DIVERSITÄT IN KINDERBÜCHERN (ER)LEBEN - DIE WELT IST RUND UND BUNT 21.02.2021 - Fachhochschule Clara Hoffbauer ...

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DIVERSITÄT IN KINDERBÜCHERN (ER)LEBEN - DIE WELT IST RUND UND BUNT 21.02.2021 - Fachhochschule Clara Hoffbauer ...
DIVERSITÄT IN KINDERBÜCHERN (ER)LEBEN
                 DIE WELT IST RUND UND BUNT
                                 21.02.2021

 Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert, Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam
DIVERSITÄT IN KINDERBÜCHERN (ER)LEBEN - DIE WELT IST RUND UND BUNT 21.02.2021 - Fachhochschule Clara Hoffbauer ...
Inhalt
1. Theoriebündel
2. Vielfaltsthemen
3. Vorstellen von verschiedenen Bilder-, Kinder- und Jugendbüchern

                                                                     Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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THEORIEBÜNDEL
DIVERSITÄT IN KINDERBÜCHERN (ER)LEBEN - DIE WELT IST RUND UND BUNT 21.02.2021 - Fachhochschule Clara Hoffbauer ...
Diversity - Was ist das?
    ◦ Diversity bedeutet Vielfalt von Menschen und Lebensformen.
    ◦ Diversity zielt auf die Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen unabhängig von ihrer sozialen,
      ethnischen etc. Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder
      Weltanschauung, ihrem Lebensalter, ihrer physischen oder psychischen Fähigkeiten oder anderer Merkmale.
    ◦ Diversity heißt Gemeinsamkeiten entdecken. Dabei geht es nicht nur um die Unterschiedlichkeiten von
      Menschen und ihren Lebensentwürfen, sondern immer auch um die Entdeckung von Gemeinsamkeiten.
      Menschen können verschiedene ethnische Herkünfte oder Religionen und Weltanschauungen haben, aber im
      gleichen Alter, lesbisch und Mutter sein oder gleiche körperliche Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen haben.

    ◦ Diversity umzusetzen bedeutet, die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse und die Positionen
      jeder_s Einzelnen zu reflektieren.
    ◦   https://www.ewdv-diversity.de/diversity/diversity-was-ist-das/

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Ziel von Diversität
◦ „Das Ziel muss es sein, ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen zu können.“ (Amartya Sen, 2020, 33)
◦ „Es muss um den Verzicht auf jegliche Formen der Ausgrenzung von Menschen und die
  Unterstützung ihrer selbstbestimmten, gesellschaftlichen Teilhabe in allen Lebensabschnitten und allen
  Lebensbereichen gehen.“ (Heimlich, 2020, 6)

◦ Welchen Beitrag kann Literatur leisten? Wann wird sie überfrachtet?

                                                                       Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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Diversität in Kinderbüchern als Chance?

Zitat: „Zwischen außerliterarischen Lebenswelten und literarischen Thematisierungen und Inszenierungen […]
besteht ein generatives Wechselverhältnis, d.h. einerseits tragen die Texte dazu bei, Vorstellungen [..] zu
subvertieren (überdenken) oder zu perpetuieren (festigen) und andererseits werden in ihnen gesellschaftliche
Phänomene verhandelt.“ (Stritzke, 2011, S. 29)

◦ Welche gesellschaftlichen Themen, Normen, Werte und gesellschaftlichen Verhältnisse werden in
  Kinder- und Jugendbücher verhandelt und abgebildet? Welche nicht?
◦ Welche gesellschaftlichen Themen, Normen, Werte und Verhältnisse sollten in Kinder- und
  Jugendbücher verhandelt werden? Welche nicht?

                                                                        Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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Zitate
◦ „Erst in einem Umfeld, in dem Kinder Diversitätsbücher lesen, können andere Kulturen und Menschen als eine
  Selbstverständlichkeit angesehen werden. “ Jammeh-Siegel
◦ „Besonders im deutschsprachigen Raum besetzen Children of Color Rollen in Geschichten rund um
  Migrationsgeschichten oder Rassismus, und das macht mich traurig. Wenn ich meinem Kind eine
  Gutenachtgeschichte vorlese, möchte ich auch einfach mal eine Fantasie- oder auch neutrale Geschichte
  vorlesen. Leider werden in Märchen oder Prinzessinnengeschichten nie oder nur sehr selten Children of Color in
  die Hauptrolle genommen. Das deprimiert mich und viele andere Familien.“
◦ Warum ist es wichtig, dass Kinder geeignete Identifikationsfiguren in Büchern sehen? Jammeh-Siegel: „Ein Kind
  kann nur das werden, was er oder sie sieht. Wenn da nichts ist, das als Vorbild für das Kind fungieren kann, wird
  es schwierig. Wenn das Kind ausschließlich weiße Ärzt*innen und Politiker*innen sieht, glaubt es nicht, diese
  Berufe ergreifen zu können. Sie glauben, dass es nicht ihre Identität ist. Das war bei mir nicht anders. In meinen
  Kinderbüchern kamen lauter weiße Prinzessinnen vor, ich dachte also nicht, dass ich eine sein könnte. Und selbst
  sehr junge Children of Color sehen es nicht als Selbstverständlichkeit an, dass sie in Büchern abgebildet sind.
  Mein Neffe strahlt jedes Mal, wenn er von mir ein Buch mit Schwarzen Kindern geschenkt bekommt.“
◦ Quelle: https://www.spiegel.de/familie/diversitaet-in-kinderbuechern-schwarze-prinzessinnen-und-maennliche-meerjungfrauen-a-dc349201-c14d-4ffd-a182-9436832b967d
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Diversität in Kinderbüchern
◦ In Literatur schreiben sich gesellschaftliche Bedingungen, Lebensweisen, Ansichten, Haltungen, Normen,
  Werte (un)bewusst ein.
◦ Wenn diese nicht geteilt werden von allen Leser*innen, dann kommt es zu Kommentaren, Anmerkungen,
  Diskussionen, Abwertungen etc.
◦ Die Schwierigkeit besteht darin, die Literatur als fiktionalen Raum anzuerkennen; sie nicht als reine
  Abbildung von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen zu betrachten und sie auch nicht als solche zu
  missbrauchen.
◦ Literatur verändert oder perpetuiert gesellschaftliche Verhältnisse nicht; sie ist auch keine Pädagogin; sie kann
  aber als Ausgangspunkt von Betrachtungen, Einsichten, Dialogen etc. dienen

                                                                             Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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Vielfalt in Kinderbüchern bedeutet…
◦ Sichtbarmachen von Vielfalt, von Unterschieden und Gemeinsamkeiten
◦ Sichtbarmachung von marginalisierten Randgruppen
◦ Vielfältige Identifikationsschablonen anbieten, Begegnung mit sich selbst ermöglichen im Sinne einer Subjektwerdung, Intersektionalität
  berücksichtigen
◦ Alteritätserfahrungen zu thematisieren: Fremdverstehen, Empathie, Einüben von Perspektivwechseln
◦ Othering zu erkennen und zu überwinden: Ausgrenzungspraktiken wahrnehmen, Diskriminierungen überwinden, Rassismen aufdecken
◦ Urteilsbewusstsein entwickeln, eine neue Sichtweise finden, evtl. neue Sprachpraxen entwickeln
◦ Adultismus und Bevormundung überwinden, Selbstbestimmung anstreben, Moralisierungstendenzen überwinden
◦ Auseinandersetzung mit individuellen und gesellschaftlichen Konflikten aufzeigen und einen Dialog anregen, Handlungsalternativen
  thematisieren, Empowern
◦ Copingstrategien in Krisen anbieten
◦ Verantwortliche Handlungsweisen anbieten, Strategien zu einem friedlichen, demokratischen, solidarischem Zusammenleben aufzeigen
◦ Abbauen von Barrieren, die das Lesen verhindern
https://kulturshaker.de/vorurteilsfreie-kinderbuecher-voll-diversitaet/                 Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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Themenvielfalt
Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Fluchterfahrungen, People of Color, inter- bzw. transkulturelle
/interreligiöse Lebenswirklichkeiten, Armutserfahrungen im kindlichen/familiären Alltag,
Identifikationsmöglichkeiten für diverse Familienkonstellationen: Ein-Elter-Familien, LGBTIQ-Eltern- und Kinder-
Konstellationen und –Erfahrungen, „Patchwork“-Familien, bildungsferne Familien, Familien mit alltäglichen
Armutserfahrungen, Familien mit Adoptiv- oder Pflegekindern, Kinder ohne Eltern, Wertevielfalt, Sprachvielfalt und
Sprachpraxen: Mehrsprachigkeit, Dialekte, sprachliche Besonderheiten, Einschränkung, Kulturen und Herkunft
erfahrbar machen: Essen, Begrüßungen, Tanzen, Gewohnheiten, Bräuche, Musik, Feste, Rituale, Kleidung,
Geschlecht, Geschlechterrollen, vielfältige Gender-Identitäten (LGBTIQ), sexuelle Orientierung,
Geschlechterzuschreibungen, Menschenrechte, Frauenrechte, Erfahrungen mit Trauma, Krankheit, Tod, Politische
Einstellungen, Berufe im Zusammenhang mit Genderrollen, Umwelt, Umweltbewusstsein, Verhältnis zur Natur,
Konsumverhalten, Krieg

Aber auch: Gefühle aus verschiedenen Sichtweisen erfahrbar machen, Perspektivwechsel, Empathie-Fähigkeit,
solidarisches Verhalten, Menschlichkeit

                                                                            Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
VIELFALTSTHEMEN
BEHINDERUNG
Behinderung
     ◦ Begriff der Behinderung: UN-BRK: Behinderung wird nicht als Eigenschaft einer Person gesehen (behindert
       sein), sondern als soziale Aktivität (behindert werden), die sich durch Barrieren, Ausgrenzungen und
       Benachteiligungen auszeichnet.
     ◦ Inklusion als „Enthaltensein in Etwas“, im Gegensatz zur Integration wird ein Ganzes nicht wieder hergestellt,
       sondern das Ganze ist von vornherein gegeben, es gibt keine vorausgehende Separation (full inclusion, responsible
       inclusion)
     ◦ Inklusion als Teilhabe – Teilgabe – Teilsein
     ◦ Pädagogik der Vielheit (Prengel, 1995) versteht Heterogenität als Verschiedenheit, Vielschichtigkeit,
       Veränderlichkeit, Unbestimmbarkeit; Denkfigur der egalitären Differenz: Die Prinzipien von Gleichheit und
       Verschiedenheit sind unauflöslich miteinander verbunden, beide bedingen einander. Gleichheit ohne Differenz wäre
       Gleichschaltung, und Differenz ohne Gleichheit wäre Hierarchie.
     ◦ Inklusive Pädagogik als demokratische Pädagogik: Nach Dewey (1939/1988) besteht die Aufgabe der
       Demokratie darin, Erfahrungen hervorzubringen, an denen alle teilhaben und zu denen alle etwas beitragen
       können.
     ◦ Inklusion wird erst dann erfahrbar, wenn Menschen nicht nur teilhaben, sondern auch etwas beitragen
       können.
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Was brauchen Bücher zum Thema Behinderung?
◦ Mut, Dinge die schmerzhaft sind, anzusprechen und nicht zu verharmlosen
◦ keine Marginalisierungen und Vereinfachungen
◦ einen reflektierten Behindertenbegriff, welcher das Behindert werden thematisiert
◦ Inklusion (Teilhabe –Teilgabe – Teilsein)
◦ unterschiedliche Sichtweisen von Betroffenen: Bücher, die schon beim Schreiben Sichtweisen von Betroffenen einbeziehen
◦ Barrierefreiheit, Zugänge (Schriftgröße, Einfache Sprache etc.); Abbau von Bevormundung
„Als ich Kind war, las mir meine Mutter regelmäßig aus dem Buch: Peter ist der allerkleinste Riese vor. Es handelt von einem
Jungen mit einer Gehbehinderung. Jedes Mal, wenn wir es lasen, musste ich weinen. Ich mochte das Buch zwar, aber irgendwie
fühlte ich mich nie wohl dabei, die Geschichte von Peter zu hören. Als wir in der Grundschule dann im Religionsunterricht „Die
Vorstadtkrokodile“ auf Video sahen, wurde mir klar, warum ich beim allerkleinsten Riesen traurig wurde: Es war, als blickte ich in
einen Spiegel. Es fühlte sich an, als ob ich wie Peter bin.
Ich dachte mir: so sieht das also aus, wenn man mit dir zusammen ist. So anders siehst du auch aus. Ich wäre jedes Mal am liebsten
vor Scham im Boden versunken. Aber es ging nicht. Inzwischen bin ich froh, dass meine Eltern mir immer wieder Bücher und
Filme mit dem Thema Behinderung zeigten. Es fühlte sich nie pädagogisch an. Es waren einfach Kindergeschichten, die mir mal
gefielen und mal nicht. Die Scham wurde dadurch weniger.“ Raul Krauthausen, https://raul.de/leben-mit-
behinderung/kinderbuecher/
Meritxell Martí und Xavier Salomó: Unter den Wellen
                     ◦ Ein Strand, zwei Kinder und was sich unter den Wellen verbirgt.
                       Diese scheinbar einfache Geschichte einer zufälligen Begegnung
                       zweier Kinder am Meer hat ebenso viel Tiefgang wie der Tauchgang
                       des kleinen Jungen Marc. Da niemand mit ihm spielen möchte,
                       taucht Marc in eine Fantasiewelt ab und sucht in den Tiefen des
                       Ozeans nach verborgenen Schätzen. Erst als Marc wieder an Land
                       ist, bemerkt der andere kleine Junge, der zuvor nicht mit Marc
                       spielen wollte, weil der nur in seinem Schwimmring auf dem Wasser
                       herumtrieb, dass Marc gelähmt ist und einen Rollstuhl braucht, und
                       bereut sein Verhalten. Auf seine Weise taucht also auch er in die
                       Tiefe und entdeckt in sich Menschlichkeit und Mitgefühl, die das
                       Leben so wunderbar machen wie ein Tag am Strand.
                     ◦ Eine herzerwärmende Kindergeschichte zum Thema Inklusion.
                       Wozu sind wir fähig und was ist wirklich wichtig im Leben?

                                                   Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Menena Cottin: Das schwarze Buch der Farben
                           ◦ Das schwarze Buch der Farben« ist ein
                             außergewöhnliches, ein besonderes Bilderbuch.
                             Die Farben werden auf der linken Seite mit
                             einem Satz beschrieben: wie sie riechen, wie sie
                             schmecken, wie sie sich anfühlen, z. B. Gelb ist
                             so weich wie der Flaum von Küken. Der
                             beschreibende Satz wird in Braille-Schrift
                             wiederholt. Auf der rechten Seite sind die
                             beschriebenen Dinge reliefartig abgedruckt und
                             damit mit den Fingerspitzen erfühlbar. Ein Buch,
                             das alle Sinne sensibilisiert und Kinder (und auch
                             Erwachsene) erahnen lässt, was es heißt, blind zu
                             sein.

                                         Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Jutta Langreuter & Jeremy Langreuter: Oskar
                            ◦ Vielfaltskriterien: Identifikationsmöglichkeiten für diverse
                              Familienkonstellationen, unkonventionelle Erziehung, Behinderung?

                            ◦ KIMI-Faktor: Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn es nicht mehr da
                              ist. Dies verdeutlicht das Buch mit witzigen sowie charmanten Bildern
                              und Worten. Es zeigt, was wirklich wichtig ist.

                            ◦ Inhalt: Oskar – so heißt der Bruder des Vaters, der in das Haus
                              einziehen möchte, in dem bereits die ganze Familie wohnt. Doch wie ist
                              Oskar so? Er hat keine Lust im Haushalt zu helfen, möchte sich aber um
                              jedes Familienmitglied kümmern. Beim Spiel mit den Kindern wird er
                              zum Piraten, singt mit Opa Lieder und verhilft der Uroma zum
                              heimlichen Genuss von Süßigkeiten. Er kocht köstlich und kleckert dabei
                              alles voll, so auch das Kleid von Mamas Chefin. Er wirbelt alles
                              durcheinander und muss letztlich die Familie verlassen. Doch dann merkt
                              die Familie, wie glücklich sie mit Oskar war und setzt alles in Bewegung,
                              um ihn zurückzuholen. Oskar ist eine Bilderbuchgeschichte über einen
                              Sonderling und Glücksbringer.

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Frauke Angel, Stephanie Brittnacher: Oma Kuckuck
„Seit ich denken kann, hat meine Oma einen Vogel.
Er wohnt in dem kleinen Häuschen in Omas
großem Haus. „Kuckuck!“, ruft Omas Vogel
einmal und ist ganz aus dem Häuschen. Dann weiß
ich, dass es bald Essen geben wird. Jeden Sonntag
kocht Oma Kuckuck für uns Vanillesuppe mit
Himbeeren. Die schmeckt meistens köstlich. Doch
in letzter Zeit ist sie auch ein bisschen schräg. Ein
Bilderbuch über Demenz. „

                                                        Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Katya Balen: Mein Bruder und ich und das ganze
        Universum
        ◦ Vielfaltskriterien: Menschen mit Behinderungen, Autismus,
          schwierige Familienverhältnisse, Akzeptanz
        ◦ KIMI-Faktor: Auf liebevolle Art und Weise gelingt es der Autorin
          ein schwieriges Thema für Kinder und Jugendliche zugänglich und
          verständlich zu machen. Die Hauptfigur Frank macht eine
          Entwicklung durch von Zorn und Eifersucht zu Akzeptanz und
          sogar Stolz.
        ◦ Inhalt: In diesem Buch geht es um den 10-jährigen Frank und sein
          Leben mit seinen Eltern, seinen Freunden – und seinem Bruder
          Max. Max nervt. Er ist fünf Jahre alt, „benimmt sich aber wie ein
          Baby“, spricht mit den Händen und bekommt Anfälle, wenn es ihm
          zu laut ist oder wenn etwas anders ist als sonst. Max ist Autist.
          Deswegen braucht er viel Hilfe und Unterstützung, vor allem von
          seinen Eltern. Die wiederum sind ziemlich gestresst und obwohl sie
          es versuchen, haben sie kaum Zeit für Frank. Er ist deshalb sauer
          auf Max und manchmal auch eifersüchtig. Richtig wütend wird er
          aber, wenn der fiese Noah aus seiner Klasse über Max lästert.

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GESCHLECHT UND
    GENDER
Gender, Geschlecht, Sexualität, Romantik
Gender und Geschlecht                                  Begriffe für Sexualität                                 Romantische Neigung

agender, neutrois: identifiziert sich nicht als        asexuell: fühlt sich zu niemandem hingezogen            aromantisch: fühlt sich romantisch zu
bestimmtes Geschlecht                                                                                          niemandem hingezogen
androgyn: identifiziert sich als drittes               bisexuell: fühlt sich zu Männern und Frauen             biromantisch: fühlt sich zu Männern und Frauen
Geschlecht, bei dem männliche und weibliche            hingezogen                                              hingezogen
Merkmale miteinander verschmelzen
bigender, genderfluid: manchmal männlich,              cupiosexuell: empfindet keine sexuelle                  cupioromantisch: empfindet keine Romantik ist
manchmal weiblich                                      Anziehung, ist aber an Sexualität interessiert          aber daran interessiert
cis, cisgender: Gender stimmt mit dem seit der         greysexuell: empfindet nur gelegentlich sexuelle        heteroromantisch: fühlt sich zu Menschen des
Geburt zugewiesenen Geschlecht überein                 Anziehung                                               anderen Geschlechts hingezogen
Genderquestioning: unsichere Identifikation            heterosexuell: fühlt sich körperlich zu Menschen        homoromantisch: fühlt sich zu Menschen des
                                                       des anderen Geschlechts hingezogen                      selben Geschlechts romantisch hingezogen
genderqueer, nichtbinär: Identität passt nicht ins     homosexuell: fühlt sich zu Menschen des selben          panromantisch: fühlt sich zu Menschen auf dem
Zweiersystem                                           Geschlechts hingezogen                                  gesamten Genderspektrum hingezogen
intersexuell: lässt sich nicht eindeutig einem biol.   pansexuell, omnisexuell: fühlt sich zu Menschen         quoiromantisch: versteht den Unterschied
Geschlecht zuordnen                                    des gesamten Geschlechtsspektrum hingezogen             zwischen romantischer und platonscher Liebe
                                                                                                               nicht
trans*, transgender: Gender und Geschlecht
passen nicht zusammen
                                                                                                        Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Vielfalt von Geschlecht und Gender
     ◦ „Die Existenz von geschlechtsuneindeutigen Menschen wird als bedrohlich für die Gesellschaft und für intersexuelle
       Menschen selbst als psychisch nicht lebbar eingeschätzt.“ (Dietze, 2002, 26)
     ◦ „Geschlecht, geschlechtliche Identität, deren Inszenierung gesellschaftlicher Zuschreibungsmacht, die Bedeutung von
       Körpermerkmalen wird immer dann virulent, wenn ein Phänomen heteronormativen Normen zuwiderläuft und die
       geschlechtliche Permeabilität deutlich wird.“ (Seidel, 2019, 12).
     ◦ Heteronormativität ist ein zentraler Begriff der Queer Theory, mit dem die Naturalisierung und Privilegierung von
       Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit in Frage gestellt werden. Das bedeutet, dass nicht nur die auf Alltagswissen
       bezogene Annahme, es gäbe zwei gegensätzliche Geschlechter und diese seien sexuell aufeinander bezogen, kritisiert
       wird, sondern auch die mit Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität einhergehenden Privilegierungen und
       Marginalisierungen. Der Begriff Heteronormativität dient zur Analyse und Kritik der Verflechtung von Heterosexualität
       und Geschlechternormen, mit denen Macht-, Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse einhergehen. [https://gender-
       glossar.de/h/item/55-heteronormativitaet, abgerufen am 14.02.2021]
     ◦ Mit geschlechtlicher Permeabilität wird der Umstand beschrieben, Alternativen zur Zweigeschlechtlichkeit und
       Heterosexualität zu finden, beispielsweise in Form von Drei- und Viergeschlechterordnungen oder jenen
       Geschlechterordnungen, in denen neben den Kategorien Mann und Frau weitere, als alternative Geschlechter bezeichnete
       Kategorien vorhanden sind.

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Herausforderung
◦ Erkennen und Überwinden geschlechtlicher Heteronormativität und Geschlechterstereotypien
◦ Geschlechtliche Permeabilität ermöglichen: „das Verhältnis zwischen gesellschaftlicher
  Zuschreibungsmacht, geschlechtlichen Kategorien, daraus möglicherweise resultierenden Identitätsentwürfen
  und der Konstituierung und Dekonstruktion dessen, was als normal gilt (Beispiele:
  Geschlechtsuneindeutigkeit, Geschlechtermaskerade) (Seidel, 2019, 12)
◦ Geschlechterstereotypien überwinden: transportieren Vorstellungen, wie Männer und Frauen, Mädchen
  und Jungen angeblich sind und sein sollen. Sie betreffen alle Persönlichkeitsbereiche: Aussehen, Kleidung,
  Interessen, Vorlieben, Kompetenzen, Verhalten, Denken, Fühlen, Bewegung, Berufe, Aufgaben

                                                                         Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
aus: Yannick Maria Reimers: Das Geheimnis hinter dem Regenbogen

                                                   Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Wie können geschlechtliche Stereotypien erkannt und
     Permeabilität hergestellt werden?
     ◦ Sprache
     •   Beschreiben und bewerten wir gleiche geschlechts- und genderspezifische Verhaltensweisen auf dieselbe Weise?
     •   Heben wir sprachlich hervor, wenn sich Kinder rollenuntypisch verhalten?
     •   Wird durch geschlechtergerechte, geschlechtsneutrale, geschlechtssensible Sprache, die Diversität von Gender und Geschlechtern deutlich
         gemacht?
     •   Wird Sprache geschlechtsneutral gewählt, um Charaktereigenschaften nicht unnötig Geschlechtern zuzuschreiben?
     •   Wird Heteronormativität reflektiert und werden Wege zu deren Aufhebung versucht?
     •   Gibt es geschlechtliche Permeabilität?
     ◦ Bilder
     •   Gendersensible Bilder treffen keine Vorauswahl für Geschlechter
     ◦ Verallgemeinerungen vermeiden
     •   „Mädchen sind so…, Jungs sind so…“
     ◦ Gefühle
     •   Kinder ermutigen Gefühle auszudrücken

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Jenny Westin Verona & Jesύs Verona: Kalle und Elsa

                                 ◦ In dem Buch geht es um starke Kinder; die
                                   Beiden handeln eigeninitiativ, die
                                   Erwachsenen spielen kaum eine Rolle. Die
                                   Kinder sind divers in Bezug auf Hauttöne
                                   und Geschlechterrollen: Elsa ist mutig und
                                   initiativ, Kalle darf weinen und sich trösten
                                   lassen.

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Jessica Love: Julian ist eine Meerjungfrau
Frauke Angel: Disco
                  ◦ Vielfaltskriterien: Geschlechtliche Rollenbilder, Vorurteile, Toleranz
                  ◦ KIMI-Faktor: Dies Bilderbuch ermutigt Kinder und Erwachsene dazu, sich
                    nicht von Stereotypen und Rollenklischees bestimmen und beirren zu lassen,
                    sondern zu dem zu stehen, was ihnen gefällt und was sie mögen, auch wenn es
                    ungewöhnlich ist
                  ◦ Inhalt: Der kleine Junge hat eine neue Freundin, Pina, die findet, dass jeder sich
                    so anziehen darf, wie er möchte. Sie leiht ihm ihr rosa Nachthemd, und am
                    nächsten Morgen erscheinen beide stolz als wunderschöne Discotänzerinnen in
                    ihrer Kita. Das gefällt aber nicht allen, auch nicht der Erzieherin, die sich kritisch
                    äußert, und auch nicht dem Vater eines Freundes, der geradezu empört ist – ein
                    Junge in Rosa geht ja wohl gar nicht!
                  ◦ Der kleine Junge aber lässt sich nicht beirren, und Pina sowieso nicht. Wieso soll
                    das denn „schwul“ sein, als Junge rosa zu mögen, und was soll das überhaupt
                    heißen? Wenn es bedeutet, dass man dann Männer liebt, trifft das auf den
                    Jungen zu, denn schließlich liebt er seinen Papa, aber Moment: Knutschen
                    möchte er ihn dann doch nicht! Am Ende gibt es dann eine Party in der Kita,
                    auf der jeder das tragen darf, was er will, und ganz viel Glitzer noch dazu.
                    Knappe lakonische Texte; und in der Unbekümmertheit der Kinder liegt der
                    Schlüssel zur Überwindung alter Muster und Stereotype.
Jesper Lundqvist: Kivi & der Monsterhund
◦ Vielfaltskriterien: geschlechterneutrale Sprache
◦ KIMI-Faktor: Eines der wenigen und ersten Bücher mit dem geschlechtsneutralen Pronomen
  hen. Beim Erzählen einer Geschichte wird auf Geschlechterzuschreibungen verzichtet.
◦ Inhalt: Das Vorwort beginnt mit der Frage „Wozu hen?“. Die einzigartige Geschichte wurde von
  Jochen Barthel übersetzt. Das geschlechtsneutrale Pronomen hen wurde, ohne Veränderung vom
  Schwedischen ins Deutsche in „Kivi & Monsterhund“ übertragen. In Kivi & Monsterhund geht es
  um Kivi, ein Kind mit einem großen und starken Wunsch. Hen wünscht sich so sehr einen Hund,
  dass die ganze Familie damit verrückt gemacht wird. Als hen eines Morgens wach wird, steht
  Monsterhund vor der Tür. Riesig, hässlich, schlabbernd und stinkend, raubt Monsterhund allen die
  Nerven- besonders Kivi. Die Situation mit Monsterhund spitzt sich so zu, dass sogar die Polizei
  und die Feuerwehr anrücken müssen.
◦ Jurystimme: Es braucht hen, schon allein deshalb, weil mit Kivi jeder für sich nachspüren kann,
  wie gern wir Kivi zu einem Er oder einer Sie und manchmal zu etwas dazwischen machen wollen.
  Kivi zeigt, dass mit einer geschlechtsneutralen Sprache, das Geschlecht in den Hintergrund und
  der Mensch mit seinen vielen anderen Eigenschaften in den Vordergrund rückt.“
◦ „Wir danken allen die an „Kivi & Monsterhund“ beteiligt waren und somit den Schritt gewagt
  haben, etwas Neues und gleichzeitig so Überfälliges in die Kinderbuchliteratur zu bringen. Wir
  hoffen auf weitere Bücher in geschlechtsneutraler Sprache und auf kreative Lösungen um weg zu
  kommen von dem binären Geschlechtssystem.“

                                                                                                     Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Dashka Slater: Bus 57
        ◦ Vielfaltsmerkmale: Vielfältige Gender-Identitäten, Erfahrung mit Armut in
          der Familie, People of Color, soziale Disparitäten
        ◦ KIMI-Faktor: Der Jugendroman beleuchtet soziale Unterschiede zwischen
          Menschen verschiedener Hautfarbe, Probleme im Justiz- und
          Gesundheitssystem und die Akzeptanz von gender-queeren Menschen. Und
          obwohl er in Kalifornien spielt und die beschriebenen Umstände nicht eins zu
          eins auf alle Gesellschaften übertragen werden können, besitzt vieles darin
          auch hierzulande Relevanz und regt zur Reflexion über die eigene Gesellschaft
          an.
        ◦ Inhalt: Sasha und Richard leben beide in der selben Stadt, aber in zwei sehr
          unterschiedlichen Welten. Sasha ist weiß, gender-queer und besucht eine
          Privatschule. Richard ist schwarz, aus einer sozial schwächeren Familie und ist
          schon öfters mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Der einzige
          Berührungspunkt, den die beiden Jugendlichen haben, ist die Fahrt im Bus 57,
          während der etwas passiert, das das Leben aller Beteiligten gründlich
          verändert: Richard fühlt sich durch Sashas exzentrische Erscheinung
          provoziert und zündet dessen Rock an. Sasha landet im Krankenhaus, Richard
                                                                                            30
Seite
          im Knast.
FAMILIEN-
KONSTELLATIONEN
Familienkonstellationen
     ◦ Diverse Familienkonstellationen: Ein-Elter-Familien, LGBTIQ-Eltern- und Kinder-Konstellationen und -
       Erfahrungen, Zweielternfamilien, Trans und Co-Elternschaft, nicht-monogamer Beziehungsnetzwerke sowie
       queere Beziehungsnetzwerke im Kontext von Flucht, Same-sex parenting, co-parenting, blended family
       „Patchwork“-Familien, bildungsferne Familien, Familien mit alltäglichen Armutserfahrungen, Familien mit
       Adoptiv- oder Pflegekindern, Kinder ohne Eltern, Regenbogenfamilie, Inseminationsfamilie,
       Mehrelternfamilie

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Zug der Fische
                 ◦ Das Bilderbuch beleuchtet eine Perspektive auf
                   die Arbeitswelt, die sonst meistens unsichtbar
                   bleibt. Es erzählt die Geschichte einer
                   Eurowaisin aus den Karpaten. Was genau das ist,
                   erklärt der Journalist Keno Verseck im
                   Nachwort: Als Eurowaisen werden
                   osteuropäische Kinder, deren Eltern für wenig
                   Geld im Westen arbeiten, bezeichnet. Meist leben
                   sie bei Großeltern oder Nachbarn oder große
                   Geschwister kümmern sich um sie.

                               Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Tanja Székessy: Mio war da
                           ◦ Vielfaltskriterien: Herkunft, Familienkonstellationen, soziale Milieus

                           ◦ KIMI-Faktor: Ein kleiner Stoffpinguin guckt sich unbefangen und vorurteilsfrei
                             ganz unterschiedliche Zuhause von Kindern aus seiner Klasse an. Dabei
                             offenbart sich eine große Vielfalt an Lebensbedingungen und Stimmungen im
                             familiären Zusammenleben.

                           ◦ Inhalt: Mio ist der Stoffpinguin der ersten Klasse. Jeden Tag darf er mit einem
                             anderen Kind nach Hause gehen. Er beschreibt aus seiner Sicht ganz sachlich und
                             unvoreingenommen die unterschiedlichen Verhältnisse. Mal hat er Spaß und wird
                             besungen und unterhalten, mal muss er sich mit dem Kind verstecken, bis der
                             Partner der Mutter aus dem Haus gegangen ist und man mit der Mama inmitten
                             von Bierdosen Fernsehen kann. Es gibt Riesenfamilien mit viel Lärm (nur schade,
                             dass man ihn im Ranzen vergisst) und Kinder, die nachmittags allein sind. Er
                             erlebt Familien jeder Couleur, arme und reiche, große und kleine, lustige und
                             traurige. Mal freut man sich mit Mio, mal leidet man mit ihm.

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Jutta Nymphius & Katja Spitzer: Alle zwei Woche

                         ◦ Vielfaltskriterien: Gefühlsleben von Scheidungskindern, Trennung, Geschwisterliebe,
                           Zusammenhalten

                         ◦ KIMI-Faktor: Trennung und Scheidung der Eltern geht auch und insbesondere die Kinder
                           etwas an. Dieser Erstleseroman zeigt, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse aller zu respektieren
                           und in die Planungen mit einzubeziehen.

                         ◦ Inhalt: Martha ist wütend. Seit sich ihre Eltern getrennt haben, darf Martha nur noch alle
                           14 Tage zu ihrem Papa. Und genau dann, wenn sie gerade etwas angefangen hat, kommt ihre
                           Mutter und holt sie ab. Der Alltag ist durchgeplant, Abweichungen werden nicht erlaubt.
                           Zusammen mit ihrer älteren Schwester Mia beschließt sie, ihre Hausaufgaben ab sofort auch
                           nur noch alle zwei Wochen zu machen. Bis die Eltern lernen, ihren Mädchen zuzuhören und
                           dabei bessere Lösungen im getrennten Zusammenleben finden.

                         ◦ Jurystimme: „Dieses Buch gibt Scheidungskindern eine Stimme.“

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Mareike Krügel & Nele Palmtag: Zelten mit
        Meerschwein

                         ◦ Vielfaltmerkmale:
                         ◦ Familienkonzept, Armut, Mobbing, Geschlechterrollen

                         ◦ Der KIMI-Faktor:
                         ◦ Das Buch beschäftigt sich u.a. mit dem in der Kinderliteratur oft
                           vernachlässigten Thema Armut und zeigt den jungen Leser*innen konstruktiv,
                           wie man mit Armutssituationen umgehen kann. Dabei bleibt es authentisch und
                           realistisch: Es gibt keine “Erlösung” aus, sondern einen guten Umgang mit der
                           Situation. Außerdem zeigt es, dass auch Jungs-Charaktere, die nicht den üblichen
                           Klischee-Merkmalen “stark, durchsetzungsfähig, laut” entsprechen, tolle
                           Kinderbuchhauptcharaktere sein können, mit denen man sich gerne identifiziert.
                         ◦ Das Thema Trennung der Eltern wird realitätsnah und nicht problematiserend
                           behandelt.

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Bücher zu diversen Familienformen
◦ brauchen eine Abbildung der verschiedenen Familienkonstellationen
◦ sollen individuelle und gesellschaftliche Herausforderungen abbilden
◦ dürfen empowern
◦ sollen Copingstrategien anbieten, wenn Krisensituationen dargestellt werden
◦ laden zu Perspektivwechsel ein

                                                                         Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
MEHRSPRACHIGKEIT
Mehrsprachigkeit
◦ Derzeit etabliert sich in der Mehrsprachigkeitsforschung eine neue Sichtweise auf Mehrsprachigkeit: Die
  Verwendung von Sprachen wird als wertzuschätzende, gelebte soziale Praxis gesehen. Neue Sprachen zu
  lernen, bedeutet nicht vorrangig, sich neue sprachliche Strukturen zu merken und neues Vokabular zu üben, sondern
  vor allem: neue Sprachpraxen zu entwickeln. Languaging beschreibt das gesamte sprachliche Repertoire, das
  Menschen haben, entwickeln, leben und nutzen.
◦ Der Begriff Translanguaging legt den Fokus nicht auf Sprachen, sondern auf die sprachhandelnden Gewohnheiten
  bilingualer Menschen, die beobachtbar sind.
◦ Translanguaging beschreibt mehrsprachiges Handeln somit nicht als besonders oder ungewöhnlich, sondern als
  eine von vielen Formen möglicher Kommunikationsweisen (García 2009, 44).
◦ In der Translanguaging-Forschung wird die sprachwissenschaftliche und nationalstaatliche Tradition hinterfragt,
  dass Sprachen abgegrenzte bzw. abgrenzbare Einheiten sind. Sie fokussiert auf das, was Sprachenverwender*innen
  tatsächlich weltweit kompetent tun, statt auf das, was in Grammatikbüchern festgelegt wurde.
◦ Damit wird eine monolinguale Perspektive aufgehoben. Translanguaging beschreibt Sprachen und
  Sprachidentitäten aus der Perspektive der Benutzer*innen und nicht aus Perspektive des Staates oder einer staatlichen
  Institution
                                                                          Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Mehrsprachigkeit in Kinderbüchern
◦ Von zahlreichen Bilderbüchern liegen Übersetzungsfassungen vor. Das einzelne Buch ist damit zunächst
  einsprachig, die Mehrsprachigkeit ergibt sich erst aus der Zusammenschau mehrerer Sprachversionen.
◦ Andere Bücher enthalten selbst bereits mehrere Sprachen.
◦ Noch eher selten ist, dass mehrere Sprachen abwechselnd verwendet werden und die damit der
  Lebenswirklichkeit mehrsprachig aufwachsender Kinder besonders gut entsprechen. Diese Bücher zeigen, dass
  Mehrsprachigkeit kein bloßes „Nebeneinander vieler Sprachen“ bedeutet, sondern einen „kreativen Umgang mit
  Sprachen“ und spiegeln gelegte Sprachpraxis wieder.
◦ Integriert mehrsprachige Bücher enthalten oft typische Themen aus dem Alltag Mehrsprachiger wie
  Sprachmischungen, das tägliche Übersetzen, Verständigungsprobleme oder das Spielen mit Sprache(n).
  Diese Buchformate bildet einen guten Ansatzpunkt, um mit Kindern über deren eigene Erfahrungen ins Gespräch
  zu kommen.

                                                                      Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Mehrsprachigkeit und Literatur
◦ Kinderliteratur zeichnet sich durch Sprachenvielfalt und Varietätenreichtum aus, die von einer Alltagssprache,
  über Dialekte, Jargon, Slang, andere Sprachen bis hin zu Fantasiesprachen reichen und kindliche Leser*innen
  in die Welt der Kultur und Sprache einführen.
◦ Einerseits sprechen in literarischen Texten die Figuren selbst, bedienen sich einer eigenen Sprache, werden
  durch diese Sprache charakterisiert, und andererseits erzählt einE Erzähler*in in ‚seiner/ihrer’ Sprache die
  Geschichte.
◦ Kindliche Leser*innen werden aufgefordert, sich auf das Entdecken von sprachlichen Besonderheiten
  einzulassen sowie die Perspektiven von literarischen Akteur*innen nachzuempfinden, die einer neuen Sprache
  begegnen.

                                                                           Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Carson Ellis: Wazn Teez?
                           ◦ In feinen, detailreichen Illustrationen entführt
                             Carson Ellis kleine und große LeserInnen in ein
                             fantastisches Insektenreich und den Kreislauf
                             von Wachsen, Blühen, Vergehen und erneutem
                             Keimen. Besonders spannend ist das Buch durch
                             die Fantasiesprache, die die Insekten sprechen.
                             Wazn Teez? bildet eine reizvolle, herausfordernde
                             Mischung aus Comic, Bilderbuch und
                             Sprachspielwiese.

                                         Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Sandra Niebuhr-Siebert: Mina entdeckt eine neue Welt
◦ Der erste Tag im Kindergarten – was für ein
  Abenteuer. Am Anfang ist fast alles fremd, sogar
  die Sprache der Kindergärtnerin. Aber jeden Tag
  lernt Mina etwas, auch neue Wörter, und jede
  Nacht träumt sie von den aufregenden
  Begegnungen mit den anderen Kindern. Sensibel
  illustriert.

                                                     Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Silvia Hüsler: Der Fuchs ruft nein
Eine Geschichte fast ohne Worte vom Fuchs mit der
Papiertüte voller Kirschen. Und schon kommen die
Gänse und wollen die Kirschen klauen.
Schnell wendet der Fuchs die Tüte auf die andere
Seite.
NEIN, NO und NON ruft er laut und vertreibt die
diebischen Gänse. Aber da kommen …
Manche Kinder werden im Buch ihre Mutter- oder
Vatersprache entdecken und es wird zur ersten
Lektion in Mehrsprachigkeit und Integration.
Im Anhang des Buches sind die Wörter für die Tiere
in 49 Sprachen mit Aussprachenhilfe.

                                                     Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Philip Winterberg: Bin ich klein?
◦ Gestartet wurde das Projekt 2011, im Jahr 2016
  wurde dann der „Weltkinderbuch“-Status erreicht
  – das bedeutet, dass „Bin ich klein?“ für jedes
  Land der Erde in mindestens einer offiziellen
  Landessprache erhältlich ist. In den kommenden
  Jahren soll das Weltkinderbuch-Projekt noch
  weiter wachsen: Das Ziel ist es, „Bin ich klein?“
  nach und nach in über 500 Sprachen zu
  übersetzen. Aktuell ist es bereits in über 100
  Sprachen (darunter z.B. Koreanisch, Urdu,
  Grönländisch und Latein) erhältlich.

                                                      Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Tang, Wie: Im Garten von Oma Apo
        ◦ Die alte Oma Apo lebt in einer chinesischen Stadt in einem
          hohen Haus im obersten Stock. Auf dem Markt sammelt sie
          immer altes Gemüse ein. Was seltsam wirkt, hat einen Grund.
          Mit dem Gemüse füttert sie ihre Tiere auf dem Dach und dann
          arbeitet sie in ihrem Dachgarten. Wird geerntet, ist das ein Fest.
          Es reicht für viele Menschen im Umfeld von Oma Apo und ihre
          Familie kommt auch immer zu Besuch, um kräftig verköstigt zu
          werden. Denn Oma Apo hat nicht nur einen Garten, sie ist auch
          eine begnadete Köchin.
        ◦ Das Bilderbuch erzählt von der wirklichen Großmutter des
          Künstlers und gibt damit Einblick in ein kleines Stück Alltag an
          einem besonderen Ort in China. Die emsige Großmutter mag
          sich nicht ausruhen. Ihr Tun ist sinnhaft und schafft Kreisläufe,
          die hochgradig produktiv und nachhaltig sind. Raum wird
          genutzt, Abfall zu Futter und Eigenversorgung schont
          Ressourcen und ist gleichzeitig sozial hochgradig integrativ. So
          profitieren alle – auch Oma Apo.

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Polylino – die App für mehrsprachige Kinderbücher
                            ◦ Derzeit etwa rund 400 Bücher im Angebot
                            ◦ z.T. eingelesen in bis zu 56 Sprachen (bald über
                              60 Sprachen)
                            ◦ Anwendungslizenzen für die Kita
                            ◦ Polylino Schule mit Schwerpunkt auf
                              Grundschule / Hort ist im Januar gestartet
                            ◦ www.polylino.de
Mehrsprachige Kinderbücher
◦ zeigen diverse Sprachpraxen auf: Dialekte, Varietäten, Soziolekte, Fantasiesprachen, Verwendung mehrerer
  Sprachen im Alltag und deren Sprachhandeln,
◦ zeigen sprachliche Abweichungen auf
◦ geben einen monolingualen Habitus auf
◦ regen zur Auseinandersetzung mit Sprachen an
◦ bieten Sprach-Spielanregungen und regen die Sprech-Spiel-Phantasie an
◦ Machen Lust auf Sprache: https://www.fhchp.de/wp-content/uploads/2018/11/vortrag-lust-auf-sprache-
  machen.pdf

                                                                          Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
VORURTEILE,
DISKRIMINIERUNG,
    RASSISMUS
Vorurteil, Diskriminierung

     ◦ Vorurteil: generalisierte, stabile negative oder positive Haltung gegenüber Personen, Gruppen oder Objekten;
       ihnen werden Merkmale zugeschrieben, die sie auf- oder abwerten (vgl. Roos und Kästner 2020, 25)
     ◦ Nach Zick (2011) entstehen Vorurteile in einem dreistufigen Prozess:
     (1) Kategorisierung als grundlegender kognitiver Prozess ermöglicht es, Komplexität zu verstehen, zu reduzieren und
         Unterscheidungen zu treffen.
     (2) Stereotypisierung, bei der Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Kategorie Eigenschaften
         zugeschrieben werden.
     (3) Personen und Gruppen werden aufgrund der zugewiesenen Stereotype einer Bewertung unterzogen
     ◦ Diskriminierung: ist die Benachteiligung eines Individuums oder einer Gruppe aufgrund der Zuschreibung eines
       Merkmals. (Wenning, 2007). Der Benachteiligung geht eine Unterscheidung und Bewertung der Menschen oder
       Gruppen voraus, die auf einem Machtpotential gegenüber den Diskriminierten beruht
     ◦ Institutionelle Diskriminierung manifestiert sich in Gesetzen, Organisationsstrukturen, in Bewertungsmaßstäben
       auf diskursiver und ideologischer Ebene

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Rassismus
     ◦ Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für biologisch unterscheidbare Rassen. Ein genetischer Rassismus wird in
       der nachkolonialen Phase durch einen kulturellen Rassismus abgelöst (vgl. Hall 1989b: S. 913, S. 917).
     ◦ Im rassistischen Diskurs fungieren „körperliche Merkmale als Bedeutungsträger, als Zeichen innerhalb eines
       Diskurses der Differenz“ (S. 913). Dadurch entsteht ein „rassistisches Klassifikationssystem“, dass als Grundlage für
       rassistische Praxen – wie beispielsweise der Ausschluss von Gruppen mit bestimmten Merkmalen von materiellen
       oder symbolischen Ressourcen dient.
     ◦ Dieses Klassifikationssystem ist binär aufgebaut und stellt die selbstbeschreibenden Attribute über die des 'Anderen'.
       Diese Art von binärer Spaltung hat die Aufgabe „Identität zu produzieren und Identifikationen abzusichern“ (Hall
       1989b: S. 919).
     ◦ Durch die Stereotypisierung des 'Anderen' wirkt die eigene Gemeinschaft wie eine homogene Gruppe in die
       (sprachlich, sozial, religiös, kulturell etc.) andere nicht hineinpassen. Auf diese Weise erfolgt die Konstruktion des
       'Anderen' und der eigenen Identität.
     ◦ Rassistische Ideologien entstehen nach Hall „immer dann, wenn die Produktion von Bedeutung mit Machtstrategien
       verknüpft sind und diese dazu dienen, bestimmte Gruppen vom Zugang zu kulturellen und symbolischen Ressourcen
       auszuschließen“ (Hall 1989b: S. 913). Diese 'Ausschließungspraxen' gehen oft auf eine Naturalisierung zurück, also
       die Darstellung bestimmter kultureller oder sozialer Gegebenheiten als natürliche Eigenschaften.

     ◦ Hall, Stuart (1989b): Rassismus als ideologischer Diskurs. In: Das Argument 178, Hamburg: Argument Verlag. S. 913-921

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Hautfarbe
     ◦ Die ethnische Herkunft wird vom allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als primärer
       Benachteiligungsgrund benannt.
     ◦ Phänotypische Merkmale, wie Hautfarbe, sind im Gegensatz zu Merkmalen anderer Minderheiten stets
       von der Mehrheit unterscheidbar, sodass die unbewusste Zuordnung eines vermeintlichen
       Migrationshintergrundes selbst über Generationen hinweg erfolgen kann.
     ◦ Studienergebnisse: Kinder nehmen Unterschiede in der Hautfarbe bereits im Alter von 2 bis 5 Jahren wahr,
       übernehmen die damit verbundenen gesellschaftlichen Bewertungen und setzen diese gezielt ein, um
       bestimmte Ziele, wie Ausgrenzungen, Kränkungen zu erreichen und zu legitimieren (Diehm und Kuhn,
       2011).

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Rassistische Zuschreibungen für Schwarze
◦   Animalisierung
◦   Darstellung als Dienende
◦   Abwertung religiös-spiritueller Praktiken
◦   Abwertung des körperlichen Erscheinungsbildes: große Lippen
◦   Primitivierung in der Bekleidung: beispielsweise barfuß
◦   Infantilisierung
◦   Dezivilisierung
◦   Exotisierung: Lebensmittelpunkt in der Natur
◦   Geschichtslosigkeit
◦   Weiße Dominanz
◦   Unsoziales Verhalten
◦   Affinität zu Kriminalität
◦   Gesellschaftliche Gefahr
                                                                  Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Wie können Rassismen in Kinderbüchern erkannt
werden?
◦ Aus wessen Perspektive wird die Geschichte erzählt?
◦ Welches sind die Hauptpersonen der Geschichte?
◦ Wer wird als aktiv, problemlösend und bewundernswert dargestellt?
◦ Kommen Schwarze Personen/Personen mit Migrationshintergrund in der Geschichte vor? Wenn ja: Sind sie
  aktiv und problemlösend?
◦ Können sich Schwarze Kinder bzw. Kinder mit Migrationshintergrund im positiven Sinn mit den
  Hauptfiguren identifizieren?
◦ Werden kulturelle Vielfalt und äußerliche Unter-schiede (Hautfarben etc.) als normal dargestellt?

                                                                           Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Rassismussensible Kinderbücher
◦ bieten Identifikationen für Kinder mit unterschiedlichen Vorerfahrungen und Familienkulturen
◦ regen Kinder an, ihren Horizont zu erweitern und etwas über die Vielfalt von Lebensgewohnheiten zu
  erfahren
◦ enthalten keine stereotypen und rassistischen Abbildungen oder Inhalte
◦ regen an, kritisch über Vorurteile und Diskriminierung nachzudenken
◦ helfen Kindern dabei, ihren „Gefühls-Wort-schatz“ zu erweitern
◦ enthalten Beispiele, die Mut machen, sich gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu wehren

                                                                           Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Marguerite Abouet, Mathieu Sapin, Ulrich Pröfrock:
        Akissi. Auf die Katzen, fertig, los!
        ◦ Vielfaltsmerkmale: People of Colour, Genderrollen
        ◦ KIMI-Faktor: Ganz selbstverständlich selbstbewusst ist Akissi.
          Neugierig, witzig und frech gestaltet sie ihren Alltag
          westafrikanischen Metropole Abidjan.
        ◦ Akissi lebt mit ihren Eltern, ihrem großen Bruder Fofana und ihrer
          großen Schwester Victorine in der ivorischen Metropole Abidjan.
          Was sie hier alles erlebt, wird in 14 kurzen Comic-Geschichten
          erzählt: Akissi verfolgt gemeine Katzen, die ihr den Fisch für Tante
          Victo abgeluchst haben, macht sich große Sorgen, als ihre kleiner
          Affe Bubu verschwindet und findet heraus, dass sich Bandwürmer
          hervorragend eignen um ihren Bruder zu ärgern. Sie holt sich Läuse
          bei einer Freundin um in Zukunft eine praktische Kurzhaarfrisur
          tragen zu können und versucht die kleine Maus, die eines Nachts im
          Kinderzimmer auftaucht, als Kuscheltier zu adoptieren. Nicht immer
          geht es gut aus für Akissi, doch davon lässt sie sich nicht beirren.
          Auch wenn ihre Mama ab und an mit dem Kopf schüttelt und ihr
          Bruder sich manchmal wünscht, seine kleine Schwester irgendwo zu
          verlieren: Akissi geht ihren Weg.

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Tiffany Jewell: Das Buch vom Anti-Rassismus
                             ◦ "In einer rassistischen Welt reicht es nicht, kein Rassist zu sein. Man muss
                               Antirassist sein.„ Angela Davis
                             ◦ Was ist Rassismus? Woher kommt er? Warum existiert er? Und die
                               wichtigste Frage von allen: Was kann ich dagegen tun?
                             ◦ In diesem außergewöhnlichen Buch führt die Autorin Tiffany Jewell
                               ihre Leserinnen und Leser in 20 Kapiteln und Übungen durch die
                               Geschichte des Rassismus, erklärt Hintergründe und Missverständnisse
                               und gibt die Werkzeuge an die Hand, um eine Gesellschaft frei von
                               Rassismus, Ausgrenzung und Fremdenhass zu bauen.
                             ◦ Das Buch vom Antirassismus ...
                                ◦ Stellt die Konzepte Rassismus, Ethnie und soziale Identität vor
                                ◦ Schenkt Hoffnung durch inspirierende Geschichten von Stärke, Mut und
                                  Liebe
                                ◦ Erklärt Sprache, Werkzeuge und Handlungen, um Rassismus zu stoppen

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Vielfalt im Buch einschätzen können
      [Quelle: https://bilderimkopf.eu/home/unsere-perspektive/ … thttps://www.meinekinderbücher.de/kriterien/]

     ◦ Positive Identifikation: Wie können sich Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Vielfaltsaspekte positiv mit
       den handelnden Figuren identifizieren?
     ◦ Darstellung: Werden Menschen mit verschiedenen Vielfaltsaspekten differenziert dargestellt oder wird mit
       Klischees gearbeitet?
     ◦ Tatsachen: Werden Tatsachen sachlich richtig dargestellt?
     ◦ Empathie: Werden die Leser*innen angeregt sich mit Vielfaltsaspekten im Zusammenleben sowie mit Rassismus
       und Diskriminierung auseinanderzusetzen, empathisch zu empfinden und die eigene Haltung zu überdenken?
     ◦ Bestärkung: Machen die Medien Mut, sich gegen Stigmatisierung und Diskriminierung zu wehren und den
       Zusammenhalt zu stärken?
     ◦ Konfliktumgang: Fördert die Literatur eine friedliche und kreative Konfliktbearbeitung und Aushandlung?
     ◦ Gleichwertigkeit: Erscheinen unterschiedliche Lebensformen und Normen ebenbürtig?
     ◦ Anforderungslosigkeit: Muss man sich erst beweisen, um dazu gehören zu dürfen?

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Die pädagogische Auseinandersetzung mit Diversität
benötigt…

◦ Sachkenntnis: Ein Buch ist nicht per se divers. Erst wenn es strittige Themen behandelt, die nach
  Aushandlungen und neuen Handlungsweisen verlangen, trägt es ein Diversitätspotential
◦ Ein Diversitätspotential entfaltet sich dann,
   ◦ wenn Lösungen / Perspektiven / Verhaltensweisen nicht vorgegeben werden vom Buch (keine erzieherische
     Maßnahmen), sondern die Leser*innen sich eigene Haltungen selbst erarbeiten dürfen
   ◦ wenn es zu einem Dialog anregt
   ◦ wenn neue Perspektiven erkannt werden
   ◦ Eine neue Sprache gefunden wird
   ◦ wenn Rezeptionsgewohnheiten aufgebrochen werden, also wenn Literatur ästhetische Erfahrungen ermöglicht
   ◦ wenn literarische Perspektiven stringent erzählt werden

                                                                              Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
Linkhinweise
◦ https://www.abpaed.tu-darmstadt.de/media/gender/onlinepublikationen/Duesseld_Sprache-Macht-
  Rassismus-5MB.pdf
◦ http://www.tofufamily.de/rassismus-sexismus-stereotype-in-kinderbuechern/
◦ www.kimi-siegel.de
◦ www.eltern-brauchen-vorlesen.de

                                                                     Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert
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