Durchstanz-Verstärkung von Stützen mittels Kitic-Verankerungsverfahren - Verfahrensdokumentation
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhaltsverzeichnis 1. Problematik 1 2. Bauliche Entwicklung 2 3. Gefährdungsbild 3 4. Ableitung vom idealen System 4 5. Benötigte Mittel zur Verstärkung 5 6. Vorgehensweise 6-9 7. Weitere mögliche Schritte 10
1. Problematik Am 27. November 2004 stürzte in Gretzenbach (SO) eine Tief- garagendecke nach einem Brand im Innern ein. Untersuchungen ergaben, dass mehrere Ursachen zu diesem tragischen Ereignis führten. Massgebliche Problematik war, dass durch den Brand Betondecke eine thermische Verformung der Betondecke entstand, die Belastung sich im Stützenkopf stark erhöhte, schliesslich die Decke bei den Stützen durchstanzte und mit der Erdüberdeckung in sich zusammen fiel. Stütze Betonboden Deckeneinsturz einer Tiefgarage in Gretzenbach, 27.11.2004, Bild Reuters 1
2. Bauliche Entwicklung Um 1920-60 Um 1950-70 Mit der Erfindung und dem erstmaligen Einsatz vom Stahlbeton um die Wende des 19. Jahrhunderts profitierte das Bauwesen deutlich. Es konnten schon bald stark belastbare, horizontale Betondecken über grosse Spannweiten, welche auf Stützen auflagen, erstellt werden. Eine freiere Grundrissgestaltung wurde möglich. Le Corbusier brachte mit seinen Systemhäusern "dom-ino" die Entwicklung der Stahlbetonweise zur Perfektion und trug damit massgeblich zum Bau der Moderne bei. Die Konstruktion der Stützenköpfe sowie die Reaktionen gegen das Durchstanzen der Stützen erfuhren im 20. Jahrhundert unter- schiedliche Ausbildungen. Um 1920-60 wurden die Stützen mit einem Deckenpilz aus- gebildet. Die Auflagerfläche wurde vergrössert und der Kräftefluss geschah ohne extreme Konzentration. Um 1950-1970 wurden in den Stahlbetondecken die Zugbänder bogenförmig über die Stützen verlegt, sogenannte "aufgebogene Bewehrung". Die Zuglast wurde dadurch, nahe dem tatsächlichen Verlauf über die Stützen geleitet, wo aber relativ starke Kraft- konzentrationen im Sützenkopf entstanden. Um 1970-90 wurden in den Stahlbetondecken lediglich zusätz- liche Bewehrungen zwischen der oberen und unteren Bewehr- ungslage eingelegt. Diese Konstruktion ist nach heutigen Kritische Konstruktion Erkenntnissen oft kritisch. Um 1970-90 heute Heute werden grösstenteils vorfabrizierte Durchstanz- bewehrungen im Bereich über der Stütze zwischen der oberen und unteren Bewehrung in die Betondecke eingelegt. Es sind verschiedene Produkte auf dem Markt erhältlich, in der Skizze sind Bügelkörbe eingezeichnet. Skizze: "Dom-ino", Le Corbusier, 1914 2
3. Gefährdungsbild 1. Entstehung eines Brandes 2. Verformung der Decke Die vorgängig beschriebene, kritische Konstruktion birgt das Risiko, dass bei einem Brandfall in einer Tiefgarage ein Szenario entsteht, wie es in der Tiefgarage in Gretzenbach geschah. Die Ursache kann folgendermassen beschrieben werden: In einer Tiefgarage bricht ein Fahrzeugbrand aus. Die starke Hitzeentwicklung führt dazu, dass im Bereich des Brandherdes ein Verlust der Materialfestigkeit der Betondecke entsteht. Die Betondecke beginnt sich zu verformen und zu verbiegen, wie im zweiten Bild dargestellt. Die Deformation der Betondecke führt zu einer starken Bean- spruchung um die Stützenköpfe. Nach ersten Rissbildungen kommt es schlagartig zum Bruch der Betondecke im Kegel der Stütze, wie in Bild drei dargestellt. Die Betondecke fällt in sich zusammen. Wie durch eine Kettenreaktion findet eine Aus- breitung der Festigkeitsversagung statt und das Durchstanzen geschieht bei weiteren Stützen. 3. Spödbruch der Decke bei Stütze 3
4. Ableitung vom idealen System Ideales System: Durchgestanzte Schrauben Das ideale Verstärkungsystem zeichnet sich aus, indem durch die Stahlbetondecke Gewindestangen mit angeschweissten Anker- platten durchgelassen und an der Unterseite verschraubt werden. Durch die Verschraubung dieser Gewindestangen kann der Durchstanzwiderstand deutlich vergrössert weden. Nachteilig wirken sich bei dieser Massnahme folgende Punkte aus: - Die Oberseite der Stahlbetondecke muss im Bereich der Stützen komplett freigelegt werden. - Eine vorhandene Abdichtungschicht über der Stahlbetondecke muss verletzt und repariert werden. - Hinreichend viele Bohrungen zu erstellen, bei denen weder die obere noch die untere Bewehrung verletzt oder durchtrennt werden, ist, wie die Praxis zeigt, unmöglich. Durch den Einsatz des neuen Systems "Kitic-Anker" können die oben aufgeführten, nachteiligen Punkte umgangen werden. Neues System: Einsatz von Kitic-Anker 4
5. Benötigte Mittel zur Verstärkung Bewehrungsmessgerät Zur Stützenverstärkung gegen Sprödbruch der Stahlbetondecken werden durch den Bauingenieur bestimmte Kitic-Anker einge- Wasserhöchst- setzt. drucklanze Mit einfachen Mitteln kann die Stützenverstärkung vorgenommen werden. Die Abbildung visualisiert alle notwendigen Werkzeuge. Das Vorgehen wird detailliert auf den Folgeseiten beschrieben. Sechskanntschlüssel Epoxidharz Situation Steinbohrer Anker 5
6. Vorgehensweise Erster Schritt: Ortung der Bewehrung Erster Schritt: Ortung der Bewehrung Mit einem Bewehrungsmessgerät wird an der Deckenuntersicht um den Stützenbereich die Lage der unteren Bewehrung geortet und angezeichnet. Zweiter Schritt: Anzeichnen der Bohrlöcher Durch die genaue Ortung der Bewehrung wird bestimmt, in welcher Zone eine Bohrung erstellt werden kann, ohne eingelegte Bewehrungen in der Betondecke zu verletzen oder zu durch- trennen. Anmerkung Es besteht die Möglichkeit, dass Distanzhalter getroffen werden und/oder Bewehrungen eng und mehrfach übereinander in der Betondecke eingelegt sind. Für eine Bohrung müssen dann eventuell eine oder mehrere Bewehrungen durchgetrennt werden. Die Machbarkeit muss dabei von Fall zu Fall durch den Ingenieur bestimmt werden. Zweiter Schritt: Anzeichnen der Bohrlöcher 6
Dritter Schritt: Bohren 6. Vorgehensweise Dritter Schritt: Bohren Mit einem Steinbohrer wird eine Bohrung im 45° Winkel (oder durch den Ingenieur vorgegebene, andere Neigung) von der Deckenunterseite her, bis zur oberen Bewehrungslage erstellt. Vierter Schritt: Ausweiten der Sackbohrung In das Bohrloch wird eine Lanze eingeführt. Durch Öffnungen im Lanzenkopf wird mit Höchstdruck Wasser eingelassen und das Bohrende kann damit rundum erweitert werden. Die bestehende Bewehrung wird durch dieses Verfahren nicht zerstört oder verletzt. Fünfter Schritt: Prüfung der Bohrung Die Kontrolle der Bohrlöcher und die Ausweitung am Ende wird mittels Edoskopie und/oder durch Abtasten mit Kontroll-Stab überprüft und zur Setzung der Anker frei gegeben. Vierter Schritt: Ausweiten der Sackbohrung 7
Sechster Schritt: Einfüllen von Anker-Klebemasse 6. Vorgehensweise Sechster Schritt: Einfüllen von Anker-Klebemasse Durch das Bohrloch wird Epoxydharz eingepresst/eingelassen. Siebter Schritt: Einschieben von Ankerstab In das Bohrloch wird der Anker in die ganze Tiefe der Bohrung eingeschoben. Siebter Schritt: Einschieben von Ankerstab 8
Achter Schritt: Auweiten von Kronenmutter 6. Vorgehensweise Achter Schritt: Auweiten von Kronenmutter Am Ende des Ankers, auf einem Gewinde aufgeschraubt, befindet sich eine Kronenmutter mit Laschen. Durch das Einpressen eines Stahlrohres über den Anker werden die Laschen aufgespreizt. Die Ausweitung bewirkt, dass der Anker im Bohrloch rückverankert und gesichert ist. Zudem dient die Kronenmutter zum Rückhalten des Injektionsgutes in der End- Verankerung. Neunter Schritt: Verschrauben von Anker Auf das ausstehende Gewinde wird eine Mutter aufgeschraubt und bis zum Widerlagerkeil festgeschaubt. Mit dem Drehmomentenschlüssel wird die, vom Ingenieur vor- gegebene Vorspannung über die Mutter aufgebracht. Es kann auch die Zugfestigkeit des Anker durch Überspannen und Ab- lassen überprüft werden. Detaillierte Darstellung zur Ausweiten der Laschen Neunter Schritt: Verschrauben von Anker 9
Erster möglicher Schritt: Zusätzliche Injektionen 7. Weitere mögliche Schritte Erster möglicher Schritt: Zusätzliche Injektionen Wenn gewünscht, kann das Bohrloch um den Anker herum auch noch ausinjiziert werden. In diesem Fall kann die Vorspannung nachträglich nicht mehr überprüft werden. Zweiter möglicher Schritt: Brandschutzmassnahme Der unten vorstehende Anker mit Widerlagerkeil und Mutter kann mit einer Brandschutzplatte aus Mineralwolle verkleidet, oder wenn dieser Fall nicht genügt, die untere Vorspannung tiefer eingelassen werden. Dritter möglicher Schritt: Nachspannen Wenn nicht ausinjiziert, können die Kitic-Durchstanz-Anker justiert und mit dem Drehmomentenschlüssel überprüft werden. Zweiter möglicher Schritt: Brandschutzmassnahme mit Mineralwolle Zweiter möglicher Schritt: Eingelassene Vorspannung 10
Sie können auch lesen