EILDIENST 9 /2014 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
EILDIENST 9 /2014 Aus dem Inhalt: Kommunale Integrationszentren/Integrationsförderung Gemeindefinanzierungsgesetz 2015 (GFG 2015) Die Kreise in Nordrhein-Westfalen nach der Kommunalwahl 2014
Auf ein Wort Ruhe im kommunalen Finanzausgleich? Der Entwurf der Landesregierung für den kommunalen Finanzausgleich im Jahre 2015 – das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2015 – liegt dem Landtag zur Beratung vor. Mit ihm erwartet die Landesregierung, dass politische Ruhe einkehrt: Nach drei wissenschaftlichen Gutachten – ifo 2008, Junkernheinrich/Micosatt 2011, FiFo 2013 – und den politischen wie gerichtlichen Auseinandersetzungen der letzten Jahre müsse Schluss sein mit Zweifeln an der Mittelverteilung im Lande. Der Verfas- sungsgerichtshof habe diese – zuletzt bezogen auf das Jahr 2011 – für mit der Landes- verfassung vereinbar gehalten. Worum geht es? Die 9,6 Milliarden Euro, die das GFG an die Kommunen verteilt, betra- gen mehr als ein Siebtel der für den Landeshaushalt 2015 vorgesehenen Finanzmittel. Ein durchaus enormer Betrag – was von Landespolitikern mit jährlicher Regelmäßigkeit gefeiert wird. Letztlich gibt das Land damit aber einschließlich etwa 9,7 Milliarden Euro sonstiger Zuweisungen an die kommunale Ebene nur etwa 30 Prozent seiner Mittel an die Kommunen, die über 50 Prozent aller staatlichen Aufgaben im Lande erfüllen. Dass die Mittelverteilung jedenfalls zur strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen führt, ist offensichtlich. Dies wurde auch im Junkernheinrich/Lenk-Gutachten der Lan- desregierung anerkannt. Die Tatsache, dass die durch die Verbundsatzsenkungen der Achtziger Jahre von 28,5 auf (nominal) 23 v.H. den Kommunen vorenthaltenen Finanzmittel den kommunalen Kassenkrediten und dem Investitionsstau der Gegenwart mit über 50 Milliarden Euro entsprechen, zeigt, dass eine Beendigung der kommunalen Unterfinanzierung allein durch eine Anhebung des Verbundsatzes auf 28,5 v.H. möglich ist. Solange dies aber nicht erfolgt, ist die Auseinandersetzung um die zu kurze Decke vorprogrammiert, legitim und notwendig: Denn die Einseitigkeit, die das Land bei der Aufteilung der Mittel zwischen sich und der kommunalen Gesamtheit praktiziert, setzt es bei der Verteilung unter den Kommunen fort. Das Land bevorzugt dabei seit Jahren diejenigen kommunalen Gebietskörperschaften, die sich – übrigens seit Jahrzehnten – „im Strukturwandel“ befinden. Nachdem das ifo-Gutachten 2008 festgestellt hatte, dass das GFG grunddatenaktualisiert und insbe- sondere der Soziallastenansatz erhöht werden müsse, tat das Land dies, obwohl wissenschaftlich – wie Junkernheinrich/Micosatt 2011 offenlegten – längst feststand, dass die Aktualisierung eines Teils eines schiefliegenden Systems kein stimmiges Gesamt- system ergibt. Längst war festgestellt worden, dass der Soziallastenansatz falsch verortet ist, da die Kreise im kreisangehörigen Raum die maßgeblichen Kostenträger im Sozialbereich sind. Für den Fall, dass man die Fehlverankerung trotzdem beibehalte, war ergänzend herausgestellt worden, dass die seit den frühen achtziger Jahren schlicht fortgeschriebene Aufteilung der Gesamt- schlüsselmasse auf die drei Teilschlüsselmassen für Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände aktualisiert werden müsse. Letz- teres entsprach bereits der einstimmigen Empfehlung der ifo-Kommission und wurde durch das FiFo-Gutachten der Landesregie- rung 2013 bestätigt. Der FiFo-Gutachter leitet dabei – inhaltlich orientiert an den Feststellungen der ifo-Kommission eine konkrete Aufteilung der Schlüsselmassendotierung ab. Gleichwohl plant die Landesregierung, nur einen Teil ihres eigenen FiFo-Gutachtens umzusetzen und lediglich die Grunddaten zur Verteilung der Mittel in der einheitlichen Gemeindeschlüsselmasse zu aktualisieren, die relative Dotierung der einzelnen Teilschlüs- selmassen, auf die die Ansätze bezogen sind, jedoch nicht. Die Ansätze in der Gemeindeschlüsselmasse verteilen damit deutlich mehr an Mitteln, als in einem nach FiFo vollständig aktualisierten System. Damit wirkt der Verteilungsmodus immer stärker zugunsten der kreisfreien Städte: Denn wie viel Geld auch immer in die einheitliche Gemeindeschlüsselmasse gerät, es wird über den hohen Soziallastenansatz und den nach Einwohnerzahl veredelten Hauptansatz zunehmend durch die kreisfreien Städte abge- sogen. Die Wirkung dieser – wegen Nichtvornahme der Teilschlüsselmassenanpassung – inkonsistenten Teilumsetzung des FiFo-Gutach- tens wird durch zwei weitere, nicht haltbare Annahmen im GFG verstärkt: Zum einen sollen Städte einen mit der Einwohnerzahl steigenden Pro-Kopf-Bedarf haben. Dies widerspricht dem betriebswirtschaftlichen Grundsatz der Fixkostendegression, nach dem der Aufwand für eine Leistungseinheit mit wachsender Stückzahl sinkt. Zum anderen sollen zwar die Pro-Kopf-Bedarfe mit wach- sender Einwohnerzahl steigen, nicht aber die Einnahmekraft: Die empirisch feststellbaren, höheren Steuereinnahmen, die aus der Infrastruktur-Clusterung in den großen Städten resultieren, sollen nicht berücksichtigt werden. Nach Gemeindegröße differenzier- te fiktive Hebesätze sollen sich nach dem Willen der Landesregierung ausschließen. Statt die erstgenannte Annahme also zumindest konsequent zu Ende zu denken und auf die These mit Einwohnerzahl steigender Pro-Kopf-Bedarfe mit einer Akzeptanz der nach Einwohnerzahl steigenden Einnahmekraft zu reagieren, wird ein nicht konsistentes Zerrbild gepflegt: Die Einwohnerzahl soll auf die Bedarfe wirken, nicht aber auf die Einnahmekraft. Die Nichtvornahme der Teilschlüsselmassenanpassung bei Fortsetzung der Einwohnerveredelung und Ablehnung differenzierter fiktiver Hebesätze benachteiligt den kreisangehörigen Raum in Nordrhein-Westfalen in jedem Jahr um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Die Folgen wiegen von Jahr zu Jahr schwerer. Politische Ruhe beim kommunalen Finanzausgleich wird so nicht erreicht. Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Nordrhein-Westfalen 285
Inhalt EILDIENST 9 /2014 Auf ein Wort Wort 285 Themen aktuell ektuell Kavalleriestraße 8 40213 Düsseldorf Tagung „Städte- und Kreispartnerschaften 2.0“: Rats- und Kreistagsmitglieder Telefon 0211/ 300 491-0 aus NRW diskutierten über die Zukunft von Städte- und Kreispartnerschaften 289 Telefax 02 11/ 300 491-660 E-Mail: presse@lkt-nrw.de Evaluierung und Novellierung des Konnexitätsausführungsgesetzes 289 Internet: www.lkt-nrw.de Eckpunkte zum Entwurf des Impressum Gemeindefinanzierungsgesetzes 2015 (GFG 2015) 298 EILDIENST – Monatszeitschrift des Landkreistages Aus dem Landkreistag Nordrhein-Westfalen Herausgeber: 5. Kreistagsforum des Landkreistages NRW: Schulische Inklusion, Hauptgeschäftsführer Eingliederungshile für Menschen mit Behinderungen und Dr. Martin Klein Schulsozialarbeit im Mittelpunkt 300 Redaktion: Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn Die Kreise in Nordrhein-Westfalen nach der Kommunalwahl 2014 302 Beigeordneter Reiner Limbach Referent Dr. Markus Faber Referentin Dr. Andrea Garrelmann Schwerpunkt: Referentin Dorothée Heimann Hauptreferent Dr. Christian v. Kraack Kommunale Integrationszentren/ Referentin Dr. Esther Rabeling Referent Dr. Kai Zentara Integrationsförderung Quelle Titelbilder: Kommunale Integrationszentren und Integrationsförderung 307 Thomas Fuest/Kreis Höxter Kreis Warendorf Kreis Viersen Das Kommunale Integrationszentrum Euskirchen stellt sich und seine Projekte vor 310 Redaktionsassistenz: Astrid Hälker Der Kreis Warendorf setzt auf Durchgängige Sprachbildung 311 Heike Schützmann Monika Borgards Konsequente Weiterentwicklung und Bündelung Herstellung: der Integrationsarbeit im Rhein-Kreis Neuss 313 ALBERSDRUCK GMBH & CO KG Leichlinger Straße 11 Der Start in eine neue Aufgabe im Kreis Gütersloh 315 40591 Düsseldorf Rucksack in der KiTa – ISSN 1860-3319 Stärkung der Sprach- und Elternbildung im Kindergarten 317 Kommunales Integrationszentrum im Oberbergischen Kreis – nur gemeinsam mit den Kommunen 319 Das Kommunale Integrationszentrum im Rhein-Erft-Kreis als neuer Akteur der Integrationsarbeit 321 Kreis Lippe – Aufbau eines KI im ländlichen Raum ohne RAA-Geschichte 323 Ehrenamtliche sind unverzichtbar für erfolgreiche Arbeit im Kreis Düren 325 „Vom Außenseiter zum gefragten Mitstreiter“ – Migrantenorganisationen als Partner für Integration im Kreis Mettmann 327 Früher Spracherwerb, Netzwerke und erfolgreiche Kreise in Nordrhein-Westfalen interkulturelle Öffnung in Siegen-Wittgenstein 329 286
Inhalt EILDIENST 9 /2014 Ein Grund zum Feiern: 23 Jahre RAA plus zwei Jahre Kommunales Integrationszentrum = 25 Jahre Jubiläum 331 Kommunales Integrationszentrum Kreis Höxter: Integration lebt vom Mitmachen 334 Kulturelle Vielfalt als Reichtum und Chance begreifen 337 Im Fokus Inklusion in der StädteRegion Aachen 339 Medien-Spektrum: Aktuelle Pressemitteilungen Forderung der NRW-Kreise zur Mautdiskussion: Bund muss Gesamtkonzept zur Straßenfinanzierung liefern 341 Spitzenverbände plädieren für Nachbesserungen: „Hilfen des Landes für unwettergeschädigte Kommunen sind ein notwendiger und nützlicher Beitrag“ 341 Forderung der kommunalen Spitzenverbände in NRW „Schutz der kommunalen Finanzausstattung verbessern – Konnexitätsausführungsgesetz fortschreiben“ 341 Kurznachrichten Allgemeines Verborgene Schätze mit Finanz- und Verwaltungsexpertise 342 Arbeit und Soziales Gestiegene Bruttoausgaben für Sozialhilfe in NRW 343 Mehr Sozialhilfeempfänger im Jahr 2013 343 Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Jahr 2013 gestiegen 343 Pflege und Beruf im Ennepe-Ruhr-Kreis: Servicemappe liefert Informationen 344 Zahl der Auszubildenden in NRW im fünften Jahr rückläufig 344 Bauen und Planen Neue Kooperation bei Vergaben im Kreis Siegen-Wittgenstein 344 Niedrigere Preise für Bauland in NRW 344 Familie, Kinder und Jugend Mehr Gefährdungseinschätzungen durch die NRW-Jugendämter im Jahr 2013 344 Tätigkeitsbericht 2013 der Beratungsstelle für Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikte im Rhein-Kreis Neuss 345 287
Inhalt EILDIENST 9 /2014 Gesundheit Weniger Todesfälle durch Drogenmissbrauch 345 Kultur Neue Themen-Radtouren im Rheinland 345 Deutlicher Besucherzuwachs auf der Burg Altena 345 Der neue „Märker“ zum Thema „100 Jahre Erster Weltkrieg“ ist erschienen 346 Schule und Weiterbildung Zahl der Absolventen an NRW-Hochschulen erreicht neuen Höchststand 346 Mehr Personal an NRW-Hochschulen 346 NRW-Hochschulen: 2012 kamen 7,3 Prozent der Studierenden aus dem Ausland 347 Die Herausforderungen der Inklusion meistern 347 Umwelt NRW-Industrie: Umweltschutzinvestitionen gesunken 347 Mehr Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen im Jahr 2013 347 Wirtschaft und Verkehr Arbeitskosten und Produktivität in NRW über Bundesdurchschnitt 348 Hinweise auf Veröffentlichungen Veröffentlichungen 348 288
Themen aktuell Tagung „Städte- und Kreispartnerschaften 2.0“: Rats- und Kreistagsmitglieder aus NRW diskutierten über die Zukunft von Städte- und Kreispartnerschaften Am 28. August 2014 trafen sich auf Einladung von NRW-Europaministerin Dr. Angelica Schwall-Düren und den drei kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Stadträten, Kreistagen, Verwaltung und Zivil- gesellschaft in der Geschäftsstelle des Landkreistags NRW in Düsseldorf, um die Zukunft von Städte- und Kreispartnerschaften zu erörtern. D ie Tagung „Städte- und Kreispart- nerschaften 2.0“ bot den teilweise neu gewählten Rats- und Kreistagsmit- gliedern die Gelegenheit, das Thema mit Kolleginnen und Kollegen zu vertiefen und Ideen für zukünftige Projekte zu sammeln. Ministerin Dr. Schwall-Düren erklärte zur Begrüßung, dass Städte- und Kreispartner- schaften ein wichtiges Instrument seien, um den europäischen Gedanken für die Podiumsdiskussion zwischen Dr. Stephan Koppelberg, Dr. Angelika Kordfelder, Dagmar Mühlenfeld und Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren (v.r.). Veranstaltung gerade den Kreisen, für die Stadt Rheine) und Dr. Stephan Koppel- die aktive Gestaltung von Partnerschaften berg (Leiter der Vertretung der Europä- mitunter schwieriger sei als für die Städte ischen Kommission in Bonn) zum Thema und Gemeinden, helfen könne, Kreispart- „Neue Wege für die Städte- und Kreis- nerschaften (wieder) mit neuem Leben zu partnerschaften durch interkommunale füllen. Kooperation“. Gemeinsam zeigten sie sich Landkreistagspräsident Thomas Hendele Im Podiumsgespräch diskutierten Ministe- überzeugt, dass Städte- und Kreispart- zu Städte- und Kreispartnerschaften. rin Schwall-Düren, Dagmar Mühlenfeld nerschaften ein wichtiger Bestandteil des (Vorstandsmitglied des Städtetages NRW europaweiten Erfahrungsaustauschs und Bürgerinnen und Bürger vor Ort konkret und Oberbürgermeisterin der Stadt Mül- des europäischen Bewusstseins seien. erfahrbar zu machen. Der Präsident des heim a. d. Ruhr), Dr. Angelika Kordfelder Landkreistags NRW, Landrat Thomas Hen- (Vertreterin des Städte- und Gemeinde- EILDIENST LKT NRW dele, wies ergänzend darauf hin, dass die bundes NRW und Bürgermeisterin der Nr. 9/September 2014 13.60.10 Evaluierung und Novellierung des Konnexitätsausführungsgesetzes Am 29.08.2014 fand auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion (Drs. 16/4829) eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kommu- nalpolitik unter dem Thema „Landesregierung darf Evaluierung und Novellierung des Konnexitätsausführungsgesetzes nicht weiter verschleppen“ statt. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat im Vorfeld hierzu eine gemeinsame Stellung- nahme abgegeben, die nachstehend dokumentiert wird. D as Konnexitätsausführungsgesetz (KonnexAG) war ursprünglich bis zum 31.12.2012 befristet, um eine Überprü- vom Ministerium für Inneres und Kommu- nales die Evaluation des Gesetzes einge- leitet. Mit Schreiben vom 16. Januar 2012 rungsnotwendigkeiten benannt. Auch wenn die Vorlage des Evaluationsberichts fung der Erfahrungen mit diesem Gesetz haben die kommunalen Spitzenverbände 1 Vgl. Gesetzesbegründung, Lt-Drs. 13/4424, sicherzustellen.1 Ende 2011 wurde daher ihre Vorschläge übermittelt und Ände- S. 18. 289
Themen aktuell vertagt und das KonnexAG im Verlaufe 6. Die kommunalen Spitzenverbände gabenübertragung bzw. -veränderung des Jahres 2012 entfristet wurde, haben müssen in die Lage versetzt werden, selbst keine Bedenken haben, eine die von uns damals vorgenommenen auf der Grundlage einer nachvollzieh- gesonderte gerichtliche Überprüfung Bewertungen nach wie vor Bestand. Der baren Kostenabschätzung mit dem (z. B. vor dem OVG NRW) ermöglicht seitens der Landesregierung vorgelegte Land einen konsensorientierten part- werden (III. 8.). Evaluationsbericht bleibt daher weit hinter nerschaftlichen Dialog zu führen. Die 12. Die einschlägigen verfassungsrecht den Erwartungen der Kommunen zurück für Zwecke der Kostenschätzung sei- lichen und einfachgesetzlichen Vorga- Mit der Vorlage dieses Berichts kann der tens des Landes getroffenen Annah- ben sollten für den Fall, dass nachträg- Evaluationsprozess nicht abgeschlos- men als auch die zugrunde gelegten lich eine wesentliche Abweichung der sen sein. Auch wenn sich das KonnexAG Erfahrungswerte müssen deshalb künf- tatsächlichen Kostenentwicklung von grundsätzlich bewährt hat, besteht in eini- tig detailliert und nachvollziehbar für der Kostenfolgeabschätzung festge- gen wichtigen Punkten Änderungs- und die Kommunen dokumentiert werden stellt wird, dahingehend geändert wer- Verbesserungsbedarf. (III. 5.). den, dass der entsprechende finanzielle Diese Änderungs- und Verbesserungs 7. Es sollte geprüft werden, ob bei Kosten- Ausgleich ab Eintritt der wesentlichen bedarfe lassen sich wie folgt zusammen- folgeabschätzungen und Kostenüber- Abweichung angepasst wird (IV.). fassen: prüfungen nach dem KonnexAG in 13. Um die Vertretung der kommunalen Anlehnung an das auf Bundesebene Interessen in Verfahren vor dem Ver- I. Zusammenfassung angewandte Standardkosten-Modell fassungsgerichtshof NRW, in denen mehr Routinen geschaffen werden eine Verletzung des Konnexitätsprin- 1. Hat das Land den Kommunen eine können (III. 6. a). zips gerügt wird, zu verbessern, soll- Aufgabe zugewiesen, hat es damit 8. Der Regelzeitraum von fünf Jahren, te die Möglichkeit eines Beitritts der zugleich die Verantwortung für künf- innerhalb dessen eine Kostenfolgeab- kommunalen Landesverbände zu den tige Änderungen und Erweiterun- schätzung spätestens zu überprüfen betreffenden Verfahren eröffnet wer- gen jener Aufgabe übernommen und ist, sollte dahingehend ergänzt wer- den. Entsprechendes sollte für den Fall kann die Konnexitätspflicht nicht mit den, dass den kommunalen Spitzen- vorgesehen werden, dass der Gesetz- dem Argument verneinen, dass in der verbänden das Recht gewährt wird, geber die Möglichkeit einer geson- Folge eintretende quasi-automatische eine Überprüfung ausnahmsweise derten gerichtlichen Überprüfung der Aufgabenänderungen ihm nicht zure- schon nach zwei Jahren zu verlangen Kostenfolgeabschätzung eröffnet (V.). chenbar seien. In diesem Sinne sollte (III. 6. b). gesetzlich klargestellt werden, dass das 9. Für Fälle, in denen Kostenprognosen II. Verfassungspolitische Konnexitätsprinzip auch im Falle der im Dissens mit den kommunalen Spit- Ausgangslage europa- oder bundesrechtlich veranlas- zenverbänden durchgesetzt worden sten Übertragung bzw. wesentlichen sind und sich im Nachgang als unzu- Da anlässlich der Evaluation des Konnex Änderung einer Aufgabe gilt, die den treffend erweisen, sollte im KonnexAG AG auch eine grundlegende Diskussion Kommunen aufgrund einer neuen oder eine rückwirkende Korrektur vorgese- über die Erfahrungen mit den verfassungs- bestehenden landesrechtlichen Zustän- hen werden. Sind die nicht zutreffen- rechtlichen Konnexitätsregeln geführt digkeitszuweisung obliegt (dazu näher den Annahmen im Konsens getrof- wird, stellen wir unserer Stellungnahme unter III. 1.). fen worden, sollte eine rückwirkende einige Bemerkungen zur verfassungspoli- 2. Um Rechtsunsicherheiten zu vermei- Korrektur und die Verständigung auf tischen Ausgangslage und den bisherigen den, sollte der dem KonnexAG zugrun- den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt Erfahrungen voran. deliegende Aufgabenbegriff präzisiert einvernehmlich erfolgen bzw. noch Das Konnexitätsprinzip, kurz „Wer bestellt, werden, indem der Zusatz „übertrag- während der Kostenfolgeabschätzung bezahlt!“ hat einen bemerkenswerten bare“ in § 1 Abs. 1 S. 1 KonnexAG verbindlich verabredet werden können Bewusstseinswandel angestoßen: Sowohl gestrichen wird (III. 2.). (III. 6. c). bei den Entscheidungsträgern im Land als 3. Der Schutzzweck des Konnexitätsprin- 10. Die geltenden Regelungen zum Kon- auch in der breiten Öffentlichkeit gibt es zips gebietet es, dessen Anwendung nexitätsprinzip sollten um Regelungen inzwischen eine große Sensibilität dafür, nicht auf Gesetz- und Verordnungsent- zu einem nachträglichen Kostenermitt- dass die Übernahme neuer Aufgaben und würfe zu beschränken. Soweit Verwal- lungsverfahren ergänzt werden. Dazu Standardverschärfungen entsprechende tungs- und Ausführungsvorschriften gehören insbesondere eine angemesse- Belastungen der öffentlichen Haushalte Aufgaben übertragen oder bestehende ne Verlängerung der ansonsten einjäh- nach sich ziehen. Sollen fachlich gebote- Aufgaben verändern, muss das Kon- rigen Kommunalverfassungsbeschwer- ne Gesetzgebungsideen nicht versanden nexitätsprinzip ebenfalls Anwendung defrist für diese Fälle, die Normierung oder an einer unzureichenden Finanzie- finden (III. 3.). eines separaten Verfahrens vor dem rung scheitern, muss sich der Gesetzgeber 4. Die sog. Wesentlichkeitsschwelle, Verfassungsgerichtshof NRW und die schon im Gesetzgebungsverfahren damit oberhalb derer ein Belastungsausgleich gesetzliche Gewährleistung einer Rück- befassen, wie die neuen oder geänderten gewährt wird (0,25 Euro/Einwohner), wirkung eines nachträglich verabrede- Aufgaben finanziert werden sollen. Das sollte im KonnexAG selbst normiert ten Mehrbelastungsausgleichs (III. 7.). entspricht – von der Idee her – auch dem werden (III. 4.). 11. Unbeschadet der Option zur verfas- Gebot einer nachhaltigen, auf langfristige 5. Im Zusammenhang mit der Kumulati- sungsgerichtlichen Überprüfung des Stabilität angelegten Finanzwirtschaft. Nur on einzelner Gesetzesvorhaben ist auf konnexen Ausgleichs sollte kommu- wenn die Entscheidungsträger die Kosten Seiten der Landesregierung eine Stelle nalen Gebietskörperschaften, die einer der Gesetzgebung kennen, kann eine einzurichten, die die jeweiligen gesetz- Kostenfolgeabschätzung und einem ernst gemeinte Debatte gelingen, die den geberischen Maßnahmen nachhält darauf beruhenden Belastungsaus- Bestand staatlicher Aufgaben regelmäßig und die entsprechenden Konten führt gleich nicht folgen können, obwohl hinterfragt und an die Finanzierungsmög- (III. 4.). sie gegen die zugrunde liegende Auf- lichkeiten des Staates anpasst. 290
Themen aktuell Trotz dieser Zielsetzung und obwohl die Festlegung der Grundsätze der Kosten Spitzenverbände in diesem Zusammen- Verfassung für Landtag und Landesregie- folgeabschätzung als auch die Regelung hang ausdrücklich auf die Gefahr der rung gleichermaßen bindend ist, sehen von Bestimmungen über die Beteiligung zukünftigen Schaffung kostenträchtiger sich kommunale Vertreter, wenn sie in der kommunalen Spitzenverbände sind Aufgaben hingewiesen wurde und in der ihrer Funktion auf bestehende Konnexi- daher zwingender Kerngehalt des Ausfüh- Begründung des Gesetzentwurfes (Drs. tätsansprüche der Kommunen verweisen, rungsgesetzes. 14/4973) deshalb die Einhaltung des nicht selten mit dem pauschalen Vorwurf Jenseits des verfassungsrechtlichen Kerns Konnexitätsprinzips zugesichert wurde4, der „Verhinderer“ oder „Blockierer“ kon- ist der Landesgesetzgeber aber frei darin, ist es in der Folgezeit mehrfach dazu frontiert. Auch nach einem Jahrzehnt über den in den Konnexitätsregeln der gekommen, dass spätere Aufgaben und Praxiserfahrung hört man von Entschei- Landesverfassung und den im gegenwär- Standards ohne entsprechenden Bela- dungsträgern des Landes immer wieder tigen KonnexAG statuierten Schutz hinaus stungsausgleich auf die Kreise und kreis- das – bisweilen vorwurfsvolle – Bedauern, einfachgesetzlich einen zusätzlichen oder freien Städten verlagert worden sind (z. durch die Konnexitätsregeln würden fach- weitergehenden Schutz der kommunalen B.: GrundwasserVO, Oberflächenge- lich sinnvolle Regelungen verhindert. Finanzausstattung zu gewährleisten. wässerVO). Beklagt wird weiter der mit der notwendi- • Auch bei der Umsetzung bundesrecht- gen Kostenfolgeabschätzung verbundene III. Zu den Regelungen des lich veranlasster Veränderungen im Vor- Prognoseaufwand. Angesichts der unter- Konnexitätsausführungsge- mundschafts- und Betreuungsrecht wird schiedlichen Herangehensweisen der Res- landesseitig die Notwendigkeit eines sorts hat sich hier bis heute keine Progno- setzes Mehrbelastungsausgleichs bestritten. seroutine etablieren können. Nicht selten 1. Zu §§ 1 und 2 KonnexAG Mit dem (Bundes-)Gesetz zur Änderung wird seitens der Landesvertreter implizit (Anwendbarkeit des Konnexitätsprinzips) des Vormundschafts- und Betreuungs- mit anderweitigen Kürzungen kommunaler rechts wurde in § 55 Abs. 2 SGB VIII Finanzuweisungen gedroht, da für insge- Vorschlag: ein strengerer Personal-Fachschlüssel samt höhere Zuweisungen an die Kommu- Es sollte in § 2 Abs. 1 Satz 2 KonnexAG von maximal 1:50 je Vollzeitkraft bei der nen kein Geld da sei. Vor diesem Hinter- klargestellt werden, dass das Konnexi- Wahrnehmung von Vormundschaften grund trifft man in jüngerer Zeit auf das tätsprinzip auch im Falle der europa- oder oder Pflegschaften geregelt. Da entspre- Argument, durch die Konnexitäts regeln bundesrechtlich veranlassten Übertragung chende Vormund- oder Pflegschaften könnten letztlich „ungerechte Verteilungs- bzw. der wesentlichen Änderung von Auf- qua einer Landeszuständigkeitsregelung ergebnisse“ befördert werden, wenn der gaben gilt, die den Kommunen aufgrund in die Aufgabenträgerschaft der Kom- finanzkraftunabhängige Belastungsaus- einer neugeschaffenen oder bestehenden munen fallen, entsteht bei den kommu- gleich langfristig zu Lasten des – verfas- landesrechtlichen Zuständigkeitszuwei- nalen Jugendämtern seitdem erheblicher sungsrechtlich weniger gut abgesicherten sung obliegen. Gleiches sollte bei sonsti- personeller Mehraufwand. – kommunalen Finanzausgleichs und damit gen Aufgabenübertragungen oder -ände- Mit Blick auf § 2 Abs. 1 KonnexAG sehen zu Lasten der finanzschwächeren Kommu- rungen, wie etwa gesetzlichen Vorgaben wir daher Regelungs- und Klarstellungsbe- nen ginge.2 zur Beachtung des jeweiligen „Stands der darf. Die Antwort auf all dies kann freilich nicht Technik“ oder automatisch wirkenden Diese Norm lautet bisher: „Die Aufga- sein, das Rad zurückzudrehen, damit der Dynamisierungsklauseln, gelten. benübertragung betrifft Pflichtaufgaben Landesgesetzgeber ohne Kostentrans- und pflichtige Selbstverwaltungsaufga- parenz freimütig Aufgabenstandards zu Begründung: ben. Wenn aufgrund europa- oder bun- Lasten der Landes- und/oder der Kommu- Soweit kommunalen Aufgabenträgern desrechtlicher Regelungen eine Aufga- nalhaushalte schaffen und so der notwen- seitens des Gesetzgebers Auffang- oder ben unmittelbar den Gemeinden oder digen Aufgaben- und Kostenabdeckung Grundzuständigkeiten zugewiesen sind, Gemeindeverbänden übertragen wird, ausweichen kann. Im Übrigen hätte es können ihnen im Ergebnis neue oder findet das Konnexitätsprinzip nur insoweit der Landesgesetzgeber selbst in der Hand, erweiterte Aufgaben zuwachsen, die sich Anwendung, als dem Land zur Umsetzung auch den kommunalen Finanzausgleich als aus der Änderung europa- oder bundes- ein eigener Gestaltungsspielraum bleibt zweite Säule der kommunalen Finanzaus- rechtlicher Regelungen ergeben, ohne und dieser genutzt wird.“ stattung verfassungsrechtlich besser abzu- dass hierfür eine erneute landesgesetzliche Schon von ihrem Wortlaut bezieht sich sichern. Die seit langem von uns eingefor- Zuständigkeitsregelung erforderlich ist. In diese Vorschrift nur auf den unmittelbaren derte verfassungsrechtliche Mindestfinanz- diesen Fällen hat das Land bisher regelmä- Regelungsdurchgriff durch Europa- oder ausstattungsgarantie oder die Streichung ßig und teils trotz anderslautender Beteue- Bundesrecht. Wird die Aufgabenübertra- des sog. Leistungsfähigkeitsvorbehalts in rungen im Vorfeld die Anwendbarkeit der gung oder -änderung durch eine beste- Art. 79 Satz 2 der Landesverfassung wären Konnexitätregeln verneint: hende oder neu geschaffene Landeszu- dazu ein wichtiger Schritt. • Beispielhaft sei auf die Verwaltungs- ständigkeitsnorm vermittelt, liegt gerade Die bisher durchgeführte Evaluation strukturreform NRW verwiesen, mit der keine unmittelbare Aufgabenübertragung befasst sich ausschließlich mit dem Kon- unter anderem weitgehende Zuständig- durch bundes- oder europarechtliche Nor- nexAG und nicht mit den verfassungs- keiten im Bereich des Umweltrechts auf men vor. Mit dem 2006 geschaffenen Auf- rechtlichen Regelungen selbst. Dabei ist zu die Kreise und kreisfreien Städte übertra- gabenübertragungsverbot in Art. 84 Abs. beachten, dass das KonnexAG als solches gen wurden. Unter anderem wurde in § 1 Satz 7 GG dürfte § 2 Abs. 1 Satz 2 Kon- selbst nicht zur Disposition steht, da seine 1 Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Notwendigkeit schon in der Verfassung Umweltschutz (ZustVU) eine Auffang- 2 Vgl. Oebbecke, Das Konnexitätsprinzip – festgeschrieben ist. Obwohl das Konnex bzw. Grundzuständigkeit der unteren Nutzen und Probleme, in: GemH 9/2014, 145 AG einfaches Gesetz ist und damit auch Umweltschutzbehörden geschaffen, die (146). vom Landesgesetzgeber geändert werden greift, soweit keine andere Zuständig- 3 VerfGH, Urt. v. 23.03.2010 – VerfGH 29/08. kann, sind zentrale Inhalte schon von Ver- keitsbestimmung vorgenommen worden 4 Vgl. Gesetzesbegründung, LT-Drs. 14/4973, fassung wegen vorgegeben.3 Sowohl die ist. Obwohl von Seiten der kommunalen S. 200. 291
Themen aktuell nexAG daher weitgehend gegenstandslos Standardzuwachs bei den Kommunen den Landeshaushalt einerseits und fach- geworden sein. Dieser Satz sollte schon aus ursächlich, dabei ist es aus der Perspek- lichem Regelungsbedürfnis andererseits diesem Grund entfallen. tive der schutzbedürftigen Kommunen führt das ggf. dazu, dass auf Aufgaben Der Normtext führt aber auch generell zu unerheblich, aus welchen Gründen das oder Standards möglicherweise verzich- Missverständnissen. Er suggeriert näm- Land eine Aufgabe auf sie überträgt. tet wird (Präventivfunktion). Damit wird lich, dass es zu einer Anwendbarkeit der • Es entspricht daher dem Schutzgedan- den Kommunen eine Kostenbelastung Konnexitätsregeln nur bei einem Gestal- ken des Art. 78 Abs. 3 LV NRW, in die- erspart, die ohne die Konnexitätsregeln tungsspielraum des Gesetzgebers kommen sen Fällen die Konnexitätsregeln eingrei- angefallen wäre9. könne. Dazu trägt auch die Gesetzesbe- fen zu lassen. Die Schutzfunktion würde • Beide Funktionen sind auch angesichts gründung bei: Dort heißt es, dass das Land anderenfalls von zeitlichen Abläufen der Schuldenbremse von erheblicher einen Ausgleich nur dann leiste, wenn „die und Zufällen sowie dem Zuschnitt der Bedeutung für die Landeshaushaltspoli- Aufgabenübertragung dem Land ursäch- Landeszuständigkeitsnormen selbst ab tik, sie dürfen aber – auch im Verhält- lich zugerechnet werden“ könne. Würden hängen. Wenn spätere Aufgabener- nis zur Schutzfunktion des Konnexitäts- Inhalt und Umfang gemeindlicher Auf- weiterungen durch bundes- oder euro- prinzips – nicht überhöht werden: Der gaben durch Bundes- oder Europarecht parechtliche Regelungen als nicht vom Gesetzgebungshistorie und den Materi- bestimmt oder würden durch Landesrecht Willen des Landes umfasst angesehen alien zur Schaffung des strikten Konne- lediglich bundes- oder europa-rechtliche werden, könnte das Land über weite xitätsprinzips in der Landesverfassung Vorgaben umgesetzt, ohne dass ein eige- Zuständigkeitsnormen den zukünftigen NRW ist zu entnehmen, dass mit „der ner Gestaltungsspielraum des Landes ver- Schutzumfang des Konnexitätsprinzips Einführung des Konnexitätsprinzips in bleibe und genutzt werde, sei das nicht der künstlich beschneiden und mit engen die Verfassung […] sichergestellt wer- Fall.5 Zuständigkeitsnormen erweitern. Der den [soll], dass die Kommunen zukünf- In der Folge ist die Konnexitätsrelevanz – der Verfassungsgerichtshof hat daher tig vor Aufgabenübertragungen ohne mit dem Argument eines fehlenden Gestal- zu Recht darauf hingewiesen, dass „bei konkreten Ausgleich der zusätzlichen tungsspielraums – auch für solche Fälle Ablösung einer bundesgesetzlichen Auf- finanziellen Belastungen geschützt wer- bestritten worden, in denen das Land gabenübertragungsnorm durch eine den“. Der Umstand, dass dies auch „zu • eine Zuständigkeitsnorm zur Umsetzung landesrechtliche Zuständigkeitsregelung einer Schärfung des Kostenbewusstseins der europa- oder bundesrechtlichen in den Blick zu nehmen ist, dass das führt“ und damit „auch ein Beitrag dazu Vorgaben erlässt oder Konnexitätsprinzip bei der vorhergehen- • eine solche Zuständigkeitsnorm schon den unmittelbaren Inpflichtnahme der 5 Gesetzentwurf „Gesetz zur Änderung der erlassen hat und in der Folge bundes- Kommunen durch Bundesgesetz keine Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen rechtlich oder europarechtlich geregel- Anwendung gefunden hat“. und zur Regelung eines Kostenfolgeabschät- ten Aufgaben bei den Kommunen „lan- Selbst wenn dem Erfordernis eines Gestal- zungs- und eines Beteiligungsverfahrens gem. Art. 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land den“. tungsspielraums eine eigenständige Nordrhein-Westfalen“, LT-Drs. 13/4424, Die Frage, ob das viel erörterte Erfordernis Bedeutung zugemessen und es als ein S. 13. eines Gestaltungsspielraums6, das nur im Aspekt der „Zurechenbarkeit“ verstanden 6 Vgl. dazu Höfling, Rechtsfragen der Inklusion einfachgesetzlichen KonnexAG enthalten wird, ändert das nichts am Eingreifen der im Schulbereich, S. 55 ff. mit umfangreichen ist, überhaupt in der Lage ist, den Anwen- Konnexitätsregeln. Für die Annahme eines Nachweisen aus der Literatur. dungsbereich der verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums ist es ausreichend, 7 Verneinend Klaas Engelken, Das Konnexitäts- Garantie zu beschränken, wird angesichts wenn der Landesgesetzgeber die Zustän- prinzip im Landesverfassungsrecht, 2012, Rn. des einschränkungslosen Wortlauts der digkeit theoretisch auch anders hätte 47 ff.; kritisch, da für „systemwidrig“ haltend, auch Kluth, in: Winfried Kluth, Grundlagen Landesverfassung in Teilen der Literatur regeln können, weil es an einem unmit- und Begriffe des Konnexitätsprinzips, in: Bun- mit guten Argumenten verneint.7 telbaren Regelungsdurchgriff des Bundes zel/Hanke (Hrsg.), „Wer zahlt die Zeche?“ • Das Erfordernis eines Gestaltungsspiel- fehlt. So führt der Verfassungsgerichtshof Das Konnexitätsprinzip – richtig angewandt, raums widerspricht der Gesetzgebungs- NRW in seiner KiFöG-Entscheidung aus, 2011, S. 31 (39 f.). intention und -historie, denn es würde dass für den Landesgesetzgeber keine 8 VerfGH, Urt. v. 12.10.2010 – VerfGH 12/09; es Bund und Ländern ermöglichen, Ver- inhaltlichen Vorgaben für die Zuständig- so auch das Verfassungsgericht Brandenburg, träge zu Lasten Dritter – hier: der Kom- keitsbestimmung bestanden hätten und Urt. v. 30.04.2011 – VfGBbg 49/11 –, das die Beibehaltung der Zuständigkeitszuweisung an munen – zu schließen. Dies sollte durch dieser bei der Entscheidung über die Trä- die Kommunen angesichts des zwischenzeit- das grundgesetzliche Aufgabenübertra- gerschaft mithin über einen Gestaltungs- lich weggefallenen bundesgesetzlichen Auf- gungsverbot einerseits und die landes- spielraum verfügt habe.8 gabenübertragungsnorm als eine bewusste verfassungsrechtlichen Konnexitätsre- Auch der Umstand, dass die später entste- Entscheidung des Landesgesetzgebers gewer- geln andererseits aber gerade verhindert henden Kosten zum Zeitpunkt des Erlas- tet hat, „mit der die Aufgabenübertragung werden. Unter diesem Aspekt kann es ses noch nicht sicher abgeschätzt werden […] erneut vom Willen des Landesgesetz gebers umfasst wurde.“ daher nur darauf ankommen, dass das können und daher die Warn- und Präven- 9 Land eine entsprechende Zuständig- tivfunktion des Konnexitätsprinzips nicht Fälle, in denen im Ergebnis eine Aufgaben- übertragung unterblieben ist, sind beispiels- keitsregelung erlässt oder einer beste- vollumfänglich zum Tragen kommen kann, weise der Verzicht auf die Übertragung von henden Zuständigkeitsregel festhält und steht dem hier vertretenen Normverständ- Zuständigkeiten nach dem GeldwäscheG oder mithin neue oder geänderte Aufgaben nis nicht entgegen: auf die Gebührenfreistellung von Fehleinsät- an die Kommunen adressiert. Die Lan- • Die Kostenprognose zum Zeitpunkt der zen im Rettungsdienst. Bei anderen Fällen deszuständigkeitsnorm ist in diesen Fäl- Aufgabenübertragung soll den Landes- – wie beispielsweise beim Notfallsanitäterge- len sozusagen das „Scharnier“ über das gesetzgeber vor dem Gesetzesbeschluss setz – sollen entstehende Kosten vollumfäng- lich durch Gebührentatbestände refinanziert die neuen oder geänderten Aufgaben bei zwar auf die damit verbundenen und werden können. Zur effektiven (Präventiv-) den Kommunen ankommen. Die landes- auszugleichenden Kostenbelastungen Wirkung des Konnexitätsprinzips siehe auch seitig zu verantwortende Zuständigkeits- hinweisen (Warnfunktion). In Abwä- Oebbecke, Das Konnexitätsprinzip – Nutzen zuweisung ist für den Aufgaben- oder gung zwischen Haushaltsbelastung für und Probleme, in: GemH 9/2014, 145 (146). 292
Themen aktuell geleistet [wird], die finanziellen Folgen LPVG-Novellierung verdeutlichten Unklar- und im Sinne einer erfolgreichen Inklu- einer Aufgabenübertragung stärker in heiten zu vermeiden, sollte der Begriff sion angezeigt gewesen wären. das Kalkül des Gesetzgebers einzubezie- „übertragbare“ in § 1 Abs. 1 S. 1 Konnex Da wesentliche oder grundsätzliche Fra- hen“, wird in der Gesetzesbegründung AG gestrichen werden. gen vom Landtag nach den Vorgaben erst nachrangig erwähnt. Diese Vorran- dem Gesetzes- und Parlamentsvorbehalts gigkeit der Schutz- vor der Warn- und 3. Zu § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 KonnexAG vom Gesetzgeber zu entscheiden sind, Präventivfunktion entspricht auch die (Aufgabenübertragung nur Gesetz oder ist eine solche Handhabung staatsrecht- bisherige Handhabung des Konnexi- Rechtsverordnung) lich ohnehin kritikwürdig. In diesen Fällen tätsprinzips durch Landesregierung und wird nämlich regelmäßig ohne Beteiligung Landtag: Bei mehreren Fällen wurde auf Vorschlag: des Parlaments agiert. Eine solche Vorge- die Vorlage einer Kostenfolgeabschät- § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 KonnexAG soll- hensweise läuft aber auch dem Schutzziel zung im Vorfeld des Gesetzesbeschlusses te dahingehend präzisiert werden, dass des Konnexitätsprinzips zuwider. Da auch verzichtet (vgl. dazu auch unten III.7). das Konnexitätsausführungsgesetz nicht Richtlinien, Verwaltungsvorschriften bis • Schließlich ist sich der Landesgesetz- nur auf Gesetz- und Verordnungsentwür- hin zum Ministerialschreiben Standardset- geber in diesen Fällen genauso wie bei fe der Landesregierung und aus der Mitte zungen und damit Aufgabenübertragun- Erlass einer Zuständigkeitsnorm oder gar des Landtages Anwendung findet, sondern gen und/oder -veränderungen gegenüber einer Auffangnorm wie in o.g. ZustVU auch auf Verwaltungs- und Ausführungs- der kommunalen Ebene enthalten können, sehr wohl bewusst, dass seine Entschei- vorschriften. entspricht es dem Schutzzweck des Kon- dung möglicherweise spätere Kostenfol- nexitätsprinzips, Aufgabenübertragungen gen bei den Kommunen nach sich ziehen Begründung: instrumentenunabhängig zu erfassen. wird. Auch wenn nur die Überprüfung des Kon- § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 KonnexAG soll- nexitätsausführungsgesetzes Nordrhein- te daher dergestalt umformuliert werden, 2. Zu § 1 Abs. 1 KonnexAG Westfalen auf der Agenda steht und nicht dass das Konnexitätsausführungsgesetz (Aufgabenbegriff) die Überprüfung des Art. 78 Abs. 3 der nicht nur auf Gesetz- und Verordnungs- nordrhein-westfälischen Verfassung, ist entwürfe der Landesregierung und aus Vorschlag: es unseres Erachtens zielführend, auch der Mitte des Landtages Anwendung fin- Der dem KonnexAG zugrundeliegende Änderungen des Konnexitätsausführungs- det, sondern auch auf Verwaltungs- und Aufgabenbegriff sollte präzisiert werden, gesetzes anzuregen, die über den Gewähr- Ausführungsvorschriften. Dass eine sol- indem in § 1 Abs. 1 S. 1 KonnexAG der leistungsgehalt des Art. 78 Abs. 3 der Lan- che kommunalschützende Vorgehens- Zusatz „übertragbare“ gestrichen wird. desverfassung hinausgehen. weise durchaus umsetz- und handhabbar Bisher wird die Geltung des strikten Kon- ist, zeigt Art. 83 Abs. 3 der Bayerischen Begründung: nexitätsprinzips nach der nordrhein-west- Landesverfassung, der instrumentenun- Soweit § 1 Abs. 1 S. 1 KonnexAG die Über- fälischen Landesverfassung (Art. 78 Abs. 3) abhängig formuliert: „Überträgt der Staat tragung oder Veränderung „übertragba- nur durch die Handlungsinstrumente des den Gemeinden Aufgaben, verpflichtet er rer“ Aufgaben als eine Voraussetzung für Gesetzes und der Rechtsverordnung aus- sie zur Erfüllung von Aufgaben im eige- die Gewährung eines Belastungsausgleichs gelöst. In der Verwaltungspraxis kommt nen Wirkungskreis oder stellt er besondere normiert, werden dadurch Auslegungs- es allerdings durchaus zu relevanten Anforderungen an die Erfüllung bestehen- fragen aufgeworfen. So wird seitens des Aufgabenübertragungen bzw. Änderung der oder neuer Aufgaben, hat er gleichzei- Landes mitunter geltend gemacht, bei des kommunalen Aufgabenkreises durch tig Bestimmungen über die Deckung der bestimmten Aufgaben handele es sich um Richtlinien und Verwaltungsvorschriften: Kosten zu stellen. Führt die Wahrnehmung sog. Existenzaufgaben, die nach Maßga- • Beispielsweise wird in Nordrhein-West- dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung be der vorerwähnten Regelung nicht dem falen der flächendeckend erfolgende der Gemeinden, ist ein entsprechender Konnexitätsprinzip unterfielen. Die Begrif- Ausbau des Ganztagsschulbetriebs größ- finanzieller Ausgleich zu schaffen.“ fe der übertragbaren Aufgabe und der Exi- tenteils auf der Grundlage von Verwal- In der dazu geschlossenen Vereinbarung stenzaufgabe sind jedoch nicht näher kon- tungsvorschriften betrieben. Zwar sind über ein Konsultationsverfahren zwischen turiert, geschweige denn legal definiert. in den Richtlinien Zuwendungen für der Bayerischen Staatsregierung und den Beispielsweise ist die im Zusammenhang die kommunalen Schulträger vorgese- kommunalen Spitzenverbände zur Umset- mit der Novellierung des Landespersonal- hen, jedoch erfolgen diese jenseits einer zung des Konnexitätsprinzips vom 21. Mai vertretungsgesetzes (LPVG) im Jahre 2011 Kostenfolgeabschätzung und sind nicht 2004 heißt es erläuternd, dass das Konne- landesseitig vertretene Auffassung, das kostendeckend. xitätsprinzip Anwendung findet, „wenn Mitbestimmungs- bzw. Personalvertre- • Auch bei der Umsetzung der Inklusion der Staat den Gemeinden Aufgaben über- tungsrecht zähle zu den Existenzaufgaben im Schulbereich ist – neben den aus- trägt, sie zur Erfüllung von Aufgaben im und die damit verbundenen Mehrbela- drücklich im 9. SchulRÄndG angespro- eigenen Wirkungskreis verpflichtet oder stungen seien nicht auszugleichen, für uns chenen Fragestellungen – festzuhalten, besondere Anforderungen an die Erfüllung nicht nachvollziehbar. Weder das Grund- dass grundlegende Weichenstellungen bestehender oder neuer Aufgaben stellt. gesetz noch die Landesverfassung enthal- im Zusammenhang mit der Inklusion Erfasst ist auch die Setzung von Standards, ten eine institutionelle Garantie für die per- über veränderte Vorgaben in Richtlinien die einen spezifischen Bezug zur gemeind- sonalvertretungsrechtliche Beteiligung der und Erlassen zur Größe von Förderschu- lichen Aufgabenerfüllung aufweisen.“ Bediensteten. len und zur Handhabung der Schulauf- Dabei setze das Konnexitätsprinzip voraus, Und auch der verfassungsrechtlich ver- sicht und damit ohne Beteiligung des „dass die Kosten durch eine Entscheidung bürgten kommunalen Selbstverwaltung Gesetzgebers vorgenommen werden. des Freistaates Bayern verursacht werden ist die Mitbestimmung nicht immanent, so Außerdem wurde von vornherein wei- (Verursacherprinzip). Derartige Entschei- dass diesbezüglich nicht von einer für die testgehend auf normative Standards dungen können Gesetze, Rechtsverord- Kommunen existentiellen Aufgabe gespro- verzichtet, auch wenn diese unter dem nungen, aber auch Verwaltungs- und Aus- chen werden kann. Um die am Beispiel der Aspekt der Grundrechtswesentlichkeit führungsvorschriften sein.“ 293
Themen aktuell Eine entsprechende, an das nordrhein- übertragungen und -änderungen schon 5. Zu § 3 westfälische Aufgabenmodell angepasste die Konnexität dem Grunde nach bestrit- (Transparenzgebot und Kostenfolge Formulierung im nordrhein-westfälischen ten und eine Kostenfolgeabschätzung für abschätzung) KonnexAG würde sicherstellen, dass verzichtbar gehalten wird. Eine Kostenfol- sich die Verantwortlichen in Parlament geabschätzung ist aber auch bei solchen Vorschlag: und Verwaltung bei jeder Entscheidung Gesetzgebungsvorhaben durchzuführen, Die kommunalen Spitzenverbände müs- darüber bewusst sind, welche Kosten die voraussichtlich unterhalb der Wesent- sen in die Lage versetzt werden, auf der dadurch für die Kommunen ausgelöst wer- lichkeitsschwelle bleiben. Dies folgt schon Grundlage einer nachvollziehbaren Kosten- den. Die Regelung verhindert ferner, dass aus den bestehenden gesetzlichen Vorga- abschätzung mit dem Land einen konsen- seitens der Landesregierung bewusst das ben des § 2 Abs. 5 Satz 2 KonnexAG, da sorientierten partnerschaftlichen Dialog Handlungsinstrument der Richtlinien und anderenfalls keine adäquate Kummulation zu führen. Die für Zwecke der Kosten- Verwaltungsvorschriften gewählt wird, erfolgen kann. Sie entspricht durch die schätzung seitens des Landes getroffenen um trotz Verlagerung von Kosten auf die Offenlegung von Kosten außerdem sowohl Annahmen als auch die zugrunde gelegten kommunale Ebene das Konnexitätsprinzip der Schutzfunktion als auch der Warn- und Erfahrungswerte müssen deshalb künf- zu umgehen. Präventivfunktion des Konnexitätsprinzips. tig detailliert und nachvollziehbar für die Da die Pflicht zur Kostenfolgeabschätzung Kommunen dokumentiert werden. 4. Zu § 2 Abs. 5 in der Vollzugspraxis gleichwohl häufig in (Wesentlichkeitsschwelle und Abrede gestellt wird, sollte dies noch deut- Begründung: Kumulationsregelung) licher im Konnexitätsausführungsgesetz § 3 Abs. 3 KonnexAG bestimmt detail- klargestellt werden. liert die zur Ermittlung der geschätzten Vorschlag: Demgegenüber ist in § 2 Abs. 5 Satz 2 Kosten der übertragenen Aufgabe durch- Die sog. Wesentlichkeitsschwelle, oberhalb KonnexAG die Wendung „einer zuständi- zuführenden Einzelschritte. Auf dieser derer ein Belastungsausgleich gewährt gen Behörde“ zu streichen. Diese Begren- Grundlage sind die Kosten so präzise wie wird (0,25 Euro/Einwohner), sollte im Kon- zung hat sich in der Vollzugspraxis nicht möglich zu schätzen und nachvollziehbar nexAG selbst normiert werden. Ebenfalls bewährt; die notwendigen Ressortkon- darzustellen. In der Vergangenheit wurde in § 2 Abs. 5 KonnexAG sollte im Zusam- ten werden nicht oder nur unzureichend diesem gesetzlichen Erfordernis im Gesetz- menhang mit der Reglung zur Kumulation geführt. Auch wegen der im Zuge von gebungsverfahren vielfach nicht entspro- einzelner Gesetzesvorhaben auf Seiten der Landtagswahlen festzustellenden Ressort- chen, obwohl nachvollziehbar anzugeben Landesregierung eine Stelle eingerichtet verschiebungen erscheint die Begrenzung ist, „inwieweit und aus welchen Gründen werden, die die jeweiligen gesetzgeberi- politisch unzweckmäßig. Sie verhindert, von den gesetzlich vorgegebenen Einzel- schen Maßnahmen nachhält und die ent- dass finanzielle Auswirkungen (Be- oder schritten abgewichen wird“11. Falls nach sprechenden Konten führt Entlastungen) eines Gesetzes, die außer- Einschätzung des Gesetzgebers bestimmte halb des eigenen Ressorts eintreten, in Kostenarten voraussichtlich nicht anfal- Begründung: den Blick genommen werden, obwohl sie len oder sich nicht erhöhen werden, ist Nach § 2 Abs. 5 KonnexAG erfolgt ein – entsprechend dem Verursacherprinzip – erkennbar zu machen, „welche Annahmen Belastungsausgleich erst dann, wenn bei vom handelnden Ressort zu verantworten dieser Bewertung zu Grunde liegen“. Nur Betrachtung der von der jeweiligen Aufga- und dort bei der Kostenfolgeabschätzung so können die kommunalen Spitzenver- benübertragung oder -änderung betroffe- zu berücksichtigen sind. Die im Verant- bände in die Lage versetzt werden, auf nen Gemeinden oder Gemeindeverbände wortungsbereich des Schulministeriums der Grundlage einer nachvollziehbaren die Schwelle einer wesentlichen Belastung liegende und durch das 5. SchulRÄndG Abschätzung mit dem Land einen konsen- überschritten wird. Um zu verhindern, dass beschlossene Veränderung des Einschu- sorientierten partnerschaftlichen Dialog zu ein Regelungsvorhaben mit verschiedenen lungszeitraums hat beispielsweise finan- führen, in dem die Kostenfolgen möglichst Aufgabenübertragungen und -änderun- zielle Folgewirkungen im Bereich der objektiv abgeschätzt werden.12 Zumal das gen auf mehrere Gesetze aufgeteilt wird Kindertagesbetreuung, indem länger ent- Transparenzgebot in Art. 78 Abs. 3 LV („Salamitaktik“) bzw. sich mehrere margi- sprechende Betreuungsplätze vorgehalten NRW verfassungsrechtlich vorgegeben ist, nale Übertragungen verschiedener Aufga- werden müssen. Die finanziellen Auswir- sollte es auch in § 3 KonnexAG ausdrück- ben aus dem Geschäftsbereich einer ober- kungen zeigen sich daher im Ressort des lich verankert werden. Ob die von § 3 Abs. sten Landesbehörde zu einer erheblichen MFKJKS. 2 KonnexAG verlangte Kostenprognose Belastungskette kumulieren, ohne dass ein Das Abstellen auf die jeweilige Behörde zutreffend ist, kann letztlich nur aufgrund Ausgleich gewährt wird10, wurde außer- ist mithin nicht nur sachfremd, sondern der tatsächlich eingetretenen Kostenent- dem eine Kumulationsregelung in Satz 2 auch umgehungsanfällig. Eine sachwid- wicklung im Wege der Evaluation des Bela- geschaffen. Das Konnexitätsprinzip kommt rige Aufspaltung von Gesetzesvorhaben stungsausgleichs überprüft werden. danach auch dann zur Anwendung, wenn zur Vermeidung des konnexen Ausgleichs Deshalb ist es unabdingbar, sowohl die für mehrere Gesetzesvorhaben einer zustän- mangels Wesentlichkeit muss dem Landes- Zwecke der Kostenschätzung getroffenen digen Behörde zusammen innerhalb gesetzgeber insgesamt entgegengehalten Annahmen als auch die Erfahrungswerte (§ eines Zeitraums von fünf Jahren zu einer werden können und nicht lediglich einem 3 Abs. 3 Nr. 3, Halbsatz 2 KonnexAG), auf wesentlichen Belastung führen. Es wird Landesressort. Im Übrigen wäre ein „Prin- die zurückgegriffen wird, detailliert und zunächst vorgeschlagen, die Bestimmung zip der Ressortverantwortung“ auf Gesetz- nachvollziehbar im Hinblick auf die ange- der für die Annahme der Wesentlichkeit und Verordnungsentwürfe aus der Mitte der Mehrbelastung maßgeblichen Kriterien des Landtags kaum beziehbar. Schließlich 10 Vgl. Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/4424, in das KonnexAG aufzunehmen. Dies gilt führt die lediglich ressortbezogene Kumu- S. 14. insbesondere für den einwohnerbezoge- lation von mehreren Gesetzesvorhaben 11 VerfGH NRW, Urt. v. 23.03.2010 – VerfGH nen pauschalen Belastungsbetrag. nicht nur zur Unübersichtlichkeit, sondern 21/08. Die Vollzugspraxis zeigt weiter, dass bei auch zu einem erheblichen bürokratischen 12 Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, vermeintlich nicht wesentlichen Aufgaben- Aufwand. LT-Drs. 13/5515, S. 27. 294
Themen aktuell strebte Schutzfunktion für die Kommunen Grundlage das Standardkosten-Modell Eine entsprechende Vorgabe könnte zu dokumentieren13. Dies gilt insbesonde- (SKM)14 angewandt wird, sollte geprüft auch das Kostenfolgeabschätzungsver- re bei der Veränderung einer bestehenden werden, ob nicht auch bei Kostenfolge- fahren gerade in Fällen komplexer, mit Aufgabe gemäß § 2 Abs. 4 KonnexAG, abschätzungen und Kostenüberprüfung zahlreichen Unsicherheiten behafteter weil gemäß Abs. 4 Satz 2 (bloße) men- nach dem KonnexAG entsprechende Kostenabschätzungen entlasten. genmäßige Änderungen, die die Aufga- Routinen geschaffen werden können. benwahrnehmung nicht wesentlich berüh- Anders als beim KonnexAG werden 7. Nachträgliche Kostenermittlung ren, nicht erfasst werden sollen. Denn im für bundesgesetzliche Regelungen die Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass Prognosedaten künftig in der Regel Vorschlag: wesentliche mengenmäßige Änderun- zwei Jahre nach Inkrafttreten mittels Die geltenden Vorgaben zum Konnexitäts- gen, welche die Aufgabenwahrnehmung Nachmessung durch das Statistische prinzip sollten um Regelungen zu einem berühren, konnexitätsrelevant sind. Bundesamt in Zusammenarbeit mit den nachträglichen Kostenermittlungsverfah- Normadressaten validiert. ren ergänzt werden (angemessene Verlän- 6. Zu § 3 i. V. mit § 4 Abs. 4 und Abs. 5 b) Um eine „zeitnahe erneute Entschei- gerung der ansonsten einjährigen Kommu- KonnexAG dung über den Belastungsausgleich“ zu nalverfassungsbeschwerdefrist, Normie- (Überprüfung der Kostenprognose) ermöglichen (vgl. § 4 Abs. 5 2. Halb- rung eines separaten Verfahrens vor dem satz KonnexAG), sollte der in § 4 Abs. Verfassungsgerichtshof NRW, gesetzliche Vorschlag: 5 Halbsatz 1 KonnexAG festgelegte Gewährleistung einer Rückwirkung eines a) Es sollte geprüft werden, ob bei Kosten- Höchst-Überprüfungszeitraum von fünf nachträglich verabredeten Mehrbela- folgeabschätzungen und Kostenüber- Jahren durch das Recht der kommuna- stungsausgleichs). prüfungen nach dem KonnexAG in len Spitzenverbände ergänzt werden, An lehnung an das auf Bundesebene eine Überprüfung schon nach Ablauf Begründung: angewandte Standardkosten-Modell von zwei Jahren zu verlangen. Eine Lösungsbedürftig ist weiter die Proble- mehr Routinen geschaffen werden zeitnahe Überprüfung und Anpassung matik, dass in einer zunehmenden Zahl können. kann gerade bei schwierigen Progno- von Fällen wegen bestehender Prognose- b) Der Regelzeitraum von fünf Jahren, severfahren die Verständigung erleich- schwierigkeiten auf eine vorherige Kosten- innerhalb dessen eine Kostenfolgeab- tern. Daher sollte auch die in § 4 Abs. prognose verzichtet und stattdessen eine schätzung spätestens zu überprüfen 5 Halbsatz 2 KonnexAG verwendete nachträgliche Kostenermittlung vorge- ist, sollte dahingehend ergänzt werden, Formulierung, wonach – unabhängig nommen wird: dass den kommunalen Spitzenverbän- von den Regelfristen – eine erneute • So wurde beispielsweise beim 3. den das Recht gewährt wird, eine Über- Entscheidung über den auf unzutreffen- SchRÄndG (Stärkung der Eigenverant- prüfung ausnahmsweise schon nach den Prognosen beruhenden Belastungs- wortlichkeit von Schulen) eine Verein- zwei Jahren zu verlangen. ausgleich zu treffen ist, wenn letzterer barung über eine nachträgliche, durch c) Für solche Fälle, in denen Kostenpro- „grob unangemessen“ ist, gestrichen einen Gutachter vorgenommene Koste- gnosen im Dissens mit den kommu- werden. Bei unzutreffender Annahmen nermittlung geschlossen. nalen Spitzenverbänden durchgesetzt der Kostenprognose bedarf es schon • Ein vergleichbarer Weg schwebte dem worden sind und sich im Nachgang als bei „erheblichen“ Auswirkungen der Landtag beim 5. SchRÄndG vor. Auch unzutreffend erwiesen haben, sollte im Korrektur des Belastungsausgleichs, um hier war im Gesetzgebungsverfahren KonnexAG eine rückwirkende Korrektur den Vollzug der übertragenen Aufgabe von einer Kostenfolgeabschätzung unter zwingend vorgesehen werden. Sind die finanziell zu ermöglichen. Verweis auf eine nachträgliche Kosten nicht zutreffenden Annahmen im Kon- c) Im KonnexAG sollte außerdem eine ermittlung abgesehen worden15. Ein sens getroffen worden, sollte eine rück- rückwirkende Korrektur zwingend für entsprechender Handlungsauftrag des wirkende Korrektur und die Verstän- solche Fälle vorgesehen werden, in Landtags an die Landesregierung, nach- digung auf den hierfür maßgeblichen denen Kostenprognosen, die im Dissens träglich „eine Kostenfolgeabschätzung Zeitpunkt einvernehmlich erfolgen bzw. mit den kommunalen Spitzenverbän- vorzunehmen und die Konnexitäts noch während der Kostenfolgeabschät- den durchgesetzt worden sind, sich im relevanz zu prüfen“, wurde im Ergeb- zung verbindlich verabredet werden Nachgang als unzutreffend erweisen. nis zeitgleich mit der Gesetzesänderung können. Anderenfalls bestünde für das Land der beschlossen. Anreiz, die Kostenprognosen möglichst • Auch beim Änderungsgesetz zum Bun- Begründung: niedrig anzusetzen, da durch eine nach- deselterngeld- und Elternzeitgesetz Bei der nachträglichen Überprüfung von träglichen Überprüfung des Mehrbela- (Durchführung der Aufgabe „Betreu- Kostenprognosen sehen wir in verschiede- stungsausgleichs nur eine Anpassung ungsgeld“) wurde wegen der anwach- nen Punkten Verbesserungs- und Ände- für die Zukunft erreicht werden könn- senden Fallzahlen eine nachträgliche rungs- bzw. Erörterungsbedarf: te. Zur Vermeidung dieser Wirkungen Überprüfung verabredet. a) Grundsätzlich sprechen wir uns für eine wären die Kommunen in diesen Fällen • Gleiches gilt beim Tariftreue- und Ver- weitere Rationalisierung, eine möglichst regelmäßig gezwungen, eine Kommu- gabegesetz (TVgG), mit dem Tariftreue- hohe Transparenz und professionel- nalverfassungsbeschwerde zu erheben. und Sozialstandards bei der Vergabe le Routine bei der Überprüfung von Sind die nicht zutreffenden Annah- 13 Kostenprognosen aus. Erste Anwen- men von beiden Seiten einvernehmlich VerfGH NRW, Urt. v. 23.03.2010 – VerfGH dungsfälle zeigen, dass die Vorgehens- getroffen worden, sollte eine rückwir- 21/08. 14 weise der Ressorts zum Teil sehr unter- kende Korrektur und die Verständigung Vgl. Leitfaden zur Ermittlung und Darstel- lung des Erfüllungsaufwands in Regelungs- schiedlich ist. Nachdem auf europäischer auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt vorhaben der Bundesregierung, hrsg. Vom und auf nationaler Ebene zur Ermittlung im Konsens erfolgen bzw. noch wäh- Statistischen Bundesamt im Auftrag der und Darstellung des Erfüllungsaufwands rend der Kostenfolgeabschätzung ver- Bundesregierung und des Nationalen Nor- im Verwaltungsvollzug als methodische bindlich verabredet werden können. menkontrollrats, Wiesbaden, Juni 2011. 295
Sie können auch lesen