Navi fürs Rechenlabyrinth - Das Beiblatt 2 erläutert die Nachweise für das EEWärmeG
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Fachwissen & Technik | Bewertung Das Beiblatt 2 erläutert die Nachweise für das EEWärmeG Navi fürs Rechenlabyrinth Foto: Mit dem Beiblatt 2 zur DIN V 18599 verfügen Energieberater in Kürze – noch im Frühjahr 2012 – über ein Dokument, das anhand von Formeln und mithilfe eines Formulars die einzelnen Nachweisschritte für das EEWärmeG erläutert. Obwohl die Zahlenbeispiele für den Anwender vermutlich den größten Erkennt- nisgewinn bringen, wird der ganze Nachweis durch das Beiblatt nicht einfacher. Der folgende Artikel beschreibt anhand eines Praxisbeispiels den Beiblatttext und das Vorgehen beim Nachweis. Das Fazit vorweg: Die Zeit für alternative Nachweiswege ist mehr als reif. Das neue Beiblatt 2 liefert Nachweisgleichungen, zu addieren, der im EEWärmeG als „Wärme- und mit deren Hilfe aus einer Energiebilanz nach DIN V Kälteenergiebedarf“ bezeichnet wird. Für ein fiktives, 18599 der Nachweis nach dem EEWärmeG erstellt knapp 3000 m2 großes Bürogebäude soll die Energie- werden kann.Voraussetzung ist eine nach den Regeln bilanz nach DIN V 18599 Folgendes ergeben haben: der EnEV erstellte Primärenergiebilanz für ein Wohn- ■■ Wärmeabgabe einer Heizzentrale zur Gebäudebe- oder Nichtwohngebäude. heizung: Qh,outg = 180 852 kWh/a Der Text beschreibt auf 28 Seiten das Vorgehen mit ■■ Wärmeabgabe der Trinkwassererzeuger: Formelansätzen, stellt ein Formular zur Dokumenta Qw,outg = 9310 kWh/a tion zur Verfügung und erläutert die Nachweise an- ■■ Kälteabgabe aller Kälteerzeuger zusammen: hand von neun Beispielen. Dem kundigen Anwender Qc,outg = 53 910 kWh/a sollte es anhand des Textes und der Beispiele auch ■■ keine Erzeugerwärme- oder Kälteabgaben an gelingen, das Verfahren auf Berechnungen mit den raumlufttechnische Anlagen (Qh*,outg oder Qc*,outg), Wohnbaunormen DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 die RLT-Dampferzeugung (Qm*,outg) oder die zu übertragen. Wohnungslüftung beziehungsweise -kühlung Die Anwendung des Beiblatts deckt selbstver- (Qrv,outg oder Qrc,outg). ständlich nur einen Teil der Nachweispflichten des Das Schema in Abb. 1 erläutert die Struktur der EEWärmeG ab. Die Einhaltung von Mindesteffizien- Energieflüsse in dem Beispielgebäude. Als „Wärme-/ zen für Holzkessel, die Überprüfung von Siegeln auf Kälteenergiebedarf“ nach EEWärmeG beziehungs- der Solarthermieanlage und ähnliches muss anderwei- weise als Summe der Erzeuger-Nutzenergieabgaben tig sichergestellt werden. nach DIN V 18599 ergibt sich folgender Bezugswert (Erläuterung der Indizes siehe oben): Bezugsenergiemengen für den Nachweis Die Bezugsenergiemengen für den Einsatz erneuer- barer Energien und der zulässigen Ersatzmaßnahmen entsprechen den Nutzenergieabgaben der Erzeuger für das nachzuweisende Gebäude. Es sind die Jahres- werte zu verwenden. Die Größen sind zu einem Wert 26 GEB 05|2012
Bewertung | Fachwissen & Technik Ist eine Anlage zur Wärmerückgewinnung (WRG) ■■ liegt der Wärmeeinsatz für die Absorptionskältean- vorgesehen, um die Anforderungen des EEWärmeG lage bei 67 052 kWh/a, wobei in dieser Energie- zu erfüllen, ist der Berechnung von Qoutg,EEWärmeG eine menge Holz und Heizöl anteilig enthalten sind; Energiebilanz zugrunde zu legen, in die keine WRG ■■ beträgt nach DIN V 18599-7 das mittlere Jahresar- eingerechnet wurde. Der Vorteil der WRG selbst beitsverhältnis der Absorptionskältemaschine ζAV wird mit einer zweiten Energiebilanz ermittelt (siehe = 0,65; unten). ■■ stellt die zentrale Absorptionskälteanlage dem Gebäude insgesamt 43 584 kWh/a Kälte zur Ver- Bestimmung der regenerativen Energien fügung; Das Beiblatt erläutert im zweiten Schritt, welche Grö- ■■ beträgt die anteilige, aus der Nutzung von Holz ßen der Energiebilanz nach DIN V 18599 die jeweiligen stammende Energiemenge für die Gebäudeküh- erneuerbaren Energien beschreiben. Die Erträge von lung: 43 584 kWh/a · 0,347 = 15 124 kWh/a. Solarthermieanlagen entstammen beispielsweise den Wenn die Nutzung von Wärmerückgewinnungs- Teilen 5 und 8 der Norm und werden dort Qsol genannt. anlagen (jeglicher Art, vorrangig in der Lüftung) er- Alle Kenngrößen, die mit KWK-Anlagen zusam- mittelt werden soll, muss dies durch eine Differenz- menhängen, sind Teil 9 zu entnehmen. Bei der Bio- bildung zweier kompletter Energiebilanzen erfolgen. gasnutzung ist zusätzlich der Biogasanteil aBio am Eine Bilanz erfolgt ohne, die zweite mit Anrechnung Gasgemisch aus Teil 1 zu verwenden. Wieviel Energie der WRG. Für beide wird der „Wärme-/Kälteener- Wärmepumpen, Holzkessel oder Bio-Ölkessel jeweils giebedarf“ bestimmt (siehe oben). Die Differenz der bereitstellen, ergibt die Energiebilanz dieser Wär- beiden Werte ergibt den „Ertrag der WRG“. meerzeuger nach Teil 5, 6 oder 8 der DIN V 18599. Für das oben aufgeführte Beispiel eines Büro- Deckungs- und Erfüllungsgrade gebäudes ist Folgendes gegeben: Mit einer Reihe von Gleichungen beschreibt das Bei- ■■ die kombinierte Holz-/Heizölzentrale liefert ins- blatt 2 den Nachweis der erreichten Deckungsgrade gesamt Qh,outg = 247 904 kWh/a Wärme zur Ge- durch Nutzung regenerativer Energien und Ersatz- bäudeheizung und zum Betrieb der Absorptions maßnahmen innerhalb des Gebäudes. Für das Bei- kältemaschine; spielbüro ergibt sich die regenerative Energie, welche ■■ der Holzkessel stellt 86 023 kWh/a der Wärme für den Holzeinsatz anrechenbar ist, nach Qoutg,Bio,fest bereit; der Deckungsanteil des Holzkessels liegt = 62 756 kWh/a + 15 124 kWh/a = 77 880 kWh/a. daher bei 34,7 %. Der damit erreichte Deckungsgrad bezogen auf den Die erforderliche Energiemenge aus dem Holz- vorher definierten „Wärme- und Kältebedarf“ des kessel für die Gebäudeheizung ergibt sich aus Gebäudes beträgt: der notwendigen Energiemenge zur Beheizung und aus dem Deckungsanteil des Holzkessels: 180 852 kWh/a · 0,347 = 62 756 kWh/a. Ein Sonderfall ist bei der Bilanzierung von Ab- sorptionskälteanlagen zu beachten. Hier wird nicht die Wärmemenge angesetzt, die regenerativ bereitge- stellt wird, sondern die Kältemenge, die sich hieraus erzeugen lässt. Es ist also die Effizienz der Kältema- Das EEWärmeG definiert einen derzeitigen Pflicht schine einzurechnen. Bei unserem Bürogebäude anteil von PABio,fest = 0,50 im Neubau. Auch ohne 1 Energieflussschema für das Praxisbeispiel (Bürogebäude, A=3 000 m2) w w w.geb - i n f o. d e G E B 0 5|2 0 1 2 27
Fachwissen & Technik | Bewertung Berechnung ist ersichtlich, dass die Forderungen des EEWärmeG mindestens erfüllt beziehungsweise gibt Gesetzes allein durch den Energieträger Holz nicht den Erfüllungsgrad seines Netzmixes EGWärme oder erfüllt sind. Das Schema der Berechnung von De- EGKälte als Zahlenwert an. Hierbei ergeben sich Werte ckungsgraden ist für alle regenerativen Energien,Wär- von 100 % oder mehr. merückgewinnungs- und KWK-Anlagen im Gebäu- Im Nachweis eines konkreten Gebäudes, welches de identisch. an dieses Netz angeschlossen ist, muss nun noch be- stimmt werden, wie viel Prozent des „Wärme- und Übererfüllung der EnEV Kältebedarfs“ des Gebäudes aus diesem Netz gedeckt Die Übererfüllung der EnEV kann als alleinige Er- werden. Dazu ein Beispiel:Wenn in einem Wärmenetz satzmaßnahme oder auch als Kombinationsmaßnah- 60 % der eingespeisten Wärme einer Holzkesselanlage me bewertet werden. Für das Gebäude sind die An- entstammt, ergibt sich ein Erfüllungsgrad von EGWärme forderungswerte der EnEV den gegebenen Werten = 120 % für das Netz, da der Pflichtanteil der Holznut- gegenüberzustellen. Für das Beispielgebäude ergeben zung bei 50 % liegt. sich folgende Werte: Wenn das konkrete Gebäude seinen „Wärme- und ■■ Primärenergiebedarf des Objektes: Kältebedarf“ aber nur zu 50 % mit Wärme aus dem QP,Ist = 297 852 kWh/a, besagten Netz deckt, erfüllt das Gebäude das EEWär- ■■ Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes: meG nicht, weil EGNFW = 0,5 · 120 % = 60 % ergibt QP,Ref = 346 966 kWh/a, (der Index „NFW“ steht für Nah- und Fernwärme). ■■ mittlere Wärmedurchgangskoeffizienten der wär- Im Beispielbüro soll es keine Anschlüsse an Wärme- meübertragenden Bauteile des realen Objektes: und Kältenetze geben. ŪIst,opak = 0,322 W/m²K und ŪIst,transparent = 1,22 W/m²K, Gesamtnachweis ■■ maximal zulässige Wärmedurchgangskoeffizienten Die Nutzung von regenerativen Energien und Er- der wärmeübertragenden Bauteile: satzmaßnahmen innerhalb des Gebäudes, die Überer- ŪMax,opak = 0,35 W/m²K und füllung der EnEV und der Anschluss an Wärme- und ŪMax,transparent = 1,9 W/m²K. Kältenetze können kombiniert werden. Zusammen- Der aus Übererfüllung der EnEV erreichte Deckungs- fassend ergeben alle vorherigen Einzelschritte für das grad DGEnEV beträgt: Bürogebäude folgende Werte: ■■ erreichter Deckungsgrad durch Nutzung fester Biomasse: DGBio,fest = 0,319 ■■ notwendiger Pflichtanteil für Nutzung fester Bio- masse: PABio,fest = 0,50 ■■ erreichte Übererfüllung der EnEV: DGEnEV = 0,080 ■■ notwendige Übererfüllung der EnEV: PAEnEV = 0,15 ■■ Erfüllungsgrade aus Wärme- und Kältenetzen: Das schwächste Glied bei der Übererfüllung der EGNFW = EGFK = 0,0 EnEV sind im Beispiel die opaken Bauteile, also Wand, Die zentrale Nachweisgleichung am Beispiel des Dach, Bodenplatte usw. Hier wird die EnEV um nur Bürogebäudes ergibt das Endergebnis: 8 % unterschritten. Das EEWärmeG definiert einen derzeitigen Pflichtanteil PAEnEV = 0,15 im Neubau, mit dem der erreichte Deckungsgrad DGEnEV ver- glichen wird. Auch dieser Pflichtanteil wird alleine nicht eingehalten; nur durch das Kombinieren der Maßnahmen lässt sich das EEWärmeG im Beispiel- büro erfüllen. Durch die Kombination aus Übererfüllung der EnEV Nutzung von regenerativen Energien aus und der Nutzung von Holz als Energieträger wird Wärme- und Kältenetzen bei dem Beispielbüro das EEWärmeG eingehalten. Als dritte Möglichkeit, das EEWärmeG zu erfüllen, Die Formularvorlage des Beiblatts 2 zeigt die Re- beschreibt das Beiblatt mit separaten Berechnungs- chen- und Dokumentationsschritte für das Projekt gleichungen die Nutzung von erneuerbaren Ener- (Abb. 2 ). gien über Wärme- und Kältenetze. Die einzuhalten- den Pflichtanteile regenerativer Energien (Solarther- Beispiele des Beiblatts mie, Erdwärmenutzung, ...) oder Ersatzmaßnahmen Das beschriebene Beispielbüro vereint bereits ei- (KWK-Nutzung, Wärmerückgewinnung, ...) sind nige Anwendungsfälle – Kombination EnEV und identisch zu Maßnahmen am Gebäude. Der Netzbe- Holzkessel, Absorptionskälteanlage und kombinierte treiber weist für sein Netz nach, dass der Netzmix das Holz-/Ölheizung. In der praktischen Anwendung 28 GEB 05|2012
Bewertung | Fachwissen & Technik wird es selbstverständlich weitere Einzelfragen geben. durch Unterschreitung der EnEV in K ombination Das Beiblatt versucht die wichtigsten Aspekte anhand mit Holzkessel. von neun Beispielen zu erläutern: 4. Berücksichtigung von Biogas-/Erdgasgemischen 1. Bestimmung des Wärme- und Kälteenergiebedarfs. bei KWK in einem Wohngebäude. 2. Nachweis für ein Wohngebäude durch E rfüllung 5. Anrechnung von Wärme aus einer Heizöl-KWK mit Wärmepumpe. für eine Kälteerzeugung eines Nichtwohngebäudes. 3. Nachweis der Erfüllung für ein Nichtwohngebäude 6. Beschränkte Anrechenbarkeit von Maßnahmen am 2 Rechen- und Dokumentationsschritte gemäß Formularvorlage des Beiblatts 2 Wärme- und Kälteenergiebedarf (Summe der Erzeugernutzenergieabgaben) … Heizung 180 852 kWh/a … RLT-Heizung 0 kWh/a … Kühlung 53 910 kWh/a … RLT-Kühlung 0 kWh/a ∑ = 244 072 kWh/a … Trinkwarmwasser 9 310 kWh/a … Wohnungslüftung 0 kWh/a … Wohnungskühlung 0 kWh/a … Befeuchtung/Dampf 0 kWh/a Erfüllung aus Nutzung regenerativer Energie im Gebäude Ertrag, erreichter Deckungs notwendiger Pflicht Erfüllungsgrad Regenerative Erträge oder Ersatzmaßnahme in kWh/a grad DG, in % anteil PA, in % EG = DG / PA, in % Solarthermie 0 0,0 15 0,0 Biogasbetrieb 0 0,0 30 0,0 Wärme aus KWK anderer Brennstoff 0 0,0 50 0,0 feste Biomasse 77 880 31,9 50 63,8 Wärme aus Kesseln flüssige Biomasse 0 0,0 50 0,0 Wärmepumpen 0 0,0 50 0,0 Wärme- und Kälterückgewinnung 0 0,0 50 0,0 regenerative Kälteerzeugung 0 0,0 50 0,0 Zwischenwert 1 (Summe) 63,8% Erfüllung aus Übererfüllung der EnEV erreichter Deckungs notwendiger Pflicht Erfüllungsgrad Ergebnisse des EnEV-Nachweises grad DG, in % anteil PA, in % EG = DG / PA, in % Hauptanforderung Verhältnis Primärenergie Ist / Referenz 0,858 14,2 15 94,7 Verhältnis HT‘ bei Wohnbauten – – – – Ist / Max. Nichtwohnbauten; Nebenanforderung 0,920 8,0 15 53,3 Verhältnis Ū opake Bauteile Ist / Max. Nichtwohnbauten; 0,643 35,7 15 238,0 transparente Bauteile Zwischenwert 2 (Mindestwert) 53,3 % Erfüllung aus Nutzung regenerativer Energie über Wärme/Kältenetze gel. Energie, Anteil an der Erzeugernutz Erfüllungsgrad des Netzmixes a · EGWärme bzw. Art des Wärmenetzes in kWh/a energieabgabe a, in % EGWärme bzw. EGKälte, in % a · EGKälte, in % Wärme aus Wärmenetzen 0 0,0 0,0 0,0 Kälte aus Kältenetzen 0 0,0 0,0 0,0 Zwischenwert 3 (Summe) 0,0 % Gesamterfüllung des EEWärmeG Zwischenwert 1 Zwischenwert 2 Zwischenwert 3 (gebäudeinterne EE) (EnEV-Übererfüllung) (EE über Wärme/Kältenetze) Summe 63,8 % 53,3 % 0,0 % 117,1 % Ergebnis Das Gebäude erfüllt die Anforderungen des EEWärmeG. ■ ja ■ nein w w w.geb - i n f o. d e G E B 0 5|2 0 1 2 29
Fachwissen & Technik | Bewertung Beispiel der Solarthermie in einem Nichtwohnge- Keymark, Mindestwirkungsgrad …) nicht eingehal- bäude. ten, kann die Maßnahme im Gegenzug auch gleich 7. Anrechnung der Wärmerückgewinnung einer doppelt nicht angerechnet werden, weder als Maß- RLT-Anlage in einem Nichtwohngebäude. nahme, noch bei der Unterschreitung der EnEV. 8. Beschränkte Anrechenbarkeit von Maßnahmen Allerdings: Noch ist nicht geklärt, was denn nun am Beispiel der Wärmerückgewinnung in einem wirklich passiert, wenn die Wärmepumpe oder der Nichtwohngebäude. Holzkessel die Anforderungen an den Wirkungsgrad 9. Nachweis der Erfüllung bei Nahwärmeanschluss. oder die Jahresarbeitszahl nicht erfüllen – und es kei- nen weiteren Erzeuger gibt. Die 50-%ige Wärme- Sonderfälle pumpen- oder Holzkesseldeckung des Bedarfs kann Auf zwei Sonderfälle der beschränkten Anrechen- nicht nachgewiesen werden. Die Übererfüllung der barkeit bei der Nutzung von Solarenergie, Erd- und EnEV aber auch nicht. Und was dann? Umweltwärme,WRG, KWK usw. soll hier noch kurz eingegangen werden. So legt zum Beispiel das EE- Kritik WärmeG fest, dass solche Maßnahmen nur dann im Das Nachweisverfahren ist trotz der Klarstellungen Nachweis berücksichtigt werden dürfen, wenn alle des Beiblatts nach Ansicht der Autorin sehr kompli- Einzelanforderungen eingehalten sind. Für eine Solar- ziert und hinsichtlich der Tragweite der Anforderun- anlage bedeutet dies beispielsweise, dass ihr Solarertrag gen noch immer unüberschaubar. Was im Übrigen nur angerechnet werden darf, wenn sie mit dem euro- auch für die EnEV gilt. Es kann sich eine Vielzahl von päischen Prüfzeichen „Solar Keymark“ zertifiziert ist. Kombinationen verschiedenster Maßnahmen ergeben Das Beiblatt erläutert anhand eines Beispiels, was im – wobei jeweils Prozentangaben von Prozentangaben negativen Fall passiert. Der Solarertrag darf dann nicht von Prozentangaben bestimmt werden. Mathematisch als „Nutzung von Solarwärme“ eingerechnet werden nicht kompliziert, aber letztlich kaum durchschaubar. (DGSolar = 0). Ob wirklich in jedem Fall eine wirtschaftlich und Die Solarthermienutzung darf in diesem Fall auch ökologisch sinnvolle Optimierung gegeben ist, wird nicht bei der Übererfüllung der EnEV geltend ge- bezweifelt. macht werden [2, Anhang VII.3]. Das bedeutet, die Denn es wird eine Reihe von Fehlanreizen ge- Primärenergieberechnung hat erneut zu erfolgen, je- schaffen, die hier nur umrissen werden können. Diese doch ohne dabei die Solarnutzung einzubeziehen. Die stellen vermutlich nur die Spitze des Eisbergs dar, die sich ergebende Primärenergie ist jedoch maßgeblich sich aus Projektanalysen schon erkennen lässt.Wie viel für die Prüfung, ob die EnEV um 15 % unterschritten unter der Oberfläche noch schlummert, kann man wurde. Das Gleiche gilt auch für Holzkessel, welche kaum abschätzen. die Mindesteffizienz der Wirkungsgrade nicht errei- Die Tatsache, dass viele Anlagen zur Nutzung re- chen und für Wärmepumpen mit zu schlechten Ar- generativer Energien in Gebäuden zusätzliche Rohr- beitszahlen. längen, Speicher und Pumpen aufweisen, spielt im Ein Sonderfall ergibt sich auch bei der Anrech- Nachweis des EEWärmeG keine Rolle – da es ja nung von Wärmerückgewinnungstechnologien, hierbei nicht auf Endenergieminderung, sondern nur zum Beispiel in RLT-Anlagen. Hier definiert das auf hohe Deckungsanteile regenerativer Energien an- EEWärmeG einen Mindestwärmerückgewinnungs- kommt. Dazu drei Beispiele: grad von 70 % sowie Anforderungen an die Venti- ■■ Solange der Energieträger Holz eingesetzt wird, latoreffizienz als Eingangsvoraussetzungen für die kann man sowohl nach EnEV als auch nach EE- Anrechenbarkeit. Sofern die im Realgebäude einge- WärmeG grenzwertig schlecht gedämmte Gebäu- baute RLT-Anlage wenigstens eine der beiden Ein- de bauen. Nach EnEV wegen rechnerisch geringer gangsvoraussetzungen nicht erfüllt, kann sie zur Nut- Primärenergieaufwendungen, nach EEWärmeG zung von Abwärme nicht geltend gemacht werden wegen hoher Deckungsanteile. Und das unabhän- (DGWRG = 0). Allerdings wird der „Wärme- und Käl- gig davon, wie hoch der Endenergieeinsatz des tebedarf“ des Gebäudes dann unter Einrechnung der endlichen Energieträgers Holz wirklich ist. WRG bestimmt. ■■ Ähnliches gilt für den Einsatz von BHKW, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt – zumindest bei fos- Fazit für das Nachweisverfahren silen Brennstoffen als Energieträger. Das Nachweisverfahren wird mithilfe der Erläuterun- ■■ Wenn mit einer Solarthermieanlage wegen zu- gen des Beiblatts verständlicher, einige Unklarheiten sätzlicher Speicher- und Rohrnetzverluste der in der Auslegung des Gesetzestextes werden anhand „Wärme- und Kältebedarf“ des Objektes um 18 % von Beispielen beseitigt. Fast jede Maßnahme lässt steigt – von 100 auf 118 kWh/(m²a) – dann aber sich doppelt geltend machen, zum einen als Maßnah- 18 kWh/(m²a) Solarertrag eingefahren werden, me selbst (Solarnutzung, Holznutzung …), zum an- liegt die solare Deckungsrate bei 15 %, aber der deren in ihrer Auswirkung bei der Unterschreitung Endenergiebedarf ist so hoch wie vorher. der EnEV. Werden aber die Eingangsbedingungen des Wenn ein Gebäude einen Kälteenergiebedarf von mehr EEWärmeG an Label, Mindesteffizienzen usw. (Solar- als 50 % des Gesamtbedarfs hat, wird es sehr schwer, mit 30 GEB 05|2012
Bewertung | Fachwissen & Technik Maßnahmen im Bereich Wärme eine EEWärmeG-Er- füllung zu erreichen; es sei denn, das Gebäude wird in seiner winterlichen Bilanz verschlechtert – bis der Käl- teanteil leicht unter 50 % liegt. Die Diskussion um eine Gleichstellung von Wärme- und Kälteenergiemengen (die exergetisch nicht gleichwertig sind) ist – zumindest für die Fachöffentlichkeit erkennbar – auch gar nicht geführt worden. Die effiziente Gestaltung von Nahwärmenetzen – mit minimalen Verteilverlusten – wird gleichfalls nicht honoriert, da es hier ebenso nur auf den Netzmix der Energieträger ankommt. Wenn das Netz zu mehr als 50 % mit BHKW-Abwärme beschickt wird, dann ist es im Nachweis egal, ob davon 90, 80 oder 70 % beim Gebäude ankommen. Als Fazit lässt sich sagen: Für die beiden Nach- weisverfahren der EnEV und des EEWärmeG führen immer weitere Beiblätter, Veröffentlichungen wie die Vorliegende, Klarstellungen und Auslegungen, FAQ- Listen und Fachbücher zunächst einmal zu einer immer besser beschriebenen Rechenprozedur. Das Verfahren wird vielleicht ein wenig eindeutiger, aber einfacher und überschaubarer wird es dadurch nicht. Und die Gebäude selbst werden – bei Einhaltung aller energie- sparrechtlichenVorgaben – auch nicht unbedingt effizi- enter, qualitativ hochwertiger oder ressourcenschonen- der. Es sei denn, der Planer versteht dies als seinen Auf- trag gegenüber dem Bauherren. In jedem Fall gäbe es einfachere Nachweiswege. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel ein Bilanzansatz, der das einfache Ziel hat, den Nachweis der Ressourcenschonung zu erbringen [3]. Quellen: [1] Energetische Bewertung von Gebäuden; Beiblatt 2: Be- schreibung der Anwendung von Kennwerten aus der DIN V 18599 bei Nachweisen des Gesetzes zur Förderung Erneu- erbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG); Beuth; Berlin; 2012. [2] Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wär- mebereich (EEWärmeG); konsolidierte, unverbindliche Fassung des Gesetzestextes mit den Änderungen durch das „Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien“; März 2011. [3] Wolff, D. und Jagnow, K.; Überlegungen zu Einsatz- grenzen und zur Gestaltung einer zukünftigen Fern- und Nahwärmeversorgung; verfügbar unter www.delta-q.de; Braunschweig, Wolfenbüttel; 2011. AUTOR Dr.-Ing. (FH) Kati Jagnow ist selbstständige Ingenieurin der TGA in Braunschweig sowie Professorin an der Hochschule Magdeburg/Stendal. Kontakt: www.delta-q.de w w w.geb - i n f o. d e G E B 0 5|2 0 1 2 31
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