Durch die Vielfalt an regionaler Handwerkskultur bietet sich in diesem Sommer die Gelegenheit für das eine oder andere selbst gemachte ...
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KLIMAWANDELN IM URLAUB
Durch die Vielfalt an regionaler
Handwerkskultur bietet sich in diesem
Sommer die Gelegenheit für das eine oder
andere selbst gemachte Meisterstück.
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KLIMAWANDELN IM URLAUB
Weidenflechten in den
Kloster-Schul-Werk-
stätten Schönbach
Selbst gemacht!
Körbe flechten, Schalen drechseln, mit der Sense mähen – altes Handwerk erlebt heute neue
Wertschätzung. Viele Betriebe in Niederösterreich lassen sich bei der Arbeit über die Schulter
schauen und geben ihr Wissen auch gerne weiter. TEXT: ELKE PAPOUSCHEK
E
s braucht Zeit, Muße und Hin- tät sowie Härte und macht es dadurch kann man dem Klang von Hammer und
gabe, bis aus dem rohen Ma- belastbarer. Amboss folgen. An acht Meilensteinen
terial ein fertiger Gebrauchs- erhält man entlang des Flusslaufes Ein-
gegenstand wird. Etwas mit blick in die Welt der Metallverarbeitung.
eigenen Händen entstehen zu Schmieden in Ybbsitz findet Die ansässigen Schmiedemeister geben
lassen, scheint aber, unserer sich auf der UNESCO Liste des beim Schauschmieden ihr Wissen ger-
Konsum- und Wegwerfgesellschaft zum ne an BesucherInnen weiter und bieten
immateriellen Kulturerbes.
Trotz, ein tiefes menschliches Bedürf- auch Kurse – vom Werkzeug- bis zum
nis zu sein. Auch in diesem Sommer hat Messerschmieden – an. Wer noch mehr
der Urlaub daheim wieder eine größere Schmiedemeile Ybbsitz. Die Nähe zum erfahren will, taucht im Erlebnismuse-
Bedeutung. Vielleicht bleibt auch etwas steirischen Erzberg, die Wasserkraft und um FeRRUM in die Welt des Eisens ein.
davon erhalten, wenn wir alle unsere der Holzreichtum ließen in den NÖ Ei-
Reisefreiheiten wieder zurück erlangt senwurzen zwischen den Flüssen Steyr, Rasante Kunst. Wer Andreas Reiter in
haben. Es ist Zeit für Entdeckungen im Ybbs und Erlauf einst die Kleineisen- seiner Drechslerwerkstatt in der Stadt-
eigenen Bundesland. industrie aufblühen. Roheisen wurde in gemeinde Zwettl über die Schulter
der Marktgemeinde Göstling a. d. Ybbs schaut, kann handwerkliche Präzision
Wenn die Funken sprühen. Messer, Häm- und Hollenstein a. d. Ybbs schmiedbar hautnah erleben. Von Schalen, Brot-
mer, Zangen, Schaufeln, aber auch gemacht, dann weitertransportiert und dosen und Kräuterfässern bis zum
Waffen waren schon zu Beginn der im Ybbstal vorwiegend zu Werkzeug Schaukelpferd entstehen unter seinen
Eisenzeit begehrt und das Handwerk geschmiedet. Im Gegenzug lieferten die Händen aus Holz Schmuckstücke. Schon
der Schmiede dementsprechend weit LandwirtInnen des Tales Proviant und die alten Ägypter gestalteten ihre Holz-
verbreitet. Deren Aufgabe war es, das Kleidung für die Knappen am Erzberg. gefäße mittels einfacher Drehbänke.
Rohmetall Eisen mit kräftigen Hammer- 90 Schmiedemeister arbeiteten damals Die ursprüngliche Drechselbank war
schlägen unter Hitze zu einem fertigen entlang der kleinen Ybbs. Die Markt- ein „Zwei-Mann-Betriebssystem“. Einer
Gegenstand zu formen. Die vielen Ver- gemeinde Ybbsitz verdankt dem Hand- der beiden tat nichts anderes, als die
unreinigungen, die Roheisen noch ent- werk des Schmiedens in der Vergangen- Antriebsschnur in Schwung zu halten,
© WALDVIERTEL TOURISMUS/ROBERT HERBST (3)
hält, etwa Reste von Steinen und Kohle, heit, aber auch gegenwärtig sehr viel. während der zweite den Rohling drech-
machen es brüchig. Der Schmied muss Das Ortsbild ist von historischen und selte. Auch heute rotiert die Drechsel-
es daher veredeln: Durch stetiges Er- modernen Schmiedearbeiten geprägt bank bei einstellbarer Geschwindigkeit
hitzen wird das Eisen von der Schlacke und das Schmieden gilt in der Bevöl- um die eigene Achse, während man mit
getrennt, gehämmert und immer wieder kerung als eine immer noch mit Hoch- dem Ansetzen eines der unterschied-
gefaltet. Jede Faltung verteilt den Koh- achtung anerkannte und bis heute ge- lichen Drechslerwerkzeuge dem ein-
lenstoffgehalt im Metall gleichmäßiger, pflegte Handwerkstechnik. Entlang des gespannten Holz die gewünschte Form
verleiht dem Eisen zusätzliche Elastizi- Themenweges „Schmiedemeile Ybbsitz“ gibt. Das klingt einfach, ist aber eine
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Im „KRISTALLIUM glas.erleben.“ in die Faszination Glas eintauchen,
im MAMUZ töpfern, Bogen bauen
oder in Ybbsitz heißes Eisen schmieden – der Sommer steckt voller Erlebnisse.
raffinierte Technik. Nicht umsonst ist fertigen Möbelstück – das Baumfällen
Andreas Reiter Absolvent der Fachschu- im benachbarten Wald, Bretter schnei-
le für Rotations- und CNC-Technik und den im Sägewerk sowie das Schleifen
fertigt seine Stücke von groß bis filigran und Polieren in der Tischlerei. Dabei
auf modernen elektronisch betriebenen entsteht ein Unikat, das sie am Ende des
Drechselbänken. Seinen Kurs „Erste Kurses mit nach Hause nehmen. Drei
Schritte zur Drechslerhandwerkskunst“ Generationen und 80 Jahre Handwerks-
beginnt der Drechslermeister mit einem erfahrung versammelt die Tischlerei
Streifzug durch die Geschichte der Blumberger in der Stadtgemeinde Waid-
Drechslerei und einer Einführung in die hofen a. d. Thaya. In der AnnoLIGNUM
verschiedenen Holzarten. Danach geht Holz-Erlebnis-Welt mit Museum und
es direkt an die Drechselbank, wo man historischer Werkstätte kann man mehr
sich selbst mit dem Meisel erproben und über die Kunst dieses alten Handwerks
ein eigenes Werkstück fertigen kann. erfahren und dieses in verschiedenen
Kursen genauer kennenlernen.
© © MAMUZ (3, LI. U.), WALDVIERTEL TOURISMUS/ROBERT HERBST (LI. O.), CHRISTOPH KERSCHBAUM (RE. O.)
Das Tischlerhandwerk gibt es Einen Korb bekommen … Während die
seit Menschen Gebrauchsgegen- Korbflechterei vor einigen Jahren noch
als aussterbendes Handwerk galt, erlebt
stände aus Holz erschaffen.
sie heute eine kleine Renaissance. Kein
Wunder, denn das Flechten ist zwar eine
Ein Stockerl braucht man immer. Kiefer, kunstvolle Tätigkeit, hat aber vor allem
Esche, Zirbe, Nuss & Co werden bei praktischen Nutzen: In fast jedem Haus-
Tischlermeister Roman Lechner in der halt findet sich auch heute noch ein ge-
Stadtgemeinde Gföhl zu natürlichen flochtener Gebrauchsgegenstand – vom
Meisterstücken verarbeitet. Klar, dass er Einkaufskorb bis zum Rankgerüst im
nur Bienenwachs und natürliche Öle an Garten. So ein Korb ist ein nachhaltiges
die Möbelstücke aus Vollholz heranlässt. Produkt, das keine Abfälle hinterlässt.
Wie sehr das TischlerInnenhandwerk in Für die Entstehung ist Fingerspitzenge-
der Natur verwurzelt ist, erlebt man bei fühl erforderlich, denn bis heute gibt es
seinen „Stockerlbautagen“. Dabei durch- keine Maschinen, die das Flechten mit
leben die TeilnehmerInnen die einzel- Weidenruten so gut beherrschen wie der
nen Arbeitsschritte vom Baum bis zum Mensch. Seit 2007 weht in den ehrwürdi-
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In der Holz-Erlebnis-Welt AnnoLIGNUM befinden sich zu den Wahrzeichen des Waldviertels.
auch eine historische Schautischlerei sowie ein Museum. Nach einer Filmvorführung wird der
Rundgang durch die Manufaktur zu
einem besonderen Erlebnis: Millionen
gen Gemäuern der Kloster-Schul-Werk- Leidenschaft wurde zum Beruf und seit Perlmuttknöpfe strahlen hier in einem
stätten Schönbach im Waldviertel ein 2013 betreibt Luc Bouriel das traditions- eindrucksvollen Farbenspiel.
höchst lebendiger Handwerksgeist. Hier reiche Handwerk in seiner Werkstatt
haben Erwachsene, Jugendliche und „Korbsalix“, wo er sein Wissen auch
Kinder nach Voranmeldung die Mög- gerne weiter gibt. Wer eigene Ideen in Etwas mit eigenen Händen
lichkeit, neben der Kunst des Korbflech- Form bringen möchte, kann bei ihm entstehen zu lassen, macht
tens auch andere Handwerke, etwa das einen Flechtkurs besuchen. Ein eigens
den Kopf frei.
Schindelmachen, zu erlernen, an Füh- angelegter Weidengarten sorgt für den
rungen durch die Werkstätten teilzuneh- Nachschub an Ruten. Auch Stecklinge
men und den Korb-Garten zu besuchen. verschiedener Weidensorten aus dem Feines Glas. Auch das Handwerk der
Im 1. Österreichischen Korboutlet findet Eigenanbau sind erhältlich. Glaserzeugung und -bearbeitung hat im
man in Handarbeit gefertigte Körbe und Waldviertel eine jahrhundertelange Tra-
Spezialitäten, wie die Wachauer Zistel Schillernde Farben. Von einst fast 100 hei- dition, denn Holz und Quarz, die beiden
und den Erdäpfelkorb aus Vitis. Eine mischen Perlmuttdrechslereien ist die Grundstoffe der Glasproduktion, finden
Seifenausstellung mit 3.500 Exponaten Erlebnis Perlmutt Manufaktur in Felling, sich hier reichlich. Das Holz diente dabei
sorgt für weitere Überraschungen. nahe der Stadtgemeinde Hardegg, die zur Gewinnung von Pottasche als Glas-
einzige noch existierende. Der Familien- bestandteil, aber auch als Brennstoff
… und vom Meister lernen. Luc Bouriel hat betrieb wurde 1911 von Rudolf Marchart zum Schmelzen der Glasmasse. Heute
es aus der Bretagne in die Marktgemein- gegründet, der damals noch Thaya- und wird die Tradition der Glaserzeugung
de St. Andrä-Wördern verschlagen. Hier Marchmuscheln verarbeitete. Nachdem und -bearbeitung von engagierten Be-
hat er sich dem Herstellen von Weiden- die heimischen Bestände erschöpft wa- trieben weiter geführt. Einer von ihnen
produkten verschrieben. Er verwendet ren, begann er 1953 mit dem Import von ist jener von Erwin Weber in Hirschen-
verschiedene Arten, um mit den natür- Meeresmuscheln und -schnecken, die wies, eine Ortschaft der Gemeinde Moor-
lichen Farbnuancen der Pflanzen zu auch heute noch zu edlen und nahezu bad Harbach, wo nach allen Regeln der
spielen. Im Rahmen einer Permakultur- unverwüstlichen Hemd- und Trachten- Kunst elegante und hochwertig geschlif-
Ausbildung am Kinsale College in Irland knöpfen sowie Schmuckstücken ver- fene Kristallglasobjekte erzeugt werden.
lernte er auch das Flechten mit Weiden arbeitet werden. Seither haben fünf Sie finden sich auf den Festtagstafeln
kennen und war sofort vom Material Generationen bis zum heutigen Firmen- europäischer Fürstenhäuser oder in
und seinen Nutzungsmöglichkeiten chef Rainer Mattejka die Technologie der Form von Pokalen oder Auszeichnun-
fasziniert: „Für das Flechten wird kaum Herstellung verfeinert, das Handwerk gen in den Händen von Sportstars, wie
Werkzeug benötigt und es liegen nur dabei bewahrt und einen erfolgreichen David Alaba. In den weitläufigen Schau-
wenige Schritte Handarbeit zwischen Gegenpol zur Industrieware geschaf- räumen erwartet BesucherInnen auch
Rohmaterial und fertigem Produkt. Das fen. Der 5,3 m hohe Perlmuttknopf am die Erlebniswelt „KRISTALLIUM glas.
entspricht meiner Philosophie.“ Die Eingang zur Manufaktur zählt bereits erleben.“ mit einer spannenden Entde-
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© PETER PLOCHBERGER
Blumenwiesen sind ein Beitrag zum Artenschutz.
Peter Plochberger vom Sensenverein Österreich vermittelt
die Technik, die man zum Mähen mit der Sense braucht.
ckungsreise durch die Welt des Glases. einer Ecke. Die Zeit der Sense ist jedoch wie wichtig eine perfekte Schneide ist:
Dabei kann man unter anderem seinen keineswegs vorbei! Das altbewährte Ar- „Eine alte Mäherweisheit besagt: ‚Wer
Lieblingssong auf Glas abspielen und beitsgerät hat nach wie vor eine Daseins- beim Dengeln schläft, wird beim Mähen
selbst zum/r GlasschleiferIn werden. berechtigung, etwa in schwer zugäng- munter‘. So ist es tatsächlich!“ Auch
lichen Hanglagen. Außerdem tragen mit Heinz Peikert aus der Marktgemeinde
Viele Kurse an einem Platz. In den Som- der Sense gemähte Blumenwiesen zum Perchtoldsdorf zeigt Neulingen, wie
mermonaten Juli und August bietet Schutz der Artenvielfalt bei. „Auch immer leicht und effektiv diese alte Hand-
das MAMUZ am Standort im Schloss mehr Gartenbesitzer besinnen sich auf werkstechnik ist: „Das Mähen mit der
Asparn/Zaya historische Handwerks- die ursprüngliche Methode, die zudem Sense ist nicht nur ökologisch, sondern
kurse an. Von der Glasherstellung über insektenfreundlich, lärm- und schadstoff- auch gesund für Körper und Geist. Der
Blaufärben und Bronzegießen bis zum frei ist“, berichtet Christian Neuberger aus Duft der Gräser und Blumen, das leise
Flintknapping, dem Herstellen von der Marktgemeinde Strass im Strasserta- Schneidegeräusch der schwingenden
Steinwerkzeug – die Angebote im prä- le. Als Sensenlehrer beim Sensenverein Sense – all das fördert die psychische
historischen Ambiente des archäologi- Österreich ist es ihm ein Anliegen, dass Ausgeglichenheit.“ ← REDAKTION
schen Freigeländes sind vielfältig. Dabei wieder vermehrt mit der Sense gearbeitet
entstehen kunstvolle Werkstücke aus wird. In seinen Kursen vermittelt er die Anmerkung der Redaktion: Aufgrund
Metall, Glas, Holz, Stein, Knochen und richtige Technik, die man zum Mähen, der Covid-19-Situation empfehlen wir allen
anderen Materialien, die die Teilnehme- aber auch zum Dengeln braucht. Interessenten, sich auf den angeführten
rInnen im Anschluss mit nach Hause Webseiten zu informieren, ob Kurse und
nehmen können. Neben den handwerk- Führungen tatsächlich stattfinden.
lichen Fertigkeiten wird außerdem al- Das Mähen mit der Sense bringt
lerlei historisches Hintergrundwissen ökologisch, wirtschaftlich und https://schmieden-ybbsitz.at
erworben. Während das Brauen von www.drechslerei-reiter.at
gesundheitlich Vorteile.
Stein-Bier nach urgeschichtlicher Me- www.richtiggutleben.com
thode eher die Erwachsenen anspricht, https://moebel-architektur.at/
gibt es in diesem Sommer erstmals auch Mähen als Entspannung. Zwei weitere www.handwerk-erleben.at
Handwerkskurse für Kinder, wie Bogen- Sensenlehrer geben ihr Wissen in Nie- www.perlmutt.at
bau, Schmieden und Töpfern. derösterreich weiter: Peter Plochberger www.kristallium.at
aus der Stadtgemeinde Ternitz weiß www.mamuz.at
Die Renaissance der Sense. In vielen Schup- unter anderem von seinen Arbeitsein- www.sensenverein.at
pen und Kellern lehnt sie vergessen in sätzen im Alpengarten auf der Rax, https://korbsalix.at
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