Communi-
catio Socialis" noch nicht abgeschlossen. Dieser Bericht wird sich daher auf eine
chronologisch2 geordnete Material-Zusammenstellung von Agentur- und Pressever-
öffentlichungen beschränken, die aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben
kann.
11. Januar: In der Vertreterversammlung des Gesamtverbandes der Kirchengemein-
den West-Berlins legt der zweite Ausschußvorsitzende, Bürgermeister a. D. Franz
Amrehn, sein Amt in Gegenwart von Bischof und Generalvikar nieder. Amrehn
will die neue, von Kardinal Alfred Bengsch erlassene Kirchensteuerordnung für

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West-Berlin, die u. a. dem Gesamtverband die wichtige Aufgabe der Festsetzung
und Kontrolle der Kirchensteuer entzieht, nicht akzeptieren.
15. Januar: Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) verbreitet über Fernschrei··
her eine Meldung, die sich mit der Sitzung des Gesamtverbandes befaßt und über
Amrehns Äußerungen berichtet. Gleichzeitig berichtet die Deutsche Presse-Agentur
über Meinungsverschiedenheiten zwischen Ordinariat und Gesamtverband und teilt
Amrehns Rücktritt mit.
16. Januar: Mehrere Berliner Zeitungen melden meist kurz den Vorgang und stellen
vor allem den Rücktritt Amrehns heraus, der in der Öffentlichkeit als Berliner
CDU-Vorsitzender und Oppositionsführer sehr bekannt ist.
16. Januar: Generalvikar Adolph droht der Berliner KNA-Redaktion Kündigung
der dem Morus-Verlag gehörenden Redaktionsräume an, weil sie über den Fall
Kirchensteuer berichtet hat. 3 In einem Telefongespräch mit dem Leiter der Redaktion
erklärt Adolph, er werde sich bei der Deutschen Bischofskonferenz für eine Auf-
lösung der Berliner KNA-Redaktion einsetzen.
2. Februar: Die Ausgabe des Petrusblattes für Sonntag, den 4. Februar, bringt unter
der Oberschrift „Nur Zustimmung?" einen Leserbrief4 (unterzeichnet: J. Kloppen-
borg, Berlin 37), der sich mit den Vorgängen um die neue Kirchensteuer-Ordnung
beschäftigt. „In der Ausgabe vom 21. 1. 1968 wird auf Seite 1 [des Petrusblattes
d. Red.] ausführlich eine Erklärung des Bischöflichen Ordinariats zur Einführung
der neuen Kirchensteuerordnung in West-Berlin wiedergegeben. Anschließend wird
in drei Sätzen über die letzte Sitzung der Vertreterversammlung des Gesamtverban-
des der katholischen Kirchengemeinden berichtet. Mit keinem Wort ist allerdings
dort davon die Rede, daß auf dieser Sitzung der bisherige stellvertretende Vorsit-
zende des Gesamtverbandes, Bürgermeister a. D. Franz Amrehn, aus Protest gegen
die neue Regelung nach achtzehn jähriger Tätigkeit sein Amt niedergelegt hat."
Der Leser fragt: „Wurde die Nachricht für unwichtig angesehen? ... Oder war die
Information unerwünscht?"
5. Februar: Die „Katholische Nachrichtenagentur" (KNA) meldet5 : „Der Redakteur
der katholischen Kirchenzeitung für West-Berlin, Pfarrer Günter Renner, ist über-
raschend beurlaubt worden. Unmittelbarer Anlaß dafür war nach Renners Angaben
ein in der ersten Februar-Ausgabe des Petrusblattes veröffentlichter Leserbrief, der
sich ... kritisch mit der Informationspolitik des Blattes im Zusammenhang mit der
Kirchensteuer-Neuregelung in West-Berlin befaßte. Die Pressestelle des Bischöflichen
Ordinariates Berlin gab zur Beurlaubung Pfarrer Renners am Montagabend, 5. Fe-
bruar, folgende Stellungnahme ab: ,Generalvikar Walter Adolph hat den Redakteur
des Petrusblattes, Pfarrer Günter Renner, beurlaubt, weil er den einem Diözesanblatt
gestellten Aufgaben nicht gerecht wurde.' Die Gespräche über diese Aufgaben
zwischen dem Generalvikar und Pfarrer Renner liefen seit mehr als Jahresfrist.
Weiter heißt es in der Ordinariatserklärung: ,Die unterschiedlichen Auffassungen
bezogen sich unter anderem auf Fragen der zeitgemäßen Glaubensverkündigung,
auf kirchenpolitische Fragen und Fragen der Zeitgeschichte'."
7. Februar: Der Katholiken-Ausschuß Berlins befaßt sich in einer turnusmäßigen
Sitzung mit dem „Fall Renner", stellt sich hinter den Redakteur und fordert in
einem Brief an Kardinal Bengsch seine Rehabilitierung. 6 In dem vom 7. Februar
datierten und von zwölf Westberliner katholischen Vereinigungen 7 unterzeichneten
Schreiben heißt es, die „mehr denn je erforderliche Mitarbeit der Laien in der
Kirche" könne nur auf der Grundlage „umfassender und zutreffender Unterrichtung
über die Vorgänge und Ereignisse in der Kirche" stattfinden. „Einseitige Bericht-

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erstattung, Maßregelung eines Redakteurs und öffentliche Unfähigkeitsatteste"
dürften dem Wohl der Kirche sicher abträglich sein. Das Schreiben schließt mit der
Erwartung, daß künftig der innerkirchliche Dialog „nicht beeinträchtigt, sondern
gefördert" werde und daß sich „diese Offenheit auch in der Gestaltung unserer
Bistumsblätter widerspiegeln wird."
8. Februar: Erzbischof Bengsch werde jetzt in letzter Instanz zu entscheiden haben,
meint die „Berliner Morgenpost" in einem Leitartikel von Donnerstag, dem
8. Februar9 , ob im Bistum Berlin unterhalb der dogmatischen Ebene verschiedene
Meinungen vorgetragen und diskutiert werden könnten. „Die wünschenswerte
Rehabilitierung Pfarrer Renners oder seine Entfernung aus der Redaktion des
Petrusblattes, die nicht nur im Kirchenvolk tiefe und ärgerliche Spuren hinterlassen
würde, werden uns über die bischöfliche Entscheidung aufklären." Das Unterdrücken
von Nachrichten und die rigorose Maßregelung unbequemer Köpfe nennt das Blatt
„wenig kirchendienstlich".
9. Februar: In der Ausgabe der „Kirchenzeitung für das Bistum Hildesheim" zum
Sonntag, dem 11. Februar9 , fordert Redakteur Pfarrer Winfried Henze, dessen
Zeitung in enger Zusammenarbeit mit dem Petrusblatt Nachrichten und Artikel
austauscht, nachdrücklich die Rückkehr Renners in die Redaktion und bittet den
Berliner Generalvikar, seine Entscheidung zu überprüfen. Ein peinlicher Fall sei
eingetreten, schreibt Henze. „Ein Redakteur wird beurlaubt, weil er einen Leserbrief
zuließ, der dem bischöflichen Ordinariat nicht gefiel. Eine Kirchenzeitung, das ist
nun wohl oft genug gesagt worden, soll Vielfalt der Meinungen im katholischen
Bereich widerspiegeln und zuve&issig informieren. Sie ist kein Hausblatt einer
bischöflichen Behörde. Das hat das Münchener Erzbischöfliche Ordinariat erst kürz-
lich ausdrücklich bestätigt, als die Münchener Kirchenzeitung ihm in einer schul-
politischen Frage widersprochen hatte." Pfarrer Renners Arbeit habe allen Fach-
genossen Achtung abgenötigt. „Es wäre ein schwerer Schlag für das Ansehen und
die Glaubwürdigkeit der Kirchenpresse," betont Henze, „wenn er wirklich gehen
müßte. - Generalvikar Adolph ist nicht irgendwer. Er ist bekannt als der mutige
und unermüdliche Vorkämpfer für die Freiheit der katholischen Presse während der
Nazizeit. Wir äußern die Hoffnung, daß er um dieser Kirchenpresse willen seinen
Schritt zurücknimmt und der Redaktion des Petrusblattes jenen Spielraum gewährt,
den sie braucht, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Mag die Kirchensteuerordnung
auch eine höchst wichtige Sache sein - das Ansehen der Kirchenpresse ist es nicht
minder."
9. Februar: Das Petrusblatt macht in seiner Ausgabe zu Sonntag, den 11. Februar10,
mit einer Notiz auf Renners Beurlaubung aufmerksam: „Generalvikar Walter
Adolph hat Pfarrer Günter Renner beurlaubt. Der Grund dafür waren grundsätz-
liche Meinungsverschiedenheiten über Zielsetzung und Aufgabe des Petrusblattes,
über die der Generalvikar mit Pfarrer Renner seit mehr als Jahresfrist eingehende
Gespräche geführt hat. Mit der Wahrnehmung der redaktionellen Aufgaben wurde
Pfarrer Wolfgang Knauft kommissarisch beauftragt." - In einem Kommentar
unter der Überschrift „In eigener Sache" wird auf Seite 1 der Vorrang der Ver-
kündigung vor Diskussion und Auseinandersetzung in der Bistumszeitung heraus-
gestellt. Es heißt u. a.: „Das Petrusblatt wird gewiß zuerst für seine Leser gemacht,
die es an der Kirchtür oder am Zeitungskiosk kaufen. Sie erwarten das Wort aus
dem Glauben, die Information aus der Weltkirche und die Information über das
Geschehen im katholischen Berlin. Aber das Petrusblatt kann nicht nur mit den
Augen der Leser gesehen werden. Es wird in der Öffentlichkeit als Sprachrohr des

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Bistums gewertet. Es gibt nämlich kein anderes Sprachrohr des Bistums. Jeder Re-
dakteur muß mit der Schwierigkeit fertig werden, daß sein Blatt immer wieder
offiziös genommen wird. Das kann Freiheit einschränken, aber auch Wirkung
erhöhen. Man darf sich auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein großer Teil
der Leser selbst das Blatt kaum anders ansieht. Sie erwarten die Stimme der Orien-
tierung, die von der geistlichen Führung des Bistums herkommt. Das gilt vor allem
für jenen Teil des Blattes, der der Glaubensverkündigung dient. Hier erwarten
sehr viele das Verläßliche, die Orientierung. Dagegen erwartet ein anderer Teil der
Leserschaft Diskussion, Pluralität der Meinungen und Vielfalt der Antworten. Der
Ausgleich zwischen diesen beiden Leservorstellungen ist sehr schwer. Es ist richtig,
daß in dieser Zeit simplifizierte Antworten nicht zum Ziel führen, die Unterschei-
dung der Geister geübt werden muß. Aber doch wird Verkündigung Vorrang vor
Kritik und Auseinandersetzung haben."
10. Februar: Die Vollversammlung der Charlottenburger katholischen Schule für
Sozialarbeit („Helene-Weber-Schule") fordert in einer Resolution die Rückkehr
Pfarrer Renners.11
11. Februar: Vor einer Reihe von Berliner Kirchen werden an diesem Sonntag
Unterschriften gesammelt, die als Voten für die Rückkehr Renners in die Redaktion
vorgesehen sind.12 Plakate vor den Kirchtüren fordern offene Information über
die Vorgänge, die zur Beurlaubung des Redakteurs geführt haben.
15. Februar: Chefredakteur Dr. P. P. Pauquet, stellvertretender Vorsitzender und
Sprecher der Redakteure der Arbeitsgemeinschaft Kirchliche Presse, schreibt in einem
Kommentar in der „Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln" 13 , nachdem er die
Vorgänge um die Beurlaubung Renners geschildert hat: „Wir kennen die inneren
Gründe nicht, die in unserem Fall zur ,Beurlaubung' geführt haben. ,Weil er (der
Redakteur) den einem Diözesanblatt gestellten Aufgaben nicht gerecht wurde' kann
aber auf keinen Fall heißen, daß Renner redaktionell-fachlich versagt habe. Da-
gegen spricht seine allen Lesern Woche für Woche sichtbar gewordene Leistung.
Nehmen wir also an, es gab schwerwiegende Gründe dafür, daß sich der Heraus-
geber von seinem Redakteur trennte (ein Vorgang, der immer wieder in allen
Publikationsmitteln jedweder Sorte vorkommt), dann scheint uns doch die Art und
Weise der Trennung bedenklich - zumal bei einem Mann wie dem Berliner General-
vikar, der sich im Dritten Reich so unerschrocken für die Pressefreiheit gegenüber
den Nazi-Diktatoren eingesetzt hat. Wir halten es aber auch für das gute Recht
eines Redakteurs, daß er, seinem Gewissen folgend, wenigstens durch einen Leser-
brief die Vielfalt der Meinungen innerhalb seiner Kirche andeutet . . . Hier liegt
offenbar eines jener Details vor, in denen zwar nicht der Teufel, aber doch Spreng-
stoff gegen das ,brüderliche Verhalten' innerhalb der Kirche steckt. Sollten aber
keine wesentlicheren Gründe für eine ,Beurlaubung' vorliegen wie der einer redak-
tionellen Gewissensfreiheit, die sich im Abdruck des Leserbriefes manifestiert hat,
dann - so meine ich - müßte der Bischof von Berlin nicht nur um der Brüder-
lichkeit, sondern auch um der Glaubwürdigkeit der kirchlichen Presse und der
Kirche überhaupt willen seinen Redakteur zurückholen."
15. Februar: Nach Ansicht der „Münchener Katholischen Kirchenzeitung" 14 ist die
gesamte Kirchenpresse von dem Vorgang um das Berliner Petrusblatt zutiefst berührt.
Die Zeitung rechnet mit „heftigen Auseinandersetzungen". Sobald die Vorkomm-
nisse in Berlin abgeschlossen und vollkommen überschaubar seien, werde die Kirchen-
zeitung einen abschließenden Kommentar geben. Gegenwärtig sei die Möglichkeit
offen, daß eine tragbare Lösung in Berlin gefunden werde.

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15. Februar: "Der bisherige Redakteur des Petrusblattes, Pfarrer Günter Renner,
wird nicht mehr auf seinen Posten in der Kirchenzeitung zurückkehren", berichtet
KNA1 5 in einer Meldung über eine Presseverlautbarung des Bischöflichen Ordina-
riates Berlin vom Mittwochabend, 14. Februar, die in Form eines Offenen Briefes
von Kardinal Alfred Bengsch an Renner abgefaßt ist. Der Bischof dankt Renner
dafür, daß er seine Bereitschaft erklärt habe, im Anschluß an einen dreimonatigen
Urlaub "eine selbständige Aufgabe in der Pfarrseelsorge zu übernehmen". Gleich-
zeitig kündigt der Kardinal an, er werde einen "Vertrauenspriester" beauftragen,
entsprechend Renners Vorstellungen einen Arbeitsausschuß zu bilden, "der nach
Anhörung von Priestern und Laien Vorschläge für die Gestaltung des Petrusblattes
erarbeiten soll". In Übereinstimmung mit seinem Generalvikar bedaure er, erklärt
der Bischof, daß die Veröffentlichung der Pressestelle des Ordinariats vom 5. Februar
so interpretiert worden sei, als stelle sie "eine persönliche Diffamierung" für Renner
dar. Dies sei nicht beabsichtigt gewesen und könne auch "dem genauen Wortlaut
des Textes nicht entnommen werden". Der Kardinal geht dann auf die Problematik
der Bistumszeitung ein und stellt fest, hier könnten Meinungsverschiedenheiten ent-
stehen, die "im Hinblick auf die gedeihliche Weiterführung des Blattes im Augen-
blick unüberbrückbar sind". Gleichzeitig lobt Bengsch den „Eifer", mit dem Renner
seine Aufgabe als Redakteur des Petrusblattes erfüllt habe. Unter seiner Leitung
habe sich "das äußere Bild des Blattes sehr vorteilhaft verändert". PEarrer Renner
habe "innerhalb der recht eng gesteckten finanziellen Möglichkeiten manche frucht-
bare Initiative" entwickelt. "Dafür", schreibt der Bischof, „danke ich Ihnen, auch
im Namen meines Generalvikars, sehr herzlich!"
15. Februar: Die Entscheidung des Kardinals kritisiert ein gemeinsamer Kommentar
des Westdeutschen und des Norddeutschen Rundfunks: 16 „Der Gärungsprozeß wurde
mit dieser Fehlentscheidung keineswegs beendet. Im Gegenteil, die Erregung wächst
angesichts der offensichtlichen Ungerechtigkeit der bischöflichen Entscheidung." -
Auch der "Demokratisch-Katholische Arbeitskreis" (DKA) in Berlin bittet den
Kardinal in einem Offenen Brief um die „Überprüfung" der Suspension, damit
nicht die Glaubwürdigkeit der Kirche Schaden nehme.
20. Februar: Eine peinliche und beschämende Affäre nennt die katholische Wochen-
zeitung "Neue Bildpost" 17 die Abberufung Renners, eine Affäre, die jenen anti-
katholischen Kritikern Munition liefere, nach deren Ansicht katholische Journalisten
"lediglich Befehlsempfänger der Hierarchie und versimpelnde Schönfärber" zu sein
hätten. Des Kardinals Dank an Renner könne nach allem, was geschehen sei, besten-
falls als makabre Ironie empfunden werden.
22. Februar: Zwölf katholische Verbände West-Berlins 18 betonen in einem Offenen
Brief an Kardinal Bengsch, daß sein Schreiben au Renner keine abschließende Klä-
rung des Problems darstelle. Ursache der gegenwärtigen Auseinandersetzung sei
der „Mangel an Bereitschaft bei einigen Geistlichen, die Laien über die Vorgänge
in der Kirche zu unterrichten und mit ihnen darüber zu beraten."19
26. Februar: Der Redakteur der dänischen katholischen Nachrichtenagentur KAP,
Helge Kristensen (Kopenhagen), meint in einem Kommentar, die Reaktionen auf
den „Fall Renner" hätten bewiesen, daß die deutsche katholische Presse, was Presse-
ethik betreffe, im Norden nichts zu lernen habe.20
26. Februar: Kardinal Alfred Bengsch beauftragt den Pfarrer der Dahlemer Ge-
meinde St. Bernhard, den 56jährigen Erzpriester Msgr. Max Kurzinski, mit der
Bildung des im Brief an Renner angekündigten Arbeitsausschusses, der Vorschläge
zur Gestaltung des Petrusblattes erarbeiten soll. 21 Im Einvernehmen mit dem Erz-

                                                                                         137

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