Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012

Die Seite wird erstellt Elias Krauß
 
WEITER LESEN
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Die „Straßenszene mit Dach“
 – eine ordnungspolitische
 Alternative für Straßenszenen
52. DHS-Fachkonferenz –
Forum 105 am 20. November 2012
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Hintergrund und Entstehung

2002/2003 -   massive Beschwerden
              (Anwohner, Geschäftstreibende und Passanten)

2003/2004 -   einjährige Probephase für einen „Trinkraum“

    2005 -    vorübergehende Finanzierung aus SGB II-Mitteln

2006/2007 -   Einrichtung zwei fester Arbeitsplätze mit jeweils
              30 Wochenstunden (mit Fördermitteln nach SGB II)

seit 2008 -   Zuwendungsverträge mit HEMPELs e.V.

    2010 -    Einrichtung eines weiteren „Trinkraumes“
              im Stadtteil Gaarden
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Rahmenbedingungen

   Gastraum mit ca. 80 m²

   Entfernung zur Innenstadt und zum Hauptbahnhof rd. 600 m,
    zum nächsten Discounter ca. 50 m

   Öffnungszeiten: Montag bis Freitag  9:00 bis 15:00 Uhr
    Gaarden:        Montag bis Samstag 10:00 bis 16:00 Uhr

   Verkauf nichtalkoholischer Getränke zum Selbstkostenpreis

   2 Tresenkräfte mit eigener Problemvergangenheit (30 Wochenstd.),
    die über Autorität und deeskalierende Fähigkeiten verfügen

   5 Wochenstunden für pädagogische Betreuung der Tresenkräfte
    und ggf. Krisenintervention
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Regeln für den Maßnahmeträger

 Respektierung der Persönlichkeit und Akzeptanz der
  persönlichen Lebensentscheidung der Besucher/innen

 Aushalten der Problemlagen
  („Du bist so wie Du bist und das ist okay!“)

   keine „verfolgende/verordnete“ Sozialarbeit

 Unterstützung/Hilfe nur auf ausdrückliche Nachfrage
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Regeln für Besucher/innen

Nicht erlaubt ist:

 der Konsum hochprozentiger Alkoholika

 der Konsum und Handel illegaler Drogen

 die Androhung oder Anwendung von Gewalt

 das Mitführen von Waffen
Die "Straßenszene mit Dach" - eine ordnungspolitische Alternative für Straßenszenen - DHS-Fachkonferenz - Forum 105 am 20. November 2012
Regelverletzungen

 Hausverbot für 1 Tag (z.B. Mitbringen von Hochprozentigem)
  ca. 2 x pro Monat

   Hausverbote für bis zu 4 Wochen
    (z.B. Androhung oder Ausübung von Gewalt)
    1 bis 2 pro Jahr

   Polizeieinsätze
    1 bis 2 im Jahr
Besucherstruktur

 ca. 20 % Frauen

 ca. 30 % Altersgruppe 18 – 30 Jahre

 ca. 50 % Altersgruppe 30 – 40 Jahre

 ca. 20 % Altersgruppe über 40 Jahre

 ca. 50 % sind tägliche Dauerstammgäste, ca. 25 % kommen in
  regelmäßig in größeren Abständen, ca. 25 % Fluktuation

 ca. 50 % Substituierte und Konsumenten illegaler Drogen

 überwiegend Menschen mit multiplen Problemlagen
Problemlagen

 SGB II: 72 %, SGB XII: 13 %, Rente 5 %, 10 % Diverses

 Substitution und Konsumenten illegaler Drogen: 50 %

 Alkoholkonsum - täglich: 49 %, regelmäßig: 10 %, manchmal: 33 %

 Hafterfahrungen: 49 %

 Ersatzfreiheitsstrafen: 41 %

 Verschuldung – über 1.000 €: 15 %,
                 über 5.000 €: 23 %,
                 über 10.000 €: 41 %
Persönliche Veränderungen

   Tagesstruktur

   Veränderung des Alkoholkonsums

   Ansätze zu Problembewusstsein/-veränderung

   Solidarität mit Personal – Konfliktdeeskalationsversuche –
    ehrenamtliche Mitarbeit

   Nachfrage nach Beschäftigungsmöglichkeiten z.B.
      - Straßenmagazinverkauf
      - 1€-Job in verschiedenen Vereinsbereichen

   Einsatzmöglichkeit für „Arbeit statt Strafe“
    2008: 1.000 Stunden - 2009: 750 Stunden
Nachfrage nach Beratung

 Geldverwaltung über Treuhandkonto: ca.   70 - 80 Teilnehmer/innen

 Nachfrage nach Beratung in 2011:         298 p.a. *

 Längere Beratungsprozesse in 2011:        45 p.a. *

   *) alle Angaben Trinkraum Gaarden
Befragungsergebnis zum Straßenaufenthalt

   „Kumpel treffen“    29 %

   Einsamkeit          26 %

   „Kneipe zu teuer“   12 %

   Langeweile          12 %

   „Szene treffen“     9%

   „Trinken“           9%

   Gespräche/Hilfe     3%
Weitere Gründe für den Aufenthalt und Dauer auf der Straße

 zu kleine Wohnungen

 Angst um den eigenen Wohnraum

 Kumpels treffen, nicht Freunde

 „nach draußen verlagertes Wohnzimmer“

 50 % bis zu 5 Stunden täglich

 50% bis zu 10 Stunden täglich

 80 % auch am Wochenende
Kosten Trinkraum Gaarden p.a.

Gesamtkosten p. a. rd.                            95.000 €
darin enthalten sind u.a.:

2 Tresenmitarbeiter à 30 Wochenstunden        - 30.500 €

2 x ehrenamtliche Mitarbeiter mit
Aufwandsentschädigung à 30 Wochenstunden      -    6.300 €

päd. Begleitung/Beratung (20 Wochenstunden)   - 17.500 €

Niedrigschwellige Beratung auf Nachfrage
(10 Wochenstunden)                            - 11.100 €

Mietkosten rd.                                - 20.000 €
Kontra „Trinkraum“

   Unterstützung von Alkoholismus

   Szene lässt sich nicht auflösen

   Die Menschen werden „weggesperrt/versteckt“

   Belohnung für unerwünschtes Verhalten („Erpressung“)

   Magnetwirkung

   Ärger mit Nachbarn und Anliegern
Pro „Trinkraum“

☺   Szene lässt sich nicht auflösen, nur vertreiben! Wohin?

☺   Verantwortung für Passanten und Anwohner („Angstraum“)

☺   Auch die Störer sind Bürger/innen dieser Stadt

☺   Sie erhalten einen eigenen geschützten Treffpunkt

☺   Ausgrenzung erhöht Ausweglosigkeit/Selbstaufgabe

☺   Ausstiegsoption

☺   Es gibt nichts zu verlieren!
„Die Straßenszene mit Dach“ auch ein Ansatz für die Suchthilfe?

 JA, mit diesem akzeptierenden Ansatz und geringem Reglement
 werden folgende Effekte erreicht:

  der Verzicht auf „Hochprozentiges“ ermöglicht verbesserte
    Eigenwahrnehmung und Problembewusstsein

  die „soziale Kontrolle“/der Eigenvergleich mit dem Konsumverhalten der
   anderen führt offensichtlich zur Konsumreduktion

  der geschützte Raum „ermuntert“ zum Ausprobieren von neuen
   Problemlösungsstrategien

  durch das Hilfeangebot ausschließlich auf Nachfrage werde ich wieder zur
   eigenverantwortlichen Person und bin nicht länger „Hilfeobjekt“
Dies Alles führt zu

 Verhütung von Verschlimmerung

 Stabilisierung der Lebenssituation

 Option auf Veränderung der Perspektivlosigkeit

Damit sind wichtige Voraussetzungen für die Gewährung
einer Hilfe nach § 67 ff SGB XII gegeben.
Eine Präsentation der
                              Landeshauptstadt Kiel
                              Amt für Wohnen
                              und Grundsicherung
                              Bildrechte:
                              M. Bustamante

  Vielen Dank für Ihr
      Interesse!
Noch Fragen? - Bitte!
        Christoph Schneider
„Es ist nicht so, dass hier nach Herzenslust gebechert wird, bis jeder
 bewusstlos oder Komasaufen ist hier überhaupt nicht angesagt. Gar
 nicht. Null. Hier ist auch Schnaps verboten. Das ist einfach nur, dass
 man hier zusammensitzen kann, wie ein normaler Bürger das auch mal
 tut und man trinkt ein Bier zusammen und unterhält sich und tauscht
 sich aus.“

 „Manchmal gibt es schon ein bisschen Stress, wenn einer mal
 ausrastet, ist irgendwie schlecht drauf oder so. Das kommt schon mal
 vor. Aber das wird dann gleich erledigt das Problem, von der
 Thekenmannschaft wird das erledigt. Dann kann es mal ein Hausverbot
 geben, wenn sich jemand schlecht benimmt. Dann kann er mal darüber
 nachdenken, ob er das noch mal macht, wenn er 14 Tage nicht hierher
 kommen darf. Und das trifft die meisten ziemlich hart. Die überlegen
 sich dann, ob sie das noch mal machen. Aber, aufgrund dieser
 Tatsache, läuft das eigentlich sehr zivilisiert und vernünftig ab hier…“

 P.G., Besucher, Mai 2010
19
Sie können auch lesen