DSTZ.1-2 DEUTSCHE STEUER-ZEITUNG - MIT UMFASSENDER ONLINE-DATENBANK - STOLLFUß MEDIEN
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Januar 2019 Seiten 1 – 52 DStZ.1–2 Deutsche Steuer-Zeitung Mit umfassender Online-Datenbank IN ZUSAMMENARBEIT MIT: ARBEITSGEMEINSCHAFT DER FACHANWLTE FR STEUERRECHT E.V. SCHRIFTLEITUNG: PROF. DR. JOACHIM SCHIFFERS, PROF. DR. THOMAS KSTER AUS DEM INHALT • Dr. Ulrike Hreth/Brigitte Stelzer | Jahressteuergesetz 2018 – berblick und finale nderungen | 13 | • Michael Seifert | Gesetzliche nderungen bei der Lohnsteuer zum Jahresbeginn 2019 | 21 | • Univ.-Prof. Dr. Reinhold Beiser | Finanzierungsfreiheit und arm’s-length-Prinzip im Licht der Rechtsprechung des EuGH | 37 | • Prof. Dr. Michael Broer | Arbeitslosenversicherung und Einkommen- steuer – wie sollen die Beitrge zur und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung besteuert werden? | 42 |
DStZ-Editorial DStZ 2019 Nr. 1–2 I Zu diesem Heft Das vorliegende Heft widmet sich in der Im sich daran anschließenden Beitrag Rubrik DStZ-Aktuell zunchst wie ge- befasst sich Beiser (S. 37) kritisch mit wohnt przise und praxisorientiert den dem Urteil des EuGH vom 31.5.2018 aktuellen Entwicklungen in Rechtspre- (Rs. C-382/16, Hornbach-Baumarkt AG). chung und Finanzverwaltung. Der EuGH hat insoweit die Finanzie- rungsfreiheit der Unternehmer nach In dem „DStZ-Aktuell“ folgenden ersten dem arm’s length-Prinzip besttigt: Wird Themenbeitrag untersuchen Hreth/ eine Eigenkapitalzufuhr fr buchmßig Stelzer (S. 13) detailliert das Gesetz zur berschuldete (negatives Eigenkapital) Vermeidung von Umsatzsteuerausfllen Tchter im Ausland durch Bankkredite beim Handel mit Waren im Internet und mit Garantie- und Patronatserklrungen zur nderung weiterer steuerlicher der Mutter ersetzt („eigenkapitalerset- Vorschriften, dem der Bundesrat am zende Kredite“), so frdern solche eigen- 23.11.2018 zugestimmt hat. Hreth/ kapitalersetzende Kredite primr die In- Stelzer hatten bereits in 2018 (DStZ 2018, teressen der Mutter als Gesellschafterin. 645) ausfhrlich ber den Inhalt des – Die Unentgeltlichkeit der Garantie- und dem aktuell beschlossenen Gesetz zu Patronatserklrungen ist solchen Fllen Grunde liegenden – Gesetzentwurfs be- nicht nach dem arm’s length-Prinzip auf richtet, so dass die Autorinnen nun auf ein marktkonformes Entgelt fr die Si- die wesentlichen Regelungen eingehen, cherheitsleistung zu korrigieren. die infolge der Beschlussempfehlung des Abgerundet wird das Heft schließlich Finanzausschusses vom 7.11.2018 Ein- durch den Beitrag von Broer (S. 42), der gang in die endgltige Gesetzesfassung einen Vorschlag entwickelt, mit dem die gefunden haben oder die durch diese Steuersystematik bezglich der ertrag- Beschlussempfehlung modifiziert wur- steuerlichen Behandlung der Beitrge den. zur und der Leistungen aus der Arbeits- losenversicherung verbessert werden Im zweiten Themenbeitrag des Heftes kann. Dies ist vor dem Hintergrund der errtert Seifert (S. 21) dann sehr detail- Feststellung zu sehen, dass Beitrge zur liert und tagesaktuell die gesetzlichen Arbeitslosenversicherung in der Ein- nderungen bei der Lohnsteuer zum kommensteuer anders behandelt wer- Jahreswechsel 2018/2019. Dabei stehen den als Beitrge zu den brigen Zweigen das Gesetz zur Vermeidung von Umsatz- der Sozialversicherung, obwohl es sich steuerausfllen beim Handel mit Waren jeweils um Zwangsbeitrge handelt, die im Internet und zur nderung weiterer das disponible Einkommen und somit die steuerlicher Vorschriften (das vormalige Leistungsfhigkeit mindern. Auch bei JStG 2018), das Gesetz zur steuerlichen der ertragsteuerlichen Behandlung der Entlastung der Familien sowie zur Leistungen gibt es große Unterschiede Anpassung weiterer steuerlicher Rege- etwa im Vergleich zu den Leistungen lungen (Familienentlastungsgesetz – aus der gesetzlichen Rentenversiche- FamEntlastG) sowie das Zweite Brokra- rung, obwohl beide Systeme hnlich tieentlastungsgesetz im Zentrum der stark am quivalenzprinzip ausgerichtet Darstellung, ergnzt um berlegungen sind. zu geringfgig entlohnten Beschfti- gungsverhltnissen. Prof. Dr. Thomas Kster
II DStZ 2019 Nr. 1–2 DStZ-Inhaltsbersicht DStZ-Aktuell Gesetzgebung/Steuerrecht – Allgemein Brexit-Steuerbegleitgesetz (Brexit-StBG) Regierungs- 12.12.2018 Regierungsentwurf des Brexit-Steuerbegleitgesetzes vor- entwurf gelegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Unternehmer und Freiberufler Unternehmensbesteuerung im Allgemeinen BFH 18.9.2018 XI R 30/16 Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 BFH 21.8.2018 VIII R 2/15 Tarifbegnstigte Verußerung einer freiberuflichen Ein- zelpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 BFH 9.10.2018 VIII R 49/18 Anwendung der Tarifermßigung fr Vergtungen fr mehrjhrige Ttigkeiten auf die Verußerung von Einzel- wirtschaftsgtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 FG Rheinland- 8.10.2018 5 K 1034/16 Schuldzinsenabzug bei Einnahmenberschussrechnung: Pfalz berentnahmen liegen bereits dann vor, wenn die Ent- nahmen im Wj. den Gewinn und die Einlagen bersteigen 3 BFH 27.8.2018 V R 49/17 Ein zu Unrecht als Stpfl. behandelter Bautrger hat einen Erstattungsanspruch gegen das FA, auch ohne zuvor die USt an den leistenden Unternehmer entrichtet zu haben 3 BFH 2.8.2018 V R 33/17 Vorlagefrage an den EuGH: Findet der ermßigte USt- Satz auf die berlassung von Bootsliegepltzen entspre- chende Anwendung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kapitalgesellschaften BFH 20.7.2018 IX R 5/15 Verußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften – Nachtrgliche Anschaffungskosten „in letzter Minute“ nach Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts. . . . . . . . . . . . 5 Personengesellschaften BFH 30.10.2018 X R 28/12 Beendigung der Verfahren X R 28/12 und GrS 1/16 (stren- GrS 1/16 ge oder modifizierte Trennungstheorie bei teilentgeltli- chen bertragungen) wegen Abhilfe durch das FA . . . . . . 7 International ttige Unternehmen BFH 30.5.2018 I R 23/16 Entstrickungsbesteuerung bei Abwrtsverschmelzung mit I R 35/16 auslndischer Anteilseignerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 FG Kln 19.4.2018 10 K 2115/16 Keine Korrektur einer Beteiligungsabschreibung nach § 1 AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Natrliche Personen Einknfte aus Kapitalvermgen BMF 28.9.2018 IV C 1 – S 1980 – 1/16/ Investmentanteil-Bestandsnachweis nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 10012 :009 InvStG 2018 – Amtliches Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Erbschaftsteuer BFH 5.9.2018 II R 57/15 Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Zahl der Beschftigten fr Zwecke der Schenkungsteuer . . . . . . . . . . 12
DStZ-Inhaltsbersicht DStZ 2019 Nr. 1–2 III DStZ-Themen Dr. Ulrike Hreth/Brigitte Stelzer Jahressteuergesetz 2018 – berblick und finale nderun- gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Michael Seifert Gesetzliche nderungen bei der Lohnsteuer zum Jahres- beginn 2019. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Univ.-Prof. Dr. Reinhold Beiser Finanzierungsfreiheit und arm’s-length-Prinzip im Licht der Rechtsprechung des EuGH. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Prof. Dr. Michael Broer Arbeitslosenversicherung und Einkommensteuer – wie sollen die Beitrge zur und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung besteuert werden? . . . . . . . . . . . . . 42 DStZ online inkl. iPad-App: einfach mehr wert! Nutzen Sie den Mehrwert der DStZ-Online-Version: Kostenloser Zugang zur DStZ-Online-Version fr Abonnenten • DStZ-Archiv ab 2006 Bitte fordern Sie Ihren individuellen Online-Zugang • Gesetze und Verordnungen (gltig bis zur Beendigung des Abonnements) bei • BFH-Urteile (inkl. nicht amtliche) seit 1950 unserem Kundenservice an: • EuGH-Entscheidungen seit 2005 Telefon: (0228) 724-0 • Anhngige Verfahren vor dem BFH, BVerfG und EuGH E-Mail: stm@stollfuss.de • Leitstze zu FG-Entscheidungen Nach Erhalt der Zugangsdaten (Benutzername + Passwort) • Aktualittendienst inkl. E-Mail-Information knnen Sie sich ber www.stotax-portal.de anmelden und die Online-Version unserer Fachzeitschrift nutzen! Die Zugangsdaten zur Online-Version sind auch fr die iPad-App gltig. Informationen zur iPad-App und Link zur Stollfuß Kiosk-App unter: www.stollfuss.de/dstz
Deutsche Steuer-Zeitung Herausgeber: Professor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Kirchhof, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D.; Professor Dr. Carl Otto Lenz, Generalanwalt beim Gerichtshof der Europischen Gemeinschaften a.D.; Professor Dr. Christian Flmig, Universitt Marburg; Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schn, Max-Planck-Institut, Mnchen; Professor Dr. Franz-Christoph Zeitler, Vizeprsident der Deutschen Bundesbank i.R.; Dr. h.c. Wolfgang Spindler, Prsident des Bundesfinanzhofs a.D. Schriftleitung: Professor Dr. Joachim Schiffers, Wirtschaftsprfer und Steuerberater und Professor Dr. Thomas Kster, Wirtschaftsprfer und Steuerberater Nr. 1–2 / 15. Januar 2019 107. Jahrgang Seite 1 DStZ-Aktuell Bearbeiter: Dr. Mirko Brill, RA, FAStR, StB, Kln [MB]; Johannes Hring, RA, LL.M., Trier [JH]; Professor Dr. Thomas Kster, WP, StB, Aachen [TK]; Professor Dr. Joachim Schiffers, WP, StB, Ratingen [JS]; Markus Ungemach, Dipl.-Finw. (FH), MBA, StB, Fachberater fr Int.StR, Dortmund [MU]; Dr. Elmar Urbach, RA, Dipl.-Finw., Kln [EU]. tender Investitionen reicht fr die Gewhrung der Ra- Gesetzgebung/Steuerrecht – Allgemein tenzahlung aus. Bei Reinvestition im Vereinigten Knig- reich zu einem Zeitpunkt, zu dem das Vereinigte Knigreich bereits nicht mehr Mitgliedsstaat der EU ist Gesetz ber steuerliche Begleitregelungen zum und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, wre Austritt des Vereinigten Knigreichs Groß- der gewhrte Zahlungsaufschub zu verzinsen. § 6b britannien und Nordirland aus der Euro- Abs. 2a Satz 7 EStG – in der neuen Fassung – soll in die- sen Fllen die Verzinsung verhindern, sofern der Antrag pischen Union (Brexit-Steuerbegleitgesetz – auf Ratenzahlung nach § 6b Abs. 2a EStG bereits vor Brexit-StBG) dem Zeitpunkt gestellt worden ist, zu dem das Vereinig- te Knigreich nicht mehr Mitgliedsstaat der EU ist und Regierungsentwurf des auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist. Brexit-Steuerbegleitgesetzes vorgelegt Zudem sollen nach dem Regierungsentwurf weitere Regierungsentwurf v. 12.12.2018. Neuregelungen (gesetzliche Klarstellungen) aufge- nommen werden, nach denen der Brexit allein nicht Das Vereinigte Knigreich Großbritannien und Nordir- die Rechtsfolge des § 12 Abs. 3 KStG (Auflsungsfikti- land (Vereinigtes Knigreich) hat den Europischen on) oder des § 6 Abs. 5 Satz 4 AStG (Widerruf der Stun- Rat in 2017 unterrichtet, dass es am 30.3.2019 die Eu- dung bei der Wegzugsbesteuerung) auslst und zu- ropische Union verlassen wird (Ende der Mitglied- gleich sichergestellt werden, dass eine anschließende schaft am 30.3.2019). Ab diesem Zeitpunkt ist das Ver- Sitzverlegung oder ein anschließender Wegzug nach einigte Knigreich auch fr steuerliche Zwecke als dem Brexit vom Vereinigten Knigreich in einen ande- Drittstaat zu behandeln. Vor diesem Hintergrund be- ren Drittstaat zur Besteuerung oder zum Widerruf der steht Gesetzgebungsbedarf u.a. in verschiedenen Stundung fhrt. [TK] Bereichen des deutschen Steuerrechts, dem mit dem Brexit-StBG, das am 29.3.2019 in Kraft treten soll, Rechnung getragen werden soll. Diverse ertragsteuer- liche Regelungen des Brexit-StBG sollen verhindern, Unternehmer und Freiberufler dass allein der Brexit fr den Stpfl. nachteilige Rechts- folgen auslst, obwohl dieser bereits alle steuerlich re- levanten Handlungen vor dem Brexit vollzogen hat Unternehmensbesteuerung im Allgemeinen („Brexit als schdliches Ereignis“). Gegenber der Fassung des Referentenentwurfs, ber Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG den wir bereits in DStZ 2018, 817, berichtet haben, ist BFH v. 18.9.2018, XI R 30/16, DStR 2018, 2517. hervorzuheben, dass nun noch in § 6b Abs. 2a EStG eine Regelung eingefgt werden soll, mit der die Verzinsung EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3. einer gewhrten Ratenzahlung geregelt wird, soweit ei- ne nach § 6b Abs. 2a Satz 1 EStG begnstigte Reinvesti- Im Urteilsfall nahm eine GmbH zur Refinanzierung des tion in der EU/im EWR ganz oder teilweise ausbleibt. Erwerbs einer Beteiligung bei ihrem Alleingesellschaf- Die objektive Mglichkeit knftiger grenzberschrei- ter ein Darlehen auf. Eine Laufzeit war nicht ausdrck-
2 DStZ 2019 Nr. 1–2 DStZ-Aktuell lich vereinbart. Die Darlehensvertrge sahen vor, dass S 2175–7/05, BStBl I 2005, 699, Rz. 18 i.V.m. Rz. 17; die Darlehensforderungen ab dem Tage des Geldein- ebenso Tiede, Steuern und Bilanzen 2016, 708). gangs bis zur Rckzahlung mit 3 % p.a. „aus den er- – Der BFH lsst im Streitfall offen, ob nicht schon vom haltenen Dividenden der [AG = Beteiligung]“ zu ver- Zeitpunkt der ursprnglichen Darlehensvereinba- zinsen seien; die Verzinsung falle nur an, wenn die AG rungen an eine verzinsliche Verbindlichkeit vorlag Dividenden zahle. Eine garantierte Mindestverzinsung (vgl. dazu Kulosa in Schmidt, 37. Aufl. 2018, § 6 sei ausgeschlossen, ebenso die Kumulation der in ei- EStG Rz. 461). Dafr spricht, dass auch eine beding- nem Jahr nicht gezahlten Zinsen. te Verzinsung (im Streitfall 3 % im Falle einer Divi- Auf Grund einer negativen Entwicklung der Beteili- dendenzahlung der AG) eine Zinsvereinbarung ist. gungsgesellschaft blieben Dividendenzahlungen sei- – Jedenfalls folgt der BFH der Ansicht, dass eine sptere tens der AG zunchst aus. Daraufhin wurden die unbedingte Verzinsungsabrede zu einer verzinsli- Bedingungen der streitgegenstndlichen Darlehens- chen Verbindlichkeit i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vertrge am 24.11.2010 angepasst und eine Mindest- fhrt, die zum Zeitpunkt des folgenden Bilanzstichta- verzinsung mit Wirkung ab dem 1.1.2011 festgelegt. ges zu bercksichtigen ist (s. BFH v. 22.7.2013, I B Fraglich war nun, ob im Jahresabschluss zum 183/12, BFH/NV 2013, 1779, Rz. 7, zu dem umgekehr- 31.12.2010 die Verbindlichkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 ten Fall eines zunchst verzinslichen Darlehens, das EStG abzuzinsen sei. spter durch eine Vereinbarung in ein unverzinsliches Darlehen umgewandelt wurde). Dies gilt auf Grund Hierzu stellt der BFH fest, dass wenn ein bisher bedingt des Zwecks der Vorschrift auch dann, wenn die Ver- verzinstes Darlehen ohne Bedingungseintritt in ein die zinsung erst nach dem Bilanzstichtag erfolgt. Eine Ab- Restlaufzeit umfassendes unbedingt verzinstes Darle- zinsung hat dann zu unterbleiben, wenn die Vertrags- hen mit einem Zinssatz, der dem effektiven Zinssatz ei- partner eine Verzinsung vereinbaren, da der Ansatz nes bei einer Landesbank refinanzierten Darlehens ent- eines Abzinsungsgewinns den wirtschaftlichen Ge- spricht, umgewandelt wird, auch dann ein verzinsliches gebenheiten nicht entspricht. Darlehen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG vorliegt, wenn die Verzinsungsabrede zwar vor dem Bilanzstich- Hinweis: Zur Vermeidung einer Abzinsung und ei- tag erfolgte, der Zinslauf aber erst danach begann. Mit- nes dementsprechenden Abzinsungsgewinns ist hin war zum 31.12.2010 keine Abzinsung vorzunehmen. mithin eine bis zum Bilanzstichtag getroffene Ver- Im Wesentlichen fhrt der BFH hierzu aus: zinsungsabrede ausreichend. – Eine verzinsliche Verbindlichkeit in diesem Sinne [JS] liegt vor, wenn das Darlehen mit einer Zinsverein- barung verbunden ist (BFH v. 27.1.2010, I R 35/09, BStBl II 2010, 478, Rz. 15). Dabei steht die Nichtzah- Tarifbegnstigte Verußerung einer lung der vereinbarten Zinsen einer Verzinslichkeit freiberuflichen Einzelpraxis nicht entgegen (BFH v. 29.6.2009, I B 57/09, BFH/ BFH v. 21.8.2018, VIII R 2/15, DStR 2018, 2519. NV 2009, 1804). EStG § 18 Abs. 3, § 34. – Nach dem Gesetzeswortlaut ist daher fr die Ausnah- me von dem Abzinsungsgebot Voraussetzung, dass Der BFH hlt an der bisherigen Rechtsprechung fest, eine verzinsliche Verbindlichkeit vorliegt, ohne dass wonach die tarifbegnstigte Verußerung einer freibe- jedoch bezglich der Hhe der Verzinsung weitere ruflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG) vor- Anforderungen bestehen (BFH v. 29.6.2009, I B aussetzt, dass der Stpfl. die wesentlichen vermgensm- 57/09, BFH/NV 2009, 1804, unter II.4., Rz. 16; BMF v. ßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen 26.5.2005, IV B 2 – S 2175–7/05, BStBl I 2005, 699, anderen bertrgt. Hierzu muss der Verußerer seine Rz. 13 „Zinssatz von mehr als 0 %“). freiberufliche Ttigkeit in dem bisherigen rtlichen Wir- – Wird zunchst ein unverzinsliches Darlehen hinge- kungskreis wenigstens fr eine gewisse Zeit einstellen. geben und eine Verzinsung spter vereinbart, so ist Die „definitive“ bertragung der wesentlichen Betriebs- nach Ansicht des BMF ebenfalls von einer verzins- grundlagen, insbesondere des Mandantenstamms, lichen Verbindlichkeit auszugehen (BMF v. hngt letztlich von den Umstnden des Einzelfalls ab, 26.5.2005, IV B 2 – S 2175–7/05, BStBl I 2005, 699, die das FG als Tatsacheninstanz zu wrdigen hat. Neben Rz. 18). Auch das FG Berlin-Brandenburg (Be- der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Ttigkeit schluss v. 6.1.2009, 12 V 12283/07, EFG 2009, 564) sind insbesondere die rumliche Entfernung einer wie- hat die Auffassung vertreten, dass ab dem Zeitpunkt der aufgenommenen Berufsttigkeit zur verußerten der Abrede einer Verzinsung von einer verzinsli- Praxis, die Vergleichbarkeit der Bettigungen, die Art chen Verbindlichkeit i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und Struktur der Mandate sowie die Nutzungsdauer EStG auszugehen sei. Ebenso wird dies in der Lite- des erworbenen Praxiswerts zu bercksichtigen. Wird ratur vertreten (s. Kiesel in H/H/R, § 6 EStG Rz. 711; der Verußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitar- Groh, DB 2007, 2275, 2277; Kulosa in Schmidt, 37. beiter im Auftrag und fr Rechnung des Erwerbers ttig, Aufl. 2018, § 6 EStG Rz. 461). Ob diese Aussagen ist dies grundstzlich unschdlich. auch dann gelten, wenn vor dem Bilanzstichtag eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde, die Im Urteilsfall hatte der Klger nach 22 Monaten eine Ein- aber erst fr Zeitrume nach diesem Bilanzstichtag zelpraxis wieder erffnet. Eine solche Wiederaufnahme eine Verzinsung vorsieht, ist offen. Das BMF scheint der freiberuflichen Ttigkeit durch den Verußerer nach auch in diesem Fall von einer verzinslichen Verbind- einer gewissen Zeit, kann nach der Entscheidung des lichkeit auszugehen (BMF v. 26.5.2005, IV B 2 – BFH auch dann schdlich sein, wenn die Wiederaufnah-
DStZ-Aktuell DStZ 2019 Nr. 1–2 3 me zum Zeitpunkt der bertragung der Praxis nicht ge- Rz. 18) fhrt der BFH aus, dass der Schuldzinsenabzug plant war. Maßgebend sei allein, ob es objektiv zu einer nur fr den Fall eingeschrnkt werden soll, dass der definitiven bertragung der wesentlichen Praxisgrund- Stpfl. mehr entnimmt als ihm hierfr an Eigenkapital lagen gekommen ist. Daran kann es allein durch die tat- zur Verfgung steht. Dem widersprche es, wenn schliche Wiederaufnahme der freiberuflichen Ttigkeit Schuldzinsen allein deshalb unter dem Gesichtspunkt fehlen, auch wenn diese ursprnglich nicht geplant war. der „berentnahme“ nicht abziehbar wren, weil der Maßnahmen des Verußerers, die wegen einer von An- Stpfl. einen Verlust erwirtschaftet hat, insbesondere fang an geplanten Wiederaufnahme dazu dienen sollen, dann, wenn er niemals eine Entnahme gettigt hat. Der die sptere Zurckgewinnung der Mandanten zu er- auf dem Eigenkapitalmodell basierende § 4 Abs. 4a leichtern, knnen eine definitive bertragung des Man- EStG will den Schuldzinsenabzug nur fr den Fall ein- dantenstamms von vorneherein ausschließen bzw. die schrnken, dass der Stpfl. mehr entnimmt als ihm hierfr erforderliche Zeitspanne fr die Einstellung der Ttig- an Eigenkapital zur Verfgung steht (vgl. BFH v. keit verlngern. 14.3.2018, X R 17/16, BFH/NV 2018, 1011, Rz. 23). Die vom BFH zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Hinweis: Dieses Urteil verdeutlicht, dass jede Wie- EStG entwickelten Grundstze zur periodenbergrei- deraufnahme der freiberuflichen Ttigkeit die tarif- fenden Berechnung von ber- und Unterentnahmen begnstigte Besteuerung des erzielten Veruße- gelten auch, wenn der Stpfl. seinen Gewinn gem. § 4 rungsgewinns in Frage stellen kann, so dass Abs. 3 EStG ermittelt. Bei der Gewinnermittlung nach ußerste Vorsicht geboten ist. § 4 Abs. 3 EStG liegt bei durchgngig erzielten Jahres- [JS] berschssen eine berentnahme bereits dann vor, wenn nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG die Entnahme eines Wj. hher ist als die Summe des Ge- Anwendung der Tarifermßigung fr winns und der Einlagen. Im Gegensatz zum Bestands- Vergtungen fr mehrjhrige Ttigkeiten auf vergleich nach § 4 Abs. 1 EStG knne es nach Ansicht die Verußerung von Einzelwirtschaftsgtern des FG in Ermangelung einer Bilanz bei § 4 Abs. 3 EStG BFH v. 9.10.2018, VIII R 49/18, www.stotax-first.de. keine Korrektur dadurch geben, dass der in ihr ausge- wiesene Bestand vorhandenen Eigenkapitals hher ist, EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4. als die im maßgeblichen Veranlagungsjahr erfolgte Der BFH hlt fr nicht klrungsbedrftig, dass Ein- berentnahme bzw. die Summe der bis dahin erfolgten knfte aus selbstndiger Arbeit, die aus der Veruße- berentnahmen abzgl. von Unterentnahmen. Will der rung eines langjhrig betrieblich genutzten Gebude- Stpfl. die Rechtsfolge der sinngemßen Anwendung teils neben den brigen laufenden Einknften aus des § 4 Abs. 4a Satz 1 bis 5 EStG bei den jhrlich zu be- selbstndiger Arbeit erzielt werden, nicht unter die Ta- rechnenden berentnahmen nach § 4 Abs. 4a Satz 2 ver- rifermßigung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG fallen. [JS] meiden, so stehe es ihm frei, von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu § 4 Abs. 1 EStG berzugehen und den Bestand an Eigenkapital durch die sodann zu Schuldzinsenabzug bei Einnahmenber- erstellende Bilanz stichtagsbezogen zu dokumentieren. schussrechnung: berentnahmen liegen bereits dann vor, wenn die Entnahmen im Wj. Hinweis: § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG gibt die „sinnge- den Gewinn und die Einlagen bersteigen mße“ Anwendung von § 4 Abs. 4a Satz 1 bis 5 EStG FG Rheinland-Pfalz v. 8.10.2018, 5 K 1034/16, vorl. vor. Die Bemessungsgrßen Gewinn bzw. Verlust nrkr., www.stotax-first.de. sind nach den Grundstzen des § 4 Abs. 3 EStG zu bestimmen. Nach Auffassung in der Literatur kann EStG § 4 Abs. 3, § 4 Abs. 4a Satz 6. jedoch ein ggf. vorhandener ber- oder Unterent- nahmesaldo durch eine kapitalkontenbezogene Be- Nach der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz sind trachtungsweise ermittelt werden (so Schallmoser in bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht H/H/R, § 4 EStG Rz. 1091 [6/2016]; Elser/Neininger, abziehbare Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a Satz 6 i.V.m. DB 2000, 994, 999). Insoweit bleibt abzuwarten, ob Satz 1 bis 5 EStG hinzuzurechnen, wenn berentnah- gegen das Urteil des FG Revision eingelegt wird. men vorliegen. berentnahmen sollen bei § 4 Abs. 3 EStG vorliegen, wenn die Entnahmen im Wj. den Ge- [JS] winn und die Einlagen bersteigen. Mangels Bilanzie- rung und damit Ausweis von Eigenkapital sollen im Gegensatz zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG Ein zu Unrecht als Stpfl. behandelter Bautrger berentnahmen nicht erst dann vorliegen, wenn das hat einen Erstattungsanspruch gegen das FA, Eigenkapital aufgebraucht ist. auch ohne zuvor die USt an den leistenden Unternehmer entrichtet zu haben Im Grundsatz erfolgt die Prfung einer Einschrnkung des Schuldzinsenabzugs periodenbergreifend. Mit Ur- BFH v. 27.8.2018, V R 49/17, DStR 2018, 2423. teil vom 14.3.2018 (X R 17/16, BFH/NV 2018, 1011) hat UStG § 13b, § 27 Abs. 19. der BFH entschieden, dass die Bemessungsgrundlage der nichtabziehbaren Schuldzinsen aller in die Berech- Die Klgerin und Revisionsbeklagte (Klgerin) im dem nung einzubeziehenden Wj. (der Totalperiode) ab dem Besprechungsurteil zu Grunde liegenden Sachverhalt er- nach dem 31.12.1998 endenden Wj. bis zum aktuellen richtete in den Streitjahren 2011 bis 2013 Gebude. Ganz Wj. entspricht. Unter Bezugnahme auf die BFH-Ent- berwiegend verußerte sie diese anschließend an Dritte. scheidungen vom 21.9.2005 (X R 47/03, BStBl II 2006, Im geringen Umfang behielt sie Gebudeteile fr sich 504) und vom 17.8.2010 (VIII R 42/07, BStBl II 2010, 1041, und vermietete sie steuerfrei. Fr die Errichtung der Ge-
4 DStZ 2019 Nr. 1–2 DStZ-Aktuell bude bezog die Klgerin Bauleistungen von im Inland durchbreche dabei die grundstzliche Trennung zwi- ansssigen Dritten, welche mit der Klgerin bereinstim- schen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren. Fr die mend davon ausgingen, dass die Klgerin als Leistungs- Ausbung der nderungsbefugnis gegenber dem empfngerin Steuerschuldnerin sei und ihr Nettorech- Leistenden msse diesem hier ein abtretbarer Nachfor- nungen stellten. Die Klgerin erklrte entsprechend derungsanspruch gegen den Leistungsempfnger zu- Steuer nach § 13b UStG in ihren Steuererklrungen 2011 stehen, der sich aus § 313 BGB oder aus ergnzender bis 2013. Diese fhrten zu Festsetzungen unter dem Vor- Vertragsauslegung ergeben knne. Eine vergleichbare behalt der Nachprfung. Mit Bescheiden vom 25.6.2016 Regelung zu Lasten des Leistungsempfngers, der sich hob das FA jeweils den Vorbehalt der Nachprfung auf. unzutreffend als Steuerschuldner nach § 13b UStG an- Hiergegen wandte sich die Klgerin erfolglos mittels Ein- gesehen habe, existiere nicht. Damit bestehe hier die spruchs unter Berufung auf das BFH-Urteil V R 37/10 vom Trennung von Festsetzungs- und Erhebungsverfahren 22.8.2013, wonach sie nicht Steuerschuldnerin sei. Die unverndert fort. Fr das nderungsbegehren des Leis- erstinstanzliche Klage hatte demgegenber Erfolg. Hier- tungsempfngers komme es daher nicht auf eine fr das gegen wendet sich das FA mit seiner Revision an den FA bestehende Aufrechnungsmglichkeit an. Das Ver- BFH. langen nach einer gesetzeskonformen Besteuerung oh- ne rechtsfehlerhafte Anwendung von § 13b UStG sei Der BFH weist die Revision als unbegrndet zurck. Er entgegen der Ansicht des FA weder treuwidrig noch eine fhrt aus, dass die Klgerin – was zwischen den Beteilig- unzulssige Rechtsausbung. Insbesondere ein Berufen ten unstreitig war – nicht Steuerschuldnerin nach § 13b auf die Grundstze von Treu und Glauben seitens der UStG gewesen sei. Habe ein Bautrger auf Grund der FinVerw. gehe fehl, da sie im Streitfall auf Grund einer rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leis- unzutreffenden Beurteilung den Anwendungsbereich tungsempfnger fr von ihm bezogene Bauleistungen des § 13b UStG auf Leistungsempfnger ohne Recht nach § 13b UStG versteuert, knne er das Entfallen die- auf Vorsteuerabzug erweitert und die Klgerin rechts- ser rechtswidrigen Besteuerung geltend machen, ohne widrig besteuert habe. Das Verlangen nach Korrektur dass es darauf ankomme, dass er einen gegen ihn gerich- dieser rechtswidrigen Besteuerung, ohne zuvor einen teten Nachforderungsanspruch des leistenden Unter- Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers nehmers erflle oder die Mglichkeit fr eine Aufrech- erfllt zu haben, sei im Verhltnis zum FA nicht treuwid- nung durch das FA bestehe. Eine rechtswidrig nach rig. Es liege auch kein Widerspruch zum Neutralitts- § 13b UStG als Leistungsempfnger vorgenommene grundsatz vor. Der EuGH habe hierzu entschieden, dass Versteuerung sei unter den Voraussetzungen einer ver- dem Antrag auf Erstattung zu viel entrichteter MwSt der fahrensrechtlichen Korrekturmglichkeit – hier des Ein- Anspruch auf Rckzahlung rechtsgrundlos gezahlter spruchs gegen den Vorbehalt der Nachprfung gem. Betrge zu Grunde liege, mit dem die mit der Abgabe § 164 Abs. 3 Satz 2 AO – rckgngig zu machen. Das ma- zu Unrecht auferlegte wirtschaftliche Belastung des terielle Recht mache das Entfallen einer rechtswidrigen Wirtschaftsteilnehmers zu neutralisieren sei. Besteuerung nach § 13b UStG nicht von weiteren Bedin- gungen abhngig. Insbesondere hnge der Anspruch Hinweis: Der BFH stellt mit dem Besprechungsurteil auf nderung der rechtswidrigen Steuerfestsetzung also klar, dass der Bautrger, der zu Unrecht als nicht von einer fr das FA bestehenden Aufrechnungs- Stpfl. behandelt wurde, einen unbedingten An- mglichkeit ab. Denn im Verhltnis zwischen Festset- spruch auf Erstattung der rechtswidrig erhobenen zungs- und Erhebungsverfahren sei die Steuerfestset- Steuer hat. Im Urteil XI R 28/16 vom 16.5.2018 hatte zung fr das Erhebungsverfahren vorgreiflich. der XI. Senat das Rckforderungsbegehren eines Grundlage fr die Verwirklichung von Ansprchen aus Steuerbetrags nach Korrektur gem. § 14c Abs. 1 dem Steuerschuldverhltnis seien gem. § 218 Abs. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 UStG davon abhngig ge- Satz 1 AO Steuerbescheide und Steuervergtungsbe- macht, dass der Stpfl. den Erstattungsbetrag zuvor scheide. Wenn aber Festsetzungs- und Erhebungsver- an seinen Rechnungsempfnger zurckzahlt, um fahren hiernach voneinander zu trennen seien, komme beim Stpfl. keine ungerechtfertigte Bereicherung zu der das Erhebungsverfahren betreffenden Aufrechnung begrnden. Diese Grundstze wendet er im Bespre- fr die Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer Steuer- chungsurteil jedoch deshalb nicht an, weil § 17 UStG festsetzung keine Bedeutung zu. Dem materiellen Recht nicht zur Anwendung gelangt, sondern mit § 27 knne kein allgemeiner Grundsatz dergestalt entnom- Abs. 19 UStG eine eigenstndige Regelung existiert, men werden, dass der Leistungsempfnger eine bei die Entsprechendes nicht als Voraussetzung eines ihm rechtswidrig nach § 13b UStG vorgenommene Be- Erstattungsverlangens fordert. steuerung erst auf Grund einer einen Steueranteil um- [MB] fassenden Zahlung an den Leistenden rckgngig ma- chen knne. Das werde auch durch § 27 Abs. 19 UStG besttigt. Seien nmlich Unternehmer und Leistungs- Vorlagefrage an den EuGH: Findet der empfnger davon ausgegangen, dass der Leistungsemp- ermßigte USt-Satz auf die berlassung von fnger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem Bootsliegepltzen entsprechende Anwendung? 15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schulde BFH v. 2.8.2018, V R 33/17, DStR 2018, 2478. und stelle sich diese Annahme als unrichtig heraus, sei gem. § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die gegen den leistenden UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1. Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ndern, soweit der Leistungsempfnger die Erstattung der Steu- Gegenstand des Vorlagebeschlusses des BFH an den er fordere, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steu- EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens erschuldner zu sein. Die Norm bezwecke, den Vertrau- ist die Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der ensschutz nach § 176 AO auszuschalten und Vereinnahmung von Hafengeldern. Klger und Revisi-
DStZ-Aktuell DStZ 2019 Nr. 1–2 5 onsklger ist ein eingetragener, gemeinntziger Verein, stnde eng auszulegen seien. Der Begriff „camping“ dessen Zweck die Frderung des Segel- und Motorwas- stamme vom lateinischen „campus“ (= Feld), zudem sei sersports ist. In seinem Hafen unterhlt er rund 300 zu bercksichtigen, dass einem Hafen gegenber einem Liegepltze, die in den Streitjahren zu ca. 50 % fest an Campingplatz weitere Funktionen zukommen. Anderer- Mitglieder vergeben wurden. Die Mitglieder sind ver- seits knne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die pflichtet, bei Abwesenheit die Nutzung ihrer Liegeplt- funktionale und wirtschaftliche Identitt beider Leistun- ze durch Gste zu dulden. Die brigen 50 % der Liege- gen – das Vermieten von Campingpltzen und das Ver- pltze stehen den Gsten uneingeschrnkt zur mieten von Bootsliegepltzen – zur Vermeidung einer Verfgung. Der Klger unterwarf die Entgelte aus der Ungleichbehandlung eine gleiche Beurteilung verlange. berlassung der Liegepltze an Gste dem ermßigten Denn einem reinen Freizeithafen knne dieselbe Funkti- Steuersatz. Im Anschluss an eine bei dem Klger durch- on zukommen wie einem Campingplatz. Nicht der Unter- gefhrten USt-Sonderprfung nderte das FA die grund, auf dem das Fahrzeug stehe oder schwimme, USt-Bescheide fr 2010 bis 2012 und unterwarf die strei- kennzeichne die ausgefhrte Leistung, sondern die In- tigen Umstze dem Regelsteuersatz. Die gegen die n- frastruktur. Im Kern ermgliche der Betreiber beider derungsbescheide gerichteten Einsprche hatten eben- Einrichtungen seinen Kunden die Beherbergung mit so wenig wie die Klage Erfolg. Hiergegen wendet sich bernachtungsmglichkeit im eigenen Fahrzeug. Nach der Klger mit seiner Revision an den BFH. nationalem Recht ermßige sich die Steuer fr die Ver- mietung von Wohn- und Schlafrumen, die ein Unterneh- Der BFH setzt das Revisionsverfahren aus und legt dem mer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereit- EuGH die Frage vor, ob die Steuersatzermßigung fr halte, sowie fr die kurzfristige Vermietung von die Vermietung von Campingpltzen und von Pltzen Campingplatzen nach § 12 Abs. 1 Nr. 11 Satz 1 UStG fr das Abstellen von Wohnwagen nach Art. 98 Abs. 2 auf 7 %. Ein Bootsliegeplatz erflle nicht die Definition MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 12 MwStSystRL auch eines Campingplatzes, allerdings habe der Gesetzgeber die Vermietung von Bootsliegepltzen erfasse. Zunchst die Steuerermßigung auf die kurzfristige Vermietung zitiert der V. Senat Art. 20 der Charta der Grundrechte der von „Campingflchen“ erweitert. Der Begriff der Flche Europischen Union, nach welcher vor dem Gesetz alle erfasse auch Wasserflchen. Demgegenber trete der Personen gleich sind. Jede Einschrnkung der Ausbung Wortursprung „campus“ zurck. So, wie es fr den Be- der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten griff des Grundstcks unerheblich sei, ob das Grundstck msse gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt von Wasser berspielt sei oder nicht, sei es fr den Begriff dieser Rechte und Freiheiten achten. Einschrnkungen der Campingflche unerheblich, ob diese aus Rasen, Be- seien nur zulssig, wenn sie notwendig seien und den ton oder eben aus Wasser bestehe. Zudem stehe die Ein- von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden beziehung von Bootsliegepltzen in die Steuerermßi- Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der gung auch im Einklang mit dem gesetzgeberischen Rechte und Freiheiten anderer tatschlich entsprechen. Willen und werde dem Zweck der Vorschrift gerecht. Gemß Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL knnen die Mitglieds- staaten einen oder zwei ermßigte Steuerstze anwen- Hinweis: Der BFH argumentiert auch damit, dass der den. Die ermßigten Steuerstze seien gem. Art. 98 Abs. 1 Gesetzgeber mit dem Wachstumsbeschleunigungs- MwStSystRL nur auf die Lieferungen und Dienstleistun- gesetz, mit dem die Steuersatzermßigung des § 12 gen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar. Abs. 2 Nr. 11 UStG eingefhrt wurde, neben dem Anhang III Nr. 12 MwStSystRL sehe u.a. die Mglichkeit klassischen Hotelgewerbe auch die kurzfristige Be- einer Steuerermßigung fr die Vermietung von Cam- herbergung in Pensionen, Fremdenzimmern und pingpltzen und Pltzen fr das Abstellen von Wohnwa- „vergleichbaren Einrichtungen“ begnstigt haben gen dar. Nach nationalem Recht ergebe sich die Gleichbe- wolle. Der Begriff der „vergleichbaren Einrichtung“ handlung vor dem Gesetz aus Art. 3 GG und § 4 Nr. 12 wurde im Gesetzeswortlaut durch „Campingfl- Buchst. a UStG stelle die Vermietung und die Verpach- chen“ ersetzt, wobei diese mittels beispielhafter Auf- tung von Grundstcken, von Berechtigungen, fr die die zhlung definiert sind. Der BFH vertritt die Ansicht, Vorschriften des brgerlichen Rechts ber Grundstcke es gebe keinen sachlichen Grund, Bootsliegepltze gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzung nicht als solche „vergleichbaren Einrichtungen“ zu von Grund und Boden betreffend umsatzsteuerfrei. Nicht qualifizieren. Es bleibt abzuwarten, welche Ansicht befreit sei die Vermietung von Wohn- und Schlafrumen, der EuGH zur Interpretation des Anwendungsbe- die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von reichs des Art. 98 MwStSystRL vertreten wird. Fremden bereithalte, die Vermietung von Pltzen fr das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung [MB] auf Campingpltzen und die Vermietung und die Ver- pachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehren (Betriebs- Kapitalgesellschaften vorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstcks seien. Verußerung von Anteilen an Kapitalge- sellschaften – Nachtrgliche Anschaffungs- Zur unionsrechtlichen Rechtslage gibt der Senat zu be- kosten „in letzter Minute“ nach Aufhebung denken, dass daran zu zweifeln sei, ob diese die Mit- des Eigenkapitalersatzrechts gliedsstaaten zur Anwendung eines ermßigten Steuer- satzes auf die berlassung von Bootsliegepltzen BFH v. 20.7.2018, IX R 5/15, DStR 2018, 2470. ermchtigen. Denn es sei fraglich, ob die Begriffe „Cam- EStG § 17. pingpltze“ und „Pltze fr das Abstellen von Wohnwa- gen“ auch Bootsliegepltze umfassen knnen. Hinzu Mit Urteil vom 20.7.2018 hat sich der BFH mit der Fra- komme, dass Steuerermßigungen als Ausnahmetatbe- ge befasst, ob solche Zuzahlungen, die der Gesell-
6 DStZ 2019 Nr. 1–2 DStZ-Aktuell schafter einer GmbH in das Eigenkapital leistet und wenn die zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter ei- die bei der Kapitalgesellschaft als Kapitalrcklage aus- ner GmbH in gleicher Hhe Einzahlungen in das Gesell- zuweisen sind (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB), bei dem Ge- schaftsvermgen leisten, damit die GmbH ihre betriebli- sellschafter in jedem Fall und zu jedem denkbaren chen Verbindlichkeiten gegenber verschiedenen Zeitpunkt zu (nachtrglichen) Anschaffungskosten Glubigern ablsen knne. i.S.d. § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB fhren und mithin im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 Im Rahmen seiner Begrndung fhrt der BFH aus, Satz 1 EStG zu bercksichtigen sind – und ob solche – dass Verußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG Zuzahlungen einen Missbrauch von Gestaltungsmg- gem. Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift der Betrag ist, um lichkeiten des Rechts (§ 42 AO) darstellen knnten. den der Verußerungspreis nach Abzug der Veru- Auch dieses Urteil ist vor dem Hintergrund der Recht- ßerungskosten die Anschaffungskosten bersteigt. sprechungsnderung des BFH betreffend die steuerli- Anschaffungskosten sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 1 che Behandlung eigenkapitalersetzender Finanzie- HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermgensgegenstand zu erwerben und ihn rungshilfen vom 11.7.2017 (IX R 36/15, DStR 2017, in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, so- 2098) und des Beschlusses v. 11.10.2017 (IX R 5/15), weit sie dem Vermgensgegenstand einzeln zuge- mit dem der BFH das BMF aufgefordert hatte, dem ordnet werden knnen. Zu den Anschaffungskosten Verfahren beizutreten, zu sehen. Mit dem Urteil v. 11.7.2017 hatte der BFH (unter Formulierung eines Be- gehren auch die Nebenkosten sowie die nachtrg- standsschutzes fr „Altflle“) ja entschieden, dass mit lichen Anschaffungskosten; der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch – dass zu den nachtrglichen Anschaffungskosten ei- das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH- ner Beteiligung nach bisheriger Rechtsprechung Rechts und zur Bekmpfung von Missbruchen v. des BFH neben offenen und verdeckten Einlagen 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026) die gesetzliche Grund- auch nachtrgliche Aufwendungen auf die Beteili- lage fr die bisherige Rechtsprechung zur Bercksich- gung fhrten, wenn sie durch das Gesellschaftsver- tigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus hltnis veranlasst und weder Werbungskosten bei eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als den Einknften aus Kapitalvermgen noch Veru- nachtrgliche Anschaffungskosten im Rahmen des ßerungs- oder Auflsungskosten waren; § 17 EStG entfallen ist. – dass neue Maßstbe fr die steuerliche Bercksich- Im entschiedenen Streitfall hatten Eheleute (Klger) ge- tigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus klagt, die im Streitjahr 2010 (in gleicher Hhe wie auch bisher eigenkapitalersetzenden Finanzierungshil- die Brder des Ehemanns) zwischen Juni und November fen als nachtrgliche Anschaffungskosten i.S.d. Zufhrungen in die Kapitalrcklage der A-GmbH ge- § 17 EStG entwickelt worden sind; leistet hatten, um eine ansonsten drohende Liquidation – dass den nachtrglichen Anschaffungskosten der der Gesellschaft zu vermeiden (die GmbH verwendete Beteiligung grundstzlich nur solche Aufwendun- die Mittel insbesondere zur Ablsung von Bankverbind- gen des Gesellschafters zugeordnet werden kn- lichkeiten und der von den Gesellschaftern gewhrten nen, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Sicherheiten). Der Klger war seit 2003 zu rd. 24 % am Grundstzen zu einer offenen oder verdeckten Ein- Stammkapital der A-GmbH beteiligt, die in den Jahren lage in das Kapital der Gesellschaft fhren; 2008 und 2009 Verluste erzielt, zum Ende des Jahres 2009 den Geschftsbetrieb eingestellt und ihr gesamtes – dass die Kapitalrcklage Bestandteil des Eigenkapi- Anlagevermgen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe tals der Gesellschaft ist und allein der Gesellschaft und unfertige Erzeugnisse an die I-GmbH, an der der (und nicht etwa dem Gesellschafter) zusteht. Der Klger zu 1/3 beteiligt war, verußert hatte. Die Anteile Gesellschafter kann einen Einlagebetrag, den die an der A-GmbH wurden schließlich Mitte Dezember Gesellschaft im Rahmen eines rein gesellschaftsin- 2010 zu einem Kaufpreis von 0 h an die I-GmbH veru- ternen Vorgangs in die Kapitalrcklage eingestellt ßert. Der Klger machte in der Folge einen Verlust i.S.d. hat, weder nutzen noch verwerten; § 17 EStG geltend, errechnet aus einem anteiligen Ver- – und dass daher die vom Klger geleisteten Zufh- lust der Stammeinlage und den nachtrglichen Anschaf- rungen in die Kapitalrcklage der GmbH bei der Be- fungskosten aus der Kapitalzufhrung. Das FA berck- rechnung des Verußerungsverlusts als nachtrgli- sichtigte lediglich den Verlust der eingezahlten che Anschaffungskosten zu bercksichtigen sind. Stammeinlage und auch das FG erkannte die Zahlungen – In einem gesellschaftsrechtskonformen Vorgehen in die Kapitalrcklage nicht als nachtrgliche Anschaf- (wie der vorliegenden Einzahlung in das Gesell- fungskosten an. Die Auffassung hat i.. auch das dem schaftsvermgen ber die Stammeinlage hinaus) Verfahren beigetretene BMF vertreten. knne nicht zugleich ein Missbrauch von Gestal- Der BFH hingegen hat der Revision des Klger stattgege- tungsmglichkeiten des (Steuer-)Rechts i.S.d. § 42 ben und zu dessen Gunsten entschieden, dass Aufwen- AO liegen. Dieses vom Gesellschaftsrecht auch so dungen des Gesellschafters aus einer Einzahlung in die vorgesehene Vorgehen widerspreche nicht den Kapitalrcklage zur Vermeidung einer Brgschaftsinan- Wertungen des Rechts; es entspreche ihnen. spruchnahme zu nachtrglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung fhren, und dass es bei dieser Frage Hinweis: Damit ist nun auch explizit geklrt, dass es der Bercksichtigung der Einzahlung in die Kapitalrck- mit Blick auf § 17 EStG keine Rolle spielt, wie die lage als nachtrgliche Anschaffungskosten keine Rolle GmbH einen vom Gesellschafter eingezahlten Be- spiele, wie die GmbH den vom Gesellschafter eingezahl- trag verwendet. ten Betrag verwendet. Ein Missbrauch von Gestaltungs- mglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO liege nicht vor, [TK]
DStZ-Aktuell DStZ 2019 Nr. 1–2 7 Personengesellschaften ggf. Zurckbehaltung durch den Einbringenden, was zu negativem Sonderbetriebsvermgen fhrt, (c) statt Einbringung von Einzelwirtschaftsgtern Beendigung der Verfahren X R 28/12 und GrS die Einbringung von Sachgesamtheiten, was nach 1/16 (strenge oder modifizierte Trennungs- § 24 UmwStG zu Buchwerten mglich ist. theorie bei teilentgeltlichen bertragungen) wegen Abhilfe durch das FA Literatur: Gossert/Liepert/Sahm, Die Aufgabe der rei- BFH v. 30.10.2018, X R 28/12, www.stotax-first.de; nen Trennungstheorie durch die aktuelle BFH-Recht- BFH v. 30.10.2018, GrS 1/16, www.stotax-first.de. sprechung und deren Folgen auf der Erwerberseite 2 Eine Darstellung der modifizierten Trennungstheorie EStG § 6 Abs. 5 Satz 3. und deren Folgen aus Sicht des in die Wirtschaftsgter bernehmenden Erwerbers oder Mitunternehmer- Das FA hat mit nderungsbescheid vom 2.10.2018 schaft, DStZ 2013, 242.; Nöcker, Bilanzsteuerrecht dem Begehren der Klger in vollem Umfang abgehol- kann ganz einfach sein – ... ist es aber (leider) nicht, fen. Anschließend haben beide Beteiligte den Rechts- DStZ 2018, 709; Strahl, Neues zum Bilanzsteuerrecht, streit in der Hauptsache fr erledigt erklrt. Daraufhin ksdi 2016, 19880; Strahl, Aufgabe der Trennungstheo- hat der beschließende Senat seinen Vorlagebeschluss rie 2 Auswirkungen und Reichweite, ksdi 2013, an den Großen Senat des BFH vom 27.10.2015 (X R 18528. [JS] 28/12, BStBl II 2016, 81) aufgehoben, weil nach der Er- ledigung des der Vorlage zu Grunde liegenden Rechts- streits kein Bedarf mehr fr eine Entscheidung des International ttige Unternehmen Großen Senats des BFH ber die vorgelegte Rechtsfra- ge besteht. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss Entstrickungsbesteuerung bei Abwrts- vom 30.10.2018 das bei ihm gefhrte Verfahren GrS verschmelzung mit auslndischer 1/16 eingestellt. Damit ist das Verfahren ohne Ent- Anteilseignerin scheidung ber die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung BFH v. 30.5.2018, I R 23/16, www.stotax-first.de; eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen ber- tragungen nach der strengen oder modifizierten Tren- BFH v. 30.5.2018, I R 35/16, www.stotax-first.de. nungstheorie) beendet worden. UmwStG § 11. Vorliegend geht es um die Frage des Wertansatzes bei Mit seinen Urteilen vom 30.5.2018 (I R 31/16 sowie I R teilentgeltlichen bertragungen unter Beteiligung von 35/16) hatte der BFH ber die Abwrtsverschmelzun- Mitunternehmerschaften. Dies vor dem Hintergrund, gen von in Deutschland ansssigen Muttergesellschaf- dass Entnahmen grds. nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 ten („MG“), deren Anteilseigner jeweils im Ausland EStG mit dem Teilwert anzusetzen sind, eine (zwin- (USA) ansssige Krperschaften waren, auf ihre Toch- gende) Bewertung mit dem Buchwert nach § 6 Abs. 5 tergesellschaften („TG“) zu entscheiden. Streitig war, Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 EStG erfolgt bei der unent- ob Deutschland die in den von MG gehaltenen Antei- geltlichen oder gegen Gewhrung oder Minderung len an TG gebundenen stillen Reserven auf Grund et- von Gesellschaftsrechten vorgenommenen bertra- waigen verschmelzungsbedingten Verlusts des deut- gung aus Betriebsvermgen des Mitunternehmers in schen Besteuerungsrechts besteuern durfte. Gesamthandsvermgen einer Mitunternehmerschaft. Fraglich ist nun, wie eine teilentgeltliche bertragung Den Urteilen liegt das mittlerweile gefestigte Ver- abzubilden ist. Die FinVerw. teilt in Fllen der teilent- stndnis zu Grunde, wonach die Anteile der bertra- geltlichen bertragung einzelner Wirtschaftsgter des genden MG an der TG im Zuge der Abwrtsver- Betriebsvermgens unter Beteiligung von Mitunter- schmelzung von den bisherigen Anteilseignern der nehmerschaften den Vorgang in ein voll unentgeltli- MG unmittelbar erworben werden. Dieses Verstndnis ches und ein voll entgeltliches Geschft auf und ordnet entspricht auch der Auffassung der FinVerw., wonach den Buchwert anteilig den beiden Teilen des Geschfts es bei einer Abwrtsverschmelzung auf der Ebene der zu (im Folgenden als „strenge Trennungstheorie“ be- bernehmenden TG nicht zu einem Durchgangser- zeichnet). Durch diese Berechnungsweise ergibt sich werb eigener Anteile kommt (vgl. BMF v. 11.11.2011, aus dem entgeltlichen Teil des Geschfts stets ein ge- BStBl I 2011, 1314, Rz. 11.18 m.w.N.). wisser Gewinnrealisierungsbetrag. Im Streitfall erfolg- Der BFH fhrt zunchst aus, dass bei der Verschmel- te die bertragung von Grundstcken, wobei die Ge- zung einer Krperschaft auf eine andere Krperschaft genleistung sowohl in der Einrumung einer die bergehenden Wirtschaftsgter nach § 11 Abs. 1 Kommanditeinlage als auch einer Darlehensforderung UmwStG in der steuerlichen Schlussbilanz der ber- bestand. tragenden Krperschaft grundstzlich mit dem gemei- nen Wert anzusetzen sind. Abweichend davon knnen Hinweis: Bedauerlicherweise erfolgt nun keine Kl- nach § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auf Antrag die ber- rung dieser Rechtsfrage. Im Zweifel mssen daher gehenden Wirtschaftsgter mit dem Buchwert ange- weiterhin in Gestaltungsfllen Ausweichlsungen setzt werden, soweit u.a. sichergestellt ist, dass das gewhlt werden, welche eine (Teil-)Entgeltlichkeit Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des vermeiden bzw. die Buchwertfortfhrung sichern Gewinns aus der Verußerung der bertragenen Wirt- (siehe Strahl, BeSt 2016,1): (a) statt Gutschrift auf ei- schaftsgter bei der bernehmenden Krperschaft nem Darlehenskonto die Gutschrift auf einem Kapi- nicht ausgeschlossen oder beschrnkt wird. talkonto II, welches als Eigenkapital eingestuft wird, (b) Vermeidung der bernahme von Verbindlichkei- Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sind als ten durch die erwerbende Mitunternehmerschaft – „bergehende Wirtschaftsgter“ i.S.d. § 11 Abs. 1
8 DStZ 2019 Nr. 1–2 DStZ-Aktuell UmwStG bzw. § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht nur MG eintretende Verlust der deutschen Besteuerungs- diejenigen Wirtschaftsgter zu qualifizieren, die von hoheit unbeachtlich sei, weil das Vermgen der in der bertragenden MG auf die bernehmende TG Deutschland ansssigen TG im Inland weiterhin steu- bergehen. Vielmehr rechnet im Fall der Abwrtsver- erlich verhaftet ist. Nach dem Trennungsprinzip und schmelzung – nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der ertragsteuerrechtlichen Intransparenz der Kapital- – auch die unmittelbar von der MG auf ihre bisherigen gesellschaften sind die Anteile an der TG (mithin die Anteilseigner bergehende Beteiligung an der TG zu Anteilseignerebene) und das Betriebsvermgen der den „bergehenden Wirtschaftsgtern“. Soweit nach TG (mithin die Gesellschaftsebene) nicht gleichzuset- § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG auf Ebene der „ber- zen. nehmenden Krperschaft“ weitere Anforderungen fr Auch die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG den Buchwertansatz gestellt werden, ist im Hinblick zum Beteiligungskorrekturgewinn kann nach Auffas- auf die von der MG auf die TG bergehenden Wirt- sung des BFH nicht als Spezialregelung fr die ertrag- schaftsgter insoweit „bernehmende Krperschaft“ steuerrechtliche Behandlung der Anteile an der TG im die TG; im Hinblick auf die Beteiligung der MG an Fall der Abwrtsverschmelzung herangezogen wer- der TG ist „bernehmende Krperschaft“ der bisheri- den. Die Regelung stellt sich vor dem Hintergrund ge Anteilseigner der MG. ihrer systematischen Stellung innerhalb der aus insge- Diese nur auf den ersten Blick systematisch erschei- samt drei Stzen bestehenden Buchwertansatzvor- nende Schlussfolgerung des BFH und die damit korre- schrift des § 11 Abs. 2 UmwStG als ergnzende Vor- spondierende Auffassung der FinVerw. (vgl. BMF v. schrift dar. 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz. 11.19) ist m.E. – un- Da bei einer Verschmelzung die bertragende Krper- geachtet nachstehender Ausfhrungen zum Aus- schaft ohne Abwicklung aufgelst wird und ihr Ver- schluss des deutschen Besteuerungsrechts – nicht mgen – einschließlich der etwaigen Beteiligung an zwingend, wenn man den Fall betrachtet, dass im Rah- der bernehmenden Krperschaft (im Fall der Ab- men einer Abwrtsverschmelzung der die Anteile an wrtsverschmelzung) oder einer anderen Krperschaft der TG bernehmende Gesellschafter eine natrliche – vergleichbar einer rechtsgeschftlichen Veruße- Person ist. Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 rung auf einen anderen Rechtstrger bergeht, klas- UmwStG ist eindeutig, wenn er von „bernehmender sifiziert der BFH den im Zuge des Ansatzes des ge- Krperschaft“ spricht – natrliche Personen knnen meinen Werts in Bezug auf die Anteile an der TG von diesem im Ertragsteuerrecht klar definierten Be- auf Ebene der MG entstehenden Gewinn als steuer- griff (vgl. § 1 Abs. 1 KStG) nicht erfasst sein. Somit freien Auflsungsgewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 3 drngt sich die Frage auf, ob letztgenannter Fall dann KStG, von dem nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 5 % als anders zu beurteilen wre, ob dieses gleichheitsrecht- Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben ab- lich tragbar wre, und wenn ja, welche Konsequenzen gezogen werden drfen. sich dann letztlich in Bezug auf die Anteile an der TG fr die Besteuerung auf Ebene der MG ergeben wr- Seiner rechtlichen Wrdigung stehen – so die Auffas- den (entsprechend den berlegungen der Vorinstanz sung des BFH – weder das Diskriminierungsverbot im Verfahren I R 31/16, FG Dsseldorf v. 22.4.2016, aus Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 (mangels Erfllung 6 K 1947/14 K,G, sowie der Vorinstanz im Verfahren des „hnlichkeitsmerkmals“), die EU-Fusionsrichtli- I R 35/16, FG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2016, 1 K 1001/14: nie (der darin enthaltene Begriff des bertragenen Ansatz des gemeinen Werts nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Aktivvermgens soll die Beteiligung der bertragen- § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auf der einen Seite vs. den MG an der bernehmenden TG nicht erfassen) Buchwertansatz nach Maßgabe der vermeintlichen noch das Unionsrecht entgegen. Im Hinblick auf das Spezialregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Unionsrecht verweist der BFH darauf, dass nach der der anderen Seite – vgl. zu letzterem Aspekt auch die Rechtsprechung des EuGH zu den Entstrickungsrege- nachfolgenden Ausfhrungen; kritisch auch Rdder/ lungen – wie vorliegend § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Schmidt-Fehrenbacher in FGS/BDI, Der Umwand- UmwStG – (vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, Natio- lungssteuer-Erlass 2011, 249 ff.). nal Grid Indus; v. 23.1.2014, C-164/12, DMC; v. 21.5.2015, C-657/13, Verder LabTec) geklrt ist, dass Fr die den Urteilen zu Grunde liegenden Streitflle diese als Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit oder versagte der BFH letztlich eine Buchwertfortfhrung die Kapitalverkehrsfreiheit letztlich durch den Ge- im Hinblick auf die auf die bisherigen Anteilseigner sichtspunkt der Wahrung der Aufteilung der Besteue- der MG bergehenden Anteile an der TG, weil auf rungsbefugnisse gerechtfertigt sind. Interessanterwei- Ebene der jeweils in den USA ansssigen Anteilseig- se problematisiert der BFH nicht, dass nach der ner die in den Anteilen gebundenen stillen Reserven vorbezeichneten EuGH-Rechtsprechung die Entstri- nach Maßgabe von Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989 ckungsregelungen des UmwStG unverhltnismßig nicht mehr der deutschen Besteuerungshoheit unter- sein drften, weil sie eine sofortige Einziehung der lagen und somit dem Erfordernis des § 11 Abs. 2 Steuer auf die „entstrickten“ stillen Reserven (hier be- Satz 1 Nr. 2 UmwStG nicht entsprochen wurde. Dem zglich der Anteile an der TG) vorschreiben. Eine im Fachschrifttum vereinzelt angefhrten sog. „Re- Verhltnismßigkeit soll nur dann angenommen wer- prsentationsgedanken“ verpasste der BFH m.E. inso- den knnen, wenn die Entstrickungsregelungen eine weit zu Recht eine Absage. Nach dem „Reprsentati- auf fnf oder zehn Jahre gestaffelte Erhebung der auf onsgedanken“ soll die Beteiligung an der TG zugleich die „entstrickten“ stillen Reserven entfallende Steuer das Betriebsvermgen der TG reprsentieren. Diese vorsehen. Der BFH verweist in diesem Kontext viel- berlegung soll letztlich zur Konsequenz haben, dass mehr darauf, dass der in den Urteilsfllen entstri- der bei einer Abwrtsverschmelzung unter Beteili- ckungsbedingt entstandene Auflsungsgewinn durch gung auslndischer Anteilseigner der bertragenden § 8b Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 KStG vollstndig steu-
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