DIE ROLLE DER FULFILMENT-DIENSTLEISTER ALS NEUER WIRTSCHAFTSAKTEUR - Bundesnetzagentur
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Deutsche Marktüberwachungskonferenz 2021 22. und 23. September DIE ROLLE DER FULFILMENT-DIENSTLEISTER ALS NEUER WIRTSCHAFTSAKTEUR Erfahrungen einer Marktüberwachungsbehörde Amt für Verbraucherschutz Referat Produktsicherheit – V22 Andreas Siegmund (Kontakt: produktsicherheit@justiz.hamburg.de) © kengmerry - stock.adobe.com Behörde für Justiz und Verbraucherschutz
INHALT 01 Vorstellung des Referates Produktsicherheit – V22 Erfahrungen mit Fulfilment-Dienstleistern im Binnenmarkt 02 im Zusammenhang mit dem (Online-Handel) Erfahrungen mit Fulfilment-Dienstleistern bei Vormarktkontrollen (Zollkontrollmitteilungen), 03 insbesondere im Zusammenhang bei Importen über den Hamburger Hafen Fazit aus bisheriger Vollzugspraxis der Marktüberwachung 04 (ProdSG) in Hamburg
VORSTELLUNG DES REFERATES 1.1 Aufgaben • Das Referat V22-Produktsicherheit ist in Hamburg Marktüberwachungsbehörde (MÜB) für Non-Food- Produkte und technische Arbeitsmittel. • Arbeitsschwerpunkte beim Vollzug der Marktüberwachungsaufgaben: • Marktüberwachung im Binnenmarkt bei Hamburger Wirtschaftsakteuren (WA). • Marktüberwachung im Onlinehandel (neu: nicht auf Hamburger WA begrenzt). • Vormarktkontrollen in Zusammenarbeit mit den Zollbehörden. (Schwerpunktmäßig Kontrollen bei gewerblichen Einfuhren im Hamburger Hafen). • Aktive Marktüberwachung gemäß Marktüberwachungskonzept. • Verbraucher*innen- und Mitbewerberbeschwerden. Eigene Darstellung • Bearbeitung von Rapex- und Schutzklauselmeldungen. Referat V22 Produktsicherheit Seite 3
VORSTELLUNG DES REFERATES 1.2 Zuständig für folgende nicht harmonisierte und harmonisierte Rechtsvorschriften Allgemeine Produktsicherheits-Richtlinie 2001/95/EG Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) Niederspannungsrichtlinie 2014/35 EU Verordnung über elektrische Betriebsmittel (1. ProdSV) Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug (2. ProdSV) Verordnung 2016/426 EU über Geräte zur Verbrennung Gasgerätedurchführungsgesetz (GasgeräteDG) gasförmiger Brennstoffe (Ergänzung nationaler Regelungen) Verordnung 2016/425 EU über persönliche PSA-Durchführungsgesetz (PSA-DG) Schutzausrüstungen (PSA) (Ergänzung nationaler Regelungen) Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Maschinenverordnung (9. ProdSV) Sportbootrichtlinie 2013/53/EU Verordnung über Sportboote und Wassermotorräder (10. ProdSV) Richtlinie 2014/34 EU (ATEX) Explosionsschutzprodukteverordnung (11. ProdSV) Referat V22 Produktsicherheit Seite 4
VORSTELLUNG DES REFERATES 1.3 Anzahl der Produktüberprüfungen seit 01. Januar 2021 (Stand 10.08.2021) Stichproben nach Produktsicherheitsvorschriften Binnenmarktkontrollen Vormarktkontrollen (Zoll) gesamt ProdSG (Produkte) bzw. RaPS 2009/95/EG 17 335 352 1. ProdSV (Elektrische Betriebsmittel) bzw. RL 2014/35 EU 6 219 225 2. ProdSV (Spielzeug) bzw. RL 2009/48/EG 5 94 99 VO 2016/426 EU (Gasgeräte) 0 0 0 VO 2016/425 EU (PSA) 133 125 258 9. ProdSV (Maschinen) bzw. RL 2006/42/EG 8 162 170 10. ProdSV (Sportboote) bzw. RL 2013/53/EU 0 0 0 11. ProdSV (ExSchutz) bzw. RL 2014/34 EU (ATEX) 0 0 0 Stichproben insgesamt 169 935 1104 Referat V22 Produktsicherheit Seite 5
VORSTELLUNG DES REFERATES 1.4 Anzahl vom Binnenmarkt ferngehaltenen nichtkonformen und gefährlichen Produkte aufgrund von Vormarktkontrollen (Zollkontrollmitteilungen) seit 01. Januar 2021 (Stand 10.08.2021)* Anteil Angewendete Überprüfte Ferngehaltene ferngehaltener Warenmenge Produktsicherheitsvorschriften Produkte Produkte Produkte in % RaPS 2009/95/EG 335 243 73 Niederspannungsrichtlinie 2014/35 EU 219 191 87 Spielzeugrichtlinie 2014/35 EU 94 79 84 PSA-Verordnung 2016/425 EU 125 94 75 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG 162 149 92 Summe / insgesamt 935 756 81 ca. 12.300.000 *) Hinweis: Der Zoll nimmt nur bei ca. 3 bis 5% der zur Abfertigung zum freien Verkehr angemeldeten Non-Food-Produkte Überprüfungen vor. (außer bei Produkten mit Risikoprofilen, hier 100%) Er setzt das Einfuhrverfahren bei Zweifeln an der Verkehrsfähigkeit aus und beteiligt die MÜB. Referat V22 Produktsicherheit Seite 6
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT 2.1 Beispielfall 1: Reaktive Marküberwachung, Fall Mitbewerberbeschwerde im Mai 2018 Beschwerdeführer trägt vor, dass im Internet unter www.XXX.de in dem Online-Shop eines in einem Drittland ansässigen Herstellers bzw. Online-Händlers E-Bikes der Marke „XXX" angeboten werden. Als Ansprechpartner wird dabei insbesondere für die Rückabwicklung eine Firma mit Sitz in Hamburg angegeben. Bei einem vom Beschwerdeführer durchgeführten Testkauf ist diese Firma als Absender auf dem Versandetikett angegeben. Der Beschwerdeführer gibt an, dass u.a. durch folgende Mängel gegen die 9. ProdSV und Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MaschRL) verstoßen werden soll: a) Fehlende CE-Kennzeichnung und EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II MaschRL. b) Fehlende Übereinstimmung mit der DIN EN 15194-2017, dort insbesondere Kennzeichnung. Referat V22 Produktsicherheit Seite 7
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT Die Beschwerde wird mit Beweisfotos aus einem Testkauf untermauert, im Hinblick auf die Hamburger Firma als Versender und Ansprechpartner für die Rückabwicklung wird folgendes Foto übermittelt: Referat V22 Produktsicherheit Seite 8
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT Feststellungen und Recherchen der MÜB: • Nach Aktenlage erscheinen die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich der Mängel glaubhaft. • In der EU ansässiger Einführer, Bevollmächtigter bzw. Wirtschaftsakteur (WA) kann nicht ermittelt werden. • Das Online-Angebot weist nur auf den Hersteller in einem Drittland hin und es ist darin als Rücksendeadresse die Firma YYYY, Bredowstrasse ZZa in Hamburg angegeben. • Unter der Adresse Bredowstrasse ZZa in Hamburg existiert keine Firma „YYYY“ • Die Telefonnummer des angeblichen Versenders auf dem Versandetikett ist nicht vergeben . • Eine Firma „YYYY“ konnte auch nicht unter anderer Adresse ermittelt werden. • Ein beim Zoll geschaltetes Risikoprofil ergab keine „Treffer“, weil die Abfertigung zum freien Verkehr offensichtlich über einen anderen EU-Mitgliedsstaat erfolgt. • Ende August 2018 Einstellung des Verfahrens, weil kein in der EU ansässiger WA ermittelbar war. Referat V22 Produktsicherheit Seite 9
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT 2.2 Beispielfall 2: Aktive Marküberwachung im Onlinehandel im August 2021 Online-Recherche auf Online-Marktplätzen zu Kreissägeblättern, die von einem Verkäufer bzw. Online-Händler aus einem Drittland als Werkzeuge angeboten werden, die zur Verwendung mit Winkelschleifern bestimmt sind. Anfangsverdacht zu abgebildetem Produkt: Gefährliches Produkt mit hohem davon ausgehenden Risiko: Das Kreissägeblatt ist gemäß unzulässiger Zweckbestimmung seines Herstellers zur Verwendung mit Winkelschleifern vorgesehen. Es besteht die Gefahr, dass Winkelschleifer mit dieser unzulässigen Gebrauchsinformation entgegen ihrer Zweckbestimmung vorhersehbar sachwidrig als Handkreissäge verwendet werden. Diese Verwendung kann zu schweren Verletzungen führen. Referat V22 Produktsicherheit Seite 10
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT Recherche zum Wirtschaftsakteur (WA) gemäß Artikel 4 (2) der Verordnung (EU) 2019/2020 (MÜ-VO): • Anzuwendende Rechtsvorschrift: § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG: Es müssen Name und Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, Name und Kontaktanschrift des Einführers oder Bevollmächtigten angebracht sein. • Angebot auf Website eines Online-Marktplatzbetreibers (Kein WA gemäß Art. 4 (2) MÜ-VO). • Verkäufer ist nicht der Hersteller und hat gemäß Online-Angebot seinen Sitz im Drittland (Kein WA gemäß Art. 4 (2) MÜ-VO). • Versandt gemäß Online-Angebot durch Unternehmen aus der Firmengruppe des Online-Marktplatzbetreibers (Fulfilment-Dienstleister WA gemäß Art. 4 (2) MÜ-VO?). Referat V22 Produktsicherheit Seite 11
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT Recherchen nach Testkauf: Überprüfung der Angaben zum Versender auf der Versandverpackung sowie der Angaben zum Einführer/Bevollmächtigten (WA) auf dem Produkt: • Auf Versandverpackung nur Empfänger angegeben, Versender ist nicht angegeben, sondern nur Firmenloge des Online-Marktplatzbetreibers. • Auf dem Produkt angegebener Einführer/Bevollmächtigter (WA) unter angegebener Adresse nicht ansässig (nicht im Gewerbe- oder Handelsregister eingetragen). Referat V22 Produktsicherheit Seite 12
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN IM BINNENMARKT Weitere Recherche zum WA gemäß Art. 4 MÜ-VO bei der Rücksendung: • Online-Marktplatzbetreiber übermittelt auf seiner Website Rücksendeetikett mit folgender Erklärung: „So senden Sie Artikel an uns zurück“ • Der auf dem Rücksendeetikett angegebene Empfänger gehört offensichtlich zur Firmengruppe des Online-Marktplatzbetreibers, ist aber nicht im Handelsregister eingetragen. • Im weiteren Verfahrensverlauf derzeit Ermittlungen anhängig, welcher Fulfilment-Dienstleister als Wirtschaftsakteur die Produktverantwortung gemäß von Artikel 4 MÜ-VO trägt. • Dazu Kontakt mit dem Online-Marktplatzbetreiber aufgenommen. Anfrage, welcher Fulfilment-Dienstleister (ggf. aus eigener Unternehmensgruppe) mit Versand, Lagerung und Retourenabwicklung beauftragt ist. Referat V22 Produktsicherheit Seite 13
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.1 Grundsätzliche Verfahrensweise bei der Bearbeitung von Zoll-Kontrollmitteilungen • Überprüfung im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen der Harmonisierungsrechtsvorschriften der EU an Produktkennzeichnung und Produktinformationen unter Berücksichtigung der vom Zoll übermittelten Aussetzungsgründe. • Überprüfung im Hinblick auf offensichtliche sicherheitstechnische Mängel. • Ggf. Überprüfung von Konformitäts- und technischen Unterlagen sowie Prüfbescheinigungen nach entsprechender Abforderung beim Anmelder bzw. Vertreter oder Einführer (sofern angegeben). • In Einzelfällen sofern erforderlich zusätzlich Beauftragung technischer Teilprüfungen bei akkreditierten Prüfinstituten oder Geräteuntersuchungsstellen der Länder. • Nach erfolgter Überprüfung Mitteilung an den Zoll, entweder: - Zustimmung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr oder - Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr kann nicht erfolgen, weil es sich um ein gefährliches oder nichtkonformes Produkt handelt. • Im letztgenannten Fall separates Anschreiben mit Beschaubefund an Anmelder oder Vertreter. Referat V22 Produktsicherheit Seite 14
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.2 Anforderungen an Produktkennzeichnungen nach den zu überprüfenden jeweiligen Rechtsvor- schriften im Hinblick auf die Angaben zum Wirtschaftsakteur mit Unternehmenssitz in der EU Anzuwendende Produktsicherheitsvorschriften Vorgeschriebene Angaben zum EU-Wirtschaftsakteur am Produkt ProdSG (Produkte) bzw. RaPS 2001/95/EG Hersteller oder, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer oder Bevollmächtigter 1. ProdSV (Elektrische Betriebsmittel) bzw. RL 2014/35 EU Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer 2. ProdSV (Spielzeug) bzw. RL 2009/48/EG Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer VO 2016/426 EU (Gasgeräte) Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer VO 2016/425 EU (PSA) Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer Ggf. Bevollmächtigter (und Name und Anschrift der Person, die bevollmächtigt ist, 9. ProdSV (Maschinen) bzw. RL 2006/42/EG die technischen Unterlagen zusammenzustellen; diese Person muss in der Gemeinschaft ansässig sein; kein Wirtschaftsakteur im Sinne von Artikel 4 MÜ-VO) 10. ProdSV (Sportboote) bzw. RL 2013/53/EU Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer 11. ProdSV (ExSchutz) bzw. RL 2014/34 EU (ATEX) Hersteller und, sofern nicht in der EU ansässig, Einführer Referat V22 Produktsicherheit Seite 15
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.3 Vorgehen bei der Überprüfung der Angaben zum verantwortlichen Wirtschaftsakteur in der EU 1. Überprüfung, ob Angaben zum Wirtschaftsakteur (WA) mit Sitz in der EU nach den jeweiligen Rechtsvorschriften angebracht bzw. den Produkten beigefügt sind (nicht bei Maschinen erforderlich, die vom Empfänger zwecks Eigenverwendung eingeführt werden). 2. Anfrage beim angegebenen WA (sofern angegeben und bei Zweifeln ggf. auch mittels Briefpost), ob er - Einführer mit den entsprechenden Pflichten ist oder bei der Einfuhr von Maschinen und Produkten, bei denen die alleinige Angabe eines Bevollmächtigten ausreichend ist - ob er vom Hersteller als Bevollmächtigter mit den entsprechenden Pflichten eingesetzt worden ist, verbunden mit der Aufforderung, das schriftliche Mandat des Herstellers zu übersenden. 3. Sofern Anfrage nicht beantwortet wird, Adressprüfung (ggf. laut Handels- oder Gewerberegisterauskunft), ob der angegebene WA unter angegebener Adresse ansässig ist. Sofern schon bei einem der drei Prüfkriterien ein Mangel festgestellt wird, kann die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr nicht erfolgen, weil das Produkt damit nicht konform ist. Referat V22 Produktsicherheit Seite 16
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) Beispielhafte Mängelfeststellungen anlässlich Anfragen der MÜB bei auf den Produkten als Wirtschaftsakteure angegebenen Unternehmen mit Sitz in der EU: • Angegebener WA existiert nicht (nicht im Handels- oder Gewerberegister eingetragen, Anschreiben postalisch unzustellbar oder lediglich Briefkastenadresse, Anfragen der MÜB werden nicht beantwortet). • Angegebener WA im Handels- oder Gewerberegister eingetragen, jedoch postalisch nicht erreichbar (Unter angegebener Adresse ggf. lediglich noch ein Briefkasten vorhanden, der nicht geleert wird). • Angegebener WA hat nur Mandat als Bevollmächtigter (EC-REP) und weigert sich, Einführerpflichten zu übernehmen, obwohl nach Rechtsvorschrift Einführer angegeben sein muss. • Angegebener WA steht in keinerlei Beziehung zum Produkt, seinem Hersteller, Einführer und Anmelder. • Angegebener WA hat sein Mandat als Bevollmächtigter niedergelegt. • Herstellervollmacht ist nicht vom Hersteller ausgestellt, sondern vom Händler im Drittland. • Herstellervollmacht beschreibt nicht oder unzureichend die in den Rechtsvorschriften beschriebenen Aufgaben und Pflichten der Bevollmächtigten („…ich bin nur als Steuerberater bevollmächtigt“). Referat V22 Produktsicherheit Seite 17
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.4 Erfahrungen mit Fulfilment-Dienstleistern im Zusammenhang mit der Anmeldung von Produkten zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in Hamburg • Von den in 2021 bis 10. August bisher bei Vormarktkontrollen überprüften 935 Produkten (davon 81% nicht konform) war ein großer Teil offensichtlich für die weitere Bereitstellung im Binnenmarkt durch Fulfilment-Dienstleister bestimmt, deren Verkäufer im Drittland ansässig sind (Zu erkennen ist dies daran, dass die zollrechtlichen Anmelder und Empfänger der Ware Unternehmen in einem Drittland und/oder Fulfilment-Dienstleister mit Sitz in der EU sind). • Auf diesen Produkten waren sofern überhaupt, Unternehmen mit Sitz in der EU angegeben, die zumeist als Bevollmächtigte gekennzeichnet (z.B. EC-REP:) und deutlich weniger solche, die klar als Einführer gekennzeichnet sind (z.B. Importet by…). • Auf den Produkten war bisher in keinem einzigen Fall ein Fulfilment-Dienstleister als Einführer, Bevollmächtigter des Herstellers im Drittland oder gemäß Artikel 4 (4) MÜ-VO als WA angegeben. • Im Einfuhrverfahren als Anmelder und/oder Empfänger beteiligte Fulfilment-Dienstleister konnten in keinem Einzelfall als WA i.S. von Artikel 4 der MÜ-VO identifiziert werden. Referat V22 Produktsicherheit Seite 18
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.5 Die Bedeutung von Vormarktkontrollen bei der Überprüfung von Produkten in Hamburg im Hinblick auf die Angabe von WA vor und nach Inkrafttreten der MÜ-VO • Nach den jeweils geltenden Rechtsvorschriften war auch schon vor Inkrafttreten der MÜ-VO grundsätzlich vorgeschrieben, dass auf Produkten Angaben zu den Einführern oder, sofern RaPS allein anwendbar, Bevollmächtigen mit Sitz in der EU gemacht oder ihnen beigefügt sind, was von der MÜB regelmäßig auch schon vor Inkrafttreten der MÜ-VO überprüft und ggf. bemängelt wurde. • Gemäß MaschRL 2006/42/EG war bisher erlaubt, an Maschinen lediglich Angaben zum Hersteller im Drittland und nur sofern vorhanden, zum Bevollmächtigten mit Sitz in der EU anzubringen. • Mit Inkrafttreten der MÜ-VO greift bei Maschinen jetzt neu ggf. zusätzlich Artikel 4 (4) MÜ-VO. Es müssen Angaben zu einem in der Union niedergelassener WA angebracht oder den Maschinen beigefügt sein, was von der MÜB insbesondere bei Maschinen, die für die weitere Bereitstellung auf dem Binnenmarkt bestimmt sind (z.B. 3D-Drucker und handgeführte Maschinen für den Online-Handel) seit Inkrafttreten der MÜ-VO überprüft und ggf. bemängelt wird. Gemäß Artikel 4 (2) d) MÜ-VO ist hier die Angabe eines Fulfilment-Dienstleisters erlaubt. Referat V22 Produktsicherheit Seite 19
ERFAHRUNGEN MIT FULFILMENT-DIENSTLEISTERN BEI VORMARKTKONTROLLEN (ZOLL-KONTROLLMITTEILUNGEN) 3.6 Kontrollquote bei Vormarktkontrollen • Die in 2021 bis 10. August bisher im Rahmen von Vormarktkontrollen vom Binnenmarkt ferngehaltene 756 nicht konforme Produkte (81% von 935) waren zumeist u.a. auch wegen fehlerhafter oder fehlender Angaben zum WA auf den Produkten nicht konform. • Diese 756 Produkte sind jedoch von der MÜB nur auf Basis der vom Zoll überprüften 3 bis 5 % der insgesamt zum freien Verkehr angemeldeten Non-Food-Produkte als nicht konform identifiziert worden. • Heißt: 95 bis 97 % der beim Zoll zur Abfertigung zum freien Verkehr angemeldeten Non-Food-Produkte werden nicht kontrolliert und gelangen absehbar ggf. auch mit entsprechenden Mängeln wegen fehlerhafter oder fehlender Angaben zum WA auf den Produkten in großen Mengen als nicht konforme Produkte in den Binnenmarkt. Referat V22 Produktsicherheit Seite 20
FAZIT AUS BISHERIGER VOLLZUGSPRAXIS DER MARKTÜBERWACHUNG (PRODSG) IN HAMBURG 4.1 Fazit aus bisheriger Vollzugspraxis im Hinblick auf Fulfilment-Dienstleister • Die Anwesenheit von Fulfilment-Dienstleistern in der EU als WA i.S. von Artikel 4 der MÜ-VO ist im Hinblick auf den Vollzug durch die MÜB entbehrlich, sofern Produkte gemäß den jeweiligen Rechtsvorschriften mit Angaben zu Einführern oder soweit anwendbar, Bevollmächtigten versehen sind (außer bei Maschinen, wenn kein Bevollmächtigter in der EU vorhanden ist). • Fulfilment-Dienstleister legen großen Wert darauf, nicht als WA i.S. von Artikel 4 der MÜ-VO identifiziert zu werden, sofern sie nicht als Dienstleister für die in Drittländern ansässigen Verkäufer als WA die entsprechenden Pflichten und Aufgaben der anzuwendenden Rechtsvorschriften offiziell übernehmen. • Bei Binnenmarktkontrollen im Onlinehandel gestaltet sich die belastbare Identifizierung von WA i.S. von Artikel 4 der MÜ-VO oftmals als sehr schwierig und aufwendig, wenn: - die Produkte nicht mit Angaben zu in der EU ansässigen Wirtschaftsakteuren gemäß anzuwendender Rechtsvorschriften versehen sind oder die Angaben nicht stimmen und - Fulfilment-Dienstleister als Dienstleister für die in Drittländern ansässigen Verkäufer die Pflichten und Aufgaben der jeweiligen Rechtsvorschriften nicht offiziell als WA übernommen haben. Referat V22 Produktsicherheit Seite 21
FAZIT AUS BISHERIGER VOLLZUGSPRAXIS DER MARKTÜBERWACHUNG (PRODSG) IN HAMBURG 4.2 Fazit aus bisheriger Vollzugspraxis im Hinblick auf effiziente Marktüberwachung bei Vormarkt- und Binnenmarktkontrollen Das Fernhalten nichtkonformer Produkte vom EU Binnenmarkt aufgrund fehlender produktverantwortlicher Wirtschaftsakteure in der EU ist derzeit im Rahmen von Vormarktkontrollen deutlich effizienter als die Entfernung solcher Produkte bei Binnenmarktkontrollen im Onlinehandel: • Der Verwaltungsaufwand ist bei Vormarktkontrollen deutlich geringer als bei Binnenmarktkontrollen, weil keine aufwendigen Verwaltungsverfahren gegen WA eingeleitet werden müssen. • Bei Vormarktkontrollen wird nach Mängelfeststellung zumeist der Marktzugang von sehr großen Warenmengen der jeweils überprüften Produkte verhindert. Bei Binnenmarktkontrollen im Onlinehandel sind die betroffenen Warenmengen der überprüften Produkte zunächst unklar. Umfassende Vormarktkontrollen im Hinblick auf die ordnungsgemäße Angaben zu Einführern oder sofern zulässig, Bevollmächtigen als WA gemäß Art. 4 MÜ-VO auf den Produkten bilden im Hinblick auf die schnelle Identifizierung der produktverantwortlichen Wirtschaftsakteure eine gute Basis für effiziente Binnenmarktkontrollen im Onlinehandel. Referat V22 Produktsicherheit Seite 22
FAZIT AUS BISHERIGER VOLLZUGSPRAXIS DER MARKTÜBERWACHUNG (PRODSG) IN HAMBURG 4.3 Fazit aus bisheriger Vollzugspraxis im Hinblick auf die Regelungen im Art. 4 MÜ-VO • Aus Vollzugssicht der Marktüberwachung (ProdSG) in Hamburg ist zu begrüßen, dass unbeschadet etwaiger Pflichten der Wirtschaftsakteure nach den anwendbaren Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union nun mit Art. 4 (3) MÜ-VO ein einheitlicher Mindestaufgabenkatalog für alle im Art. 4 (2) MÜ- VO genannten WA geschaffen wurde. • Ebenfalls ist zu begrüßen, dass damit über die bisherigen Rechtsgrundlagen hinaus zusätzlich nun auch Fulfilment-Dienstleister grundsätzlich Pflichten haben und als WA entsprechend herangezogen werden können, wenn sich die Onlinehändler in Drittländern befinden und keine Einführer oder Bevollmächtigten in der EU ansässig sind. • Dies ist aber in der bisherigen Praxis aus den zuvor dargestellten Gründen nur in wenigen Fällen umsetzbar, weil Fulfilment-Dienstleister leider oftmals nicht als WA im Sinne der MÜ-VO agieren bzw. identifizierbar sind und sich damit der Verantwortung entziehen. Referat V22 Produktsicherheit Seite 23
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT www.mediaserver.hamburg.de / Andreas Vallbracht
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