"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021

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"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021
„Er ist unser Friede,
       der aus beiden
   EINES gemacht hat.“
          (Epheserbrief 2,14a)

Zum 200-jährigen Unionsjubiläum
  der Badischen Landeskirche
          1821 - 2021
"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021
Ein Gruß an die Badische Landeskirche
Liebe Badische Landeskirche!
Du hast Geburtstag – du bist jetzt 200 Jahre alt. Dazu gratulieren wir und das wollen wir
feiern.
200 Jahre: das ist gemessen an der Weltgeschichte nicht viel; gemessen an den 2000
Jahren Christentum nur 10%. Und die Entstehung der evangelischen Kirchen vor 500 Jahren
liegt zweieinhalb mal so lange zurück wie du alt bist.
Und doch ist das ein Grund zum Feiern: dein 200ster Geburtstag. Deine Geburt kam zwar
nicht aus dem Nichts, aber mit dir ist etwas Neues entstanden: deine Geburt war eine
Fusion und eine Union aus zwei vorher getrennten Kirchen, die sich in ihrer theologischen
Ausrichtung deutlich unterschieden und in den Zeiten davor auch ablehnend und feindlich
gegenüberstanden. Als vor über 500 Jahren mit Martin Luther die Reformation begann und
dann die reformatorische Bewegung sich von der Römisch-katholischen Kirche abgrenzte
und abspaltete, da entstand ja nicht eine einzige homogene evangelisch-protestantische
Kirche, sondern es gab auch unter den Protestanten sehr unterschiedliche Richtungen die
dann zu Konfessionskirchen wurden, darunter die lutherische Richtung und die reformierte
Richtung als die beiden wichtigsten. Und diese beiden gab es auch im Südwesten: die
reformierte Konfessionskirche in der Kurpfalz und die lutherische Konfessionskirche im
Großherzogtum Baden.
Aus dem Zusammenschluss dieser beiden bist du entstanden, liebe Badische
Landeskirche: in einem günstigen Moment der Weltgeschichte, weil da Menschen waren,
die nicht mehr auf Trennung und Abgrenzung aus waren, sondern auf das
Zusammenkommen und Zusammensein; weil da Menschen waren, die nicht mehr die
Unterschiede betonen wollten, sondern das Gemeinsame und Verbindende; weil da
Menschen waren, die erkannten, wie wichtig und tragend der gemeinsame Glaube ist und
die nicht auf den eigenen Glaubenstraditionen beharrten, und weil da Menschen waren,
die - erfüllt und inspiriert durch den Heiligen Geist – die Kirche voranbringen wollten.
So bist du entstanden: vor 200 Jahren. Und wir gratulieren und erkennen dankbar, wie
Menschen damals nach so vielen Kirchenspaltungen und Trennungen ein Zeichen für die
Einigkeit des Glaubens gesetzt haben. Das wollen wir nicht vergessen, und das ist es wert,
gefeiert zu werden, ohne dass wir damit bei dir alles nur schönreden oder die schwierigen
Dinge in deinen 200 Jahren ignorieren.
„Unisono“ – das ist dein Geburtstagsmotto: „Vielstimmig eins“ – das soll dich und uns
prägen! Wir danken Gott, der dich entstehen ließ und in dir gewirkt hat, und sagen:
Herzlichen Glückwunsch!
"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021
Als die entscheidenden Verhandlungen über die Union der beiden
evangelischen Konfessionskirchen, der lutherischen Kirche des
Großherzogtums Baden und der reformierten Kirche der Kurpfalz
Anfang Juli 1821 begannen, da wurde zu Beginn das Lied gesungen
„O Heil’ger Geist, kehr bei uns ein“.

O Heil'ger Geist, kehr' bei uns ein
O Heil'ger Geist, kehr' bei uns ein
und lass uns deine Wohnung sein,
o komm, du Herzenssonne!
Du Himmelslicht, lass deinen Schein
bei uns und in uns kräftig sein
zu steter Freud' und Wonne,
Sonne, Wonne,
himmlisch Leben willst du geben,
wenn wir beten,
zu dir kommen wir getreten.

Du Quell, draus alle Weisheit fließt
die sich in fromme Seelen gießt
lass deinen Trost uns hören,
dass wir in Glaubenseinigkeit
auch können alle Christenheit
dein wahres Zeugnis lehren!
Höre, lehre,
dass wir können Herz und Sinnen dir ergeben
dir zum Lob und uns zum Leben.
"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021
aus Psalm 33*
Freuet euch des Herrn, ihr Gerechten;
die Frommen sollen ihn recht preisen!
    Danket dem Herrn mit Harfen!
    Spielt schön auf den Saiten mit fröhlichem Schall!
Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig,
und was er zusagt, das hält er gewiss.
    Wenn er spricht, so geschieht's;
    wenn er gebietet, so steht's da.
Wohl dem Volk,
dessen Gott der Herr ist!
    Wohl dem Volk,
    das er zum Erbe erwählt hat!
Der Herr schaut vom Himmel
und sieht alle Menschenkinder.
    Von seinem festen Thron sieht er auf alle,
    die auf Erden wohnen.
Siehe, des Herrn Auge achtet auf alle,
die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen,
    dass er sie errette vom Tode
    und sie am Leben erhalte in der Not.
Unsre Seele harrt auf den Herrn;
er ist uns Hilfe und Schild.
    Denn unser Herz freut sich seiner,
    und wir trauen auf seinen heiligen Namen.
Deine Güte, Herr, sei über uns,
    wie wir auf dich hoffen.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn
und dem Heiligen Geist,
   wie es war im Anfang, jetzt und immerdar
   und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
"Er ist unser Friede, der aus beiden EINES gemacht hat." - Zum 200-jährigen Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche 1821 2021
Gebet zum Unionsjubiläum
Herr, unser Gott!
Du wirkst durch deinen Heiligen Geist in deiner Kirche.
Du versammelst Menschen in deiner Kirche
als die Gemeinschaft der Heiligen.
Du bringst Menschen zusammen
im gemeinsamen Glauben.
Deine sichtbare Kirche in dieser Welt
hat eine sehr wechselvolle Geschichte.
Da war und ist viel Helles und Schönes,
da haben viele Menschen
in der Kirche und durch die Kirche Gutes erfahren;
da gab und gibt es aber auch das Dunkle und Unschöne,
da gab und gibt es Missachtung deines Willens
und falsche Entscheidungen
da war uns ist auch Schuld und Versagen.
Wir danken dir für deine Treue zu deiner Kirche,
wir danken dir,
dass du in deiner Barmherzigkeit und Gnade
deine Kirche trägst und auch erträgst
und wir wissen,
dass wir für so vieles auch deine Vergebung brauchen.
Nun ist diese Badische Landeskirche
vor 200 Jahren entstanden
in einer Union zweier evangelischer Kirchen.
Du weißt,
wie sie in diesen 200 Jahren gewesen ist
und wie sie heute dasteht.
du kennst die Menschen,
die zu ihr gehörten und gehören;
du kennst die Menschen,
die sie geprägt haben und prägen.
Wenn wir dieses Unionsjubiläum feiern,
dann wollen wir dabei zuerst und zuletzt auf dich schauen
als den einen Herrn der Kirche;
wollen unser Vertrauen auf dich und deine Liebe setzen,
wollen dein Wort und deinen Willen gelten lassen,
wollen dankbar auf dein Wirken schauen,
das Heil und Leben schenkt
durch die Kraft des Kreuzes deines Sohnes
und die Macht der Auferstehung.

Und darum bitten wir dich:
Lass uns immer wieder erkennen,
worauf es im Glauben an dich ankommt;
lass uns immer wieder erkennen,
wie du deine Kirche haben willst;
lass uns immer wieder erfahren,
wie wichtig und heilvoll die Einheit des Glaubens ist
in unserer Landeskirche
und in den Beziehungen zu anderen Kirchen.
Lass deinen Heiligen Geist kräftig wirksam bleiben,
dass deine eine Kirche
  hier für uns in der Gestalt dieser Landeskirche
  wie auch in anderen Konfessionskirchen dieser Welt
in den großen Herausforderungen dieser Zeit
lebendig und stark,
klar und beherzt,
fröhlich und zuversichtlich
tatkräftig und menschenfreundlich
dich verkündigt und dir dient
und dich erkennt und ernstnimmt
und wir damit dir die Ehre geben,
der du in der heiligen Gemeinschaft
von Vater, Sohn und Heiligem Geist
lebst und wirkst von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
Informationen zum Unionsjubiläum
Vor fast ganz exakt 200 Jahren - am 26 Juli 1821 - wurde in Karlsruhe
die „Unionsurkunde“ verabschiedet und unterzeichnet und damit
geschah die Gründung der Badischen Landeskirche als Zusammen-
schluss der bisher getrennten beiden Kirchen, der lutherischen Kirche
des Großherzogtums Baden und der reformierten Kirche der Kurpfalz.
Es war eine „echte“ Union, eine „Bekenntnisunion“, eine „Konsensus-
Union“, denn es wurde ein Kompromiss gefunden für die theologischen
Unterschiede, die beide Kirchen über lange Zeit getrennt hatten, und es
gab eine gemeinsame theologische Grundlage.
Diese Union von 1821 war also viel mehr und etwas Anderes als nur die
Zusammenlegung der kirchlichen Verwaltungen. Und in ihr trat ein
neuer gemeinsamer kirchlichen Geist zutage.
Der Verabschiedung der Unionsurkunde am 26.Juli 1821 war eine etwa
vierwöchige intensive Zeit der Verhandlungen auf der „Generalsynode“
vorausgegangen mit insgesamt 44 Delegierte der beiden Konfessions-
kirchen unter der Leitung des großherzoglichen Staatsministers Karl
Christian Freiherr von Berckheim.
Dem wiederum war ein langer Prozess der Annäherungen und
Unionsbestrebungen vorausgegangen, aber auch eine Zeit der
Vorbehalte und der Skepsis und der Abwehr und der Verzögerungen.
Über 20 Jahre hatte dieser Prozess gedauert.
Ein formaler „Zwischenschritt“ war im Jahr 1807 die Einführung einer
„Verwaltungsunion“ der beiden Kirchen; diese war „von oben“
verordnet worden durch den badischen Großherzogs Karl Friedrich und
bedeutete die Bildung eines gemeinsamen Oberkirchenrats, der in der
Residenz Karlsruhe ansässig war.
Viel wichtiger und entscheidender war aber die seit dem Ende des
18.Jahrhunderts einsetzende intensive theologische Diskussion über die
wesentlichen theologischen Differenz- und Streitfragen, die die beiden
Kirchen bisher getrennt hatten und einen Zusammenschluss der beiden
Kirchen als unmöglich hatten erscheinen lassen.
Das war vor allem drei Punkte:
- die Frage der Gottmenschheit Jesu Christi
 also die Frage, wie Jesus in seinem Wesen „wahrer Gott“ ist oder nicht;
- die Frage der göttlichen Vorherbestimmung zum Heil
 also die Frage nach der göttlichen Prädestination;
- die Frage des Abendmahls
 mit der Frage, wie Jesus Christus im Vollzug des Abendmahls
 gegenwärtig ist.
Immer mehr Theologen und Pfarrern waren nun der Ansicht, dass diese
theologischen Punkte eigentlich kein Grund für eine Kirchentrennung
sein können. Es gab freilich auch viele Vorbehalte und skeptische
Haltungen.
Einen besonderen Impuls für einen Zusammenschluss der beiden
Kirchen war das 300-jährige Reformations-Jubiläum im Jahr 1817 mit
der Rückbesinnung auf die Grundlagen der Reformation, vor allem die
verstärkte Einsicht, dass es in allen theologischen Streitfragen darauf
ankommt, auf die Bibel als Wort Gottes zu hören und in theologischen
Fragen auch die Freiheit des Gewissens vor Gott anzuerkennen.
So wurde dann ein Prozess des Zusammenschlusses der beiden Kirchen
ganz konkret begonnen mit intensiven Konsultationen in den
Gemeinden und in den Synoden der Diözesen (= Kirchenbezirken).
Es wurden umfangreiche schriftliche Vorüberlegungen gemacht,
und schließlich in einem komplizierten Verfahren die Besetzung der
Generalsynode erarbeitet, wo dann im Jahr 1821 die entscheidenden
Unionsverhandlungen stattfinden sollen.
Diese Synode begann dann am 2.Juli 1821. Nach der feierlichen
Eröffnung durch Prälat Johann Peter Hebel wurde in Fachgruppen
gearbeitet. Schon nach gut einer Woche wurde die schwierigste Hürde
genommen, nämlich die Vereinbarung über das Abendmahl, die so
genannte „Abendmahlskonkordie“. In acht Fragen und Antworten
wurde im Stil eines Katechismus eine Abendmahlslehre formuliert,
der sowohl Lutheraner als auch Reformierte zustimmen konnten.
  Das ist auch in unseren Gemeindegesangbüchern abgedruckt: EG 886.
Damit war „das Eis gebrochen“, und auch bei den anderen Aufgaben,
die sich die Generalsynode vorgenommen hatte, wurden schnell
Fortschritte gemacht:
- beim Katechismus für die unierte Kirche
- bei der Kirchenverfassung (heute „Grundordnung“ genannt)
- bei der Gottesdienstordnung (Agende)
- bei der Gemeinde-Ordnung
- bei der Vermögensordnung
Viele Einzelheiten wurden besprochen und entschieden, so zum
Beispiel, wie das Abendmahlsbrot vorbereitet wird (nämlich als weißes,
in längliche Stücke geschnittenes Brot) oder wie das weiße Beffchen am
liturgischen Gewand des Pfarrers aussehen soll (nämlich nicht gespreizt
wie bei den Lutherischen, aber auch nicht geschlossen wie bei den
Reformierten, sondern „halboffen“) oder wie die Pfarrer und Gemeinde
im Gottesdienst im Wechsel sprechen bzw. singen.
Außerdem wurde an der Unionsurkunde gearbeitet, also dem
Gründungsdokument der Landeskirche. Dort wurde festgehalten, dass
die Heilige Schrift die einzige sichere Quelle des christlichen Glaubens
und Wissens sei; daneben wurden als Bekenntnisschriften festgelegt:
das Augsburger Bekenntnis und gleichberechtigt der Kleine
Katechismus Martin Luthers und der Heidelberger Katechismus (mit
kleinen Änderungen).
Und dann kam der Moment der feierlichen Verabschiedung der
Unionsurkunde am 26.Juli 1821.
In ihr heißt es in Paragraph 1: „Beide bisher getrennten evangelisch
protestantischen Kirchen im Großherzogtum Baden bilden hinfort Eine
vereinigte evangelisch protestantische Kirche, die alle evangelischen
Kirchengemeinden in dem Maße in sich schließt, dass in derselben jetzt
und in Zukunft keine Spaltung in unierte und nicht-unierte Kirche
stattfinden kann und darf; sondern die evangelische Kirche des Landes
nur Ein wohl- und innig vereintes Ganzes darstellt“.
Und die Unionsurkunde schließt mit den Worten: „Solcherweise einig in
sich selbst und mit allen Christen in der Welt befreundet erfreut sich die
evangelisch-protestantische Christenheit im Großherzogtum Baden der
Glaubens- und Gewissensfreiheit, nach welcher die großen Vorfahren
strebten und worin sie sich entzweiten. Die Eifersucht, womit sie und
ihre Nachkommen sich einander gegenübersahen, ist erloschen, die
Ängstlichkeit, mit der sie ihre Unterscheidungslehren bewachten,
verschwunden; die Freiheit des Glaubens ist erreicht und mit ihr die
Freiheit im Glauben und die durch kein Misstrauen fortan zu störende
Freudigkeit in einem gottgefälligen Leben.“
Das war die Geburtsstunde der Badische Landeskirche.
Seither sind wir in Baden eine „Unierte Kirche“ neben anderen Unierten
Kirchen in Deutschland.
Am 28.Oktober 1821 gab es dann ein großes „Einigungsfest“.
Und heute feiern wir, dass es diese Unierte Badische Landeskirche
200 Jahre lang Bestand gehabt hat und wünschen ihr – und uns in ihr –
eine von Gott gesegnete Zukunft.
Wünsche für die Badische Landeskirche
         formuliert von Jugendlichen der Kirchengemeinde

Ich wünsche der Badischen Landeskirche
dass es in ihr gute Gemeinschaft gibt, in der man sich wohlfühlt.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie es Jugendlichen ermöglicht, den Glauben zu erfahren.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie auch Mitglieder im normalen Leben bei Problemen unterstützt.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie ein Ort ist, der offen ist für jedermann.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie ein Ort der Geborgenheit ist.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass es sie auch in 200 Jahren noch gibt.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass Sie Ideen hat, wie man Jugendliche für den Glauben begeistern kann.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass es in ihr mehr gute (moderne) Musik gibt.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass wieder mehr Leute in die Kirche eintreten als austreten.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie ihren Glauben nicht den Wünschen der Leute anpasst.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie so von ihrem Glauben so redet,
dass die Leute etwas damit anfangen können.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie nicht nur Programm für bestimmte Bevölkerungsgruppen macht.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie auch offen ist für die Bedürfnisse von Jugendlichen
ohne die Bedürfnisse von den Anderen zu vergessen.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche,
dass sie auch Gottesdienste zu Zeiten anbietet,
in denen man nicht ‚mitten in der Nacht‘ aufstehen muss.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche Vertrauen auf Gott,
auch wenn es in Zukunft schwieriger wird.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche Freude am und durch den Glauben.
Ich wünsche der Badischen Landeskirche Gottes Segen!
Wieland Bopp-Hartwig
Predigt über Epheser 4,3-6.13
zum Unionsjubiläum der Badischen Landeskirche:
200 Jahre Badische Landeskirche 1821 - 2021

im Gottesdienst am 24.7.2021 in Dogern
                am 25.7.2021 in Waldshut

Liebe Gemeinde!
In der langen Geschichte der christlichen Kirche - also in den letzten knapp
2000 Jahren - hat es ziemlich viele Trennungen und Spaltungen gegeben.
Nicht nur die große Kirchenspaltung durch Martin Luther und die
Reformation, sondern auch zu vielen anderen Zeiten: etwa vor tausend
Jahren die Spaltung der Kirche in die Ostkirche und in die (römische)
Westkirche; oder die Abspaltung der Altkatholischen Kirche von der
Römisch-Katholischen Kirche im Jahr 1872; und auch die Aufspaltung der
Protestanten in verschiedene Kirchen: Lutheraner, Reformierte, Anglikaner
- und diese wiederum in weitere Einzelkirchen.
Wenn wir heute nun die Union der Badischen Landeskirche vor 200 Jahren
feiern, dann feiern wir damit nicht zuletzt, dass es auch einmal anders sein
kann: dass Einzelkirchen sich auch verbinden können zu einer
gemeinsamen unierten Kirche, die tatsächlich auch längere Zeit Bestand
hat und nicht wieder sofort auseinandergeht und zerfällt.
Nun ist es wohl an sich noch nicht wirklich problematisch, wenn es unter-
schiedliche Einzelkirchen gibt mit eigenen Frömmigkeitsformen und
eigenen liturgischen Gepflogenheiten, mit eigenen Schwerpunkten in der
Gottesdienstgestaltung, auch mit eigenen theologischen Schwerpunkt-
setzungen.
Problematisch wird es dann aber, wenn diese verschiedenen Kirchen
einander feindlich und ablehnend gegenüberstehen, einander das
Christsein absprechen und dann vielleicht sogar - was es leider auch
immer wieder gegeben hat – die Mitglieder der einen Kirche die Mitglieder
der anderen Kirche verfolgen.
Und das ist nicht nur für das Zusammenleben ein Problem, das ist vor
allem auch theologisch ein Problem, ein Problem des Glaubens als
solchem.
Wenn wir heute das Unionsjubiläum begehen, dann will uns das in dieser
Tiefe bewusst werden - weil wir dann auch verstehen, wie sehr ein
friedliches konstruktives Zusammenkommen von Kirchen und ein gutes
Miteinander und Zusammenwirken in einer ökumenischen Gemeinschaft
auch für den Glauben wichtig ist und zum Glauben gehört und für das, was
Gott von uns will als „Gemeinschaft der Glaubenden“.
Blicken wir in die Bibel und in das Neue Testament, so erkennen wir, dass
es seit dem Beginn der Kirche (am ersten Pfingstfest) da auch schon
unterschiedliche Richtungen gab, unterschiedliche „Konfessionen“ - wenn
man so will.
Die Hauptrichtungen waren da auf der einen Seite die judenchristlichen
Gemeinden und auf der anderen Seite die hellenistischen Gemeinden,
also die heidenchristlichen Gemeinden und dazwischen die Gemeinden,
zu denen Judenchristen und Heidenchristen gehörten. Und es gab
Gemeinden, die sich um einzelne charismatische Gemeindeführer
versammelten, wie uns das die Korintherbriefe zeigen.
Im Neuen Testament wird nun aber auch betont, dass diese unterschied-
lichen Richtungen sich des einen gemeinsamen Glaubens bewusst sein
sollen und sich nicht gegeneinander stellen sollen.
In besonders markanter Weise wird das im Epheserbrief zum Ausdruck
gebracht. Hören wir daraus einige Verse aus dem 4.Kapitel, die Vers 3 bis
6 und Vers 13, in der Übersetzung der Basis-Bibel.

   „Bemüht euch darum,
   die Einheit zu bewahren, die Gottes Geist euch geschenkt hat.
   Der Frieden ist das Band, das euch alle zusammenhält.
   Ihr seid ein Leib und ein Geist lebt in euch.
   So ist es ja auch eine Hoffnung, zu der Gott euch berufen hat.
   Es gibt nur den einen Herrn, den einen Glauben und die eine Taufe.
   Und ebenso gibt es nur den einen Gott, den Vater von uns allen.
   Er regiert über alle, wirkt durch alle und erfüllt alle.
   …
   Schließlich sollen wir alle vereint sein im Glauben
   und in unserer Kenntnis von Gottes Sohn.
   Wir sollen zu vollendeten Menschen werden
   und erwachsen genug, Christus in seiner ganzen Fülle zu erfassen“.

Liebe Gemeinde!
In diesen Versen ist der Ruf zur Einheit nicht zu überhören.
Es geht dabei um die Einheit im Glauben, es geht um den einen Glauben
an den einen Gott.
Weil Gott einer ist, darum schenkt er auch die Einheit im Glauben durch
den einen Geist Gottes und beruft zu der einen Hoffnung. Und der Friede,
den Gott neu gestiftet hat durch den Tod seines Sohnes am Kreuz - dieser
Friede ist das Band, das uns zusammenhält in dem einen Leib, also in der
einen Kirche Gottes.
Ja: Dieser eine gemeinsame Glaube an den Gekreuzigten soll uns alle
zusammenhalten als Christen. Und wir sollen erkennen, dass wir als
Christen gemeinsam im Glauben unterwegs sind, so unterschiedlich auch
im Einzelnen die Glaubensformen sein mögen und so verschieden auch in
einzelnen Dingen die Glaubenspraxis und die Glaubenstraditionen sein
mögen und manchmal auch die theologischen Meinungen.
Ja, wir sollen erkennen: Das Gemeinsame des Glaubens ist stärker als
das, worin wir uns in unseren Glaubensformen unterscheiden.
Es gibt einen gemeinsamen Grund, eine gemeinsame Basis - von Gott
gegeben und offenbart in der Bibel. Und wir, die wir an den Gott der Bibel
glauben, sollen uns nicht eigenmächtig auseinanderdividieren und dieses
Band des Friedens zerstören und die Einheit des Glaubens auflösen in
kleinlichen Auseinandersetzungen.
Die Badische Kirchenunion vor 200 Jahren ist ein Zeichen für diese Einheit
im Glauben, die wir durch Gottes Geist haben und die von Gott gewollt ist:
ein sehr markantes Zeichen. Sie ist durch günstige Umstände geworden,
weil der Wille zur Einheit größer war als das Beharren auf Unterschieden.
Oder besser: Sie wurde durch Gottes Geist so gefügt und gewirkt.
Auch wenn die unierte Badische Landeskirche sicher weit entfernt ist von
einer perfekten Kirche - die gibt es in dieser Weltzeit ohnehin nirgends –
auch wenn es viele dunkle Stellen in der 200jährigen Geschichte der
Badischen Landeskirche gegeben hat (etwa in der Zeit des National-
sozialismus), so ist ihre Entstehung aus zwei vormals getrennten
und feindlich einander gegenüberstehen Kirchen ein großes Zeichen der
Ermutigung - ein sehr konkretes Erinnerungszeichen auch an das, was
Gott will von uns Menschen: „Bemüht euch darum, die Einheit zu
bewahren, die Gottes Geist euch geschenkt hat“.
Diese Einheit ist nicht einfach immer so da und gegeben. Sie muss immer
neu gesucht und gewollt werden, wir müssen uns immer neu darum
bemühen, bis wir sie im Reich Gottes in vollendeter Weise erfahren.
Diese Einheit wurde damals vor 200 Jahren gesucht - erfolgreich.
Um diese Einheit des Glaubens müssen wir uns heute in der Badischen
Landeskirche bemühen - immer wieder neu; und wir müssen uns im
Zusammenleben und Zusammensein mit anderen Kirchen um diese
Einheit im Glauben immer wieder neu bemühen und sie nach außen
zeigen. Das ist Ökumene. In einer zunehmend säkularen Welt ist solches
gute ökumenische Miteinander in dem einen christlichen Glauben eine
ganz entscheidend wichtige Aufgabe - vielleicht wichtiger als jemals zuvor;
und wir sind dankbar, dass wir hier vor Ort ein so gutes ökumenisches
Miteinander haben, das aber auch gepflegt und weiterentwickelt werden
will, nicht nur aus praktischen Gründen, sondern weil uns das von Gott als
Aufgabe gegeben ist.
Da kann uns das Unionsjubiläum inspirieren und neu motivieren.
Und genau das wird sehr schön vom Motto des Unionsjubiläums
aufgenommen: “Unisono“ – vielstimmig eins. Viele Stimmen und doch ein
Ton und eine Melodie.
Einheit in der Vielstimmigkeit: Vielleicht hängt das auch zusammen
mit dem Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes: Gott ist einer - und doch in
dreifaltiger Gestalt; ein Gott in verschiedenen Erscheinungsweisen als
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Und so ist es der eine Glaube, der aber ganz vielfältig sich zeigen kann
und ganz unterschiedlich gelebt werden kann; es ist die eine Kirche Jesu
Christi, die aber in verschiedenen Kirchenformen Gestalt gewinnen kann.
Erkennen wir das im Herzen und leben wir das beherzt, dann hat ein
Unionsjubiläum eine ganz aktuelle Bedeutung und ist nicht nur ein
historisches Ereignis; dann macht dieses Unionsjubiläum die Wohltat des
Verbundenseins in Verschiedenheit deutlich; dann ist die Erinnerung an
das Unionsjubiläum eine Ermutigung für die Zukunft; dann wird durch
dieses Jubiläum die Freude an der bunten Vielfalt im Glauben neu
geweckt; dann wird durch dieses Unionsjubiläum der Blick geschärft für die
Einheit des Glaubens, zu der Gott uns ruft; dann werden wir gestärkt
für ein lebendiges ökumenisches Miteinander, und dann gewinnt unser
Glaube seine Weite und Tiefe und Wahrheit als Glaube an den einen Gott,
den Vater von uns allen, der über alle regiert und der durch alle wirkt und
mit seinem Geist alle erfüllt, damit wir - verbunden und vereint im Glauben -
Christus in seiner ganzen Fülle erfassen.
Amen.

Nun singe Lob du Christenheit

2.    der Frieden uns und Freude gibt, den Geist der Heiligkeit,
      der uns als seine Kirche liebt, ihr Einigkeit verleiht.
3.    Er lasse uns Geschwister sein, der Eintracht uns erfreu‘n,
      als seiner Liebe Widerschein die Christenheit erneun.
4.    Herr, mache uns im Glauben treu und in der Wahrheit frei,
      dass unsre Liebe immer neu der Einheit Zeugnis sei.
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