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EILDIENST 7-8 /2018 Aus dem Inhalt: ● NRW-Landrätekonferenz am 14./15. Juni 2018 in Berlin ● FSI-Vortragsveranstaltung zur EU-Datenschutzgrundverordnung ● Schwerpunkt: Aus– und Weiterbildung in den Kreisverwaltungen
EILDIENST 7-8/2018 Auf ein Wort Neuausrichtung der schulischen Inklusion: Bündelung der Ressourcen ist richtig, flexible Lösungen vor Ort bleiben notwendig Menschen mit Förderbedarf die Einbindung in Alltag, Gesellschaft und Berufsleben zu ermöglichen, ist ein Kernauftrag an Staat und Kommunen. Es ist ein Auftrag, den die Kommunen selbstverständlich annehmen und in ihren Lebenswelten vor Ort im Aus- tausch mit den Betroffenen ausgestalten wollen. Es ist zudem natürliche Selbstverpflich- tung für die Politik, dort eine effektive Hilfestellung zu geben, wo sie notwendig ist. Inklusion ist das Bestreben, unter Anerkennung der Vielfalt der Menschen institutionelle Gemeinsamkeiten zu bilden. Mit Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung der UN-Behin- dertenrechtskonvention in den Schulen vom November 2013 ist in der Vergangenheit versucht worden, die Realität einer gewachsenen, starken und differenzierten Schul- landschaft mit der Maxime des voraussetzungslosen gemeinsamen Lernens aller Kinder an allen Schulformen zu verdrängen. Die Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschränkt sich jedoch nicht auf die Schule. Ziel der Inklusion ist nicht Selbstzweck, sondern die bestmögliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich in Nordrhein-Westfalen ein funktionierendes Förderschulsystem entwickelt. Grundüberlegung dieses Systems ist es, jedem Kind die bestmögliche Förderung aufgrund seines individuell festgestellten Förderbedarfs zu Gute kommen zu lassen. Naheliegender Weise erfordert dies einen erheblichen und gezielten Ressourceneinsatz. Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen begrüßt daher ausdrücklich die Leitidee der Landesregierung bei der Neuausrichtung der schulischen Inklusion: Ressourcenbündelung. Das „Gemeinsame Lernen“, also die Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen, soll in Zukunft nicht mehr an allen weiterführenden Schulen durchgeführt werden. Stattdessen soll an Schulen, die das notwendige Per- sonal, die baulichen Gegebenheiten und die hinreichende Spezialausstattung haben, Eltern die Wahl gegeben werden, ihre Kinder dort gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichten zu lassen. Das ist richtig, denn dies gibt den Kommunen als Schulträgern und dem Land als Personalherr die Chance, effektiv eine Ressour- censteuerung vorzunehmen und die grundgesetzlich geschützten Rechte der Kinder und ihrer Eltern auf eigenverantwortliche Erziehung und Eröffnung von Wahlmöglichkeiten zur bestmöglichen Bildung sicherzustellen. Hierbei darf aber nicht der Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, zu schnell und von oben herab ohne Rücksicht auf lokale Besonderheiten und individuelle Anforderungen Entscheidungen über die zukünftige Schullandschaft zu treffen. Deshalb ist es erforderlich, klar und deutlich im Schulgesetz zu verankern, dass Förderschulen und inklusive Schulen gleichwertig nebeneinanderstehen. Es ist klarzustellen und dauerhaft abzusichern, dass gerade die Existenz beider Schularten notwendig ist, um das eigentliche Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention, Inklusion in die Gesellschaft, zu erreichen. Durch verbesserte gesetzliche Regeln könnten langfristige Verbindlichkeit und Verlässlichkeit in ein System einkehren, das vor einigen Jahren überschießend und ohne hinreichenden Vorlauf eingerichtet worden ist und entsprechende heftige Kritik fast aller Beteiligter ausgelöst hat. Im Schulgesetz muss zudem die Gestaltungsfreiheit der Kommunen als Schulträger festgeschrieben werden, an welchen Schulen Gemeinsames Lernen eingerichtet wird. Es ist nicht Aufgabe des Landes, über die Belange der örtlichen Gemeinschaft zu entschei- den. Selbstverständlich muss sichergestellt werden, dass jeder Schülerin und jedem Schüler eine echte Chance auf Beschulung in einer inklusiven Schule gegeben wird. Hierzu ist in Form interkommunaler Zusammenarbeit und auch in Abstimmung mit den Bezirksregierungen eine regionale Schulentwicklungsplanung vorzunehmen. Nach den derzeitigen Überlegungen des Landes soll jedoch die Entscheidung, wo Gemeinsames Lernen eingerichtet wird, nicht wesentlich von den Schulträgern, sondern von der Schulaufsicht getroffen werden. Dem ist zu widersprechen, da hiermit der ausdrückliche Wunsch von Eltern, Lehrkräften und Kommunen untergraben wird, mehr Flexibilität für individuelle Lösungen vor Ort und ausreichende Gestaltungsspielräume zu wahren. Die inklusive Beschulung stellt eine enorme Herausforderung für das System Schule dar, in dem auch die Kinder ohne Förder- bedarf das Recht auf die Verwirklichung bester Bildungschancen haben. Deshalb bleibt das Land in der Pflicht, das notwendige Personal bereitzustellen. Ohne zusätzliche sonderpädagogische Kräfte und weitere Inklusionshelfer wird die Ressourcenbündelung schnell an ihre Grenzen stoßen. Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Nordrhein-Westfalen 333
Inhalt EILDIENST 7-8/2018 Kavalleriestraße 8 AUF EIN WORT 333 40213 Düsseldorf ______________________________________________________________ Telefon 0211/ 300 491-0 Telefax 02 11/ 300 491-660 E-Mail: presse@lkt-nrw.de Internet: www.lkt-nrw.de AUS DEM LANDKREISTAG NRW-Landrätekonferenz am 14./15. Juni 2018 in Berlin 336 IMPRESSUM ______________________________________________________________ EILDIENST – Monatszeitschrift des Landkreistages FSI-Vortragsveranstaltung am 5. Juli 2018 in Münster: Nordrhein-Westfalen EU-Datenschutzgrundverordnung - Herausforderung für Kreise und Gemeinden 344 Herausgeber: ______________________________________________________________ Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Klein THEMA AKTUELL Redaktion: Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn Beigeordneter Martin Schenkelberg Referentin Christine Cebin Notfall in der Notaufnahme – Können die Leitstellen helfen? 353 Hauptreferent Dr. Markus Faber ______________________________________________________________ Referentin Dorothée Heimann Referent Thomas Krämer Pressereferentin Rosa Moya Referent Dr. André Weßling Hauptreferent Dr. Kai Zentara SCHWERPUNKT: Quelle Titelbild: Fotolia_172075635_L © Mattoff QUALIFIZIERUNG groß geschrieben 356 ______________________________________________________________ Redaktionsassistenz: Gaby Drommershausen Astrid Hälker Attraktiver Arbeitgeber - Laufevents, Einführungswochen Heike Schützmann und Programm für Quereinsteiger 359 Herstellung: ______________________________________________________________ ALBERSDRUCK GMBH & CO KG Leichlinger Straße 11 40591 Düsseldorf Arbeitsleben in Balance - Auszubildende aktivieren 361 www.albersdruck.de ______________________________________________________________ ISSN 1860-3319 Mitarbeiterbindung ab dem ersten Arbeitstag 362 ______________________________________________________________ Studieninstitut Aachen setzt seit Jahren auf Kooperationen 365 ______________________________________________________________ THEMEN Thesenpapier zum Bachelor-Studiengang an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung 367 Kreise in Nordrhein-Westfalen ______________________________________________________________ 334
EILDIENST 7-8/2018 Inhalt 27 Jahre Gleichstellungsarbeit in der Kreisverwaltung Steinfurt 370 ______________________________________________________________ Digitales NRW – Kongress Kommunale Wirtschaftsförderung NRW 2018 373 ______________________________________________________________ IM FOKUS Neue Kreisleitstelle für den Kreis Mettmann 373 ______________________________________________________________ MEDIENSPEKTRUM 375 ______________________________________________________________ KURZNACHRICHTEN 379 ______________________________________________________________ HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN 401 ______________________________________________________________ 335
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2018 NRW-Landrätekonferenz am 14./15. Juni 2018 in Berlin Die Landräte aus Nordrhein-Westfalen haben im Rahmen ihrer jährlichen Konferenz in Berlin kommunale Themen und Problemlagen mit hochrangigen Bundespolitikern erörtert. Der Streit über die Asylpolitik in der Bundesregierung, der sich während der Konferenz am 14. und 15. Juni zuspitzte, beherrschte die Gespräche mit der Bundespolitik. B undesinnenminister Horst Seehofer hatte angesichts der angespannten politischen Situation einige Tage vor dem Termin das geplante Gespräch mit den Landräten abgesagt. Stattdessen erörter- ten die Konferenzteilnehmer Integrations-, Duldungs- und Rückführungsfragen mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Prof. Dr. Günter Krings. Im Mittel- punkt des Gesprächs stand der zum dama- ligen Zeitpunkt noch nicht veröffentlichte „Masterplan Migration“ von Bundesmi- nister Seehofer. Die Landräte schilderten, wie sich die Flüchtlingspolitik der Bundes- regierung vor Ort auswirkt, und appellier- ten an die Koalitionspartner, den Konflikt in der Asylpolitik rasch zu löschen. Doch auch andere dringende kommunale The- men fanden Raum in der zweitätigen Kon- ferenz in Berlin. So sprachen die Landräte Präsident Thomas Hendele begrüßt die Teilnehmer der NRW-Landrätekonferenz mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz über Quelle: LKT NRW die stetig wachsenden kommunalen Sozi- alkosten, die im kreisangehörigen Raum räte mit Bundesgesundheitsminister Jens gegen Langzeitarbeitslosigkeit und zur hauptsächlich die Kreise tragen. Den mas- Spahn und mit dem stellvertretenden SPD- Förderung für sozial benachteiligte Kinder siven Fachkräftemangel in der Pflege und Fraktionsvorsitzenden und Gesundheits- sprachen die Landräte mit der Parlamenta- die Probleme der Gesundheitsversorgung experten, Prof. Dr. Karl Lauterbach. Über rischen Staatssekretärin beim Bundesmini- in ländlichen Regionen erörterten die Land- die Pläne der Bundesregierung zum Kampf ster für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese. Neue Instrumente sollen helfen, Langzeitarbeitslose langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese, tauschte sich intensiv mit den NRW-Landräten über die geplante Arbeitsmarktpolitik der neuen Bundesregierung aus. Die Staats- Kerstin Griese MdB, Parlamentarische sekretärin freute sich vor dem Hintergrund, dass ihr Wahlkreis der Wahlkreis Staatssekretärin beim Mettmann II ist, besonders über den Besuch aus Nordrhein-Westfalen. Zumal Minister für Arbeit dieser – so die Staatssekretärin – nun auch noch auf einen besonders span- und Soziales nenden Tag falle, an dem es um die Frage gehe, wie stabil die neue Bundes- Quelle: Deutscher Bundestag regierung sei. I hr Amt als Parlamentarische Staatsse- kretärin habe sie zu einer Zeit antreten dürfen, in der der deutsche Arbeitsmarkt sinke. Gleichwohl gebe es aber gerade bei diesem Personenkreis Menschen, die von der guten Arbeitsmarktlage in Deutsch- keit, der sog. verhärteten Arbeitslosigkeit, gestiegen. Schon Ministerin Andrea Nahles habe eini- in einer sehr guten Verfassung sei. Die land nicht profitieren. Im Jahr 2016 sei ge Programme, wie beispielsweise die ABC- sozialversicherungspflichtige Beschäf- zwar erstmals die Grenze von 1.000.000 Netzwerke und das Bundesprogramm Sozi- tigung sei nach wie vor auf sehr hohem Langzeitarbeitslosen unterschritten wor- ale Teilhabe, auf den Weg gebracht und auf Niveau und wachse kontinuierlich weiter. den; jedoch sei der Anteil der Personen diese Weise versucht, für Langzeitarbeits- Selbst die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit einer längeren Dauer der Arbeitslosig- lose mehr zu bewegen. Erheblicher Kritik- 336
EILDIENST 7-8/2018 Aus dem Landkreistag punkt sei dabei immer gewesen, dass es sich des Ministeriums würde dies jedoch dazu ten, dass die Mittel den Jobcentern im Ein- eben „nur“ um Programme gehandelt habe führen, dass das Instrument an Akzeptanz gliederungstitel ohne eine Zweckbindung und nie eine verfestigte Integration dieser und Erfolg verliert. Insofern bat die Staats- zur Verfügung gestellt würden, denn dies Menschen in den Arbeitsmarkt ermöglicht sekretärin darum, dies auch aus Sicht der gebe den verantwortlichen Jobcentern vor worden sei. Die neue Bundesregierung Kommunen als Arbeitgeber zu formulieren Ort die erforderlichen Umsetzungsspiel- habe sich daher entschieden, den Weg für und in Richtung Berlin zu transportieren räume. Im Hinblick auf die Zielgruppe der eine nachhaltige Maßnahme freizumachen und den Einfluss entsprechend zu nutzen. neuen Instrumente plädierten die Konfe- und im Wege der Einführung eines Rege- Die Förderdauer von bis zu fünf Jahren und renzteilnehmer für eine möglichst offene linstruments im SGB II den Jobcentern ein das vorgesehene Coaching der Teilnehmer Gestaltung, um möglichst vielen Men- Instrument an die Hand zu geben, mit dem seien weitere Kriterien, die das Instrument schen die Förderung zukommen lassen zu sie Menschen mit vielfältigen Vermittlungs- als wirklich neuartig auszeichnen und aus können. Mit Sorge sahen einige der Land- hemmnissen nachhaltig in den Arbeitsmarkt Sicht der Staatssekretärin den Erfolg maß- räte, dass die den Jobcentern zur Verfü- integrieren können. Das Bundesministerium geblich befördern können. gung gestellten Verwaltungskosten schon habe sich entschieden, das Instrument sehr Alleine mit der Einführung eines neuen jetzt oftmals für die vielfältigen Aufgaben dezentral anzulegen und mit wenig Vorga- Regelinstrumentes sei es nach Einschät- nicht ausreichen. Mit der neuen Aufgabe ben aus Berlin auszustatten. So verbleibe für zung des Bundesministeriums jedoch nicht des Coachings, das in beiden Instrumen- die Jobcenter viel Entscheidungsspielraum getan. Insofern habe man sich entschlos- ten vorgesehen sei, würden nun wieder vor Ort. sen, neben der Einführung des § 16 i SGB erhebliche Personalressourcen gebunden. Geplant seien Zuschüsse sowohl für den II auch den § 16 e SGB II zu ertüchtigen. Schon jetzt müssten die Jobcenter erheb- sozialen als auch für den ersten Arbeits- Zielgruppe dieser Förderung sollen nach liche Mittel aus dem Eingliederungstitel in markt. Vorgesehen sei eine Änderung des den Planungen des Bundesministeriums den Verwaltungskostentitel umschichten, SGB II zum 01.01.2019. Derzeit gebe es Menschen sein, die mehr als zwei Jahre um die Arbeit vor Ort zu bewerkstelligen. einen ersten Referentenentwurf des Bun- arbeitslos sind. Nach den Vorstellungen Dies könne sich durch diese neue Aufgabe desministeriums für Arbeit und Soziales des Bundesministeriums für Arbeit und verschärfen, so dass man auch eine Auf- (BMAS); dieser sei jedoch unter den Res- Soziales sollen Lohnkostenzuschüsse für stockung des Verwaltungskostentitels für sorts noch nicht abgestimmt. Die Kom- insgesamt 24 Monate gezahlt werden kön- erforderlich halte. munen spielten bei der Umsetzung der nen; im ersten Jahr in Höhe von 75 % des Schließlich drückten die Teilnehmer ihr Planungen nach Einschätzung von Staats- üblichen Arbeitsentgeltes und im zweiten Bedauern darüber aus, dass das Thema sekretärin Griese eine wichtige Rolle als Jahr in Höhe von 50 %. Auch hier sei ein des Passiv-Aktiv-Transfers in der Betrach- Partner: Zum einen als möglicher Arbeitge- begleitendes Coaching vorgesehen und tung derzeit (noch) keine Rolle spiele. Die ber und zum anderen auch in ihrer Rolle zusätzlich eine Nachbeschäftigungspflicht Einbeziehung dieser Überlegung sei aber als Träger der Jobcenter. Letztere hätten für den Arbeitgeber, um Mitnahmeeffekte zur Finanzierung des Instrumentes nach schließlich die Aufgabe, das Instrument zu verhindern. Einschätzung der Teilnehmer zwingend durch eine bedarfsgerechte Beratung und Das Konzept funktioniere – so die Ein- erforderlich. Man wünsche sich inso- Schaffung guter Netzwerke vor Ort zu eta- schätzung der Staatssekretärin – nur mit weit ein etwas mutigeres Vorgehen des blieren. diesen beiden Instrumenten, die aus ihrer BMAS. Deutlich wurde zudem auch, dass Zu den Einzelheiten des geplanten neuen Sicht zwingend zusammengehören. Die die Landräte die Staatssekretärin in der § 16 i SGB II erläuterte sie: Zielgruppe der Planungen öffneten große und gute Mög- Forderung, die vorgesehenen Zuschüsse neuen Förderung sollen nach Einschätzung lichkeiten für die Jobcenter, das Ministe- am Tariflohn zu bemessen, unterstützen. aller möglichst besonders arbeitsmarktfer- rium habe aber auch die Sorge, dass es Ansonsten wären die Möglichkeiten der ne Personen sein. Einigkeit bestehe auch überhaupt nicht möglich sei, die entspre- Kommunen, als Arbeitgeber zu fungieren, dahingehend, hier möglichst unbürokrati- chenden Arbeitsplätze zu finden. mit erheblichen Mehrausgaben verbun- sche Voraussetzungen im Gesetz vorzuse- Man habe sich entschlossen, für die den. Dies würde eine deutliche Einschrän- hen. So sehe der Vorschlag des Ministeri- Umsetzung der neuen Instrumente im kung der Kommunen bedeuten und gera- ums derzeit einen Langzeitleistungsbezug Bundeshaushalt insgesamt 4 Mrd. Euro für de Kommunen im Stärkungspakt beson- von sechs Jahren innerhalb der letzten den Zeitraum bis zum Jahr 2022 vorzuse- ders treffen. sieben Jahre als Voraussetzung für eine hen. Um den Jobcentern vor Ort die ein- Als ein weiteres Anliegen formulierten die mögliche Förderung vor. Hier bestehe aber gangs erwähnten Handlungsspielräume zu Teilnehmer gegenüber der Staatssekretärin noch ein Dissens mit dem Kanzleramt: Die- geben, sei eine Zweckbindung dieser Mit- die Bitte, dafür Sorge zu tragen, dass Teil- ses halte einen noch längeren Zeitraum tel nach den derzeitigen Planungen nicht nehmer aus dem Bundesprogramm Soziale von acht Jahren Langzeitarbeitslosigkeit beabsichtigt. Schließlich verwies sie darauf, Teilhabe nun auch in die neuen Instru- für die richtige Fördervoraussetzung. dass die im Koalitionsvertrag erwähnte mente überführt werden könnten. Man Der noch nicht abgestimmte Referenten- Ermöglichung des Passiv-Aktiv-Transfers habe hier eine gute Arbeit begonnen, die entwurf des Ministeriums sehe darüber nicht im Rahmen des nun angedachten nicht nach Ende des Programms aufhören hinaus vor, dass die Zuschüsse, die im Gesetzes geregelt werden könne. Dies dürfe. Nach der bisherigen Einschätzung ersten Jahr der Förderung 100 % betra- müsse in einem anderen Gesetz erfolgen. komme aber – auf Grundlage der derzeit gen können, und ab dem dritten Jahr um Das Ministerium befinde sich aber bereits bekannten Fördervoraussetzungen – nur jeweils 10 % abschmelzen, sich am regel- in Gesprächen mit dem Bundesministerium ein Bruchteil der Personen, die sich im Pro- mäßig geltenden Arbeitsentgelt orientie- der Finanzen zu einer konkreteren Umset- gramm befinden, auch für das neue Rege- ren. Dies wiederum sei auch ein Punkt, zung. linstrument des § 16 i SGB II in Betracht. der im Verhältnis zum Kanzleramt kritisch Der sich anschließende angeregte Aus- Hier müsse der Gesetzgeber auf jeden Fall sei. Dieses bestehe an einer Orientierung tausch mit den Konferenzteilnehmern nachbessern. der Zuschüsse am Mindestlohn und klam- zeigte, dass diese die Planungen des BMAS Und schließlich sei wichtig zu wissen, wann mere sich insofern an den Wortlaut des aus der kommunalen Praxis grundsätzlich genau man damit rechnen könne, welche Koalitionsvertrags. Nach Einschätzung begrüßten. So sei vor allem positiv zu wer- Bedingungen das Gesetz nun letztlich tat- 337
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2018 sächlich formuliere. Vor Ort seien erheb- liche Planungen/Vorbereitungen erforder- Teilhabechancengesetz: Aktueller Sachstand lich, die erst dann Sinn machten, wenn Das Bundeskabinett hat am 18.07.2018 einen Entwurf eines 10. SGB II - Änderungs- auch klar sei, wie die Regelinstrumente gesetzes beschlossen. Dieser enthält die mit der Parlamentarischen Staatssekretärin nun tatsächlich aussehen sollen. diskutierten Ansätze. Die von Frau Griese vorgestellten Überlegungen des BMAS Die Staatssekretärin erläuterte, dass auf konnten jedoch nur in Teilen in den Regierungsentwurf einfließen. Insbesondere jeden Fall ein Inkrafttreten zum 01.01.2019 im Hinblick auf die nachfolgenden Punkte ist dies aus Sicht der LKT-Geschäftsstelle geplant sei – wie es nun im Einzelnen wei- bedauerlich. tergehe, könne sie schwer prognostizieren, Die in der nun angedachten Regelung des § 16 i SGB II vorgesehenen Zuschüsse da das von vielen Gegebenheiten abhänge. sollen sich der Höhe nach am Mindestlohn orientieren. Das erschwert die Schaffung Den Jobcentern würden aber in diesem Jahr möglicher Arbeitsplätze auch im öffentlichen (kommunalen) Bereich. Zudem hat sich bereits 350 Mio. Euro Mittel zur Verfügung die Bunderegierung entschlossen, die Zielgruppe zu verändern und will die Möglich- gestellt, damit die Planungen für die Instru- keit der Bezuschussung auf Personen beschränken, die schon mehr als sieben Jahre mente in Angriff genommen werden kön- SGB II-Leistungen erhalten. Dies lässt noch mehr arbeitsmarktferne Menschen im nen. Beispielsweise sei dieses Geld dafür da, verfestigten SGB II-Leistungsbezug unberücksichtigt. Schließlich lässt der vorgelegte um einen Pool an möglichen Teilnehmern zu Regierungsentwurf das Thema das Passiv-Aktiv-Tauschs außen vor – vor allem mit erstellen und Werbung für die Instrumente Blick auf die Finanzierung der geplanten Instrumente ist dies nicht nachvollziehbar. bei möglichen Arbeitgebern zu machen. Es bleibt nun abzuwarten, welche Entwicklungen sich im parlamentarischen Verfah- Hinsichtlich der Einbeziehung der Überle- ren noch ergeben. gungen zum Passiv-Aktiv-Transfers in die Gesetzesänderung erläuterte sie, dass dies im Rahmen des Zeitplans einfach nicht seien die Kinder als schwächstes Glied in der Abschließend erfolgte aus den Reihen der möglich sei. Das BMAS stehe seit vielen Kette besonders stark betroffen. Konferenzteilnehmer noch der Hinweis, Jahren in Verhandlungen mit dem Bun- Die Staatssekretärin Griese erläuter- dass die Entwicklung der Kosten der Unter- desfinanzministerium zur Umsetzung des te, dass das Thema aus Sicht der neuen kunft den Kommunen schon lange Sorgen Passiv-Aktiv-Transfers und habe mit die- Bundesregierung und des BMAS ein sehr bereite. Dabei habe sich inzwischen insbe- sem noch keine Einigung erzielen können. Wichtiges sei. Derzeit befänden sich sechs sondere gezeigt, dass es immer schwieri- Diesmal wolle man eine solche aber auf Millionen Menschen im Leistungsbezug ger werde, noch bezahlbaren Wohnraum jeden Fall erzielen, leider nicht zeitgleich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, für die SGB II-Empfänger zu finden. Hier mit diesem Änderungsgesetz. Zudem gab davon seien zwei Millionen Kinder und sei auch die Bundesregierung gefragt und Kerstin Griese zu erkennen, dass auch das von den vier Millionen Verbleibenden müsse entsprechende Mittel für den sozi- Bundesministerium sich wünsche, dass die seien 800.000 Menschen Aufstocker, oft- alen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Personen, die derzeit am Programm Sozi- mals Alleinerziehende. Da sei es an der Dies würde sich dann im Ergebnis auch ale Teilhabe teilnehmen, von den neuen Zeit, auch mehr für diese Personengrup- positiv auf die Entwicklung der Kosten Instrumenten profitieren können. Sie pe zu tun. Zwar werde sicherlich das von der Unterkunft im SGB II auswirken. Ker- werde sich im weiteren Verfahren auch der neuen Bundesregierung auf den Weg stin Griese bestätigte diese Einschätzung dafür einsetzen. gebrachte Teilzeitbrückengesetz hier hel- und gab zu erkennen, dass die Thematik Neben der Diskussion rund um das geplan- fen, das Ministerium sehe aber auch an auch mit Blick auf den sozialen Frieden in te Änderungsgesetz zum SGB II fokussierte anderer Stelle noch Bedarf für ein Tätig- der Gesellschaft aus ihrer Sicht eine beson- sich das Gespräch mit den Konferenzteil- werden. Ein großer Aufschlag sei für das dere Rolle spiele. Insofern freue sie sich, nehmern auch auf die Pläne der Bundes- zweite Halbjahr 2018 geplant. Um die dass der Koalitionsvertrag eine klare Aus- regierung für Alleinerziehende im SGB II. Chancen für Kinder zu verbessern, sei sage dazu enthalte und der Bund sich im Diese stellten in den Bedarfsgemeinschaften zum Beispiel beabsichtigt, das Bildungs- sozialen Wohnungsbau weiter engagieren eine besonders große Gruppe dar; zudem und Teilhabepaket zu entbürokratisieren. werde. Jedes Jahr gibt es bis zu 300.000 Pflegebedürftige mehr Ein weiterer Gesprächspartner der Landrätekonferenz war der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Karl Lauterbach. Der aus Leverkusen stammende Bundestagsabgeordnete hat sich bundesweit vor allem als Gesundheitspolitiker einen Namen gemacht und sich oftmals Prof. Dr. Karl als scharfzüngiger Kritiker der Mängel im Gesundheitssystem profiliert. Lau- Lauterbach MdB, Stellvertretender terbach, der als stellvertretender Fraktionsvorsitzender neben den Politikbe- Fraktionsvorsitzender reichen Gesundheit und Pflege auch für die Themen Wissenschaft und For- der SPD-Bundestags- schung zuständig ist, betonte in seinem Einführungsstatement insbesondere fraktion die Themen Hausärztemangel und Sicherung der Pflege. Quelle: Deutscher Bundestag D er stellvertretende Fraktionsvorsit- zende gab zunächst einen Überblick über die Situation des medizinischen Nachwuchses. Von den Abgangsjahr- gängen der medizinischen Fakultäten entschieden sich nur maximal 10 Pro- zent der Studierenden für eine Tätigkeit im hausärztlichen Bereich. In den näch- sten fünf bis acht Jahren schieden jedoch 338
EILDIENST 7-8/2018 Aus dem Landkreistag 30 Prozent der derzeit praktizierenden Jedes Jahr gebe es einen Zuwachs von zwei Milliarden Euro zur Verfügung, die Hausärzte aus dem aktiven Dienst aus. 200.000 bis 300.000 Pflegebedürftigen. jeweils durch die Krankenkassen und den Man brauche zudem nach aktuellen Festzustellen sei, dass die Menschen, die Gesundheitsfonds finanziert würden. Mit Berechnungen 1,4 Hausärzte um einen sich in Pflege befänden, in der Pflege auch diesen Geldern sollten Umstrukturierungen ausscheidenden Hausarzt zu ersetzen. länger lebten, da die medinische Versor- von Abteilungen, die keine Betten führen, In NRW fehlten etwa 5.000 bis 10.000 gung und auch die Pflegequalität besser in bettenführende Abteilungen ermög- Hausärzte, die meisten davon in den geworden seien. Dies habe zu einer Ver- licht werden. Das Gesetz über Hilfen und ländlichen Regionen. dreifachung der Verweildauer in stationä- Schutzmaßnahmen bei psychischen Krank- Lauterbach erläuterte mögliche Lösungs- ren Pflegeeinrichtungen geführt. Die hohe heiten (PsychKG) solle zukünftig aufgrund ansätze: Die Öffnung von Krankenhäu- Pflegebedürftigkeit dieser Personengruppe wissenschaftlicher Leitlinien eine bessere sern für die ambulante Versorgung sei nur sei damit letztlich ein Ergebnis des medi- Erstattung nicht nur der Pflegekosten son- bedingt geeignet, um das Problem des zinischen Erfolges, auf den man stolz sein dern auch der ärztlichen Kosten ermögli- Hausärztemangels zu mildern. Es gebe im könne. So seien heutzutage 80 bis 90 Pro- chen. Die 500 Spezialkliniken unter den gesamten ambulanten Bereich 60 Mal so zent der Herzinfarkte und Schlaganfälle zu 2.000 Krankenhäusern würden so künftig viele Arzt-Patienten-Kontakte in den Pra- verhindern. Bei den Krebserkrankungen bessergestellt. xen wie in den Kliniken. Wollte man die könnten 40 Prozent aller Erkrankungen An den Vortrag Lauterbachs schloss sich Kontakte in den Krankenhäusern in den bei optimaler Vorsorge vermieden werden. eine lebhafte Aussprache an. Die Landräte nächsten fünf bis zehn Jahren im Bereich Bei den Demenzerkrankungen könnte man vertieften hierbei besonders die Themen der Ambulanz verdoppeln, könne man jedoch trotz Nutzung aller medizinischen der Bekämpfung des Ärztemangels und damit lediglich ein Dreißigstel dessen Möglichkeiten nur knapp zehn Prozent der Zukunft der Pflege. So erkundigten kompensieren, was aufgefangen werden aller Erkrankungen verhindern. 80 Prozent sich die Landräte unter anderem danach, müsse. Mit der Öffnung der Kliniken für aller Pflegefälle wiesen aber dieses Krank- wie Lauterbach die Anzahl der Arztbesu- die ambulante Versorgung sei das Problem heitsbild auf, was die Herausforderungen che und der Operationen bewerte und wie also insgesamt nicht zu lösen. für die Pflege verdeutliche. Ärzte bei ihren medizinischen Leistungen Ein Teil der Lösung des Problems sei aber Der stellvertretende SPD-Fraktionsvor- stärker durch Fachkräfte entlastet werden darin zu sehen, so Lauterbach, aus Inter- sitzende betonte, dass die Politik genau könnten. Zudem fragten Sie nach der Rolle nisten mit hausärztlicher Tätigkeit Allge- wisse, wie groß die Herausforderungen der Heimaufsicht im Kontext der öffent- meinärzte zu machen, um das Angebot an in der Pflege seien. In Deutschland werde lichen Diskussion zur Pflegequalität in Ärzten in diesem Bereich zu vergrößern. es in den nächsten zehn Jahren jährlich Deutschland. Dies sei möglich für die Ärzte, die die haus- 200.000 bis 300.000 zusätzliche Pflegebe- Lauterbach erläuterte, die Dauer der Arzt- ärztliche Tätigkeit vor 2007 aufgenommen dürftige geben. Für die Kreise sei langfri- besuche in Deutschland sei verhältnismä- hätten. Lauterbach betonte zudem, dass in stig mit 50 bis 100 Prozent mehr Pflegebe- ßig kurz. Er sei hingegen der Auffassung, Deutschland insgesamt zu wenig Medizi- dürftigen zu rechnen. Die Attraktivität der dass es Ärzten möglich sein müsse, mehr ner ausgebildet würden. Pro Jahr gebe es Kreise, so Lauterbach, werde sich auch an Zeit für die Patienten zur Verfügung 5.000 fertig ausgebildete Ärzte weniger, dieser Frage entscheiden. Die Bewältigung zu stellen. Durch eine Reduzierung der als für die Aufrechterhaltung der aktu- der Pflegeproblematik werde die erfolgrei- Behandlungsdauer könne die Anzahl der ellen Qualität der ärztlichen Versorgung chen von den weniger erfolgreichen Krei- notwendigen Arztstunden seiner Meinung benötigt würden. So gebe es attraktive sen unterscheiden. In dem Maße, in dem nach nur unterproportional gesenkt wer- medizinische Tätigkeiten für Ärzte, in die es der Medizin gelinge, Krebs noch stärker den. In den USA liege die durchschnittli- diese beispielsweise von der freien Wirt- zu bekämpfen, werde die Zahl der Pflege- che Dauer eines Arztbesuchs bei 15 bis schaft abgeworben würden. Einen weite- bedürftigen zudem noch weiter ansteigen. 20 Minuten, in Deutschland hingegen ren Ansatz sah Lauterbach darin, ärztliche Diese positive Herausforderung stelle sich bei nur 6 Minuten. In den USA würden Tätigkeiten an spezialisierte Pflegekräfte in dieser Form in keinem Land in Europa zudem viele Leistungen und Vorarbeiten und Praxismitarbeiter (MFA) zu delegie- so wie in Deutschland. Und dies zeige sich schon vor dem Arztbesuch erbracht, so ren. Die MFAs müssten zukünftig in der besonders in den ländlichen Regionen. dass der behandelnde Arzt bereits einen Lage sein, in enger Absprache mit den Lauterbach befasste sich sodann mit der fundierten Überblick über die medizinische Praxen selbständig Hausbesuche durchzu- Entwicklung der Fallpauschalen in den Lage vor dem Kontakt mit dem Patienten führen. Noch vor der Sommerpause wolle Krankenhäusern. Die Fallpauschalen müs- erlangen könne. Dies erleichtere den Ärz- die Koalition hierzu ein Versorgungsgesetz sten unter Berücksichtigung der Tarife ten das Arbeiten. Die Informationen, die vorlegen. und ihrer Steigerungen angepasst wer- behandelnde Ärzte über ihre Patienten Lauterbach ging zudem auf weitere Berei- den. Es gebe Krankenhäuser, die derzeit hätten, seien zudem generell von recht che ein, in denen es ebenfalls Versor- so viele Pflegekräfte verloren hätten, dass hoher Qualität. Wenn man deutlich weni- gungsengpässe gebe. In einigen Facharzt- der Betrag, der in der Fallpauschale für ger Arztbesuche haben wolle, müsse man bereichen, auch im Krankenhausbereich die Pflege veranschlagt sei, in der Praxis die Struktur des Gesundheitssystems in (z. B. innerhalb der chirurgischen Fächer) nicht erreicht werden könne. Lauterbach Deutschland völlig verändern. Zwar werde gebe es ebenfalls Versorgungsprobleme. empfahl den nordrhein-westfälischen sich das Gesundheitssystem grundsätzlich Der geringere Teil der in Deutschland täti- Landräten, sich ein eigenes Bild davon zu in diese Richtung entwickeln müssen, dies gen Chirurgen sei in Deutschland ausge- machen, wie es um die Krankenhäuser vor werde aber eine große Herausforderung bildet worden. Dies führe unter anderem Ort stehe. In allen bettenführenden Abtei- darstellen. zu Kommunikationsproblemen mit den zu lungen gebe es Standards zur Personalmin- Lauterbach vertrat die Ansicht, dass es in behandelnden Patienten. derung. deutschen Krankenhäusern zu viele Opera- Einen weiteren Schwerpunkt legte der Der Bundestagsabgeordnete kündigte tionen gebe, die medizinisch nicht sinnvoll SPD-Politiker in seinem Referat auf die an, dass der Strukturfonds für Kranken- seien. Die Politik habe daher angedacht, für Pflegepolitik. Es gebe derzeit knapp drei häuser in gleicher Höhe wie bislang fort- eine Gruppe bestimmter Eingriffe, die stati- Millionen Pflegebedürftige in Deutschland. geführt werde. So stünden den Häusern stisch gesehen mehr schadeten als nützten, 339
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2018 ein obligatorisches Zweitmeinungsverfah- weise er jedoch zurück. Auch müssten sich gesamt gute Betreuung. In der öffentlichen ren einführen. Dies sei aber nicht umge- dies die Kreise nicht gefallen lassen. Die Diskussion werde so mit überzogener Kritik setzt worden, da die Selbstverwaltung dies Heimaufsicht sei in aller Regel ihren Aufga- ein System zerredet, das in dieser Qualität derzeit nicht als Priorität ansehe. ben gerecht geworden. Gleichwohl gebe es erst einmal neu erfunden werden müsse. In der Frage der Unterstützung von Ärzten in der Pflege viel zu tun. Denn die Zahl der Lauterbach wies allerdings auch darauf durch Fachkräfte sprach sich der SPD-Poli- Pflegebedürftigen steige, viele Arbeitskräf- hin, dass er es als problematisch ansehe, tiker dafür aus, die Bedeutung qualifizier- te wollten keine Vollzeittätigkeit ausüben dass ein Teil der Pflege durch börsennotier- ter Fachkräfte zu stärken. In Amerika gebe und der Fachkräftemangel sei offenkundig. te ausländische Unternehmen beherrscht es die Tätigkeit des „Nurse practitioner“. Daher sei über Aufstiegsmöglichkeiten und werde. Die Qualität in diesen Häusern sei Dies seien Krankenpflegefachkräfte mit eine bessere Bezahlung nachzudenken. insgesamt niedriger und strahle negativ auf besonderer, wissenschaftlich fundierter Außerdem gebe es zu viel Bürokratie und das Ansehen aller Einrichtungen aus. Ausbildung, die sehr nah am Tätigkeitsbild Pflegepläne, die keinen Sinn machten. Der Leverkusener Bundestagsabgeordne- des Hausarztes ausgebildet seien und die Lauterbach warnte davor, dass es erheb- te betonte, dass pflegerische Hilfskräfte beispielsweise Blut abnehmen oder Antide- liche finanzielle Folgen für die Kreishaus- weiterhin gebraucht würden, damit die pressiva verschreiben dürften. Dies könne halte haben werde, wenn die Zahl der Pflegekräfte sich den Patienten zuwen- auch ein Weg für Deutschland sein. Pflegebedürftigen wie erwartet steige. Der den könnten. Dies müsse auch bei den In der Diskussion über die Qualität der Gesetzgeber müsse die Finanzierung der Fachkraftquoten berücksichtigt werden. Pflege in Deutschland ergriff Lauterbach Kommunen also grundlegend verbessern, Der Staat werde aber vor allem mehr klar Position. Die öffentliche Debatte habe da ansonsten insbesondere die Ruhrge- Pflegekräfte ausbilden und die Bezahlung ihn aufgrund ihrer Heftigkeit zum Ende des bietskommunen finanziell völlig überfor- der Altenpflege verbessern müssen. Eine Bundestagswahlkampfs überrascht. Letzt- dert würden. Lauterbach betonte, dass die Krankenpflegerin erhalte in NRW derzeit lich stecke hinter der öffentlichen Kritik am Pflegequalität in den letzten Jahren seiner beispielsweise etwa 850 Euro brutto mehr Zustand der Pflege auch die Behauptung, Beobachtung nach besser geworden sei. als ein Altenpfleger. Da sei es verständlich, die Heimaufsichtsbehörden hätten ihren Es gebe eine geringere Anzahl medizinisch dass viele Altenpfleger in die Krankenpfle- Job nicht gemacht. Diese pauschale Kritik vermeidbarer Komplikationen und eine ins- ge wechseln wollten. Gesundheitssystem braucht Struktur Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte die besondere Verbunden- heit zur kommunalen Familie und insbesondere zu seinem Heimatland Nord- rhein-Westfalen. Vor seiner Tätigkeit als Staatssekretär im Finanzministerium war er bereits zehn Jahre lang Stadtratsmitglied in Ahaus und sechs Jahre lang Kreistagsmitglied im Kreis Borken. Der weiterhin enge Austausch mit Jens Spahn MdB, der Kommunalpolitik seiner Heimat habe so ein stabiles Fundament gefun- Bundesminister für den. Diese besondere Verbundenheit eröffne Verständnis für die Tatsache, Gesundheit dass in Berlin konzipierte Politik auch vor Ort umgesetzt werden müsse. Quelle: Deutscher Bundestag I m Fokus des Treffens zwischen Gesund- heitsminister Spahn und den Landräten Nordrhein-Westfalens stand das Thema zu gestalten, Ausbildungsvergütungen zu gewähren und die Gewinnung von ausländi- schen Fachkräften zum Teil eines sinnvollen sorgung der Bevölkerung, müsse hier ein Schwerpunkt in den zukünftigen Effizienz- überlegungen liegen. Pflege- und Versorgungsstrukturen im Maßnahmenpaketes zu machen. Bei den Überlegungen sei es aber wichtig, Gesundheitssystem. Er wolle das deutliche Signal aussenden, zu schnellen Ergebnissen zu kommen und Dabei betonte der Minister, sein größtes Ziel dass im Bereich Pflegekräfte nicht geklec- sich nicht jahrelang in Arbeitsgruppen und sei es, bei der Gestaltung des Pflegesystems kert, sondern geklotzt werde, so der Mini- Kommissionen zu verzetteln. Nichtsdesto- das verlorene Vertrauen wiederzugewin- ster, um auch die langfristige Attraktivität trotz seien die Ergebnisse der in Gründung nen und den Menschen wieder deutlich zu der Berufsbilder dauerhaft in den Köpfen befindlichen Bund-Länder-Arbeitsgruppe machen, dass das Pflegesystem erfolgreich zu verankern. Diese Botschaft richte sich abzuwarten, um gemeinsam dieses Projekt aufrechterhalten werden könne. Dies sei ebenso auch an die Träger der Einrichtun- der bereichsübergreifenden Reformen zum jedoch nur der erste Schritt. Man müsse auch gen. Ziel zu bringen. Ansatzpunkte hierfür seien insgesamt für den Pflegebereich mehr Per- Neben dem Arbeitskräftemangel in der die Verzahnung der ambulanten Versor- sonal finden. Mehr Stellen bedeuteten nicht Pflege thematisierte der Minister die Frage gung mit den Krankenhäusern und das Ziel automatisch auch mehr Mitarbeiter. Dabei nach der flächendeckenden gesundheitli- einer gemeinsamen Bedarfsplanung. wies der Minister auf den dramatischen chen Versorgung. Dies sei gerade vor dem Hintergrund Fachkräftemangel im Pflegebereich hin: Hierbei müsse man sich insbesondere die bedeutend, dass die Krankenhäuser in vie- Hiergegen sollen im Rahmen eines Sofort- Krankenhausstruktur genau anschauen, len ländlichen Regionen das Rückgrat der programms 13.000 zusätzliche Pflegestellen appellierte Spahn. Dort sei in den vergan- medizinischen Versorgung darstellen. Des- mehr geschaffen werden. Dabei sei es ins- genen 15 Jahren zwar bereits viel passiert, wegen seien diese Gebiete bei den Überle- besondere erforderlich, die Ausbildungssi- aber unter Berücksichtigung der Aufrecht- gungen zur Aufrechterhaltung der Grund- tuation zu verbessern, die Berufe attraktiver erhaltung einer flächendeckenden Ver- versorgung besonders in den Blick zu neh- 340
EILDIENST 7-8/2018 Aus dem Landkreistag men. Letztlich sei hierbei zu überlegen, ob neues Kreiskrankenhaus zu bauen, lasse Nach Jens Spahn müsse auch die Poli- die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht sich ein Zukunftsmodell ablesen. tik müsse sorgfältig darauf achten, in dazu gezwungen werden könnten, selbst In der anschließenden Diskussion begrüß- der derzeitigen Marktlage nicht zu star- Einrichtungen in unterversorgten Berei- ten die Landräte die Ankündigung, 13.000 re Vorgaben zu machen, damit auch die chen betreiben zu müssen. neue Stellen im Bereich Pflege zu schaffen. Pflege in den Krankenhäusern funktionie- In Prüfung stehe aber die Krankenhaus- Dies sei aber noch kein Garant dafür, dass ren könne. Strikte Personaluntergrenzen, landschaft insgesamt, selbst wenn dies man tatsächlich auch geeignetes Personal wie sie beispielsweise von den Gewerk- mitunter vor Ort auch zu Unmut führen finde. Zudem handele es sich bei der Alten- schaften gefordert würden, bewirkten im könne. Dies betreffe insbesondere die Dis- pflege um einen „Knochenjob“, den man Zweifel das Gegenteil. Denn die Aufsicht kussionen um kommunale Krankenhäuser, vielleicht auch nicht sein ganzes Berufsle- könne nicht sinnvoll tätig werden, wenn wovon allerdings aufgrund der besonde- ben lang ausüben könne. Zugleich beton- in bestimmten Landstrichen derzeit nicht ren Struktur in Nordrhein-Westfalen nicht ten die Landräte, die Berufe in der Alten- genügend Fachkräfte auf dem Arbeits- so viele bestünden. So sei zum Beispiel im pflege böten auch gute Perspektiven der markt seien. Dort müsse dann auch ver- Münsterland – der Heimat des Ministers –, beruflichen Weiterentwicklung. Es handele stärkt der Einsatz von nicht examinierten die Krankenhauslandschaft eher in kirchli- sich zudem um Zukunftsberufe, in denen Pflegekräften in Betracht gezogen werden. cher Trägerschaft. man einen sicheren Arbeitsplatz finden Dies sei im Hinblick darauf wichtig, dass Ein effizientes Krankenhaussystem stehe könne. man nicht am Ende den Geschäftsführer im Zentrum der Überlegungen. So müsse Hierfür sei es erforderlich, dass auch am eines Krankenhauses für Personalmangel zwar flächendeckend der Grundbedarf Image der Pflegeberufe gearbeitet und in seiner Einrichtung in Haftung nehmen sichergestellt werden, gleichwohl sei eine hierzu auch öffentlich Unterstützung gelei- könne. Denn dies führe letztlich dazu, dass notwendige Spezialisierung in bestimmten stet werde. So hätten einzelne Kreise eige- er, um sich haftungsrechtlich freizuzeich- Bereichen in bestimmten Krankenhäusern ne Image-Kampagnen gestartet, um die nen, ganze Abteilungen schließen müsse. notwendig, um eine gute Versorgung der Attraktivität des Pflegeberufes zu erhöhen. So würde sich das Problem der Aufrechter- Bevölkerung sicherzustellen. So ergebe es Zudem kritisierten die Landräte, dass die haltung der Grundversorgung der Bevölke- mehr Sinn, in einem speziellen Akutfall öffentliche Diskussion sich zu Unrecht auf rung weiter verschärfen. auch einmal zehn Kilometer weiterzufah- die negativen Aspekte konzentriere. Viel- Daher sei die Schwerpunksetzung auf ren und dort eine Behandlung zu erhal- mehr müsse es gelingen, die Zukunftsfä- eine ambulante Versorgung ein nach- ten, die von Spezialisten in genau diesem higkeit des Systems insgesamt herauszu- haltiges und kostenschonendes System; Gebiet mit der notwendigen technischen stellen. Hierfür seien Tarifbemühungen so seien Kooperationen von Tagespflege Ausstattung vorgenommen wird. genauso wichtig wie Änderungen in der und betreutem Wohnen zukunftsfähi- Dabei sei natürlich auch die Rolle der Ausbildung und im Berufsbild. ge Modelle. Aber berücksichtigt werden Maximalversorger, also der Unikliniken Als problematisch stellte sich in der wei- müssten natürlich auch die Interessen der und Großkliniken hervorzuheben, die teren Debatte auch die Frage heraus, wie Träger der stationären Einrichtungen, die naturgemäß nicht im ländlichen Raum ihre Tarifsteigerungen zu refinanzieren seien. höchste und folglich teure Anforderun- Verortung haben, aber überregional eine Nicht ausreichend refinanzierte Investitio- gen an die Einrichtung einer solchen Sta- herausragende Bedeutung einnehmen. nen gingen notwendigerweise zu Lasten tion zu bewahren hätten. Im Ergebnis sei Am Ende müsse eine gute Versorgung der Pflegeversicherten. es wichtig, dass man zu einer Bündelung stehen und nicht nur der Standort. Hier- Bundesminister Spahn bestätigte, dass ihm der stationären wie ambulanten Angebote bei müssten sich allerdings eher ländlich selbstverständlich das Problem der Stellenbe- komme. geprägte Gebiete wenig Sorgen machen, setzungen bewusst sei, dennoch müsse nun Grundsätzlich sei für die nächsten Jahre dass im Zuge der Strukturdebatte Nach- angefangen werden. Für einen guten Start auch an eine andere Form der Pflegever- teile entstünden, denn eine Überversor- seien die aktuellen Rekord-Ausbildungszah- sicherung zu denken, denn die vorhande- gung durch Krankenhäuser bestehe eher len schließlich ein tolles Signal. So gebe es ne Tarifstruktur lasse sich möglicherweise in Ballungsgebieten. Dort machten einfach auch schöne Beispiele dafür, wie Menschen nicht mehr langfristig abbilden. Wer auch zu viele Krankenhäuser das gleiche Ver- nach einer ersten Berufsausbildung nun immer die Kosten der Pflege trage, ein sorgungsangebot auf zu engem Raum. umgelernt und einen sicheren Arbeitsplatz oder mehrere Kostenträger müssten diese So könne man sich auch durchaus im in der Pflege erhalten haben. Dies sei auch am Ende bezahlen. Dieses Bewusstsein Bereich interkommunaler Zusammenar- ein gutes Indiz für ein Berufsbild im Wandel. müsse bei allen Beteiligten vorhanden sein. beit neu zusammenfinden. Am Beispiel des Man müsse es schaffen, dass man auch im Letztlich sei es aber bei der Reform der Schwarzwald-Baar-Klinikums, wo sechs Bekanntenkreis positiv darüber spreche und Pflegestrukturen notwendig, ein langfri- Krankenhäuser geschlossen worden seien, die Wichtigkeit der Gesundheitsversorgung stiges, nachhaltig funktionierendes System um für 250 Millionen Euro ein vollständig durch die Pflege herausstelle. zu schaffen. 341
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2018 Migrationsgeschehen derzeit auf relativ niedrigem Niveau Staatssekretär Günter Krings ging in seinem einleitenden Statement ganz überwiegend auf die Themen Migration und Rückführung abgelehnter Asyl- Prof. Dr. Günter bewerber ein. Für den Bereich der Rückführung betonte er, dass es einige Krings, Erfolge bei der Durchsetzung von Rückführungen gegeben habe, aber nach Parlamentarischer Staatssekretär beim wie vor eine umfassende Lösung ausstehe. Auch die Möglichkeit sogenann- Bundesminister des ter Ankerzentren bezog der Parlamentarische Staatssekretär in seine Überle- Innern, für Bau und gungen ein, betonte aber, dass dies nicht die alleinige Lösung sein müsse. Die Heimat Vorstellung sei insoweit, insbesondere bestehende Zentren für eine zentrale Quelle: Deutscher Bundestag Erfassung und Registrierung auszubauen, aus verfassungsrechtlichen Grün- den sollte dies jedoch, so Staatssekretär Krings, in Landesträgerschaft erfol- gen. Dabei betonte Krings, dass auch in solchen Zentren eine humanitäre Betreuung grundsätzlich geboten sei, z.B. auch eine Beschulung von schul- pflichtigen Kindern. I m Hinblick auf die aktuelle Diskussion über mögliche Zurückweisungen an der Grenze führte Krings aus, dass dafür rund Schließlich ging Krings darauf ein, dass das gemeinsame europäische Asylsystem im Moment in der Verhandlung sei. Hier Herkunftsländern, insgesamt sei die Lage aber nach wie vor schwierig, insbesondere bei Staaten aus Subsahara-Afrika. 20.000 Fälle im Jahr in Betracht kommen sehe er durchaus die Möglichkeit eines Hierauf antwortete der Parlamentarische könnten. Nach seiner Auffassung greife Verhandlungserfolgs. Letztlich müsse aber Staatssekretär, dass versucht werde, in das Dublin-Verfahren nicht bei Zurück- die nähere Zukunft zeigen, wie sich ein Verhandlungen mit den entsprechenden weisung unmittelbar an der deutschen gemeinsames europäisches Asylsystem Herkunftsländern die Situation zu verbes- Grenze, sondern erst, wenn die betreffen- entwickele. sern. Auch überlege man in einigen Fällen, den Personen das deutsche Hoheitsgebiet Abschließend erwähnte er noch einige bei fehlender Kooperation die Erteilung betreten hätten, müsse entsprechend den Punkte zur allgemeinen Sicherheitspoli- von Einreisevisa für Staatsangehörige der Dublin-Regelungen verfahren werden. In tik, insbesondere die sogenannte Saar- entsprechenden Länder, insbesondere diesem Zusammenhang wies er ebenfalls brücker Agenda – Digitalisierung der auch für Mitglieder der jeweiligen Ober- darauf hin, dass das Dublin-Verfahren der- Polizeistruktur –, das Programm 2020 bei schichten, einzuschränken. Insgesamt sei zeit nur sehr eingeschränkt funktioniere. den Polizeibehörden und die Fragestel- dies aber ein sehr schwieriges Feld, weil Von rund 64.000 Dublin-Fällen im Jahr lung zu möglichen intelligenten Video- einige Staaten schlicht und ergreifend bei würden nur rund zehn Prozent tatsächlich überwachungen. Letzteres beträfe ins- der Rücknahme von eigenen Staatsange- in die entsprechenden EU-Mitgliedsstaaten besondere die Möglichkeit zur automa- hörigen wenig Kooperationsbereitschaft überstellt. tisierten Gesichtserkennung im öffentli- zeigten. Insgesamt betonte Krings, dass sich das chen Raum. Des Weiteren schlugen einige Landräte Migrationsgeschehen derzeit auf relativ In der nachfolgenden Diskussion kritisier- vor, dass man Druck auf nicht kooperie- niedrigem Niveau verstetigt habe, so habe ten einige Landräte, dass das Bundesamt rende Herkunftsstaaten dadurch entwic- es bis Juni 2018 rund 70.000 neue Fälle für Migration und Flüchtlinge (BAMF) keln könne, dass es zum Beispiel Sank- von Asylbewerbern in Deutschland gege- in der Vergangenheit nicht immer sehr tionen bei der Entwicklungshilfe gebe. ben. Das Problem der Rückführungen sei kooperativ im Umgang mit den Auslän- Dies sei jedoch, so Krings, differenziert zu aber nach wie vor in Teilen offen. Es gebe derbehörden der Kommunen und insbe- betrachten, weil gerade gute Projekte, die in Deutschland derzeit rund 230.000 aus- sondere der Kreise gewesen sei. Selbst bei die Bleibeperspektive in den entsprechen- reisepflichtige Ausländer, darunter fielen recht großen Einrichtungen sei das BAMF den Herkunftsländern erhöhen würden, auch die sogenannten Geduldeten, die häufig nicht bereit gewesen, unmittelbar geschützt werden müssten. zwar eine ausländerrechtliche Duldung vor Ort eigene Außenstellen zur Durch- Abschließend wurde die Frage gestellt, besäßen, jedoch grundsätzlich ausreise- führung der Asylverfahren einzurichten. ob es nicht auch die Möglichkeit geben pflichtig seien. Außerdem wiesen die Landräte darauf könnte, abgelehnte Asylbewerber außer- Das Thema des Familiennachzugs sei der- hin, dass gerade bei dem sogenannten halb des eigenen Staatsgebiets unterzu- zeit in der zweiten und dritten Lesung im Dublin-Fällen oft die Sechs-Monats-Frist bringen. Hier gebe erste Vorstellungen Bundestag. Ziel sei die bekannte Lösung, überschritten werde, so dass eine Über- insbesondere in Dänemark. Auf den Vor- rund 1.000 Familienzuzüge im Monat zu stellung in einen anderen EU-Mitglieds- schlag antwortete der Parlamentarische subsidiär Schutzberechtigten in Deutsch- staat nicht mehr in Betracht komme. Staatssekretär, dass eine solche Diskussi- land zuzulassen. Dies sei im internationa- Darüber hinaus wurde aus den Reihen on über die Überführung in die Drittstaa- len Vergleich eine relativ seltene Regelung. der Landräte nochmals darauf hinge- ten sicherlich problematisch sei, ande- Die Entscheidung über die entsprechenden wiesen, dass der Umgang mit fehlenden rerseits jedoch rein rechtlich betrachtet Familiennachzüge treffe das Bundesver- Reisedokumenten sehr problematisch sei. eine Rückführung in Drittländer durchaus waltungsamt. Zwar gebe es Verbesserungen bei einigen denkbar wäre. 342
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