Entwurf des BMF-Schreibens zu ertragsteuerrechtlicher Behandlung von virtuellen Währungen - Kleine Schritte beim Tappen im Dunklen

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Entwurf des BMF-Schreibens zu
ertragsteuerrechtlicher Behandlung von virtuellen
Währungen – Kleine Schritte beim Tappen im
Dunklen
[24.06.2021]

Von: Dr. Axel von Bredow und Xiaoya Bischof

Der erste Handel einer Kryptowährung fand in 2009 mit Bitcoin statt. Bis Ende Mai 2021
gab es nach einer Studie von Statista bereits ca. 5.400 Kryptowährungen auf dem Markt.
Nicht nur private Personen, sondern auch Firmen und institutionelle Anleger investieren
inzwischen in Kryptowährungen. Durch den Kryptowährungshandel erhoffen sich
Anleger teilweise schnelle und hohe Gewinne, andererseits sehen immer mehr Anleger
die Chance einer langfristigen strategischen Investition. Aber wie sind derartige
Einnahmen zu versteuern?
Das Bundesministerium der Finanzen versucht mit dem am 17.06.2021 veröffentlichten
Entwurf eines BMF-Schreibens zu Einzelfragen ertragsteuerrechtlicher Behandlung von
virtuellen Währungen und von Token Licht ins Dunkel zu bringen. Die wesentlichen
Aspekte des Schreibens fassen wir nachstehend kurz zusammen.

Grundlagen

Es werden zuerst einige entscheidende und im Kryptowährungshandel sehr häufig
verwendete Begrifflichkeiten geklärt, z.B. „virtuelle Währungen“, „Token“, „Blockchain“,
„Mining“, „Wallet“, „ICO“, „Staking“, „Fork“, „Lending“, „Airdrop“ usw.

Token im Privatvermögen

Im Privatvermögen können mehrere Einkunftsarten relevant sein. Laufende Einnahmen
bspw. aus Lending oder Staking sind nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig. Werden
virtuelle Währungen veräußert, ist der Gewinn als Einkünfte aus einem privaten
Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
zu klassifizieren. Es gilt eine Spekulationsfrist von einem oder zehn Jahren, nach deren
Ablauf eine steuerfreie Veräußerung möglich ist. Als Verbrauchsfolgeverfahren sind nach
dem BMF sowohl die Einzelbetrachtung sowie auch die FiFo-Methode wählbar. In Zeiten
steigender Kurse und multipler Anschaffungszeitpunkte erlaubt die Einzelbetrachtung

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eine temporäre Reduktion der Steuerlast bei Verkäufen. Der Grundsatz der FiFo-Methode
hilft bei der Einhaltung der Spekulationsfristen. Wann die ein- oder die zehnjährige
Veräußerungsfrist anzuwenden ist, ergibt sich auch aus nachstehenden Beispielen.

Staking

Der Erhalt einer virtuellen Währung durch Staking – Proof of Stake, das Betreiben eines
Masternodes oder Cold Staking – generiert im Privatvermögen Einkünfte aus (sonstiger)
Leistung gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Wird die für Staking eingesetzte virtuelle Währung
veräußert, ist der Gewinn als Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. §
22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu klassifizieren. Zu beachten
ist, dass die Veräußerungsfrist der eingesetzten virtuellen Währung sich regelmäßig nach
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 4 EStG von einem Jahr auf zehn Jahre verlängert. Beim
Cold Staking und Betreiben eines Masternodes gilt für die dem Staking zugrunde
liegenden Token in jedem Fall die zehnjährige Haltefrist. Beim Proof of Stake verlängert
sich die Frist auf zehn Jahre, wenn das Halten der Token dazu führt, dass der Teilnehmer
den nächsten Block erstellt und dadurch zusätzliche Token generiert. Wird die zugrunde
liegende Währung im Betriebsvermögen gehalten, sind die zusätzlichen Einheiten der
virtuellen Währung stets steuerpflichtige Betriebseinnahmen, die zugrunde liegenden
Token und die neu erhaltenen Token führen im Falle einer Veräußerung zu
steuerpflichtigen Gewinnen – unabhängig von einer Spekulationsfrist.

Lending

Einkünfte aus dem Lending per se sind gemäß § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. Durch Lending
ist die Anschaffung zusätzlicher Kryptowährung möglich. Wird die zusätzliche
Kryptowährung veräußert, werden die Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt. Zu beachten ist ebenfalls die Verlängerung der
Veräußerungsfrist der „gelendeten“ Kryptowährung nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2
Satz 4 EStG. Die Veräußerungsfrist der zusätzlichen Kryptowährung bleibt ein Jahr gem.
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG.

Mining

Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Mining einen Anschaffungsvorgang
darstellt. Weiter wird laut dem Entwurf beim Mining – unabhängig von der Höhe der
Aufwendungen für Hardware und Strom – widerlegbar vermutet, dass eine gewerbliche
Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 EStG) vorliegt, weshalb die Einkünfte aus dem Mining der
Einkommensteuer und auch der Gewerbesteuer unterliegen und wegen der Verhaftung
der Token im Betriebsvermögen keine steuerfreie Veräußerung nach Einhaltung einer

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Spekulationsfrist möglich ist. Anhand des Einzelfalls ist von der privaten
Vermögensverwaltung abzugrenzen. Beim sog. privaten Mining, also der privaten
Vermögensverwaltung, sind die laufenden Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar.

Die Zugangsbewertung der Token hat mit dem Marktwert zu erfolgen, der aus dem
Durchschnittswert aus dem Wechselkurs von drei verschiedenen Central Exchanges
abgeleitet werden kann, soweit kein Börsenkurs vorliegt.

Fork

Der bloße Erhalt einer neu geschaffenen virtuellen Währung im Rahmen eines Forks
generiert keine Einnahmen. Allerdings ist eine Aufteilung der Anschaffungskosten im
Verhältnis der Marktkurse der Einheiten im Zeitpunkt des Forks vorzunehmen. Bei
Veräußerung der durch einen Fork erhaltenen virtuellen Währung gilt im Privatvermögen
§ 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Für die Berechnung der
Spekulationsfristen gilt für die geforkten Einheiten der Anschaffungszeitpunkt der vorher
existierenden Währung.

Airdrop

Die unentgeltliche Verteilung einer Kryptowährung stellt normalerweise eine
Marketingaktion dar. Um diesen Vorteil tatsächlich zugeteilt zu bekommen, müssen die
Kunden in der Regel persönliche Daten bzw. eigene Bilder oder Filme zur Verfügung
stellen. Diese Datenüberlassung ist als Gegenleistung anzusehen und § 22 Nr. 3 EStG
greift. Erfolgt keine Gegenleistung, sind die schenkungsteuerrechtlichen Regelungen zu
berücksichtigen.

Wird die zugeteilte Kryptowährung veräußert, gilt wieder § 22 Nr. 2 in Verbindung mit
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten

Eine der spannendsten Fragestellungen, der Umfang und die Form der Mitwirkungs- und
Aufzeichnungspflichten der Steuerpflichtigen, ist mit einem Platzhalter versehen. Offen
ist somit, ob es ein auf Ebene der OECD oder EU abgestimmtes Vorgehen geben wird.

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Fazit

Grundsätzlich ist es sehr positiv zu werten, dass die Finanzverwaltung sich zu den
zahlreichen Fragestellungen rund um die ertragsteuerliche Behandlung von
Kryptowährungen äußert. Eine vollständige Beantwortung der Fragen ist keineswegs
gegeben, konnte aber auch nicht erwartet werden. Insofern sind wir Zeugen eines kleinen
Schritts in Richtung Rechtssicherheit.

Vorläufige „Gewinner“ der vorliegenden Entwurfsfassung sind die Spekulanten, die
Währungen im Privatvermögen halten. Die Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne
dieses Personenkreises nach einer Haltedauer von lediglich einem Jahr wurde bestätigt.
Investoren, die nicht nur spekulieren, sondern staken, können hingegen erst nach einer
Haltedauer von zehn Jahren veräußern – eine Frist, die in der agilen Krypto-Szene
realitätsfern anmutet. Auch wenn diese Zweiteilung aus steuerrechtshistorischem Blick
nachvollziehbar erscheint, ist die damit verbundene Signalwirkung für den Markt und die
breite Öffentlichkeit kritisch zu sehen.

Das BMF hat bis Mitte Juli 2021 um Stellungnahme gebeten. Auf die anschließend zu
veröffentlichende finale Version des BMF-Schreibens darf man gespannt sein. Bis dahin
haben wir in nachstehender Tabelle die wesentlichen steuerlichen Konsequenzen aus
dem BMF-Schreiben zusammen gefasst.

                    Relevante Einkunftsarten bei unterschiedlicher Tätigkeiten
                     Einkünfte   Einkünfte aus      Einkünfte aus      Einkünfte aus privaten    Sonstige
                     aus         nichtselbstän-     Kapitalvermögen,   Veräußerungsgeschäften,   Einkünfte,
                     Gewerbe-    diger Tätigkeit,   § 20 EStG          § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23    § 22 Nr. 3
                     betrieb,    § 19 EStG                             EStG                      EStG
                     § 15 EStG
 Mining        Im    ✘
               BV
               Im                                                                                ✘
               PV
 Veräußerung   Im    ✘
 von           BV
 Einheiten     Im                                                      ✘
 einer         PV
 virtuellen
 Währung
 Veräußerung   Im    ✘
 im Wege       BV
 eines Forks
 erhaltener    Im                                                      ✘
 virtuellen    PV
 Währung

                                                                                                     4/5
Relevante Einkunftsarten bei unterschiedlicher Tätigkeiten
                     Einkünfte   Einkünfte aus      Einkünfte aus        Einkünfte aus privaten       Sonstige
                     aus         nichtselbstän-     Kapitalvermögen,     Veräußerungsgeschäften,      Einkünfte,
                     Gewerbe-    diger Tätigkeit,   § 20 EStG            § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23       § 22 Nr. 3
                     betrieb,    § 19 EStG                               EStG                         EStG
                     § 15 EStG
Initial Coin   Im    ✘
Offering       BV
(Token)        Im                ✘, bei             ✘, möglich wenn      ✘, z.B. bei Veräußerung      ✘, z.B.
               PV                verbilligter       es sich bei dem      tokenbasierter               Zahlungen
                                 oder               vom Equity /         Schuldverschreibungen /      des
                                 unentgeltlicher    Security / Debt      Wertpapiere, oder bei        Emittenten
                                 Überlassung an     Token vermittelten   Veräußerung von Utility      während der
                                 Arbeitnehmer       Recht um eine        Token                        Laufzeit der
                                                    Schuldverschreib-                                 token-
                                                    ung („token-                                      basierten
                                                    basierte                                          Schuldver-
                                                    Schuldverschreib-                                 schreibung
                                                    ung“) handelt
Staking        Im    ✘
               BV
               Im                                                        ✘, Steuerfreie               ✘, beim
               PV                                                        Veräußerung regelmäßig       Erhalt einer
                                                                         erst bei Einhalten der 10-   virtuellen
                                                                         jährigen Haltefrist          Währung im
                                                                                                      Wege des
                                                                                                      Staking
Lending        Im    ✘
               BV
               Im                                                        ✘, Steuerfreie               ✘
               PV                                                        Veräußerung bei Einhalten
                                                                         der 10-jährigen Haltefrist
                                                                         für „gelendete“
                                                                         Kryptowährung
Airdrop        Im    ✘
               BV
               Im                                                        ✘                            ✘, wenn zur
               PV                                                                                     Verfügung-
                                                                                                      stellung
                                                                                                      personen-
                                                                                                      bezogener
                                                                                                      Daten oder
                                                                                                      Hochladen
                                                                                                      eigener
                                                                                                      Bilder oder
                                                                                                      privater
                                                                                                      Filme als
                                                                                                      Gegenleis-
                                                                                                      tung

                                                                                                          5/5
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