Digital Law Briefing - EY Law
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Digital Law Briefing Ausgabe 05 | 4. Quartal 2020 3 Die Schweiz passt ihr Datenschutzrecht dem EU-Standard an Nach intensiven Beratungen hat das Schweizer Bundesparlament am Aktuelles zu den 25. September 2020 das totalrevidierte Bundesgesetz über den Datenschutz rechtlichen Heraus- verabschiedet. forderungen 7 Daten im Ausland richtig schützen — Schrems-II Der EuGH hat das transatlantische Abkommen Privacy Shield gekippt, aber der Digitalisierung Standarddatenschutzklauseln bestätigt. Was Unternehmen jetzt tun müssen. 10 Microsoft Office 365 und Datenschutz — Eine regulatorische Odyssee Die durch die Corona-Pandemie beschleunigte digitale Transformation hin zu flexibleren Arbeitsformen mit Homeoffice haben Cloud-basierten Tools für kollaboratives Zusammenarbeiten einen regelrechten Boom verschafft. Trei- ber sind dabei Softwarelösungen, wie z.B. Microsoft Office 365 mit Microsoft Teams, die flexible Kommunikation und „modern Workplaces“ ermöglichen. 13 Ihre Ansprechpartner
Editorial Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, blickt man auf die vergangenen Monate zurück, darf man wohl feststellen, dass sich datenschutzrechtliche Themen — trotz Krise — nicht in der Krise befinden. Nach wie vor zeigt sich, dass der Datenschutz ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Debatte ist und auch, dass dessen Grenzen und Nutzen offen und kontrovers diskutiert werden — wie zum Beispiel bei Fragen der Kontaktverfolgung im Zusammenhang mit der Pandemie bekämpfung. Ebenfalls darf mit Spannung erwartet werden, ob weitere Gerichte dem LG Bonn folgen werden, das unlängst ein Bußgeld von EUR 9.500.000,00 auf weniger als 10% der ursprünglichen Summe „kürzte“. Ob es sich hierbei um eine Tendenz oder um einen Einzelfall handelt, bleibt abzuwarten. Allerdings haben sich auch altbekannte Themen weiterentwickelt: Erfreulich ist, dass die Schweiz die Totalrevision ihres Datenschutzgesetzes erfolgreich abgeschlossen hat. Holger Schlüter, LL.M. Eur Datenübermittlungen zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedsstaaten sollten also wei- Rechtsanwalt | Senior Associate terhin unproblematisch möglich sein. Im Gegensatz dazu haben die Entscheidungen des Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft EuGH und die Stellungnahme der Datenschutzkonferenz (DSK) Erstaunen und Handlungs- Steuerberatungsgesellschaft bedarfe ausgelöst: Mit der Schrems-II-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sind Berlin Telefon +49 30 25471 12585 Datenübermittlungen in die USA nicht mehr auf Grundlage des Privacy Shields möglich. holger.schlueter@de.ey.com Und laut der DSK ist ein datenschutzkonformer Einsatz von Office 365-Produkten derzeit nicht möglich. Das ist gerade in Zeiten von Homeoffice und Videokonferenzen beson- ders problematisch — vor allem, da es wohl an fast allen angebotenen Lösungen etwas (datenschutzrechtlich) auszusetzen gibt. Die These, dass Datenschutz nicht Selbstzweck ist, lässt sich stets gut an praktischen Beispielen erläutern: Das bis heute zweithöchste von einer Aufsichtsbehörde verhängte Bußgeld kommt aus Hamburg und geht an die H&M Hennes & Mauritz Online Shop A.B. & Co. KG. Hier wurden systematisch die privaten Lebensumstände von Mitarbeitern seit dem Jahr 2014 überwacht. Schon bei kurzen Urlaubs- und Krankheitsabwesenheiten führten Teamleader „Welcome Back Talks“ durch, bei denen vielfach nicht nur konkrete Urlaubserlebnisse, sondern auch Krankheitssymptome und Diagnosen erhoben, ana lysiert und bewertet wurden. Die Kooperationsbereitschaft des Unternehmens und der Umstand, dass den betroffenen Mitarbeitern eine Entschädigung gezahlt wurde, haben ein noch höheres Bußgeld verhindert. Dieser Fall macht jedoch deutlich, dass Datenschutz nicht bei der formalen Erfüllung von Dokumentationspflichten aufhört, sondern zur DNA eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter gehören sollte. Es zeigt aber auch, dass Datenschutz als Compliance-Thema stärker in den Fokus gerückt werden muss. Der Aufbau von angemessenen Sensibilisierungs-, Kontroll- und Verbesserungsprozessen sollte Bestandteil einer jeden Datenschutzstrategie sein. Datenschutzmanagementsysteme können hierbei hilfreich sein. Wünschen Sie hierzu oder zu auch den anderen Themen in dieser Ausgabe weiterführende Informationen, melden Sie sich gerne bei den jeweiligen Autoren. Einstweilen wünschen wir Ihnen mit dieser Ausgabe eine angenehme Winterlektüre, bleiben Sie gesund und uns gewogen. Holger Schlüter, LL.M. Eur Rechtsanwalt, Senior Associate
DAS NEUE SCHWEIZER DATENSCHUTZRECHT Die Schweiz passt ihr Datenschutzrecht dem EU-Standard an Nach intensiven Beratungen hat das Schweizer Bundesparlament am 25. September 2020 das totalrevidierte Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) verabschiedet. Obwohl mit dem Inkrafttreten nicht vor 2022 zu rechnen ist, sollten sich aufgrund des extraterritorialen Anwendungsbereichs und der weitestgehend fehlenden Übergangsfristen auch Unternehmen außerhalb der Schweiz bereits jetzt damit auseinandersetzen. Kurz nach Verabschiedung der EU-Daten- ergriffen werden kann. Sollte ein Refe- Anwendungsbereich schutz-Grundverordnung (DSGVO) im rendum zustande kommen, müsste das • Unter dem geltenden DSG sind neben Jahr 2016 hatte auch die Schweiz eine Schweizer Stimmvolk über die Gesetzes- Personendaten (NB: in der Schweiz Revision ihres Datenschutzgesetzes in vorlage abstimmen, wovon jedoch nicht wird von «Personendaten» statt «per- Angriff genommen, was letztlich fast vier auszugehen ist. In der Folge wird der sonenbezogene Daten» gesprochen) Jahre in Anspruch nahm. Ziel der Revi- Schweizer Bundesrat die neue Verordnung natürlicher Personen auch solche von sion war es zum einen, das aus dem zum Gesetz ausarbeiten und verabschie- juristischen Personen geschützt, also Jahr 1992 stammende geltende Gesetz den, weshalb anzunehmen ist, dass das Daten von Unternehmen. Diese an das Internet-Zeitalter anzupassen. revidierte DSG Anfang oder Mitte 2022 schweizerische Besonderheit wird mit Zum anderen sollte im gleichen Zug das in Kraft treten wird. dem revidierten Datenschutzgesetz DSG an die DSGVO angeglichen werden, aufgehoben, so dass betroffene Per- um so den Äquivalenz-Entscheid der Wichtigste Neuerungen sonen nur noch natürliche Personen Europäischen Kommission aufrechter- sind — gleich wie unter der DSGVO. halten zu können. Bei der folgenden Darstellung der wich- tigsten Neuerungen des revidierten • Das revidierte DSG ist auf alle Sach- Nach der Verabschiedung im Parlament Datenschutzgesetzes fallen sowohl die verhalte anwendbar, die sich in der läuft derzeit und noch bis zum 14. Januar in großen Zügen vorhandene Über- Schweiz auswirken, auch wenn sie im 2021 die Frist, während der gegen das einstimmung mit der DSGVO als auch Ausland veranlasst werden (sog. revidierte DSG ein Gesetzesreferendum gewisse Abweichungen auf: Auswirkungsprinzip). Das Gesetz kann damit auch auf Unternehmen mit Sitz z.B. in Deutschland anwendbar sein, wenn diese bspw. Daten von Personen in der Schweiz bearbeiten (NB: in der Schweiz wird von „Datenbearbeitung” statt „Datenverarbeitung” gesprochen). • Verantwortliche mit Sitz im Ausland müssen ferner neu eine Vertretung in der Schweiz bezeichnen, wenn sie Personendaten von Personen in der Schweiz bearbeiten und die Datenbe- arbeitung im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistun- gen oder der Beobachtung des Ver- haltens von Personen in der Schweiz steht. Im Gegensatz zum Pendant unter der DSGVO muss es sich aber zusätzlich um eine umfangreiche und regelmäßige Bearbeitung handeln, welche ein hohes Risiko für die Per- sönlichkeit der betroffenen Personen mit sich bringt. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 3
DAS NEUE SCHWEIZER DATENSCHUTZRECHT Gleichzeitig geht die Informations- pflicht bei Auslandstransfers weiter als unter der DSGVO. • Auch die Rechte der betroffenen Person wurden erweitert. Nebst dem etwas ausgebauten Auskunftsrecht steht der betroffenen Person unter gewissen Umständen ein Recht auf Datenherausgabe oder -übertragung (Datenportabilität) zu. • Die Regelung zur Auftragsbearbeitung wurde nur unwesentlich angepasst und ist weniger detailliert als in der DSGVO. Allerdings müssen Auftrags- bearbeiter vor Beizug eines Unter auftragsbearbeiters neu die Genehmi- gung des Verantwortlichen einholen. Datenschutzberater, Aufsichts- Grundprinzipien • E ine Verletzung der Datensicherheit, behörde, Sanktionen • I n Übereinstimmung mit der DSGVO welche dazu führt, dass Personen • Die Ernennung eines „Datenschutz müssen Datenbearbeitungen stets daten unbeabsichtigt oder widerrecht- beraters” ist im Gegensatz zum den Prinzipien Privacy by Design und lich verloren gehen, gelöscht, ver „Datenschutzbeauftragten” der DSGVO Privacy by Default genügen. nichtet oder verändert werden oder weiterhin ausnahmslos freiwillig. Sie Unbefugten offengelegt oder zugäng- bringt jedoch die Erleichterung mit sich, • Das revidierte DSG enthält anstelle lich gemacht werden, muss unter dass im Rahmen einer Datenschutz- des bisherigen Persönlichkeitsprofils dem revidierten DSG durch den Ver- Folgenabschätzung der EDÖB nicht in Bestimmungen zum Profiling und — als antwortlichen so rasch als möglich — die Risikobeurteilung miteinbezogen schweizerische Besonderheit — zum im Gegensatz zur DSGVO aber nicht werden muss. Profiling mit hohem Risiko, für wel- innerhalb einer spezifischen Frist — ches erhöhte Anforderungen gelten, der Aufsichtsbehörde gemeldet werden, • Die Stellung des EDÖB wurde im Ver- wie insbesondere die Ausdrücklichkeit d. h. dem Eidgenössischen Daten- gleich zum heutigen Gesetz gestärkt, einer allfälligen Einwilligung beim schutz- und Öffentlichkeitsbeauftrag- indem er nicht mehr nur Empfehlun- Profiling mit hohem Risiko. Abgesehen ten (EDÖB). Die Meldepflicht besteht gen aussprechen, sondern auch selbst davon ändert sich wenig im Zusam- nur, wenn die Verletzung voraussicht- über Verwaltungsmaßnahmen verfügen menhang mit dem Einwilligungserfor- lich zu einem hohen Risiko für die kann. Für Sanktionen, wie bspw. dernis, welches weniger weit geht als Persönlichkeit der betroffenen Person Bußen, bleiben jedoch auch künftig die in der DSGVO. führt. Unter gewissen Umständen kantonalen Strafverfolgungsbehörden muss der Verantwortliche auch die be- bzw. Gerichte zuständig. Bearbeitungsregister, DSFA, troffenen Personen über die Verletzung Meldepflichten informieren. • Durch das revidierte DSG können • Verantwortliche und Auftragsbearbeiter natürliche Personen auf Antrag unter müssen, wie unter der DSGVO, je ein Informationspflichten, Rechte der anderem für Verletzungen von Verzeichnis ihrer Bearbeitungstätig- betroffenen Personen, Auftrags- bestimmten Informations-, Auskunfts-, keiten führen, deren Mindestinhalt im bearbeiter Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten Gesetz aufgeführt ist. mit Bußen bis zu CHF 250.000,00 be- straft werden, allerdings nur bei vor- • Entsprechend der DSGVO muss der sätzlichem Handeln. Es handelt sich Verantwortliche vor Beginn einer um strafrechtliche Sanktionen gegen Datenbearbeitung eine Datenschutz- die verantwortlichen Personen im Folgenabschätzung (DSFA) durchfüh- Unternehmen (somit gegen das ren, sofern die Bearbeitung ein hohes Management). Administrative Bußen Risiko für die Persönlichkeit der gegen Unternehmen wie in der EU betroffenen Person mit sich bringen sind hingegen nicht vorgesehen. kann. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 4
DAS NEUE SCHWEIZER DATENSCHUTZRECHT Vergleich mit der DSGVO Auch wenn das revidierte DSG in Bei den meisten Abweichungen geht Die nachfolgende Grafik fasst die vielen Bereichen den Anforderungen das Schweizer Gesetz etwas weniger wesentlichen Unterschiede zwischen der DSGVO entspricht, sind die beiden weit und ist weniger formalistisch als die dem revidierten DSG und der DSGVO Gesetzestexte, wie aus den bisherigen DSGVO, in einzelnen Bereichen wurde nochmals zusammen: Ausführungen ersichtlich, nicht deckungs- hingegen ein strengerer „Swiss Finish” gleich. eingefügt. EU-DSGVO 1 revDSG 2 3 Rechenschafts- Anforderungen Meldepflichten pflicht und Rechts- an Auftrags- bei Verletzungen der grundlage bearbeiter Datensicherheit Unterscheidung (Verbotsprinzip) bei Profiling Übermittlung ins Ausland Erweiterte Ausdrücklichkeit Transparenz Informations- Definition der der Einwilligung und Fairness pflichten besonders Pflichten bei schützenswerten automatisierten Personendaten Einzelfall- entscheiden Mögliche Pflicht zur Datenschutz- Privacy by Design Ernennung Folgenab- Breitere Privacy by Default eines DPO schätzungen Informtionspflicht bei Daten- Rechte auf Aus- übermittlung kunft, Berichtigung und Löschung Verzeichnis Bußen für der Bearbeitungs- Datenportabilität Unternehmen Bußen tätigkeiten für natürliche Personen 1 DSGVO Anforderungen, welche über jene des revidierten DSG hinausgehen nforderungen, welche sowohl in der DSGVO als auch im revidierten DSG enthalten sind A 2 (vorbehaltlich gewisser Unterschiede/Abweichungen) 3 Anforderungen des revidierten DSG, welche über die DSGVO hinausgegen (sog. “Swiss Finish”) Anmerkung: Hierbei handelt es sich um eine Liste von Schlüsselanforderungen, welche keine abschliessende Anforderungsliste darstellt. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 5
DAS NEUE SCHWEIZER DATENSCHUTZRECHT Worauf sollte sich Ihr • Einfügen von Verweisen auf das DSG in Auftragsbearbeitungsverträgen Unternehmen konzentrieren? (und ggf. in weiteren Dokumenten) Für deutsche Unternehmen kann das • Ggf. Prüfung der Benennung eines revidierte Schweizer Datenschutzgesetz Datenschutzberaters insbesondere in den folgenden Fällen relevant sein: Deutsches Unternehmen betreibt eine Tochtergesellschaft in der Schweiz Deutsches Unternehmen bearbeitet Falls Ihr Unternehmen über eine oder Daten von Personen in der Schweiz mehrere Tochtergesellschaft(en) (oder Es empfiehlt sich, im Einzelfall zu prüfen, Zweigniederlassungen) in der Schweiz ob Ihre Datenbearbeitungen eine Aus- verfügt, ist auf diese ohne Weiteres wirkung auf die Schweiz haben können, schweizerisches Datenschutzrecht an- z.B. ob Ihr Unternehmen Daten von Per- wendbar. Sollte eine Tochtergesellschaft sonen in der Schweiz bearbeitet (eine nicht gleichzeitig auch der DSGVO Auswirkung kann aber auch in weiteren unterstehen oder sind noch keine oder Fällen vorliegen). Falls dies gegeben ist, nur teilweise Umsetzungsmaßnahmen sollten Verantwortliche weiter prüfen, • Überprüfung bestehender Daten- gemäß der DSGVO durchgeführt wor- ob diese Bearbeitungen die Vorausset- schutzinformationen auf ihre Konfor- den, fällt der Aufwand zur Umsetzung zungen erfüllen, wodurch eine Vertre- mität mit der erweiterten Informati- des revidierten DSG entsprechend grö- tung in der Schweiz bezeichnet werden onspflicht und Identifizierung sowie ßer aus. muss. Ausarbeitung fehlender Datenschutz- In dieser Situation empfehlen wir erklärungen Bei Anwendbarkeit des revidierten DSG folgendes Vorgehen, um Ihr Unterneh- gilt es, für die relevanten Datenbearbei- • Identifizierung bestehender Auftrags- men effizient auf das revidierte DSG tungen nebst den Anforderungen der bearbeiter und Überprüfung beste- und, sofern notwendig, die DSGVO vor- DSGVO auch jene des Schweizer Rechts hender Auftragsdatenbearbeitungs- zubereiten: zu erfüllen. Insofern Sie die Anforderun- verträge bzw. Abschluss neuer gen der DSGVO bereits umgesetzt haben, Verträge 1. Beurteilung der Anwendbarkeit der besteht allerdings ein nur begrenzter DSGVO zusätzlicher Aufwand, um auch dem revi- • Definition von Prozessen und Weglei- dierten DSG zu genügen. Hervorzuheben tungen zur Durchführung von Daten- 2. Durchführen eines Gap-Assessments sind etwa die folgenden Massnahmen: schutz-Folgenabschätzungen, zur (IST-/SOLL-Vergleich) Gewährleistung der Rechte der betrof- • Ergänzung der Datenschutzinforma fenen Personen und zum Vorgehen 3. Definition der Umsetzungsmaßnah- tionen und des Verzeichnisses der bei Datensicherheitsverletzungen. men und Festlegung eines Vorgehens- Bearbeitungstätigkeiten bezüglich Aus- plans landstransfers (Angabe Empfänger- Haben Sie Fragen zur Umsetzung des länder) revidierten Schweizer Datenschutz 4. Umsetzung der definierten Mass nahmen und laufende Optimierung gesetzes? Gerne unterstützen wir Sie • Prüfung, ob ggf. Daten zur Sozialhilfe dabei. bearbeitet werden und, falls ja, Erfül- In Bezug auf die einzelnen Umsetzungs- lung der Voraussetzungen bezüglich maßnahmen empfehlen wir, den Fokus besonders schützenswerter Personen- auf folgende Bereiche zu legen: Autoren daten • Bestimmung der unternehmensinter- Andreas Jaeggi • Anpassung der Konsultationsprozesse Rechtsanwalt | Director nen Zuständigkeiten für den Daten- bei Datenschutz-Folgenabschätzungen Ernst & Young AG, Bern/Zürich schutz (ggf. Ernennung eines Daten- Telefon +41 58 286 62 70 schutzberaters) andreas.jaeggi@ch.ey.com • Anpassung der Prozesse bezüglich Ramona Bollhalder der Rechte von betroffenen Personen • Erstellung des Verzeichnisses der Rechtsanwältin | Senior Consultant Ernst & Young AG, Zürich Bearbeitungstätigkeiten als Basis für • Anpassung der Meldeprozesse bei Telefon +41 58 286 43 12 weitere Umsetzungsmaßnahmen ramona.bollhalder@ch.ey.com Verletzungen der Datensicherheit Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 6
DAS URTEIL „ SCHREMS II“ DES EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF Daten im Ausland richtig schützen — Schrems-II Am 16. Juli 2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine klare Entscheidung zum EU-Datenschutz verkün- det, die Hunderttausende Unternehmen betrifft1. Und zwar alle, die bewusst oder unbewusst personenbezogene Daten in die USA senden. Das kann eine Tochtergesellschaft sein, die ihre Mitarbeiterdaten an die US-amerikani- sche Konzernmutter schickt. Auch der kleine Webshop, der seinen Newsletter von einem Dienstleister in den USA versenden lässt und diesem dazu die E-Mail-Adressen seiner Kunden übermittelt, ist betroffen. Selbst bei Video- konferenz-Systemen US-amerikanischer Anbieter wie Zoom oder Skype fließen personenbezogene Daten — neben E-Mail-Adressen oder Namen eben Bild- und Tondateien — sodass auch hier Handlungsbedarf besteht. Während die Luxemburger Richter das sogenannten Standarddatenschutzklau- abschließen — ein potenziell langwieri- transatlantische Abkommen Privacy seln erfolgt oder — was eher selten der ger und rechtlich wie logistisch komple- Shield kippten, haben sie gleichzeitig die Fall sein wird — unter einen der wenigen xer Prozess. Hinzu kommt, dass allein Standarddatenschutzklauseln in ihrer Ausnahmetatbestände fällt. Eine solche der Abschluss der Klauseln regelmäßig grundsätzlichen Wirksamkeit bestätigt Ausnahme stellen etwa verbindliche noch nicht genügt. Vielmehr muss der und damit zumindest einen Stillstand interne Datenschutzvorschriften hiesige Datenexporteur prüfen und des weltweiten Datentransfers verhindert. („Binding Corporate Rules“) dar. Diese bewerten, ob für die zu transferieren- Unternehmen sollten das Urteil ernst kommen allerdings nur für Datenüber- den Daten ein angemessenes Schutzni- nehmen, denn bei Verstößen gegen die mittlungen innerhalb einer Unternehmens- veau besteht und gegebenenfalls dafür Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gruppe in Betracht, gegenüber Micro- Sorge tragen, dass zusätzliche Garanti- drohen Geldbußen von bis zu EUR soft, Google und Co. helfen sie nicht. en einen unbefugten Datenzugriff ver- 20.000.000,00 oder bis zu vier Prozent Und auch sie müssen ein ausreichendes hindern. Dazu weiter unten. des weltweiten Jahresumsatzes. Sicherheitsniveau sicherstellen. Für eine Übermittlung in die USA hat Ab sofort Zusätzliche Garantien bei Daten- der EuGH entschieden, dass zusätzlich Da es keine Übergangsfrist gibt, besteht transfers in Drittländer zu den in den Standarddatenschutz- nach der EuGH-Entscheidung akuter Nun kurzerhand das Privacy Shield klauseln verankerten Prinzipien immer Handlungsbedarf. Ein personenbezoge- gegen Standarddatenschutzklauseln begleitende Garantien erforderlich sind, ner Datenaustausch mit den USA und auszutauschen, ist allerdings nicht um ein angemessenes Schutzniveau anderen sog. unsicheren Drittländern ist so einfach möglich. Denn diese muss ein sicherzustellen. Diese können etwa in in der Regel nur noch rechtssicher mög- Unternehmen mit jedem Vertragspart- der Verschlüsselung, Anonymisierung lich, wenn der Transfer auf Basis der ner individuell aushandeln und oder Pseudonymisierung der Daten bestehen. Gerade kleine Unternehmen, wie der Webshop aus unserem obigen Beispiel, fahren im Zweifel jedoch bes- ser, wenn sie — wo möglich — auf Anbie- ter in der EU setzen. Denn auch sie müssen sich ansonsten dem komplexen Regelungsprozess stellen. Zwar wurde die Entscheidung des EuGH in Datenschutzkreisen erwartet und nicht als große Überraschung wahrge- nommen, allerdings sorgte sie dennoch für einige Verwirrung, wie ein „ange- messenes Datenschutzniveau“ sicher gestellt werden könne. 1 http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&num=C-311/18. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 7
DAS URTEIL „ SCHREMS II“ DES EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF Fehlender Überblick vorgehen. In den USA ist das in den einschließlich 30. November 2020. Ein nicht zu unterschätzendes Problem Augen der EuGH-Richter nicht hinrei- Neben empfohlenen technischen Maß- ist, dass manche Unternehmen auf- chend möglich. Die Zusage der US- nahmen beinhaltet er insbesondere eine grund der Pauschalwirkung von Privacy Regierung, dass der Rechtsschutz für schrittweise Anleitung für die Evaluie- Shield keinen Überblick darüber haben, EU-Bürger auch in den USA möglich rung von Datenexporten. Obgleich noch welche Daten sie konkret in die USA sei, überzeugte den EuGH nicht. Die Änderungen im finalen Dokument zu übermitteln oder zu welchen Zwecken Luxemburger Richter erklärten darauf- erwarten sind, bietet er doch einen sinn- dies geschieht. Die zwingend notwen hin Privacy Shield, bzw. die darauf vollen, wenn auch bisher noch wenig dige interne Aufklärungsarbeit macht basierende Angemessenheitsentschlie- detaillierten, Stufenplan um mit den die Herausforderung dann oft umso ßung der EU-Kommission, für unwirksam. Anpassungsmaßnahmen zu beginnen schwieriger. Angesichts hoher Bußgelder (s. Erklärkasten). sollten Unternehmen Datenübertragun- Handlungsempfehlungen und neue gen in die USA sehr sorgsam betrachten Standarddatenschutzklauseln Auch die Europäische Kommission hat und im Zweifel eher aussetzen, bis die Mittlerweile hat sich auch der Euro zwischenzeitlich reagiert und neue Stan- aus dem Wegfall von Privacy Shield ent- päische Datenschutzausschuss der darddatenschutzklauseln — auch vorab standene Lücke geschlossen ist und Problematik der Datenübermittlungen im Entwurf — veröffentlicht4. Hier läuft individuelle Standarddatenschutzklau- in Drittländer angenommen und — die Frist zur öffentlichen Stellungnahme seln ausgehandelt sind. zunächst im Entwurf — Empfehlungen noch bis zum 10. Dezember 2020. zu Maßnahmen bei Drittlandtransfers Sobald die Klauseln in der finalen Fas- Max Schrems versus Facebook veröffentlicht3. Der Entwurf stand zur sung vorliegen, werden wir dazu noch Das ganze Verfahren ins Rollen gebracht öffentlichen Konsultation noch bis mal im Detail Stellung nehmen. hatte eine Beschwerde des Datenschüt- zers Max Schrems gegen Facebook Irland. Seit der EuGH 2015 das Vorgän- ger-Abkommen von Privacy Shield — Safe Harbour — gekippt hatte, übermittel- te Facebook weiter personenbezogene Daten an den Mutterkonzern in die USA — nach eigener Darstellung sowohl auf Basis der Standarddatenschutzklauseln als auch des Privacy Shields. Vor dem EuGH ging es daher sowohl um die Wirk- samkeit des Privacy Shields als auch um die der Standarddatenschutzklauseln. Am Ende folgte der EuGH im Wesent lichen der Argumentation von Schrems und begründete seine Entscheidung im Kern mit nicht ausreichenden Beschrän- kungen der Zugriffsberechtigungen US-amerikanischer Behörden auf perso- nenbezogene Daten von EU-Bürgern. Defizite Zugriffsmöglichkeiten auf personen bezogene Daten sind in der EU zwar grundsätzlich ebenfalls vorhanden — die Befugnisse der Geheimdienste von Bund und Ländern sollen laut einem stark kritisierten Gesetzesentwurf der Bundes- regierung sogar noch erweitert werden.2 Jedoch besteht ein entscheidender Unterschied: Als EU-Bürger kann man gegen solche Maßnahmen gerichtlich 2 https://www.tagesschau.de/inland/geheimdienste-messenger-103.html. 3 https://edpb.europa.eu/our-work-tools/public-consultations-art-704/2020/recommendations-012020-measures-supplement-transfer_en. 4 https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12741-Commission-Implementing-Decision-on-standard-contractual- clauses-for-the-transfer-of-personal-data-to-third-countries. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 8
DAS URTEIL „ SCHREMS II“ DES EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF Datenspeicherung in der EU prüfen nicht nur die Verarbeitung und Speiche- Vor diesem Hintergrund können Unter- rung der Daten in der EU erfolgen, nehmen die Entscheidung des EuGH und sondern beispielsweise auch der Sup- die Empfehlungen des EDSA nun zum port. Denn auch ein nur temporärer Anlass nehmen, die eigenen Datentrans- Zugriff auf EU-Daten aus den USA her- fers zu untersuchen und insbesondere aus, stellt bereits eine datenschutz- die tatsächliche Erforderlichkeit von rechtlich relevante Verarbeitung dar Autor Datentransfers in die USA und die Mög- und muss seinerseits — etwa durch Stan- lichkeiten einer Datenverarbeitung in darddatenschutzklauseln — legitimiert Guillaume Hersemeyer Rechtsanwalt | Senior Associate der EU zu prüfen. Doch bekanntlich sein. Eine sorgfältige Analyse der eigenen Ernst & Young Law GmbH, Berlin steckt der Teufel oft im Detail. So sollte Datenströme ist folglich unumgänglich. guillaume.hersemeyer@de.ey.com Was sind personenbezogene Daten? Alle Daten, die sich auf eine identifizierbare Person beziehen, diese also — zumindest mittelbar — identifizierbar machen. Dies kann etwa der Name oder die Adresse eines Menschen sein. Aber auch die E-Mail- oder sogar die IP-Adresse machen eine Person identifizierbar. Damit das strenge Datenschutzrecht der EU nicht dadurch umgangen wird, dass die Daten einfach in einem weniger regulierten Staat verarbeitet werden, gibt es besondere Schutzmaßnahmen. Dazu zählen — bzw. zählten — das EU-US Privacy Shield Abkommen und die Standardschutzklauseln: EU-US Privacy Shield Das Abkommen wurde zwischen der Europäischen Union und den USA ausgehandelt und ermöglichte es europäischen Unternehmen, personenbezogene Daten DSGVO-konform von US-amerikanischen Unternehmen verarbeiten zu lassen. Der EuGH hat dieses jetzt jedoch für ungültig erklärt mit der Begründung, dass durch das Abkommen kein angemessenes Datenschutzniveau hergestellt werden kann. Standarddatenschutzklauseln Dies sind von der Europäischen Kommission genehmigte vertragliche Garantien, welche die Einhaltung eines europäischen Datenschutzniveaus gewährleisten sollen. Mit deren Abschluss verpflichten sich Datenexporteur und -importeur, per- sonenbezogene Daten nur gemäß der EU-Datenschutzgrundsätze zu verarbeiten. Sie sind nicht nur gegenüber Vertrags- partnern in den USA sondern auch gegenüber solchen in anderen Drittländern anwendbar. Europäischer Datenschutzausschuss (EDSA) Der EDSA ist eine unabhängige europäische Einrichtung mit dem Ziel, die einheitliche Anwendung der DSGVO sicher zustellen und dient der Förderung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Datenschutzbehörden. Er setzt sich aus den 27 EU- und den 3 EEA- (Europäischer Wirtschaftsraum) Vertretern der nationalen Datenschutzbehörden und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) zusammen. Er gibt insbesondere Leitlinien und Handlungsempfehlungen heraus und berät die Europäische Kommission in Datenschutzfragen. Handlungsempfehlungen: Stufenplan des EDSA 1. Identifikation der Datentransfers und der jeweils übermittelten Daten in Drittländer, 2. Überprüfung des rechtlichen Instruments, auf das sich Ihr Transfer stützt (bspw. Angemessenheitsbeschluss, Standarddatenschutzklauseln etc.), 3. Prüfung, ob das Recht oder die tatsächliche Praxis des Drittlandes negative Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Transferinstruments haben kann, 4. Ermittlung und Umsetzung ergänzender Maßnahmen, um das Schutzniveau für die übermittelten Daten auf den „EU-Standard“ zu bringen, 5. Einleitung der formellen Verfahrensschritte, die in Zusammenhang — je nach Transferinstrument des Art. 46 DSGVO (unter 2.) — mit den ergänzenden Maßnahmen erforderlich sein könnten (bspw. Ergänzung der Vertragsdokumente), 6. Überwachung und regelmäßige Bewertung des Schutzniveaus in angemessenen Zeitabständen. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 9
MICROSOFT OFFICE 365 UND DATENSCHUTZ Microsoft Office 365 und Datenschutz — Eine regulatorische Odyssee Die durch die Corona-Pandemie beschleunigte digitale Transformation hin zu flexibleren Arbeitsformen mit Homeoffice haben Cloud-basierten Tools für kollaboratives Zusammenarbeiten einen regelrechten Boom verschafft. Treiber sind dabei Softwarelösungen, wie z.B. Microsoft Office 365 mit Microsoft Teams, die flexible Kommunikation und „modern Workplaces“ ermöglichen. Dabei steht Office 365 jedoch schon länger kritisch im Blickfeld der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Daten- schutzkonferenz, DSK), die sich kürzlich zum Einsatz von Office 365 geäußert hat. Beschluss der Datenschutzkonferenz Stand: Januar 2020“ geprüft. Der sowie dessen Umfang nicht ausreichend Die DSK hat zur datenschutzrechtlichen Arbeitskreis kam im September 2020 offengelegt werde. Weiterhin liege keine Bewertung von Office 365 den „Arbeits- zum Ergebnis, „dass auf Basis der ge- Rechtsgrundlage für die Übermittlung kreis Verwaltung zur Auftragsverarbei- nannten Unterlagen kein datenschutz- von Telemetrie-Diagnosedaten an Micro- tung bei Microsoft Office 365“ aufge- gerechter Einsatz von Microsoft Office soft vor. Auch sei der vertragliche stellt. Dieser hat „die dem Einsatz des 365 möglich ist“. Vorbehalt der Weitergabe von Daten in Produktes Microsoft Office 365 zu gesetzlich vorgeschrieben Fällen zu weit Grunde liegenden Online Service Terms Dabei wurde insbesondere moniert, gefasst. (OST) sowie die Datenschutzbestimmun- dass es den Dokumenten an Transparenz gen für Microsoft-Onlinedienste (Data fehle und die Art und Zweck der Verar- Diese Bewertung wurde von der DSK mit Processing Addendum / DPA) — jeweils beitung der personenbezogenen Daten nur 9 zu 8 Gegenstimmen der Mitglieder „mehrheitlich zustimmend zur Kenntnis genommen“ und kommuniziert. Bemerkenswert ist insofern, dass 8 von insgesamt 17Aufsichtsbehörden (u.a. Bayern und Baden-Württemberg) nicht zugestimmt haben, da die Gesamtbe- wertung „zu undifferenziert“ ausfalle. Folgen für Unternehmen, die Office 365 einsetzen Vor diesem Hintergrund stellt sich für Kunden (d.h. datenschutzrechtliche Ver- antwortliche) von Office 365 die Frage, ob der Einsatz der Softwarelösung von Microsoft nun weiterhin zulässig und erlaubt ist. Die Antwort: Ja! — wenn die Kunden ihren eigenen operativen Datenschutz zum Einsatz von Office 365 sicherstellen. Die Bewertung des Arbeitskreises und der Beschluss der DSK stellen keine bin- dende Entscheidung dar. Auch lassen sich die monierten Aspekte des Arbeits- kreises nicht von den Nutzern von Office 365 selbst beheben, sondern sind viel- mehr Gegenstand des Dialogs zwischen Microsoft und den europäischen Datenschutzbehörden. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 10
MICROSOFT OFFICE 365 UND DATENSCHUTZ Auch ist der Prüffokus der DSK nicht ganz eindeutig. Derzeit existieren über- geordnet mindestens zwei unterschied liche Produktgruppen von Microsoft, nämlich Office 365 und Microsoft 365, die je nach Gebrauch und Bedarf für private und geschäftliche Zwecke indivi- duell angepasst werden können. Eine nähere Aufklärung dazu erfolgte seitens der DSK bislang nicht. So handelt es sich bei Microsoft 365 im Vergleich zu Office 365 um ein Softwarepaket, dass die Funktionen von Office 365, Windows 10 und Enterprise Mobility + Security kombiniert und weitere „intelligente“ Features bereitstellt. Für beide Produkt- gruppen lassen sich auch unterschied- liche „Business“, „Enterprise“, „ProPlus“ oder private Lizenzen (wie „Student“ oder „Home“) abschließen, die beispiels- weise unterschiedliche Konfigurations- möglichkeiten hinsichtlich der Cloud- Integration ermöglichen. Seit Januar 2020 hat Microsoft im Übri- gen erhebliche Änderungen an den Vertragsdokumenten vorgenommen. Im Lichte der „Schrems-II“ Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Risikominimierende Maßnahmen und organisatorischen Maßnahmen, hat Microsoft ein „Additional Safegu- treffen spielt dabei eine entscheidende Rolle. ards Addendum to Standard Contractual Mit der Datenschutz-Folgenabschätzung Es sollte also ein umfassendes Schutz- Clauses“ veröffentlich. Microsoft argu- gem. Art. 35 DSGVO sollten Unternehmen konzept und eine Handlungsanweisung mentiert damit, den Einsatz von Office vorab prüfen, welche Risiken und Folgen hinsichtlich der Nutzung von Microsoft 365 datenschutzkonform(er) gestaltet für Betroffene durch die Anwendung Office 365 erstellt werden. zu haben, was von einigen deutschen von Microsoft Office 365 entstehen könn- Aufsichtsbehörden durchaus positiv zur ten. Auch wenn derzeit Unsicherheiten Denn tatsächlich kritisch wird der Ein- Kenntnis genommen wird (vgl. etwa hinsichtlich eines datenschutzkonformen satz von Office 365 dann, wenn die volle die Pressemitteilung vom 20.11.2020 Einsatzes von Office 365 bestehen, Bandbreite an Funktionalitäten zum des Landesbeauftragten für Datenschutz ist es möglich, innerhalb der jeweiligen Einsatz kommt, die beispielsweise eine und Informationsfreiheit Baden-Würt- eingesetzten Version, datenschutz- Mitarbeiterüberwachung gezielt ermög- temberg: „#DSGVOwirkt: Microsoft freundliche Voreinstellungen vorzuneh- licht. So besteht die Möglichkeit, dass passt sich europäischem Datenschutz men und damit präventive Maßnahmen durch eine neue Funktion des Office- an“). Details hierzu schauen wir uns in zu ergreifen. So können beispielsweise Pakets beispielsweise ein sog. Produkti- einem Folgeartikel in der nächsten Aus- Lese- oder Empfangsbestätigungen vitätswert des Arbeitnehmers durch den gabe dieses Briefings an. von Nachrichten in Microsoft Teams auf Arbeitgeber abgelesen werden kann. administrativer Ebene für sämtliche Damit wird aufgezeichnet, wann und ins- Nichtsdestotrotz obliegen den Kunden Nutzer deaktiviert werden, um einer Über- besondere wie oft die Mitarbeiter die von Microsoft als datenschutzrechtli- wachung der Mitarbeiter durch etwa Software benutzen, wann und wie viele chen Verantwortlichen die Pflichten aus Vorgesetzte zuvor zu kommen. Aber auch E-Mails sie mit Outlook verschickt der DSGVO, die sie beim Einsatz von gegenüber Microsoft können abhängig haben, bis hin zur Dauer und Häufigkeit Office 365 neben der Auftragsverarbei- von der eingesetzten Version des Pro- von Gesprächen. Eine namentliche Auf- tung zu beachten haben und die sie gramms Funktionalitäten wie „Surveys“ listung sei dabei nicht ausgeschlossen. bestenfalls gegenüber einer Aufsichts- zu dem Produkt abgeschaltet oder Dieses Risiko lässt sich jedoch mit der behörde im Rahmen ihrer Rechen- Telemetriedaten eingeschränkt werden. Veränderung von Standardeinstellungen schaftspflicht nachweisen können und Die Definition von Nutzungseinstellun- und der Umsetzung von datenschutz- müssen. gen, Zugriffsrechten sowie technischen freundlichen Voreinstellungen minimie- ren bzw. komplett abschalten. Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 11
MICROSOFT OFFICE 365 UND DATENSCHUTZ Bei der Auswahl entsprechender risiko- minimierender Maßnahmen haben sich Verantwortliche Unternehmen, die Office 365 (O365) einsetzen die Verantwortlichen wie bei anderen und nutzen, sollten aus datenschutzrechtlicher Sicht mindestens Verarbeitungstätigkeiten auch sonst an den Grundsätzen der Datenverarbeitung die folgenden Maßnahmen durchführen: aus Art. 5 DSGVO zu orientieren, wie etwa Transparenzmaßnahmen in Form von Datenschutzinformationen für die 1. Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung eigenen Mitarbeiter. • Identifikation, Prüfung und Dokumentation von Datenschutz-Risiken Risiko Drittlandtransfer beim Einsatz von O365 Mit dem Schrems-II-Urteil des EuGHs • Definition, Ableitung und Umsetzung von risikominimierenden Daten- vom 16. Juli 2020 (C-311/18), wurde das schutz-Maßnahmen (Privacy by Design/Default) sog. „EU-US Privacy Shield“ für ungültig erklärt. Demnach ist die Privacy-Shield- Zertifizierung der US-Unternehmen 2. Technische Maßnahmen keine geeignete Garantie für Datentrans- fers in bzw. aus den USA mehr, die im • Erstellung eines holistischen Schutzkonzepts Zuge der Nutzung von Office 365 und • Datensparsame Konfiguration entsprechend der Möglichkeiten des den damit regelmäßig verbunden Cloud- jeweiligen O365-Pakets Möglichkeiten stattfinden bzw. zumin- • Festlegung von Zugriffsrechten dest nicht ausgeschlossen sind. Auch übermittelt Microsoft Telemetriedaten ihrer Produkte, die zwar teilweise durch den verantwortlichen Nutzer limitiert, 3. Erlass einer Richtlinie/Policy zum Umgang mit O365 aber nicht vollständig unterbunden wer- den können. Der EuGH hat dem Privacy • Handlungsanweisung betreffend Funktionalitäten und Umgang mit O365 — insbesondere zu Einstellungen sowie zu bestimmten Beschränkungen Shield insbesondere deshalb die Garan- tiewirkung für ein hinreichendes Daten- schutzniveaus abgesprochen, weil in den USA sehr weitreichende geheim- 4. Datenübermittlungen in Drittländer dienstliche Zugriffsbefugnisse auf Daten der Nutzer dieser Services bestehen. • Prüfung und Dokumentation von Datenübermittlungen in Drittländer Dahingehend hat die EU-Kommission sowie der hierfür geeigneten Garantien und Rechtsgrundlage am 12. November 2020 einen Entwurf für die neuen EU-Standardvertrags klauseln veröffentlicht. 5. Sonstige organisatorische Maßnahmen Fazit • Bereitstellung von Datenschutzinformationen (für Kunden und Abschließend kann festgehalten werden, Mitarbeiter) dass es aktuell weiterhin keine vollstän- • Schulungen und Trainings von Mitarbeitern zur datenschutzkonformen dig zufriedenstellende Lösung für den Nutzung von O365 Einsatz von Office 365 aus datenschutz- rechtlicher Sicht gibt. Der Beschluss der DSK bedeutet aber auch kein Verbot oder unmittelbare Rechtswidrigkeit der vielfach eingesetzten Office-Lösung. Daher geht die Datenschutz-Odyssee von Microsoft Office 365 weiter und ver- Autoren antwortliche Unternehmen sind beim Einsatz der Software gehalten, auf die Eric Meyer, Dipl. iur. oec. (univ.) Aslihan Kilic damit einhergehenden Risiken mit Wirtschaftsjurist | Manager Wirtschaftsjuristin | Consultant Ernst & Young Law GmbH, München Ernst & Young Law GmbH, München geeigneten technischen und organisa Telefon +49 89 14331 11243 Telefon +49 89 14331 23376 torischen Maßnahmen zu reagieren. eric.meyer@de.ey.com aslihan.kilic@de.ey.com Digital Law Briefing 4. Quartal 2020 | 12
Ihre Ansprechpartner für Digital Law EY | Assurance | Tax | Strategy and Transactions | Consulting bei der EY Law Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Markt- Global Digital Law Leader, München führer in der Wirtschaftsprüfung, Steuer Dr. Peter Katko beratung, Transaktionsberatung und Manage mentberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Rechtsanwalt/Partner Wissen und unseren Leistungen stärken wir Telefon +49 89 14331 25951 weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und peter.katko@de.ey.com die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kun- denservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzu- bringen und entscheidend besser zu machen — Digital Law Leader GSA, Frankfurt/Eschborn für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten Dr. Stefan Krueger und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür Rechtsanwalt/Partner steht unser weltweiter Anspruch Building Telefon +49 6196 996 16716 a better working world. stefan.f.krueger@de.ey.com Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsun ternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mit gliedsunternehmen. Ernst & Young Global Berlin Limited ist eine Gesellschaft mit beschränk- Dr. Jyn Schultze-Melling, LL.M. ter Haftung nach englischem Recht und Rechtsanwalt/Partner erbringt keine Leistungen für Mandanten. Telefon +49 30 25471 16598 Informationen dazu, wie EY personenbezo- jyn.schultze-melling@de.ey.com gene Daten erhebt und verwendet, sowie eine Beschreibung der Rechte, die Per- sonen gemäß dem Datenschutzgesetz ha- ben, sind über ey.com/privacy verfügbar. Wei- tere Informationen zu unserer Organisation finden Sie unter ey.com. München In Deutschland ist EY an 20 Standorten Daniel Kaiser präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in Rechtsanwalt/Partner dieser Publikation auf alle deutschen Mit- Telefon +49 89 14331 13001 gliedsunternehmen von Ernst & Young Global daniel.kaiser@de.ey.com Limited. © 2020 Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft All Rights Reserved. GSA Agency SRE 2012-073 ED None Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt er- stellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eige Fotos: Gettyimages nen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuer- beratungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunter Lesen Sie das Tax & Law Magazine oder unsere wöchentlichen News nehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. bequem unterwegs und bleiben Sie über aktuelle Entwicklungen des Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater Steuerrechts informiert. Mit den Archivversionen ausgewählter Tax & zurate gezogen werden. Law Webcasts steht Ihnen eine weitere Wissensquelle zur Verfügung. ey.com/de
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