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8 2020 19. Mai 2020 DIGITAL Lukas Buchheim, Jonas Dovern, Carla Krolage und Sebastian Link Zur Reaktion von Unternehmen auf die Coronakrise: Welche Rolle spielen die erwartete Krisendauer und die Geschäftslage vor der Krise? Abgeschlossen am 12. Mai 2020
ifo Schnelldienst Digital ISSN 2700-8371 Herausgeber: ifo Institut, Poschingerstraße 5, 81679 München, Telefon +49(89)9224-0, Telefax +49(89)985369, E-Mail: ifo@ifo.de Redaktion: Dr. Marga Jennewein, Dr. Cornelia Geißler. Redaktionskomitee: Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Dr. Yvonne Giesing, Dr. Christa Hainz, Prof. Dr. Chang Woon Nam. Vertrieb: ifo Institut Erscheinungsweise: unregelmäßig Nachdruck und sonstige Verbreitung (auch auszugsweise): Nur mit Quellenangabe und gegen Einsendung eines Belegexemplars. Kommerzielle Verwertung der Daten, auch über elektronische Medien, nur mit Genehmigung des ifo Instituts. im Internet: http://www.ifo.de
REAKTIONEN VON UNTERNEHMEN AUF DIE CORONAKRISE Lukas Buchheim*, Jonas Dovern**, Carla Krolage und Sebastian Link Zur Reaktion von Unternehmen auf die Coronakrise: Welche Rolle spielen die erwartete Krisendauer und die Geschäftslage vor der Krise? In einer neuen Studie (Buchheim et al. 2020a) analysie- IN KÜRZE ren wir die Reaktionen von Unternehmen in Deutsch- land im Zuge des Shutdown eines großen Teils der Wirtschaftstätigkeit aufgrund der Corona-Pandemie. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurde die Wirtschafts Diese untersucht erstmals die Anpassungsreaktionen tätigkeit in weiten Teilen der deutschen Volkswirtschaft in er- deutscher Unternehmen angesichts der Corona heblichem Maße heruntergefahren. Diese Studie untersucht krise.1 Dabei stehen zwei Forschungsfragen im Fokus: mithilfe der Daten aus der ifo Konjunkturumfrage, wie deutsche 1. Wie wirken sich bereits vor der Krise bestehende Unternehmen im Zuge dieses partiellen Shutdown ihre Erwar- Schwierigkeiten und die Erwartungen der Unter- tungen angepasst und welche Maßnahmen sie ergriffen haben. nehmen hinsichtlich des weiteren Fortschreitens Wir zeigen zunächst, dass die Krise bestehende Schwierigkei- der Krise auf ihre allgemeinen Geschäftsaussich- ten verstärkt: Unternehmen, die bereits vor der Krise in einer ten aus? schlechten Lage waren, sind von dieser stärker betroffen und 2. Wie erklären diese Faktoren die Heterogenität in erwarten zukünftig zusätzliche Probleme für ihre Unterneh- den von den Unternehmen getroffenen Maßnah- men zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen? men. Folglich bauen solche Unternehmen überdurchschnitt- lich häufig Arbeitsplätze ab und streichen Investitionen. Die Die Datengrundlage bilden die Daten aus der monat- Erwartungen hinsichtlich der Krisendauer sind ebenfalls eine lichen ifo Konjunkturumfrage, die eine repräsentative wichtige Determinante der getroffenen Maßnahmen: Unterneh- Stichprobe von Unternehmen aus allen relevanten men, die erwarten, dass die krisenbedingten Einschränkun- Sektoren der deutschen Volkswirtschaft abdeckt. Wir gen des öffentlichen Lebens mindestens vier Monate anhalten verwenden Antworten von etwa 6 000 Unternehmen aus der April-Umfrage, die eine Reihe von Sonderfra- werden, bauen deutlich häufiger Beschäftigung ab bzw. stor- gen zu Erwartungen und getroffenen Maßnahmen im nieren oder verschieben Investitionsprojekte als Firmen, die Zuge der Coronakrise enthielt.2 von einer schnellen Aufhebung der Restriktionen ausgehen. Ein besonderer Fokus liegt auf der von den Un- ternehmen erwarteten Dauer der Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Deutschland. Abbildung 1 zeigt die Verteilung dieser Erwartungen. Sie sind sehr die wir auf die Geschäftserwartungen und getroffe- heterogen und decken eine Spannbreite von 0,5 bis nen Maßnahmen zur Begrenzung des wirtschaftlichen 36 Monaten ab. Der Median der erwarteten Einschrän- Schadens identifizieren, kausal zu interpretieren. kungsdauer liegt bei drei Monaten. In Buchheim et al. (2020) zeigen wir, dass die Unterschiede zwischen den AUSWIRKUNGEN DER CORONAKRISE AUF Unternehmen unabhängig von verschiedenen Unter- GESCHÄFTSTÄTIGKEIT UND ERWARTUNGEN nehmensmerkmalen und deren Geschäftslage und Erwartungen vor der Corona-Pandemie sind. Dies Die Geschäftslage und -erwartungen deutscher Unter- ermöglicht es uns, alle Effekte dieser Erwartungen, nehmen haben sich im Zuge der Coronakrise insge- * Dr. Lukas Buchheim ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Semi- samt dramatisch verschlechtert (Litsche et al. 2020). nars für Bevölkerungsökonomik der LMU München und Mitglied des Dabei zeigen Analysen in Buchheim et al. (2020b), dass CESifo-Forschernerzwerks. ** Prof. Dr. Jonas Dovern ist Inhaber des Lehrstuhls für Statistik und Unternehmen unerwartet von der Krise getroffen wur- Ökonometrie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürn- den und sich die Geschäftsaussichten erst im Laufe berg und Mitglied des CESifo-Forschernerzwerks. 1 Im internationalen Kontext gibt es hierzu bisher ebenfalls wenig des Monats März verschlechterten. In Buchheim et al. Evidenz. Die Arbeit von Bartik et al. (2020) für die USA stellt hierbei (2020a) stellen wir fest, dass die Geschäftslage, in der eine Ausnahme dar. 2 Siehe Litsche et al. (2020) für eine deskriptive Auswertung dieser sich die Unternehmen vor der Krise befanden, einen Umfrage. erheblichen Teil der Heterogenität zwischen Unterneh- ifo Schnelldienst digital 8/2020 13. Mai 2020 1
REAKTIONEN VON UNTERNEHMEN AUF DIE CORONAKRISE Abb. 1 Wir interpretieren diese Ergebnisse dahingehend, Verteilung der erwarteten Dauer der Einschränkungen des öffentlichen Lebens dass weniger gesunde Unternehmen stärker in ihren Anteil der Unternehmen Mitteln zur Bewältigung der Krise eingeschränkt sein 0,25 könnten und daher erwarten, stärker von der Krise 0,2 betroffen zu sein. Des Weiteren haben die Erwartungen hinsicht- 0,15 lich der Dauer der Einschränkungen des öffentlichen 0,1 Lebens einen Einfluss auf die zukünftigen Geschäfts- aussichten, aber keinen starken Effekt auf die anfäng- 0,05 lichen, zum Befragungszeitpunkt bereits realisierten 0 Auswirkungen der Krise: 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Erwartete Dauer in Monaten Anmerkungen: Verteilung der Angaben der Unternehmen zur erwarteten Dauer der Einschränkungen des öffentlichen ‒ Die erwartete Dauer des Shutdown wirkt sich Lebens im Zuge der COVID -19-Pandemie. Die letzte Kategorie umfasst alle Antworten, die eine Shutdown -Dauer von mindestens 10 Monaten erwarten. bestenfalls schwach auf die anfänglichen Aus- Quelle: ifo Unternehmensbefragungen; Buchheim et al. (2020a). © ifo Institut wirkungen der Coronakrise auf die Unternehmen aus. ‒ Im Gegensatz dazu hat sie einen statistisch und men hinsichtlich der Auswirkungen der Coronakrise ökonomisch signifikanten Einfluss auf die zu- auf ihre Geschäftstätigkeit und ihre Zukunftserwar- kunftsgerichteten Variablen: die erwartete Auswir- tungen erklärt: kung der Krise auf den Umsatz, sowie allgemeine Geschäftserwartungen und Unsicherheit hinsicht- ‒ Unternehmen, die bereits geschwächt in die Krise lich der zukünftigen Geschäftsentwicklung. gestartet sind, berichten, dass ihre Geschäfts- tätigkeit durch die Coronakrise stärker negativ Die Auswirkungen der erwarteten Dauer der Ein- betroffen ist, während Unternehmen mit guten schränkungen des öffentlichen Lebens auf die zu- Vorbedingungen vergleichsweise weniger betrof- künftigen Geschäftsaussichten sind beträchtlich und fen sind. haben eine hohe Relevanz für die von den Unterneh- ‒ Die Geschäftsbedingungen vor der Krise sind men gewählten Anpassungsmechanismen. stark mit der erwarteten Umsatzveränderung aufgrund der Coronakrise verbunden, auch un- MASSNAHMEN DER UNTERNEHMEN IN DER ter Berücksichtigung der direkten Auswirkungen CORONAKRISE der Krise: Unternehmen mit guten Vorkrisenbe- dingungen erwarten, dass ihre durch die Corona- Die befragten Unternehmen berichten von einer Viel- krise bedingten Umsatzverluste um 2 Prozent- zahl von krisenbedingten Maßnahmen, die sie zum punkte geringer ausfallen werden als Unterneh- Zeitpunkt der Umfrage im April umgesetzt hatten.3 men, die ihre Geschäftslage im letzten Quar- Am häufigsten wird Homeoffice für Mitarbeiter ge- tal 2019 als durchschnittlich bezeichnet haben nannt (63% der Unternehmen, s. Abb. 2).4 Die Hälfte und einen Umsatzrückgang von 21% erwarten. der Unternehmen gibt an, Kurzarbeit zu nutzen.5 Umgekehrt erwarten Unternehmen, die sich 16% der Unternehmen berichten außerdem, mit Be- bereits vor der Krise in einer schlechten Lage schäftigungsabbau auf die Krise reagiert zu haben. befanden, höhere Umsatzeinbußen in ähnlicher In Bezug auf finanzielle Entscheidungen berichten Größenordnung. viele Unternehmen, Investitionsvorhaben entweder aufzuschieben (42%) und/oder diese gänzlich zu stor- nieren (21%). Gut 40% der Unternehmen berichten, Abb. 2 existierende Kreditlinien auszureizen, und knapp 20% Häufigkeit von getroffenen Maßnahmen im Zuge der Coronakrise haben zusätzliche Kreditlinien vereinbart. Unsere Analysen zeigen, dass die gewählten An- Homeoffice passungsmechanismen stark von der individuellen Kurzarbeit Situation der Unternehmen und ihren Erwartungen Verschiebung Investitionen 3 Siehe Litsche et al. (2020) für eine ausführlichere deskriptive Aus- Nutzung Kreditlinien wertung der von den Unternehmen getroffenen Maßnahmen nach Wirtschaftsbereichen. 4 Streichung Investitionen Damit kommt dem Homeoffice eine ähnliche Bedeutung zu wie in anderen Ländern: Im Vereinigten Königreich gaben 66% der Unter- Erschließung Kreditlinien nehmen an, dass sie derzeit Homeoffice nutzen (British Chambers of Commerce, 2020) und auch eine globalen Umfrage des Beratungsun- Beschäftigungsabbau ternehmens Mercer im März 2020, laut der 54% der Unternehmen diese Strategie nutzen, deutet in diese Richtung (Mercer, 2020). 5 0 10 20 30 40 50 60 70% Dies deckt sich mit der Meldung der Bundesagentur für Arbeit, Anmerkungen: Anteil der Unternehmen, die im April angaben, die jeweilige Maßnahme im Zuge der Coronakrise wonach zwischen Ende März und dem 26. April für ca. 10 Millionen umgesetzt zu haben. Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt wurde, die dadurch aktuell ein Quelle: ifo Unternehmensbefragungen; Buchheim et al. (2020a). © ifo Institut Rekordniveau erreicht hat (Bundesagentur für Arbeit, 2020) 2 ifo Schnelldienst digital 8/2020 19. Mai 2020
REAKTIONEN VON UNTERNEHMEN AUF DIE CORONAKRISE zum weiteren Krisenverlauf abhängen. Dabei ergibt Abb. 3 sich folgendes allgemeines Bild: Auswirkungen der Geschäftsbedingungen vor der Krise und der erwarteten Dauer des Shutdown auf die getroffenen Maßnahmen der Unternehmen: Beschäftigung ‒ Unternehmen, die sich bereits vor der Krise in (a) Homeoffice (b) Kurzarbeit (c) Beschäftigungsabbau einer schlechten Geschäftslage befanden, haben 0,65 0,65 0,25 häufiger schwerwiegendere Maßnahmen ergrif- 0,6 fen, z.B. die Entlassung von Mitarbeitern oder die 0,6 0,2 Streichung von Investitionsprojekten. 0,55 ‒ Unternehmen, die eine längere Einschränkung des 0,55 0,5 0,15 öffentlichen Lebens erwarten, setzen im stärke- 0,45 ren Umfang solche Maßnahmen um, die schwerer 0,5 0,4 0,1 zu revidieren sind. Gut Neutral Schlecht Gut Neutral Schlecht Gut Neutral Schlecht Geschäftslage Q4 / 2019 0,64 0,52 0,22 Die obere Zeile von Abbildung 3 zeigt den Zusam- menhang zwischen der Geschäftslage, in der sich 0,62 0,2 0,5 die Unternehmen vor der Krise befanden, und ih- 0,18 0,6 ren Anpassungen im Bereich der Beschäftigung. 0,16 0,48 Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich ex ante 0,58 0,14 schwache Unternehmen für drastischere Maßnahmen 0,56 0,46 0,12 entschieden haben: Unternehmen, die im vierten [0,2] [2,4] >4 [0,2] [2,4] >4 [0,2] [2,4] >4 Quartal 2019 eine schlechte Geschäftslage melde- Erwartete Dauer in Monaten ten, haben eine um etwa 5 Prozentpunkte höhere Anmerkungen: Die Abbildung zeigt die geschätzten Auswirkungen der Lage von Unternehmen vor der Krise und ihrer Erwartungen hinsichtlich der Dauer des Shutdown auf die Wahrscheinlichkeit, die folgenden Maßnahmen getroffen Wahrscheinlichkeit, Kurzarbeit anzumelden oder Be- zu haben: a) verstärkte Nutzung von Homeoffice, b) Kurzarbeit und c) Beschäftigungsabbau (z. B. Entlassungen, schäftigung abzubauen, als Unternehmen mit zuvor Nicht-Verlängerung). Die Schätzung kontrolliert darüber hinaus für die direkten Auswirkungen von COVID-19 auf die Geschäftstätigkeit der Unternehmen, die Größe und den Exportanteil der Unternehmen sowie für fixe Effekte auf durchschnittlichen Geschäftsbedingungen. Im Ge- Basis des Teilnahmedatums an der Umfrage, der Landkreise und des Wirtschaftszweigs (WZ-Zweisteller). Als Bezugs- punkt dient ein Unternehmen mit neutralen Geschäftsbedingungen vor der Krise bzw. Erwartungen eines kurzfristen gensatz hierzu finden wir, dass diese Unternehmen Shutdown und ansonsten durchschnittlichen Unternehmensmerkmalen. Konfidenzintervalle werden auf 95%-Niveau dargestellt. seltener auf Homeoffice setzen. Dies liegt mögli- Quelle: ifo Unternehmensbefragungen; Buchheim et al. (2020a). © ifo Institut cherweise daran, dass Kurzarbeit und Homeoffice Substitute sind. Die untere Zeile von Abbildung 3 zeigt den Effekt wenn auch in abgeschwächter Form. Diese Effekte von Erwartungen hinsichtlich der Dauer der Krise auf lassen sich potenziell durch Liquiditäts- oder Finan- die vorgenommenen Personalanpassungen. Erwar- zierungsprobleme erklären, da ex ante schwächere ten Unternehmen eine Aufrechterhaltung der Be- Unternehmen bestehende Kreditlinien häufiger ge- schränkungen des öffentlichen Lebens für mehr als nutzt haben. vier Monate, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit eines Die untere Zeile von Abbildung 4 zeigt, wie das Beschäftigungsabbaus um 4 Prozentpunkte im Ver- Investitions- und Liquiditätsmanagement von den Er- gleich zu Unternehmen, die einen kurzen Shutdown wartungen hinsichtlich der Krisendauer geprägt wird. erwarten. Allerdings stellen wir keine Auswirkungen Gehen Unternehmen davon aus, dass die Einschrän- auf die Wahrscheinlichkeit fest, dass Mitarbeiter die- kungen des öffentlichen Lebens vier Monate oder län- ser Unternehmen verstärkt ins Homeoffice oder in ger andauern werden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kurzarbeit geschickt werden. Vermutlich liegt dies sie Investitionsprojekte verschieben oder annullieren, daran, dass diese Maßnahmen relativ kostengünstig um etwa 5 Prozentpunkte höher als bei Unternehmen, und leicht rückgängig gemacht werden können und die davon ausgehen, dass die Krise höchstens zwei daher unabhängig von der erwarteten Krisendauer Monate dauern wird. Im Vergleich zur durchschnitt umgesetzt werden. lichen Häufigkeit beider Maßnahmen sind die Effekte Die obere Zeile von Abbildung 4 zeigt den Zu- der Erwartungen über die Krisendauer daher viel stär- sammenhang zwischen der Geschäftslage, in der sich ker für die weniger reversible Strategie, Investitionen die Unternehmen vor der Krise befanden, und ihrem zu stornieren (die von 19% der durchschnittlichen Un- krisenbedingten Investitions- und Liquiditätsmanage- ternehmen umgesetzt wurden) als für die reversiblere ment. Wir dokumentieren einen starken positiven Strategie, Investitionen zu verschieben (die von fast Zusammenhang zwischen Ex-ante-Geschäftslage und 45% der Unternehmen gewählt wurde). -Investitionstätigkeit: Unternehmen mit schlechter Vorkrisen-Geschäftslage melden deutlich häufiger, SCHLUSSFOLGERUNG dass sie bereits Investitionsprojekte storniert haben (6 Prozentpunkte häufiger im Vergleich zu Unterneh- Wir dokumentieren eine beträchtliche Heterogenität men mit neutralen Geschäftsbedingungen vor der in der Wahl verschiedener Maßnahmen von Unter- Krise und 11 Prozentpunkte häufiger als Unterneh- nehmen als Reaktion auf die Coronakrise. Diese sind men in zuvor guter Verfassung). Dieses Muster fin- – genau wie ihre aktuellen Geschäftsaussichten – sys- det sich auch für die Verschiebung von Investitionen, tematisch von der Geschäftslage der Unternehmen ifo Schnelldienst digital 8/2020 19. Mai 2020 3
REAKTIONEN VON UNTERNEHMEN AUF DIE CORONAKRISE Abb. 4 Auswirkungen der Geschäftsbedingungen vor der Krise und der erwarteten Dauer des Shutdown auf die getroffenen Maßnahmen der Unternehmen: Kredite und Investitionen (a) Verschiebung von (b) Streichung von (c) Nutzung (d) Erschließung Investitionen Investitionen bestehender Kreditlinien neuer Kreditlinien 0,5 0,3 0,5 0,2 0,18 0,45 0,25 0,45 0,16 0,4 0,2 0,4 0,14 0,35 0,15 0,35 0,12 Gut Neutral Schlecht Gut Neutral Schlecht Gut Neutral Schlecht Gut Neutral Schlecht Geschäftslage Q4 / 2019 0,5 0,26 0,46 0,2 0,48 0,24 0,44 0,18 0,46 0,22 0,42 0,44 0,2 0,16 0,42 0,18 0,4 0,4 0,16 0,38 0,14 [0,2] [2,4] >4 [0,2] [2,4] >4 [0,2] [2,4] >4 [0,2] [2,4] >4 Erwartete Dauer in Monaten Anmerkungen: Die Abbildung zeigt die geschätzten Auswirkungen der Lage von Unternehmen vor der Krise und ihrer Erwartungen hinsichtlich der Dauer des Shutdown auf die Wahrscheinlichkeit, die folgenden Maßnahmen getroffen zu haben: a) Verschiebung von Investitionsprojekten, b) Streichung von Investitionsprojekten, c) Nutzung bestehender Kreditlinien und d) Erschließung neuer Kreditlinien. Die Schätzung kontrolliert darüber hinaus für die direkten Auswirkungen von COVID-19 auf die Geschäftstätigkeit der Unternehmen, die Größe und den Exportanteil der Unternehmen sowie für fixe Effekte auf Basis des Teilnahmedatums an der Umfrage, der Landkreise und des Wirtschaftszweigs (WZ-Zweisteller). Als Bezugspunkt dient ein Unternehmen mit neutralen Geschäftsbedingungen vor der Krise bzw. Erwartungen eines kurzfristen Shutdown und ansonsten durchschnittlichen Unternehmensmerkmalen. Konfidenzintervalle werden auf 95%-Niveau dargestellt. Quelle: ifo Unternehmensbefragungen; Buchheim et al. (2020a). © ifo Institut vor der Krise und ihren Erwartungen über die weitere LITERATUR Dynamik der Pandemie abhängig. Bartik, A. W., M. Bertrand, Z. B. Cullen, E. L. Glaeser, M. Luca und Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die C. T. Stanton (2020), »How Are Small Businesses Adjusting to COVID-19? Early Evidence from a Survey« NBER Working Paper 26989. Erwartungen über die Dauer der Krise wichtige Ein- British Chambers of Commerce (2020), »BCC Coronavirus Business flussgrößen dafür sind, wie Unternehmen auf die Impact Tracker: First Results Show Heavy Toll on UK Business Com- Krise reagieren. Mit einer möglichst klaren Kommu- munities as Majority of Firms Face Cash Flow Crisis«, verfügbar unter: https://www.britishchambers.org.uk/news/2020/04/bcc-coronavirus-busi- nikation dieser Pläne könnte die Politik daher dazu ness-impact-tracker, aufgerufen am 2. Mai 2020. beitragen, potenziell kostspielige Planungsfehler auf Buchheim, L., J. Dovern, C. Krolage und S. Link (2020a), »Firm-level Seiten der Unternehmen zu vermeiden. Darüber hin Expectations and Behavior in Response to the COVID-19 Crisis«, CESifo Working Paper 8304. aus deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass die Buchheim, L., C. Krolage und S. Link (2020b), »Sudden Stop: Did Firms Krise bestehende Schwächen aus Vorkrisenzeiten Expect the COVID-19 Shutdown?« mimeo. verstärkt. Diese bereits schwachen Unternehmen Bundesagentur für Arbeit (2020), »Der Arbeitsmarkt im April 2020«, ver- benötigen daher möglicherweise mehr öffentliche fügbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/presse/2020-27-der-arbeits- markt-im-april-2020, aufgerufen am: 30. April 2020. Unterstützung, um die Krise zu überleben. Ob dies Litsche, S., S. Sauer und K. Wohlrabe (2020), »Konjunkturumfragen im gesellschaftlichen Interesse ist oder nicht, könnte im Fokus: Coronakrise trifft deutsche Wirtschaft mit voller Wucht«, im weiteren Zeitverlauf der Krise zu einem wichtigen ifo Schnelldienst 73 (5), 57–61. Thema in der öffentlichen Debatte werden. Mercer (2020), »Global Spot Survey #2: How Are Companies Responding to the COVID-19 Outbreak?«, verfügbar unter: https://app.keysurvey. com/reportmodule/REPORT2/report/1473410/1182824/0720e383a97d5e 5e2fadb54a643789cc?Dir=&Enc_Dir=894531f5&av=IxnIBAm77ac%3D&af- terVoting=3aab4e85739b&msig=0489d8874792106961f4fa5944ec949a, aufgerufen am: 02. Mai 2020. 4 ifo Schnelldienst digital 8/2020 13. Mai 2020
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