Perspektiven in NRW Beteiligungskapital im Mittelstand - NRW.Bank
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Executive Summary Executive Summary Beurteilung des Markts für Beteiligungskapital im Mittelstand Der Mittelstand hat in NRW wie im ausgerichteten mittelständischen übrigen Bundesgebiet hohe gesamt- Beteiligungsgesellschaften – deren wirtschaftliche Bedeutung für Beschäf- Vertreter in NRW derzeit ohnehin kein tigung und Wertschöpfung. Legt man aktives Neugeschäft betreibt – noch eine weite Abgrenzung des Mittelstands von den etablierten Private-Equity- (Betriebe unter 1.000 Beschäftigte) Gesellschaften schwerpunktmäßig an- zugrunde, dann entfallen sowohl in NRW gesprochen. Bisher zielen vereinzelte als auch im restlichen Bundesgebiet Angebote wie der KfW-IKB-Mezzanine- mehr als 85 Prozent aller Arbeitsplätze Fonds, einzelne Beteiligungsgesell- auf den Mittelstand. Besonders her- schaften der Sparkassengruppe, die vorzuheben ist die prominente Rolle Pilotfonds der Kreditanstalt für Wiede- größerer mittelständischer Unternehmen raufbau (KfW) sowie die Initiative der mit mehr als 100 und weniger als 1.000 NRW.BANK zur Auflegung eines NRW- Beschäftigten, die mehr als ein Drittel Mittelstandsfonds auf diesen Markt. aller Arbeitsplätze in NRW stellen und damit eine etwas größere Bedeutung Die Bereitstellung von Beteiligungs- als in anderen industrieorientierten kapital für den Mittelstand ist vor allem deutschen Flächenländern haben. unter folgenden Gesichtspunkten bedeutsam: Die Analysen zur Finanzierungssituation im Mittelstand zeigen, dass die Eigen- – Die Ergebnisse ökonometrischer kapitalausstattung mittelständischer Analysen auf Unternehmensebene Unternehmen im Vergleich zu großen deuten darauf hin, dass Unternehmen Unternehmen und auch international mit Ausgaben für Forschung und gesehen gering ist. Der bislang hohe Entwicklung (FuE) bei der Aufnahme Anteil der Mittelständler, die mit ihrer externen Kapitals größere Probleme Eigenkapitalquote zufrieden sind, ver- haben als nicht innovierende Unter- deutlicht jedoch, dass nicht generell nehmen. Dies gilt in höherem Maße von einer Eigenkapitallücke gesprochen für kleine als für größere Unternehmen. werden kann. Allerdings waren be- Auch für nicht auf Forschung und stimmte Unternehmenstypen (Neu- Entwicklung bezogene Sachkapital- gründungen, innovative Unternehmen, investitionen lassen sich, in geringe- Unternehmen im Generationenwechsel) rem Maße, Finanzierungsschwierig- auch in der Vergangenheit schon mit keiten mittelständischer Unternehmen Finanzierungsproblemen konfrontiert. feststellen. Das Angebot an Beteiligungskapital ist – Es kann von einem Potenzial von vor allem im Bereich größerer mittel- 80.000 bis 129.000 Unternehmen in ständischer Beteiligungen (Beteiligungs- NRW ausgegangen werden, für die volumen von 1 Mio bis 10 Mio €), die in den nächsten fünf Jahren eine substanzielle, aber moderate Rendite- Übergabe aus Altersgründen ansteht. aussichten aufweisen, derzeit eher 39.000 bis 63.000 dieser Unternehmen gering. Diese Zielgruppe wird bislang werden voraussichtlich an Familien- weder von den auf kleinere Volumen externe übergeben. Diese Fälle sind Perspektiven in NRW 1
Executive Summary für externe Beteiligungskapitalgeber erhöhte Unterlegung von Bankbeteili- besonders relevant. Der Anteil der gungen mit Eigenkapital. Dies könnte für externe Beteiligungskapitalgeber insgesamt eine Verringerung des besonders interessanten größeren Angebots bewirken und stärkt die Mittelständler in der relevanten Wettbewerbsposition von Private- Altersklasse ist ungefähr auf ein bis Equity-Gesellschaften, die nicht den zwei Prozent der Unternehmen zu Regelungen von Basel II unterliegen. beziffern. Deutlich mehr als die Hälfte der größeren Mittelständler in der – Die Auswirkungen der neuen Basler relevanten Altersgruppe stammt aus Eigenkapitalgrundsätze sind sehr dem verarbeitenden Gewerbe, in dem differenziert zu beurteilen. Es ist der Finanzierungsbedarf aufgrund des nicht grundsätzlich mit einer Ver- hohen Sachkapitalstocks besonders knappung der Kapitalversorgung für groß sein dürfte. kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu rechnen. Aufgrund der – Vor dem Hintergrund eines stärker vergleichsweise schlechteren Finan- risikoorientierten Kreditvergabever- zierungsbedingungen gegenüber haltens – flankiert durch Basel II – Unternehmen, die von Größenvorteilen wird der Eigenkapitalausstattung und im Rahmen der Basel-II-Regulierung damit auch der Beteiligungsfinanzie- profitieren, können sich allerdings für rung künftig erhöhte Bedeutung zu- größere Mittelständler Wettbewerbs- kommen. Davon werden auch Kapital- nachteile ergeben. Dies wird in vielen beteiligungsgesellschaften als Anbieter Fällen eine Restrukturierung der von Eigenkapital beziehungsweise Passivseite der Bilanz erfordern und eigenkapitalähnlichen Mitteln profi- impliziert den verstärkten Einsatz tieren. Eine wichtige Rolle für die von Eigenkapital beziehungsweise Verfügbarkeit von externem Beteili- Mezzanine-Kapital. gungskapital spielt die vorgesehene 2 Perspektiven in NRW
Inhaltsverzeichnis Inhalt 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Beteiligungskapital im Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1 Zum verwendeten Mittelstandsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Eckdaten zur wirtschaftlichen Bedeutung des Mittelstands in NRW . . . . . . . . . . 9 2.3 Die Finanzierungssituation im Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.4 Die Struktur des Angebots in der Beteiligungsfinanzierung für den Mittelstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.4.1 Das private und öffentliche Angebot an Beteiligungskapital . . . . . . . . . . . . . 18 2.4.2 Die öffentliche Förderung zum Abbau von Finanzierungsengpässen im Mittelstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4.2.1 Schwerpunkte und regionale Verteilung der Bundesförderung . . . . . 22 2.4.2.2 Schwerpunkte der Landesförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.4.2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.5 Die Finanzierungssituation im Mittelstand unter besonderen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.5.1 Finanzierungsengpässe als Hemmnisfaktor für Innovationsaktivitäten. . . . . . 32 2.5.2 Die Bedeutung von Beteiligungskapital zur Finanzierung des Generationenwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.5.2.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.5.2.2 Abschätzung des Potenzials übergabewilliger mittelständischer Unternehmen in NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.5.2.3 Finanzierung des Generationenwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.5.2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.5.3 Bevorstehende Veränderungen im Finanzierungsumfeld. . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.5.3.1 Aktuelle Trends im Umfeld der Banken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.5.3.2 Neufassung der Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute (Basel II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.5.3.3 Ergebnisse der Auswirkungsstudie QIS 3 für Deutschland . . . . . . . . 49 2.5.3.4 Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.5.3.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.6 Die konkrete Ausgestaltung von Beteiligungen an etablierten mittelständischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 5.1 Kapitalbeteiligungsgesellschaften in NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 5.2 Übersicht Förderprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5.3 Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Perspektiven in NRW 3
Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.2–1: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nach Größenklassen 2000. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Abbildung 2.2–2: Umsatzsteuerpflichtige Unternehmen nach Größenklassen 2000 . . . . . 10 Abbildung 2.2–3: Umsatzanteile Mittelstand und Großunternehmen 2000 . . . . . . . . . . . . 11 Abbildung 2.3–1: Eigenkapitalquote des verarbeitenden Gewerbes im europäischen Vergleich nach Umsatzgrößenklassen, 1999. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Abbildung 2.3–2: Umfang und Struktur der Verbindlichkeiten und Rückstellungen in Prozent der Bilanzsumme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Abbildung 2.3–3: Gewünschte Beteiligungsgeber, differenziert nach Umsatzgrößenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Abbildung 2.3–4: Bedeutung verschiedener Finanzierungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Abbildung 2.4–1: Fördertätigkeit der Kreditanstalt für Wiederaufbau insgesamt . . . . . . . 23 Abbildung 2.4–2: Fördertätigkeit der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Segment „Innovations- und Beteiligungsfinanzierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Abbildung 2.4–3: Fördertätigkeit der Deutschen Ausgleichsbank im Fördersegment „Technologie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Abbildung 2.4–4: Ziel-2-Fördergebiete in NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Abbildung 2.5–1: Mangel an geeigneten Finanzierungsquellen als Hemmnisfaktor für Innovationsaktivitäten zwischen 1998 und 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Abbildung 2.5–2: Intervalle der Nachfolgeintensitäten für ausgewählte Bundesländer . . . 41 Abbildung 2.5–3: Eigenkapitalhinterlegungspflicht für KMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Abbildung 2.5–4: Eigenkapitalhinterlegung für Unternehmen des Retailsegments . . . . . . 56 4 Perspektiven in NRW
Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1–1: Überblick über KMU-Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Tabelle 2.3–1: Eigenkapital in Prozent der Bilanzsumme nach Unternehmensgrößenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Tabelle 2.3–2: Beurteilung der Eigenkapitalquote im Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Tabelle 2.4–1: Kapitalbeteiligungsgesellschaften des Sparkassensektors im Bereich des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes . . . . . . . . . . . . . 21 Tabelle 2.4–2: Größenabgrenzung der förderfähigen Unternehmen in den KfW-Förderprogrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Tabelle 2.4–3: Zweigstellen je 1.000 Erwerbsfähige nach Bankengruppen und Bundesländern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Tabelle 2.4–4: Förderfälle und Volumen im Rahmen des Programms Gründungs- und Wachstumsfinanzierung (GuW) NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Tabelle 2.4–5: Zuschüsse an private Unternehmen im Rahmen des Technologie- und Innovationsprogramms NRW (TIP). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Tabelle 2.5–1: Ergebnisse der Schätzung der FuE- und Investitionsgleichung . . . . . . . . . 34 Tabelle 2.5–2: Schätzergebnisse für kleine und größere Mittelständler . . . . . . . . . . . . . . . 37 Tabelle 2.5–3: Mittelständische Unternehmen mit geschäftsführenden Eigentümern im Alter von 51 bis 70 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Tabelle 2.5–4: Herkunft der Übernehmer 1997 bis 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Tabelle 2.5–5: Finanzierungsquellen der Übernahmen 1997 bis 2007. . . . . . . . . . . . . . . . 43 Tabelle 2.5–6: Veränderung der risikogewichteten Assets für Forderungen an KMU. . . . . 50 Tabelle 2.5–7: Veränderung der risikogewichteten Assets für KMU in der Forderungsklasse „sonstiges Retail“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Tabelle 2.5–8: Veränderung der risikogewichteten Assets für KMU, die wie Unternehmen behandelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Tabelle 5.1–1: Kapitalbeteiligungsgesellschaften in NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Tabelle 5.2–1: Übersicht Förderprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Tabelle 5.3–1: Untergliederung der Umsatzsteuerstatistik nach Wirtschaftsbereichen und Umsatzgrößenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Tabelle 5.3–2: Verteilung der Unternehmen nach Altersklassen ihrer Inhaber . . . . . . . . . 76 Perspektiven in NRW 5
Einleitung 1. Einleitung Die NRW.BANK hat das Zentrum für Euro- lich die Implikationen der neuen Basler päische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) Eigenkapital-Richtlinie für die Beteiligungs- beauftragt, Möglichkeiten eines erweiterten finanzierung im Mittelstand untersucht. Engagements im Bereich der Finanzierung durch Beteiligungskapital zu untersuchen. Die Resultate der vorliegenden Studie Einbezogen werden sollte hier sowohl die beruhen zu einem Teil auf den Ergebnissen Beteiligungsfinanzierung etablierter mittel- von Interviews, die mit Vertretern von Kapital- ständischer Unternehmen als auch die Finan- beteiligungsgesellschaften, der öffentlichen zierung junger innovativer Unternehmen im Wirtschaftsförderung und Wirtschaftspolitik Rahmen von Venture-Capital-Engagements. geführt wurden. Wir danken insbesondere Ziel der Untersuchung war es, Marktseg- Herrn Christoph Borges (IKB Mezzanine mente zu identifizieren, in denen gegen- GmbH), Herrn Dr. Reiner Eisold (Ministerium wärtig oder voraussichtlich zukünftig ein für Wirtschaft und Arbeit NRW), Herrn Dr. ausgeprägtes Ungleichgewicht zwischen Jürgen Lange (Zentralbereich Beteiligungen privatwirtschaftlichem Angebot und der Stadtsparkasse Köln), Herrn Patrick Marous Nachfrage nach Beteiligungskapital existiert. (Conpair Portfolio-Management GmbH), Die vorliegende Studie stellt die Ergebnisse Herrn Dirk Meissner und Frau Elfi Jansen der Untersuchungen zum Markt für mittel- (Wagniskapital für Innovationen NRW ständische Beteiligungsfinanzierungen dar. GmbH [win]), Herrn Carsten Schmeding (Equity Partners GmbH), Herrn Dr. Stefan Die Studie gliedert sich wie folgt: Nach Stein (Institut für Kredit- und Finanzwirt- einer kurzen Diskussion über die geeignete schaft der Ruhr-Universität Bochum [ikf]), Abgrenzung des verwendeten Mittelstands- Herrn Gerhard Steinkamp (S Venture begriffs werden die Bedeutung des Mittel- Capital GmbH, Dortmund), Herrn Dr. Farsin stands und seine gegenwärtige Finanzie- Yadegardjam (Equinet Venture Partners AG) rungssituation beschrieben. Im darauf und Frau Gabriele Wittenfeld (Business folgenden Abschnitt wird die Struktur des Angel Agentur Ruhr e.V. [BAAR]). Für die Angebots für die Beteiligungskapitalfinan- Bereitstellung von Daten danken wir Herrn zierung im Mittelstand unter besonderer Dr. Dankwart Plattner und Herrn Dr. Volker Berücksichtigung der Gegebenheiten in NRW Zimmermann (KfW). Darüber hinaus danken und der einschlägigen Förderprogramme wir Herrn Dr. Peter Güllmann, Herrn Stefan analysiert. Es schließt sich eine Untersuchung Büchter und Frau Dörthe Hagenkord der Nachfrage nach Beteiligungskapital aus (Abteilung Eigenkapitalfinanzierungen, der Perspektive innovierender Unternehmen Bereich Beteiligungen, der NRW.BANK) und von Unternehmen im Generationen- für die gute Zusammenarbeit und die wechsel an. Abschließend werden ausführ- Unterstützung bei der Recherche der Interviewpartner. 6 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand 2. Beteiligungskapital im Mittelstand 2.1 Zum verwendeten Mittelstandsbegriff Eine einheitliche, allgemein akzeptierte Die gebräuchlichen quantitativen Mittel- Definition des Begriffs „Mittelstand“ existiert standsdefinitionen (siehe Tabelle 2.1–1) nicht. „Mittelstand“ wird sowohl anhand ziehen eine Obergrenze bei maximal 500 quantitativer Kriterien als auch qualitativ Beschäftigten, 50 Mio € Umsatz per annum abgegrenzt. Quantitative Abgrenzungen und 43 Mio € Bilanzsumme. Im Kontext der erfolgen in der Regel auf der Basis der vorliegenden Analyse, die den Beteiligungs- Beschäftigtenzahl, des Umsatzvolumens kapitalmarkt für mittelständische Unter- oder der Bilanzsumme. Diese Abgrenzungen nehmen zum Gegenstand hat, sind diese können nach Wirtschaftsbereichen diffe- Grenzen vermutlich zu gering, da auch rieren.1 Qualitative Abgrenzungen grenzen erheblich größere Unternehmen, sofern sie den Mittelstand von großen Unternehmen nicht börsennotiert sind, mit Problemen üblicherweise anhand des Kriteriums der bei der Aufnahme externen Eigenkapitals Konzernunabhängigkeit und des dominie- konfrontiert sein können. renden Einflusses eines Inhaberunter- nehmers auf alle strategisch bedeutsamen Die folgenden Darstellungen orientieren Vorgänge und Entscheidungen im Unter- sich aus diesem Grund an einer Obergrenze nehmen ab.2 Wie das Institut für Mittel- von 1.000 Beschäftigten beziehungsweise standsforschung hervorhebt, „determinieren einem Umsatzvolumen von 100 Mio € als die qualitativen Kriterien (mitunter) ein obere Grenze für die Einordnung als Mittel- Gesamtunternehmen so entscheidend, dass standsunternehmen. Zwar ist nicht auszu- die gebräuchlichen quantitativen Aspekte schließen, dass auch Unternehmen mit (...) nahezu nachrangigen Charakter haben“.3 höheren Umsatzvolumen im Hinblick auf Die Abgrenzung der mittelständischen ihre Finanzierungsmöglichkeiten typischen Unternehmen mittels qualitativer Kriterien Beschränkungen mittelständischer Unter- ist jedoch in empirischen Untersuchungen nehmen unterliegen. Die Größenklassen- häufig nicht möglich, da keine allgemein differenzierung der relevanten Statistiken verfügbaren Daten über die Eigentumsver- (für NRW) lässt aber keine feinere Differen- hältnisse für den gesamten Unternehmens- zierung zu. bestand vorliegen. 1 Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM), Bonn, verwendete bis zur Einführung des Euro und der Umstellung der amtlichen Statistik auf Euro-Werte wirtschaftsbereichsbezogene Abgrenzungen für den Mittelstand bei der Berechnung der Anteilswerte an den wichtigsten gesamtwirtschaftlichen Aggregaten. Diese Praxis wurde aber mittlerweile aufgegeben. Vgl. IfM (2002: 21). 2 Vgl. IfM (2002: 3f). 3 IfM (2002: 4). Perspektiven in NRW 7
Beteiligungskapital im Mittelstand Tabelle 2.1 – 1: Überblick über KMU-Definitionen4 Institution bzw. Gesetz Größenklasse Beschäftigte Bilanzsumme € Jahresumsatz €/Jahr Europäische Kommission: klein bis 49 bis 5 Mio bis 7 Mio Empfehlung (1996)1) mittel bis 249 bis 27 Mio bis 40 Mio Europäische Kommission: kleinst bis 9 bis 2 Mio bis 2 Mio Empfehlung (2003)2) klein bis 49 bis 10 Mio bis 10 Mio mittel bis 249 bis 43 Mio bis 50 Mio Statistisches Amt der EU kleinst bis 9 – – (Eurostat) klein 10 bis 49 – – mittel 50 bis 249 – – Kapitalgesellschaften nach klein bis 50 bis 3,438 Mio bis 6,875 Mio § 267 HGB4) mittel 51 bis 250 bis 13,75 Mio bis 27,50 Mio Institut für Mittelstands- klein bis 9 – bis 1 Mio forschung Bonn mittel 10 bis 499 – 1 Mio bis 50 Mio CREDITREFORM5) klein und mittel bis 500 – bis 50 Mio 1) Zusätzlich muss das Unabhängigkeitskriterium erfüllt sein. Als unabhängig gelten Unternehmen, die nicht zu 25 Prozent oder mehr des Kapitals oder der Stimmenanteile im Besitz von einem oder von mehreren Unternehmen gemeinsam stehen. (Ausnahmen bestehen bei stillen Beteiligungen von öffentlichen Beteiligungsgesellschaften, Risikokapitalgesellschaften, institutionellen Investoren und bei großer Streuung des Kapitals unter der Voraussetzung, dass nicht ein einzelnes Nicht-KMU mehr als 25 Prozent am Unternehmen hält.) 2) Zusätzlich muss das Unternehmen eigenständig sein, d. h., es darf nicht über Beteiligungen verfügen, mit denen eine Kontrollposition einhergeht (Partnerunternehmen), und es darf nicht mit einem anderen Unternehmen ver- bunden sein. Der in der Empfehlung 96/280/EG angegebene Beteiligungsgrad von 25 Prozent, unterhalb dessen ein Unternehmen als autonom gilt, wird beibehalten. Es gibt jedoch einige Ausnahmen. 3) Zusätzliche Bedingung: Das Unternehmen darf sich nicht zu 50 Prozent in unmittelbaren oder mittelbaren Besitz eines oder mehrerer Unternehmen mit einem Jahresumsatz von jeweils mehr als 100 Mio € befinden. 4) Kleine Kapitalgesellschaften dürfen zwei der drei Merkmale nicht überschreiten. Mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen zwei Merkmale kleiner Kapitalgesellschaften überschreiten und dürfen zwei der drei eigenen Merkmale nicht überschreiten. 5) Zusätzlich muss die „Personaleinheit“ von Geschäftsführer und Inhaber gegeben sein. 4 Die Autoren danken Dr. Andreas Fier für die Bereitstellung dieser Übersicht. 8 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand 2.2 Eckdaten zur wirtschaftlichen Bedeutung des Mittelstands in NRW Legt man die oben genannte Abgrenzung Während der Anteil der mittelständischen (Betriebe mit weniger als 1.000 Beschäftig- Betriebe an allen Betrieben in NRW dem ten) zugrunde, dann sind 86,6 Prozent der Anteil im Bundesdurchschnitt gleicht, zeigen Beschäftigten in NRW im Mittelstand be- sich erhebliche Unterschiede bei der schäftigt5, im übrigen Bundesgebiet ist der Betrachtung der Umsatzanteile: In NRW Anteil mit 86,5 Prozent nahezu identisch. werden 43,8 Prozent aller Lieferungen und Auffällig ist allerdings, dass NRW innerhalb Leistungen von mittelständischen Unter- des Mittelstands eine vom Durchschnitt nehmen (abgegrenzt nach dem Umsatz- der übrigen westdeutschen Bundesländer volumen) erbracht. Im Rest des Bundes- abweichende Größenstruktur aufweist. gebiets beträgt dieser Anteil 51,9 Prozent. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten Dieser Unterschied ist im Wesentlichen (35,7 Prozent bzw. 2,1 Mio Beschäftigte) auf die geringere Bedeutung kleinerer entfällt dabei in NRW auf größere mittel- Mittelständler mit weniger als 10 Mio € ständische Betriebe mit 100 bis zu 999 Umsatz per annum in NRW zurückzu- Beschäftigten. Im übrigen Bundesgebiet ist führen, während größere Mittelständler dieser Anteil mit 32,1 Prozent geringer. mit 10 bis 100 Mio € Umsatz in NRW und Dies gilt auch für die Flächenländer Bayern im Bundesdurchschnitt ungefähr gleiche (31,7 Prozent), Baden-Württemberg (33,7 Umsatzanteile aufweisen. Prozent) und Hessen (34,5 Prozent). Mittel- ständische Betriebe bilden 89,4 Prozent aller Auszubildenden aus – die Vergleichs- zahl für das übrige Bundesgebiet beträgt 89,7 Prozent. Der Mittelstand umfasst 99,8 Prozent aller Betriebe beziehungswei- se aller Umsatzsteuerpflichtigen (Deutschland ohne NRW 99,9 Prozent).6 5 Die Angaben zur Beschäftigtenstatistik beruhen auf Daten der Betriebsstatistik der Bundesanstalt für Arbeit. Sie überzeichnen daher in stark filialisierten Bereichen, zum Beispiel im Einzelhandel, den Anteil des Mittelstands, da keine Angaben zur Größe des Gesamtunternehmens vorliegen. 6 Alle Daten beziehen sich auf das Jahr 2000. Perspektiven in NRW 9
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.2 – 1: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nach Größenklassen 2000 Anteil an allen Beschäftigten in % 30 25 20 15 10 5 0 1 2–9 10–19 20–49 50–99 100–499 500–999 1.000 u. m. Betriebe mit … Beschäftigten Baden-Württemberg Bayern Hessen Nordrhein-Westfalen Deutschland ohne NRW Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Sonderauswertung der Betriebsdatei der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Auftrag des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM), ZEW-Berechnungen. Abbildung 2.2 – 2: Umsatzsteuerpflichtige Unternehmen nach Größenklassen 2000 Anteil in % 30 25 20 15 10 5 0 16,6– 50– 100– 250– 500– 1.000– 2.000– 5.000– 10.000– 25.000– 50.000– 100.000 50 100 250 500 1.000 2.000 5.000 10.000 25.000 50.000 100.000 u.m. Umsatz (1.000 €) Nordrhein-Westfalen Deutschland ohne NRW Quelle: Umsatzsteuerstatistiken, ZEW-Berechnungen. 10 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.2 – 3: Umsatzanteile und Großunternehmen ist auf der Basis Mittelstand und Großunternehmen 2000 der Umsatzsteuerstatistiken nicht möglich, in % da in der wirtschaftsbereichsbezogenen Betrachtung die höchste Unternehmens- 100 größenklasse bereits alle Unternehmen mit 90 einem jährlichen Umsatz von 5 Mio € und mehr umfasst. Im verarbeitenden Gewerbe 80 entfallen in NRW 90,9 Prozent aller Umsätze auf diese Größenklasse, im rest- 70 lichen Bundesgebiet sind es 89,9 Prozent. 60 (Tabelle 5.3–1 im Anhang enthält einen Auszug aus der nach Umsatzgrößenklassen 50 und Wirtschaftsbereichen differenzierten Umsatzsteuerstatistik für Baugewerbe, 40 verarbeitendes Gewerbe und Handel.) 30 Zusammenfassend verdeutlichen diese Eck- 20 daten die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeu- tung des Mittelstands für Beschäftigung 10 und Wertschöpfung. Besonders hervorzu- heben ist die prominente Rolle größerer 0 mittelständischer Unternehmen mit mehr NRW Deutschland als 100 und weniger als 1.000 Beschäftigten, ohne NRW die mehr als ein Drittel aller Arbeitsplätze Anteil Großunternehmen in NRW stellen und damit eine etwas größere Anteil Mittelstand Bedeutung als in anderen industrieorien- Quelle: Umsatzsteuerstatistiken, tierten deutschen Flächenländern haben. ZEW-Berechnungen. Demgegenüber ist die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des kleineren Mittelstands, gemessen an Beschäftigungs- und Umsatz- Eine aussagefähige wirtschaftsbereichsbe- anteilen, geringer als im übrigen Bundes- zogene Untergliederung in mittelständische gebiet. 2.3 Die Finanzierungssituation im Mittelstand Der tief greifende Strukturwandel im inlandsprodukts, stärker zurückging als im Finanzsektor, unter anderem ausgelöst Rezessionsjahr 1993.7 Dieser Trend setzte durch die Ausrichtung der Geschäftspolitik sich im Jahr 2002 weiter fort.8 Immer auf profitable Betätigungsfelder aufgrund mehr Betriebe klagen zudem über eine sinkender Zinsmargen im Firmenkunden- Verschlechterung der Kreditkonditionen.9 geschäft, erschwert zunehmend den Zugang von Unternehmen zum externen Finanz- Ausgelöst durch die Kreditverknappung für markt. Das schwierige konjunkturelle mittelständische Unternehmen äußern sich Umfeld, die Diskussion um Basel II und Politiker, Wirtschaftsverbände und Medien zahlreiche Wertberichtigungen in der jün- geren Vergangenheit führen schließlich zur Beobachtung, dass die Kreditneuvergabe 7 Vgl. KfW (2002a: 8). 2001 gegenüber dem Vorjahr, relativ ge- 8 Vgl. Nehls und Schmidt (2003). sehen zur Veränderung des realen Brutto- 9 Vgl. KfW (2002). Perspektiven in NRW 11
Beteiligungskapital im Mittelstand zunehmend besorgt über zu niedrige Eigen- Die Eigenkapitalquote nimmt mit der kapitalquoten. Meist dient das Verhältnis Unternehmensgröße zu. der langfristigen Mittel – vor allem des Eigenkapitals, aber auch der langfristigen Der Anteil der langfristigen Verbindlich- Rückstellungen und der langfristigen Ver- keiten an der Bilanzsumme steht in bindlichkeiten – zur Bilanzsumme (vertikale umgekehrtem Verhältnis zur Eigen- Finanzierungsstruktur) oder zu den lang- kapitalquote. Er nimmt mit sinkender fristigen Aktiva (horizontale Finanzierungs- Unternehmensgröße und Eigenkapital- struktur) als Indikator für die Nachhaltigkeit quote zu. der Unternehmensfinanzierung. Vor allem zwei Merkmale unterscheiden die Eigen- Wegen fehlender Finanzierungsmög- kapitalausstattung deutscher Unternehmen lichkeiten am Kapitalmarkt steigt der von derjenigen in anderen europäischen Anteil der Bankverbindlichkeiten mit Ländern: Zum einen setzen deutsche Unter- sinkender Unternehmensgröße. nehmen generell weniger Eigenkapital in Relation zur Bilanzsumme ein, und zum Die Bedeutung von Rückstellungen, anderen sind die Unterschiede bei der Eigen- insbesondere auch von Pensionsrück- kapitalquote zwischen mittelständischen und stellungen nimmt mit steigender Unter- großen Unternehmen hierzulande besonders nehmensgröße zu. ausgeprägt (vgl. Abbildung 2.3 –1). Kleinere deutsche Unternehmen haben die nie- Regionale Untergliederungen von Unter- drigste Eigenkapitalquote der untersuchten nehmensbilanzstatistiken liegen üblicher- Länder. Allerdings enthält die BACH-Daten- weise nicht vor. Im Rahmen der vorliegenden bank10 als zugrunde liegende Datenbasis Untersuchung wurde jedoch eine Sonder- ausschließlich Jahresabschlüsse von Kapital- auswertung der KfW-Bilanzstatistik12 für gesellschaften. Große Unternehmen sind die von der KfW geförderten Unternehmen in ihr stark überrepräsentiert. Aber auch durchgeführt: Danach unterscheidet sich nationale Quellen wie zum Beispiel die die Eigenkapitalquote der Unternehmen KfW-Bilanzstatistik11 oder die Bundesbank- aus NRW nur wenig von der des Bundes- Unternehmensbilanzstatistik bestätigen die durchschnitts. Der Median lag in NRW im aus der BACH-Datenbank (vgl. Tabelle 2.3–1) Jahr 2000 bei 16,8 Prozent, deutschlandweit abgeleiteten Ergebnisse. Die Eigenkapital- ist ein Wert von 17,8 Prozent abzulesen. quote war allerdings nicht immer so niedrig, Der Mittelwert liegt in NRW mit 27 Prozent wie sich aus den Statistiken der Deutschen etwa drei Prozentpunkte unter dem deut- Bundesbank ablesen lässt. Insbesondere schen Vergleichswert. die sinkende Ertragskraft führte zu einem Rückgang der Quote, der bis weit in die 80er-Jahre anhielt. Ab Mitte der 90er-Jahre zeigt der Trend jedoch wieder nach oben. Durchgängig lassen sich folgende Charak- teristika der Unternehmensfinanzierung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße beobachten (vgl. auch Abbildung 2.3–2): 10 Datenbank der Europäischen Kommission, die harmonisierte Statistiken aus Jahresabschlüssen elf europäischer Länder sowie der USA und Japan enthält. 12 Die Autoren danken Herrn Dr. Dankwart Plattner 11 Vgl. Plattner (2003). (KfW) für die Bereitstellung der Daten für NRW. 12 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.3 –1 Eigenkapitalquote des verarbeitenden Gewerbes im europäischen Vergleich nach Umsatzgrößenklassen, 1999 % der Bilanzsumme 60 50 40 30 20 10 0 Deutschland Frankreich Italien Niederlande Spanien Bis 7 Mio € Umsatz 7 Mio € bis 40 Mio € Umsatz Mehr als 40 Mio € Umsatz Quelle: BACH-Datenbank. Tabelle 2.3 –1: Eigenkapital in Prozent der Bilanzsumme nach Unternehmensgrößenklassen Umsatz p. a. Mio € 250 Gesamt KfW 2000 Durchschnitt 17,3 18,3 19,9 26,6 38,3 33 30,3 KfW 2000 Median 17,2 13,9 15,8 21,1 33,3 27,1 17,8 Umsatz p. a. Mio € < 2,6 2,6–5,1 5,1–12,8 12,8–51,1 > 51,1 Bundesbank 1998 4,9 10,1 13,1 18,2 26,4 Quelle: Mittelstandsmonitor (2003). Perspektiven in NRW 13
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.3 – 2: Umfang und Struktur der Fremdkapitalaufnahme im Großen und Verbindlichkeiten und Rückstellungen in Ganzen im Einklang mit dem herrschenden % der Bilanzsumme institutionellen Umfeld. Die Besonderheiten % der Bilanzsumme des deutschen Finanzierungs-, Insolvenz- und Steuersystems haben zusammen mit 100 dem Hausbankprinzip und den in Deutsch- 90 land typischen hohen Rückstellungen und stillen Reserven dazu geführt, dass die 80 deutschen Unternehmen eine im internatio- nalen Vergleich niedrige Eigenkapitalquote 70 haben, die allerdings nicht immer das tat- 60 sächlich verfügbare Haftungskapital wider- spiegelt.13 Der hohe Anteil von Einzelfirmen 50 mit ihrer wenig trennscharfen Unterschei- dung zwischen Privat- und Firmenvermögen 40 sowie steuerliche Optimierungen vor allem bei dieser Rechtsform haben die großen 30 Unterschiede der Eigenkapitalausstattung 20 zwischen großen und kleinen Unternehmen hervorgerufen. Auch wenn es bislang schon 10 bei einzelnen Unternehmensgruppen (z. B. bei Gründungen, in jungen und wachstums- 0 starken Unternehmen sowie in Krisen- < 2,5 Mio € 2,5–50 Mio € > 50 Mio € branchen) Probleme gab, konnten kleinere Umsatz p. a. (Mio €) Unternehmen in Deutschland im Durch- Rückstellungen schnitt bislang offenbar mit weniger Eigen- Sonstige langfristige Verbindlichkeiten kapital als kleinere Unternehmen im Ausland Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten über die Runden kommen – nicht zuletzt, Langfristige Verbindlichkeiten Bank weil hierzulande der Zugang zu langfristigen Kurzfristige Verbindlichkeiten Bank Fremdmitteln einfacher und günstiger war. Quelle: Deutsche Bundesbank (2003a), Nicht nur eine objektive Einschätzung, son- Daten beziehen sich auf 2000. dern auch die subjektive Sicht der Betrof- fenen spricht für diese Tatsache: 80 Prozent der Mittelständler hielten die Ausstattung Der Mittelstand steuerte in der Vergangen- ihres Unternehmens mit Eigenkapital für heit seine Eigenmittelausstattung und angemessen.14 Tabelle 2.3 – 2: Beurteilung der Eigenkapitalquote im Mittelstand Unternehmen mit … Beschäftigten Eigenkapitalquote ist … 1– 4 5– 9 10 –19 20 – 49 50 und mehr gesamt zu hoch 5 6,7 4,9 3,5 2,7 5,1 angemessen 81,9 78,5 82,5 81,6 80 80,8 zu niedrig 3,4 3 1 5,3 2,7 2,9 Quelle: Dresdner Bank (2000), zitiert nach Mittelstandsmonitor (2003). 13 So lassen sich für 1995 durchschnittliche Eigen- kapitalquoten von ca. 40 Prozent inklusive stiller Reserven bei Betriebsgrundstücken errechnen, während die rein bilanziellen Eigenkapitalquoten bei 18 Prozent lagen. Vgl. Bach/Bartholmai (2001), Deutsche Bundesbank (1996). 14 Vgl. Dresdner Bank (2000: 31). 14 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand Weil das Finanzierungsumfeld in Bewegung Unternehmen können eine Eigenkapital- geraten ist und sich in den kommenden erhöhung über verschiedene Wege erzielen. Jahren (auch, aber nicht nur) im Hinblick 70 Prozent der antwortenden Unternehmen auf Basel II weiter verändern wird, können wollen diese über eine stärkere Einbehaltung die Finanzierungsstrukturen nicht so bleiben, von Gewinnen realisieren. Eine Erhöhung wie sie derzeit sind: Sie werden sich den der eigenen Einlagen wird von 35 Prozent geänderten Bedingungen auf den Finanz- der Unternehmen angegeben. Die Akquisi- märkten anpassen (müssen). Aufgrund der tion externer Mittel durch die Aufnahme Verteuerung von Fremdkapital wird Eigen- neuer Gesellschafter oder die Inanspruch- kapital vergleichsweise günstiger. Zudem nahme externer eigenkapitalähnlicher Mittel kommt dem Eigenkapital eine wichtige (Nachrangdarlehen) wird von insgesamt Signalfunktion für das Rating und damit 37,8 Prozent der Unternehmen angegeben.16 auch für die Konditionen der Fremdfinan- Auf die Frage nach dem gewünschten zierung zu. Viele Mittelständler werden ihre Beteiligungsgeber zeigt sich: Je größer das Eigenkapitalposition stärken müssen. Dies Unternehmen ist, desto eher wünscht es als wird auch vom Mittelstand erkannt. Von den Beteiligungsgeber ein anderes Unternehmen im Herbst 2002 befragten westdeutschen oder eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft. Unternehmern streben mehr als die Hälfte In der Umsatzgrößenklasse von 2,5 bis (55 Prozent) eine Erhöhung der Eigenkapital- 10 Mio € Jahresumsatz wünscht sich jedes quote an.15 Differenziert nach der Umsatz- fünfte Unternehmen eine Kapitalbeteili- größenklasse zeigt sich der Wunsch am gungsgesellschaft als Beteiligungsgeber. häufigsten im Segment der Unternehmen In der Umsatzgrößenklasse größer als mit 2,5 bis 10 Mio € Jahresumsatz (59 Pro- 50 Mio € ist es bereits jedes dritte Unter- zent). Am geringsten ist er für die Unter- nehmen. Die Antworten der NRW-Unter- nehmen mit bis zu 1 Mio € Jahresumsatz nehmen unterscheiden sich davon ein (49 Prozent). Nahezu identische Ergebnisse wenig. Für knapp 16 Prozent der NRW- zeigen sich für die NRW-Unternehmen: Im Unternehmen kommt eine Kapitalbeteili- Mittel äußern 55 Prozent der Unternehmen gungsgesellschaft als Beteiligungsgeber in den Wunsch nach einer Erhöhung der Frage. Das sind gut sechs Prozent weniger Eigenkapitalquote. Wiederum ist die Absicht im Vergleich zu Deutschland insgesamt.17 in der Größenklasse von 2,5 bis 10 Mio € Jahresumsatz am höchsten (59 Prozent). 15 Vgl. KfW (2002). Die Unterschiede zur Mind-Finance- Studie erscheinen etwas hoch. Ein direkter Vergleich 16 Vgl. KfW (2002: 49). Mehrfachantworten sind der Ergebnisse ist aufgrund der unterschiedlichen möglich, so dass die Summe der Anteile 100 Prozent Fragestellung, des unterschiedlichen Befragungs- übersteigen kann. zeitpunkts und nicht zuletzt durch die Verwendung 17 Aufgrund der geringen Zellenbesetzung musste auf verschiedener Unternehmenssamples jedoch nicht eine größenklassenspezifische Differenzierung für möglich. NRW verzichtet werden. Perspektiven in NRW 15
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.3 –3: Gewünschte Beteiligungsgeber, differenziert nach Umsatzgrößenklassen Angaben in % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 bis über 1 bis über 2,5 bis über 10 bis über alle Nachrichtlich 1 Mio € 2,5 Mio € 10 Mio € 50 Mio € 50 Mio € Unternehmen alle NRW- Unternehmen Anderer Beteiligungsgeber Anderes Unternehmen Privatperson Kapitalbeteiligungsgesellschaft Quelle: KfW (2002: 54), Sonderauswertung der KfW. Eine aktuelle Umfrage des Instituts für Kredit- Zusammenfassend zeigen die Analysen zur und Finanzwirtschaft (ikf) an der Ruhr-Uni- Finanzierungssituation im Mittelstand, dass versität Bochum im Auftrag der Südwest- die Eigenkapitalausstattung mittelständischer fälischen Industrie- und Handelskammer Unternehmen im Vergleich zu großen (SIHK) unter 453 Mittelständlern aus dem Unternehmen und auch im internationalen Kammerbereich (Umsatz max. 50 Mio €) Vergleich gering ist. Der bislang hohe Anteil zeigt allerdings, dass die Bedeutung von der Mittelständler, die mit ihrer Eigenkapital- Beteiligungskapital künftig zunehmen wird. quote zufrieden sind, kann allerdings als Unter allen genannten Kapitalquellen weisen Indiz dafür interpretiert werden, dass in der insbesondere regionale Mittelstandsfonds niedrigen Eigenkapitalquote des Mittelstands den größten Bedeutungszuwachs auf (vgl. auch der bilanzielle Gestaltungswille der Abbildung 2.3–4).18 mittelständischen Unternehmer zum Aus- 18 Die Autoren danken Herrn Dr. Stefan Stein vom ikf für die freundliche Überlassung der Untersuchungsergebnisse. 16 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand Abbildung 2.3 – 4: Bedeutung verschiedener Finanzierungsformen in % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Gesellschafterdarlehen Lieferantenkredite Eingehaltene Gewinne Abschreibungen und Rückstellungen Steuerliche Ver- günstigungen, Zulagen Staatlich bezuschusste Kredite Bankkredite Einlagen Inhaber/ Altgesellschafter Beteiligungskapital persönliches Umfeld Beteiligungskapital von sonstigen Investoren Regionale Mittelstandsfonds Venture-Capital Unternehmensanleihen Factoring Leasing Sonstige Bedeutung Heute Bedeutung Zukunft Quelle: Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum. druck kommt. Wie im Folgenden zu zeigen richtlinien verbundene Beurteilung der sein wird, gilt dies allerdings nicht für alle Kreditwürdigkeit im Rahmen bankeninterner Unternehmen. Neben Unternehmensgrün- und externer Ratings weist der Eigenkapital- dungen und Unternehmen in Krisensitua- ausstattung einen prominenten Stellenwert tionen sehen sich insbesondere innovierende als Bonitätsindikator zu. In der Folge einer Unternehmen und Unternehmen im Genera- risikoadäquateren Bepreisung von Mittel- tionenwechsel auch bisher schon mit Eigen- standskrediten und der damit verbundenen kapitalmangel und daraus resultierenden Konditionenspreizung dürfte der Eigen- Finanzierungsproblemen konfrontiert. kapitalausstattung eine neue Rolle bei der Bestimmung der Finanzierungskosten zu- Darüber hinaus muss diese vergangenheits- kommen. In diesem Zusammenhang wird bezogene Beurteilung der Finanzierungs- vermutlich auch der Beteiligungsfinanzierung situation vor dem Hintergrund der neuen erhöhtes Gewicht beigemessen werden Basler Eigenkapitalrichtlinien (Basel II) und müssen. Davon werden auch Kapitalbeteili- der damit einhergehenden stärker risiko- gungsgesellschaften als Anbieter von Eigen- orientierten Kreditvergabepraxis und Kon- kapital beziehungsweise eigenkapitalähn- ditionengestaltung einer Prüfung unterzogen licher Mittel profitieren. werden. Die mit den neuen Eigenkapital- Perspektiven in NRW 17
Beteiligungskapital im Mittelstand 2.4 Die Struktur des Angebots in der Beteiligungsfinanzierung für den Mittelstand 2.4.1 Das private und öffentliche Angebot Neuere Untersuchungen des Instituts für an Beteiligungskapital Mittelstandsforschung und einer von der KfW geleiteten Arbeitsgruppe „Eigenkapital Die vorstehende Analyse der Finanzierungs- für den breiten Mittelstand“ konstatieren ein situation im Mittelstand hat gezeigt, dass erhebliches Defizit im Angebot an Beteili- eine Erhöhung der bislang geringen Eigen- gungskapital für etablierte mittelständische kapitalquote in Zukunft vermutlich erforder- Unternehmen, da die genannten Beteiligungs- lich ist. Sofern die erforderlichen Mittel kapitalgeber nur bestimmte Segmente des nicht durch Innenfinanzierung erwirtschaftet Markts, nicht aber das gesamte Spektrum werden können, muss auf die externe Zufuhr an Beteiligungskapital abdecken.19 von Eigenkapital zurückgegriffen werden. Für die meisten Mittelständler kommt die Danach ist zum einen das Angebot der Aufnahme externen Eigenkapitals über die erwerbswirtschaftlichen Private-Equity- Emission börsennotierter Unternehmens- Gesellschaften auf das Segment junger anteile nicht in Frage, da die Kosten eines schnell wachsender Unternehmen einer- Going-public prohibitiv hoch sind. Daher seits und großer Transaktionen andererseits muss in der Regel auf außerbörsliches beschränkt. Bei jungen, schnell wachsen- Beteiligungskapital zurückgegriffen werden. den Unternehmen sind die Anforderungen Dabei können in einer Grobgliederung an die Mindestrendite sehr hoch, die zunächst formelles und informelles Beteili- Beteiligungsgrößen bewegen sich häufig gungskapital unterschieden werden. unter 1 Mio €. Auch im Bereich der Later- Stage-Finanzierungen haben privatwirt- Formelles Beteiligungskapital wird haupt- schaftliche Beteiligungsgesellschaften noch sächlich von privatwirtschaftlichen Private- hohe Anforderungen an die Mindestrendite: Equity-Gesellschaften, den Beteiligungs- Die erforderliche Eigenkapitalrendite liegt gesellschaften des Sparkassensektors und in der Regel über 20 Prozent per annum.20 von den mittelständischen Beteiligungs- Aufgrund der hohen Fixkosten eines typi- gesellschaften (in NRW: Kapitalbeteiligungs- schen Private-Equity-Engagements wird gesellschaft für die Mittelständische Wirt- darüber hinaus eine Mindestgröße von schaft in NRW mbH) bereitgestellt. Infor- 5 Mio €21 beziehungsweise 10 Mio €22 melles Beteiligungskapital stammt von so angestrebt. In den hohen Fixkosten kommt genannten Business Angels sowie aus dem auch ein qualitativer Mismatch zwischen näheren Umfeld der Unternehmer (Familien- den Anforderungen mittelständischer angehörige, Freunde). Letztlich sind Mit- Beteiligungsnehmer und den angebotenen arbeiterkapitalbeteiligungen als mögliche Beteiligungen von Private-Equity-Gesell- zusätzliche Kapitalquelle zu nennen. Infor- schaften zum Ausdruck: Das Private-Equity- melles Beteiligungskapital stellt jedoch keine Geschäft ist auf die intensive Kontrolle und Kapitalquelle dar, die im Hinblick auf Volu- Betreuung von einzelnen Beteiligungen im men und potenzielle Anzahl der Beteiligun- Rahmen substanzieller Engagements aus- gen den Anforderungen des breiten Mittel- gerichtet, während der Mittelstand häufig stands gerecht werden kann. Auch Mitar- an Beteiligungskapital mit geringen Mit- beiterkapitalbeteiligungen haben sich – trotz spracherechten (z. B. Mezzanine-Kapital) diesbezüglicher steuerlicher Vergünstigun- gen – nicht als ein in der Breite des Mittel- stands akzeptiertes Instrument der exter- 19 Vgl. Kokalj/Pfaffenholz/Moog (2003), KfW (2003). 20 Vgl. KfW (2003:8), Kokalj/Pfaffenholz/Moog nen Unternehmensfinanzierung erwiesen. (2003: 32). Beide Kategorien werden aus diesem Grunde 21 KfW (2003: 8). im Folgenden nicht detaillierter diskutiert. 22 Kokalj/Pfaffenholz/Moog (2003: 33). 18 Perspektiven in NRW
Beteiligungskapital im Mittelstand interessiert ist und darüber hinaus keiner schaften (im Gegensatz zu den Venture- operativen Unterstützung und laufenden Capital-Gesellschaften im engeren Sinne) intensiven Kontrolle bedarf. hoch ist. Die mittelständischen Beteiligungsgesell- Bei sieben von elf Gesellschaften sind nach schaften (MBG) sind dagegen vorwiegend den vorliegenden Angaben die Mittel zu im kleinvolumigen Bereich unterhalb der mehr als 80 Prozent ausgeschöpft.23 Auch Grenze von 1 Mio € Beteiligungsvolumen wenn vergleichbare Daten für den West- tätig. Darüber hinaus refinanzieren sie fälisch-Lippischen Sparkassenverband nicht sich häufig durch das ERP-Beteiligungs- zur Verfügung gestellt werden konnten, programm, das die Höhe des Beteiligungs- ist davon auszugehen, dass das insgesamt entgelts auf 12 Prozent per annum der verfügbare freie Finanzierungsvolumen der Beteiligungssumme im Durchschnitt der Sparkassen-Beteiligungsgesellschaften im vereinbarten Beteiligungsdauer limitiert. Bereich der traditionellen Mittelstands- Da im Rahmen des ERP-Beteiligungs- finanzierung – auch angesichts der hier zum programms lediglich eine 75-prozentige Teil erforderlichen größeren Beteiligungs- Refinanzierung der Beteiligung (bis max. volumen – zu begrenzt ist, um der poten- 500.000 €) möglich ist, können Beteili- ziellen Nachfrage nach Beteiligungskapital gungen, die wegen ihrer Risiken eine höhere gerecht zu werden. Zum Stichtag 31. De- Rendite erfordern, von den MBG nicht ein- zember 2002 war zwar im Bereich des gegangen werden. Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes (RSGV) ein Volumen von 243 Mio € noch Der breite Mittelstand – von der Arbeits- nicht investiert; davon entfallen allerdings gruppe „Eigenkapital für den breiten Mittel- allein 182 Mio € auf einen einzigen Fonds stand“ als gereifte Unternehmen, in der (Equity Partners Düsseldorf), der erst seit Regel aus der Old Economy stammend, mit Anfang 2003 im operativen Geschäft tätig stetigem, aber moderatem Unternehmens- ist.24 Zudem kann nicht für alle Sparkassen- wachstum und mäßigem Wertsteigerungs- Beteiligungsgesellschaften unterstellt potenzial charakterisiert – wird von den werden, dass sie einen aktiven Geschäfts- genannten Anbietern nicht erfasst. Grund- ansatz verfolgen. So weist das Institut für sätzlich könnte die Lücke, die durch das Mittelstandsforschung Bonn beispielsweise begrenzte Angebot von Private-Equity- darauf hin, dass ein „Teil der Beteiligungs- Gesellschaften einerseits und MBG anderer- gesellschaften nicht wirklich am Markt aktiv seits nicht abgedeckt wird, zwar von den (ist)“ und die Akquisition im Wesentlichen Beteiligungsgesellschaften des Sparkassen- passiv über die Trägersparkassen erfolge.25 sektors geschlossen werden. Diese verfolgen Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, häufig auch Ziele der regionalen Wirtschafts- dass die Mittel des Sparkassensektors förderung und stellen nach eigenen Angaben – mit Ausnahme des Angebots der WestLB- in diesem Rahmen oft auch geringere An- Gesellschaften – nicht landesweit, sondern forderungen an die Rendite von Investments. regional begrenzt angeboten werden. Eine Analyse für die im Bereich des Rheini- schen Sparkassen- und Giroverbands tätigen 23 Über die Verlässlichkeit der Angaben zum zur Kapitalbeteiligungsgesellschaften (ohne Verfügung stehenden Portfoliovolumen kann keine Aussage getroffen werden. Es ist zu berücksichtigen, Venture-Capital-Gesellschaften im engeren dass die Mittel von den Trägersparkassen im Bedarfs- Sinne) zeigt, dass diese tatsächlich vor- fall gegebenenfalls aufgestockt werden können. wiegend in dem genannten Segment tätig 24 Nach Auskunft des Geschäftsführers der Equity sind (vgl. Tabelle 2.4–1). Das durchschnitt- Partners GmbH (Telefongespräch mit Herrn Carsten Schmeding am 16. September 2003) liegt der Schwer- liche Beteiligungsvolumen über alle Gesell- punkt auf Beteiligungen im traditionellen Mittel- schaften liegt bei 2,7 Mio €; jedoch mit stand oberhalb eines Volumens von 3 Mio Euro bis einer erheblichen Streuung der Einzelwerte. zu einem Maximalvolumen je Tranche von 10 Mio Euro. Die Equity Partners GmbH plant, das zur Ver- Allerdings ist festzustellen, dass der Aus- fügung stehende Volumen im Laufe der nächsten schöpfungsgrad der verfügbaren Mittel fünf Jahre zu platzieren. im Bereich der Kapitalbeteiligungsgesell- 25 Kokalj/Pfaffenholz/Moog (2003: 30). Perspektiven in NRW 19
Beteiligungskapital im Mittelstand Zusätzliche Angebote befinden sich derzeit 500 Mio € und einem Beteiligungsvolumen in der Vorbereitung. Die Arbeitsgruppe von 2,5 bis 8 Mio € je Engagement und „Eigenkapital für den breiten Mittelstand“ legt eine Mindestverzinsung von 13 bis hat als Konsequenz des von ihr konstatierten 17 Prozent per annum zugrunde.30 Bislang Angebotsdefizits für größere mittelständische wurden fünf Investments mit einem ge- Beteiligungen zwei Modelle formuliert, samten Volumen von 35 Mio € (Stand die demnächst in Form von Pilotprojekten 15. September 2003) realisiert. Nach Aus- implementiert werden sollen. Dabei handelt kunft des Fondsmanagements ist die Nach- es sich einerseits um ein Modell, mit dem frage hoch. Allerdings beschränkt sich der den MBG erweiterte Beteiligungsmöglich- Fonds derzeit auf Engagements guter bis keiten eröffnet werden sollen. Zu diesem sehr guter Bonität und muss daher viele Zweck soll von den MBG ein Mezzanine- Anfragen ablehnen. Im Segment atypischer Fonds eingerichtet werden, der von den stiller Beteiligungen in der genannten MBG sowie von Bund, Ländern (ggf. unter Größenordnung bestehen nach Auskunft Einbeziehung von Strukturhilfemitteln der des Fondsmanagements faktisch keine EU) und der KfW finanziert und abgesichert Konkurrenzangebote.31 wird. Ein entsprechender Pilotfonds ist kürzlich in Bayern an den Markt gegangen.26 Zusammenfassend kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand davon ausgegangen werden, In einer anderen Modellvariante soll ein dass schwerpunktmäßig im Bereich größerer Private-Equity-Fonds eingerichtet werden, mittelständischer Beteiligungen (Beteili- der von einer privaten Kapitalbeteiligungs- gungsvolumen von 1 Mio bis 10 Mio €) mit gesellschaft gemanagt und aus privaten guten, aber moderaten Renditeaussichten Mitteln finanziert wird, aber ebenfalls durch derzeit ein eher geringes Angebot besteht. öffentliche Mittel partiell rückgedeckt und Auch in den für die vorliegende Studie eventuell auch mindest verzinst ist. Ein ent- geführten Expertengesprächen wurden diese sprechender Pilotfonds soll nach Auskunft Ergebnisse in der Tendenz bestätigt.32 der KfW (unter Beteiligung ggf. auch der Diese Zielgruppe wird bislang weder von NRW.BANK) in NRW eingerichtet werden.27 den mittelständischen Beteiligungsgesell- Für beide Modellvarianten werden Volumen schaften – die in NRW derzeit ohnehin kein von je 50 Mio € angestrebt.28 Darüber hin- aktives Neugeschäft betreiben – noch von aus plant die NRW.BANK die Auflegung den etablierten Private-Equity-Gesellschaften eines NRW-Mittelstandsfonds, der 75 Mio € schwerpunktmäßig angesprochen. Einzelne für Investitionen in den Mittelstand in NRW Angebote wie zum Beispiel der KfW-IKB- in Höhe von 1 bis 7 Mio € je Engagement Mezzanine-Fonds, das Angebot der Private zur Verfügung stellen soll. Equity GmbH, Düsseldorf, das Private- Equity-Angebot der Beteiligungsgesell- Bereits am Markt befindet sich ein im Jahr schaften der Sparkasse Köln und auch die 2002 gemeinsam von der KfW und der Pilotfonds der KfW sowie das geplante IKB aufgelegter Mezzanine-Fonds29. Dieser Angebot der NRW.BANK zielen jedoch bundesweit operierende Fonds mit einem bereits auf diesen Markt. Volumen von 100 Mio € zielt explizit auf das oben genannte Segment von Unter- nehmen des größeren Mittelstands mit einem jährlichen Umsatz von 50 Mio € bis zu 30 Siehe Broschüre „IKB Mezzanine-Fonds“. Verfügbar unter www.ikb-pe.de. Im Geschäftsbericht der IKB 2002/3 (S. 101) wird dagegen ein Mindestvolumen von 5 Mio € angegeben. 31 Auskunft von Herrn Christoph Borges, Geschäfts- 26 Vgl. Pressemitteilung der KfW vom 4. März 2004. führer IKB Mezzanine GmbH, am 15. September 2003. 27 32 Die Autoren danken Herrn Gerhard Steinkamp von Telefongespräch mit Dr. Jörg Fischer, KfW, am 15. September 2003. der S Venture Capital GmbH Dortmund, Herrn 28 Vgl. KfW (2003), S. 19. Patrick Marous von der Conpair Portfolio-Manage- 29 Auskunft von Herrn Christoph Borges, ment GmbH und Herrn Dr. Jürgen Lange vom Geschäftsführer IKB Mezzanine GmbH, Zentralbereich Beteiligungen der Stadtsparkasse am 15. September 2003. Köln für ihre Gesprächsbereitschaft. 20 Perspektiven in NRW
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