Anrechnung ausländischer steuern: Gesetzgeber und BFh sorgen für "neuen wirbel"

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                                      GESETZGEBUNG UND RECHTSPRECHUNG

                                      Anrechnung ausländischer Steuern:
                                      Gesetzgeber und BFH sorgen für „neuen Wirbel“
                                      von Birgit Laasch, Dipl.-Finanzwirtin (FH), Bonn

                                      | Die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG
                                      und nach § 26 Abs. 2 S. 1 KStG in der Fassung des Zollkodex-Anpassungs­
                                      gesetzes ist weiterhin umstritten und wird voraussichtlich wieder den BFH,
                                      den EuGH und – soweit Körperschaften betroffen sind – ggf. das BVerfG
                                      ­beschäftigen. Welche Aufwendungen im Rahmen der Ermittlung ausländi-
                                       scher Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 S. 4 EStG zu berücksichtigen sind, dürfte
                                       dagegen durch die jüngsten Ausführungen des BFH geklärt sein. |

                                      1. Änderungen durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz
                                      1.1 Änderung des § 34c EStG
                                      Durch das „Zollkodex-Anpassungsgesetz“ vom 22.12.14 wurde mit Wirkung                      Berechnung des
                                      ab VZ 2015 die Berechnung des Höchstbetrags neu geregelt, bis zu dem eine                  Höchstbetrags
                                      der deutschen Einkommensteuer entsprechende ausländische Steuer ange-                      wurde neu geregelt
                                      rechnet werden kann. Weiter wurde eine Übergangsregelung für alle noch
                                      offenen Fälle in § 52 Abs. 34a EStG aufgenommen.

                                      Nach der Altfassung des Gesetzes wurde der Höchstbetrag, bis zu dem eine
                                      ausländische Steuer, die keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt und
                                      der deutschen Einkommensteuer entspricht, wie folgt berechnet (§ 34c Abs. 1
                                      S. 2 EStG a. F.):

                                                                                         ausländische Einkünfte
                                       Höchstbetrag = anteilige dt. Einkommensteuer x
                                                                                         Summe der in- und
                                                                                         ausländischen Einkünfte

                                      Da der BFH Zweifel hatte, ob die Nichtberücksichtigung von Sonderausgaben                  EuGH bejaht Verstoß
                                      und außergewöhnlichen Belastungen als Kosten der persönlichen Lebens-                      gegen Freiheit des
                                      führung sowie von personen- und familienbezogenen Umständen im Nenner                      Kapitalverkehrs
                                      des vorstehenden Bruchs den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht, hat er
                                      dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die alte Fassung des § 34c Abs. 1 S. 2 EStG
                                      EU-konform ist (BFH 9.2.11, I R 71/10, BFH/NV 11, 387). Der EuGH hat dies
                                      ­verneint und einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit bejaht (EuGH
                                       28.2.13, C-168/11, Rs. Beker & Beker).

                                      Nach Auffassung des EuGH führt die Nichtberücksichtigung von Kosten der                    Kosten persönlicher
                                      persönlichen Lebensführung und von personen- und familienbezogenen                         Lebensführung
PDF erstellt für Gast am 05.05.2020

                                      Umständen im Nenner des Bruchs zu einer nicht vollständigen Berücksichti-                  unzureichend
                                      gung dieser Aufwendungen bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbe-                       berücksichtigt
                                      trags. Während diese Kosten bei der Ermittlung der anteiligen tariflichen
                                      Steuer zu 100 % abgezogen werden (erster Teil der Formel), würden diese von
                                      der Summe der Einkünfte, die im Nenner des Bruchs stehen und den zweiten
                                      Teil der Formel bilden, nicht abgezogen.

                                      12-2016                                                                GStB Gestaltende
                                                                                                               Steuerberatung    435
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                                         MERKE | Nach den Ausführungen des Generalstaatsanwalts in den Nrn. 34 und 35                    Diskriminierung von
                                         seiner Schlussanträge profitiert damit ein in Deutschland ansässiger Steuerpflich-              Auslandseinkünften
                                         tiger von den personen- und familienbezogenen Abzügen, wenn er seine gesamten
                                         Einkünfte in Deutschland bezieht, wogegen dies nicht der Fall ist, wenn ein Teil der
                                         Einkünfte im Ausland bezogen wird. Der EuGH fordert in Nr. 60 seiner Entscheidung
                                         vom 28.2.13 (C-168/11), dass personen- und familienbezogene Abzüge grds. in vollem
                                         Umfang vom Wohnsitzstaat berücksichtigt werden müssen und damit auf den Teil
                                         des Einkommens entfallen müssen, der in diesem Staat bezogen wurde.

                                      Der BFH hat den Ausführungen des EuGH dann in seinem Streitfall Rechnung                           BFH lässt auch
                                      getragen (BFH 18.12.13, I R 71/10, BStBl II 15, 361). Er ermittelt den Anrech-                     Grundfreibetrag und
                                      nungshöchstbetrag, indem die tarifliche Einkommensteuer, die auf das in                            Altersentlastungs-
                                      Deutschland zu versteuernde Einkommen – einschließlich der ­ausländischen                          betrag zum Abzug zu
                                      Einkünfte – zu entrichten ist, mit dem Quotienten multipliziert wird, der sich
                                      aus den ausländischen Einkünften und der Summe der ­Einkünfte abzüglich
                                      aller steuerlich abziehbaren personen- und f­amilienbezogenen Positionen
                                      ergibt. Den abziehbaren Positionen rechnet er auch den Grundfreibetrag und
                                      den Altersentlastungsbetrag zu.

                                      Beachten Sie | Die Berücksichtigung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1
                                      S. 2 Nr. 1 EStG – über dessen Ansatz der EuGH nicht entscheiden musste –,
                                      begründet der BFH damit, es sei Sache des Wohnsitzstaats, sämtliche an die
                                      persönliche und familiäre Situation des Steuerpflichtigen geknüpften steuer-
                                      lichen Vergünstigungen bei der Ermittlung des Nenners zu gewähren. Der
                                      BFH sieht sich damit „auf ­Linie“ mit der EuGH-Rechtsprechung (z. B. EuGH
                                      12.6.03, C-234/01, Rs. Gerritse; EuGH 1.7.04, C-169/03, Rs. Wallentin).

                                          MERKE | Der Gesetzgeber hat mit einer Neuregelung der Berechnung des                           Übergangsregelung
                                         ­ nrechnungshöchstbetrags für VZ ab 2015 und mit einer Übergangsregelung
                                         A                                                                                               für VZ bis 2014 ...
                                         ­reagiert (§ 52 Abs. 34a EStG n. F.). Danach ist für alle noch nicht bestandskräftig
                                          festgesetzten Fälle der VZ bis einschließlich 2014 § 34c Abs. 1 S. 2 EStG mit der
                                          Maßgabe anzuwenden, dass auf die „Summe der Einkünfte abzüglich des Alters-
                                          entlastungsbetrags (§24a), des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b),
                                          der Sonderausgaben (§§ 10, 10a, 10b, 10c), der außergewöhnlichen Belastungen
                                          (§§ 33 bis 33b), der berücksichtigten Freibeträge für Kinder (§§ 31, 32 Abs. 6) und
                                          des Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1)“ abgestellt wird. Die Übergangs­
                                          regelung entspricht damit in vollem Umfang den o. g. Grundsätzen des BFH.

                                      Im Unterschied zur Übergangsregelung sieht die Neufassung des § 34c Abs. 1                         ... und gesetzliche
                                      S. 2 EStG die Berücksichtigung des Grundfreibetrags nicht vor. Allerdings                          Neuregelung für
                                      ­finden der Verlustabzug nach § 10d EStG und andere nicht personenbezogene                         VZ ab 2015
                                       Positionen Eingang in die Höchstbetragsberechnung (vgl. R 2 EStR 2012).

                                      Während nach der Altfassung eine Bruchrechnung vorzunehmen war, stellt
                                      der Gesetzgeber für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags nun auf
PDF erstellt für Gast am 05.05.2020

                                      den durchschnittlichen Steuersatz ab, der auf die ausländischen Einkünfte
                                      anzuwenden ist. Desens (IStR 15, 77) weist jedoch zutreffend darauf hin, dass
                                      der Durchschnittssteuersatz nichts anderes ist, als der Quotient aus der
                                      ­tariflichen Einkommensteuer und dem zu versteuernden Einkommen. Damit
                                       hat der Gesetzgeber nach seiner Auffassung den Grundfreibetrag nicht in
                                       dem vom BFH (18.12.13, IR 71/10) geforderten Umfang berücksichtigt.

                                      12-2016                                                                        GStB Gestaltende
                                                                                                                       Steuerberatung    436
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                                                                                                                                GStB

                                      Beachten Sie | Auch Ismer (IStR 14, 925) hat bereits vor Verabschiedung des                               SIEHE AUCH
                                      Zollkodex-Anpassungsgesetzes auf drohende Anrechnungsüberhänge hin-                                 Beitrag von Ismer
                                      gewiesen, die sich aufgrund der Nichtberücksichtigung des Grundfreibetrags                             in: IStR 14, 925
                                      ergeben können. Die höhere Belastung tritt nach seiner Auffassung dadurch
                                      ein, dass ein Teil der Entlastung für die persönlichen Verhältnisse auf dem
                                      Umweg des Anrechnungshöchstbetrags doch wieder den ausländischen
                                      ­Einkünften zugerechnet wird.

                                      Im folgenden Beispiel werden die unterschiedlichen Berechnungsmethoden
                                      (Altfassung, Übergangsregelung und Neufassung) und deren Wirkungsweise
                                      aufgezeigt:

                                      ◼◼Beispiel in EUR
                                       A erzielt ausländische Einkünfte von 5.000 EUR, für die eine Quellensteuer von 2.000           Berechnung der
                                       EUR einbehalten worden ist. Weiter sind inländische Einkünfte von 96.308 EUR und               tariflichen ESt für
                                       Sonderausgaben und Freibeträge i. S. d. §§ 33, 33a EStG von 10.000 EUR sowie ein               alle drei Zeiträume
                                       Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1.308 EUR zu berücksichtigen. Die hier-
                                       auf entfallende tarifliche Einkommensteuer soll 30.000 EUR und der Grundfreibetrag
                                       8.130 EUR betragen. Für alle drei Zeiträume wird die Berechnung der Einkommen-
                                       steuer und damit auch des zu versteuernden Einkommens benötigt:

                                         Summe der in- und ausländischen Einkünfte                             101.308
                                         ./. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende                               1.308
                                         Gesamtbetrag der Einkünfte:                                           100.000
                                         ./. Sonderausgaben und Freibeträge                                      10.000
                                         zu versteuerndes Einkommen                                              90.000
                                         Tarifliche Einkommensteuer                                              30.000

                                         Berechnung des Höchstbetrags                                                                 Berechnung
                                         Altregelung                                                                                  der jeweiligen
                                                                                                                                      Höchstbeträge
                                         Höchstbetrag =    tarifliche ESt 30.000 x 5.000 (ausl. Einkünfte)
                                                           101.308 (Summe in- und ausl. Einkünfte)              = 1.480
                                         Übergangsregelung
                                         Höchstbetrag =    tarifliche ESt 30.000 x 5.000 (ausl. Einkünfte)
                                                           81.870 (Summe in- und ausl. Einkünfte abzgl. SoA,
                                                           außergewöhnliche Belastungen, Grundfreibetrag
                                                           u. Freibetrag nach § 24b EStG)                       = 1.832
                                         Neuregelung
                                         Höchstbetrag =    durchschnittlicher Steuersatz
                                                           (zvE 90.000, Steuer 30.000) 33,33 %
                                                           x ausländische Einkünfte 5.000                       = 1.666
                                         oder wie Desens
PDF erstellt für Gast am 05.05.2020

                                         umformuliert =    tarifliche ESt 30.000 x 5.000 (ausl. Einkünfte)
                                         (IStR 15, 77)
                                                           zu versteuerndes Einkommen (90.000)                  = 1.666

                                      12-2016                                                                     GStB Gestaltende
                                                                                                                    Steuerberatung    437
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                                                                                                                                   GStB

                                      Nach der neuen Berechnungsformel führt die fehlende Berücksichtigung des
                                      Grundfreibetrags im Nenner im Vergleich zur Übergangsregelung tatsächlich
                                      zu einem deutlich niedrigeren Anrechnungshöchstbetrag und damit zu einer
                                      geringeren anrechenbaren ausländischen Steuer. Die ausländischen Ein-
                                      künfte werden erkennbar anteilig mit dem Grundfreibetrag belastet.

                                         PRAXISHINWEISE | Die Neuregelung hat keinen Einfluss auf die Anrechnung
                                         ausländischer Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Abgeltungstarif
                                         nach § 32d Abs. 1 und 3 bis 6 EStG unterliegen (§ 34c Abs. 1 S. 1 zweiter Halbsatz).

                                         Der BFH hat in dem o. g. Urteil die Rechtmäßigkeit der länderbezogenen Höchst-                  BHF hat
                                         betragsberechnung bestätigt („per country limitation“, § 68 EStDV). Weiter hat er               „per country
                                         die Aufteilung des Sparerfreibetrags sowohl auf die in- als auch auf die ausländi-              limitation“ bestätigt
                                         schen Einnahmen für das Streitjahr (2007) mit der Begründung bestätigt, der
                                         Freibetrag komme sowohl den insgesamt erzielten als auch speziell den im
                                         ­Ausland erzielten Einkünften zugute. Abweichend von den persönlichen Entlas-
                                          tungsbeträgen gäbe es hier keinen Grund, ihn der Anwendung im jeweiligen
                                          ­Ansässigkeitsstaat vorzubehalten.

                                      1.2 Änderung des § 26 KStG
                                      In § 26 Abs. 2 S. 1 KStG ist für die Anrechnung ausländischer Steuern eine
                                      eigenständige Regelung aufgenommen worden, die der bisherigen Rechtslage­
                                      entspricht. Für eine Übertragung der Entscheidungsgründe des EuGH in der
                                      Rechtssache C-168/11 sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit, da „Körper-
                                      schaftsteuersubjekte über keine Privatsphäre verfügen“ (BT-Drs. 18/3012).

                                      Da die Neuregelung der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags für                                 Sachlich nicht
                                      ­natürliche Personen auf das zu versteuernde Einkommen abstellt und damit                          gerechtfertigte
                                       im Nenner des Bruchs nicht nur familien- und personenbezogene Aufwen-                             Ungleichbehandlung?
                                       dungen, sondern auch hiervon völlig unabhängige Positionen berücksichtigt
                                       (z. B. Verlustvortrag nach § 10d EStG, vgl. R 2 EStR 2012), sieht Desens (IStR
                                       15, 77) hierin gegenüber Körperschaften eine sachlich nicht gerechtfertigte
                                       Ungleichbehandlung. Die für Körperschaften fehlende Abzugsmöglichkeit –
                                       z. B. eines Verlustvortrags nach § 10d EStG – führe zu einem niedrigeren An-
                                       rechnungshöchstbetrag und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

                                      Sülflow-Schworck (IStR 15, 802) argumentiert hingegen, dass das Gleich­
                                      behandlungsgebot keinen vollkommenen Gleichlauf der Einkommen- und
                                      Körperschaftsbesteuerung fordere. Zudem finde bei der Einkommensteuer
                                      eine progressive Steuersatzentwicklung Anwendung, während bei der
                                      ­Besteuerung von Körperschaften ein linearer Steuersatz greife.

                                            PRAXISHINWEIS | Im Hinblick auf die aufgezeigten Streitfragen, deren Klärung                 Einspruch
                                         voraussichtlich erneut den BFH/EuGH und ggf. das BVerfG beschäftigen wird,                      bei Anrechnungs-
                                         ­empfiehlt es sich, bei Anrechnungsüberhängen im Bereich der Einkommensteuer                    überhängen prüfen
PDF erstellt für Gast am 05.05.2020

                                          Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen. Soweit sich ein Anrechnungs-
                                          überhang im Rahmen einer KSt-Festsetzung ergibt, sollte zunächst geprüft
                                          ­werden, ob im Einzelfall ein höherer Anrechnungshöchstbetrag z. B. durch die
                                           ­Berücksichtigung eines Verlustvortrags dem Grunde nach erreicht werden kann.

                                      12-2016                                                                        GStB Gestaltende
                                                                                                                       Steuerberatung    438
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                                                                                                                               GStB

                                      2. Ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c EStG
                                      Sowohl das alte als auch das neue Anrechnungsverfahren stellen auf die                         Zwei Problemkreise
                                      „Einkünfte“ und nicht auf die „Einnahmen“ ab. Damit sind zwei Problemkreise­                   zu beachten
                                      eröffnet. Zum einen ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen ausländi-
                                      sche Einkünfte i. S. d. § 34c EStG vorliegen und zum anderen ist deren Höhe
                                      für Zwecke der Anrechnung zu bestimmen.

                                      2.1 Ausländische Einkünfte

                                      2.1.1 Nicht-DBA-Staat
                                      Für Einkünfte, die aus einem Nicht-DBA-Staat stammen, definiert § 34d                          Anrechnung oder
                                      EStG, ob es sich um ausländische oder aber um inländische Einkünfte han-                       Abzug bei der
                                      delt. Diese Einordnung hat ausschließlich für die zutreffende Anrechnung der                   Ermittlung der
                                      im ausländischen Staat erhobenen Steuer Bedeutung. Liegen ausländische                         Einkünfte möglich
                                      Einkünfte i. S. d. § 34d EStG vor, so kommt nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG die
                                      Anrechnung der festgesetzten, gezahlten und keinem Ermäßigungsanspruch
                                      unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer in
                                      Betracht, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Alternativ kann
                                      nach § 34c Abs. 2 EStG deren Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte bean-
                                      tragt werden, soweit diese nicht steuerfrei sind.

                                      Beachten Sie | § 34d EStG lässt sich zum Teil mit § 49 EStG vergleichen, der
                                      das Vorliegen inländischer Einkünfte eines Steuerausländers abschließend
                                      ­regelt. Es werden in § 34d EStG für die einzelnen Einkunftsarten konkrete und
                                       – je nach Einkunftsart unterschiedliche – Tatbestandsmerkmale genannt, die
                                       erfüllt sein müssen, um von ausländischen Einkünften ausgehen zu können.

                                         PRAXISHINWEIS | Sind die in § 34d EStG genannten Voraussetzungen nicht er-
                                         füllt, kann eine ausländische Steuer lediglich bei Vorliegen der Voraussetzungen
                                         des § 34c Abs. 3 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt werden.

                                      Grundsätzlich differenziert § 34d EStG zwischen Gewinn- und Überschuss-                        Anknüpfungs­
                                      einkünften. Um ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG annehmen zu kön-                     merkmale gegeben?
                                      nen, müssen für die Gewinneinkünfte konkrete Anknüpfungsmerkmale (z. B.
                                      Vorliegen einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters im Ausland)
                                      erfüllt sein. Darüber hinaus liegen Gewinneinkünfte auch dann vor, wenn sie
                                      – losgelöst von ihrer Zugehörigkeit zu einem Betrieb und damit isoliert gese-
                                      hen –, den in § 34d Nrn. 4, 6, 7, 8 Buchst. c genannten Überschusseinkünften
                                      zuzurechnen sind:
                                      „„ Erfasst werden hierdurch z. B. von einem Steuerausländer an einen
                                         ­Steuerinländer zu entrichtende Zinsen aufgrund einer Darlehensforde-
                                          rung, die seinem im Inland betriebenen Gewerbebetrieb zugeordnet ist.
                                      „„ Gleiches gilt für Dividenden, wenn die ausschüttende Kapitalgesellschaft
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                                          ihren Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland hat und die Anteile dem
                                          ­Betriebsvermögen angehören.
                                      „„ Weiter werden Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von im
                                           ­Ausland belegenem Grundvermögen oder Sachinbegriffen oder Lizenz-
                                            zahlungen erfasst, soweit die diesen zugrunde liegenden Rechte in einem
                                            ausländischen Staat überlassen werden.

                                      12-2016                                                                    GStB Gestaltende
                                                                                                                   Steuerberatung    439
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                                                                                                                                    GStB

                                      ◼◼Beispiel

                                         Der Einzelunternehmer A gewährt seinem in Brasilien (Nicht-DBA-Staat) tätigen
                                         Geschäftspartner G ein Darlehen von 100.000 EUR, das nach 5 Jahren fällig und
                                         mit 10 % verzinst wird. A unterhält in Brasilien keine Betriebsstätte.

                                         A ist aufgrund des inländischen Wohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig. Das                     Weder Betriebsstätte
                                         Darlehen hat A zutreffend dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens zu-                     noch ständigen
                                         geordnet. Mangels einer Betriebsstätte/eines ständigen Vertreters in Brasilien                   Vertreter in Brasilien
                                         kann A für die Zinsen, die nach dem Welteinkommensprinzip zu seinen gewerbli-
                                         chen Einkünften rechnen, die ausländische Steuer nur dann anrechnen, wenn er
                                         Einkünfte i. S. v. § 34d Nr. 6 EStG bezieht (Einkünfte aus Kapitalvermögen). Bei den
                                         Zinsen handelt es sich dem Grunde nach – isoliert gesehen – um Überschussein-
                                         künfte, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem inländischen Betrieb als
                                         ­gewerbliche ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 S. 4 EStG einzuordnen sind.

                                      2.1.2 DBA-Staaten
                                      Erzielt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte aus einem DBA-Staat, so
                                      ist nach dem im DBA enthaltenen Methodenartikel zu prüfen, ob im Ansässig-
                                      keitsstaat die Freistellungs- oder die Anrechnungsmethode Anwendung findet.
                                      Ist die Anrechnungsmethode anwendbar, so ist deren Ausgestaltung aus-
                                      schließlich dem nationalen Recht vorbehalten (BFH 6.4.16, I R 61/14). Dem trägt
                                      § 34c Abs. 6 S. 2 Rechnung, der hinsichtlich der Ausgestaltung der Anrechnung
                                      auf die in § 34c Abs. 1 S. 2 bis 5 EStG enthaltenen Regelungen verweist.

                                      2.2 Höhe der Einkünfte
                                      Grundsätzlich sind ausländische Einkünfte, unabhängig davon, ob sie aus                             Höhe der Einkünfte
                                      ­einem DBA- oder Nicht-DBA-Staat stammen, nach den Vorschriften des na-                             nach nationalen
                                       tionalen Rechts zu ermitteln. So finden bei gewerblichen Einkünften bei-                           Vorschriften zu
                                       spielsweise Teilwertabschreibungen oder auch Verluste auf der Vermögens­                           ermitteln
                                       ebene Eingang in die Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG, während die-
                                       se im Bereich der Überschusseinkünfte nicht zum Ansatz gelangen können.

                                      Für Teile der aus dem Ausland stammenden Einkünfte gelten für Zwecke der
                                      Steueranrechnung Besonderheiten. Bei der Ermittlung ausländischer Ein-
                                      künfte i. S. d. § 34d Nrn. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG, die zum Gewinn eines
                                      inländischen Betriebs gehören, richtet sich deren Ermittlung – ausschließ-
                                      lich für Zwecke der Steueranrechnung – nach § 34c Abs. 1 S. 4 EStG. Danach
                                      sind Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen,
                                      die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaft-
                                      lichem Zusammenhang stehen.

                                      Beachten Sie | Um diese ab dem VZ 2003 geltende Regelung einordnen zu                               Klarstellung
                                      können, ist ein Blick auf die Rechtsprechung des BFH erforderlich. Dieser hat                       des BFH
                                      für ausländische Überschusseinkünfte i. S. d. § 34d Nr. 6 EStG, die durch einen
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                                      inländischen Gewerbebetrieb erzielt werden, seinerzeit Folgendes klarge-
                                      stellt: Bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte für Anrechnungszwecke sind
                                      nur solche Einnahmen und Aufwendungen zu berücksichtigen, „die – unbe-
                                      schadet des insoweit nicht geltenden Zu- und Abflussprinzips des § 11 EStG –
                                      die Eignung haben, in die Bemessungsgrundlage der Einkünfte auf Kapital­
                                      vermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzugehen“ (BFH 9.4.97, I R 178/94).

                                      12-2016                                                                         GStB Gestaltende
                                                                                                                        Steuerberatung    440
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                                                                                                                              GStB

                                      Der BFH hat auf das allgemeine Veranlassungsprinzip des § 4 Abs. 4 EStG                       Tatsächliche
                                      abgestellt. Im Streitfall ging es um Refinanzierungskosten, die laut BFH nur                  Verwendung der
                                      dann berücksichtigt werden konnten, „wenn das zugehörige Darlehen aufge-                      Darlehensmittel
                                      nommen wurde, um mit seiner Hilfe die betreffende Einkunftsquelle­zu fi-                      entscheidend
                                      nanzieren“ (BFH 16.3.94, I R 42/93). Abzustellen war laut BFH auf die tatsäch-
                                      liche Verwendung der Darlehensmittel; einer wirtschaftlichen Betrachtungs-
                                      weise erteilte er eine Absage. Die in die Ermittlung der ausländischen Ein-
                                      künfte einbezogene Teilwertabschreibung ließ der BFH nicht zum Abzug zu
                                      mit dem H­ inweis, diese sei bei der Ermittlung von „Einkünften aus Kapital-
                                      vermögen“ nicht berücksichtigungsfähig.

                                           MERKE | Als Folge dieser BFH-Rechtsprechung wurde § 34c Abs. 1 S. 4 EStG mit             Gesetzgeber hat
                                         Wirkung ab VZ 2003 in das Gesetz eingefügt, der ausdrücklich „nur“ einen                   reagiert und stellt nur
                                         ­wirtschaftlichen Zusammenhang der Betriebsausgaben und Betriebsvermögens-                 auf wirtschaftlichen
                                          minderungen mit den zugrunde liegenden Einnahmen fordert. In der Gesetzesbe-              Zusammenhang ab
                                          gründung wird ausgeführt, dass die BFH-Rechtsprechung zu einer sachlich nicht
                                          ­gerechtfertigten Erhöhung der ausländischen Einkünfte als Bezugsgröße bei der
                                           Berechnung der anrechenbaren ausländischen Steuer führe (BT-Drs. 15/119).

                                      Welche Aufwendungen werden nun von § 34c Abs. 1 S. 4 EStG erfasst? Dieser
                                      Frage musste das FG Münster für das Streitjahr 2005 nachgehen (FG Münster
                                      17.9.14, 10 K 1310/12 K). Zu klären war, ob Teile der von einer Krankenversiche-
                                      rung bei der Bildung der Alterungsrückstellung und der Rückstellung für Bei-
                                      tragsrückerstattungen zugeführten rechnungsmäßigen und außerrechnungs-
                                      mäßigen Zinsen und Teile der Aufwendungen für die Verwaltung von Kapitalan-
                                      lagen bei der Ermittlung der maßgeblichen ausländischen Einkünfte nach
                                      § 34c Abs. 1 S. 4 EStG abzuziehen sind. Das FG Münster hatte dies bejaht und
                                      entschieden, „dass weder ein rechtlicher, noch ein unmittelbarer Zusammen-
                                      hang erforderlich“ sei. Es genüge, „wenn Betriebsausgaben den Einnahmen,
                                      die den ausländischen Einkünften zugrunde liegen, bei wirtschaftlicher Be-
                                      trachtung zuordenbar“ seien.

                                      Der BFH hat das Urteil des FG Münster allerdings zwischenzeitlich aufgehoben­                 „Auslösender
                                      (BFH 6.4.16, I R 61/14). Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs                       Moment“ für getätigte
                                      ­bestimmt sich nach Auffassung des BFH nach dem allgemeinen Veranlas-                         Aufwendungen
                                       sungsprinzip. Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusam-                       maßgebend
                                       menhang mit einer Einkunftsart stehen, „hängt danach von den Gründen ab,
                                       aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt“. Der BFH stellt
                                       damit auf „die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen
                                       „auslösenden Moments“ ab (BFH 21.9.09, GrS 1/06, BStBl II 10, 672)“.

                                      Der Veranlassungszusammenhang sei dabei durch das „Prinzip der werten-                        Wertende Selektion
                                      den Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet“. Aufwendungen, die                         der Aufwandsursa-
                                      in mehreren Veranlassungszusammenhängen stehen, seien daraufhin zu                            chen maßgebend
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                                      prüfen, ob sie sich den unterschiedlichen Ursachen zuordnen lassen. Weisen
                                      Aufwendungen einen Veranlassungszusammenhang sowohl mit ausländi-
                                      schen Einkünften­i. S. d. § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften
                                      oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften auf, so seien sie auf-
                                      zuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören.

                                      12-2016                                                                   GStB Gestaltende
                                                                                                                  Steuerberatung    441
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                                                                                                                             GStB

                                      Unter Hinweis auf zwei weitere Senatsurteile führt der BFH weiter aus, dass
                                      Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen seien, die im Vordergrund stehe
                                      und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdränge. Ein ausschließli-
                                      cher Zusammenhang sei – im Unterschied zum unmittelbaren wirtschaftli-
                                      chen Zusammenhang – nicht erforderlich (BFH 15.1.15, I R 48/13, BStBl II 15,
                                      713; BFH 7.12.05, I R 34/05, BFH/NV 06, 1068).

                                      Hiervon ausgehend hat der BFH einen vorrangigen Veranlassungszusam-
                                      menhang zwischen den Zuführungen zu den Deckungsrückstellungen und
                                      Rückstellungen wegen Beitragsrückerstattung und dem inländischen
                                      ­Versicherungsgeschäft gesehen und eine Berücksichtigung der Aufwendun-
                                       gen bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte verneint.

                                         PRAXISHINWEIS | Die bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags
                                         ­ erücksichtigten Verwaltungsaufwendungen stehen nach Auffassung des BFH
                                         b
                                         dagegen allerdings in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den ausländi-
                                         schen Einnahmen i. S. d. § 34d Nr. 6 EStG. Auslösendes Moment für die Aufwen-
                                         dungen sei die Verwaltung sowohl der inländischen als auch der ausländischen
                                         Kapitalerträge. Ein vorrangiger Zusammenhang bestehe insoweit nicht.

                                         Aufwendungen, die in mehreren Veranlassungszusammenhängen stehen, seien                   Aufteilung nach
                                         mangels unmittelbarer Zurechnungskriterien zu schätzen oder zu quoteln. Die               Verhältnis der
                                         Aufteilung der gesamten für die Verwaltung der Kapitalanlagen angefallenen                laufenden Erträge
                                         Aufwendungen nach dem Verhältnis der gesamten laufenden Erträge sei nicht zu              grds. zulässig
                                         beanstanden, auch wenn diese Form der Zuordnung nur einen möglichen
                                         ­Anhaltspunkt für die Bestimmung des allgemein auf Kapitalanlagen entfallenden
                                          Rohgewinns biete.

                                      Damit sind für die zutreffende Zuordnung von Betriebsausgaben und
                                      ­Betriebsvermögensminderungen i. S. d. § 34c Abs. 1 S. 4 EStG zukünftig drei
                                       Fragen zu klären:

                                      1. Besteht ein ausschließlicher Veranlassungszusammenhang der Aufwen-
                                         dungen mit Einnahmen i. S. d. § 34d Nrn. 3, 4, 6, 7., 8 Buchst. c EStG? Wenn
                                         ja, sind die Aufwendungen den ausländischen Einnahmen i. S. d. § 34c
                                         Abs. 1 S. 4 EStG unmittelbar zuzuordnen. Abzustellen ist hierbei auf das die
                                         Aufwendungen auslösende Moment.

                                      2. Besteht ein ausschließlicher Veranlassungszusammenhang der Aufwen-
                                         dungen mit rein inländischen Betriebseinnahmen? Wenn ja, sind diese
                                         nicht in die Berechnung der Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 S. 4 EStG einzu-
                                         beziehen.

                                      3. Besteht ein Veranlassungszusammenhang sowohl mit inländischen Ein-                        Zuordnung durch
                                         nahmen als auch mit ausländischen Einnahmen i. S. d. § 34d Nr. 3, 4, 6, 7,                schätzen oder
PDF erstellt für Gast am 05.05.2020

                                         8 Buchst. c EStG, so ist zu prüfen, ob die Aufwendungen vorrangig einer                   quoteln
                                         oder ggf. mehreren bestimmten Einnahmearten zuzuordnen sind. Wenn
                                         nein, sind die Aufwendungen anteilig allen Einnahmen zuzuordnen. Hier-
                                         bei ist zu schätzen oder zu quoteln.

                                      12-2016                                                                  GStB Gestaltende
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